Gossip Girl 7 - Cecily Ziegesar - E-Book

Gossip Girl 7 E-Book

Cecily Ziegesar

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Band 7 der Kultserie

Blairs aktuell liebste Freizeitbeschäftigung hat drei Buchstaben und endet mit x. Dumm nur, dass ihr Freund Nate auf einmal wie vom Erdboden verschluckt ist. Zugedröhnt bis über beide Ohren haben er, seine Kiff-Kumpanen und die coolste Französin von ganz New York das Segelboot seiner Eltern gekapert und sind unterwegs zu den Bermudas.

Die farblose Jenny hingegen mausert sich zur Skandalnudel und sorgt an der Seite der glamourösen Serena allerorten für Schlagzeilen …

Die einzig wahre Kultserie über die Upper Eastside-Kids!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 302

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cecily von Ziegesar

Sag niemals nie

Aus dem Amerikanischen von Katarina Ganslandt

DIE AUTORIN

Foto: © Roger Hagadone

Cecily von Ziegesar weiß genau, wovon sie schreibt. Wie ihre Figuren besuchte sie eine Elite-Schule der New Yorker Oberschicht und gehörte zum Kreise der Erlauchten. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Brooklyn.

Weitere Informationen zu Gossip Girl unter

www.gossipgirl.de

cbt - C. Bertelsmann Taschenbuch Der Taschenbuchverlag für Jugendliche Verlagsgruppe Random House

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform © 2005 für den Originaltext Alloy Eintertainment © 2006 für die deutschsprachige Ausgabe cbj Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München. Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Die amerikanische Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel »Nobody does it better« bei Little, Brown and Company, New York Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen. Übersetzung: Katarina Ganslandt Lektorat: Stefanie Rahnfeld st • Herstellung: ReD Satz: Uhl + Massopust, Aalen

Zur Grausamkeit zwingt bloße Liebe mich.William Shakespeare,Hamlet

gossipgirl.net

erklärung: sämtliche namen und bezeichnungen von personen, orten und veranstaltungen wurden geändert bzw. abgekürzt, um unschuldige zu schützen. mit anderen worten: mich.

ihr lieben!

oje… uns bleiben nur noch zwei wochen, um uns endgültig für eine uni zu entscheiden (jedenfalls denen, die überhaupt eine wahl haben). bis dahin üben wir uns in der kunst, nicht noch kurz vor schluss von der schule geschmissen zu werden, während wir gleichzeitig alles daransetzen, so wenig zeit wie möglich im unterricht bzw. mit hausaufgaben zu verplempern. solltet ihr im central park zufälligerweise an einer gruppe perfekt gestylter mädels vorbeikommen, die ihre blauweißen sommer-schuluniformen abgeworfen haben und in ihren süßen neuen malia-mills-bikinis auf der sheep meadow sonnenbaden – das sind wir. und solltet ihr an einer gruppe barfüßiger adonisse mit bloßer brust und hochgekrempelten hosen vorbeikommen, an deren gebräunten, lacrosse-gestählten handgelenken cartier-tankuhren aus platin schimmern – richtig geraten, das sind unsere süßen. schon klar, es ist elf uhr vormittags, und heute ist freitag, weshalb wir eigentlich in der turnhalle schwitzen oder im französischkurs sitzen müssten, aber hey, das stressigste schuljahr unseres lebens neigt sich dem ende zu, und wir müssen einfach ein bisschen überschüssigen dampf ablassen, also drückt ein auge zu, ja?

oder noch besser,macht mit.

