Golden Enigma - Der Morgen danach - Holger Bruns - E-Book

Golden Enigma - Der Morgen danach E-Book

Holger Brüns

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Beschreibung

Jetzt komm mal wieder runter. Wir sind noch nicht mal in Hamburg, geschweige denn an Bord, und du drehst schon total durch, lästerte Chrissi. Mensch Chrissi! BIG APPLE! !!, rief Susi noch etwas lauter. Du hast ja recht. Das wird der Urlaub unseres Lebens. Hamburg! Kreuzfahrt! Festival! New York City! Und das alles in zehn Tagen. Das wird der pure Wahnsinn, lächelte Chrissi immer noch. Noch ahnten die beiden Freundinnen nicht, dass sich innerhalb kürzester Zeit ihr Traumurlaub in einen schwimmenden Albtraum verwandeln sollte ...

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Für Jan Kristof & Ann-Kathrin

Inhaltsverzeichnis

Intro

Prolog

Logbuch 1.1

Logbuch 1.2

Logbuch 1.3

Logbuch 1.4

Logbuch 1.5

Logbuch 1.6

Logbuch 2.1

Logbuch 2.2

Logbuch 2.3

Logbuch 3.1

Logbuch 3.2

Logbuch 3.3

Logbuch 4.1

Logbuch 4.2

Logbuch 4.3

Logbuch 5.1

Logbuch 5.2

Logbuch 6.1

Logbuch 7.1

Logbuch 8.1

Logbuch 9.1

Logbuch 9.2

Logbuch 10.1

Logbuch 11.1

Logbuch 12.1

Logbuch 13.1

Logbuch 14.1

Logbuch 14.2

Logbuch 15.1

Logbuch 15.2

Logbuch 15.3

Logbuch 15.4

Logbuch 15.5

Logbuch 16.1

Logbuch 16.2

Logbuch 17.1

Logbuch 17.2

Logbuch 17.3

Logbuch 17.4

Logbuch 18.1

Logbuch 19.1

Logbuch 20.1

Logbuch 20.2

Logbuch 20.3

Logbuch 20.4

Logbuch 20.5

Logbuch 21.1

Logbuch 21.2

Logbuch 21.3

Logbuch 21.4

Logbuch 21.5

Logbuch 21.6

Logbuch 22.1

Logbuch 22.2

Logbuch 23.1

Logbuch 23.2

Logbuch 23.3

Logbuch 23.4

Logbuch 24.1

Logbuch 24.2

Logbuch 24.3

Logbuch 25.1

Logbuch 26.1

Logbuch 27.1

Logbuch 27.2

Logbuch 27.3

Logbuch 28.1

Logbuch 28.2

Logbuch 28.3

Logbuch 28.4

Logbuch 29.1

Logbuch 29.2

Logbuch 29.3

Logbuch 30.1

Logbuch 31.1

Logbuch 32.1

Logbuch 32.2

Logbuch 32.3

Logbuch 33.1

Logbuch 33.2

Logbuch 34.1

Logbuch 34.2

Logbuch 35.1

Logbuch 35.2

Logbuch 35.3

Logbuch 35.4

Logbuch 35.5

Logbuch 35.6

Logbuch 35.7

Logbuch 36.1

Logbuch 36.2

Epilog

Outro

Intro

So viele Menschen sehen dich

Doch niemand sieht dich so wie ich

Denn in dem Schatten deines Lichts

Ganz weit dort hinten sitze ich

Ich brauche dich - ich brauch' dein Licht

Denn aus dem Schatten kann ich nicht

Du siehst mich nicht - du kennst mich nicht

Doch aus der Ferne lieb' ich dich

Ich achte dich - verehre dich

Ich hoff' auf dich - begehre dich

Erfühle dich - erlebe dich

Begleite dich - erhebe dich

Kann nicht mehr leben ohne dich

Dies ist der Morgen danach

Und meine Seele liegt brach

Dies ist der Morgen danach

Ein neuer Tag beginnt

Und meine Zeit verrinnt

Dieses alles schreib' ich dir

Und mehr noch brächt' ich zu Papier

Könnt' ich in Worten alles Leiden

Meiner Liebe dir beschreiben

Nicht die Botschaft zu beklagen

Sollen diese Zeilen tragen

Nur - ich liebe dich - doch sagen

Heute Nacht erhältst du dies

Ich bete dass du dieses liest

Im Morgengrauen erwart' ich dich

Ich warte auf dein strahlend Licht

Ich träume dass du mich bald siehst

Du morgen in den Schatten kniest

Und mich zu dir ins Lichte ziehst

Dies ist der Morgen danach

Und meine Seele liegt brach

Dies ist der Morgen danach

Ein neuer Tag beginnt

Und meine Zeit verrinnt

(››Der Morgen danach‹‹ von Lacrimosa 2001,

Text: Tilo Wolff)

Prolog

Die GOLDEN ENIGMA nahm allmählich richtig Fahrt auf, nachdem sie den Hafen von Southampton in Richtung New York verlassen hatte. Mittlerweile pflügte sie mit einer Höchstgeschwindigkeit von 24 Knoten durch den Nordatlantik. Die Gischt erreichte bereits die oberen Decks. Der Himmel war schwarz. Kein Stern erleuchtete die Finsternis. Der Mond hatte sich hinter dichten, dunklen Wolken versteckt. Es war ungewöhnlich ruhig an Deck. Der Trubel, der den ganzen Tag über herrschte, war vorbei. Die Gigs des vergangenen Tages beendet. Die dröhnende Rockmusik war verstummt und Stille eingekehrt. Jedenfalls vorübergehend. Wind war aufgekommen. Doch die überwiegende Anzahl der Gäste bemerkte den heftiger werdenden Seegang nicht. Sie lagen in ihren Kabinen und erwarteten schlafend die nächste Etappe ihrer Reise. Nach einem langen, ereignisreichen Tag waren sie vermutlich müde und glücklich in die Kojen gefallen. Der einzige Landausflug dieser Tour lag hinter ihnen. Am Abend hatten sie den Hafen von Southampton verlassen. Bis zu ihrer Ankunft in New York lag nur noch das Wasser des Nordatlantiks vor und unter ihnen.

Jetzt in den frühen Morgenstunden waren alle Decks verlassen. Wind und Regen peitschte über die Außendecks. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, war von der Crew nach Verklingen der letzten Riffs gesichert worden. Fahnen und Banner flatterten noch immer im starken Wind. Die Natur veranstaltete gerade ihr ganz eigenes Konzert.

Ein Ensemble aus Wind, Regen, flatterndem Zeltstoff und dem Tosen des Atlantiks. Niemand würde sich jetzt freiwillig hier draußen aufhalten und sich den Naturgewalten aussetzen. Wirklich niemand. Nur die Brücke war noch besetzt. Alle Passagiere hatten sich in ihre Kabinen verzogen und selbst die Crew war um diese Uhrzeit vollständig unter Deck.

