Glühweinrausch und Schanzenmord - Sven Kellerhoff - E-Book
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Glühweinrausch und Schanzenmord E-Book

Sven Kellerhoff

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Beschreibung

Der neue Fall für Leopold Geiger und Anna Zähler  Der gemütliche Kommissar Leopold Geiger und seine schicke Kollegin Anna Zähler werden nach Garmisch-Partenkirchen gerufen: Es gab eine aufsehenerregende Explosion an der Skisprungschanze! Zum Glück nur ein Sachschaden, aber eindeutig ein Anschlag. Schnell geraten Umweltaktivisten in Verdacht, die das beliebte Skisprungevent verhindern wollen. Doch dann tauchen die ersten Leichen auf und es ist endgültig vorbei mit dem gemütlichen Glühweingeschlürfe. Mit Leberkässemmeln und reichlich Glühwein im Gepäck folgt das gegensätzliche Ermittler-Duo der tödlichen Spur im Schnee …  Mord in der Alpenidylle für Fans von Cosy Crime Entdecken Sie die munteren Alpenkrimis von Sven Kellerhoff!

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Glühweinrausch und Schanzenmord

Der Autor

Sven Kellerhoff, 1975 in Bad Ems geboren, lebt heute mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Grevenbroich bei Düsseldorf. Seit vielen Jahren bei einer Sparkasse tätig, veröffentlicht er neben seinem Beruf Regionalkrimis. Der Roman »Zirbenholz und Alpenmord«, rund um das Allgäuer Kommissaren-Duo Anna Zähler und Leopold Geiger, ist sein Debut.

Das Buch

Der neue Fall für Leopold Geiger und Anna Zähler 

Der gemütliche Kommissar Leopold Geiger und seine schicke Kollegin Anna Zähler werden nach Garmisch-Patenkirchen gerufen: Es gab eine aufsehenerregende Explosion an der Skisprungschanze! Zum Glück nur ein Sachschaden, aber eindeutig ein Anschlag. Schnell geraten Umweltaktivisten in Verdacht, die das beliebte Skisprungevent verhindern wollen. Doch dann tauchen die ersten Leichen auf und es ist endgültig vorbei mit dem gemütlichen Glühweingeschlürfe. Mit Leberkässemmeln und reichlich Glühwein im Gepäck folgt das gegensätzliche Ermittler-Duo der tödlichen Spur im Schnee … 

Sven Kellerhoff

Glühweinrausch und Schanzenmord

Ein Garmisch-Krimi

Ullstein

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Originalausgabe bei UllsteinUllstein ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Januar 2022 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privat E-Book powered by pepyrus.com ISBN 978-3-8437-2751-8

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Inhalt

Der Autor / Das Buch

Titelseite

Impressum

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Cover

Titelseite

Inhalt

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1

Das Licht seiner Taschenlampe leuchtete die steile nasse Wiese vor ihm aus. Regen brach den hellen Lichtstrahl. Um diese Jahreszeit knirschte hier normalerweise der Schnee, doch heuer war es viel zu warm. Die weiße Pracht blieb aus und das Wasser aus den Wolken regnete seit mehreren Tagen auf ganz Oberbayern hinab. Es herrschten noch immer frühlingshafte Temperaturen. Erst für die nächsten Tage waren Minusgrade in Sicht, die die wunderschöne Berglandschaft des Werdenfelser Landes vielleicht in eine weihnachtliche Stimmung versetzen würden. Das Gras quietschte bei jedem Schritt unter seinen Schuhen und die Sohlen hinterließen tiefe Abdrücke. Auf der Alm unterhalb des Gudibergs in Garmisch-Partenkirchen ging es stetig bergan, bevor die Wiese schließlich an der Schanzenanlage endete und auf einen asphaltierten Weg traf, der als Zufahrt diente und zu den Mannschaftscontainern führte. Um diese Uhrzeit war hier alles stockfinster. Wenn während der Wettkämpfe die Stadionbeleuchtung strahlte, war die Olympiaschanze auch aus mehreren Kilometern Entfernung gut zu sehen. Das vom Schnee reflektierte, kaltweiße Licht sorgte dann für Disco-Feeling bei sämtlichen Wildtieren in Oberbayern. Im Moment boten jedoch nur einige Positionslichter und Notausgangsleuchten ein wenig Orientierung in dieser trüben und regnerischen Nacht.

