Gestern Playboy - heute Daddy? - Susan Mallery - E-Book

Gestern Playboy - heute Daddy? E-Book

Susan Mallery

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Beschreibung

Kyle Haynes ist ein Casanova der schlimmsten Sorte - Sandy wird auf gar keinen Fall auf seine Flirtversuche eingehen. Sie hat nicht vor, ihr Herz an einen verantwortungslosen Frauenhelden zu verschenken! Da kann Kyle noch so sehr beteuern, dass er sich geändert hat: Einmal Playboy, immer Playboy, davon ist sie überzeugt - und würde dabei seinem aufregenden Liebesgeflüster so gerne Glauben schenken …

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Seitenzahl: 204

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IMPRESSUM

Gestern Playboy – heute Daddy? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1995 by Susan W. Macias Originaltitel: „Father in Training“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCABand 1840 - 2012 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Valeska Schorling

Umschlagsmotive: GettyImages / LightFieldStudios

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733735098

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Sandy Walker war zurück nach Glenwood gezogen, damit ihre Kinder in einem sicheren Umfeld aufwachsen konnten. Damit hatte sie allerdings nicht gerechnet: Gleich am Tag ihrer Ankunft kam ein großer dunkler Fremder mit einer Harley die Auffahrt hochgebraust.

Sie und ihre Kinder waren gerade vor dem neu erworbenen Haus aus dem Kombi gestiegen, und die Kids hatten sich sofort hinters Haus verzogen. Ich habe keine Angst, sagte Sandy zu sich selbst, als der Motorradfahrer näherkam. Ich bin nur … neugierig.

Kurz vor ihrem Auto bremste der Mann ab, stellte den Motor aus und brachte geschickt den Motorradständer in Positur. Dann stellte er sich breitbeinig vor Sandy hin.

Meine Güte, sind die Typen hier groß geraten, dachte sie. Muss ich mir gleich wieder Sorgen machen? Der Kerl ist immerhin einen guten Kopf größer als ich!

Der Mann nahm seinen Helm ab. Sandy hatte schon damit gerechnet, dass ihm das Haar auf die Schultern fallen würde, doch es war kurz geschnitten. Eine Fliegerbrille verbarg seine Augen, und ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte sie höflich, wobei sie sich um einen Ich-bin-zwar-freundlich-aber-schwer-beschäftigt-Tonfall bemühte.

„Das wollte ich eigentlich gerade dich fragen, Sandy!“ Der Typ zeigte seine strahlend weißen Zähne, als er keck grinste.

Er sieht aus wie ein Model für Zahnpastareklame. Er …

Erschrocken wich Sandy zurück. „Sie kennen meinen Namen?“, fragte sie bestürzt.

Er griff nach dem Reißverschluss seiner Motorradjacke und zog ihn lässig auf. „So lange ist es doch noch gar nicht her, dass du hier gewohnt hast, Sandy. Hast du etwa schon vergessen, wie schnell sich hier alles rumspricht? Ganz Glenwood weiß, dass du das alte Haus der Michaelsons gekauft hast. Willkommen zu Hause!“

Okay, der Mann schien sie zu kennen, und so abwegig war das auch nicht. Vor ihrer Collegezeit hatte sie nämlich fünf Jahre lang in dieser Kleinstadt gewohnt, obwohl sie damals fast nur mit Mädchen zu tun gehabt hatte. Oder war das Ganze doch nur ein Trick und er hatte ihren Namen irgendwie in Erfahrung gebracht?

Unwillkürlich lief ihr ein Schauer über den Rücken, doch dann rief sie sich ins Gedächtnis, dass sie sich hier in Glenwood befand und nicht mehr in Los Angeles. Hier kümmerte man sich einfach um seine Nachbarn – genau deshalb war sie ja zurückgekehrt.