Jedenfalls fast alle. Auf dem Pool-Deck lag ein einsamer Mann. Durchnässt und zitternd. Er wusste nicht mehr, warum er hier lag und seit wann. An die Geschehnisse der Nacht konnte er sich kaum erinnern. Alles war verschwommen, wie durch einen dichten Nebel. Es schwirrten nur Bruchstücke durch seinen Kopf. Ein weibliches Wesen ... Ja genau, er erinnerte sich an eine Frau. Eine sehr hübsche Frau. Schlank, kurze Haare, in seinem Alter. Sie hatten sich an Deck getroffen. Aber warum ...? Und wozu ...? Er sah alles wie durch einen Schleier. Eine Kreuzfahrt – Rockmusik – seine Ehefrau – Claudia – ein kleiner Streit – wie so oft – eine WhatsApp – eine andere Frau – eine Zigarette ...! Scheiße!

Was war nur mit ihm passiert? Er konnte sich nicht bewegen. Er spürte den brennenden Schmerz, der von seinem Rücken ausging und gleichzeitig seinen Kopf fast zum Platzen brachte. Jemand hatte ihm dieses Leid absichtlich zugeführt. Jemand hatte ihn verwundet. Jemand hatte ihn schwer verletzt. Warum ...? Wer ...? Wieso ...? Er dachte wieder an diese geheimnisvolle Lady. Diese Fremde. Es war nicht seine Frau! In seinem Kopf drehte sich alles. Er schaute in den Nachthimmel. Die schweren Wolken rasten über ihn hinweg. Es war stockfinster. Der Regen klatschte ihm ins Gesicht. Aber das störte ihn nicht. Im Gegenteil – er hatte das Gefühl dadurch wieder etwas klarer zu sehen. Doch in seinem Kopf herrschte Leere – und eine zunehmende Dunkelheit.

Irgendwo musste doch noch ein Licht brennen. Die Laternen erhellten das Deck doch die ganze Nacht. Aber er sah sie nicht. Er konnte seinen Kopf nicht drehen. Keinen Zentimeter. Der Schmerz wurde unerträglich. Er schloss seine Augen. Atmete tief durch, was sofort zu einem Hustenanfall führte. Blut rann aus seinem Mund. Und mit einem Mal wurde ihm klar, dass dieses seine letzte Nacht auf Erden sein würde. Diese Reise würde sein Leben beenden. Er würde sterben – ganz allein – hier auf diesen nassen Holzplanken. War das überhaupt Holz. Diese blödsinnige und völlig sinnlose Frage beschäftigte seinen wirren Geist. Machte es denn einen Unterschied, ob er auf Holzplanken oder auf was auch immer sterben würde? Wahrscheinlich nicht. Niemand würde in seinen letzten Minuten seine Hand halten. Niemand würde ihn verabschieden. Niemand würde bei seinen letzten Atemzügen um ihn weinen.

Er dachte an seine Ehefrau, an seinen Job, an diese Kreuzfahrt und an die Fremde ...! Wer war sie nur ...? Und warum musste er jetzt sterben ...? Es waren eigentlich keine Fragen, es war auch egal. Er wusste, was jetzt kam – der Tod! Der heftige Seegang wiegte ihn in den Schlaf, wie ein kleines Baby wurde er hin- und hergeschaukelt, nur leider in den ewigen Schlaf. Der Wind zerrte an seinen Kleidern. Der Regen peitschte ihm noch heftiger ins Gesicht. Doch all das nahm er nicht mehr wahr. Er spürte nichts mehr – gar nichts mehr.

Keinen Wind.

Keinen Regen.

Keine Schmerzen.

Das Leben glitt aus ihm heraus. Und dann war es vorbei ...

Logbuch 1.1

Susanne Elvers hatte sich bequem zurückgelehnt und hing ihren Gedanken nach. Sie fühlte das erste Mal seit Langem wieder so was wie Zufriedenheit. Eine schwierige Zeit lag hinter ihr. Eine Zeit mit vielen Enttäuschungen und vielen Veränderungen. Susi hatte sich ebenfalls verändert, und zwar nicht nur, weil sie gestern noch schnell beim Friseur war. Doch auch das spielte eine Rolle. Ihre sonst ständig blondierten Haare waren jetzt wieder straßenköter-blond. Und das nicht erst seit gestern.

Nach der Trennung von Jens hatte sie sich entschlossen, dass sich was ändern musste. Dass sie sich ändern musste. Susi hatte ihre blondierte Mähne gegen einen Kurzhaarschnitt eingetauscht. Und gegen alle Erwartungen fühlte sie sich danach besser. Sie fühlte sich jünger. Sie fühlte sich begehrenswerter. Ja, und sie empfand so etwas wie eine gewisse sexy Ausstrahlung. Susi konnte endlich mal wieder selbstbewusst und voller Freude in den Spiegel schauen. Sie genoss es förmlich. Sie fühlte sich rundum wohl.

Doch irgendwie schweiften ihre Gedanken zurück an ihren Ex, an Jens, an ihre gemeinsame Zeit.

Es war ja nicht alles schlecht gewesen, im Gegenteil. Sie hatte Jens in einer Eisdiele kennengelernt. Susi hatte sich wie immer drei Kugeln Eis gekauft: Vanille, Schoko und Haselnuss.

Und Jens tat es ihr gleich. Sie musste lächeln und Jens lächelte zurück. Und er war es auch, der die Initiative übernahm und sie fragte, ob sie ihr Eis nicht zusammen essen möchten.

››Hey, heute ein Eis zu essen war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich liebe diese drei Eissorten. Wollen wir sie nicht zusammen genießen?‹‹, sagte Jens mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. Und Susanne war seinem Charme sofort erlegen. Sie dachte zurück an ihr erstes Date.

Sie hatten Pizza gegessen. Und stellten fest, dass ihr Geschmack bei Pizza nicht so einvernehmlich war.

Jens liebte die scharfe Variante. Susi mochte alles mit Meeresfrüchten. Aber das spielte keine Rolle. Sie genossen das gemeinsame Essen. Und dann geschah es. Susanne hatte sich vorgenommen, dass am ersten Abend nichts passieren sollte. Also kein Sex und auch nichts, was in diese Richtung ging.

Bei dem Gedanken an diesen Abend bekam Susi eine Gänsehaut, obwohl es draußen mindestens 25° warm war. Es entwickelte sich natürlich alles anders. Jens war äußerst rücksichtsvoll, aber auch sehr zärtlich. Und es kam, wie es kommen musste. Susi wurde schwach und Jens verführte sie nach Strich und Faden.

Als Susanne an den phänomenalen Sex dachte, wanderte ihre Hand zwischen ihre Beine. Durch den dünnen, kurzen Rock konnte sie spüren, dass sie bereits feucht wurde. Sie begann sich langsam im Schritt zu streicheln. Erst ganz leicht und dann etwas fester. Ihre Erregung wuchs und sie genoss ihre eigenen Berührungen. Sie dachte an Jens und wie er in sie eindrang. Dabei entfuhr ihr ein genussvoller Seufzer ...!

Logbuch 1.2

››Susi!!! Was tust du da?‹‹, rief die Fahrerin des PKW.