Auf der frisch geteerten Fahrstraße ging er an den Containern für die einzelnen Skisprungteams und dem großen Parkplatz für die Übertragungswagen der Fernsehsender vorbei, bis er das Pumpenhaus erreichte. Das neue Gebäude lag etwas versteckt hinter dem Schanzenturm. Über der Metalltür war eine LED-Leuchte montiert, die den kleinen gekiesten Platz vor dem flachen Gebäude schwach ausleuchtete. Schnell war die Tür mit dem elektrischen Dietrich geöffnet. Leise trat er in den dunklen Raum. Seine Stirnlampe leuchtete ihm den Weg, vorbei an Schaltkästen, Leitungen und Ventilen zu dem großen blauen Pumpengehäuse, aus dem ein dickes Rohr heraustrat. Direkt neben dieser Leitung befand sich eine große, im Boden eingelassene Eisenplatte, die an einem kleinen Seilzug befestigt war. Sein Blick wanderte nach oben hin zu einer Seilwinde mit Elektromotor, dessen Leitungen zu einem Schalter führten. Er betätigte ihn. Die Eisenabdeckung öffnete sich sachte. Er blickte in ein tiefschwarzes, mit Wasser gefülltes Loch. Mit seiner Taschenlampe leuchtete er das Innere des Wasserspeichers aus, bevor er den Rucksack abnahm und ein Gebilde aus Stangen, Drähten und einer Digitaluhr hervorbrachte. Er warf einen Blick auf den Plan, der neben der Eingangstür hing und alle Einrichtungen der Pumpspeicheranlage im Maßstab 1:100 zeigte. Rasch kontrollierte er den Countdown, den er eingestellt hatte, bevor er sich auf den Weg zur Schanze gemacht hatte. Er drückte eine Taste auf der Uhr, worauf ihm 15:00 Minuten kurz hell entgegenleuchtete. Alles in bester Ordnung. Nun klebte er das selbst gebaute Gerät im Inneren des Wasserspeichers an eine Stelle, die er für besonders geeignet hielt, und drückte es fest an. Danach betätigte er erneut den Schalter, die Eisenabdeckung senkte sich ab und verschmolz mit dem Boden wieder zu einer Einheit. In dem großen Wasserbecken unterhalb des Pumpenhauses blinkte in regelmäßigen Abständen, knapp über der Wasseroberfläche in völliger Dunkelheit, eine kleine rote Diode.

2

»Es ist wie verhext. Unser Wildschütze ist wie vom Erdboden verschluckt. Ab und zu frag ich mich, ob es ihn überhaupt leibhaftig gibt.«

Leopold Geiger saß seiner Kollegin Anna Zähler im Kriminalkommissariat in Kempten gegenüber. Lukas Müller von der Spurensicherung war ebenfalls gekommen. Gemeinsam wollten sie sich noch einmal detailliert mit ihrem noch ungelösten Fall auseinandersetzen. Seit mehreren Monaten war Haruki Kitano nun schon zur Fahndung ausgeschrieben, und sie hatten ihn immer noch nicht fassen können. Der Verrückte hatte sie bereits bei ihrem letzten Fall begleitet, als er im Nebelhorngebiet im Allgäu Gämsen schießen wollte und ihn ein Mitarbeiter der Nebelhornbahn gerade noch davon abhalten konnte. Danach folgte er ihnen wohl unbewusst ins hintere Zillertal, wo er im Talschluss am Hintertuxer Gletscher auf Murmeltiere schoss. Der Fall rund um die Ermordung eines Bergbahn-Geschäftsführers hatte sie seinerzeit so stark beschäftigt, dass die Verfolgung von Haruki Kitano keine Priorität gehabt hatte. Anna lehnte sich auf dem alten, klapprigen Bürostuhl mit beige-kariertem Bezug zurück. Er quietschte verdächtig, obwohl Anna wirklich ein Fliegengewicht war.

