Glitzer oder fauler Zauber - Meghan Maslow - E-Book

Glitzer oder fauler Zauber E-Book

Meghan Maslow

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Beschreibung

Das Letzte, was der Drachen-Feen-Mischling und Privatdetektiv Twig Starfig tun möchte, ist das magische Horn eines Einhorns wiederzubeschaffen, das gestohlen wurde. Allerdings hat er kaum eine Alternative, da Überzeugungskünste zur Magie des wunderschönen und verführerischen Einhorns gehören. Um Dinge noch komplizierter zu machen, erhält er als Sicherheit den menschlichen Diener des Einhorns, Quinn Broomsparkle, an die Seite gestellt. Twigs Drachenanteil würde Quinn unter Umständen gern verspeisen, seine Feenseite jedoch hat ein komplett anderes Interesse an Quinn. Und ausgerechnet der ziemlich heiße Quinn verbirgt etwas Bedeutendes. Zum Glück ist Twig Spross des mächtigen Feenprinzen – oder macht das die Dinge eher noch schwieriger?

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Meghan Maslow

Glitzer oder fauler Zauber

Starfig Investigations 1

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2019

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: By Fairy Means or Foul, Starfig Investigations 1

Übersetzung: Florentina Hellmas

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© Peter Polak – shutterstock.com

© umnola – shutterstock.com

© Refluo – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-314-1

ISBN 978-3-96089-315-8 (epub)

Inhalt:

Das Letzte, was der Drachen-Feen-Mischling und Privatdetektiv Twig Starfig tun möchte, ist das magische Horn eines Einhorns wiederzubeschaffen, das gestohlen wurde. Allerdings hat er kaum eine Alternative, da Überzeugungskünste zur Magie des wunderschönen und verführerischen Einhorns gehören.

Um Dinge noch komplizierter zu machen, erhält er als Sicherheit den menschlichen Diener des Einhorns, Quinn Broomsparkle. Twigs Drachenanteil würde Quinn unter Umständen gern verspeisen, seine Feenseite jedoch hat ein komplett anderes Interesse an Quinn. Und ausgerechnet der ziemlich heiße Quinn verbirgt etwas Bedeutendes.

Zum Glück ist Twig Spross des mächtigen Feenprinzen – oder macht das die Dinge eher noch schwieriger?

Kapitel 1

„Feen wissen einfach nicht, wie man einen anständigen Lebenslauf schreibt.“ Ich knüllte eine weitere Pergamentrolle zusammen und warf sie in den Mülleimer neben meinem Schreibtisch. Ein Blick auf die nächste genügte, bevor ich auch diesen Lebenslauf wegwarf. Wenn es so weiterging, würde ich die Assistentenstelle nie besetzen. Zugegebenermaßen hatte ich nicht allzu viele Bewerber gehabt; die meisten Feen waren nicht daran interessiert, einer ehrlichen Arbeit nachzugehen, oder überhaupt irgendeiner Art von Arbeit, geschweige denn, der Assistent des einzigen Privatdetektivs im Elderreich zu werden. Noch dazu eines Detektivs, der halb Fee und halb Drache war.

Dennoch war es enttäuschend. Man sollte meinen, es gäbe mindestens einen geeigneten Kandidaten. Ich band mein Haar mit einer Lederschnur zurück und warf die letzten Lebensläufe in den Müll. In ungefähr einem Monat würde ich die Stelle wieder annoncieren. Aber bei diesem Tempo würde mein Geschäft nie wachsen.

Ein Klingeln machte mich auf einen Besucher im Empfangszimmer aufmerksam. Ich drückte mich von meinem Schreibtisch zurück, zuckte zusammen und hielt meine wunden Rippen. Ich hatte gerade einen üblen kleinen Auftrag beendet, bei dem es um einen Gnom, einen Vampir, einen Kobold und ein verzaubertes Familienerbstück ging, das verloren gegangen war. Nur weil Kobolde winzig waren, durfte man ihre Fähigkeit, einen aufs Kreuz zu legen, nicht unterschätzen. Meine schmerzende Seite war der Beweis.

Ein weiterer Auftrag, so kurz nachdem ich den letzten abgeschlossen habe, wäre gut fürs Geschäft. Und wie hoch war schon die Wahrscheinlichkeit, so schnell wieder einen verrückten Fall wie diesen zu bekommen? Die berühmten letzten Worte, nicht wahr?

Kaum dass ich das Empfangszimmer betrat, erstarrte ich, meine Augen wurden groß und mir fiel die Kinnlade runter. Das prächtigste Wesen, das ich je gesehen habe, stand im Eingangsbereich, eine leichte Stirnfalte über dem perfekten Gesicht. Ich musste mich bewusst bemühen, meinen Mund zu schließen und mehrmals blinzeln, um wieder klar sehen zu können. Wow. Waren das Regenbogenfunken, die das Wesen umgaben?

„Du bist ein Einhorn“, platzte ich heraus. Normalerweise war ich nicht so ungeschickt mit Worten, aber die Schönheit dieses Wesens tat beinahe weh. Einhörner gehörten zu den seltensten und wertvollsten Geschöpfen im Elderreich, voll von Güte und Glanz. Ich hatte nie zuvor eines persönlich getroffen. Es war so viel mehr, als ich mir vorgestellt hatte.

In seiner menschenähnlichen Form schimmerten die langen blonden Haare des Einhorns, die mit einem Hauch von Regenbogenfarben durchzogen waren. Riesige Amethyst-Augen, in denen man versinken konnte, von sündhaft langen Wimpern umgeben, und ein Lächeln, das mir das Gefühl gab, mein Schwanz würde gelutscht, waren nur ein kleiner Teil seines Reizes. Sein Körper war geschmeidig, aber stark und die weiße Lederhose überließ nicht viel der Fantasie. An dem Ausdruck ‚so gut bestückt wie ein Einhorn‘ schien etwas dran zu sein.

Die Glitzerwolke bewegte sich mit ihm, als er näherkam, der Duft des Begehrens war fast überwältigend und machte mich in dem kleinen Raum schwindelig. Es war kein direkt angenehmer Geruch. Dafür war er zu … intensiv, was mich aus dem Gleichgewicht brachte und das Denken erschwerte. Was für eine Art von Magie war das?

Ein leises Hüsteln holte mich aus meiner Trance. Meine Augen wandten sich rasch der Quelle des Geräuschs zu. Als ich erschrak und nach Luft schnappte, klang es laut in dem stillen Raum. Eine andere Person war mit dem Einhorn eingetreten und ich hatte es nicht einmal bemerkt! Das war mir noch nie passiert. Und noch dazu bei einem Menschen.

Hätte ich irgendeinen Zweifel an ihrem besonderen Arrangement gehabt, so wären die fast durchsichtige Haremshose und das winzige Seidentanktop des Menschen ein eindeutiges Zeichen gewesen. Sein weißblondes Haar und sein stark bemaltes Gesicht – Was war das nur mit dem ganzen Glitter? – hoben sich von einer Reihe dekorativer Tattoos ab, die seine wohldefinierten Arme überzogen und über seinen Rücken verschwanden.

„Sie haben recht, Brandsome, er ist eindeutig ein Detektiv.“ Die Stimme des jungen Mannes klang seltsam herausfordernd, als er unter meinem Blick zappelte. Ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass ich ihn unhöflich anstarrte. Aber das tat er auch. Kein Wunder, denn die meisten Kreaturen fragten sich zu Recht, was dabei herauskam, wenn sich ein Drache mit einer Fee paarte.

Obwohl ich eher wie ein Mensch aussah – davon abgesehen, dass ich gut dreißig Zentimeter größer war und dreißig Kilo mehr Muskeln hatte. Dazu kamen lange, tiefblaue Haare und schwarze Fingernägel, die sich im Nu in böse Krallen verwandeln konnten. Es war also nicht wirklich überraschend, dass er zappelte. Ich wirkte auf die meisten Wesen furchterregend. Aber sein herausfordernder Ton … Das war etwas Neues.

