Gewährleistungsmanagement - Menderes Günes - E-Book

Gewährleistungsmanagement E-Book

Menderes Günes

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Beschreibung

Gewappnet für alle Fälle
Garantie- und Gewährleistungsmanagement hat sich zu einer wachsenden Herausforderung für die Hersteller technischer Systeme entwickelt. Besonders in der Automobilindustrie haben Forderungen nach verlängerten Garantiezeiten, das vermehrte Einführen von Plattformstrategien oder Rückrufe dazu geführt, dass ein ganzheitliches Gewährleistungsmanagement implementiert wird. Dieses Buch stellt die rechtlichen Grundlagen für den Praktiker in verständlicher Form dar.
Das Buch beinhaltet viele wertvolle Hinweise und Hilfestellungen, u.a.:

- einen Handlungsleitfaden, der Sie präventiv bei der Vertragsgestaltung und reaktiv bei der Abwehr unberechtigter Ansprüche unterstützt
- vorbeugende Maßnahmen, wie Zuverlässigkeitsabschätzung und VDA-Reifegradabsicherung im Entwicklungsprozess, Vertragsmanagement sowie geeignete Prozesse für Kundenanfragen
- Ausführungen zu reaktiven Methoden, wie VDA-robuster Produktionsprozess, Felddatenanalysen und Zuverlässigkeitsprogosen

Das Buch zeigt, wie die im Unternehmen vorhandenen Qualitätssicherungsinstrumente für das Gewährleistungsmanagement genutzt oder ausgebaut werden können. Ganz wesentlich für das Gewährleistungsmanagement sind die rechtlichen Bestimmungen, auf denen die Garantie- und Gewährleistungsansprüche des Kunden beruhen. Diese werden im Buch verständlich erklärt und für weitere Recherchen referenziert.

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Menderes Güneş Marwan Hamdan Mirko Klug

Gewährleistungsmanagement

Praxisreihe Qualität

Die Autoren:

Dr. Menderes Güneş,  Güneş & Hamdan Rechtsanwälte PartGmbB, SaarbrückenProf. Dr. Hamdan Marwan, Güneş & Hamdan Rechtsanwälte PartGmbB, SaarbrückenMirko Klug, Unternehmensberatung KLUG, Velbert

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.

Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen­ und Markenschutz­Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2018 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de

Lektorat: Dipl.-Ing. Volker Herzberg Herstellung: Isabell Eschenberg Coverrealisation: Stephan Rönigk

Print-ISBN   978-3-446-44795-0 E-Book-ISBN   978-3-446-44947-3E-Pub-ISBN   978-3-446-45827-7

Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

1 Was versteht man unter Gewährleistungsmanagement?

2 Gewährleistungsmanagement als Managementaufgabe

2.1 Einleitung

2.1.1 Abgrenzung zum Qualitätsmanagement

2.1.2 Systemisches Gewährleistungsmanagement als integraler Unterstützungsprozess

2.1.3 Angewandtes Gewährleistungsmanagement – Felddatenanalyse und Methoden

2.2 Automotive Methoden in der praktischen Umsetzung

2.2.1 VDA-Schadteilanalyse Feld (SAF)

2.2.2 VDA Field Quality Engineer (FQE)

2.2.3 VDA-Schadteilanalyse Feld Auditstandard

2.2.4 Technische Revision

2.3 Risk- und Rückrufmanagement

2.4 Lessons Learned

2.5 Einbindung der Lieferkette

3 Die Haftung für fehlerhafte und mangelhafte Produkte

3.1 Einleitung

3.2 Inhalt der (vertraglichen und außervertraglichen) Produkthaftung

3.3 Deliktsrechtliche Produzentenhaftung

3.3.1 Anspruchsverpflichteter

3.3.2 Rechtsgutsverletzung

3.3.3 Schädigende Handlung

3.3.4 Rechtswidrigkeit

3.3.5 Verschulden

3.3.6 Anspruchsberechtigte

3.4 Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz

3.4.1 Produkt

3.4.2 Fehler

3.4.3 Hersteller und diesem gleichgestellte Personen

3.4.4 Geschützte Rechtsgüter

3.4.5 Haftungshöchstbeträge und Selbstbehalt

3.4.6 Haftungshöchstdauer

3.5 Wesentliche Unterschiede von Produzentenhaftung und Produkthaftung

3.6 Vertragliche Haftung aufgrund fehlerhafter Produkte

3.7 Anspruchskonkurrenz

4 Vertragliche Mängelhaftung

4.1 Systemtische Einordnung der Ansprüche des Kunden

4.2 Abgrenzung der verschiedenen Vertragstypen

4.2.1 Kaufvertrag

4.2.2 Werkvertrag

4.2.3 Dienstvertrag

4.2.4 Werklieferungsvertrag

4.3 Kaufrechtliche Gewährleistung

4.3.1 Vorliegen eines Mangels

4.3.2 Rechtsmangel

4.3.3 Die einzelnen Gewährleistungsrechte des Käufers

4.3.4 Die Einwendungen und Einreden des Verkäufers im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht

4.4 Werkvertragliche Gewährleistung

4.4.1 Mangelhaftigkeit des Werkes bei Abnahme

4.4.2 Die einzelnen Gewährleistungsrechte des Bestellers

4.4.3 Die Einwendungen und Einreden des Verkäufers im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht

4.5 Mängelhaftung im Dienstvertragsrecht

5 Exkurs: Verbrauchsgüterkauf

5.1 Definition des Verbrauchsgüterkaufs

5.2 Zwingende Vorschriften und weitere Besonderheiten

5.2.1 Unabdingbare Vorschriften

5.2.2 Beweislastumkehr

5.2.3 Nutzungsersatz bei Nacherfüllung

5.2.4 Vorschuss für Aufwendungen im Rahmen der Nacherfüllung

5.2.5 Gefahrübergang beim Versendungskauf

5.2.6 Sonderbestimmungen für Garantien

5.2.7 Unternehmerregress

6 Mängelhaftung bei Arbeitsteilung zwischen Endhersteller und Zulieferer

6.1 Besonderheiten des Vertragsverhältnisses zwischen dem Endhersteller und dem Zulieferer

6.1.1 Beschaffenheit und Verwendungszweck

6.1.2 Verlängerungen der gesetzlichen Gewährleistungsfrist

6.1.3 Qualitätssicherungsvereinbarungen

6.2 Haftung für Unterlieferanten und Unterauftragnehmer

7 Gewährleistungsvereinbarungen zwischen Endherstellern und ihren Zulieferern

7.1 Problemstellung

7.2 Arten von Gewährleistungsvereinbarungen

7.3 Gemeinsamkeiten der Gewährleistungsvereinbarungen

7.3.1 Vertragspartner

7.3.2 Anwendungsbereich

7.3.3 Beschränkung auf Mängelansprüche

7.3.4 Serienschäden

7.4 Referenzmarkt-Modell

7.5 Anerkennungsverfahren

7.5.1 Gegenstand der erfassten Kosten

7.5.2 Stichprobenumfang

7.5.3 Fehlende Einflussmöglichkeiten des Lieferanten

7.6 Gewährleistungsvereinbarungen aus haftungsrechtlicher Sicht

7.7 Kostendeckung durch bestehende Versicherungen

7.7.1 Pauschalierung

7.7.2 Selbstbehalt nach Ziff. 9.3 PHB

7.8 Zusammenfassung

8 Gewährleistungsrisiken und Versicherungen

8.1 Allgemeines

8.2 Relevanz für das Gewährleistungsmanagement

8.3 Gegenstand und Inhalt der Produkthaftpflichtversicherungen

8.4 Erweiterte Produkthaftpflichtversicherung

8.4.1 Gegenstand der Versicherung

8.4.2 Versichertes Risiko

8.4.3 Versicherte Personen

8.4.4 Besondere Produkthaftpflichtrisiken

8.4.5 Erweitertes Produkthaftpflichtrisiko

8.4.6 Weitere Besonderheiten

8.5 Rückrufkostenversicherung

8.5.1 Einleitung

8.5.2 Gegenstand der Versicherung

8.5.3 Versicherte Personen

8.5.4 Umfang der Kostendeckung

8.5.5 Kostengünstigkeitsprinzip

8.5.6 Risikobegrenzungen/Ausschlüsse

8.5.7 Vorfeldschäden (fakultativ)

8.5.8 Aus- und Einbaukosten außerhalb der Gefahrenabwehr (fakultativ)

8.6 Notwendige Vorkehrungen für den Eintritt des Versicherungsfalls

8.6.1 Die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers

8.6.2 Schadensmeldung

8.6.3 Beweissicherung

9 Internationale Aspekte des Gewährleistungsmanagements

9.1 Allgemeines

9.2 Relevanz für das Gewährleistungsmanagement

9.3 Anwendbares Recht

9.3.1 Anwendbares Recht auf Vertragsverhältnisse

9.3.2 Anwendbares Recht bei Produkthaftungsfällen

9.4 Zuständiges Gericht

9.4.1 Allgemeines

9.4.2 Zuständiges Gericht innerhalb der Europäischen Union

9.4.3 Gerichtsstand außerhalb der Europäischen Union

9.5 UN-Kaufrecht

9.5.1 Allgemeines

9.5.2 Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts

9.5.3 Regelungsinhalt des UN-Kaufrechts

9.5.4 Zustandekommen der Verträge

9.5.5 Pflichten des Verkäufers

9.5.6 Mängelrechte des Käufers

1. Was versteht man unter Gewährleistungsmanagement?

Unter dem Begriff der Gewähr wird die Sicherheit verstanden, die jemandem, der sich auf etwas einlässt, durch jemanden oder durch etwas geboten wird.1 Von dieser Grunddefinition ausgehend wird der geläufige und bekannte Begriff der Gewährleistung als die Einstandspflicht für eine mangelhafte Leistung, insbesondere durch einen Sach- oder Rechtsmangel beschrieben. Der Begriff wurde im Zuge der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 im Bürgerlichen Gesetzbuch zwar durch den Begriff der Mängelhaftung ersetzt2, erfreut sich aber weiterhin sowohl im allgemeinsprachlichen als auch juristischen Sprachgebrauch der Beliebtheit.

Ausgehend von dem Begriffsinhalt der Gewährleistung betrifft das Gewährleistungsmanagement alle getroffenen Maßnahmen zur Leitung, Organisation und Planung, die mit der Einstandspflicht für eine mangelhafte Leistung im Zusammenhang stehen. Als ganzheitliches Managementsystem beschränkt es sich dabei nicht, was die Thematik nahelegen würde, auf die Reaktion auf geltend gemachte Gewährleistungsansprüche, sondern beinhaltet auch alle Stufen im Vorfeld beginnend mit der Konzeption des Produkts bis hin zur Abwicklung von Gewährleistungsfällen.3

Inhalt und Aufbau des Buchs

Wesentliche Impulse für die Etablierung des Gewährleistungsmanagements als eigenständige Managementaufgabe sind in den letzten Jahren von der Automobilindustrie ausgegangen und haben sich in der Zwischenzeit auch auf andere Industriebereiche ausgedehnt. Gänzlich neu ist der Begriff Gewährleistungsmanagement im deutschen Raum jedoch nicht. Der Begriff erfreut sich etwa seit Jahren der Beliebtheit im Bausektor und dient dort als Umschreibung von Themenabschnitten, welche sich mit dem Mängelrecht im Zusammenhang mit Bauverträgen beschäftigen.4 Angesichts dessen ist es notwendig, den Inhalt des vorliegend behandelten Gewährleistungsmanagements kurz zu umreißen:

Das vorliegende Buch dient zur Darstellung der Management- und Rechtsgrundlagen im Zusammenhang mit der Einstandspflicht für mangel- und/oder fehlerhafte Produkte, welche in der Regel Gegenstand von Kaufverträgen sind. Bei dem verkauften Produkt kann es sich dabei sowohl um ein Endprodukt als auch ein Teilprodukt handeln. Eine wesentliche Weichenstellung des Verantwortungsumfangs für ein hergestelltes und/oder verkauftes Produkt besteht darin, ob der Käufer des Produkts ein Verbraucher oder ein Unternehmer ist. Die Betrachtung von Kaufverträgen im B2B-Bereich bildet den Schwerpunkt der Betrachtung und in diesem Zusammenhang wiederum das Verhältnis zwischen dem Hersteller eines Teilprodukts und dem Hersteller des Endprodukts. Begründet liegt dies in dem Umstand, dass derzeitige Bestrebungen zur Implementierung von Gewährleistungsmanagementsystemen gerade von Lieferanten im arbeitsteiligen Produktionsbereich als eine wesentliche Thematik angesehen und auch von Endherstellern als deren Käufern zunehmend erwartet werden. Insofern werden nach Darstellung der allgemeinen und für alle Kaufverträge anwendbaren Rechtsgrundlagen kurz die Besonderheiten des B2B-Bereichs beleuchtet, um im Anschluss den Fokus auf die sich im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf von (Teil-) Produkten im B2B-Bereich ergebenden Rechtsfragen zu richten.

1Online-Duden: https://www.duden.de/rechtschreibung/Gewaehr; Abruf am 9. Februar 2018.

2An verschiedenen Stellen findet sich der Begriff jedoch nach wie vor im Bürgerlichen Gesetzbuch, so etwa in § 365 oder § 524 BGB.

3Einen guten und ausführlichen Überblick über alle relevanten Gebiete des Gewährleistungsmanagements bietet in englischer Sprache „Warranty Management and Product Manufacture“ von D.N. Prabhakar Murthy und Wallace R. Blischke.

4Vgl. hierzu etwa Fritz Berner, Rainer Schach, Bernd Kochendörfer, Grundlagen der Baubetriebslehre 3: Baubetriebsführung, S. 327 ff.

