Gestrandet - Sima G. Sturm - E-Book

Gestrandet E-Book

Sima G. Sturm

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Beschreibung

Erholung am Meer – so stellt Bea sich ihren Urlaub auf einem Campingplatz an der Ostsee vor. Bereits kurz nach ihrer Ankunft lernt sie die reizende Melanie kennen, die ihr beim Zeltaufbau hilft. Bea fühlt sich sofort zu Mel hingezogen, und das scheint auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Doch Mel ist offensichtlich mit Katrin liiert, und das rothaarige Biest macht Bea sofort klar, was sie von ihr und ihrer Anwesenheit hält – nämlich nichts. Bea will sich nicht in Mels und Katrins Beziehung einmischen, aber beim Tanzen auf der Strandparty und einem anschließenden Mondscheinbad im Meer kommen sich Mel und Bea gefährlich näher ...

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Sima G. Sturm

GESTRANDET

Liebesgeschichte

© 2019édition el!es

www.elles.de [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-95609-280-0

Coverfoto: daskleineatelier – Fotolia.com

1

»Brauchst du vielleicht Hilfe?«

Überrascht blickte Bea auf. Sie war vor nicht mal einer halben Stunde auf dem Campingplatz in Markgrafenheide angekommen und hatte gerade erst das Innenzelt auf dem Boden ausgebreitet. »Nein, danke«, erwiderte sie lächelnd. »Ich schaff das schon.«

Wie zur Bestätigung hielt sie einen Metallhering in die Höhe und nickte der jungen Frau, die sie angesprochen hatte, zu. Ein kurzer Blick Richtung Himmel riet ihr, sich mit dem Aufbau zu beeilen, ehe der Wind noch mehr auffrischte und es womöglich noch zu regnen anfing. Also schob sie den Haken schnell durch die Öse und rammte ihn in den Waldboden.

Als sie wieder aufschaute, bemerkte sie, dass die andere sich nun ebenfalls einen der Haken gegriffen hatte und ihn mit fachkundiger Geschicklichkeit im Erdreich versenkte. Schon ging sie zur nächsten Ecke über.

»Du musst das nicht tun.« Bea griff nach einer Zeltstange und faltete sie auseinander. »So groß ist das Zelt ja nicht.«

»Mach ich gern.« Zwei grüne Augen blinzelten sie freundlich an.

Nur zwei bis vier Prozent der Weltbevölkerung besaßen diese seltene Augenfarbe. Das hatte Bea mal irgendwo gelesen. Damals hatte sie es einfach nur als Information aufgefasst, aber jetzt auf einmal erschien es ihr auf eine ganz andere Art bedeutsam. Grüne Augen strahlten anscheinend intensiver als jede andere Farbe. Oder bildete sie sich das nur ein?

Hastig wandte sie sich wieder ihrer Zeltstange zu. Das war jetzt sicherer. Bevor ihr hier trotz der inzwischen frischen Brise noch heiß wurde . . .

»Ähm, danke . . .«, murmelte sie dabei.

»Aber klar.« Wie selbstverständlich stellte sich die Frau ihr nun quer gegenüber, und im Nu hatten sie das kleine Iglu-Zelt aufgebaut.

»So, ich glaube, das steht bombenfest.« Lächelnd ging Bea um das Iglu herum. »Danke noch mal.« Sie reichte der Frau die Hand. »Bea.«

»Nichts zu danken.« Die andere nahm ihre Hand und drückte sie fest. »Mel.«

»Melanie?«, fragte Bea, da der Wind böiger wurde und sie das Gefühl hatte, er könnte einen Teil des Namens verschluckt haben.

»Mel reicht.« Sie lächelte verschmitzt.

Einen Moment lang konnte Bea sich nicht von diesem Lächeln lösen. Kleine Sommersprossen auf der Nase machten es noch hinreißender, und der lockere Pferdeschwanz, der Mels lange braune Haare im Zaum hielt, wippte fast unwiderstehlich dazu.

Bist du bescheuert? dachte Bea. Kaum angekommen, und die erste Frau, die du siehst, haut dich gleich um?

Dennoch konnte sie es nicht verhindern, dass ein wohliges Gefühl sie durchströmte. Nicht nur wohlig, sondern geradezu elektrisierend. Kleine Stiche prickelten durch ihre Handfläche, verbreiteten sich in ihren ganzen Arm.

Wild ablehnend schüttelte sie den Kopf. Das war sicher nur das Gewitter, das aufzog. Dann war die Luft ja oft wie voller sprühender Funken.

»Der Name gefällt dir nicht?« Mels Hand lag immer noch in ihrer, und sie schaute Bea etwas irritiert an.

