going tax! - Stefan Steinhoff - E-Book

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Stefan Steinhoff

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Beschreibung

Going tax! Unterhaltsames Tagebuch einer Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung. "Going crazy" bezeichnet in der englischen Sprache das Gefühl, verrückt zu werden. Während seiner Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung empfand Stefan Steinhoff seine Stimmungslage durch diese Worte aber oft genug nicht ausreichend gewürdigt. Dank des deutschen Steuerrechts wähnte er sich immer noch ein Stückchen näher am Wahnsinn als andere. Er empfand es nicht als "going crazy", sondern als "going tax!" Auf unterhaltsame Weise erzählt der Autor in Form eines Tagebuchs von seinen Erfahrungen auf dem Weg zum Steuerberater, von Motivation, Zweifeln, Erfolgserlebnissen. Er richtet sich an alle, die den gleichen Weg einschlagen und von den Erfahrungen eines "Leidensgenossen" profitieren möchten. Es gibt keine allgemeingültigen Regeln zum Bestehen der Steuerberaterprüfung. Aber es gibt Dinge, die sich Jahr für Jahr wiederholen und auf die man sich einstellen kann, wenn man sie kennt. Deshalb: Bleiben Sie zuversichtlich, Sie sind nicht allein!

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Seitenzahl: 180

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NWB Verlag GmbH & Co. KG, Herne

Alle Rechte vorbehalten.

Dieses Buch und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahmen der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages unzulässig.

ISBN: 978-3-482-75631-3

Zum Buch:

Das vorliegende Buch ist zwischen März 2006 und März 2008 als Tagebuch entstanden und beinhaltet die ganz persönliche Geschichte des Autors rund um sein Steuerberaterexamen 2007/2008. Das Anliegen, seine Geschichte zu erzählen, begründet sich in der Hoffnung, anderen Kandidaten Mut zu machen, ihnen aber auch die Augen für die bevorstehende Herausforderung zu öffnen: Dieses Examen ist nicht leicht!

Es gibt keine allgemeingültigen Regeln, um das Steuerberaterexamen zu bestehen. Aber es gibt Dinge, die sich Jahr für Jahr wiederholen und die man einplanen kann, wenn man sie kennt. Bleiben Sie tapfer! Sie sind nicht allein.

Kapitel I spiegelt die Gedanken des Autors wider, die er sich über die Teilnahme und die spätere Herangehensweise an das Examen gemacht hat.

Im Kapitel II finden Sie sein Tagebuch, das während eines halbjährigen Wochenendkurses, der Bestandteil seiner Examensvorbereitung war, entstanden ist. Dort beschreibt er die nervliche Achterbahn, die eine solche Prüfungsvorbereitung während der Doppelbelastung Beruf und allabendlichem Lernen mit sich bringt.

Kapitel III fasst das Wesentliche der fachlichen Vorbereitung während des Blockunterrichts und des Klausurenintensivkurses zusammen, in Kapitel IV wird von den Erlebnissen der Prüfungstage des schriftlichen Examens erzählt.

In Kapitel V erfahren Sie, wie sich der Autor nach Bekanntgabe der schriftlichen Noten auf das mündliche Examen vorbereitet hat und wie dieses abgelaufen ist. Schließlich hat er seine Eindrücke gesammelt und in Kapitel VI zusammengefasst.

Vorwort

Vielleicht kennen Sie folgenden Comic: Ein Mann und eine Frau sitzen in Gedanken versunken in ihrem Wohnzimmer, beide vertieft über einen Stapel Bücher. Die Frau, beschäftigt mit Beziehungsratgebern, fragt ihren Mann, ob es eigentlich etwas Komplizierteres gäbe als die Beziehung zwischen Mann und Frau. Der Mann, vertieft in steuerliche Fachliteratur, antwortet trocken und knapp: „Die Steuererklärung.”

Wir fragen unsere Mandanten oft danach, was an diesem Comic nicht stimmt. Die Antwort ist überraschend eindeutig: „Die Frau kümmert sich nicht nur um die Beziehungsprobleme einer Partnerschaft, sondern auch um deren Steuererklärung.”