2. Gewährleistungsmanagement als Managementaufgabe
2.1 Einleitung

Die zunehmende Absicherung von Entwicklungs- und Produktionsprozessen bis hin zur Sicherstellung der Servicequalität beim Kunden gewinnt für Organisationen mehr und mehr an Bedeutung. Getrieben durch ein dynamisches Umfeld werden Unternehmen anhand ihrer Progressions- und Veränderungsfähigkeit gemessen. Dieses Potenzial an möglichen Ressourcen gilt es, in gezielter, nachhaltiger und verlässlicher Methodik einzusetzen. Dabei sind u. a. folgende Effekte zu berücksichtigen:

Einerseits ist es die internationale Verflechtung von Herstellprozessen durch sogenannte Plattformstrategien. Diese verlangen ein Höchstmaß an Transparenz unter anderem von globalen Entwicklungs-, Produktions- und Beschaffungsprozessen, Vereinbarungen und Verträgen in der Lieferkette. Hinzu kommt das verschmelzende multilaterale Anforderungsmanagement an Produkten mit ihrer zunehmenden Komplexität. Lokale Einflussfaktoren wie z.B. relevante Umwelteinflüsse, unilaterales Verbraucherverhalten, technologische Wirkprinzipien, Garantiezeitverlängerungen und Wartungsverträge unterstreichen diese Einflussnahme.

Andererseits sind es die zunehmenden und zukünftigen Kundenerwartungen die eruiert werden müssen, aber auch der sich ständig ändernde gesetzliche Verbraucherschutz. Dieser wird, ergänzend durch die Forderung zur Conformity of Production (CoP)1, eingefordert. In diesem Prüfungsverfahren sind spezifische Produktanforderungen und Absicherungsprozesse durch den Genehmigungsinhaber sicherzustellen. Durch diese Konformität soll im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens z.B. für hergestellte Fahrzeuge, Systeme und Bauteile sowie für jede hergestellte selbstständige technische Einheit eine gleichbleibende Qualität gesichert werden. Der Hersteller eines genehmigten Typs ist verpflichtet, ein CoP-Verfahren zu entwickeln und zu realisieren. Das Verfahren hinsichtlich der Übereinstimmung der Produktion wird anhand merkmalsbezogener Eigenschaften definiert. Damit wird gewährleistet, dass jedes Fahrzeug bzw. relevante Produkt, dem genehmigten Typ entspricht. Diese merkmalsbezogenen Eigenschaften sind über dem Produktentstehungsprozess (PEP) bis hin zur End of Production (EoP) nachzuweisen und zu überwachen. Sie eigenen sich dadurch ebenfalls zum Nachweis der aktiven Produktbeobachtung. Zudem wird kontextbezogen ein prozessualer Zusammenhang zwischen Produktbeobachtung und dem Qualitätsmanagementsystem durch die ISO TS 16949:2009 respektive deren Aktualisierung zur IATF 16949:2016 aufgezeigt. Exemplarisch wird insbesondere dem Management die Verantwortung zugeschrieben, für ihre Organisation in dem sogenannten Managementreview Kriterien zur Bewertung der Organisation zu definieren. Diese Eingaben generieren sich u. a. sowohl aus den tatsächlichen und potenziellen Ausfällen in der Gebrauchsphase2 als auch durch die Messung der Kundenzufriedenheit3 durch Bewertung von Rückrufen4 und/oder Gewährleistungsfällen. Als Konsequenz für Organisationen werden dadurch organisatorische sowie strategische Herausforderungen als wesentlicher Bestandteil ihrer unternehmerischen Ausrichtung definiert. Aus diesem Grunde ist die Forderung nach einem Gewährleistungsmanagement (GW-Managements) naheliegend, welches sowohl interne als auch externe Anspruchsgruppen erfasst. Anspruchsgruppen werden oftmals auch Stakeholders genannt. Es sind all diejenigen Personengruppen, die von den unternehmerischen Tätigkeiten gegenwärtig oder in Zukunft direkt oder indirekt betroffen sind. Es wird ihnen zusätzlich zu den Eigentümern, auch Shareholders genannt, das Recht zugesprochen, ihre Ansprüche und Erwartungen an die Unternehmung geltend zu machen. Folglich ergibt sich eine verpflichtende Berücksichtigung dieser Interessen durch die Unternehmensführung. Bild 2.1 und Bild 2.2 zeigen beispielhaft die Anspruchsgruppen5 als Soziogramm auf.

Bild 2.1interne Anspruchsgruppen

Bild 2.2externe Anspruchsgruppen

Die sich aus den Anspruchsgruppen generierenden System-, Prozess- und Produktanforderungen an das Gewährleistungsmanagement6 bis hin zu einem System, das sich substanziell als auch zukunftsorientiert selbst weiterentwickelt, stellt für Organisationen einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor dar. Infolgedessen ist es unerlässlich, nicht nur die Kostenfaktoren für die Gewährleistungs- und Garantiezusagen zu kennen, sondern auch die damit einhergehenden Risiken. Vielmehr geht es darum, materielle und immaterielle Aspekte für eine Risikobetrachtung zu identifizieren, diese zu analysieren und Maßnahmen zu deren Bewältigung, Überwälzung bzw. dem Ausschließen der Risiken zu definieren. Das Gewährleistungsmanagement ist daher ein Wissensträger in der Organisation, in dem u. a. Informationen über die generell als auch individuell wirkendenden Verträge in der Lieferkette, alle Informationen zu Produkten und Produktfamilien bzw. konsistente Informationen von Wettbewerbsprodukten verarbeitet und in den Optimierungskreislauf integriert werden können. Dadurch ist möglich, als Ergebnis eines effektiven Berichts- und Informationswesen, ein umfangreiches und aussagefähiges Controlling-Instrument zu schaffen. Dieses muss in der Lage sein, aktuell und permanent bedarfsorientierte Informationen für die weitere Entscheidungsfindung bereitzustellen. Des Weiteren erfasst das GW-Management – im Spannungsfeld zwischen Verbraucher, Kunde, Markt und Gesetz – die sich fortlaufend ändernden Rahmenbedingungen. Diese Bedingungen haben ihre Wirkung in die komplexen Strukturen der Lieferkette und sorgen durch eine nachhaltige Arbeitsweise und einer schnellen Reaktionsfähigkeit des GW-Managements für Prozesssicherheit.

Fokus des GW-Managements sind vielschichtige Ansatzpunkte und Forderungen mit unter Umständen komplexer Nachweisführung, die i.d.R. an singularer Stelle (Produktentwicklung) ihren Ursprung und Dokumentation findet. Daraus leitet sich die Aufgabe zur Implementierung eines GW-Managements ab. Eine Aufgabe, die durch das Management oder deren Beauftragter im besonderen Umfang beobachtet und unterstützt werden sollte, um den inhärenten, komplexen Entwicklungs-und Produktionsprozessen aus Sicht des GW-Managements Rechnung zu tragen.