falls ihr bis jetzt hinter irgendeinem mond gelebt habt und uns nicht kennt (kaum vorstellbar!): wir sind die schönen der nacht, die prinzessinnen und prinzen der new yorker upper east side. den größten teil des jahres wohnen wir in den penthouse-apartments der portier-bewachten prachtdomizile entlang der park und fifth avenue oder in eleganten stadtvillen, die so groß sind wie andernorts ganze wohnblöcke. die übrige zeit entspannen wir in unseren »country homes«, deren größe und standort variiert: die bandbreite reicht von landsitzen in connecticut oder den hamptons über mittelalterliche schlösser in irland bis hin zu strandvillen auf st. barts. wochentags findet man uns in der schule *gähn*, in unserem fall kleine, feine, private knaben- und mädchenschulen in manhattan, an denen schuluniform pflicht ist. an den wochenenden aber leben wir uns hemmungslos aus, vor allem jetzt, wo das wetter so ausgesprochen famos ist und unsere eltern in ihren jachten, privatjets und chauffeurgesteuerten nobelkarossen anderweitig unterwegs sind, sodass ihre zügellose brut (sprich: wir) die freizeit ganz nach ihrem gutdünken gestalten kann.

unsere aktuell liebste freizeitbeschäftigung hat drei buchstaben und endet auf x. vielleicht tut ihr's ja noch nicht, aber ganz bestimmt redet ihr darüber.allereden drüber. und manche von uns tun es auch. insbesondere…

… das quasi-verheiratete paar

sie teilen tisch und bett und in letzter zeit sogar ihre klamotten, als wäre es ihnen zu mühsam, aus dem zerknüllten haufen neben dem lotterbett die eigenen textilien herauszufischen, weshalb sie sich einfach das erstbeste teil überstreifen. na ja, warum auch nicht? sie reißen es sich ja sowieso bei nächster gelegenheit wieder herunter. keiner der beiden kann allein irgendwo auftauchen, ohne gefragt zu werden: »wo ist…?«, weil es schlicht unvorstellbar erscheint, die zwei könnten auch nur dreißig sekunden ohne einander überleben. ich höre euch schon spotten: hallo? eine monogame zweierbeziehung – wie lahm ist das denn! aber seht der wahrheit ins gesicht. die beiden schätzchenredennicht bloß über das hobby mit den drei buchstaben, sie praktizieren es auch fleißig. und das ist mehr, als wir übrigen von uns behaupten können. stimmt doch, oder?

eure mails

hey gossipgirl, mein dad ist regisseur von independent-filmen und zurzeit in cannes auf dem filmfestival. dort reden alle nur noch von diesem coolen dokumentarfilm über ultrareiche new yorker jugendliche, aber niemand weiß, wer ihn gedreht hat. zwei fragen: 1. machst du auch in dem film mit? und 2. hast du ihn vielleicht sogar selbst gedreht? LA.girl

hey LA.girl, deine erste frage kann ich schlecht beantworten, weil ich den film nicht gesehen habe, trotzdem

schwant mir etwas… vor ein paar wochen konnte man hier in NYC nämlich nirgends hingehen, ohne einem ganz bestimmten glatzköpfigen mädchen mit kamera zu begegnen. was frage nr. 2 angeht: ich schaff es gerade mal, meine handykamera zu bedienen! gg

gesichtet

S, wie sie nach mitternacht barfuß mit mehreren großen universitäts-rückantwortumschlägen in der Hand auf diefifth avenuetrat und zum nächsten briefkasten ging. sie hatte (sehr zur freude aller dienst habenden nachtportiers und taxifahrer) ein superknappes babyblaues nachthemd voncosabellaan, das kaum ihren legendären apfelpo bedeckte. allerdings kehrte sie kurze zeit später nach hause zurück, ohne etwas auf den postweg gebracht zu haben. muss ganz schön schwierig sein, sich zu entscheiden, wenn man von allen unis, an denen man sich beworben hat, angenommen wurde – sogar von solchen, an die man gar nicht wirklich will! außerdem:C,der martialische schwarze kampfstiefel zutod'sbrachte, um sie dort ein bisschen aufpeppen zu lassen. er wird der erste kadett an einer militärakademie mit rosa troddeln an den stiefeln sein.DundJbeih&m, wo sie um den platz vor dem spiegel rangelten. sieht so aus, als sei jetzt, da beide berühmt sind, der geschwisterliche konkurrenzkampf ausgebrochen.Vin einem internetcafé inw-burg, wo sie mit wildfremden leuten chattete. das mädel hat echt vor gar nichts angst.KundIimjackson holebeim fröhlichen schnabulieren und pläneschmieden. gott, was hecken sie diesmal aus! kein lebenszeichen vonNoderB… kriegen die beiden eigentlich nie genug voneinander? was soll bloß werden, falls sie ab herbst getrennt sind?hach, immer diese vielen fragen und entscheidungen… wo wir wohl heute in einem jahr sein werden? können wir überhaupt ohne einander sein? na ja, versucht trotzdem erst mal, nicht in panik zu geraten – jedenfallsnochnicht. ihr wisst, wo ihr mich findet, falls ihr hilfe oder gesellschaft braucht oder mich zu einer der spontanen dachterrassenpartys einladen wollt, die wir zurzeit so gerne feiern.