Dass sich in der Mehrzahl der Fälle tatsächlich die Frauen um die Steuererklärung kümmern, ist nach unserer Erfahrung zwar richtig, aber darauf wollten wir nicht hinaus. Eine Beziehung ist (zumindest aus Sicht des Steuerberaters) weitaus komplizierter als eine Steuererklärung. Die Mandanten sehen das naturgemäß jedoch völlig anders.

Eventuell haben Sie auch schon einmal davon gehört, dass 70 % der gesamten Weltliteratur über das Steuerrecht in deutscher Sprache geschrieben sein soll. Zwar wurde dieses Gerücht mittlerweile als falsch entlarvt: Die Quote liegt bei 10 – 20 %, was immer noch mehr als genug ist. Aber auch das spricht den meisten Steuerpflichtigen aus der Seele: Das deutsche Steuerrecht gilt als kompliziert, bürokratisch und aufgebläht. Der „einfache Bürger” fühlt sich im deutschen Steuerrecht völlig überfordert.

In unseren Kanzleiräumen hängt zum einen der oben erwähnte Comic im Eingangsbereich. Zum anderen findet auch immer wieder das Gerücht über die Steuerliteratur Eingang in die Beratungsgespräche mit unseren Mandanten. Was wir dann als Reaktion von diesen erfahren, ist eigentlich immer das Gleiche: große Augen, aber zustimmendes Nicken.

Was ich daraufhin persönlich gerne tue, ist Folgendes: Ich erzähle einfach weiter. Bereits im Jahre 1993 schrieb beispielweise Prof. Dr. Klaus Tipke, dass „kein Steuerberater, kein Rechtsanwalt, kein Steuerbeamter, kein Steuerrichter, auch kein Steuerprofessor in der Lage ist, das ganze Steuerrecht bis ins letzte Detail zu überblicken.”1)

Auch zehn Jahre nach diesem Zitat hatte sich trotz aller anderslautenden Versprechungen nichts an diesem Zustand geändert. Im Jahre 2003 wurde das deutsche Steuersystem in einer Studie mit 102 weiteren Steuersystemen aus der ganzen Welt durch das World Economic Forum 2003 unter die Lupe genommen. Damals wurden Punkte auf einer Skala zwischen eins und sieben vergeben, wobei ein Punkt für ein hochkomplexes und entscheidungsverzerrendes Bild stand und sieben Punkte für ein einfaches und transparentes Steuersystem.

Sieger waren damals Hongkong (1. Platz, 6,3 Punkte), Singapur (2. Platz, 5,8 Punkte) und Botswana (3. Platz, 5,4 Punkte). Deutschland erhielt 1,5 Punkte und belegte in dieser Statistik den letzten Platz. Abgeschlagen hinter Ländern wie dem Tschad, Äthiopien, Tansania, Mali, Simbabwe, Malawi und Ghana.

Ich weiß nicht, welchem Umstand Sie es zu verdanken haben, dass Sie in der Steuerberatung gelandet sind und nun mit dem Gedanken spielen, eine der anspruchvollsten Prüfungen in Deutschland über eines der anspruchvollsten Konstrukte dieser Welt zu schreiben. Ich weiß nur eines: Überlegen Sie sich gut, was Sie da tun.

Meine Entscheidung, das Steuerberaterexamen zu absolvieren, fiel nach einem über mehrere Jahre andauernden Prozess im Jahr 2006. Sie hatte ihren Ursprung in einer sehr verlockenden Note in einer schwierigen Klausur während meines BWL-Grundstudiums, und fiel während einer Phase der Unzufriedenheit mit den zu verrichtenden Tätigkeiten an meinem damaligen Arbeitsplatz.

Als ich mich für das Examen angemeldet habe, war ich mir lediglich bei einer Sache wirklich sicher: Auch diese Prüfung wird nur vor dem Bestehen schwierig sein. Wenn ich sie erst einmal bestanden habe, werde ich sie als etwas völlig Selbstverständliches betrachten. Nun ja, mittlerweile sehe ich das ein wenig anders.

Wenn man sich im Laufe seines beruflichen Schaffens mit Berufskollegen oder Freunden unterhält, so hat jeder seine ganz persönliche Geschichte darüber zu erzählen, wie, wo, wann, und unter welchen Umständen er sein Examen bestanden hat oder auch nicht. Diese Prüfung wirkt lange nach.