››Ääähhh ... Nichts ...!‹‹, stammelte Susi.

Ihre beste Freundin lachte laut auf und sprach: ››Ja klar, das habe ich gehört.‹‹

››Na ja, ich musste nur gerade an was denken‹‹, gab Susi beschämt zu.

››Lass mich raten. Fängt mit S an und hört mit EX auf‹‹, lachte Christiane immer noch.

››Erwischt!‹‹, lächelte Susanne.

Christiane war ihre beste Freundin, schon seit der Grundschule. Ihre Wege hatten sich zwar zwischenzeitlich getrennt, auch räumlich, aber das konnte ihrer Freundschaft nichts anhaben.

Susanne Elvers und Christiane Hoffmann lernten sich in der Grundschule in Hundelshausen kennen. Beide wohnten damals in Ermschwerd, einem Ortsteil von Witzenhausen, der, ebenso wie Hundelshausen, vor vielen Jahren eingemeindet wurde. Vor der Schule waren sie sich noch nie begegnet, obwohl sie im selben Dorf aufgewachsen waren. Nach der Grundschulzeit gingen sie gemeinsam auf die Förderstufe und dann auf die Gesamtschule in Witzenhausen. Susanne blieb danach vor Ort, besuchte das Berufliche Gymnasium und machte ihr Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung. Christiane wechselte nach der zehnten Klasse nach Bad Sooden-Allendorf, besuchte das dortige Gymnasium und machte ihr allgemeines Abitur.

Christiane nahm das Gespräch wieder auf und fragte ihre Freundin neugierig: ››Wer war denn der Glückliche?‹‹

Susi schmunzelte: ››Na wer wohl!?‹‹, und fügte grinsend hinzu. ››Du hast es doch schon selbst gesagt ... S ... und EX ... also SEX und EX ...‹‹

Chrissi versuchte aufgebracht zu reagieren: ››Waaas!?!? Sex mit dem Ex! Mit diesem kleinen Pisser ...‹‹

Doch dann musste sie auch grinsen.

››Das ist doch wohl nicht dein Ernst du kleines versautes Luder ...‹‹

››Doch‹‹, sagte Susi und grinste noch breiter. ››Hey Chrissi, es war doch nicht alles schlecht. Und eins konnte er anfangs wirklich gut. Mich sooo richtig verwöhnen ... Du verstehst schon.‹‹

››Du Glückliche‹‹, schmunzelte Christiane. ››Das könnte ich auch mal wieder gebrauchen. Die letzten Typen waren ziemlich ernüchternd und der Sex ziemlich eintönig. Entweder einfach nur drauf und drüber oder ich musste die Initiative ergreifen. Und selbst dann haben sie nur irgendwann die Augen verdreht und sind danach eingepennt.‹‹

››Na Hauptsache du bist auch gekommen!‹‹, erwiderte Susi augenzwinkernd.

››Na ja, nachdem ich dann selbst Hand angelegt hatte, schon‹‹, grinste Chrissi.

››Ach ja, aber über mich beschweren‹‹, erwiderte Susanne und rollte die Augen.

››Du darfst dich halt nicht dabei erwischen lassen‹‹, lachte Christiane.

››Warum denn nicht? Ich mag aufregende Gespräche mit meiner besten Freundin.‹‹

Jetzt lachten beide.

Logbuch 1.3

Christiane wohnte inzwischen in Herford in Ostwestfalen. Nach dem Abitur hatte sie in Göttingen Medizin studiert und arbeitete jetzt seit mittlerweile zehn Jahren im Lukas-Krankenhaus in Bünde in der Anästhesiologie als Oberärztin. Sie war 46 Jahre alt und, nach den letzten enttäuschenden Beziehungen, bekennender Single und hatte derzeit keine Ambitionen daran was zu ändern.

Chrissi hatte langes blondes Haar, welches sie meist zu einem Pferdeschwanz zusammen band.

Sie hatte ziemlich kleine Brüste, aber auf den Hüften ein paar Kilo zu viel. Aber sowohl das eine wie auch das andere störte sie überhaupt nicht. Christiane war eine selbstbewusste Frau, die ihren Weg ging. Sie hatte Karriere gemacht, war eine Dr. med. und Oberärztin. Sie hatte in Herford ein kleines, bescheidenes Häuschen gekauft und stand mitten im Leben. Männer spielten nur noch eine untergeordnete Rolle.

Sie wurden als One-Night-Stands benutzt und danach fallengelassen. Es ging nur noch um die reine Befriedigung von ihren Bedürfnissen, aber sie durften ihr nicht zu nahekommen. Nähe ertrug sie nicht. Jedenfalls nicht von beziehungssuchenden Typen, die ihr womöglich noch vor Ende des Jahres einen Heiratsantrag machen würden. Nein danke, damit konnte sie nichts anfangen und davon wollte sie auch nichts wissen. Jedenfalls vorerst.

Aber dieses Thema spielte jetzt eh keine Rolle. Christiane war vor drei Tagen nach Eschwege, einer Kleinstadt in Nordhessen, zu ihrer Freundin gefahren. Sie hatten dort das Wochenende zusammen verbracht, gefeiert und gequatscht bis zum Morgengrauen und sich auf ihre kommende Reise eingestellt.

Jetzt war es Montagmorgen und sie waren mit Chrissis BMW 3er Touring auf der A7 Richtung Hamburg unterwegs. Sie waren um 8 Uhr in der Früh in Eschwege aufgebrochen und nach einem kurzen Tankstopp und einem Abstecher zu McDonald's hatten sie mittlerweile die A7 erreicht und Northeim bereits hinter sich gelassen.

››Chrissi, können wir einen kurzen Stopp machen? Ich muss mal und außerdem brauche ich die Zigarette danach‹‹, grinste Susi.

Christiane setzte den Blinker rechts.

››Du hast Glück. Da vorne kommt schon ein Parkplatz mit Toilette.‹‹

Sie fuhr auf den Parkplatz Bierberg und stoppte den BMW in der Nähe des Toilettenhäuschens. Susi sprang aus dem Auto und zündete sich eine Zigarette an.

››Das tut gut, wurde echt Zeit.‹‹

Sie lehnte sich entspannt an den Wagen und zog genüsslich den Rauch in ihre Lungen.

››Du lässt heute auch kein Laster aus‹‹, erwiderte Chrissi.

Susanne lächelte. ››Nö. Warum auch, wir haben schließlich Urlaub.‹‹

››Hast ja recht. Ich bin nur froh, dass ich dieses Laster schon seit Jahren hinter mir gelassen habe.‹‹

››Manchmal wünschte ich, ich hätte auch so einen starken Willen wie du‹‹, sagte Susi nachdenklich. ››Ich bin einfach zu schwach. Und das nicht nur beim Rauchen. Auch alles andere ist mir manchmal zu viel. Die kaputten Beziehungen. Die Arbeit. Das macht mir alles zu schaffen.‹‹

Sie schaute resigniert zu Boden.

Logbuch 1.4

Susanne hatte nach Abschluss ihres Fachabiturs eine Ausbildung bei der Volksbank gemacht.