„Benimm dich, Quill.“

„Quinn …“

„Quinn. Natürlich, Schätzchen.“ Das Einhorn lächelte seinen Begleiter an, der Blick seiner leuchtenden Augen nachsichtig. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder mir zu und ich bemühte mich, nicht unter dem Zauber dieser schönen Kreatur auf die Knie zu fallen. Brandsome. Was für ein süßer Name. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich später seufzend Herzchen in mein Notizbuch kritzeln.

„Hallo.“ Seine Stimme war flüsterleise und brachte mich dazu, ihm die Welt versprechen zu wollen. Die Wimpern streichelten einmal köstlich über markante Wangenknochen, bevor er sagte: „Ich bin Brandsome Nightwind.“

„Der Brandsome Nightwind“, fügte der Mensch mit gelangweilter Stimme hinzu. „Dazzle Fashions Cover-Model des Jahres. Das dritte Jahr in Folge. Seine Fans sind seinetwegen ganz durch den Nacht-Wind. Süß, nicht wahr? Nein, ich schmeichle nicht. Ich bin sicher, Sie haben seine Poster in der Stadt gesehen … Oder vielleicht haben Sie ja auch eines an Ihrer Schlafzimmerwand. Glauben Sie mir, er wird es später gerne signieren … Sir.“

„Schätzchen, hör bitte auf. Du blamierst mich. Das ist kein Benehmen für ein Haustier.“ Brandsomes Wangen röteten sich und machten ihn noch hübscher. Er beugte sich zu mir und sagte vertraulich: „Er ist so frech, aber er meint es gut.“ Er lachte, ein trällerndes Geräusch, stark wie das Lied einer Sirene. „Entschuldigen Sie die Frage, aber sind Sie der mutige und starke Turig Starfinn, von dem ich ständig höre?“

Ich wollte fragen, wer bei den blutigen unteren Reichen Turig Starfinn sein sollte, aber Brandsome strich sich die Haare über die Schulter und ich verlor den Faden. Diese kleine Geste war viel heißer als jede Orgie, die ich je besucht habe. Ich wurde steinhart und ich schwöre, er wusste es. Er biss auf seine pralle Unterlippe und ich hatte Mühe, nicht vor Verlangen zu stöhnen. Was hatte er nochmal gefragt? Mein Name. Richtig. Den konnte ich ihm sagen. Hätte ich noch gewusst, wie man spricht. „Ähm …“

Brandsomes Begleiter hielt eine meiner Visitenkarten hoch. „Wenn das Ihre Karte ist, würde ich sagen, dass Sie in der Tat der Twig Starfig sind, Sir. Kommt Ihnen das bekannt vor?“ Seinen Mund umspielte der Hauch eines Lächelns und ich konnte nicht sagen, ob es die Reaktion auf meinen Namen war. Ich hatte darüber schon Unmengen an Witzen gehört – wer wollte schon Zweig heißen? Oder lag es daran, dass ich offensichtlich nicht in der Lage war, in Gegenwart des Einhorns einen zusammenhängenden Satz herauszubringen? Vielleicht beides.

„Ja, das ist richtig“, knurrte ich beinahe. ‚Frech‘ war eine Untertreibung! Die Augen des Menschen weiteten sich, der amüsierte Ausdruck verschwand und wich erhöhter Wachsamkeit. Brandsome entmutigte mein Tonfall dagegen nicht, denn er kam noch näher.

„Meine Güte, Sie sind so viel … attraktiver, als ich es mir vorgestellt habe. Atemberaubend, wirklich.“ Die Art und Weise, wie er mich von oben bis unten betrachtete, gab mir das Gefühl, ein wertvolles Kunstwerk zu sein. Ich war mir nicht sicher, ob ich stolz oder beleidigt sein sollte.

Bevor ich antworten konnte, fuhr er fort: „Ich hörte, dass Sie Leuten helfen, Dinge zu finden, die ihnen genommen wurden.“ Brandsomes Augen füllten sich plötzlich mit Tränen und seine Lippe zitterte.

Ich war nicht scharf auf Tränen – Drachen waren häufiger deren Ursache als die Lösung – aber ich hielt bewusst still, um nicht die Arme um das betörende Wesen zu legen. Das war mir auch noch nie passiert. Es machte mich sprachlos und hilflos. Also tat ich das Nächstbeste: Ich nickte.

Der Begleiter des Einhorns seufzte. Ich blickte in seine Richtung. Er runzelte die Stirn und glättete seine Gesichtszüge erst, als Brandsome zu ihm sah. Er hatte ein sehr schönes Gesicht, wenn ich ehrlich war, aber es verblasste im Vergleich zur Schönheit des Einhorns. Das tat jeder. So sehr ich das Einhorn auch weiter bestaunen wollte, so war ich doch viel besser beraten, meine Aufmerksamkeit auf seinen Diener zu konzentrieren. Wie sagte er, war sein Name? Quinn, richtig? Mit dem Rausch von Lust und Adrenalin in meinem System fiel es schwer, Details zu merken, die ich normalerweise sofort behalten hätte.

Ich zeigte zu meinem Büro und zwang mich, Worte aneinanderzureihen. „Warum sagen die Gentlemen mir nicht, wie ich helfen kann?“

Ich hatte es geschafft. Ein ganzer Satz. Und er ergab sogar Sinn.

„Danke, Sie wildes Geschöpf“, sagte das Einhorn und seine sanfte Stimme berührte meine Haut wie feinste Seide. „Das mache ich zu gerne.“

Quinn verzog das Gesicht, als Brandsome sich abgewandte. Als er bemerkte, dass ich es gesehen hatte, erstarrte er und musterte mich abwartend. Weil ich ihn nicht verriet, zwinkerte er mir zu. Bevor ich auf dieses ungeheuerliche Benehmen reagieren konnte, drehte er sich auf dem Absatz um und folgte seinem Herrn in Richtung meines Büros.

Ziemlich frech für einen Bettsklaven! Ich empfand eine Art widerwilliger Zustimmung. Ich hatte nie verstanden, warum vertragliche Knechtschaft im Elderreich toleriert wurde. Das war etwas, was Menschen einander antaten. Die Bewohner von Elder waren besser als das. Oder zumindest hätten wir es sein sollen. Ich deutete mit der Hand auf die beiden Stühle vor meinem Schreibtisch und setzte mich auf meinen eigenen gegenüber. Die Entfernung half mir, den Kopf ein wenig frei zu bekommen, obwohl ich immer noch eine diffuse Euphorie aufgrund Brandsomes Nähe empfand. Er sank anmutig auf einen Sitz, während Quinn den anderen ignorierte und sich neben das Einhorn kniete.

„Du kannst den Stuhl benutzen“, sagte ich, bevor ich mich zurückhalten konnte. Es ging mich nichts an, ob Brandsome seinen Diener auf dem harten Boden knien ließ oder nicht. Außer, dass es gegen alles ging, woran ich glaubte. Niemand sollte zu Füßen einer anderen Kreatur knien müssen.

Quinn erstarrte in der Bewegung und sah hilfesuchend zu Brandsome.

„Ich hatte gehört, Sie seien wild, aber ich wusste nicht, dass Sie auch freundlich sein würden.“ Brandsome schenkte mir ein weiteres Lächeln, bevor er sich grinsend zu Quinn drehte und auf den Sitz neben sich klopfte. Quinns Augen huschten zwischen uns hin und her, bevor er nach vorne rutschte, bis er angespannt auf der Stuhlkante saß. Er wirkte sehr nervös.