Was uns alle verbindet, ist die Gewissheit darüber, an einem der schwierigsten Prüfungen in Deutschland teilgenommen zu haben. Und trotz der vielen, unterschiedlichen Geschichten ist es erstaunlicherweise so, dass die meisten Kandidaten immer mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Welche das sein können, erfahren Sie auf den nächsten Seiten. Die Erzählung meines Weges soll Ihnen im Vorfeld klar machen, was dieser Entschluss bedeutet.

Stellen Sie sich darauf ein, dass das Steuerberaterexamen Ihnen alles abverlangen wird. Die meisten von Ihnen werden nicht um die Erfahrung herumkommen, dass die Vorbereitung hierzu ein unvermeidbares Lebensgefühl mit sich bringen wird: das Gefühl, verrückt zu werden. In der englischen Sprache nennt man diesen Zustand going crazy. Während meiner Vorbereitung auf das Examen empfand ich meine Stimmungslage durch dieses Vokabular jedoch nicht immer ausreichend gewürdigt. Durch das deutsche Steuerrecht wähnte ich mich immer noch ein Stückchen näher am Wahnsinn. Ich empfand es nicht als going crazy, ich empfand es als going tax!

Teil I – Vor dem Examen

Ein missglückter Start

Angefangen hat alles im ersten Semester meines Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Merseburg (FH). Hörsaal 2, zweiter Studientag, Vorlesung Einkommensteuer. Damals wusste ich von Steuern kurz und knapp: nichts.

Der Hörsaal bot Platz für 150 Studenten und war sehr gut besucht. Die ausklappbaren Tische waren allesamt aus Holz und nicht mehr im besten Zustand. Generationen vor mir hatten sich hier verewigt und ihre ewige Liebe zum FC Bayern München, Hansa Rostock oder eben auch Mandy, Susanne oder Maike geschworen.

Zu Beginn der Vorlesung verteilte der Professor Zettel, die allmählich durch die Reihen wanderten: „Das Besuchen der Vorlesung Einkommensteuer und das Schreiben der Klausur Einkommensteuer/Umsatzsteuer ist nur sinnvoll, wenn Sie die jeweiligen Kapitel in meinem Buch vor- und nachbereiten.”

Auf dem Blatt folgte in Tabellenform eine Auflistung der relevanten Kapitel und Seiten aus dem Buch des Professors mit Auslassen der unwesentlichen Kapitel, ohne dass sich jedoch die Gesamtseitenzahl von 565 Seiten merklich verringerte. Weiterhin stand da Folgendes:

„Sie benötigen die einschlägigen Gesetze und Richtlinien, des Weiteren ist der Besuch der Übungsveranstaltung „Einkommensteuer” unerlässlich.”

Kleine Falten bildeten sich auf meiner Stirn und die aufkommenden Zweifel löschten rasch das emotionale Feuerwerk, das sich noch wenige Stunden vorher anlässlich des beginnenden Studiums und damit dem besten Abschnitts meines bisherigen Lebens in meinem Kopf bunt und voller Vorfreude abgespielt hatte.

Nach nochmaligem Lesen dieses Unheil ankündigenden Zettels gewann ich den Eindruck, dass der Professor uns etwas vermitteln wollte, das mit dem Studentenleben, welches ich mir und die überwiegende Mehrzahl der hier anwesenden Studenten sich wünschten, nicht in Übereinstimmung zu bringen sei.

Ich fing an, mich in den Bankreihen umzuhören und schnell stellte sich heraus, dass nicht alle, die mit mir hier saßen, auch tatsächlich im ersten Semester waren. Viele kamen aus dem zweiten, dem dritten oder gar dem vierten Semester.

Die Frage nach dem „Warum?” beantworte der Professor höchstpersönlich. Ein Mann mit Kinn- und Schnauzbart, geschätzte 1,75 m groß, ca. 60 Jahre, dünn gebaut, aus München, Bayern:

„Nun, meine Damen und Herren, wenn ich so die Klausuren aus dem letzten Semester betrachte, und sehen muss, was da manche für einen Mist zusammenschreiben, dann ärgert mich das. Und, nur um es noch einmal zu betonen: Das ärgert mich richtig!”