››Geh zur Bank, da hast du einen sicheren Job‹‹, hatten damals alle zu ihr gesagt.

Na ja, anfangs stimmte das ja sogar. Die Ausbildung war cool, die vielen Lehrgänge und Seminare auch. Die Arbeit mit den Kunden machte ihr Spaß. Sie konnte es sich zu Beginn ihrer Lehre gar nicht vorstellen an vorderster Front zu stehen und mit Menschen zu arbeiten. Aber bereits ab dem dritten Tag bediente sie in einer Filiale am Schalter und es begann ihr Spaß zu machen. Die Kunden waren meist freundlich und höflich, ihre Kollegen nett und hilfsbereit. Nur ihr damaliger Chef war ein Griesgram und wohl auch Alkoholiker, aber das hatte sie damals noch nicht zu interessieren. Gehorsam war angesagt. Susi lernte gut und schnell und konnte ihre Ausbildung bereits nach knapp 2 Jahren beenden. Anschließend erhielt sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Da war er.

Der sichere Job.

››Ich geh jetzt noch schnell für kleine Königstiger‹‹, sagte Susi und verschwand Richtung Toilettenhäuschen.

Nach wenigen Minuten war sie wieder da und die beiden Freundinnen stiegen in den BMW, um weiterzufahren. Chrissi fädelte in den fließenden Verkehr ein und weiter ging es Richtung Hamburg.

Hamburg war ihre Lieblingsstadt. Schon mehrfach hatten sie gemeinsam die Stadt besucht. Entweder zu einem Musicalbesuch, sie waren bei Der König der Löwen und einige Jahre später auch bei Tarzan. Sie waren mehrmals auf Konzerten in der Stadt, bei RAMMSTEIN und bei DEICHKIND. Und sie waren natürlich shoppen, das Highlight jedes Hamburg-Besuchs. Doch diesmal war es anders.

››Ich kann mich noch gar nicht an den Gedanken gewöhnen, diesmal in Hamburg nicht shoppen zu gehen‹‹, sagte Christiane vergnügt.

››Hey, glaubst du denn, dass es dort, wo wir hingehen, keine Shoppingmöglichkeiten gibt?‹‹, grinste Susanne.

››Doch, natürlich, aber Shoppen in Hamburg ist halt Shoppen in Hamburg. Das ist mit nichts vergleichbar.‹‹

››Schon, aber so sparen wir Geld und vergnügen uns halt anderweitig.‹‹

››Auf jeden Fall!‹‹, lachte Susi. ››Unseren Spaß werden wir auch ohne Shopping ganz sicher haben.‹‹

››Ich bin froh, dass du diese verrückte Idee hattest. Erst dachte ich, du wärst jetzt komplett verrückt geworden. Aber mittlerweile finde ich die Aktion voll klasse, trotz unseres Alters oder vielleicht auch gerade deswegen‹‹, grinste Chrissi.

››Und ob‹‹, erwiderte Susi lachend und strich sich betont lässig über ihren schlanken, aber äußerst weiblichen Körper. Sie war sehr zufrieden mit ihrem Aussehen und ihrer Figur. Ihre ausgeprägten Rundungen saßen genau an den richtigen Stellen. Ihre Brüste waren voll und rund, und für ihr Alter noch sehr fest.

››Auf jeder Seite genau eine Handvoll‹‹, hatte ihr Ex-Freund immer gesagt.

Ihre wohlgeformten Hüften betonten ihre weibliche Figur noch. Ja, sie war schlank, aber an den richtigen Stellen sehr fraulich. Und das wusste sie auch und genoss oftmals die Blicke der Männer, die ihr entgegenkamen oder ihr im Büro gegenübersaßen. Sie spielte gern mit ihren Reizen und kannte ihre Wirkung auf das andere Geschlecht nur allzu gut. Sie setzte ihren Körper bewusst ein, sei es Kollegen oder Vorgesetzten gegenüber oder auch bei Kundengesprächen. Nicht, dass sie mit jedem Sex hatte. Nein, das hatte sie auch gar nicht nötig. Ein aufreizender Blick hier, ein tiefer Ausschnitt da und das kurze Röckchen dort. Mehr brauchte es nicht, um ein bisschen mehr zu erreichen als andere. Und es gefiel ihr. Es machte einfach Spaß die gierigen Blicke für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. Und dass die Männer das Spiel überhaupt nicht durchschauten, war ihre größte Genugtuung. In einer Beziehung waren doch alle Männer gleich. In gewissen Situationen rutschte ihr kümmerlicher Denkapparat in die Hose und dann waren sie auch schon verloren.

Logbuch 1.5

››Chrissi, wann sind wir in Hamburg?‹‹, fragte Susi.

››Also ich denke, bis in die HafenCity benötigen wir noch ungefähr eine Stunde‹‹, antwortete Christiane. ››Wenn nichts dazwischenkommt. Stau oder so.‹‹

››Ja super, ich freu mich. Ich kann es kaum erwarten.‹‹

››Geht mir genauso. Gut, dass ich den Parkplatz bereits frühzeitig online gebucht habe. So können wir fast direkt am Cruise Center 1 HafenCity parken.‹‹

››Perfekt! Ich kann es kaum glauben, dass heute gleich drei Wünsche von mir in Erfüllung gehen ...‹‹

››Gleich drei?‹‹, fragte Chrissi nach.

››Na klar‹‹, grinste Susi. ››Erstens ... eine Kreuzfahrt ab Hamburg. Das war schon immer ein Traum von mir. In Hamburg ablegen, an den Landungsbrücken vorbei, Tausende von Se(h)leuten, die zuschauen und dann ganz langsam die Elbe runter bis zur Kugelbake in Cuxhaven.‹‹ Susi bekam einen verträumten Blick. ››Zweitens ... gemeinsam mit den DONOTS an Bord, meiner absoluten Lieblingsband. Schon sooo oft live gesehen, aber nur einmal kurz ein paar Worte gewechselt bei einer Autogrammstunde auf dem Open Flair-Festival. Und jetzt zehn Tage gemeinsam auf einem Schiff. Da läuft man sich doch zwangsläufig mal über den Weg. Und drittens ... wir fahren nach New York.‹‹

Christiane drehte sich lächelnd zu Susi um. Sie sagte aber nichts.

››Hey Chrissi! Verstehst du, was ich sage?! NEW YORK!‹‹, rief Susi begeistert.

››Jetzt komm mal wieder runter. Wir sind noch nicht mal in Hamburg, geschweige denn an Bord, und du drehst schon total durch‹‹, lästerte Chrissi.

››Mensch Chrissi! BIG APPLE!!!‹‹, rief Susi noch etwas lauter. ››Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und das in seiner edelsten Form. NEW YORK CITY – Freiheitsstatue – Empire State Building – Brooklyn Bridge – Rockefeller Center – Central Park – Ground Zero ...!!!‹‹ Susi betonte jedes einzelne Wort und lachte.

Christiane stimmte in ihr Lachen ein.