Der Typ war inzwischen mit dem Reißverschluss fertig und zog sich die Jacke aus. Er stieg vom Motorrad, faltete die Jacke zusammen und legte sie auf den Sitz, ehe er sich zu Sandy umdrehte.

Sie musste unwillkürlich schlucken. Es gab nicht den geringsten Grund, Herzklopfen oder feuchte Hände zu bekommen oder mit offenem Mund dazustehen – der Sommernachmittag war schön und sonnig. Ihre Auffahrt lag im Schatten mehrerer Eichen und zweier Tannen, und es roch nach Blumen und frisch gemähtem Gras. Abgesehen vom Vogelgezwitscher waren nur die gedämpften Stimmen der Kinder zu hören, die den Garten hinterm Haus erkundeten. Alles wirkte völlig normal.

Ich bin eine vernünftige Zweiunddreißigjährige, die sich noch nie wegen eines Mannes zum Narren gemacht hat, noch nicht mal als Teenager!

Sie war immer viel zu realistisch gewesen, um für Rockstars oder Leinwandgrößen zu schwärmen und hatte bisher bei niemandem weiche Knie bekommen. Bis zu diesem Augenblick. Bis dieser Harley-Typ seine schwarze Lederjacke ausgezogen und damit den tollsten Oberkörper entblößt hatte, den Sandy je gesehen hatte.

Sein enges rotes Tanktop betonte seine Arm- und Brustmuskeln. Er war braun gebrannt, breitschultrig und sah aus, als kämen seine Muskeln eher von harter körperlicher Arbeit als aus dem Fitnessstudio. Ausgeblichene Jeans betonten seine langen Beine und muskulösen Oberschenkel, und die Metallspitzen seiner Cowboystiefel funkelten im Sonnenlicht. Er sah aus wie ein Model. Ach was, wie eine zum Leben erwachte Frauenfantasie!

Vielleicht fand in der Stadt ja gerade ein Fotoshooting statt, und der Mann hatte sich verfahren. Das erklärte allerdings nicht, woher er ihren Namen kannte. Oder warum er nun direkt auf sie zukam.

Sandy wich wieder einen Schritt zurück. „Wer sind Sie?“, fragte sie misstrauisch und umklammerte ihren Autoschlüssel. Ob sie davonlaufen sollte?

Kurz vor ihr blieb der Mann stehen und nahm die Brille ab. „Kannst du dich wirklich nicht an mich erinnern?“

Wovon redete er bloß? Er war gewiss nicht der Typ, den eine Frau jemals vergessen würde. Noch nicht mal eine Frau, die sich für total unromantisch hielt und nicht zu Tagträumerei neigte.

Der Unbekannte sah sie eindringlich an. Er hatte tiefdunkle Augen mit vollen Wimpern und Lachfältchen. Offensichtlich war er ein fröhlicher Mensch. Er sah gut genug aus, um Butter zum Schmelzen bringen zu können. Und irgendwie wirkte er vertraut …

Sandy blinzelte erschrocken, als sie merkte, dass ihr bei seinem Anblick ganz heiß wurde. Sie war jetzt seit fast zwei Jahren Witwe und hatte in der ganzen Zeit keinen Mann auch nur ein zweites Mal angesehen. Auf Äußerlichkeiten kam es ihr sowieso nicht an. Warum wirkte dann ausgerechnet dieser Kerl da dermaßen auf sie?

„Aha, du erinnerst dich also doch noch an mich!“, sagte er.

Sandy blinzelte erneut. Gott, steh mir bei! „Kyle Haynes?“, fragte sie leise.

„Bingo!“ Bevor sie ihn daran hindern konnte, beugte er sich vor und küsste sie auf die Wange. „Willkommen daheim, Sandy Morgan! Wie lange ist es jetzt her? Fünfzehn Jahre? Du siehst übrigens toll aus.“

Die Berührung seiner Lippen versetzte bei Sandy sämtliche Nervenenden in Alarmbereitschaft. Wie furchtbar! Am besten ignorierte sie es einfach. Leider jagte seine tiefe sexy Stimme ihr einen weiteren Schauer über den Rücken – so als ließe jemand eine Feder sanft über ihre Haut gleiten.