»Er schießt die Kuh an und spaziert anschließend mit einer Leberkäsesemmel und dem Gewehr über der Schulter durch die Füssener Altstadt«, sagte Anna kopfschüttelnd, »das geht doch nicht.«

»Und weißt du, warum er es macht, Anna?«, fragte Lukas und grinste zwischen den zwei Bildschirmen auf dem Schreibtisch hindurch.

»Ne, wieso?«

»Weil er’s kann!«, antwortete Lukas, bekam einen Lachanfall und schlug sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel.

»Das ist nicht lustig, Lukas.« Anna schaute ihn ernst an.

»Schon gut, schon gut«, entgegnete er, doch er bekam die Lachfalten nicht aus dem Gesicht.

»So, jetzt ohne Spaß.« Leopold klappte sein Notebook auf. »Mir scheint, als wäre er immer nur kurz an einem Ort, schießt auf irgendetwas, was ihm gerade vor die Flinte kommt, und ist sofort wieder verschwunden.«

»Er hat doch schon mal eine Bewährungsstrafe bekommen, als er im Stubaital den Mountainbiker angeschossen hat. Er ist also vorbestraft und man kennt ihn. Außerdem wird er doch wissen, dass er das nächste Mal nicht mehr so glimpflich davonkommt. Warum geht er ein solches Risiko ein?« Lukas Müller schaute angestrengt, während er versuchte, die Motive des Haruki Kitano zu durchblicken.

»Wir sollten noch mal mit Michi sprechen.« Anna tippte mit einem Bleistift auf den Tisch.

»Mit dem haben wir doch kurz nach dem Vorfall am Nebelhorn direkt gesprochen. Genau wie mit der Wirtin von der Pension im Zillertal, in der er untergekommen war. Da kam doch nichts heraus. Paul und Vitus haben damals das ganze Pensionszimmer auf den Kopf gestellt.« Gern dachte Leopold an ihren letzten Fall zurück. Paul Scheffler und Vitus Meier hatten sie bei der Morduntersuchung im Zillertal tatkräftig unterstützt. Seitdem war aus der kollegialen Zusammenarbeit eine länderübergreifende Polizeifreundschaft geworden.

»Wer bitte ist Michi?«, wollte Lukas wissen.

»Der Angestellte der Bergbahn in Oberstdorf, Michael Huber. Er hat uns doch aus der Güllegrube gezogen. Wäre der Michi seinerzeit nicht gewesen, säßen wir heute nicht mehr hier. Der Wechselberger hatte uns doch an der Hütte beim Seealpsee aufgelauert und uns in dieser stinkenden Brühe eingesperrt. Alleine hätten wir keine Chance gehabt.«

Anna verzog das Gesicht. Noch immer hatte sie diesen ekligen Geruch in der Nase, wenn sie sich an die Situation an der Alpe zurückerinnerte.

»Ach der Michi. Ja probiert’s halt. Oft sind es ja die unauffälligsten Details, die zum Fahndungserfolg führen. Vielleicht bekommt ihr neue Informationen. Ich schau mir derweil die Berichte und die sichergestellten Projektile an. Vielleicht haben wir etwas übersehen, was uns weiterbringt.«

Lukas stand auf. »Wie wär’s, habt ihr heut Abend Lust auf einen Glühwein an der Strandbar?«

Anna schaute ihn skeptisch an.

»Ja schaut’s nicht so wie ein überfahrenes Kaninchen. Unten an der Iller gibt es doch im Sommer immer den Stadtstrand mit der kleinen Bar. Die haben sie heuer nicht abgebaut und bieten dort abends Glühwein neben brennenden Feuertonnen an. Da ist immer was los. Nette Leute, gute Stimmung und ein wärmendes Heißgetränk. Was sagt ihr?«

Leopold sagte sofort zu. Für solche außergewöhnlichen spontanen Events war er immer zu haben. Er liebte es, wenn sein Leben nicht generalstabsmäßig geplant ablief und es ständig neue Dinge gab, die er ausprobieren konnte. Wer ging schon im Winter an einen Stadtstrand?

»Ich überlege es mir und gebe euch später Bescheid.« Anna wollte nach der Arbeit noch ein paar Kilometer auf dem Laufband zurücklegen. So verabschiedeten sie sich.