Sobald wir saßen, wandte ich mich meinem Notizbuch zu und blätterte auf eine neue Seite. Die Chancen standen gut, dass Brandsome wollte, dass ich einen magischen Gegenstand oder einen Schatz fand. Mein Drachenblut bedeutete, dass ich die verblüffende Fähigkeit besaß, solche Objekte immer zu lokalisieren. Wir Drachen hingen schließlich an unseren Schätzen.

Bevor ich eine einzige Frage stellen konnte, platzte Brandsome heraus: „Du musst mir helfen.“

Er legte seine Hand auf meinen Arm und ich schwöre, es fühlte sich an, als würde ich vom Blitz getroffen. Ich schluckte und versuchte zu verbergen, wie heftig mein Herz schlug oder wie mein Schwanz einen Weg durch meine Hose suchte. Verdammt, ich hatte noch nie jemanden erlebt, der eine solche Wirkung auf mich hatte. Seine Berührung ließ mein Gehirn zu Brei werden und der Raum verschwamm. Ich fühlte mich, als wäre ich von einer weichen, duftenden Wolke umgeben. Ich blinzelte, aber der Dunst in meinem Kopf löste sich nicht auf. Brandsome lächelte und ich grinste zurück. Ich wollte ihm gefallen, alles tun, was er wollte. Er war das exquisiteste Wesen, das ich je gesehen hatte.

„Ich bin hier, um zu helfen“, sagte ich so beruhigend, wie ich konnte, meine Worte klangen verwaschen und seltsam in meinen Ohren. Aber unter seinem zustimmenden Blick schob ich den Gedanken weg. So wunderschön.

„Als ich dich sah, wusste ich, dass du mein Retter sein würdest“, schnurrte Brandsome und strich mit seiner Hand über meinen Arm, als würde er meinen Schwanz streicheln. Mein Blick wanderte wieder zu Brandsomes Diener und obwohl sich kein Muskel in seinem Gesicht bewegte, hätte ich schwören können, dass er eine Grimasse schnitt. Bestimmt war er eifersüchtig, weil ich im Mittelpunkt von Brandsomes Aufmerksamkeit stand. Wer wäre das nicht? Aber trotzdem löste sein Verhalten eine Warnglocke in meinem Kopf aus. War ich wirklich gerade damit herausgeplatzt, dass ich helfen würde, ohne überhaupt zu hören, was das Einhorn brauchte? Etwas stimmte nicht. Und wo war mein Drache? Normalerweise reagierte diese Seite von mir stark auf Menschen. Doch da war nur Stille. Vielleicht sollte ich … Nein, ich musste ihm geben, was er wollte.

„Brandsome“, rief eine Stimme aus dem Empfangszimmer. Einen Moment später steckte eine Fee ihren Kopf durch die Tür und ihre winzigen, hauchdünnen Flügel flatterten wie verrückt. „Entschuldige die Unterbrechung, aber einige deiner Fans haben sich draußen versammelt und werden laut. Ich hatte gehofft, du könntest sie beruhigen.“

Für den Bruchteil einer Sekunde runzelte Brandsome die Stirn, und hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich schwören können, dass er leise fluchte. Aber dann glättete sich sein Gesicht und er lächelte. „Oh, Funken und Glitter! Raine, du weißt, dass ich mir immer Zeit für meine Fans nehme. Entschuldigung“, sagte er, wandte seine Aufmerksamkeit wieder mir zu, fuhr mit einem Finger über meinen Arm und ließ mich zittern. „Meine Fans können manchmal etwas übereifrig sein. Ich möchte nicht, dass sie sich selbst oder anderen wehtun.“

Er seufzte, als wäre mich zu verlassen das Letzte, was er tun wollte. Die klimpernden Wimpern und der sehnsüchtige Blick in diesen wunderschönen Augen beschleunigten meine Herzfrequenz noch einmal. Ich hätte alles getan, um diesen Blick jeden Tag zu sehen.

Als er außer Sichtweite war, räusperte sich Quinn. Lautstark. „Kauen Sie das mal.“ Der Mensch hielt mir einen Streifen Rinde vors Gesicht.

„Warum sollte … ich das tun?“ Ich konnte kaum einen Satz zusammenfügen und mein Mund fühlte sich unkoordiniert an.

„Es wird gegen die Magie helfen. Es ist Wiesenminze. Völlig harmlos. Ich verspreche es.“ Er streckte seine Zunge aus, um mir zu zeigen, dass er auch an einem Stück kaute.

Ich war keine vertrauensselige Kreatur, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich ihm vertrauen sollte. Zumindest diesbezüglich. Ungeschickt nahm ich den Streifen entgegen, schob ihn mir in den Mund und kaute. Nach mehrmaligem Blinzeln begann sich der Nebel in meinem Gehirn zu verziehen. Ich schüttelte den Kopf, als ob ich die Magie damit entfernen könnte. Plötzlich war mein Drache sehr wach und sann auf Rache. Ein wütendes Knurren hallte in meinem Kopf. Da Quinn nicht zusammenzuckte, war es offenbar nicht nach außen gedrungen.

„Danke“, presste zwischen zwei Kaubewegungen heraus.

Seine Lippen verzogen sich zum Hauch eines Lächelns. „Keine Ursache.“

„Was hat er mit mir gemacht?“ Ich fuhr mir mit den Händen übers Gesicht und meine Gedanken wurden immer klarer.

„Er hat nichts getan. Für Sie ist das Einhorn-Magie. Nur ein Teil seines Zaubers.“

Das ergab Sinn. Die Essenzen einiger Kreaturen waren von besonderer magischer Natur und offensichtlich fielen Einhörner in diese Kategorie. Ich hatte einfach nicht geahnt, dass die Wirkung so stark sein würde. „Das ist eine verrückte Magie, die dein Meister hat. Wie hältst du das aus?“

Er verzog Gesicht, als ich Meister sagte, was mich irgendwie nicht überraschte. Ich mochte das Wort auch nicht und war mir nicht sicher, warum ich es benutzte. Er zuckte mit den Schultern. „Man gewöhnt sich mit der Zeit daran.“

„Ich bin sonst nicht anfällig für die Magie der meisten Kreaturen. Zumindest, wenn es dunkle Magie ist.“

Er sah unter seinen Wimpern zu mir auf. „Das ist der Drache in Ihnen, richtig, Sir?“

„Ja.“ Ich kaute weiter an dem Rindenstreifen und mein Kopf fühlte sich wieder fast normal an. Ich sagte ihm nicht, dass da ich halb Drache und halb Fee war, mein Drache – der mit Abstand dominantere Teil von mir – sich wie ein getrenntes Wesen anfühlte. Es war, als würde ich die ganze Zeit mit zwei Wesen in meinem Kopf leben. Stattdessen sagte ich: „Brandsomes Magie hat es ganz schön in sich.“

„Ich habe gehofft, Sie wären immun, aber ich hätte es besser wissen müssen. Niemand ist immun gegen seinen … Zauber.“

Ich hob eine Augenbraue und wartete darauf, dass Quinn weitererzählen würde, aber er saß still da und überlegte offenbar, ob er mehr sagen sollte. Da Brandsome nicht im Raum war, war es leicht, die offensichtliche Anziehungskraft des Menschen wahrzunehmen. Er verströmte Pheromone und Sex – es überwältigte meine empfindliche Nase. Ich hasste diese künstlichen Körpersprays. Wäre er nicht der Diener eines potenziellen Kunden gewesen, hätte ich ihn in eine Wanne mit Wasser gesteckt, um den Geruch loszuwerden, und dann all den Mist aus seinem Gesicht geschrubbt. Ich konnte an seinem Körperbau erkennen, dass er es nicht nötig hatte, und diese Hurenaufmachung war noch nie mein Ding gewesen. So widerwärtig die Verbesserungen auch waren, das dicke rosa Halsband, das mit Regenbogensteinchen übersät war, war noch schlimmer. Ich hätte sagen können, dass es das seltsamste Dienerhalsband war, das ich je gesehen habe, aber das stimmte nicht. Feen und andere Kreaturen des Elderreichs zeigten alle ungewöhnlichen Geschmack bei Verzierungen. Nun, ich wusste, dass ich voreingenommen war, weil meine Drachenseite wirklich nur Gold schätzte – oder allenfalls auch eine Prise Edelsteine – also war ich vielleicht nicht der Richtige, um das zu beurteilen. Außerdem versteckte das Halsband eine weitere Tätowierung, die gerade aus dem Oberteil heraus lugte, und die Neugierde trieb mich dazu, es lösen zu wollen, damit ich die Tinte aus nächster Nähe betrachten konnte. Ich räusperte und zwang mich zur Konzentration.