„Ich heiße Sandy Walker“, sagte sie kurz angebunden und hielt ihm die Hand hin.

Was ein unpersönlicher Händedruck werden sollte, fühlte sich leider komplett anders an. Sandy spürte Kyles warme Hand so intensiv, dass sie zwischen dem Impuls hin- und hergerissen war, ihm ihre Hand zu entreißen oder sich in seine Arme zu werfen.

Er grinste. „Die vernünftige Sandy. Walker hast du gesagt? Gibt es auch einen Mr. Walker?“ Er sah sich im Garten um. Dann beugte er sich vor und warf einen Blick in ihr Auto. Dabei hielt er die ganze Zeit ihre Hand fest.

Sandys Arm wurde heiß. Ihre Haut begann von Kopf bis Fuß zu kribbeln, und ihr Herz klopfte wie verrückt. Hastig entzog sie sich seinem Händedruck und wischte sich unauffällig die Finger an ihren weißen Shorts ab, um das noch nachklingende Gefühl seiner Berührung loszuwerden. „Mein Mann ist vor zwei Jahren beim Bergsteigen verunglückt“, antwortete sie brüsk. „Ich bin Witwe.“

Kyles Lächeln erstarb. „Oh, das tut mir leid“, sagte er betroffen.

Seine Worte klangen aufrichtig. „Danke.“ Sandy hatte keine Ahnung, was sie als Nächstes sagen sollte. Außerdem stand Kyle immer noch dicht vor ihr. Zu dicht – als sie einen weiteren Schritt zurückwich, stieß sie gegen ihren Kombi. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte sie.

„In Glenwood allgemein oder hier auf deinem Grundstück?“

Offensichtlich machte er sich über sie lustig. Anscheinend waren die Haynes-Brüder noch immer ganz die Alten. Als sie damals nach Glenwood gekommen war, hatten die vielen Geschichten über die vier Brüder, ihren Vater und ihre Onkel sie total fasziniert. Kein weibliches Wesen zwischen vierzehn und fünfundsiebzig war immun gegen ihren legendären Charme gewesen.

Auch sie selbst war ihm erlegen, wenn auch nur vorübergehend. Mit sechzehn war sie mit Jordan Haynes zusammen gewesen, doch ihre Romanze hatte nicht länger als einen Monat gedauert. Sie waren Freunde geblieben, und danach hatte sie nach und nach seine Brüder kennengelernt – darunter auch Kyle, der zwei Jahre jünger als sie selbst war, wenn sie sich recht erinnerte.

Er ist erwachsen geworden, dachte sie beim Anblick seines muskulösen Oberkörpers. Bestimmt bricht er täglich vor dem Mittagessen drei Herzen, schon allein, um in Übung zu bleiben.

„Warum bist du in Glenwood geblieben?“, fragte sie, wobei sie sich fest vornahm, nicht wieder dem berüchtigten Haynes-Charme zu erliegen. Ein Playboy war nämlich das Letzte, das sie jetzt in ihrem Leben gebrauchen konnte, und sie musste auf der Hut sein. Ihrer körperlichen Reaktion auf Kyle nach zu urteilen, war sie alles andere als immun gegen ihn.

„Ich habe hier einen Job als Deputy“, erklärte er. „Ich bin der Stellvertreter meines Bruders Travis, also des Sheriffs.“

„Wie der Vater, so der Sohn“, antwortete sie trocken. Kyles Vater war früher nämlich auch Sheriff gewesen. Ein Schatten huschte über Kyles Gesicht. Hatte sie vielleicht einen wunden Punkt berührt?