››Du hast ja recht. Das wird der Urlaub unseres Lebens.

Hamburg!

Kreuzfahrt!

Festival!

New York City!

Und das alles in zehn Tagen. Das wird der pure Wahnsinn‹‹, lächelte Chrissi immer noch.

››Siehste, jetzt entspann dich einfach und genieße die Vorfreude noch ein wenig. Wir sind doch schon fast in Hamburg.‹‹

››Ja, ich denke, in 30 Minuten sind wir auf dem Parkplatz von Parken & Meer. Unser Parkplatz ist ja reserviert. Also nur noch ausladen und mit dem Shuttle zum Cruise Center‹‹, erwiderte Christiane.

Logbuch 1.6

Sie lenkte ihren BWM auf die Ausfahrt Hamburg-Waltershof und bog Richtung Freihafen ab. Kurze Zeit später überquerten sie die Köhlbrandbrücke.

››Wusstest du, dass die Köhlbrandbrücke seit 1974 in Hamburg die Elbinsel Wilhelmsburg mit der A7 verbindet. Die Brücke überspannt den Köhlbrand, einen Arm der Süderelbe. Der Brückenzug ist über 3500 m lang und nach der Hochstraße Elbmarsch die zweitlängste Straßenbrücke Deutschlands. Durch ihre Höhe ist die Köhlbrandbrücke weiträumig sichtbar und ein Wahrzeichen der Stadt Hamburg‹‹, breitete Susi ihr Wissen über die Brücke aus.

Den Blick von der Köhlbrandbrücke über den Freihafen genossen Chrissi und Susi bei jedem ihrer Hamburg-Besuche. Es gehörte einfach dazu. Und auch jetzt blickten beide etwas verträumt über den Hafen und die vielen Container, die von hier oben aussahen wie bunte Legosteine aus ihrer Kindheit. Fein säuberlich aufgestapelt und beladen mit allerlei Sachen aus der ganzen Welt.

››Es ist von hier oben echt schwer vorstellbar, was sich wohl alles in diesen bunten Kisten befindet.‹‹

Susi machte ein nachdenkliches Gesicht.

››Hhmm, ich denke, in den Containern hier im Freihafen ist echt die ganze Welt vertreten‹‹, erwiderte Chrissi.

››Aber was da wohl im Speziellen alles drin ist, weiß ich auch nicht.‹‹

››Bestimmt reichlich Sex-Spielzeug und Kondome für die Reeperbahn‹‹, grinste Susi und stupste Chrissi an. ››Hoffentlich haben sie davon auch eine reichliche Auswahl auf unserem Schiff.‹‹ Susi lachte.

››Du denkst schon wieder nur an das eine‹‹, rief Christiane schockiert aus.

Und stimmte gleichzeitig in das Lachen ihrer besten Freundin ein.

››Wir machen die Kreuzfahrt aber doch eigentlich wegen der Musik. Und wegen New York. Und nicht um irgendwelche Kerle zu vögeln. Es sollen doch ganz entspannte Tage werden und Männer bedeuten doch nur wieder Stress.‹‹

Beide konnten sich vor Lachen kaum einkriegen. Sie lachten, bis ihnen die Tränen über die Wangen liefen. Susi packte ihre Taschentücher aus, reichte erst Christiane eins, und wischte sich dann die Tränen aus ihrem Gesicht. Christiane tat es ihr gleich.

Chrissi fuhr, nachdem sie ihr Taschentuch zusammengeknüllt und in den Fußraum geworfen hatte, weiterhin geradeaus Richtung Zentrum und Speicherstadt. Danach ging es über die Freihafenelbbrücken. Nachdem sie über die Baakenhafenbrücke gefahren waren, lenkte Christiane den Wagen in die Überseeallee und wenig später erreichten sie das Hamburg Cruise Center HafenCity.

Sie parkten den BMW auf ihrem reservierten Parkplatz und Susi steckte sich schnell eine Kippe an. Kaum, dass sie ein paar genüssliche Züge gemacht hatte, stand auch schon ihr Shuttleservice bereit. Der Fahrer begrüßte sie überschwänglich und erkundigte sich nach ihrer Anreise. Nachdem das Gepäck verstaut war, fuhren sie die kurze Strecke zum Hamburg Cruise Center 1.

Voller Stolz berichtete ihr Chauffeur von seinem Cruise Center:

››Das Kreuzfahrt-Terminal Hamburg-Grasbrook entstand im Zuge des Ausbaus der HafenCity. Die Kaistrecke wurde nach Hamburgs Partnerstadt Chicagokai benannt. Das Hamburg Cruise Center HafenCity bietet zwei Liegeplätze für Schiffe bis zu einer Länge von 330 und 295 Metern und einer Solltiefe von 11,5 Metern. Hier können zur gleichen Zeit zwei Kreuzfahrtschiffe festmachen. Bei einem Anlauf der Queen Mary 2 mit einer Länge von 345 Metern werden beide Plätze benötigt; der Tiefgang beträgt etwa 11 Meter. Die Abfertigung der Passagiere erfolgt über eine provisorische, aus Containern errichtete Abfertigungshalle. Bei weiter fortschreitender Entwicklung der HafenCity wird zunächst eines der zurzeit provisorischen Abfertigungsgebäude durch einen Neubau ersetzt werden. Als Projekt 34/14 der HafenCity soll an derselben Stelle ein ca. 3.000 m2großes Kreuzfahrtterminal, Pkw-Tiefgarage, Warteplatz für zwölf Busse sowie Halteplätze für Taxis entstehen. In das Gebäude wird ein ca. 30.000 m2Hotel integriert. Passagiere werden nahezu niveaugleich von einer der oberen Ebenen des Gebäudes auf das Schiff wechseln können, sodass die Kaianlage direkt am Wasser dann öffentlich genutzt werden kann. Das neue Terminal soll im Jahr 2021 fertig werden.‹‹

Direkt vor der aus Containern errichteten Abfertigungshalle hielt der Shuttle-Bus an und ließ die neuen Passagiere aussteigen.

Logbuch 2.1

Dirk öffnete die Haustür und trug die Koffer raus auf den Hof ihres kleinen Eigenheims im Hamburger Norden im Stadtteil Langenhorn. Der seiner Frau Julia war wie immer um einiges schwerer als sein eigener. Er wuchtete beide Koffer in den Kofferraum ihres Wagens, eines Volkswagen Passat 1.4 TSI Comfortline variant. Anschließend öffnete Dirk das elektrische Garagentor, stieg ein, und fuhr den Wagen aus der Garage. Als er aus dem Auto ausstieg, blieb er kurz stehen und betrachtete ihr Häuschen. Dirk ließ seinen Blick stolz über ihr Eigenheim wandern und dabei lächelte er. Sie hatten es geschafft, dachte er, und ging, noch immer lächelnd, wieder ins Haus.

Dirk und Julia Lindemann hatten das kleine Einfamilienhaus erst im letzten Jahr gekauft, nachdem Dirk zum Leiter des Amtes für Bildung der Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg befördert worden war.