kuss

gossipgirl.net

erklärung: sämtliche namen und bezeichnungen von personen, orten und veranstaltungen wurden geändert bzw. abgekürzt, um unschuldige zu schützen. mit anderen worten: mich.

ihr lieben!

aktuelle beobachtungen:gone with the wind

ganz ehrlich, ich weiß nicht, was in letzter zeit in manche leute gefahren ist. ich meine, findet ihr es okay, einfach mal eben zu verschwinden? anscheinend hat eine gruppe von jungs, die wir alle kennen und lieben (normalerweise jedenfalls), eine sehr große, sehr luxuriöse segeljacht gekapert und steuert damit gerade den atlantik an. man könnte das ganze ja für einen witzigen abschlussklassen-streich halten, wenn nicht die hälfte der jungs erst in der elften wäre. irgendwie auch ein merkwürdiger zeitpunkt für so einen ausflug, besonders wo wir mädels ein bisschen gesellschaft gerade gut gebrauchen könnten. für wen halten die sich? christoph Columbus?

brandneu – brandheiß – und ihr erfahrt es als erste!

sie könnten jeden haben, aber aus irgendeinem grund stehen models immer auf die jungs mit gitarre. dem gerücht nach besteht das derzeit heißeste paar aus einer gewissen blonden zwölftklässlerin von der upper east side und dem gitarristen der raves. wie, wann und wo sie sich ineinander verliebt haben sollen, ist mir zwar total schleierhaft, aber ein süßes paar wären die zwei schon!

gap – mordspeinlich oder mörderschick?

versucht es gar nicht erst zu leugnen: ich hab genau gesehen, wie ihr euch ins gap an der ecke 86. und madison geschlichen und in der kinderabteilung das fliederfarbene pseudo-juicy-couture-frottee-kapuzenjäckchen anprobiert habt. ich gebe es zu, ich bin ein fieses biest, das leuten hinterherspioniert, aber nur weil ich das kapuzenjäckchen selbst anprobieren wollte und mir dann gleich drei davon gekauft hab – im gegensatz zu euch (obwohl ich weiß, dass ihr es wolltet)! wieso auch nicht? die teile sind supersweet, und wir brauchen haufenweise kuschelklamotten, in die wir uns diesen sommer zum après-swim einhüllen können. wir kleckern doch garantiert wieder campari, crème de menthe oder sonst was schlimmes darauf, und deshalb muss es mehr als eins davon sein. außerdem gibt es ja wohl nichts idealeres, um einen neuen weißen jacquard-bikini von gucci zu präsentieren, als ein süßes fliederfarbenes kapuzenjäckchen, stimmt's? ich sag euch mal was, das ihr gern als persönlichen freibrief betrachten könnt: man darf sichzwar auf gar keinen fall eine jeans bei gap holen – horror! –, aberihr habt hiermit offiziell die erlaubnis, dort gewisse notwendigkeiten zu kaufen.

eure mails

hallo, GG,

hast du eigentlich vor, uns jemals zu verraten, auf welche uni du gehst? hast du dich überhaupt schon entschieden?

*wissenwill*

hey *wissenwill*,

tja,wissen wollenist eben nicht gleichgesagt bekommen. aber darf ich dich umgekehrt was fragen:mache ich auf dich etwa den eindruck, ich wäreentscheidungsschwach?