„Nicht ganz“, antwortete er. „Und was ist mit dir?“

„Ich werde nach den Ferien am Glenwood Junior College unterrichten. Wirtschaftsenglisch und Rhetorik.“

„Warum haben meine Lehrerinnen eigentlich nie so ausgesehen wie du?“

Sandy lächelte verkrampft, als sie spürte, wie ihre Hormone bei seiner Bemerkung Amok liefen. Dabei wollte er sie bestimmt nur veralbern.

„Willst du denn gar nicht wissen, was ich in deiner Einfahrt mache?“, fragte er.

Nein, sie wollte nur wissen, was er sich eigentlich dabei dachte, ihr so dicht auf die Pelle zu rücken! Das Atmen fiel ihr immer schwerer. Verdammt! dachte sie wütend. Das konnte sie jetzt beim besten Willen nicht gebrauchen. Sie war nach Glenwood gekommen, um ihre alten Probleme hinter sich zu lassen – nicht, um neue zu bekommen.

„Vielleicht, weil du zu einem Willkommenskomitee gehörst?“, fragte sie hoffnungsvoll. Doch dann kam ihr ein schrecklicher Verdacht. Oh nein! dachte sie. So grausam kann das Schicksal doch nicht sein, oder?

Oh doch, es konnte! Okay, es war vielleicht nicht grausam, hatte aber einen ziemlich schrägen Sinn für Humor – dies wurde Sandy bewusst, als Kyle sich umdrehte und die Auffahrt hinunter zeigte.

Sie spähte an ihm vorbei und blickte auf das kleine Pförtnerhaus, das ihr nun ebenfalls gehörte. Der Makler hatte erwähnt, dass der Bewohner bei der Polizei arbeitete. Sandy schloss die Augen und betete, dass er damit nicht Kyle gemeint hatte – leider vergeblich.

„Ich bin dein Mieter!“, erklärte Kyle.

Sandy unterdrückte ein Stöhnen. „Wohnst du hier mit deiner Frau?“, fragte sie. Das wäre ihre letzte Rettung.

„Nein.“ Kyle grinste breit. „Ich bin nicht verheiratet.“

Sandy hatte plötzlich den Eindruck, dass er sie anmachen wollte und verschränkte instinktiv die Arme vor der Brust. Ein Mann wie Kyle konnte allerdings unmöglich Interesse an ihr haben, da brauchte sie sich gar nichts vorzumachen. Sie musste sich zwar nicht gerade verstecken, wegen ihr war aber auch noch niemand in Ohnmacht gefallen. Sie sah ganz okay aus, mehr nicht.

Kyle hingegen war absolut umwerfend. Genau die Art Mann, in dessen Gegenwart Frauen schlicht zu atmen vergessen. Nein, seine Anmache war bestimmt nur eine Art Reflex. Nie im Leben war sie sein Typ. Und das Entscheidendste – er war nicht ihr Typ!

Sandy setzte ein unpersönliches Lächeln auf. „Nett von dir, mich in Glenwood willkommen zu heißen“, sagte sie, „aber ich möchte dich nicht länger aufhalten. Du hast doch bestimmt noch etwas vor.“ Sie nickte in Richtung seines Motorrads.

Kyle schien ihren Wink jedoch nicht zu verstehen, denn er rückte noch näher. „Nein, als der Makler mir gesagt hat, dass du heute ankommst, habe ich mir sofort freigenommen. Du brauchst doch bestimmt Hilfe im Haus.“

„Alles unter Kontrolle. Die Möbel kommen erst in ein paar Tagen. Bis dahin schaffen die Kinder und ich es locker, das Haus sauber zu machen.“

Kyle starrte sie verdutzt an. „Kinder?“, fragte er.