„Nur zu, spuck es aus. Ich kann doch sehen, dass du mir unbedingt etwas mitteilen willst“, sagte ich, als Quinn anfing, auf seiner Unterlippe herumzukauen. Mein Drache schnurrte förmlich. Was war da los? Und woher kam der Drang, mich hinüberzulehnen und seine misshandelte Lippe vor seinen Zähnen zu retten? Das musste die anhaltende Wirkung der Magie des Einhorns sein. Ich war immer noch so geil, dass mein Schwanz sich weigerte, sich anständig zu benehmen. Mein Gehirn fühlte sich auch jetzt noch langsam an, aber ich konnte wenigstens sprechen. Das war vielleicht eine üble Magie.

„Sie sind schrecklich klein für einen Drachen“, platzte er heraus, obwohl er ein gutes Stück kleiner war als ich.

Nun, das beruhigte meinen Schwanz schneller als ein Wer-Biber mit einer Zahnspange, der einen Gratisblowjob anbot. Und dem Meckern in meinem Kopf nach zu urteilen, war mein Drache auch nicht glücklich.

„Und du bist schrecklich unhöflich für einen Menschen“, schoss ich zurück.

Er wurde rot. Wäre ich nicht so verärgert gewesen, hätte ich das bezaubernd gefunden. Aber nein.

„Es tut mir leid … Sir. Ich wollte nicht … Nun, ich meinte … Er ist nicht das, was Sie denken.“

„Reden wir noch über das Gleiche? Denn ich muss sagen, ich sehe hier nicht wirklich einen gemeinsamen Faden.“

„Seien Sie vorsichtig, was Sie versprechen, Sir. Fordern Sie die Zahlung im Voraus. Lassen Sie sich nicht von der Erscheinung täuschen. Brandsome wirkt ganz süß und zart, aber darunter verbirgt sich ein äußerst übles Wesen.“

Ich kratzte mich am Kinn, die Stoppeln rau auf meiner Haut. „Diese sanfte, liebevolle Kreatur? Machst du Witze?“

Er hob die Hände. „Schon gut. Sie sind offensichtlich genauso anfällig wie der Rest.“

„Du scheinst ein Aggressionsproblem zu haben“, stellte ich fest. Was für ein Spiel spielte er? Jeder in diesem verdammten Reich schien Hintergedanken zu haben. Doch seine Warnung brachte meinen Drachen dazu, sich auf seine Worte zu konzentrieren. Diese Seite von mir schien Quinn zuzustimmen. Seltsam. Ich vertraute den Instinkten des Drachen. Sie hatten mir mehr als einmal das Leben gerettet. Doch ich konnte nicht an das Einhorn denken, ohne ein dämliches Grinsen im Gesicht zu haben. Ich hatte noch nie zuvor, diese Art von Disharmonie zwischen den beiden Seiten gespürt.

„Ich habe versucht Ihnen einen Gefallen zu tun. Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt, Sir.“ Quinn hielt den Blick gesenkt – wie man es ihm wahrscheinlich beigebracht hatte.

„Wovor genau?“

Quinn berührte seinen Nasenrücken und blickte unter seinen lächerlich langen, glitzernden Wimpern auf. „Wissen Sie, er wird Sie bitten, sein Horn zu finden.“ Er hielt eine Hand hoch, als ich ihn unterbrechen wollte. „Er wird Ihnen eine rührende Geschichte darüber erzählen, wie es ihm gestohlen wurde, und fragen, ob eine große, starke Kreatur wie Sie dem armen, kleinen Hilflosen helfen kann, es zurückzubekommen.“

Quinn klimperte auf die gleiche Art mit den Wimpern wie Brandsome. Offensichtlich machte er sich über ihn lustig und schüttelte dann den Kopf.

„Also, was ist wirklich passiert?“ Ich beugte mich vor, bis wir nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Sein Atem, der über meine Wange strich, roch nach der süßen Rinde der Wiesenminze, obwohl der Rest von ihm nach diesem verdammten Pheromonspray stank. Fand irgendeine Kreatur das wirklich ansprechend?

„Er …“

„Tut mir leid, tut mir leid, ich bin zurück!“ Brandsome schwebte in den Raum und das Schwingen seiner Hüften zog meine Augen an wie das Blut die Vampire. Verdammt, das Einhorn war der Inbegriff von sexy. Ein Sukkubus war nichts gegen diesen Kerl. „Fans, weißt du. Sie sind so erregbar. Aber auch süß. Wie Cupcakes mit Zuckerstreuseln.“ Er kicherte.

Quinn war praktisch von dem Stuhl hochgeschossen, als Brandsome den Raum betreten hatte. Er war nicht sehr gut in Heimlichtuerei. Ich rollte fast mit den Augen, entspannte mich aber stattdessen wieder in meinem Sitz und hoffte, dass Abstand meinen Verstand intakt lassen würde. Aus welchem Grund auch immer, meine Drachenseite hasste es, sich von Quinn zurückziehen zu müssen und knurrte bedrohlich in meinem Kopf, als Brandsome sich mir näherte.

Brandsome zerzauste liebevoll Quinns Haar, ehe er sich wieder setzte und mir genau die Geschichte erzählte, vor der Quinn mich gewarnt hatte.

„Und weißt du, wer es gestohlen hat?“, fragte ich, als er fertig war.

„Nun, ja. Aber es könnte dich abschrecken, wenn du es wüsstest.“ Sein Gesicht war so ernst. Ich unterbrach den Augenkontakt, damit ich mit etwas anderem als meinem Schwanz denken konnte, der sich wieder regte, trotz Wiesenminze und meinem Drachen, der in meinem Kopf knurrte.

Meine Augen trafen auf Quinns und ich hätte schwören können, dass sein Blick ‚Sehen Sie! Sehen Sie!‘ rief.

„Ich fürchte mich nicht so leicht.“ Das stimmte. Ich war schließlich ein Drachenspross und obwohl ich verstoßen worden war, weil ich zu schmächtig war – der Mensch wusste, wie man einen wunden Punkt traf – besaß ich immer noch den Mut eines ausgewachsenen Drachen.

„Da bin ich mir sicher.“ Brandsome blinzelte. „In diesem Fall wirst du empört sein, dass es niemand anderer als der schurkische Lapus Rainbowpebbles war.“

Kapitel 2

„Lapus Rainbowpebbles hat dein Horn gestohlen?“ Rainbowpebbles, trotz seines Namens – oder vielleicht gerade deshalb – war ein bösartiger kleiner Feind, gegen den vom Elder Bureau of Investigations mehrmals wegen der Verletzung einiger Grundsätze des Hohen Rates ermittelt wurde. Er lebte im schäbigeren Teil von Lighthelm und betrieb eine Lasterhöhle, das Steamy Bean Café.