Schon die Art und Weise, wie er die Worte „Meine Damen und Herren” aussprach, ließ ein ungutes Gefühl in mir aufkommen. Sein Akzent war nicht wirklich bayrisch, aber ein kleiner Unterton schwang durchaus mit. Er stand vorne rechts, vor ihm ein Pult, neben ihm ein Overhead-Projektor. Bis zu dem Wort „ärgert” lehnte er mit beiden Ellenbogen auf dem Pult nach vorne gebeugt und starrte in den Hörsaal.

Danach stand er aufrecht vor dem Pult und hielt sich mit beiden Händen steif an diesem fest. Sein Ausdruck schwang um von einem einführenden, ruhigen Sprachstil hin zu einem zornigen, wütenden Ton.

„Wenn da 60 % durchfallen, sieht das auch für mich bescheuert aus! Da werden Klausuren von Leuten geschrieben, die ich vorher noch nie gesehen habe! Die können nicht mal Einnahmen von Einkünften unterscheiden.”

Was bitte ist denn da der Unterschied?

„Die besuchen nicht meine Vorlesung, die gehen nicht in die Übungen, und wundern sich, wenn sie durchfallen?! Ja, wie wollen Sie die Klausur denn sonst bestehen, meine Damen und Herren? Ich kann Ihnen nur eines empfehlen: Nehmen Sie diese Veranstaltung hier ernst. Das deutsche Steuerrecht ist so komplex, so undurchschaubar, dass ein, zwei kleine Leseeinheiten sicherlich nicht ausreichen werden, um diese Klausur zu bestehen!”

Es folgte eine kleine Pause, in der sich seine Haltung wieder leicht entspannte, ohne jedoch die Sprache der Drohung zu verlieren. Er machte seinem Ärger über die letzte Klausur weiter Luft und es schien, als ob das nicht nur bei dieser Klausur so war, sondern auch in der letzten und allen anderen davor.

Aus heutiger Sicht bin ich mir sicher, dass der Professor eigentlich etwas Ehrwürdiges vorhatte. Er versuchte lediglich, uns zu warnen. Er warnte uns davor, das Steuerrecht auf die leichte Schulter zu nehmen, nichts für die Klausur zu tun und erst ein, zwei Tage vorher mit dem Lernen anzufangen.

Ich bezog das damals nur auf diese eine Klausur. Hält man sich jedoch die durchschnittlichen Noten der Steuerberaterklausuren der letzten Jahre vor Augen, kommt man nur zu einem Schluss: Ich hatte ihn noch nicht vollständig verstanden.

Musik, Fanatismus und das Examen

Vielleicht sollte ich mich erstmal vorstellen: Mein Name ist Stefan Steinhoff, geboren am 26. 6. 1980, aufgewachsen im südhessischen Einhausen und Sohn eines zweifachen Dipl.-Ing. und selbständigen Programmierers mit leichtem Hang zu klassischer Musik und guten Weinen. Sohn einer Einzelhandelskauffrau, deren Vater Bäcker und später stolzer Eigentümer eines Lebensmittelmarktes war, in Zeiten, in denen Discounter mit ihren Großsortimenten diese Erfolgsgeschichten noch nicht zu verhindern wussten.

Bislang bestand mein Leben aus 14 Jahren Schule, einem Jahr Zivildienst, einem dreimonatigen Aushilfsjob am Fließband einer Großbäckerei, vier Jahren BWL-Studium in Merseburg und einem Jahr Berufserfahrung.

In meinem Leben vor dem Studium nahmen nicht die Schule, Bildung oder gar das Steuerrecht den wichtigsten Platz ein, es waren meine Leidenschaften für zwei völlig andere Dinge: Erstens galt die komplette Aufmerksamkeit in meiner frühen Jugend der Technomusik und dem aus dieser Leidenschaft heraus betriebenen Tonstudio im Keller eines ehemaligen Güterbahnhofs in Bensheim. Dort produzierten wir elektronische Musik, veranstalten Partys, tranken Bier und andere Dinge. Und wenn das, wie so oft, zu langweilig wurde, kam Leidenschaft Nr. 2 ins Spiel: Der Fußball.