Gott sei Dank! Sandy hatte das erleichternde Gefühl, endlich die Kontrolle über das Gespräch zu bekommen. Er hatte bestimmt Angst vor Frauen mit Kindern, genauso wie die meisten männlichen Singles. Wenn es ihr schon nicht gelang, ihre Hormone zu beruhigen, konnte sie das Objekt ihrer Begierde zumindest in die Flucht schlagen. „Ja, ich habe drei Kinder. Meine Tochter Lindsay ist zwölf, Blake zehn und Nichole acht.“

„Ich mag Kinder“, sagte Kyle und sah sich suchend um. „Wo stecken die drei denn? Ich würde sie gern kennenlernen. Du kannst sie übrigens jederzeit zu mir schicken, wenn sie dir mal auf die Nerven fallen“, fügte er hinzu.

Sandy unterdrückte ein verächtliches Schnaufen. Bei Kyle gaben sich doch unter Garantie die Frauen die Klinke in die Hand. Auf keinen Fall wollte sie, dass so jemand ihre Kinder beeinflusste. „Danke für das Angebot“, sagte sie höflich.

„Ich meine es ernst. Mein Bruder Travis hat zwei Töchter. Ich …“

Sie hörten, wie jemand ums Haus gerannt kam. Sandy drehte sich um und sah ihre Älteste auf sich zulaufen.

„Mo-om, es ist total schrecklich hier! Wusstest du, dass hinter unserem Haus ein Feld liegt?“ Die Zwölfjährige verzog angewidert den Mund. „Ein Feld! Als seien wir Ackerbauern oder so was. Ich habe bisher noch keinen einzigen Laden und auch kein Kino gesehen. Womit sollen wir uns hier eigentlich die Zeit …“ Bei Kyles Anblick blieb Lindsay abrupt stehen und verstummte errötend. Hilflos klappte sie den Mund auf und zu.

Sandy unterdrückte ein Seufzen, als sie sah, welche Wirkung Kyle auf ihre Tochter hatte. Wahrscheinlich hatte sie selbst ihn vorhin genauso angestarrt. Aber im Gegensatz zu ihrer Tochter war sie eine reife Frau, die ihre Instinkte voll im Griff hatte. Lindsay hingegen stand gerade erst an der Schwelle zur Frau.

„Lindsay, das ist Mr. Haynes“, stellte Sandy ihn vor. „Er ist unser neuer Nachbar.“

„Ich wohne im Pförtnerhaus“, erklärte Kyle und ging mit ausgestreckter Hand auf das Mädchen zu. „Schön, dich kennenzulernen, Lindsay“, sagte er, als er ihre Hand schüttelte. „Ich kannte deine Mom, als sie nur ein paar Jahre älter war als du jetzt.“

„Echt?“ Lindsay starrte ihre Mutter an, als könne sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie jemals jung gewesen war. „Wie war sie denn so?“

„Ungefähr wie heute. Wir haben sie immer die vernünftige Sandy genannt.“

Lindsay verdrehte vielsagend die Augen. „Oh ja, das passt zu ihr. Mom will ständig alles organisieren.“

Kurz darauf kam Sandys Sohn um die Ecke. „Das ist Blake“, sagte sie. Wie immer bei seinem Anblick musste sie ein kleines Seufzen unterdrücken.

Blake war von den drei Kindern seinem Vater äußerlich am ähnlichsten. Er hatte Thomas’ rotbraunes Haar und seine Sommersprossen geerbt und trug ebenfalls eine Brille. Doch während Thomas’ hellbraune Augen humorvoll, lebensfroh und abenteuerlustig gefunkelt hatten, sah Blake immer so düster aus, als müsse er die Last der ganzen Welt auf seinen schmalen Schultern tragen. Er blieb lieber im Haus und las ein Buch, als draußen zu spielen, und tat sich schwer, Freundschaften zu schließen.

„Blake, das ist Mr. Haynes“, sagte sie und nickte ihrem Sohn aufmunternd zu.

Kyle grinste. „Ihr dürft mich ruhig Kyle nennen.“

Blake murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin und starrte auf seine Schuhe. Bevor Sandy einfiel, wie sie ihn in das Gespräch einbeziehen konnte, kam auch schon Nichole um die Ecke gerannt.