2.1.1 Abgrenzung zum Qualitätsmanagement

Ein Qualitätsmanagementsystem legt Anforderungen an eine Organisation fest7, um die jeweiligen Kundenanforderungen nebst den relevanten gesetzlichen und behördlichen Anforderungen zu erfüllen. Dabei muss die Organisation ständig ihre Fähigkeiten darlegen, fortlaufend Produkte oder Dienstleistungen bereitzustellen. Die Organisation ist bestrebt, die Kundenzufriedenheit durch wirksame Anwendung des Systems zu erhöhen, einschließlich der Prozesse zur fortlaufenden Verbesserung des Systems und der Zusicherung der Einhaltung von Anforderungen. Von wesentlicher Bedeutung ist der prozessorientierte Ansatz, der in allen Ebenen Anwendung findet. In Bild 2.3 werden die Zusammenhänge und Wechselbeziehungen aufgezeigt, in der die Gesamtleistung der Organisation verbessert werden kann.

Bild 2.3Zusammenhänge und Wechselbeziehungen zwischen den Ebenen einer Organisation

Trotz hoher Anstrengungen auf allen Ebenen durch nachhaltige Verwendung und Weiterentwicklung von Absicherungsmethoden zur Produkt- und Dienstleistungskonformität kommt es zu Nichtübereinstimmungen. Dieses mag ein Indiz dafür sein, nicht mit der notwendigen Sorgfalt oder Kenntnis etablierte Entwicklungs- und Produktionsprozesse wirksam umgesetzt zu haben. Es ist daher naheliegend, dass ebenenübergreifende Instrumentarien geschaffen werden müssen, die diesen Ereignissen entgegenwirken. Hier setzt das bereichsübergreifende Gewährleistungsmanagement an, welches von der Anfrage zur Produkt- und Dienstleistungserbringung bis zum End of Life nachhaltig Anwendung finden sollte. Es werden dabei sowohl strategische als auch operative Aspekte zur kaufmännischen sowie technischen Ausrichtung betrachtet.

Bild 2.4 zeigt beispielhaft mögliche Aspekte auf, die individuell und unternehmensspezifisch eruiert werden müssen.

Bild 2.4strategische und operative Aspekte, die betrachtet werden müssen

2.1.2 Systemisches Gewährleistungsmanagement als integraler Unterstützungsprozess

Vertieft man nun die strategischen und operativen Aspekte, so kann man identifizieren, dass das Gewährleistungsmanagement über alle Management-, Wertschöpfungs- und Unterstützungsprozesse seine Berechtigung findet. Sei es beginnend mit der gesetzlichen Pflicht zur Produktbeobachtung über die kaufmännische Abwicklung von Regressansprüchen bis hin zur Reklamationsbearbeitung und der postoperativen Abwicklung von Serienschäden. Um durchdringend alle unternehmensspezifischen Aspekte zu erfassen, ist es essenziell, dass das Gewährleistungsmanagement als Teil des Qualitätsmanagementsystems zu sehen ist und nicht als losgelöster Teil eines Unternehmensprozesses. Unterstrichen wird dieser Ansatz durch die IATF 16949:2016, die eine Opportunität aufzeigt, dieses adaptiv – falls zwischen den Vertragsparteien vereinbart – im Qualitätsmanagementsystem zu verankern8. Man wird feststellen können, dass es viele Ansätze und Parallelen gibt. Folgend wurden exemplarisch Beispiele erarbeitet, die den integralen Gedanken vertiefen werden. In der nächsten Abbildung wird aufgezeigt, welche Kriterien herausgehend aus der automobilspezifischen Zertifizierungsnorm einflussgebend auf das Gewährleistungsmanagement sein können9. Betrachtet wurde beispielhaft die Frage 3.5 aus dem VDA-Band Schadteilanalyse Feld Auditstandard10, als fundamentaler Bestandteil des GW-Managements.

Bild 2.5Inhaltliche Gegenüberstellung relevanter Kapitel der ISO/TS 16949 zum VDA SAF

Reflektiert man die Parallelen wie sie in Bild 2.5 aufgezeigt wurden, so wird deutlich, dass singuläre Prozessschwächen im Falle einer Nichtkonformität erhebliche Auswirkungen auf die generelle Wirksamkeit des QM-Systems haben können. Somit ist das Gewährleistungsmanagement ein bedeutender Beitragsleister für die Beherrschung des unternehmerischen Risikos. Hinterfragt man nun die Hypothese einer Nichtkonformität zur ISO TS 16949:2009 und das einhergehende Risiko, so stellt sich die Frage, ob das „QM-Zertifikat“ zur QM-Systemkonformität zu Recht vergeben werden konnte. Auch die Tatsache, dass im Anfrageprozess bereits Zusagen zur Produktkonformität getätigt werden, unterstreicht die Forderung nach dem GW-Management. Ein weiteres Beispiel für einen prozessualen Zusammenhang ist die Customer specific Requirements (CSR) CQI 14, Consumer-Centric Warranty Management Guideline11. Sie wird u. a. als Standard zur Befundung von Feldschadensteilen zwischen Ford und seinen Lieferanten definiert. Die CQI 14 beschreibt ein Gewährleistungsmanagement aus Sicht des Endverbrauchers, um eine reibungslose Garantieabwicklung zu gewährleisten und um gleichzeitig das „Garantie-Management-Programm“ in der gesamten Hersteller- und Lieferkette ständig zu verbessern. Sie ist somit integraler Bestandteil des QM-Systems zur Umsetzung von Kundenanforderungen. In Bild 2.6 und Bild 2.7wurden die Schemata von Bild 2.8 erneut aufgegriffen und ein Vergleich zwischen der CQI 14 und dem VDA-Band Schadteilanalyse Feld Auditstandard erarbeitet. Exemplarisch wurde ebenfalls die Frage 3. 5 aus dem selbigen Band reflektiert.

Bild 2.6Inhaltliche Gegenüberstellung relevanter Kapitel der AIAG CQI 14 zum VDA SAF, 1. Teil

Bild 2.7Inhaltliche Gegenüberstellung relevanter Kapitel der AIAG CQI 14 zum VDA SAF, 2. Teil

Aus Bild 2.6 und Bild 2.7 ist der kausale Zusammenhang fragebezogen ableitbar. Ebenfalls ableitbar, wäre eine Nichtkonformität zur vertraglichen Basis als auch zum QM-System. Die Aufgabe des Gewährleistungsmanagements ist folglich, diese Zusammenhänge zu erkennen und prozessual in der Organisation zu verankern. Ein letztes Beispiel, welches die integrale Notwendigkeit des Gewährleistungsmanagements als Unterstützungsprozess im QM-System unterstreicht, wurde in Bild 2.8 dargestellt. Hier setzt man sich mit dem vielschichtigen und komplexen kaufmännisch/technischen Anfrageprozess für Produkte als auch für Dienstleistungen auseinander.