GG

hallo, gossipgirl,

ich hab gehört, dass damian polk von den raveslang im selben haus gewohnt hat wie das blondemodel, von dem du immer schreibst. die beidenkennen sich seit dem sandkasten und haben sichfrüher anscheinend oft nachts heimlich im fahrstuhlgetroffen und rumgeknutscht, wenn der nachtportier geschlafen hat.

geheimnisträger

hallo, geheimnisträger,

das ist eine ganz tolle story, aber leider hab ich gehört, dass damian, bis er dreizehn war, mit seinen eltern in irland gewohnt hat. deshalb kommt er einem auch immer latent angetrunken vor und spricht öfter mal mit diesem merkwürdigen akzent. GG

ahoi, miss gg, ich bin skipper auf einer jacht, die einer prominenten new yorker familie gehört. gestern abend ist der sohn, der anscheinend sowieso schon einigen dreck am stecken hat, damit losgesegelt und ward seitdem nicht mehr gesehen. ich fürchte, der kerl steckt bald ziemlich in der scheiße. sein alter herr ist nämlich keiner, der mit sich spaßen lässt. käpt’n

ahoi, käpt’n, ach, wissen sie, der kerl steckt sowieso schon bis zum hals in scheiße. aber aus anderen gründen! GG

gesichtet

Ssowie ein nicht identifizierbarer blonder prachtkerl-möglicherweise ihr bruder oder der gitarrist von denraves – imcentral park zoo, wo sie die vom mittagessen imnicole'sübrig gebliebenen sushi-häppchen andie seelöwen verfütterten.B, die beibarneyszwei nachthemden vonla perlakaufte. die süße scheint schwerdessoussüchtig zu sein, aber was soll man auch anderes anziehen, wenn man mutterseelenallein in einer suiteim plaza hockt und darauf wartet, dass der freund vielleicht endlich mal auftaucht?Dimyellow rat bastardauf dem lower broadway, wo er so ungefähr jede kopfbedeckung im ganzen laden anprobierte.V, die sich ineinem piercing-studio inwilliamsburgeinen neuen ringfür ihre lippe kaufte – bah!Jimbarneys co-op, wo siesämtliche jeans vonsevenanprobierte und trotzig dentipp der verkäuferin überhörte, dass sie in der kinderabteilung beibloomingdale'svielleicht mehr chancen hätte, eine jeans in ihrer größe zu finden.KundIimjackson hole, wo sie wieder mal pläne schmiedeten.N – keine sichtung. wo steckt der typ nur?

keine angst, ich finde ihn.

ihr wisst genau, dass ihr mich liebt

invasion in der liebesgrotte

»Aufwachen!« Mit einem Ruck zog Blair Waldorf die karierte Decke weg und ließ sie neben dem hohen altertümlichen Bett auf den Boden fallen. Nate Archibald lag mit ausgebreiteten Armen und Beinen bäuchlings auf der Matratze, sehr nackt und sehr entspannt. Blair setzte sich neben ihn und wippte, so heftig sie konnte, auf und ab. Nate ließ die Augen geschlossen, obwohl sein honigbrauner Schopf durch ihr Gewippe erbarmungslos auf und ab geschleudert wurde. Woran lag es nur, dass sie nach dem Sex immer so aufgekratzt und er so abgeschlafft war?

»Ich bin wach«, murmelte er schläfrig, und tatsächlich: Als er ein grün glitzerndes Auge aufschlug, war er sofort wesentlich wacher als noch einen Moment zuvor. Neben ihm saßen hundertfünfundsechzig Zentimeter nackte Haut, von den glänzend korallenrot lackierten Zehennägeln bis hin zu den Spitzen des herausgewachsenen kastanienbraunen Kurzhaarschnitts. Blair gehörte zu den Mädchen, die ohne Kleidung sogar noch besser aussahen als angezogen. Ihr Körper war weich, ohne ein Gramm Fett zu viel zu haben, und feingliedriger, als es die adretten Jeans und Kaschmirwolljacken oder die kurzen schwarzen Cocktailkleider, die sie meistens anhatte, ahnen ließen. Ja, sie machte ihm das Leben zur Hölle, aber sie waren schon seit ihrem elften Lebensjahr abwechselnd ineinander verliebt oder miteinander verkracht, und noch viel früher hatte er angefangen, davon zu träumen, sie nackt zu sehen und mit ihr zu schlafen. Typisch Blair, dass sie sechseinhalb Jahre gebraucht hatte, um ihre Kratzbürstigkeit abzulegen und es endlich zu tun.