Leopold telefonierte kurz mit Michi Huber und verabredete sich mit ihm für den nächsten Tag. Er freute sich darauf, ihren Lebensretter wiederzusehen. Leopold klappte schwungvoll den Laptop zu, machte es sich auf seinem Bürostuhl gemütlich und schlug die Beine übereinander. Es war sehr ruhig im Kommissariat. Fast alle Kollegen waren schon in den Feierabend gegangen. Nur die Bereitschaftspolizei im Erdgeschoss tat rund um die Uhr geschäftig ihren Dienst. So kurz vor Weihnachten lag auf der Wache immer eine besondere Stimmung in der Luft. Es ging ein wenig ruhiger zu als sonst, alle Kollegen freuten sich auf das Weihnachtsfest und einige freie Tage. Man hatte das Gefühl, dass auch die Straftäter in dieser Zeit Pause machten und die Beamten in Ruhe ein wenig liegen gebliebenen Bürokram erledigen konnten. Die richtige Zeit, um heute Abend in geselliger Kollegenrunde einen nach Zimt, Sternanis und Orange duftenden Glühwein zu trinken. Gut gelaunt packte er den Laptop in seinen Rucksack und schwang ihn sich auf den Rücken. Gerade als er die Bürotür hinter sich schließen wollte, klingelte sein Telefon auf dem Schreibtisch. Er zögerte kurz, drückte dann doch die Klinke herunter und betrat erneut den Dienstraum. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und nahm das Telefonat an.

Kriminaloberrat Heuser vom Kriminalkommissariat in Garmisch war am Apparat und bat ihn um einen Gefallen. In seiner Dienststelle hatte eine Grippewelle die Beamten heimgesucht und ohne Unterstützung wäre der Betrieb während der nächsten Wochen nicht aufrechtzuerhalten. Leopolds Chef hätte die Unterstützung von zwei Kriminalbeamten und einem Kollegen von der Spurensicherung bereits bewilligt.

Leopold schloss die Augen und rieb sich die Stirn. ›Toll‹, dachte er sich und setzte sich aufrecht hin.

»Wann soll es denn losgehen mit der Unterstützung?«, fragte er gequält und dachte schon darüber nach, wie er Anna und Lukas diese Neuigkeit beibringen sollte. Gerade jetzt in der Weihnachtszeit in der mehr als eineinhalb Stunden entfernten Dienststelle auszuhelfen, würde bei den Beiden bestimmt nicht zu Freudenrufen führen.

Direkt nach Weihnachten sollte es losgehen. Da er die Erfahrung gemacht hatte, dass so einem Wunsch nichts mehr entgegenzusetzen war, wenn die Chefs schon miteinander verhandelt hatten, sagte er zu und bat um ein paar Tage Zeit, um Anna und Lukas einzuweihen. Wenn er schon in Garmisch Dienst schieben sollte, dann wollte er dies wenigstens mit seinem vertrauten Team tun. Nachdem er dafür die Zusage von Kriminaloberrat Heuser erhalten hatte, beendete er das Telefonat und verließ das Kommissariat.

3

Auf dem Parkplatz an der Olympiaschanze in Garmisch-Partenkirchen saßen fünf halbstarke Jugendliche um ein kleines Lagerfeuer herum. Jeden Abend traf sich hier die Dorfjugend und feierte ausgelassen, nicht immer zum Vergnügen der anderen Dorfbewohner. Es war schon einiges an Alkohol vernichtet worden.

»Georg, pack die Shisha aus, lass uns was rauchen.« Martin lallte mehr, als dass er sprach.

»Alles klar!«, antwortete Georg undeutlich und holte die Wasserpfeife aus dem Kofferraum seines Autos.

»Martin, wir brauchen Wasser«, rief er seinem Freund zu.

»Hä?«

»Wasser brauchen wir!«

»Hä, wofür?« fragte Martin und nahm einen großen Schluck aus einer Flasche, die kein Etikett trug.