Bild 2.8Prozessuale Wirkzusammenhänge des GW-Managements im Anfrageprozess

Organisationsseitig wird hier der Grundstein gelegt, an dem die Organisation u. a. gemessen wird. Sei es durch kundenspezifische Umsetzung von z.B. sowohl den Produktanforderungen als auch der zeitlichen Komponente als Key Performance Indikator (KPI) für die unverzügliche Bewertung von technischen Änderungen12. Daneben stecken im Detail individuelle Risiken, wie z.B. eine Vernachlässigung von einzuholenden Herstellbarkeitsbewertungen durch die Lieferkette, die erfasst und bewertet werden müssen, bevor ein Angebot durch die Organisation abgegeben werden kann. Allein hier wird der „Ruf“ nach einem koordinierenden Instrument, das möglichst alle interdisziplinären Informationen strukturiert und ganzheitlich zusammenhält, laut. Daher ist es von äußerster Wichtigkeit, substanziell für Organisationen herauszufinden, welche Mindset, welche Ziele und welcher Fokus im Gewährleistungsmanagement notwendig sind. Nur dann wird man GW-Management effektiv als integralen und koordinierenden Bestandteil des QM-Systems einsetzen können. Gleichbedeutsam gilt es zu erkennen, dass das Gewährleistungsmanagement nicht nur als eine zu steuernde Managementaufgabe verstanden wird, sondern als ein risikoidentifizierbares Konstrukt untrennbar mit allen unternehmerischen Prozessen verankert ist. Erst dadurch wird seine Bedeutung transparent; zum einen als Frühindikator in Unternehmensprozessen bei der Identifizierung von Risiken, z.B. aus produkthaftungsrelevanten Kriterien heraus, und zum anderen als postoperative Auseinandersetzung einer sogenannten Fall-Bewertung zur Ableitung von präventiven als auch reaktiven Maßnahmen.

2.1.2.1 Mindset, Ziele und Fokus im Gewährleistungsmanagement

Der Alltag in Unternehmen ist geprägt von altbewährten Gewohnheiten – definierte Prozesse entsprechen oftmals nicht den Tatsachen, überforderte Teams hetzen von einem Troubleshooting zum nächsten und Reklamationsmanagement wird oftmals nur symptombezogen betrieben ohne wirklich die Ursachen zu finden. Um mit und durch Gewährleistungsmanagement erfolgreich zu sein, reicht es nicht aus, Methoden und Werkzeuge zu definieren und anzuwenden. Für eine nachhaltige Umsetzung ist ein Kulturwandel in der Organisation notwendig. Angefangen vom Management über die Führungskräfte bis hin zu allen Mitarbeitern die mittelbar oder unmittelbar mit Teilen des Gewährleistungsmanagements in Berührung kommen. So gilt es zukünftig zu verstehen, welchen materiellen und immateriellen Mehrwert mit einem verständlichen und effektiven GW-Management im Unternehmensalltag erreicht werden kann. Motivierend durch die oberste Leitung oder einem von ihnen Beauftragten muss es gelingen, Fallstricke, wie sie oben beschrieben worden sind, als Chance zu verstehen. Klar der Organisation aufzeigen, wo Fehler entstanden sind und wer sie zu verantworten hat. Aber auch aufzeigen, wie man diesen Missständen entgegenwirken muss. Nicht durch eine vermeintlich aggressive Personalumstrukturierung, sondern durch Stärken-Schwächen-Analysen. Mitarbeiter zielorientiert einsetzen und an den Schrauben des Methoden- und Werkzeugkoffers drehen, um ans Ziel zu kommen. Wenn es der Organisation so gelingt, alle Mitarbeiter mit ins „Boot“ zu bekommen, ist der wichtigste Schritt in eine erfolgreiche Umsetzung getan. Ziele sind sehr individuell, strategisch als auch operativ getrieben von Ereignissen oder Visionen. Ziele sind Kriterien, wo Erfolg und Misserfolg nahe beieinanderliegen. Umso wertvoller ist es, sich intensiv Gedanken darüber zu machen, nicht nur wie sie erreicht werden können, sondern in welcher Verhältnismäßigkeit der Aufwand dahingehend gegenübersteht. Für das Gewährleistungsmanagement könnten z.B. folgende Punkte als Zielvorstellungen definiert werden:

Prävention statt Reaktion (z.B. von prüfenden hin zu planenden Aspekten)

Kontrolle – Qualifikation – Kompetenz – Best Practice

Nachhaltigkeitsstrategien (z.B. zur Kosten- und Risikominimierung)

Produkt- und Prozess Excellence (z.B. Benchmarking)

Vertrags- und Versicherungstransparenz in der Lieferkette

Kundenzufriedenheit.

Unter allen möglichen Zielvorgaben hat das Gewährleistungsmanagement grundsätzlich die Aufgabe, Anforderungen und Interessen unterschiedlicher Stakeholder zu vereinen. Ihm wird oftmals die notwendige „Übersetzungsarbeit“, die sich aus der Terminologie unterschiedlichster Bereiche z.B. Jurist versus Entwickler versus Einkäufer ergibt, zugetragen. Technische, rechtliche und betriebswirtschaftliche Themen dürfen nicht getrennt voneinander betrachtet werden, sondern sind schnittstellenunabhängig zu analysieren und in eine Risikomatrix zu überführen. Der abzuleitende Fokus des GW-Managements wäre eine Zentraleinheit in der Organisation, die sowohl interdisziplinär und bereichsübergreifend als auch strategisch und operativ aktiv tätig ist. Es konzentriert sich auf die Reduzierung von Risiken von der Anfrage bis zum Produktauslauf, Bauteilfehlern und Gewährleistungskosten. GW-Management versteht die Bedingungen, die ein Komponententausch im Feld begründet und sorgt dafür, dass nachhaltige Lösungen unabhängig vom Verursacherprinzip einfließen. Die Einbindung von Partnern und Spezialisten ist selbst bei komplexen Problemstellungen einhergehend.

2.1.2.2 Funktionsbereiche im Gewährleistungsmanagement

Dem Gewährleistungsmanagement kann man sich aus verschiedenen Richtungen nähern. Beachten sollte man, dass strategische, operative bzw. reaktive genauso wie örtlich lokale als auch globale Verantwortlichkeiten/Ausrichtungen miteinander verzahnt sind. Exemplarisch werden folgend die entsprechenden Ausrichtungen in örtlicher Kombination mit entsprechenden Beispielen für Aufgabenfelder in ihren Funktionsbereichen näher aufgezeigt:

Strategische Verantwortung

Bild 2.9Strategischen Aufgaben und ihre Verortung

Die in Bild 2.9 aufgeführte komprimierte visuelle Darstellung der strategischen Verantwortungsbereiche ist plakativ zu sehen. Organisationsseitig sind prozessual zwingende Verknüpfungen von lokalen mit globalen Aktivitäten zu implementieren. Dieses kann z.B. durch eine entsprechend ausgestaltete Prozesslandschaft in der QM-Systemdokumentation erfolgen. Ebenfalls sind die Verantwortlichkeiten und die Berichtstrukturen durch entsprechende Organigramme zu definieren. Aus der dargestellten Trennung der Aufgabenfelder ergibt sich die grundsätzlich abzuwickelnde Leistungsvielfalt. Wobei der richtungsweisende, strategische Funktionsbereich den lokalen Funktionsbereichen vorgeschaltet ist. Dieses ist notwendig, um eine Harmonisierung der Gewährleistungsabläufe sicherzustellen. Effekte wie der Reduzierung von Ansprechpartnern, einem zentralisierten Informationsfluss in der Lieferkette sowie einer standortübergreifenden Vergleichbarkeit in der Abwicklung sind dadurch ableitbar.