„Ist das zu fassen? Er hat mir Blauglockennektar gegeben!“ Die Empörung in Brandsomes Stimme klang absolut echt, aber ich war ein wenig vorsichtig, da ich immer noch Quinns Warnung im Hinterkopf hatte. Warum sollte ein Einhorn überhaupt eine solch zwielichtige Gestalt wie Rainbowpebbles kennen?

„Das Zeug ist ziemlich stark“, stimmte ich zu. Lecker, aber mehr als ein Fingerhut und man wachte leicht am nächsten Morgen mit drei Leprechauns, vier Elfen und einem sehr geilen Satyr in einem schäbigen Gasthaus am Rande des Elderreichs auf. Nicht, dass mir das jemals passiert wäre. Nur einmal. Okay, zweimal. Ich lerne langsam.

„Er hat mich reingelegt! Bevor ich wusste, was passiert, nahm er mein Horn und wollte es nicht zurückgeben.“

„Du kannst das dem EBI melden.“ Ich behielt mein Notizbuch im Auge, damit ich mich auf meine Fragen konzentrieren konnte. Die Nähe zu Brandsome machte es schwer, an etwas anderes als an Sex zu denken. Aber ich brauchte einen klaren Verstand.

Er lachte. Es klang wie ein Glockenspiel und mehr als nur ein wenig reumütig. „Ich nehme an, das könnte ich. Aber dann würde die Geschichte durchsickern und jeder würde wissen, dass er mich betrogen hat. Ich … Ich könnte die Scham nicht ertragen.“

Da meine Aufmerksamkeit auf meine Notizen und die Wiesenminze in meinem Mund gerichtet war, konnte ich definitiv die Lüge – oder zumindest die Unvollständigkeit – in seiner Aussage hören. An dieser Geschichte war definitiv mehr dran, als er zugab. Ich sollte die Finger davon lassen. Rainbowpebbles war ein übler Geselle und ich hatte bereits vor Jahren einen Streit mit ihm gehabt, als ich zum ersten Mal beim Volk meines Vaters lebte. Andererseits hat noch nie jemand behauptet, Drachen seien besonders klug.

„Ich brauche einen Vorschuss. Fünfzig goldene Dypari.“

„Oh, nun, ich dachte  …“ Er klang wirklich verwirrt.

„Ich verlange immer die Hälfte des Geldes im Voraus. Die andere Hälfte nach Erfüllung des Auftrags.“

„Siehst du, die Sache ist die  … Ich bin etwas knapp bei Kasse. Oh, ich drücke mich ungeschickt aus, oder? Ich meine, ich kann es natürlich bezahlen, aber ich habe es heute nicht bei mir.“ Brandsome streckte die Hand aus, berührte wieder meinen Arm und ich spürte, wie seine Magie durch meinen Körper floss.

Verdammt, sie war ziemlich stark. Aber wenn es einen Bereich gab, in dem ich nicht beeinflusst werden konnte, dann war es mein Vermögen. Obwohl ich, ehrlich gesagt, nicht in der Lage gewesen wäre, Brandsomes Sog zu widerstehen, wenn Quinn mir nicht die Wiesenminze gegeben hätte. Sogar jetzt musste ich mir auf die Zunge beißen, um ihm nicht das zu geben, was er wollte.

„Es tut mir leid. Ich würde dir gern helfen“, presste ich heraus und meine Zunge versuchte zu rebellieren. „Aber ich kann meine Regeln für keinen Kunden brechen, sonst müsste ich es für alle tun.“ Es tat körperlich weh, ihm das Gewünschte nicht zu geben. Ich jagte meine Backenzähne in die Rinde und zog möglichst viel von deren Geschmack in meinen Mund, um mir Kraft zu holen.

„Du musst es ja niemandem sagen. Ich kann ein Geheimnis bewahren, wenn du es auch kannst.“

„Leider muss ich ablehnen. Zumindest für heute. Wenn du das Geld hast, komm bitte zurück und ich helfe dir sehr gern.“ Ich schloss mein Notizbuch mit einem Klick und meine Hände zitterten von dem Versuch, seiner Magie zu widerstehen. Ich wollte, dass er ging, damit ich wieder klar denken konnte.

„Du kannst mein Haustier als Sicherheit nehmen.“

Quinn stöhnte und mein Blick zuckte zu Brandsome, bevor er auf dem Menschen zum Ruhen kam. Sein Gesichtsausdruck war eine interessante Mischung aus Schrecken und Hoffnung. Was für eine seltsame Kombination. Was bedeutete das?

„Er ist ein sehr gut … Ähm, ein ganz brauchbarer Diener. Du wirst sehen“, sagte Brandsome nachdrücklich. Er strich mit der Hand sanft durch Quinns Haar.

Warum zuckte Quinn dann zusammen? Wer von den beiden verarschte mich? Andererseits hatte im Elderreich jeder Hintergedanken, also wahrscheinlich beide.

„Ich …“

„Er war mit mir im Steamy Bean Café und könnte sehr hilfreich sein, wenn du Lapus konfrontieren willst. Wenn du einbrechen müsstest, wette ich, würde er einen Weg finden. Mein Haustier ist ziemlich clever für einen Menschen.“

Ich fühlte mich, als müsste ich die Zähne des armen Kerls untersuchen. Ein Dieb also. Im Hominusreich sicherte man sich damit ein schnelles Ticket zu vertraglicher Knechtschaft oder einem langen Aufenthalt in einem menschlichen Verlies. Ich konnte es Quinn nicht verübeln, dass er sich für die Gesellschaft des Einhorns entschieden hatte. Ich hätte wissen müssen, dass er so im Elderreich gelandet war. Mein Drache hätte es auch wissen müssen, denn Diebe neigten dazu, Schätze zu plündern, wenn sie die Gelegenheit dazu hatten. Doch alles blieb ruhig. Seltsam. Trotzdem …

„Ich brauche seine Hilfe nicht.“

„Ich wollte nicht geschmacklos werden, aber du zwingst mich dazu. Er ist, ähm …“ Er senkte seine Stimme. „Sehr eifrig. Im Schlafzimmer, meine ich.“ Brandsome errötete, während Quinns Gesicht unter all dem Make-up deutlich blasser wurde. „Ich meine, das wäre ein Vorteil, falls du auf Menschen stehst. Ich habe bemerkt, wie du ihn angesehen hast, als ich wieder in den Raum kam. Die einzige Bedingung ist, dass du dich gut um mein Haustier kümmern musst. Ich mag ihn sehr.“

Auf den ersten Blick war es ein verlockendes Angebot. Außer, dass ich nie einen Menschen – ob männlich oder weiblich und egal wie exotisch – in mein Bett zwingen würde. Schon gar nicht einen Bettsklaven, der glaubte, keine Wahl zu haben. Allein von der Tatsache, dass Brandsome ihn mir anbot, drehte sich mir der Magen um. Bevor ich ihm sagen konnte, dass ich nicht interessiert war, schnippte Brandsome mit den Fingern, Quinn sprang von seinem Sitz auf, als wäre er von einer neunköpfigen Hydra gebissen, und eilte herüber, um auf meinen Schoß zu gleiten. Er klimperte mit den Wimpern und fing an, mit den Händen über meine Schultern und Brust zu streichen. Sein Gesichtsausdruck konnte als erregt durchgehen, sah aber verdächtig leer aus. Ich hielt seine Hände fest, als sie in Richtung meiner Hose wanderten. Zweifellos spürte er mein Interesse. Mein Schwanz war übereifrig gewesen, seit Brandsome samt seiner Magie in mein Büro gekommen war. Er zog an seinen Händen, um sich aus meinem Griff zu befreien und seine Bewegungen waren ein wenig panisch. Fast verzweifelt. Ich drückte fester zu, bis er stillhielt.