»Was meinst du, warum das Ding Wasserpfeife heißt? Man braucht Wasser dafür.«

»Können wir nicht Schnaps nehmen?«

»Nee, nicht wirklich.«

»Alle Mann aufgepasst!« Martin erhob sich und schwankte, mit der Flasche in der Hand, leicht hin und her. »Wir brauchen Wasser, hat der Georg gesagt. Wer weiß, wo hier Wasser ist?«

»Ja geh halt runter zur Partnach, Martin, da gibt es genug Wasser«, sagte eines der Mädchen aus der Runde.

»Kann isch nich«, antwortete Martin, tat einen Schritt zurück und fiel fast über die Bierkiste, auf der er bis eben noch gesessen hatte.

»Wir machen Schnick, Schnack, Schnuck«, schlug Georg vor. »Der Verlierer ist der Wasserträger.«

»Einverstanden!« Martin war bereit für das Duell. Er und Georg standen sich gegenüber.

»Schnick, Schnack, Schn–«

Georg, Martin und die anderen fuhren vor Schreck zusammen. Oben in der Nähe der Skisprungschanzen hatte es laut geknallt. Ein Gewitter war zu dieser Jahreszeit unwahrscheinlich, woher war das Geräusch gekommen? Ängstlich schauten die Jugendlichen sich um. Der laute Donnerhall wurde von einem anderen Geräusch abgelöst. Ratlos schauten die fünf sich an, keiner wusste es zuzuordnen. Plötzlich knackte und gurgelte es in dem kleinen Waldstück über dem Parkplatz. Wasser trat sintflutartig aus dem Wald heraus und schwappte als hohe Welle auf den Asphalt. Die Jugendlichen erschraken und liefen panisch auseinander. Nur Martin blieb auf seinem Platz. Das Lagerfeuer zischte kurz, als es von den Wassermassen überrollt wurde und erlosch sofort. Dann war der Spuk vorbei. Der Parkplatz sah aus wie nach einem kräftigen Landregen. Martin stand pitschnass auf seiner Bierkiste, umklammerte seine Flasche ohne Etikett und flüsterte: »Schnuck.«

4

In der Strandbar am Iller Ufer war an diesem Abend viel los. Die Stimmung erinnerte an eine Sommerparty, wären da nicht die warmen Mützen auf den Köpfen der Gäste und die in der kalten Luft sichtbaren Atemwolken gewesen.

»Das ist der erste Abend seit einer Woche, an dem es nicht regnet.« Leopold nippte an seinem Glühwein und schaute in das flackernde Feuer in der alten Öltonne neben ihm.

»Hier!« Lukas reichte ihm einen weiteren dampfenden Becher. »Schade, dass Anna nicht mehr gekommen ist.«

»Du weißt ja, von ihrem Sport kann sie nichts und niemand abhalten.« Leopold nahm den Becher entgegen und pustete auf den warmen Inhalt. »Gleich habe ich aber genug, sonst komme ich nicht mehr nach Hause.«

Zwei Frauen traten an ihren Tisch. Leopold und Lukas war es nicht unbemerkt geblieben, dass sie schon ein paarmal verstohlen zu ihnen hinübergeblickt hatten.

»Dürfen wir uns zu euch gesellen?«

Lukas richtete sich auf und grinste. »Natürlich. Ich bin der Lukas und das ist der Leopold. Wie heißt ihr denn?«

Nach ein paar weiteren Tassen Glühwein war die Stimmung mehr als ausgelassen und Namen, Berufe und Hobbys größtenteils ausgetauscht. Die vier, die inzwischen fast allein am Ufer der Iller standen, hatten mächtig Spaß.

»So, letzte Runde«, rief einer der Angestellten der Strandbar zu ihnen hinüber.

»Das ist gut. Sonst brauche ich morgen früh erst gar nicht aufzustehen.« Leopold machte sich auf den Weg zu der Holzbude, wo der Glühwein verkauft wurde.

»Wie kommt man nur auf so einen Beruf?«, wollte Lukas von Greta wissen, die so nah neben ihm stand, dass sich ihre Arme berührten.