Aber seit sie es zum ersten Mal getan hatten, konnten sie nicht mehr damit aufhören.

Nate streckte die Arme nach ihr aus, zog sie auf sich und küsste sie hungrig, weil sie jetzt endlich ihm gehörte, ihm ganz allein.

»Hey!« Blair kicherte. Die blauen Seidenrollos waren hochgezogen, und die Fenster standen offen, aber es war ihr egal, ob irgendwer sie sehen oder hören konnte. Sie waren verliebt, sie waren schön und sie waren sexbesessen. Wenn jemand guckte, dann ja wohl nur aus Neid.

Außerdem gab es für Blair nichts Herrlicheres, als im Mittelpunkt zu stehen – selbst wenn es perverse Voyeure und Voyeusen waren, die sie durch vergoldete Operngläser aus den Fenstern der umliegenden Stadtvillen beobachteten.

Sie küssten sich eine Weile, aber zu mehr war Nate in seinem ausgelaugten Zustand nicht fähig. Blair rutschte von ihm herunter, zündete sich eine Zigarette an und gab Nate dann und wann einen Zug davon ab, wie die Schauspieler in »Außer Atem«, einem extrem coolen französischen Schwarz-weiß-Film, den sie vor ein paar Stunden im LK Französisch angeschaut hatte. Die blonde Hauptdarstellerin hatte in jeder Szenetrès chicundfantastiqueausgesehen und in allen Lebenslagen Lippenstift getragen. Alle im Film hatten nichts anderes gemacht, als auf ihren Vespas herumzukurven, miteinander zu schlafen, in Cafés rumzusitzen und zu rauchen und bei all dem natürlich immer unschlagbar gut auszusehen. Aber wenn Blair jemals von der Warteliste runter und nach Yale kommen wollte, musste sie ihren Top-Notendurchschnitt halten, weshalb ihr nach dem Unterricht, den Hausaufgaben und dem nachmittäglichen Sex mit Nate kaum mehr Zeit fürs Styling blieb. Ihre braunen Haare waren strähnig, ihre Lippen von zu vielen Küssen und zu wenig Lipgloss aufgesprungen, und die Augenbrauen hatte sie sich seit zwei Tagen nicht mehr gezupft. Was sie allerdings nicht wirklich belastete. Ihr Sexleben war es absolut wert, ihm etwas von der Zeit zu opfern, die sie normalerweise ihrer Körperpflege widmete. Außerdem hatte sie irgendwo gelesen, dass eine Stunde Sex dreihundertsechzig Kalorien verbrennt, also bitte. Vielleicht sah sie ein bisschen verlottert aus, dafür war sie wenigstens schön dünn!

Sie strich sich über die Nasenwurzel und fühlte die Stoppeln zwischen den dunklen, elegant gebogenen Augenbrauen. Na gut, ein ganz klein wenig belastete es sie vielleicht doch, aber sie konnte ja jederzeit in ein Taxi hüpfen und zu Elizabeth Arden fahren, um sich die Brauen machen zu lassen.