„Mommy, Mommy, hinten im Garten gibt es Vögel und Blumen!“, strahlte sie. „Ich habe einen Elfenblauvogel gesehen!“

Lindsay stützte die Hände in die Hüften. „Das war kein Elfenblauvogel!“, widersprach sie.

„War es doch!“ Erst in diesem Augenblick entdeckte Nichole den Fremden und versteckte sich hinter ihrer Mutter. Scheu lächelnd lugte sie hinter Sandys Rücken hervor. Zwei Grübchen erschienen auf den Wangen des Mädchens.

Kyle hockte sich vor sie hin. „Hallo, du da“, sagte er. „Du musst Nichole sein, stimmt’s?“

Sandys Jüngste nickte.

„Ich bin Kyle. Ich wohne gleich da drüben.“ Er zeigte zum Pförtnerhaus und stand auf. „Die Kleine wird einmal sämtliche Männerherzen brechen, wenn sie groß ist“, sagte er zu Sandy.

„Ich weiß. Ihre Grübchen sind tödlich.“

Kyle zwinkerte der Kleinen zu. „Und ich stand schon immer auf grüne Augen.“

Sandy unterdrückte den Impuls, ihn darauf hinzuweisen, dass ihre Augen ebenfalls grün waren. Meine Güte, wie albern – nicht zu fassen, welche Wirkung Kyle auf mich hat. Aber vielleicht lag das nur daran, dass sie die letzten zwei Jahre allein gelebt hatte. Seit Thomas’ Tod hatte sie kein einziges Date gehabt.

Sie riss sich aus ihren Gedanken. „Danke für den Willkommensgruß“, sagte sie. „Wir müssen uns hier allmählich an die Arbeit machen. Kinder, sagt Mr. Haynes Auf Wiedersehen.“

Blake murmelte wieder etwas Unverständliches, und Nichole lächelte. Lindsay hingegen starrte ihre Mutter wütend an. „Auf Wiedersehen, Kyle“, sagte sie.

Als Kyle sich umdrehte, um zu seinem Motorrad zu gehen, nahm Sandy ihre zwei jüngeren Kinder an die Hand und ging in Richtung Haustür. „Komm, Lindsay!“, rief sie ihrer ältesten Tochter zu, die jedoch noch immer dastand und Kyle wie hypnotisiert hinterherstarrte.

Auf einmal kam Sandy sich steinalt vor. Lindsay kam gerade in die Pubertät, während sie selbst manchmal das Gefühl hatte, dass ihr Leben als begehrenswerte Frau schon abgeschlossen war. Dabei war sie erst zweiunddreißig – einschlägigen Frauenzeitschriften zufolge auf dem Höhepunkt ihrer Sexualität. Aber was nützte das schon?

„Bis bald“, rief Kyle zum Abschied Sandy zu.

„Alles klar.“

Nachdem er weggefahren war, griff sie in ihre Hosentasche und zog den Haustürschlüssel heraus. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass die drei Kinder Kyle wider Erwarten gar nicht abgeschreckt hatten. Im Gegenteil, er schien sich aufrichtig für sie zu interessieren. Das war äußerst ungewöhnlich – die meisten Männer konnten in einer solchen Situation doch nicht schnell genug die Flucht ergreifen.

2. KAPITEL

Langsam fuhr Kyle zum Pförtnerhaus zurück. Er parkte seine Harley neben der kleinen Garage, in der sein Chevrolet Camaro stand. Seitdem er wusste, dass Sandy das Haus der Michaelsons gekauft hatte, hatte er ihre Ankunft mit Ungeduld erwartet. Und dann war er extra mit dem Motorrad gefahren, anstatt das kurze Stück zu ihrem Haus zu Fuß zu gehen, weil er … Verdammt noch mal, ja, ich habe sie beeindrucken wollen!