Operative Verantwortung

Bild 2.10Operative Aufgaben und ihre Verortung

Für den operativen Funktionsbereich ist die prozessuale Vernetzung nach den selbigen Verfahren, wie sie für den strategischen Funktionsbereich aufgezeigt wurde, anzuwenden. Ein Interessenskonflikt ist insoweit zu vermeiden, sodass komprimiertes Know-how zum Einsatz kommt (Bild 2.10).

Reaktive Verantwortung

Aufgabenfelder des reaktiven Gewährleistungsmanagement werden oftmals dem globalen Funktionsbereich zugeordnet. Einige Aufgaben werden nachfolgend näher aufgezeigt:

GW-Kosten-Verhandlung in der Lieferkette

Abwicklung von Serienschäden mit OEMs13 (Lieferkette) und Einbindung von Dritten (z.B. Gutachter)

Durchführung von Audits und technischer Revision14 bei Lieferanten und in den lokalen Werken (z.B. Wirksamkeit vom Problem-Lösungs-Prozess)

Durchführung von Witness-Audits (Sicherstellung der Kompetenz von Auditoren).

Den Aufgaben entsprechend werden im reaktiven Gewährleistungsmanagement event- oder ereignisorientiert Fälle abgewickelt. Dabei begründet sich die Arbeit auf Unterstützungsleistung der Lieferwerke im Falle von z.B. Serviceaktionen in der Handelsorganisation, Rückrufaktionen im Feld oder auch die Analyse von Liegenbleibern (Flying Doktors15). Eine Koordinierung von Kundenaudits gemäß VDA Schadteilanalyse Feld16 oder vergleichbarer Standards sowie Technische Revision durch Kunden bilden ebenfalls einen Schwerpunkt. Damit verbunden ist die kontinuierliche Verbesserung, d. h. gewonnene Erkenntnisse aus z.B. Audits wieder in die jeweiligen Funktionsbereiche des Gewährleistungsmanagements oder korrespondierender Prozesse zu überführen.

2.1.2.3 Methodische Systemintegration und Risikobetrachtung

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie ein ganzheitliches Gewährleistungsmanagement in eine bestehende prozessuale Systemlandschaft integriert werden kann. Es werden dazu Beispiele aufgezeigt, welche Phasen beginnend mit der Angebotserstellung über die Industrialisierung bis hin zum Produktauslauf angesprochen werden. Phasenbezogene Aufgabenfelder werden exemplarisch anhand von Grafiken aufgezeigt und Methoden zur Risikobetrachtung sowie Risikoeruierung werden dargelegt. Eine direkte Eingliederung in eine prozessuale Systemlandschaft ist möglich, indem man die beschriebenen Phasen einer vorhandenen Organisationsstruktur zuordnet, vergleicht und implementiert. Beginnend wird in Bild 2.11 ein Produktlebenszyklus mit den jeweiligen Phasen und Meilensteinen dargestellt.

Bild 2.11Darstellung des Produktlebenszyklus in Phasen und Meilensteinen

Die phasenbezogenen Aufgabenfelder werden jeweils detailliert anknüpfend beschrieben (Bild 2.12).

Bild 2.12die Angebotsphase und ihre Aufgabenfelder

Die in der Angebotsphase beschriebenen Inhalte sind für das Gewährleistungsmanagement von maßgeblicher Wichtigkeit. In ihnen erfolgt für die Organisation und ihrer Lieferanten die Abgrenzung und Bestätigung, was der Vertragsgegenstand ist. An den Inhalten wird die Organisation gemessen. Änderungen oder Aufweichungen sind nach Abgabe, sei es in Richtung Kunde oder Lieferant, ohne Mehraufwand schwer möglich.

Klarheit über eine Abgrenzung kann z.B. durch Leistungsschnittstellenvereinbarungen (LSV)17gestaltet werden. Das Gewährleistungsmanagement als unterstützender Teil in dieser Phase hat u. a. die Aufgabe, interdisziplinär Entscheidungen herbeizuführen und bereichsübergreifend zu sensibilisieren (Bild 2.13).

Bild 2.13der Auftrag als Meilenstein und seine Aufgabenschwerpunkte

Wurde der Auftrag vom Kunden auf Basis der Organisationsangaben entsprechend erteilt, so gilt es diese Anforderungen entsprechend in der Industrialisierungsphase umzusetzen. Der Auftragsumfang ist mit dem Angebot in jedem Falle zu plausibilisieren. Ein organisationsseitiges Bestätigungsschreiben schließt die Plausibilitätsprüfung ab. Wichtig ist es, den Beteiligten in der Organisation zu verstehen zu geben, dass Nebenabreden oder Zusagen ohne eine erneute Bewertung nicht wirksam geschlossen werden dürfen (Bild 2.14).

Bild 2.14Sicherstellungsschwerpunkte in der Industrialisierungsphase

Während der Produkt- und Prozessreifemachung in der Industrialisierungsphase hat das Gewährleistungsmanagement eine Controlling-Funktion. Sprich, die erfassten Zahlen, Daten und Fakten auf die Belange von Gewährleistungsrisiken hin zu untersuchen und auszuwerten. Ergebnisse werden entsprechend bereichsübergreifend kommuniziert. Die Einbindung und Abstimmung mit der Organisationsführung als Unterstützung bei der Umsetzung strategischer und operativer Entscheidungen bietet zusätzliche Transparenz und fördert den interdisziplinären Wissenstransfer (Bild 2.15).

Bild 2.15der SOP als Meilenstein und seine Auswirkungen

Der Start of Production (SOP) ist zeitversetzt in der Lieferkette der Beginn der Serienbelieferung. Mit ihm ist die Serienfreigabe verbunden und alle Rechte sowie Pflichten für ein Serienprodukt. Ein definierter Gefahrenübergang regelt den Zeitpunkt zu dem das Produktrisiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Individuelle Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV)18 können u. a. Klarheit und Abgrenzung zu technisch-organisatorischen Maßnahmen und Verhaltensregeln schaffen. Oder kann die Übertragung von Verkehrssicherungspflichten regeln. Zu beachten ist, dass eine QSV produktbezogen und individuell zwischen den Vertragsparteien im interdisziplinären Kontext und im Vorfeld der Belieferungen abgeschlossen werden muss. Die Einhaltung der vertraglich geschlossenen Qualitätssicherungsvereinbarungen sind die Basis für das Gewährleistungsmanagement in der abgrenzenden Produktbeobachtung und Teil der Bewährungsphase. Die QSV ist somit ein Mittel zur Umsetzung einer Q-Strategie und sichert reibungslose Abläufe in der überbetrieblichen Zusammenarbeit