Ab meiner späten Jugend verschenkte ich mein Herz an eine Dame, die ich doch nie gewinnen konnte: Eintracht Frankfurt, die launische Diva vom Main. Gepeinigt von dem Gefühl, dass ich nach dem Kauf meiner ersten Dauerkarte im Jahre 1996 nicht die freudenreichen Exzesse und Jubel-Arien einer ruhmreichen Meisterschaft erlebte, sondern die Qualen und bitteren Tränen des ersten Abstiegs eines Bundesligagründungsmitglieds mit erleiden musste, war ich danach wie besessen davon, die Spiele live im heimischen Stadion und den anderen Arenen dieser Republik mitzuerleben. Und um dabei eines von vornherein klar zu stellen: Leidenschaft drückte sich bei mir nicht dadurch aus, alle Schaltjahre mal ins Stadion zu gehen oder ab und zu Hattrick oder die Sportschau mit Monica Lierhaus als Hauptattraktion im Fernsehen anzuschauen. Erst wenn man elf Stunden mit einem Bus von Frankfurt nach Rostock fährt, in dem es

1.

viel zu laut ist,

2.

um 5.00 Uhr morgens bereits los geht und

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die Sicht nach vorne von Nebelschwaden verhindert wird,

ahnt man, was ich mit Leidenschaft meine.

Man kommt zehn Minuten vor Spielbeginn am Stadion an, sieht das schlechteste Spiel der Saison, einen verschossenen Elfmeter und eine Niederlage gegen einen Mitabstiegskonkurrenten. Man verbringt weitere neun Stunden eines wertvollen Wochenendes mit den vorgenannten Punkten, nur dass nicht Abfahrt, sondern Ankunft zu Hause um 5.00 Uhr morgens sein wird. Nur, wenn man so etwas schon einmal erlebt hat und es immer wieder tun würde, erst dann weiß man, was Leidenschaft bedeutet und was diese aus einem macht.

Während meiner Zeit auf dem Alten Kurfürstlichen Gymnasium in Bensheim ereichte die Beziehung zwischen mir und meinem Verein seinen ersten Höhepunkt, zeigte sich doch eine gewisse Verbundenheit zwischen meinen schulischen und den sportlichen Leistungen meines Klubs. Die Eintracht stieg ab und ich gleich mit. Ich wiederholte die zehnte Klasse.

Freunde bezeichneten mich damals als verdammt solidarisch, meine Eltern hingegen hielten mich einfach nur für verrückt. Wäre es nach ihnen gegangen, hätte es nie eine Dauerkarte gegeben.

Wie ich später während einer Art Ursachenforschung herausfinden sollte, gab es wohl einen Zusammenhang zwischen den Trauerphasen nach verlorenen Spielen, die von Sonntag bis Mittwoch meinen schulischen Alltag überschatteten, und den schlechten Leistungen auf der Schulbank. Weiterhin stellte ich fest, dass ich auch in der Zeit von Donnerstag bis Samstag meine Konzentration nicht auf die Schule richten konnte, musste ich mich doch mental aufs nächste Spiel vorbereiten.

Meine Schleife in der zehnten Klasse kam mir eigentlich sogar ganz recht. Erstens gab es Schlimmeres, als neue Leute kennen zu lernen, von nun an bessere Noten zu schreiben und weiter wie gewohnt zum Fußball zu gehen. Und zweitens bescherte sie mir eine zweite Zehner-Abschlussfahrt.

Okay, das mit den guten Noten war gelogen, bis zum Abitur sollte ich es nicht schaffen, meinen Schnitt über die Note 3,0 zu heben, aber zumindest für ein Jahr sollte ich es schaffen, keine Fünf mehr zu schreiben.

Mein schlechtes Abitur hinderte mich jedoch nicht daran, mich nur an Fachhochschulen zu bewerben, die in den damaligen Empfehlungen von Spiegel oder Stern ganz oben standen. Immerhin konnte ich einen, zumindest in Baden-Württemberg anerkannten Studiengangtauglichkeitstest vorweisen, der mich für ein betriebswirtschaftliches Studium als „gut” geeignet hielt.

Beeindruckt hat dieses Faktum allerdings keine einzige Hochschule. Allein mein Notenschnitt verwehrte mir den Zugang zu all den Hochschulen, an denen ich mich beworben hatte. Bis auf eine: Merseburg im Osten Deutschlands. Und da die Devise meines Vaters schon immer „Studiert wird auswärts!” war, stand einem gemeinsan Lebensabschnitt zwischen Stefan Steinhoff und Sachsen-Anhalt von nun an nichts mehr im Wege.