Aber Sandy war überhaupt nicht beeindruckt gewesen. Im Gegenteil sogar, sie hatte ihm deutlich signalisiert, dass sie kein Interesse an einem näheren Kontakt hatte. Ob er zu aufdringlich gewesen war?

Irritiert nahm Kyle seine Jacke und seinen Motorradhelm und ging zur Hintertür des Pförtnerhauses. Seit wann dachte er eigentlich darüber nach, ob er sich einer Frau gegenüber richtig verhalten hatte?

Er schloss die Tür auf und betrat seine kleine Küche. Das komplette Haus war nur ein Drittel so groß wie das Erdgeschoss in Sandys Haus, reichte ihm aber vollkommen. Da er allein lebte, brauchte er sowieso nicht viel Platz.

Er legte Jacke und Helm auf dem Küchentisch ab und holte sich eine Dose Mineralwasser aus dem Kühlschrank, der direkt neben dem Fenster stand. Als er sie aufmachte, hörte er von draußen gedämpftes Gelächter.

Er blickte hinaus und sah Sandy und ihre drei Kinder neben dem Kombi stehen. Blake hielt einen Eimer mit Putzutensilien in der Hand, Lindsay hatte die Arme voller Besen und Wischmops und Sandy kämpfte mit einer Leiter – Kyle sah auf einen Blick, dass die Leiter viel zu kurz war, um damit an die hohen Decken des Hauses gelangen zu können. Sandy sagte irgendetwas, und alle lachten. Dann verschwanden sie im Haus.

Das Gelächter verstummte, und der Garten lag wieder einsam da. Kyle fühlte sich auf einmal seltsam verlassen.

Die Stille im Haus bedrückte ihn dermaßen, dass er sich zum Telefon umdrehte. Warum nicht jemanden anrufen? Er kannte genug Frauen, die gern den freien Nachmittag mit ihm verbringen würden – und die Nacht, wenn er es darauf anlegte. Doch er nahm grundsätzlich keine Frauen mit zu sich nach Hause. Das hatte den Vorteil, dass er jederzeit wieder gehen konnte. Er zog es vor, die Kontrolle zu haben. In dieser Hinsicht ähnelte er nämlich Sandy.

War es wirklich schon fünfzehn Jahre her, dass er sie zuletzt gesehen hatte? Die Erinnerung an damals war noch so lebendig, als sei es erst gestern gewesen.

Kyle ging ins Wohnzimmer, griff nach seinem Buch und setzte sich damit in den Ledersessel vor den kleinen Steinkamin. Doch anstatt zu lesen, schloss er die Augen und dachte an die Sandy von damals zurück. Was hatte sie nur an sich gehabt, das ihn so anzog? Äußerlich war sie nichts Besonderes, zumindest nicht auf den ersten Blick.

Wie seine Brüder war auch Kyle mit den hübschesten und beliebtesten Mädchen seiner Schule ausgegangen. Nur Sandy war für ihn immer unerreichbar gewesen. Da er zwei Jahre jünger als sie gewesen war, hatte er sich nicht getraut, ihr seine Gefühle zu gestehen. Und dann war sie fortgegangen.

Er hatte sie nie vergessen.

Kyle trank noch einen Schluck Wasser. Nach all den Jahren spielte der Altersunterschied zwar kaum noch eine Rolle, aber trotzdem hatte er das Gefühl, dass Sandy für ihn genauso unerreichbar war wie früher. Sie hatte geheiratet und drei Kinder bekommen. Ihr Mann war zwar gestorben, aber ganz bestimmt würde sie sich nur auf jemanden einlassen, der ihm glich.

Kyle hatte gehört, dass er Professor an einer renommierten Universität in Los Angeles gewesen war. Damit konnte er beim besten Willen nicht mithalten. Er war bloß Deputy in irgendeinem verschlafenen Nest – total uninteressant für eine Frau wie Sandy.