Mit seinen mittlerweile 42 Jahren war Dirk einer der jüngsten Ressortleiter seiner Behörde. Gleichzeitig aber auch einer der Beliebtesten aufgrund seiner jugendlichen und offenen Art, die er sich immer noch bewahren konnte. Seine Frau Julia hatte er vor über zehn Jahren bei dieser Behörde kennengelernt. Nachdem sie aber vor drei Jahren eine Fehlgeburt erlitten hatte, war sie lange Zeit krankgeschrieben gewesen. Über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren stand sie unter psychologischer Betreuung. Ihre Ehe mit Dirk war fast daran zerbrochen. Unbewusst hatten sie sich gegenseitig die Schuld an diesem Schicksalsschlag gegeben. Dirk fiel es in dieser Zeit schwer, richtig mit seiner Frau umzugehen. Julia hatte sich verändert. Ihre Beziehung hatte sich verändert.

Ja, ihr gemeinsames Leben hatte sich verändert. Julia war plötzlich sehr in sich gekehrt. Sie baute eine Mauer aus Schweigen um sich herum auf. Sie verabscheute jeglichen sozialen Kontakt. Sie wollte nur noch allein sein. Es gab zwar gemeinsame Mahlzeiten am Abend oder am Wochenende, doch diese wurden meist schweigend beendet. Anfangs hatte Dirk noch versucht, ein Gespräch anzufangen, er berichtete von seiner Arbeit, von seinen Kollegen. Er stellte Julia die ein oder andere Frage. Aber das einzige, was zurückkam, war ein Kopfnicken oder ein Kopfschütteln, und selbst das hörte irgendwann ganz auf. Also fing auch Dirk eines Abends an zu schweigen. Er nahm seine Mahlzeit, ohne ein Wort zu sagen, zu sich und stand dann stillschweigend auf und verschwand im Bett. Ein gemeinsames Schlafzimmer hatten sie noch, aber es war wirklich nur ein Schlafzimmer. Den regelmäßigen und teilweise hemmungslosen Sex, den sie früher hatten, gab es nicht mehr. Es gab überhaupt keinen Sex mehr. Und auch keine anderen Zärtlichkeiten. Ihr Ehebett war unterteilt in IHR Bett und in SEIN Bett. Und die Ritze dazwischen war unüberwindlicher als die Grenze zwischen Nord- und Südkorea.

Ungefähr ein halbes Jahr nach der Fehlgeburt hatte Julia endlich einen Therapieplatz bei einem Psychotherapeuten bekommen. Und noch mal etwa sechs Monate nach diesem schicksalhaften Tag beendete sie ihren Arbeitsvertrag bei der Personalabteilung des Amtes für Verwaltung der Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg. Es war für Julia unvorstellbar, ihren ehemaligen Job wieder aufzunehmen.

Sie sah keine Möglichkeit ihr altes Leben, so wie es mal war, weiterzuführen. Also zog sie einen Schlussstrich und konzentrierte sich in den darauffolgenden Monaten auf sich. Dirk hatte in diesen sehr schweren zwei Jahren besonders viel Geduld mit seiner Ehefrau.

Auch für ihn war die Fehlgeburt ein harter Schlag gewesen, aber er hatte dieses Baby nicht in sich getragen und heranwachsen spüren. Für ihn war es ein ungeborenes Kind. Sein ungeborenes Kind. Aber diese emotionale Bindung, die Mütter schon in der Schwangerschaft mit ihrem Ungeborenen herstellen, hatte er nicht und konnte er auch nicht nachfühlen. Dirk konnte diesen herben Verlust schneller und wesentlich besser verkraften. Er konzentrierte sich auf seine Karriere. Und er trieb regelmäßig Sport.

Joggen und Radfahren, meist zwei- bis dreimal die Woche. Und er versuchte die sozialen Kontakte, die seine Frau total vernachlässigte, einigermaßen aufrecht zu erhalten. Auch mit den Freundinnen von Julia. Mit einer ihrer besten Freundinnen hatte Dirk ein kurzes Verhältnis. Steffi war solo und Dirk war einfach nur noch untervögelt. Die ständige Selbstbefriedigung hing ihm irgendwann zum Hals raus und da kam Steffi ihm, mit ihrer plumpen Anmache, genau recht. Sie hatten Geschlechtsverkehr, mal hier schneller Sex, mal dort ein Quickie, aber mehr war das für Dirk auch nicht. Er musste einfach nur seinen Samenhaushalt regulieren. Na, und für Steffi war es eine weitere kurze Eroberung auf ihrem langen Weg zur alten Jungfer. Sie liebte die Männer nicht, sie verbrauchte sie nur. Und das ziemlich schnell und erbarmungslos.

Gemäß dem Motto der TOTEN HOSEN aus dem Jahre 1993:

Drunter, drauf & drüber

Dirk bereute diesen Fehltritt auch nicht, er brauchte es in dem Moment einfach. Aber er sehnte sich immer mehr nach seiner Frau. Er brauchte Julia und er brauchte ihren Körper. Steffi hatte er ziemlich schnell vergessen und den Kontakt zu ihr ließ er auch komplett einschlafen.

Logbuch 2.2

Als Dirk eines Abends nach Hause kam, mittlerweile waren seit besagtem unglückseligem Tag schon mehr als zwei Jahre vergangen, empfing ihn Julia mit einer romantisch gedeckten Tafel. Es brannten sechs Kerzen auf dem Tisch und noch mal etwa doppelt so viele verteilt im ganzen Esszimmer. Julia war beim Friseur gewesen und trug ein atemberaubendes Kleid, welches er bisher nie an ihr gesehen hatte. Er staunte mit offenem Mund und bevor er auch nur irgendwas sagen konnte, nahm sie ihm seine Arbeitstasche ab und führte ihn zu seinem Platz am Tisch.

Dort lagen neben seinem Teller drei Umschläge. Zwei waren farbig, einer in Rot und der andere in Blau. Der dritte sah ziemlich förmlich aus.

››Los, setz dich und lies‹‹, frohlockte Julia. ››Ich kann es kaum erwarten. Fang mit dem roten Umschlag an, dann den förmlichen und zuletzt den blauen.‹‹

Dirk wusste immer noch nicht, was er sagen sollte.

››Okay ...‹‹, stammelte er und öffnete den roten Umschlag.

Dirk entnahm dem Umschlag ein mit roten Herzen verziertes Blatt Papier. Es war ein handgeschriebener Brief von Julia. Hierin versuchte sie, die vergangenen zwei Jahre zu erklären.

Sie beschrieb in allen Einzelheiten ihre Gefühlswelt, ihre Trauer und ihre Schmerzen. Julia berichtete, wie sie der Verlust ihres ungeborenen Kindes getroffen hatte. Wie dadurch ihr Herz zerrissen wurde und warum sie mit keinem Menschen mehr etwas zu tun haben wollte. Schließlich entschuldigte sie sich bei Dirk für ihre Vorwürfe, für ihr Verhalten, für ihre Ablehnung, für ihren Egoismus und dafür, dass sie dachte, es wäre nur ihr Kind, dass sie verloren hatte und dass sie damit ganz alleine klarkommen musste.