Im Unterschied zu meinen schulischen Leistungen sollte ich jedoch während meines Studiums nicht einmal eine Klausur schreiben, die schlechter benotet wurde als 4,0. Das lag vor allen Dingen an neu entdeckten Lebenseinstellungen wie Neugier und Ehrgeiz in Bezug auf Dinge, die nichts mit meiner Freizeit zu tun hatten. Gerade die steuerlichen und juristischen Fächer ließen mich zum ersten Mal in meinem Leben Spaß an einer Wissenserarbeitung und am Schreiben guter Noten spüren. Und daran konnte nicht einmal die Einführungsveranstaltung zum Fach Einkommensteuer etwas ändern.

Zu groß war der Wille, etwas aus dieser Chance zu machen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln das schlechte Abitur auszubessern. So wurde es beispielsweise für mich zur normalsten Sache der Welt, den kompletten Samstag dem Studium zu opfern, Bücher zu lesen und Klausuren vorhergehender Jahrgänge zu schreiben. Ich trat dem Fachschaftsrat bei, engagierte mich für die Interessen der Studierenden und lernte für die Klausuren zeitweise Tag und Nacht.

Empfand ich es früher als Kompliment, von den Leuten als bekloppter Fußballfan oder Musikstudiobesitzer verschrien zu sein, wollte ich im Rahmen des Studiums durch gute Leistungen überzeugen.

Mein Studienabschluss sollte mir abschließend auch zeigen, dass ich nicht alles falsch gemacht haben konnte. An Stelle der 3,0 stand auf dem Diplomzeugnis eine 1,7. Und auch ein auf mich wartender Arbeitsplatz in der Kanzlei, in der ich während meines kompletten Studiums die Semesterferien verbrachte, fühlte sich wie eine Belohnung für meine Bemühungen an.

Für meine Vorbereitung zum Steuerberaterexamen konnte ich aus meiner Vorgeschichte daher nur einen Schluss ziehen: Nur wenn ich es schaffe, meine Leidenschaft für Dinge wie Fußball oder Musik auch auf dieses Examen zu übertragen, werde ich es bestehen!

Zugegebenermaßen hatte ich zu Beginn des Examens noch keine Ahnung, wie mir das gelingen sollte. Schließlich ist es durchaus schwierig, das Herzrasen und Durchdrehen, den Angstschweiß und die Euphorie aus dem Stadion auf die Schulbank und den Paragrafen-Dschungel des deutschen Steuerrechts zu übertragen. Ich glaubte auch nicht daran, dass ich dasitzen werde und das Umwandlungssteuerrecht voller Hingabe anfeuern und jedes Mal beim Einlaufen des Dozenten „You’ll never walk alone” anstimmen werde.

Was ich allerdings tun konnte, war, mir innerlich eine Vorfreude auf die Zeit des Lernens und vor allen Dingen auf die Zeit nach dem Examen zu schaffen und es als absolut einmalige Chance anzusehen, bei einer der schwierigsten Prüfungen Deutschlands dabei gewesen zu sein und diese evtl. sogar zu bestehen.

Nur werde ich nicht beten, dass mein Team auswärts ein Unentschieden über die Zeit rettet, sondern dass meine körperliche und mentale Kraft ausreicht, die Vorbereitungs- und Prüfungszeit schadlos und ohne „verdammt solidarische” Wiederholung zu überstehen.

Als Motivation kann dabei eigentlich nur eines zählen: Genauso wie ich will, dass Leute über mich sagen, dass ich ein völlig bescheuerter Fußballfan bin, will ich auch, dass genau dieselben Leute sagen, dass ich zu denjenigen gehöre, die das Steuerberaterexamen im ersten Anlauf bestanden haben. Ähnlich der wahren Liebe zu einem Fußballklub gibt es auch für dieses Examen nur einen Weg:

Ganz oder gar nicht!