„Ich nehme ihn.“ Ich hätte mich für diese Antwort treten können, aber ich befürchtete, dass Brandsome Quinns Papiere jemand anderem als Pfand für das Geld überlassen würde, das er mir bezahlen musste. Nicht alle Kreaturen würden einen versklavten Menschen ausnutzen, aber die meisten würden nicht zögern. Ich redete mir ein, dass ich dafür nicht verantwortlich sein wollte.

Natürlich konnte es ebenso gut sein, dass ich ausgetrickst wurde. Aber konnte ich riskieren, dass Quinn an jemand anderen weitergegeben wurde? Und warum interessierte mich ein menschlicher Dieb? Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass mein Drache wie eine zufriedene Katze schnurrte. Was war da los?

Nun, Quinn konnte mein Büro putzen und vielleicht sogar ein paar Mahlzeiten kochen. Tatsächlich konnte er einige meiner Aufgaben übernehmen. Es gab keinen Grund, warum ich ihn nicht als vorübergehenden Bürogehilfen einsetzen konnte. Schließlich war ich auf der Suche nach einem Assistenten. So konnte ich aus dem Arrangement zumindest auch einen Vorteil ziehen. Ich musste nur sicherstellen, dass nichts herumlag, was man leicht einstecken konnte.

„Wunderbar! Es wird dir nicht leidtun.“ Brandsome klatschte in die Hände. Ich fand ihn nun viel weniger charmant, da er so bereitwillig sein Haustier eintauschte, obwohl mein Schwanz seine Magie nach wie vor mochte. In einer geschmeidigen Bewegung stand er auf. „Ich werde dann mal gehen. Ich will dich nicht von deinem Job abhalten. Quirk, benimm dich bei Mr. Starfruit. Keine von deinen Frechheiten. Erinnere dich daran, was wir besprochen haben.“

Quinn versteifte sich auf meinem Schoß und sein Blick wanderte zwischen uns hin und her. Armer Kerl. Brandsome murmelte etwas vor sich hin und schwang seine Hand in einem komplizierten Muster. Ein großer Stoffsack und eine Schriftrolle erschienen. Das musste Quinns Vertrag sein. Er rollte ihn aus und drückte seinen Daumen darauf, dann legte er ihn auf den Schreibtisch, damit ich unterschreiben konnte. Ich vermied es, Quinn anzusehen, las das Dokument durch, merkte mir seinen vollen Namen und drückte dann meinen Daumen auf die vorgesehene Zeile, als ich feststellte, dass alles in Ordnung war. Mit einem Lichtblitz und ein paar Regenbogenfunken war es besiegelt. Ich war nun für Quinn Broomsparkle verantwortlich. Was hatte ich nur getan?

Brandsome lächelte. Ein Grinsekatzen-Lächeln, nicht annähernd so attraktiv, wie man glauben sollte, und winkte mir zu. „Ich hoffe, dass du mein Horn innerhalb von zwei Wochen zurückholen kannst. Ich habe einen Auftritt für das Modehaus Glitter, an dem ich in voller Form teilnehmen muss, und ich kann mir die Demütigung nicht vorstellen, wenn ich eine Fälschung benutzen müsste.“ Er schauderte. „Ich bin sicher, dass ein kluges Wesen wie du die gebotene Eile versteht.“

„Warte, ich brauche auch seine Aufenthaltspapiere, damit der Hohe Rat nicht in Panik gerät.“ Da mein Vater im Rat saß, konnte ich mir keine bürokratische Nachlässigkeit leisten. Ich wusste genug, um sicher zu sein, dass mein Vater Fragen stellen würde.

Das Einhorn lachte. „Dummerchen, er ist ein Bettsklave. Er braucht keine.“ Er hätte genauso gut sagen können, dass Quinn überhaupt kein Mensch war.

Damit stolzierte er aus meinem Büro und hinterließ dabei eine Glitzerspur. Ein paar Sekunden später hörte ich die Außentür zuschlagen. Quinn seufzte. Es klang verdächtig nach Erleichterung.

„Warum habe ich das Gefühl, dass ich übers Ohr gehauen wurde?“

„Weil jeder, der mit Brandsome Nightwind zu tun hat, sicher sein kann, dass er betrogen wird, Sir.“

„Perfekt.“

Quinn blieb so blass wie ein Friedhofsghul, aber er lächelte auf kokette Weise, ähnlich wie Brandsome es getan hatte. Es sah nicht echt aus, so viel stand fest. „Sieht so aus, als würden wir etwas Zeit damit verbringen, uns kennenzulernen. Intim.“ Er zwinkerte. Dabei sah es so aus, als hätte sein Gesicht einen Krampf.

„Ein schlimmeres Schicksal als der Tod, was?“

Falls das überhaupt noch möglich war, wurde er noch blasser. „Nein, nein, warum sagen Sie das? Ich, ähm, ich will mit Ihnen schlafen. Wie Brandsome sagte, ich bin sehr eifrig. Sehr.“ Er zog seine Hände aus meinem Griff und fummelte an den Schnüren meiner Hose herum. Ich fing seine Finger wieder ein.

„Warum versuchst du nicht, ehrlich mit mir zu sein? Sieht so aus, als würden wir einige Zeit miteinander verbringen.“

„Sie … Sie sind ziemlich gutaussehend.“ Als ich schnaubte, fügte er hinzu: „Das war ehrlich. Sie müssen doch wissen, dass Sie wunderschön sind. Sogar Brandsome hat es bemerkt. Und seine Aufmerksamkeit zu erregen, ist nicht einfach.“

„Aha.“

„Bitte, schicken Sie mich nicht zurück zu Brandsome. Ich werde alles tun, was Sie wollen, Sir. Ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen. Er hat mich gut ausgebildet.“ Er senkte den Blick, als er sich bewegte, um sich rittlings auf mich zu setzen, und sich dann auf eine Weise gegen mich drückte, die wohl sexy sein sollte, mich aber dazu brachte, ihn von mir wegzustoßen. Die Botschaft war klar und deutlich. Ich würde es genießen, nicht er.

Nun war ich beleidigt. Ich hatte keinesfalls geplant, ihn auszunutzen, aber es hätte kaum kränkender sein können. Es war nicht so, dass ich auf einen Mitleidsfick angewiesen war. Es gab viele magische Kreaturen, die mehr als bereit waren, Zeit in meinem Bett zu verbringen.

„Weißt du, Drachen sind für ihre Ausdauer bekannt“, sagte ich, um ihn ein wenig zu reizen.

„Und für ihren Egoismus“, murmelte er vor sich hin und dachte wahrscheinlich, ich würde ihn nicht hören. Er wusste offenbar nicht, dass Drachen ein außergewöhnlich gutes Gehör hatten.

Ich lachte.

„Ich … Ich meine …“

„Das ist schon wahr. Ich nehme an, es ist gut, dass ich Feenanteile in mir habe.“

„Ja, das ist viel besser … Sir.“ Er sah aus, als wäre er am Rande eines Nervenzusammenbruchs, obwohl er an seinen Händen zerrte, um wieder an meine Hose kommen zu können. Ich beschloss, den armen Kerl von seinem Elend zu erlösen.

„Ich habe nicht vor, deine Dienste in Anspruch zu nehmen, wenn es das ist, worüber du dir Sorgen machst. Ich mag es, wenn meine Bettpartner freiwillig mein Bett teilen.“

„Aber … Ich bin willig …“ Seine Stimme wurde leiser. Er studierte mein Gesicht, als wollte er herausfinden, ob ich die Wahrheit gesagt hatte.