»Nein. Nein.« Endlich konnte Bea die Berührung beenden und hatte das Gefühl, sie würde ihre Hand nie mehr so gebrauchen können, wie sie das gewöhnt war. »Ich meine, ja, ja natürlich gefällt er mir.« Sie lächelte entschuldigend. »Er gefällt mir sogar sehr.«

Das war zu viel, Bea. Kannst du dich denn überhaupt nicht beherrschen?

Sie räusperte sich. »Brauchst du vielleicht auch Hilfe beim Aufbau? Dann könnte ich mich revanchieren.«

Es war höchst unwahrscheinlich, dass Mel Hilfe brauchte, das wusste sie selbst. Vermutlich war sie schon viel länger hier auf dem Campingplatz als Bea, und ihr Zelt stand wie eine Eins – bei Mels Fähigkeiten. Aber Bea fiel einfach nichts Gescheiteres ein. Ihr Kopf arbeitete auf einmal nicht sehr gut. Woran das wohl lag?

»Nein, die Hilfe käme jetzt zu spät.« Mel lachte, und Bea sank fast in die Knie, weil dieses Lachen ihr durch und durch ging, als würde es sie streicheln. »Meine Freundin und ich, wir sind gleich da drüben.«

Freundin. Aha. Bea fühlte eine gewisse Enttäuschung in sich aufsteigen. Mel war also wohl vergeben. Wie konnte es auch anders sein?

Fast widerwillig folgte sie mit ihrem Blick Mels Arm, der auf einen der Wohnwagen mit diesen üppigen Vorzelten wies, die immer so unverschämt viel Platz wegnahmen. Das sah nach Proficampern aus. Kein Wunder, dass Mel so ein kleines Zelt wie Beas mit links aufstellte.

»Dürfte deutlich wetterfester sein als meine bescheidene Behausung«, grinste sie und merkte, dass das wahrscheinlich etwas schräg aussah, denn nur einer ihrer Mundwinkel bewegte sich dabei. Das hier war nicht gut. Gar nicht gut. »Das erinnert mich daran«, fuhr sie fort und entfernte sich eilig von Mel, »dass ich noch das Außenzelt anbringen muss.«

Während sie ihren Blick über den Boden schweifen ließ, atmete sie geräuschlos aus. Wann kommt denn endlich der Regen? Ganz schön heiß heute.

»Warte. Ich helfe dir. Zu zweit geht das doch viel besser.« Mel schnappte sich die Nylonrolle zu ihren Füßen und zog die Plane aus der Hülle. »Dann lass uns mal loslegen. Sieht mir nämlich ganz nach einem Gewitter aus.« Flugs breitete sie die Plane aus und hielt sie an zwei Enden fest.

Bea musste sich fast einen Schubs geben, um in die Hocke zu gehen und nach den anderen beiden Enden zu greifen.

Während sie sich bemühten, die Spannschnüre zu straffen und im Boden zu verankern, verdunkelte sich der Himmel über ihnen zusehends, und es wurde immer stürmischer.

Wenn es nun heftig anfing zu regnen, konnte sie dann Mel anbieten, bei ihr, Bea, im Zelt Schutz zu suchen? Was für ein Blödsinn. Diesmal schüttelte sie nur innerlich den Kopf. Wie viele tausend Ameisen auch immer bei dieser Vorstellung über ihre Haut krabbelten, mit ihrem kleinen Iglu hatte sie gegen die Luxusbehausung von Mel und ihrer . . . Freundin keine Chance. Mal ganz abgesehen davon, was die wohl dazu sagen würde.

»So, geschafft.« Sie lachte etwas überdreht. Den Kampf gegen den Wind hatte sie gewonnen. Doch gegen den Sturm in ihrem Inneren fühlte Bea sich ziemlich machtlos.

Auf wackligen Beinen ging sie auf Mel zu und reichte ihr ein weiteres Mal die Hand. Es war, als hätte sie nur nach einem Grund gesucht, damit ihre Finger sich noch einmal berühren konnten. »Und ich kann wirklich nichts für dich tun?«, fragte sie, um den Moment dieser Berührung, die sofort wieder ein Prickeln auf ihrer Haut auslöste, noch ein wenig hinauszuzögern. Ich bin ja wohl nicht ganz bei Trost, wies sie sich zurecht. Regelrecht beschämt zog sie ihre Hand wieder zurück.