Ihre Freundin Pia antwortete: »Irgendwie hat doch jede Fachrichtung etwas Besonderes. Nenn mir einen Facharzt, in dessen Alltag es nichts gibt, das dich abschreckt.«

»Aber Urologin? Den ganzen Tag fast ausschließlich männliche Patienten, die irgendwelche Probleme mit ihrer Männlichkeit haben? Das wäre nichts für mich.« Lukas verzog das Gesicht. Diesen Beruf hätte er bei der zierlichen Greta nicht vermutet.

»Alles halb so wild. Und du bekommst bei mir die ›große Hafenrundfahrt‹. So wird in meiner Praxis die Prostata-Vorsorgeuntersuchung genannt.« Greta grinste in die Runde.

»Bah, wie eklig, hör auf damit.« Pia schob ihre Glühweintasse ein Stück von sich weg.

»Wenigstens leben meine Patienten noch, wenn ich sie untersuche. Wenn ihr eure Spuren bei den Todesopfern sammelt, ist das auch nicht gerade appetitlich. Da sind mir die Probleme der lebenden Menschen lieber.« Greta stieß erneut mit Lukas an.

Beide leerten die Tassen in einem Zug. Dabei wurde ihnen leicht schwindelig und sie hielten sich schnell am Stehtisch fest, der allerdings nicht besonders stabil war und sich bedrohlich zur Seite neigte. Pia packte ihn schnell auf ihrer Seite, um ein Unglück zu verhindern. Lukas und Greta kicherten.

»Greta, ich könnte nicht zu dir in die Sprechstunde kommen.« Lukas lallte noch ein wenig mehr. »So eine attraktive Ärztin, vor der ich mich entblößen müsste.« Dabei schielte Lukas ein wenig. Solche Mengen Glühwein war er nicht gewohnt.

Greta flirtete zurück. »Lukas, da gibt es ja Schlimmeres. Wenn so ein attraktiver Mann zu mir in die Praxis kommt, dann–«

»So, hier ist die letzte Runde Glühwein.« Leopold kam mit vier dampfenden Tassen zurück und verteilte sie.

»Pia, von dir wissen wir noch nicht, was du so machst, wenn du nicht gerade am Stadtstrand Glühwein trinkst.« Leopold neigte den Kopf und sah sie gespannt an.

»Das ist schnell erzählt. Ich habe vor einigen Monaten mein Studium hingeschmissen. Zuerst habe ich es mit Germanistik und Philosophie versucht und es relativ schnell wieder aufgegeben. Danach habe ich Architektur probiert. Mein Vater hat ein Architekturbüro hier in Kempten und er wollte unbedingt, dass ich mit einsteige. Aber das war überhaupt nichts für mich. Jetzt habe ich in der Altstadt eine Kaffeerösterei eröffnet. Das macht mir echt Spaß.«

»Das ist doch klasse«, antwortete Leopold und schüttete sich vor lauter Enthusiasmus Glühwein über die Handschuhe. Auch er hatte mittlerweile mehr als genug von dem duftenden Wintergetränk zu sich genommen.

»Warum waren wir noch nicht in der Rösterei, Lukas?«

»Das sollten wir ändern. Wir kommen die Tage mal vorbei. Prost!«

Es war kurz vor Mitternacht. Die Strandbar an der Iller war menschenleer. Fast menschenleer. Nur zwei männliche hartgesottene Fans der Outdoorattraktion hielten auf den Liegestühlen ein Schnarchkonzert ab. Leider wurde es ihnen nicht vergönnt, hier in Ruhe ihren Alkoholgehalt abzubauen.

»Brr, Brr, Brr … Brr, Brr, Brr … Brr, Brr, Brr …«

»Leopold, Telefon!«

Lukas schlug im Halbschlaf mit der flachen Hand auf Leopolds Bauch. Leopold schreckte auf und verlor für einen kurzen Moment den Kontakt zu seinem Liegestuhl. Kurz darauf ließ die Körperspannung nach und Leopold belastete ihn wieder mit seinem ganzen Gewicht. Dabei riss der Stoff und schon saß er mit seinem Allerwertesten auf dem kalten und klammen Sand. Er schaute sich verschlafen um. Keine Menschenseele weit und breit. Nur eine Lichterkette, die rund um die Strandbar aufgehangen war, erhellte die Nebelschwaden am Ufer der Iller. Warum lagen sie hier so mutterseelenallein?