In den letzten Sätzen beteuerte sie ihm ihre Liebe, dass sich daran nichts geändert hätte, dass sie ihn so sehr liebte, ihn so sehr brauchte und dass er das Beste sei, was ihr je passiert wäre.

Dirk schluckte, er dachte an den Song von SILBERMOND und ließ den Tränen freien Lauf.

… das Beste …

››Julia ...‹‹, stammelte er, ››ich ... ich weiß nicht ...‹‹, fing er an. ››Ich ... ich liebe dich auch.‹‹ Er stand auf und nahm Julia in seine Arme. Jetzt weinten beide hemmungslos.

So nah waren sie sich lange nicht mehr gewesen. Dirk küsste Julia vorsichtig auf die Wange. Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung und knutschte ihn zärtlich auf den Mund. Dirk erwiderte den Kuss, erst ganz sanft, dann fordernd. Er schob seine Zunge langsam nach vorne und erkundete den Weg in Julias Mund. Sie ließ sich nicht lange bitten und fand schnell Gefallen an dem Zungenspiel.

Dirk stöhnte kurz auf und schob seine Hand unter Julias Kleid. Er tastete nach ihren Brüsten und spürte, dass ihre Nippel schon ganz hart waren.

››Stopp‹‹, rief Julia plötzlich.

››Erst noch die anderen beiden Umschläge öffnen und lesen. Danach gibt es erst die Belohnung.‹‹

Julia grinste.

Dirk ließ enttäuscht von ihr ab und schnaufte.

››Schade‹‹, sagte er.

››Hey, nur eine kurze Pause. Gleich geht es weiter, versprochen‹‹, erwiderte Julia und grinste immer noch.

Dirk schnappte sich etwas missmutig den etwas förmlich aussehenden Umschlag und entnahm den Brief. Es handelte sich um ein Schreiben von einer Druckerei Vogelei aus Hamburg-Eppendorf.

››Was ist das denn?‹‹

Dirk schaute Julia fragend an.

››Hey, du hast dich beworben ... ähm ... und wurdest eingestellt ... zum nächsten 1.? Wie geil ist das denn! JULIA ... suuupiii.‹‹

Dirk nahm Julia freudestrahlend in die Arme und wirbelte sie herum.

››Das ist ja der Wahnsinn. Einfach klasse.‹‹

Er gab ihr einen dicken Kuss.

››Ich bin so froh, das kannst du dir gar nicht vorstellen‹‹, lachte er und setzte seine Frau wieder ab.

››Ich auch‹‹, sagte Julia. ››Das Leben hat endlich wieder einen Sinn und ich freu mich auf die neue Aufgabe.‹‹

››Ich könnte dich vor lauter Freude hier gleich im Stehen vernaschen‹‹, grinste Dirk, streichelte erneut die Brüste seiner Frau und sah sie herausfordernd an.

››Nee, nee, mein Lieber, erst noch den blauen Umschlag und nach der langen Abstinenz willst du mich ja wohl nicht im Stehen verführen‹‹, lächelte Julia verführerisch. ››Da erwarte ich schon ein bisschen mehr von dir‹‹, neckte sie ihn.

››Du machst es mir aber auch nicht einfach‹‹, erwiderte Dirk und nahm sich den blauen Umschlag vom Tisch. Bevor er ihn öffnete, schaute er zu Julia und fragte sie: ››Was könnte wohl die letzten beiden Briefe noch übertreffen? Hast du vielleicht im Lotto gewonnen?‹‹

››Besser‹‹, stichelte Julia. ››Los, mach schon auf. Du machst mich ja wahnsinnig.‹‹

Dirk holte die Unterlagen aus dem Umschlag und las. Er blickte überrascht zu seiner Frau. ››Eine Buchungsbestätigung ... Rock'n'Cruise ... von Hamburg nach New York ... im nächsten Frühjahr.

Ich werd‘ verrückt. JULIA ... das ist ja ein Traum ... woher ... woher wusstest du ...?‹‹, stotterte Dirk.

››Tja, ich kenn‘ doch meinen Mann‹‹, grinste Julia. ››Und weiß, was ihm gefällt.‹‹

Bei diesen Worten streifte sie ihr Kleid ab und stand nur noch in Unterwäsche vor Dirk. Und was für welche! Einen mit Spitzen besetzten schwarzen BH und einen knappen schwarzen Slip. Ein Hauch von nichts. Für den Moment war Dirk sprachlos, aber dann übernahm er die Initiative, küsste Julia innig und trug sie ins Schlafzimmer.

Und hier hatten Sie den ersten Sex seit vielen Monaten. Sie rissen sich förmlich die Kleider vom Leib und konnten nicht genug voneinander bekommen. Nach dem vierten Orgasmus ließ sich Julia erschöpft in die Kissen fallen und kuschelte sich in Dirks Arme. Wenige Augenblicke später waren beide eingeschlafen.

Logbuch 2.3

››Haben wir auch alles?‹‹, rief Julia, als sie aus dem Haus stürmte. ››Ich hoffe echt, dass wir nichts vergessen haben.‹‹

››Julia, entspann dich. Und selbst wenn, darauf sind die doch bestimmt eingestellt, dass die Touris mal wieder etwas vergessen haben‹‹, grinste Dirk.

››Ja, da hast du wahrscheinlich recht. Also, auf gehts.‹‹

Julia und Dirk stiegen in ihren VW und verließen ihren Hof in Richtung Hamburg Cruise Center HafenCity. Sie fuhren über die Langenhorner Chaussee, am Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel vorbei, dann über die Alsterkrugchaussee und passierten die Druckerei Vogelei in Hamburg-Eppendorf.

››Hey, schau mal, auf dieser Strecke bin ich tagtäglich unterwegs. Aber mit der Bahn, geht aber auch nicht schneller‹‹, grinste Julia.

Bei der Druckerei arbeitete Julia seit einigen Monaten im Personalbüro. Ihr neuer Job machte ihr Spaß und sie hatte sich wirklich gut eingelebt. Es war eine kleine Druckerei und bereits in der dritten Generation in Familienbesitz. Julia mochte dieses familiäre Flair, ganz anders als sie es von dem Amt für Verwaltung kannte. Dort war immer alles sehr förmlich und steif gewesen. Es herrschte stets eine ziemlich kühle Atmosphäre.

››Bin echt glücklich, dass das mit dem neuen Job geklappt hat und du dich dort so wohl fühlst‹‹, erwiderte Dirk.

Sie überquerten jetzt den Isebekkanal und fuhren dann über die Rothenbaumchaussee in Richtung City. Ihr Weg führte sie direkt an der Binnenalster und dem Hauptbahnhof vorbei und nach knapp 45 Minuten erreichten sie die Speicherstadt. Über den Großen Grasbrook gelangten sie schließlich auf ihren Parkplatz bei Parken & Meer, den sie für die nächsten 10 Tage reserviert hatten. Sie hatten kaum ihre Koffer ausgeladen, als auch schon der Shuttleservice anhielt. Der Fahrer begrüßte sie, lud ihr Gepäck ein und weiter ging es zum Hamburg Cruise Center HafenCity.