Dennoch hatte es den Anschein erweckt, als wäre Mel das keinesfalls unangenehm gewesen. Hatte sie Beas Hand nicht sogar ein wenig fester gehalten? Ihre schönen, vollen Lippen formten ein sanftes Schmunzeln. Eine lange Strähne löste sich aus ihrem Pferdeschwanz und fiel ihr ins Gesicht. »Wir könnten mit einem Glas Wein auf einen schönen Urlaub anstoßen. Wenn du magst«, schlug sie vor.

Eine wundervolle Idee. Hätte meine sein können. Bea war ganz verzückt. Denn weil Mel diesen Vorschlag gemacht hatte, musste sie nicht länger überlegen, ob sie Mel nun einladen sollte oder nicht. Von sich aus hätte sie sich das vermutlich sowieso nicht getraut.

»Na klar mag ich. Ich hätte sogar noch eine gutgekühlte Flasche Weißwein im Angebot. Wir könnten an den Strand gehen.« Sie plapperte einfach drauflos, um ihre Aufregung zu kaschieren.

Doch als Mel, scheinbar ein wenig belustigt, zu schmunzeln anfing und ihre Augenbrauen hochzog, schoss Bea unweigerlich die Hitze in den Kopf. Sie musste puterrot geworden sein, so wie ihre gefühlte Körpertemperatur in die Höhe katapultiert worden war. Meine Güte. Wie peinlich. Sie muss mich für eine notorische Aufreißerin halten.

»Grundsätzlich hätte ich nichts dagegen. Ganz und gar nicht«, antworte Mel lächelnd. »Aber ich fürchte, das Wetter wird da nicht mitspielen. Ich meine«, sie hob ihren Arm Richtung Himmel, »bestimmt wird es hier gleich ordentlich krachen. Und dann bräuchten wir ein schützendes Dach über dem Kopf.« Sie hielt kurz inne, während ihre Mundwinkel verschmitzt zuckten. »Ich hatte also eher an die Gaststätte drüben am Freilichtkino gedacht.«

Bea hätte im Boden versinken können. Mit ihrem euphorischen Geschwafel hatte sie sich gewiss lächerlich gemacht. Das fing ja wirklich gut an.

Wie paralysiert hing sie an Mels Lippen. Dann blickte sie gen Himmel und wieder zurück. Wind, Regen, Gewitter. Eigentlich war es ganz logisch, dass sich hier etwas zusammenbraute. Wo hatte sie nur ihr Hirn gelassen, als ihr der idiotische Einfall gekommen war, jetzt an den Strand gehen zu wollen?

Und dann stand ja immer noch die Sache mit Mels Freundin im Raum. Das hatte sie völlig verdrängt, so sehr hatte sie sich darüber gefreut, dass Mel ihre Freizeit mit ihr verbringen wollte.

Dabei blieb Bea normalerweise lieber allein. Sie gehörte nicht unbedingt zu den geselligen Menschen. Seit Jahren fuhr sie zum Campen an die Ostsee, und ihre schönsten Momente hatte sie immer dann gehabt, wenn sie ohne Begleitung unterwegs gewesen war. Aber was war seit dem Augenblick, als Mel sie angesprochen hatte, schon normal?

Mel stupste sie in die Seite. »Also, was ist?«, fragte sie behutsam an. Ihr war sicher nicht entgangen, dass es Bea regelrecht die Sprache verschlagen hatte. »Oder möchtest du erst noch auf eine Dusche von oben warten?« Sie lachte leicht und schlang die nackten Arme um ihren Oberkörper. Es war jetzt merklich kühler geworden, seit die Sonne endgültig von den dicken, schwarzen Wolken verdrängt wurde.

Bea schüttelte lächelnd den Kopf. Obwohl eine kalte Dusche mir wahrscheinlich guttun würde, dachte sie noch, als bereits einzelne dicke Regentropfen herniederplatschten. Der Sturm zerrte an dem kleinen Zelt, und Bea fragte sich, ob es nachher noch stehen würde.

Doch es blieb keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. »Auf zur Gaststätte«, sagte sie laut, um das Donnergrollen zu übertönen. Geld! Verdammt, sie hatte nicht einen einzigen Cent einstecken. »Ich muss noch mal schnell ins Auto«, rief sie, während sie sich schon von Mel abwandte.

Aber Mel hielt sie am Arm fest. »Nicht jetzt. Wir müssen uns beeilen.« Sie wirkte jetzt fast ein wenig besorgt. Hatte sie etwa Angst vor Gewitter?

Erste Blitze zeigten sich am Horizont. Sie ließen den wunderschön bewaldeten Campingplatz wie das Bühnenbild eines verwunschenen Märchenwaldes erscheinen.