„Das bist du nicht. Nicht wirklich.“

Seine Augen wurden schmal. „Warum haben Sie dann meinen Vertrag angenommen? Welchen anderen Nutzen könnte ich für Sie haben?“

Ich zuckte mit den Schultern und schämte mich zu sagen, dass ich es getan hatte, um ihn zu beschützen. Ich hatte immerhin einen Ruf zu verteidigen. Ein Weichei zu sein – besonders gegenüber einem Kriminellen – war in meiner Branche nicht von Vorteil. Und ich konnte nicht einmal wirklich sagen, warum ich das Bedürfnis verspürte, ihn zu retten. Außerdem hatte er einen Vertrag mit Brandsome abgeschlossen. Er musste gewusst haben, worauf er sich einließ, oder? Ich meine, der Typ stank nach Pheromonen und all dem sexuellen Zeug. Er war ein ausgebildeter Fachmann, in mehrfacher Hinsicht. Aber ich konnte mich dennoch nicht dazu durchringen, seine Dienste in Anspruch zu nehmen, weil ich wusste, dass er nicht wirklich das Recht auf eine freie Wahl hatte. Verdammte Moral.

Ich schob ihn von meinem Schoß. Als ich nach unten griff, um den Sack vom Boden aufzuheben, riss der wie ein feuchtes Taschentuch auseinander und all seine persönlichen Dinge wurden auf dem Boden verstreut. Ein paar Kleidungsstücke, viele kleine Beutel mit wer weiß womit gefüllt, mehrere große Bücher – ein Dieb, der gerne las? – und andere grundlegende Dinge. Jede Menge Make-up und Körpersprays. Ein trauriges Abbild seines Lebens.

„Oh verdammt. Tut mir leid.“ Ich bückte mich, um zu helfen, hob so viel wie möglich auf und gab es ihm. „Ich bin sicher, ich habe hier irgendwo noch eine weitere Tasche.“ Dann ging ich auf die Suche nach etwas, was er gebrauchen könnte. Ich fand einen geeigneten Ersatz, gab ihn Quinn und kehrte dann auf meinen Platz zurück. Als er mit dem Umpacken seiner Sachen fertig war, sagte ich: „Ich dachte, du könntest in meinem Büro arbeiten. Ich suche ohnehin Hilfe. Da kann ich zwei Feen mit einem Zauber erledigen.“

Ich war nicht sicher, ob er mir glaubte, aber seine Schultern entspannten sich und die Farbe kehrte in seine Wangen zurück, obwohl er weiterhin zu meinen Füßen kniete.

„Okay, na schön. Ich bin eigentlich ziemlich versiert in Büroarbeit. Ich habe früher im Büro des Schatzmeisters gearbeitet … Nun, es spielt keine Rolle, oder? Ich kann die Arbeit machen, Sir.“ Er schlang die Arme um seine Brust, als würde er sich selbst umarmen. Und vielleicht tat er das auch. Ich fragte mich plötzlich, ob er wirklich gewusst hatte, was es bedeutete, ein vertraglich gebundener Diener zu sein. Aber es war besser als ein langer Aufenthalt in einem kalten, feuchten Verlies. Alles in allem hatte er die richtige Wahl getroffen. Ich fragte mich, ob er …

Nein, das musste ich nicht wissen. Zu viel über andere zu wissen, bedeutete, dass ich Mitgefühl für sie entwickelte, und für sanfte Emotionen dieser Art gab es im Leben eines Drachen wirklich keinen Platz. Auch nicht im Leben einer Fee, wenn ich es mir recht überlegte.

Er zitterte und ich roch seine plötzliche Angst. Ich konnte fast sehen, wie sich die Räder in seinem Kopf drehten, als er versuchte, die verschiedenen Szenarien durchzugehen. „Sie erzählen Brandsome nicht, dass wir keinen Sex haben werden, oder?“

Aus irgendeinem Grund schnürte mir diese Worte die Kehle zu, also hockte ich mich wieder neben ihn. Er konnte nicht verhindern, dass er zusammenzuckte, aber er entzog sich mir nicht. Ich nahm sein Kinn und hob seinen Kopf an, bis er mich ansehen musste. Er atmete scharf ein und seine Augen wurden wieder weit und vorsichtig.

„Ich werde Brandsome nichts sagen. Er kann sich denken, was er will.“

Seine Augen suchten in meinen. Ein Hoffnungsschimmer erschien, bevor seine Lider sich wieder senkten. Er nickte steif. Er glaubte mir nicht.

„Du wirst unter meiner Aufsicht nicht misshandelt werden. Du musst mir vertrauen, denn du wirst mir nicht viel nützen, wenn du jedes Mal zusammenzuckst, wenn ich dir in die Nähe komme. Glaubst du, du kannst das für mich tun?“

„Natürlich, Sir.“ Er schluckte und wollte mir nicht in die Augen sehen. Wieder gelogen. Nicht, dass ich überrascht gewesen wäre. Selbst ein kleiner Halbdrache wie ich würde einem Menschen ziemlich wild vorkommen. Ich weckte wahrscheinlich weder Vertrauen noch eine andere sichere Emotion. Und in seiner früheren Beschäftigung war Vertrauen etwas, das einen umbringen konnte. Trotzdem …

„Quinn, du musst es versuchen.“ Ich strich über seine Wange und genoss das zarte Gefühl von blonden Stoppeln, bevor ich aufstand, um ihm etwas Raum zum Nachdenken zu geben.

„Sie kennen meinen Namen.“ Er sagte es, als wäre es unfassbar, ein Hauch von Ehrfurcht schwang in seiner Stimme mit.

„Ja. Ich wäre kein guter Detektiv, wenn ich nicht aufmerksam wäre. Quinn Broomsparkle, richtig?“ Ich lächelte. „Außerdem will ich nicht, dass du mich Sir nennst. Es verursacht mir Gänsehaut. Nenn mich einfach Twig.“

„O… Okay.“ Sein Ausdruck bewegte sich zwischen vorsichtig und hoffnungsvoll. Er würde früh genug lernen, dass ich es ihm nicht übelnahm und Brandsome nichts berichten würde.

„Erzählst du mir die wahre Geschichte von Rainbowpebbles?“ Ich kehrte zu meinem Platz zurück und zeigte ihm, sich auch hinzusetzen.

Er zögerte, aber nach einem Moment schob er sein Kinn vor und glitt zurück auf seinen Stuhl. „Brandsome und Lapus spielen gerne zusammen Karten. Beide sind unverbesserliche Betrüger.“

Mir stand der Mund offen. „Einhörner spielen Glücksspiele?“ Ich konnte nicht verbergen, wie schockiert ich war.

Quinn kicherte. „Oh ja, Sir. … Ich meine, Twig. Er trinkt alles, was er zwischen die Hufe bekommt, und er raucht bei jeder Gelegenheit berauschende Kräuter. Wenn er denkt, dass niemand zuhört, flüstert er Schimpfwörter. In mehreren Sprachen.“

Ich schüttelte den Kopf. Ich war fassungslos. „Also hat Rainbowpebbles ihm etwas Blauglockennektar verabreicht, um zu gewinnen?“

Quinn rümpfte die Nase, als würde er etwas Faules riechen. „Nicht wirklich. Brandsome könnte ein Fass von dem Zeug trinken und trotzdem noch bei Verstand sein. Nein, er war an diesem Abend nur kein so guter Betrüger wie Lapus. Man könnte sagen, seine Gier hat ihn überwältigt.“

Ich lehnte mich zurück und verschränkte meine Finger. „Wie das?“

Quinn lehnte sich behutsam in seinem Stuhl zurück und umklammerte die Armlehnen, als würde ich ihm jeden Augenblick befehlen, dass er stattdessen knien sollte. „Wie ich schon sagte, er ist kein gutes Geschöpf. Zuerst versuchte er, mich als Teil der Wette zu benutzen, aber so sehr sich Lapus an einem anderen Tag auf diese Chance gestürzt hätte, war er diesmal offensichtlich darauf fixiert, Brandsomes Horn zu bekommen.“

„Was will er damit?“

Quinn zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber er hat bei zahlreichen Gelegenheiten versucht, Brandsome dazu zu bringen, mich für einige seiner Kunden an ihn zu verkaufen. Ein menschlicher Fetisch ist hier ein großes Geschäft. Vor allem Männer.“ Seine Worte klangen bitter. „Es war keine Freundlichkeit von Brandsome, dass er es nicht getan hat. Er hat nur auf den richtigen Deal gewartet. Deshalb war ich überrascht, als er mich anbot und Lapus nicht akzeptierte.“

Mir drehte sich der Magen um, bei der Vorstellung, dass ein Mensch – oder irgendein Wesen – an Rainbowpebbles verkauft wurde. Er war ein kranker kleiner Wichser.