Der Entschluss

Im Gegensatz zu Personen, die schon immer wussten, was sie wollen, fasste ich den Entschluss, mich für dieses Examen anzumelden, nicht besonders schnell. Ich fasste ihn im Laufe meines kompletten Studiums bis hin zum heutigen Tage im März des Jahres 2006. Und das sind immerhin knapp fünf Jahre.

Schon während des Grund- und Hauptstudiums befasste ich mich zwar schwerpunktmäßig mit dem deutschen Steuerrecht, die Frage aber, ob ich Steuerberater werden wollte, konnte ich nie mit einem schnellen „Ja!” beantworten. Zu hoch erschienen mir die Hürden und zu trocken die Materie. Nach dem Platzen der üblichen Kindheitsträume wie Pilot oder Musikmanager empfand ich besonders im Studium die Unternehmensberatung als den am besten für mich geeigneten Beruf. Hier sah ich meine Interessen für betriebswirtschaftliche, juristische und steuerrechtliche Probleme in ihrer Gesamtheit ideal aufgehoben. Natürlich ließ ich mich in einschlägigen Situationen zu einem „Na klar will ich Steuerberater werden!” hinreißen, nur glauben konnte ich mir das damals selbst nicht so richtig. Die Wahl des Schwerpunktes Bilanzen/Steuern/Wirtschaftsrecht sah ich zur damaligen Zeit daher auch nicht als Grundlage für einen späteren Beruf als Steuerberater, sondern lediglich als die Wahl meiner Lieblingsfächer. Letztlich kann ich es sogar am Stolz über eine einzige Note im Grundstudium festmachen, warum ich mich für diesen Schwerpunkt entschieden hatte: In der Klausur zu den Fächern Einkommensteuer und Umsatzsteuer schrieb ich eine 1,0. Für mich und mein Umfeld war das damals aufgrund meiner Vergangenheit eine kleine Sensation. Auch die Einführungsveranstaltung zum Fach Einkommensteuer ließ ein solches Ergebnis wahrlich nicht erwarten.

Kommentare wie „Wie kann man nur Steuern als Schwerpunkt wählen?” oder „Mach es dir doch nicht so schwer!”, die von Kommilitonen am laufenden Band kamen, spornten mich später eher an, als dass sie mich abschrecken konnten. Ich empfand das ganze Gerede nicht als nervend, sondern vielmehr als eine Art Kompliment. Das Kopfschütteln meiner Freunde in Bezug auf meine Schwerpunktwahl schmeichelte mir ungemein.

Auch nach Beendigung des Studiums wollte ich mir mit Blick auf die neu gewonnene Lebensqualität eine Lernauszeit nehmen und schwor, mir in naher Zukunft kein weiteres Studium, Examen oder irgendeine andere Prüfung aus freien Stücken aufzubürden. Und schon gar nicht eine, für die man jahrelang lernen musste. Zu verlockend waren der erste Job und das erste große Geld!

Steuerberaterexamen im direkten Anschluss ans Studium?

Nein, danke!

Doch wie so oft im Leben: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt! Es sollte keine zwölf Monate dauern, in denen sich auch für mich wieder eine neue Situation ergeben sollte. Unzufrieden mit dem Gehalt, das eher einem Ausbildungsgehalt und nicht den Anforderungen eines frisch von der Hochschule kommenden und hoch motivierten Akademikers entsprach, und den zu verrichtenden Tätigkeiten sowie gedrängt vom eigenen Ego und dem Wunsch nach Selbstverwirklichung, musste ich mir schon bald zwei entscheidende Fragen stellen:

Mach ich’s oder mach ich’s nicht?

Packst du’s oder packst du’s nicht?

Dieser Zeitpunkt kam schneller, als ich mir das wünschen konnte, denn zu diesem Zeitpunkt fasste auch Julian, einer meiner Arbeitskollegen, den Entschluss, das Examen zu bestreiten. Die Unterschiede dieser beiden Entschlüsse hätten allerdings nicht größer sein können. Und das lag nicht nur daran, dass unser gemeinsamer Chef ihm eine Chance von „mindestens 70 %” attestierte und mir im gleichen Atemzug „maximal 50 %” zugestand. Julian war schon wesentlich länger in der Steuerbranche tätig als ich. Er hatte neben einer klassischen Ausbildung zum Steuerfachangestellten auch ein Steuerstudium an der Fachhochschule Worms absolviert.