Abgesehen von den Stoppeln war Blair nie in ihrem Leben glücklicher gewesen. Seit sie sich vor zwei Wochen endlich von Nate hatte entjungfern lassen, war sie eine ganz neue Frau geworden. Die einzige Wolke, die ihren rosaroten Himmel verdüsterte, war die ärgerliche Tatsache, dass sie in Yale immer noch auf der Warteliste stand. Wie sollten sie und Nate sich auch weiterhin jeden Nachmittag zum Sex treffen, wenn sie bald an der Georgetown University in Washington D.C. studieren musste (der einzigen Uni, an der sie einen Platz bekommen hatte) und er meilenweit entfernt in Yale oder an der Brown oder an einer der anderen tollen Elite-Unis, die ihn ungerechtfertigterweise aufgenommen hatten? Nicht dass sie es ihm missgönnte, aber es war nun mal Fakt, dass Nate bis zum Anschlag bekifft zum College-Einstufungstest angetreten war, bloß Grundkurse belegt und mit knapper Not einen Notendurchschnitt von gerade mal zwei geschafft hatte. Sie dagegen war in jedem LK gewesen, den die Constance-Billard-Schule anbot, hatte im Einstufungstest 1490 Punkte abgeräumt und einen Notendurchschnitt von fast 1,0.

Na gut, vielleicht missgönnte sie es ihm doch ein klitzekleines bisschen.

»Wenn ich mich für zwei Jahre freiwillig als Entwicklungshelferin verpflichte und Sickergruben schaufle und hungernden Kindern in Rio oder sonst wo Brote schmiere, muss Yale mich doch aufnehmen, oder?«, überlegte sie laut.

Nate lächelte. Genau das war es, was er an Blair so liebte. Sie war verwöhnt, aber faul war sie nicht. Sie wusste sehr genau, was sie wollte, und weil sie fest daran glaubte, alles bekommen zu können, wenn sie nur entschlossen genug darum kämpfte, gab sie niemals auf.

»Ich hab gehört, dass man sich als Entwicklungshelfer leicht alle möglichen Krankheiten holt. Und außerdem muss man die Landessprache sprechen.«

»Dann mache ich eben Entwicklungshilfe in Frankreich.« Blair blies Rauch an die Decke. »Oder in einem französischsprachigen Land in Afrika.« Sie sah sich in einem von Dürre geplagten afrikanischen Dorf mit den Eingeborenen reden – ein Tongefäß voll frischer Ziegenmilch auf dem Kopf und in einem dieser wild gemusterten Batikkaftane, die unheimlich sexy aussehen können, wenn man sie an den richtigen Stellen knotet. Sie würde knackig braun sein und total sehnig und muskulös von der anstrengenden Arbeit und den unaussprechlichen Durchfallerkrankungen. Zu ihren Füßen würden sich die Dorfkinder um die Pralinen balgen, die sie extra bei Godiva für sie bestellt hätte, während sie gütig auf sie herablächelte wie Mutter Teresa, nur eben in schön und ohne Falten. Und bei ihrer Rückkehr in die Heimat würde sie eine Auszeichnung als beste Entwicklungshelferin aller Zeiten verliehen bekommen oder vielleicht sogar den Friedensnobelpreis. Sie wäre beim Präsidenten zum Abendessen eingeladen, der ihr ein persönliches Empfehlungsschreiben für Yale überreichen würde, und die Uni würde alles dafür tun, dass sie dort studierte.

Nate war sich ziemlich sicher, dass Entwicklungshelfer nur in bitterarmen Dritte-Welt-Ländern eingesetzt wurden und nicht an blühenden Wirtschaftsstandorten wie Frankreich. Außerdem würde es Blair keine halbe Stunde in einem abgelegenen afrikanischen Dorf aushalten, in dem es keine Sephora-Kosmetik und wahrscheinlich noch nicht einmal Toiletten mit Wasserspülung gab. Arme Blair. Es war wirklich ungerecht, dass er einen Platz in Yale bekommen hatte, ohne etwas dafür getan zu haben, während ausgerechnet sie, die schon als Zweijährige von einem Yale-Studium geträumt hatte, auf der Warteliste gelandet war. Andererseits war Nate es gewohnt, alles zu bekommen, ohne sich dafür anstrengen zu müssen.