Als sie losliefen, wurden sie von mehreren Donnerschlägen begleitet. Sie waren nur wenige Meter weit gekommen, als der Regen erbarmungslos herunterprasselte.

Mel nahm Bea an die Hand. »Vergiss die Gaststätte«, japste sie. Ein Regentropfen perlte von ihrer Nasenspitze. »Bis wir dort sind, sind wir bis auf die Haut durchnässt.« Dann zog sie Bea hastig mit sich, und sie stolperten zu ihrem Wohnwagen. Mit flinken Fingern öffnete sie den Reißverschluss des Vorzeltes. »Schnell, komm rein«, rief sie und zog Bea unter das schützende Zeltdach.

Noch ganz außer Puste schüttelte sie heiser lachend den Kopf. Dabei wippte ihr Zopf neckisch hin und her. »Puh, das war aber knapp«, stieß sie keuchend aus.

»Meine Schuld«, entschuldigte Bea sich sofort und verzog zerknirscht das Gesicht. »Ich hätte mir mit meiner Entscheidungsfindung eben nicht so viel Zeit lassen sollen.«

»Ach was. Ist doch nichts passiert.« Mel winkte sogleich ab. Sie schenkte Bea ein strahlendes Lächeln, das jedes Unwetter, und sei es auch noch so bedrohlich, zur Bedeutungslosigkeit verblassen ließ. »Komm«, sagte sie nun. Und dann stiegen sie die kleine Treppe, die in den geräumigen Wohnwagen führte, hinauf.

Doch als Bea das Innere betrat, wäre sie am liebsten wieder umgekehrt. Zwei Männer und vier Frauen tummelten sich in der Sitzecke und auf der Schlafmatratze. Um das Trommeln des Regens zu übertönen, brüllten sie alle durcheinander, und offenbar war auch keiner mehr ganz nüchtern.

Stirnrunzelnd blieb Bea in der Tür stehen.

»Hey Süße . . . machst du mal die Tür zu? Sonst schlägt hier noch der Blitz ein«, rief eine großgewachsene Rothaarige zu ihr herüber. Ihren Worten folgte das Gelächter der anderen. Sie spitzte die Lippen und sah Bea dabei provozierend an.

Mel griff an Bea vorbei und schloss die Tür. »Kaddl, das ist Bea. Sie hat ihr Iglu schräg gegenüber. Ich habe ihr beim Aufbau geholfen.«

»Na, wie schön«, erwiderte Rotschopf im gelangweilten Ton. Mit ihren hellen Augen taxierte sie Bea von oben bis unten. »Dann mach’s dir mal gemütlich. Sofern du noch ein Plätzchen findest.« Sie grinste süffisant.

Bea atmete tief durch. Sie warf einen abschätzigen Blick auf Miss Rotflamme, die ihr im Gegensatz zu Mel direkt unsympathisch war. Sie seufzte innerlich auf. Entgegen ihrer Art verunsicherte sie das alles. Sie fühlte sich schlichtweg nicht wohl in ihrer Haut.

Hilfesuchend blickte sie zu Mel, die immer noch neben ihr stand und sie jetzt mit einem aufmunternden Lächeln bedachte, als wüsste sie, dass Bea im Begriff war, auf der Stelle kehrtzumachen.

»Das ist Katrin, meine Freundin. Ignorier sie einfach, wenn sie dir frech kommt.« Mel drehte sich zu ihrer Freundin um, und Bea kam es so vor, als warf sie ihr einen warnenden Blick zu. Die zog theatralisch die Augenbrauen nach oben, ehe sie sich demonstrativ wieder ihren Sitznachbarn zuwandte.

»Ich glaube, sie hat schon ein Bier zu viel«, sagte Mel, als müsste sie sich dafür entschuldigen. »Die anderen sind übrigens gute Bekannte von uns, auch alles Camper, aber wir haben uns hier eher zufällig getroffen.«

Bea nickte verstehend. Was sollte sie auch sonst tun? Ehe sie es sich anders überlegen konnte, zog Mel sie zur einzigen freien Stelle, die der Wohnwagen noch zu bieten hatte. Sie zog eine Weinflasche aus dem Kühlschrank und befüllte zwei Gläser.

»Prost«, sagte sie. »Auf einen wunderschönen Urlaub.«

Bea hob ihr Glas und stieß es leicht gegen Mels. Während sie einen kleinen Schluck von dem leichten Sommerwein nahm, musterte sie Mel über den Rand ihres Glases hinweg. Mit gerunzelter Stirn stand die hübsche Brünette an die Wand gelehnt, und es sah so aus, als würde sie angestrengt über etwas nachdenken.