Lukas erinnerte sich daran, dass ihre weiblichen Bekanntschaften irgendwann nach Hause gegangen waren und er und Lukas hier im Liegestuhl ihren letzten Rest Glühwein genießen wollten. Dabei mussten sie eingeschlafen sein.

»Aua, mein Kopf. Das war eindeutig zu viel von dem Zeug.« Leopold rieb sich die Stirn und schaute auf sein Smartphone, welches ihm kurzzeitig aus der Hand geglitten war. »Es ist die Einsatzzentrale.«

»Ja geh schon dran.« Auch Lukas’ Kopf dröhnte. Hoffentlich war es kein Einsatz. Mit beginnendem Kater – das würde was geben.

Mit Widerwillen drückte Leopold auf den grünen Hörer. »Leopold hier. Kollegen, was gibt’s mitten in der Nacht?«

Mit geschlossenen Augen und dem Smartphone am Ohr saß er in seinem kaputten Liegestuhl. »Was? Aha, okay, wir fahren hin. Ja, schöne ruhige Nacht weiterhin.« Leopold ließ das Handy in seinen Schoß fallen und machte die Augen wieder zu.

»Und? Was ist los?«, wollte Lukas wissen.

»Es gab in Garmisch-Partenkirchen eine Explosion an der Schanze. Die Kollegen vor Ort gehen von einem Anschlag aus. Ich habe gesagt, dass ich hinfahre.«

»Leopold, du hast eindeutig zu viel Alkohol intus. Es geht um Garmisch-Partenkirchen, Werdenfelser Land, Oberbayern. Da sind wir doch gar nicht zuständig.«

»Doch, jetzt schon.«

Fragend blickte Lukas zu Leopold, der noch immer mit geschlossenen Augen und dem Handy auf dem Schoß in seinem havarierten Liegestuhl lag.

»Ich wollte es dir und Anna eigentlich schon gesagt haben.«

Angespannt blickte Lukas zu Leopold.

»Du willst doch nicht etwa die Dienststelle wechseln und uns hier sitzen lassen, oder?«

»Nein, wir werden zusammen dorthin wechseln.«

»Bitte was? Könntest du jetzt bitte mal mit diesen nebulösen Äußerungen aufhören und Klartext mit mir reden?«

»Ja, klar. Entschuldige bitte.«

Leopold erzählte Lukas von seinem Telefonat mit dem Kriminaloberrat aus Garmisch.

»Na, Gott sei Dank. Und ich dachte schon, du willst hier die Biege machen.«

»Du hast kein Problem mit dem Einsatz dort?« Leopold war sichtlich erleichtert, dass Lukas die Botschaft so positiv aufnahm.

»No problem. Das kriegen wir schon hin. Dann haben die Kollegen dort endlich die Möglichkeit, mal mit Profis zusammenzuarbeiten.«

Lukas lächelte süffisant und stemmte sich aus seinem Liegestuhl.

»Wie fahren wir hin? Ein Auto zu lenken, kommt für uns beide gerade nicht in Frage.«

»Stimmt …« Daran hatte Leopold nicht gedacht. Das Adrenalin, das nach dem Anruf kurzzeitig in seinen Körper geschossen war, machte ihn zwar für einen Moment hellwach, doch in diesem Zustand Auto zu fahren, wäre trotzdem keine gute Idee.

»Ruf doch Anna an«, schlug Lukas vor.

»Na, die wird sich freuen, dass sie uns mitten in der Nacht durch die Gegend kutschieren muss.«

»Spätestens morgen früh wird sie ja eh von dir erfahren, dass sie die nächste Zeit in Oberbayern verbringen wird. So ist sie wenigstens direkt im Fall mit drin.«

Leopold schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.

»Lukas, du hast recht. Und es ist besser, als wenn wir uns von den Kollegen vom Nachtdienst mit dem Streifenwagen hinfahren lassen. Da wäre das Gerede groß. Außerdem hat Anna Bereitschaft.«

»Siehste, sag ich doch.«

Eine halbe Stunde später stand Anna mit ihrem Mini an der Straße unweit der Strandbar und Lukas und Leopold stiegen ein.