Bild 2.16Absicherungsverfahren und Zuverlässigkeitsmethoden in der Bewährungsphase

Alle Absicherungsverfahren und Zuverlässigkeitsmethoden die seit der Annahme des Projektes zum Einsatz gekommen sind, werden in der Bewährungsphase auf den sogenannten „Prüfstand“ gestellt (Bild 2.16). Die Nachhaltigkeit von diesen Verfahren ist nur dann bewiesen und sichergestellt, wenn im 0KM-Bereich bzw. im Feld keine Probleme auftauchen. Treten Fehler auf, so sind diese mittels bekannter Methoden abzuwickeln. Eine Fehlerbaumanalyse19 oder die 5-Why-Methodik20 seien nur beispielhaft zu nennen. Nähert man sich der Systematik zur Fehleridentifizierung, so ist es daher entscheidend und bedeutsam die Entstehungsorte für mögliche Ursachen zu eruieren. Einige Entstehungsorte von Fehlern seien folgend aufgezählt:

Lieferantenproduktion

Verpackung- und Handlings-Prozesse von Produkten

Logistikwege in der Lieferkette

Produktions- und Logistikprozesse in der Organisation

Produktions- und Logistikprozesse beim Kunden

Teil- und Fahrzeugsysteme

Werkstattprozesse etc..

Ebenfalls ist es unabdingbar eine weitere Klassifizierung der Einflussmöglichkeiten vorzunehmen. Grundsätzlich können diese Einflussmöglichkeiten mittels des 7-M-Verfahrens21 (Mensch, Maschine, Mitwelt…) unterschieden werden. In der Praxis gliedert man diese in systematische und zufällige Einflüsse auf. Systematische Einflüsse sind jene Einflüsse, bei denen eine ursächliche Abweichung unter bestimmten Bedingungen kontinuierlich vorhanden sein kann. Diese sind die Ursache für zusätzlich auftretende, überlagerte Abweichungen im Prozess. Beispielsweise seien hier ein Verschleiß am Werkzeug oder das Anfahren eines Temperaturprozesses genannt. Zufällige Einflussgrößen bedingt durch z.B. Temperaturschwankungen oder die Positioniergenauigkeit einer Maschine lassen sich auf nicht beherrschte Prozesse oder Mechanismen bzw. einseitig gerichtete Beobachtungen, wie sie durch die verschiedenen Entstehungsorte hervorgerufen werden können, zurückführen. Eine Reflektion der angewendeten Absicherungsverfahren ist daher unumgänglich. Damit ist gemeint, dass anerkannte Verfahren wie z.B. eine Maschinenfähigkeitsuntersuchung in Bezug auf die ausgewählte Parametrierung und die tangierenden Fehlermechanismen zu hinterfragen ist. Gleichermaßen sind die identifizierten Risiken anhand von Design- oder Prozess-, Logistik-FMEA‘s22 erneut zu bewerten. Die in der Bewährungsphase genannten Aufgabenschwerpunkte des GW-Managements haben nicht nur die Sicherstellung der Unternehmens- und Kundeninteressen zur Folge. Sie sind die Basis für einen Nachweis zur Umsetzung gesetzlich und behördlicher Verpflichtungen. Aufgaben die durch Unternehmen sichergestellt werden müssen, dienen nicht nur dem Behördennachweis, sondern entlasten gleichermaßen die Unternehmung. An den folgenden Beispielen werden rechtliche Rahmenbedingungen unterschiedlichster Behörden exemplarisch aufgezeigt:

USA: TREAD-Act23

Einführung von Meldepflichten für Importeure und Hersteller

Rückrufaktionen außerhalb der USA, Todesfälle weltweit

Quartalsberichte an die NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration)24

Gewährleistungsfälle, Kundenbeschwerden, Feldberichte, Einzelmeldungen

Verstärkte Beobachtung von Rückrufen außerhalb der USA

Detailnachfrage bei Herstellern, warum Aktion nicht in den USA durchgeführt wird.

China: Rückrufgesetz

Meldepflicht und Rückrufpflicht für Hersteller, Importeure und Händler

bei Feststellung eines Fehlers, der eine unzumutbare Gefahr für Leib und Leben von Personen oder für das Eigentum Dritter verursachen kann.

bei Nichterfüllung der gesetzlichen Standards.

Rückrufentscheidung durch die Behörde

Die Behörde AQSIQ (Administration of Quality Supervision, Inspection and Quarantine)25 kann (nach Feststellung eines Sicherheitsmangels durch die Behörde oder bei Feststellung, dass ein Hersteller Mängel versteckt oder nicht ernst nimmt) einen Rückruf anordnen.

Europa: Produktsicherheitsgesetz "ProdSG“

Hersteller und Handel dürfen nur sichere Produkte in Umlauf bringen.

Es besteht Beobachtungspflicht für in Umlauf gebrachte Produkte, Maßnahmen zum Schutz.

Beschwerden müssen dokumentiert und geprüft werden.

Selbstanzeigepflicht

bei eindeutigen Anhaltspunkten für eine Gefährdung: Pflicht zur Unterrichtung des KBA (einschließlich Maßnahmen zur Gefahrabwendung).

Transparenzgebot

Das Kraftfahrtbundesamt (KBA)26 informiert die Öffentlichkeit über Sicherheitsmängel.

Ein nicht zu vernachlässigender Sachverhalt ist ein intensivierter Informationsaustausch auf allen Verwaltungsebenen durch ein z.B. bestehendes länderübergreifendes Meldesystem der Europäischen Union (EU). Im sogenannten Rapid Exchange of Information System (RAPEX)27, einem Warnsystem der EU für den Verbraucherschutz, werden Informationen über gefährliche oder potenziell gefährliche Verbrauchsgüter EU-weit ausgetauscht. Darunter fallen u. a. Produkte mit technischen Mängeln wie Elektrogeräte, bei denen Stromschlag- oder Entflammungsgefahr besteht. Weiterer Inhalt von RAPEX ist die transparente Darstellung von Maßnahmen wie Rückhol- oder Rückrufaktionen, unabhängig davon ob es sich um Maßnahmen der einzelstaatlichen Behörden oder um freiwillige Maßnahmen der Hersteller und Händler handelt.

Verstärkt wird ebenfalls die Zusammenarbeit der Behörden auf erweiterter internationaler Ebene betrieben, wie sie in Bild 2.17 beispielhaft aufgezeigt wird.