„Was dachte Brandsome, was es wert wäre, deine, ähm … Dienste einzutauschen, dass er so bereitwillig sein Horn setzen würde?“ Einhörner sollten voller Sonnenschein und Liebe sein. Das passte nicht zu meinem Bild von ihnen. Überhaupt nicht. Konnte ich diesem Dieb glauben? Mein Drache glaubte ihm, so viel stand fest.

Quinn schluckte. „Das Blut einer jungfräulichen Nymphe.“

„Du meinst, er hält ein Kind gefangen?“ Ich hörte das Knurren in meiner Stimme und Rauch quoll aus meiner Nase. Quinn wich zurück, als ob ich ihn lebendig braten wollte.

„Nein, nein, eine Erwachsene.“ Er hob in einer beruhigenden Geste die Hände.

„Unmöglich.“ Jeder wusste, wie wenig wählerisch Nymphen bei ihren Liebesabenteuern waren – manche würden sie sogar als sexbesessen bezeichnen. Auf keinen Fall erreichte eine Nymphe das Erwachsenenalter, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren.

„Er hat sie uns gezeigt. Sie hatte immer noch den Heiligenschein einer Jungfrau.“ Er wurde rot, als er das sagte. Es war überraschend süß. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, wie so etwas aussah. Ich hatte natürlich von dem Heiligenschein jungfräulicher Nymphen in ihrer Jugend gehört, aber nur wenige Kreaturen hatten ihn je gesehen. Wie gesagt: Nymphen waren nicht gerade für ihre Enthaltsamkeit bekannt. „Und er hat nicht mit ihrer Jungfräulichkeit gehandelt?“

„Nein.“ Quinn senkte die Stimme, als befürchtete er, dass wir belauscht werden könnten. „Anscheinend ist jungfräuliches Nymphenblut eine seltene Delikatesse. Brandsome liebt es, Dinge zu haben, die sonst niemand hat. Es ist seine Schwäche. Nun, unter anderem. Er musste sie haben. Oder jedenfalls etwas von ihrem Blut. Habe ich erwähnt, dass er auf gute Bloody Marys steht?“

„Also hat er sein Horn eingesetzt?“ Ich hätte nicht so überrascht sein sollen. Viele Kreaturen taten dumme Dinge, aber ich hatte immer geglaubt, Einhörner wären so … rein. Und edel. Diese Vorstellung war nun ruiniert.

„Das fasst es in etwa zusammen.“

„Und jetzt muss ich es zurückholen.“ Ich seufzte. Ich hätte diesen Fall wirklich ablehnen sollen.

„Ich habe dir gesagt, du solltest vorsichtig sein. Er ist … Na ja, vielleicht kein Teufel, aber er ist eine wirklich, wirklich böse Kreatur. Egoistisch, gierig, arrogant. Nur, dass es nie jemand sieht. Alle sehen nur seine Schönheit. Ich sollte nicht überrascht sein. Es ist Teil der Magie eines Einhorns. Nur einmal möchte ich jemanden erleben, der immun gegen ihn ist.“ Seine Stimme war wieder bitter geworden. Quinn sah nach unten, zerrte an seinem Halsband. „Wie auch immer, das ist es, was du wissen musst, bevor du Lapus aufsuchst.“

„Welche Eigenschaften hat sein Horn?“ Natürlich waren Einhornhörner stark magisch. Aber offensichtlich besaß Brandsome auch ohne das Horn noch ein beachtliches Maß an Magie.

„Meistens benutzte Brandsome es, um Leute zu zwingen, die Wahrheit zu sagen. Dank der Magie seines Horns kann man ein Einhorn nicht anlügen. Glaub mir, ich habe es versucht. Deshalb ist er so scharf darauf, es zurückzubekommen. Er hat Ende des Monats ein großes Treffen mit Glitter Apparel und will es für die Neuverhandlung seines Vertrages nutzen.“

„Das könnte nützlich sein.“ Ich kratzte mich am Kinn und die Stoppeln rieben grob gegen meine Fingerspitzen. „Was kann es sonst noch?“

„Ob du es glaubst oder nicht, es steigert seinen Sexappeal. Du denkst, du warst vorhin in seiner Gegenwart ein Vollidiot? Du solltest sehen, was passieren würde, wenn er das Horn hat. Du würdest immer noch sein Loblied singen, anbieten, kostenlos für ihn zu arbeiten, und wahrscheinlich einige wirklich schlechte Gedichte zu seinen Ehren schreiben. Ich habe es erlebt.“

„Ich würde nicht gerade sagen, dass ich ein Vollidiot war.“

„Hm, natürlich nicht.“ Quinn sah mich nicht an, aber ich hätte schwören können, dass sein Mund den Hauch eines Lächelns andeutete.

Vielleicht lächelte ich sogar zurück. Ich ging zum Empfangszimmer und er sprang auf, um mir zu folgen, seinen Sack fest in seinen Armen.

„Ich bringe dich in mein Gästezimmer und mache mich dann auf zum Steamy Bean.“ Ich sah über meine Schulter und verzog das Gesicht. „Ich will diesen Job hinter mich bringen.“

Kapitel 3

Quinn schluckte hörbar, folgte mir aus dem Büro und eine schmale Treppe hinauf zu einer Tür. Ich legte meine Hand auf das Schloss, um es zu öffnen. Als ich meinen Wohnbereich betrat, bat ich ihn hinein und gab ihm Zeit, das sparsam eingerichtete Wohnzimmer mit den großen roten und goldenen Seidenkissen und Wandbehängen, die fast jede verfügbare Fläche bedecken, auf sich wirken zu lassen. Dies war nur ein Unterschlupf für mich und nicht der Ort, an dem ich meinen Schatz aufbewahrte, aber ich wollte es trotzdem bequem haben. Kunstvoll geschnitzte Truhen schmückten die Ecken des Raumes und ein niedriger, langer Tisch mit den gleichen Schnitzereien stand in der Mitte, umgeben von einem Berg weiterer seidener Kissen.

Mit dem Rücken an die Tür gepresst drehte Quinn den Kopf hin und her und betrachtete alles. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Bis zum Waffenstillstand von Cairnsdaught hatten Drachen es genossen, kleine Menschen wie ihn zu verspeisen. Die meisten Feen würden dagegen den Menschen nicht absichtlich schaden, aber sie verstanden viele der seltsamen menschlichen Sitten, wie Bescheidenheit und Monogamie, nicht. Da Drachen, wenn sie sich paaren, lebenslange Beziehungen eingehen, hatte ich einen anderen Blickwinkel. Aber Feen liebten es, Menschen zu verwirren und zum Vergnügen Dramen zu inszenieren, ohne zu verstehen, dass ihre Einmischung Familien auseinanderbringen konnte. Das war einer der Gründe, warum der Hohe Rat sich vehement dagegen ausgesprochen hatte, nicht-magische Menschen im Elderreich zu dulden. Es verursachte eine Flut von Papierkram, wenn sie verletzt wurden – eine echte Unannehmlichkeit für den Rat.