»Nicht euer Ernst, oder?«

»Ja, sorry. Es war halt nett und der letzte Glühwein war irgendwie nicht in Ordnung.«

»Ja ne, is klar. Schnallt euch an und versucht bitte, den Mund zu halten. Ihr riecht, als hättet ihr in einem Weinfass übernachtet.«

Lukas und Leopold folgten dieser Aufforderung umgehend, um sie nicht noch weiter zu verärgern. Anna öffnete die Seitenfenster einen Spalt breit und fuhr los.

»Wo müssen wir denn hin?«, fragte sie und verließ die Illerauen Richtung Hauptstraße. Sie reckte den Kopf so zur Seite, dass sie den frischen Fahrtwind einatmen konnte.

»Garmisch«, antwortete Lukas von der Rückbank.

Die Reifen quietschten und der Mini kam auf einem Seitenstreifen zum Stehen.

Anna saß, die Stirn auf dem Lenkrad abgestützt, auf dem Fahrersitz, nachdem Leopold sie in die Hilfsaktion für die Kollegen in Garmisch eingeweiht hatte.

»Wann hattest du denn vor, uns darüber in Kenntnis zu setzen, Leopold?«

»Na ja, eigentlich sollte unser Einsatz erst nach Weihnachten losgehen, doch jetzt kam dieser vermutete Anschlag dazwischen. Es tut mir leid. Ich hätte es euch gerne in Ruhe erzählt.«

Für einen Moment herrschte Stille. Anna blickte stumm aus dem Seitenfenster.

»Gut, dann wollen wir mal«, entgegnete Anna schließlich missmutig und steuerte den Mini aus der Stadt. Sie fuhr zügig, um die gut 100 Kilometer schnell zurückzulegen.

»Habt ihr euch alleine die Kante gegeben?«, wollte sie nach minutenlangem Schweigen wissen.

»Nein, wir haben zwei Mädels kennengelernt. War ein lustiger Abend«, erzählte Lukas von der Rückbank. Anna schaute kurz zu Leopold, blickte dann sofort wieder auf die Straße und fuhr wortlos weiter.

Um diese Zeit waren kaum Fahrzeuge unterwegs, sodass sie in der Zeit ankamen, die das Navi ihnen vorausgesagt hatte. Sie erreichten die Doppelgemeinde Garmisch-Partenkirchen über die berühmte Deutsche Alpenstraße. Direkt hinter dem Ortseingang entdeckte Lukas die Polizeiinspektion.

»Sollen wir kurz anhalten und uns vorstellen?«, fragte er mit seinen angewinkelten Beinen vor dem Gesicht. Man musste schon gelenkig sein, um eine längere Zeit auf der engen Rückbank auszuharren.

»Zu dieser Uhrzeit? Da ist doch maximal jemand am Funk und von den Kripo-Kollegen sind ja eh alle krank. Wer weiß, welche Bazillen die da in den Räumlichkeiten haben? Ich muss da erstmal nicht rein.« Anna tippte wieder aufs Gas, nachdem sie auf Höhe der Polizeiinspektion kurz das Tempo gedrosselt hatte.

»Wo ist denn die Abteilung für die Spurensicherung?«, fragte Lukas, der in seiner zusammengekauerten Yoga-Haltung auf dem Rücksitz ausharrte und deshalb froh war, gleich am Ziel zu sein.

»Im Keller des Kommissariats«, antwortete Leopold, dessen Körper mit dem Abbauprozess des vielen Alkohols zu tun hatte und dem dementsprechend übel war.

»Okay, der wird erstmal gut desinfiziert.«

Sie folgten der Beschilderung zur Olympiaschanze und fuhren an den Tennisplätzen, dem Wohnmobilstellplatz und den Parkplätzen der Partenkirchner Bergbahn vorbei. Die Straße führte schließlich in einem kleinen Bogen um die Zuschauerränge herum zur Skisprungarena.

Wie ruhig es um diese Zeit ist, dachte Anna und gähnte. Sie war sehr gespannt, was sie an der berühmten Schanze erwartete.