Bild 2.17Behördenvernetzung

Die Wahrnehmung der Vernetzung der Behörden wird um so wichtiger, je globaler eine Unternehmung im Markt auftritt. Hier kommt die Produktstrategie des Baukastenprinzips in ihrer vollen Breite von möglichen Problemen voll zum Einsatz. Verantwortlich dafür könnte der Trend des Gleichteileprinzips und der Verbau von einzelnen Komponenten in verschiedenen Aggregaten sein. Ein rasanter Anstieg von nachgefragten Fahrzeugen und ihrer prozessualen Herausforderung an das Qualitätsmanagement, die diese Leistungssteigerungen absichern soll, kommt dadurch gleichermaßen unter zeitlichen Druck. Zu bedenken im GW-Management wären die unterschiedlichsten Ansätze der Behörden wie z.B. in den USA. Die NHTSA hält sich im Vorfeld komplett aus Qualitätsfragen in der Fahrzeugindustrie heraus und wird erst dann massiv aktiv, wenn Mängel auftreten. In Deutschland nimmt das KBA eine präventive Rolle ein und ist weit früher in das Qualitätsmanagement eingebunden. Es ist dadurch in der Lage, frühzeitig erkannte Mängel beseitigen zu lassen, sodass ein Rückruf unnötig ist. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen der Behörden sollten im GW-Management nicht nur bekannt sein, sondern es ist darauf entsprechend zu reagieren. Eine Verwertung dieser Erkenntnisse wäre beispielsweise eine ableitbare unternehmerische Strategie zur Absicherung und Einhaltung von behördlichen Forderungen im Rückrufmanagement. Aber auch eine unternehmensweite Bekanntmachung dieser Informationen. Ein unternehmensweites Netzwerk, wie es die Behörden betreiben, wäre eine weitere nachhaltige Konsequenz (Bild 2.18).

Bild 2.18Aufgabenwahrnehmung nach dem EOP

Wenn die Produktion in ihrer durch den Kunden freigegebenen ursprünglichen Form eingestellt wird, so ist es prozesssicher nicht mehr möglich, im Falle von Reklamationen entsprechend zu reagieren. Eine Maßnahmeneinleitung, wie sie typischerweise in der Serienproduktion umgesetzt wird, ist dadurch ausgeschlossen. Die Organisation sollte diesen Sachverhalt unbedingt reflektieren und in ihr Notfallmanagement überführen. Warum? Zum einen, wenn im Nachhinein Produkthaftungsthemen wirksam werden, ist ein schneller Bauteiltausch bzw. eine schnelle Nachproduktion ohne erheblichen Aufwand (Zeit und Kosten) nicht möglich. Es wäre daher anzuraten Produktstrategien zu entwickeln, die bereits zum Zeitpunkt der laufenden Serie Alternativen vorhalten. Diese Alternativprodukte mit gleicher Funktionalität, können zeitgleich mit den Serienprodukten validiert und qualifiziert werden und stellen somit eine kostengünstige Alternative als technische Kompensation dar. Zum anderen wäre eine Endbevorratung von Verkaufsprodukten oder anzuwendende, abgesicherte Nacharbeitskonzepte die schnelle Lösung. Dem widersprechen die Bauteilalterungen und die Tatsache, dass mögliche Produkthaftungsthemen zum Zeitpunkt der Endbevorratung nicht präventiv ableitbar sind.

Die Ausrichtung des GW-Managements als integraler Bestandteil im Produktlebenszyklus und mit den dazugehörigen, phasenbezogenen Aufgaben gewinnt an Systematik, wenn eine systematische Risikoidentifizierung, -analyse und -auswertung erfolgt. Darunter fallen alle Tätigkeiten zur rechtzeitigen Erkennung, Bewertung und Bewältigung von potenziellen Risiken. Dieses bedeutet, dass ein System zur Eruierung von bekannten und noch zu identifizierenden Risiken vorhanden sein muss. Thematisch findet man in der ISO 31000 Norm28 Risikomanagement, Grundsätze und Richtlinien sowie viele Informationen zur Umsetzung. Im GW-Management werden durch eine strukturierte Umsetzung die potenziellen Risiken in eine Risikomatrix überführt. In Bild 2.19 ist eine Risikomatrix grob aggregiert dargestellt.

Bild 2.19Risikomatrix mit Bewertung der Phasen im Produktlebenszyklus

Herausgehend aus der Risikomatrix lassen sich nicht nur visuell Risikobereiche aufzeigen, sondern es werden auch gleichzeitig Handlungsfelder eröffnet. Fein aggregiert lassen sich ebenfalls die verschiedenen Unternehmensbereiche mit den identifizierten potenziellen Risiken beispielhaft wie in Bild 2.20 dargestellt.

Bild 2.20Risikomatrix mit Bewertung der Unternehmensbereiche

Die weitere Vorgehensweise im GW-Management ist die Bewertung der Risiken in Bezug auf ihren zeitlichen Bezug, ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihres Schadensausmaßes. Somit können die potenziellen Risiken im direkten kausalen Zusammenhang zu den Unternehmenszielen stehen. Synergien, wie sie bereits im Unternehmen vorhanden sind, sollten in die Risikobetrachtung als Grundinformation (z.B. D-FMEA etc.) integral einfließen. Als eigene spezifische Risikomethodik lässt sich die Gewährleistungs-FMEA benennen. Mit der Gewährleistungs-FMEA lassen sich unternehmensspezifische Risiken, speziell die im GW-Management relevant sind, zweidimensional klassifizieren. Auf der strategischen Ebene werden Problemfelder – u. a. wachsende Gesamtkomplexität, Termindruck, steigende Variantenvielfalt und mangelnde Standardisierung, aber auch Reifegrad neuer Technologien und Ressourcenknappheit – in der Entwicklungsabsicherung analysiert. Die operative Ebene antizipiert Prozesse, die teilweise suboptimal konzipiert und damit nicht gut steuerbar sind. Diskontinuitäten, die z.B. durch häufige Produkt- und Prozessänderungen hervorgerufen werden, stellen ein unzureichendes organisatorisches Lernen dar. Insbesondere die Qualität in der interdisziplinären Zusammenarbeit welche z.B. durch Intrigen, Politik, Neid, Egoismen geprägt sein könnte, ist eingehend zu beleuchten und abzustellen. Einen Auszug aus einer Gewährleistungs-FMEA ist in Bild 2.21 vereinfacht dargestellt.

Bild 2.21GW-FMEA Darstellung

Im Anschluss an einer GW-FMEA-Betrachtung werden die Maßnahmen mit dem größten Potenzial umgesetzt. Unter Zuhilfenahme des Fehler-Kritikalitätsindex (Bild 2.22) lassen sich die Ergebnisse vor und nach den Maßnahmen visuell darstellen.

Bild 2.22Visuelle Darstellung von Schwerpunkten aus der GW-FMEA

Durch die optische Darstellung der potenziellen und umgesetzten Maßnahmen wird ein schneller Transparenzgrad erzeugt. Der Transparenzgrad erlaubt es zu assoziieren, inwieweit ein interdisziplinärer Informationsaustausch beginnend mit der FMEA-Risikobetrachtung bis hin zur Maßnahmenumsetzung wirksam ist. Er indiziert das unternehmensweite Know-how-Repertoire und gibt Aufschluss über den qualitativen sowie quantitativen Reifegrad, der u.a. Bedingung für nachhaltige Entscheidungen ist.

2.1.2.4 Berichtswesen / Controlling-Instrumente

Im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb lassen sich in den Unternehmen unzählige Zahlen, Daten und Fakten (ZDF29