Drei Tage später stand er vor seiner Garage und wusch seinen weißen Chevrolet. Da er für einen erkrankten Kollegen hatte einspringen müssen, steckte ihm eine Sechzehnstundenschicht noch in den Knochen.

Kyle unterdrückte ein Gähnen. Seitdem er dreißig war, steckte er durchgemachte Nächte erheblich schlechter weg als früher. Das Schlimmste war jedoch, dass er danach immer viel zu aufgedreht zum Schlafen war. Gott sei Dank wusste er jedoch aus Erfahrung, dass körperliche Arbeit ihn entspannte und wieder runterholte.

Er warf den Schwamm in den Eimer und griff nach dem Wasserschlauch. Plötzlich hörte er Stimmen hinter sich und drehte sich um. Lindsay, Blake und Nichole kamen gerade die Auffahrt hinunter.

Er hatte seine neuen Nachbarn seit ihrer Ankunft nicht mehr gesehen. Das lag nicht nur an der vielen Arbeit, sondern auch daran, dass Sandy ihm deutlich ihr Desinteresse signalisiert hatte.

„Hi, Kyle“, rief Lindsay ihm zu, als sie auf der Höhe seiner Einfahrt war. „Das ist ja ein cooles Auto.“

Kyle warf einen flüchtigen Blick auf seinen Camaro. „Danke. Was macht denn euer Umzug?“

Lindsay rümpfte die Nase. „Die Umzugsfirma hat gerade angerufen und gesagt, dass sich die Möbellieferung verspätet. Wegen irgendwelcher Transportschwierigkeiten.“ Sie ging auf Kyle zu und senkte vertraulich die Stimme. „Deshalb stecken wir gerade fest.“ Verführerisch klimperte sie mit den Wimpern.

„Wann soll der Umzugswagen denn kommen?“

„Erst in drei oder vier Tagen. Aber das ist sowieso egal, denn das Haus sieht immer noch ziemlich schlimm aus. Wir haben bisher nicht viel geschafft.“

„Ich schon!“, warf Nichole stolz ein. „Ich habe drei Sterne gekriegt.“ Sie hob drei Finger. „Wenn ich fünf habe, darf ich mir ein neues Buch kaufen.“

„Sterne?“, fragte Kyle verwirrt.

„Das ist einer von Moms Versuchen, uns mehr Disziplin beizubringen“, erklärte Lindsay. „Sie hat eine Liste mit Aufgaben für uns alle an die Wand gehängt. Wenn man eine bestimmte Anzahl davon geschafft hat, bekommt man einen Stern und nach mehreren Sternen eine Belohnung.“

„Und was bekommst du?“, fragte Kyle den Jungen.

Blake blickte erschrocken hoch. Offensichtlich war er es nicht gewohnt, dass man ihm Beachtung schenkte. Er senkte den Blick. „Ich habe mir noch nichts ausgesucht“, sagte er leise.

„Ach, er nimmt bestimmt wieder so ein albernes Computerspiel“, sagte Lindsay geringschätzig. „Er hockt sowieso die ganze Zeit vor dem Bildschirm.“

Blake warf seiner älteren Schwester einen wütenden Blick zu, sagte jedoch nichts.

„Und was ist mit dir?“, fragte Kyle die Große, bereute seine Frage jedoch im selben Moment. Sie schob sich nämlich noch dichter an ihn heran und sah ihn eindringlich an.

„Ich wünsche mir neue Klamotten. Irgendetwas Hübsches.“

„Aha, wie nett.“ Kyle räusperte sich verlegen. Wenn seine Brüder ihn jetzt sehen könnten, würden sie bestimmt in schallendes Gelächter ausbrechen. Mit den flirtenden Frauen umzugehen, war kein Problem, aber mit einem den Vamp spielenden jungen Ding? Wo steckte Sandy nur?

„Dann habt ihr also Probleme?“, fragte er.