Kurz danach hielt der Shuttle-Bus vor der aus Containern errichteten Abfertigungshalle und ließ die neuen Passagiere aussteigen. Julia und Dirk packten ihre Koffer auf einen Rolli und betraten das Gebäude mit der Aufschrift Abfahrt.

Logbuch 3.1

››Claudia! Bist du endlich fertig? Wir müssen los, das Taxi wartet schon draußen‹‹, rief Thorsten genervt das Treppenhaus hoch.

››Gleich ...‹‹, kam eine gestresste Stimme von oben.

Thorsten konnte es nicht glauben. Seine Frau schaffte es einfach nicht pünktlich zu sein. Jetzt waren sie schon 13 Jahre verheiratet, aber wirklich pünktlich war Claudia nur einmal. Und das war bei ihrer eigenen Hochzeit. Und auch nur deshalb, weil vor dem Termin beim Standesamt bereits die Hochzeitsfotos gemacht wurden. Die Fotografin hatte diese grandiose Idee. Und dies entspannte die folgende Trauung sehr. Als Location diente das Schloss Wolfsbrunnen, wo auch das Standesamt untergebracht war. Perfekt für Claudias Timing. Thorsten konnte sich noch gut daran erinnern. Auf der kurzen Fahrt zum Standesamt hörten sie RAMMSTEIN:

Heirate mich ...

Sehr passend und doch auch wieder nicht, weil es ja ein äußerst morbider Song ist. Aber sie beide liebten RAMMSTEIN und so wurde es eine unvergessliche Fahrt.

Unvergessen blieb aber leider auch die Unpünktlichkeit. Thorsten verbrachte in den 13 Jahren Ehe sehr viel Zeit mit Warten, doch irgendwann hatte er sich damit abgefunden. Schließlich liebte er seine Frau. Und für Claudia gab es halt sehr wenig Anlässe, bei denen man(n) oder frau pünktlich sein musste. Das nächste Mal wahrscheinlich bei ihrer Scheidung, aber soweit sollte es ja nicht kommen.

Es klingelte an der Haustür. Thorsten öffnete und sah eine Frau in mittleren Jahren vor sich stehen, die etwas ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. Sie hatte fettige Haare und eine erstaunliche Leibesfülle, die sie unter einer langen Weste aber gut zu verstecken wusste.

››Herr Fischer? Sie hatten ein Taxi bestellt? Ich warte schon eine geschlagene Viertelstunde‹‹, sagte die Taxifahrerin etwas genervt. ››Und der Taxameter läuft schon ...‹‹, fügte sie ungeduldig hinzu.

››Sorry, aber Claudia ... meine Frau ... na ja ... Sie kennen das sicherlich! Sie braucht mal wieder etwas länger ... aber ...‹‹

››Nein!!!‹‹, unterbrach ihn die Taxifahrerin. ››Ich bin Pünktlichkeit gewöhnt, wie Sie sich sicher vorstellen können.‹‹

››Ja, ähm, natürlich. Wir sind sofort da‹‹, stotterte Thorsten. Er wurde etwas überrumpelt von der forschen Art der Taxifahrerin. Eigentlich passierte ihm so was nicht so schnell, aber diese Frau machte ihn nervös. Und noch genervter, als er jetzt eh schon war.

››Vielleicht können wir zusammen Ihr Gepäck schon mal einladen?‹‹, unterbrach die Taxifahrerin seine Gedankengänge.

››Ja klar. Moment, ich hole die Koffer raus.‹‹

Thorsten war froh, etwas tun zu können. Erst die Warterei auf Claudia, jetzt diese resolute Taxifahrerin. Er sehnte sich danach, dass es endlich losging. Den Alltag und den Stress mal für zehn Tage vergessen.

Er trug die Koffer und das Handgepäck zum Taxi und stellte sie hinter das Heck des Kombis. Die Taxifahrerin lud die Gepäckstücke ein und schloss den Kofferraum.

››Ich schau noch mal, ob meine Frau jetzt fertig ist‹‹, sagte Thorsten und ging zum Haus zurück. In dem Moment stand Claudia in der Haustür und strahlte, als wenn nichts gewesen wäre.

››Hey Thorsten, Ihr habt schon alles eingeladen. Perfekt. Dann kann es ja endlich losgehen‹‹, posaunte Claudia über den kleinen Hof, der von der Haustür zur Straße führte.

››Ja natürlich‹‹, antwortete Thorsten und schüttelte den Kopf. Es war wie immer.

Alles wartete auf Frau Fischer und sie war sich keiner Schuld bewusst. Tja, alles eine Sache der Einstellung.

Logbuch 3.2

Sie stiegen in den Fond des Taxis und verließen kurze Zeit später ihren Wohnort im Hamburger Stadtteil Iserbrook, der ziemlich im Westen der Hansestadt lag. Thorsten schloss kurz die Augen, nachdem sie endlich losgefahren waren. Jetzt setzte langsam die Entspannung ein. Bis zur letzten Sekunde vor der Abreise war immer Stress im Hause Fischer, jedenfalls empfand er es so. Seine Frau Claudia war da wesentlich entspannter, was ihn aber noch mehr ärgerte. Doch das war ziemlich schnell vergessen. Jetzt waren sie unterwegs zum Cruise Center HafenCity, wo ihr Schiff bereits auf sie wartete.

Während die Taxifahrerin sie ihrem Ziel näher brachte, begann Thorsten den Tag zu genießen. Die paar wenigen Wolken, die heute Morgen noch Hamburg bedeckten, hatten sich verzogen. Ein strahlend blauer Himmel spannte sich über die Hansestadt. Die Sonne schien durch das Seitenfenster auf Thorstens Gesicht. Er schloss wieder seine Augen und genoss die Wärme auf seiner Haut. Endlich Urlaub, dachte er. Erholung von seinem Job, aber gleichzeitig die Möglichkeit, seinen beruflichen Horizont zu erweitern. Thorsten war Dozent an der Universität Hamburg und unterrichtete dort Historische und auch Systematische Musikwissenschaft.

Seinen Freunden erklärte er seine Aufgaben an der Uni wie folgt:

››Studienziel des Faches Historische Musikwissenschaft ist die Befähigung, Musik als ästhetischen Gegenstand wahrzunehmen und sie in ihrer historischen Bedingtheit von der Spätantike bis zur Gegenwart sowie im Zusammenhang mit anderen Künsten zu verstehen und zu analysieren.

Das Studium der Systematischen Musikwissenschaft soll die Studierenden zu selbstständiger, kritischer, gesellschaftlich verantwortungsbewusster und kreativer wissenschaftlicher Arbeit in den Disziplinen des Faches befähigen. Es basiert auf den physikalischen, psychophysiologischen und anthropologischen Grundlagen der Musik.‹‹

Interesse an den Ausführungen zeigte eigentlich niemand, denn für seine Freunde war Thorsten einfach nur ein Musiklehrer.