Er stützte den Kopf auf die Hand und strich Blair zärtlich die dunklen Haare aus der Stirn. »Wenn du nicht bald eine Zusage von Yale bekommst, gehe ich auch nicht hin«, versprach er. »Ich kann auch an der Brown oder woanders studieren.«

»Echt? Das würdest du machen?« Blair drückte ihre Zigarette in dem Marmoraschenbecher in Form einer Segeljacht aus, der auf Nates Nachttisch stand, und schlang die Arme um seinen Hals. Nate war der allerbeste Freund, den sich ein Mädchen wünschen konnte. Sie verstand überhaupt nicht, wieso sie jemals mit ihm Schluss gemacht hatte – und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder.

Hm. Vielleicht weil er sie betrogen hatte – und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder?

Im Moment hatte sie jedenfalls nur noch einen Wunsch: ihn nie, nie mehr zu verlassen. Sie schmiegte sich an seine breite männliche Brust, als ihr plötzlich eine Idee kam. Sie konnte doch bei ihm einziehen! Schließlich erlebte sie zu Hause zurzeit das krasse Gegenprogramm zu »Eine himmlische Familie«. Seit der Geburt von Blairs Stiefschwester vor etwas über zwei Wochen litt ihre Mutter unter einer schweren postnatalen Depression. Heute Morgen erst hatte sie, von der Werbe-DVD eines peruanischen Alpakazüchters zu Tränen gerührt, schluchzend vor dem Fernseher gesessen. Wer eine Herde einjähriger Alpakas adoptierte, konnte handgewebte Decken und Pullis aus der Wolle der eigenen Tiere bestellen. Blairs Schwesterchen war wahrscheinlich schon bald stolze Besitzerin einer warmen Alpaka-Schmusedecke, die den ganzen Sommer und ihr restliches Leben lang nutzlos herumliegen würde, bis sie dann als Teenager vielleicht auf den Hippie-Trip mit selbst gemachten Klamotten käme, ein Loch reinschneiden und einen Poncho daraus machen würde.

Mrs Waldorf Rose hatte ihre ältere Tochter vor der Niederkunft gebeten, einen Namen für die Kleine auszusuchen, und Blair hatte sich aus tiefer Verbundenheit mit ihrer Lieblingsuniversität für »Yale« entschieden. Selbst schuld. Jetzt war Baby Yale eine lebende, atmende und sehr laute Erinnerung daran, dass man Blair trotz ihrer hervorragenden schulischen Leistungen nicht in Yale angenommen hatte. Außerdem hatte Yale Blairs Zimmer bekommen, die ihrerseits bis zum Studienbeginn im Herbst in das Zimmer ihres Stiefbruders Aaron umsiedeln musste. Weil Aaron Rastafari, Veganer und Hundebesitzer war, war das Zimmer vom Boden bis zur Decke absolut umweltfreundlich in ökologisch unbedenklichem Aubergineviolett und Salbeigrün eingerichtet. Zu allem Übel pinkelte Blairs Katze Kitty Minky ständig auf die mit Dinkelspreu gefüllten Kissen und würgte ihr Futter auf den Seegras-matten am Boden aus, um den Gestank von Aarons sabberndem Boxer Mookie zu neutralisieren.

Bah.

Na klar – ich zieh bei Nate ein! Blair verstand gar nicht, wieso ihr der Gedanke nicht schon früher gekommen war. Eine manisch-depressive Mutter, ein von Katzensäften durchtränktes Zimmer und eine neugeborene Schwester namens Yale waren weder ihren schulischen Leistungen noch ihrem Sexleben zuträglich. Was lag da näher, als sich nach einem neuen Heim umzusehen? Natürlich konnte sie jederzeit zu Serena ins Penthouse der van der Woodsens ziehen, aber das hatte sie schon mal ausprobiert und sich prompt mit ihr zerstritten. Außerdem war Serena für sie in sexueller Hinsicht eher uninteressant.

Es sei denn, an den alten Gerüchten wäre doch was dran…

Nate ließ seine Hände träge über ihren nackten glatten Rücken gleiten. »Hast du eigentlich schon mal daran gedacht, dir ein Tattoo machen zu lassen?«, fragte er plötzlich, während er mit dem Zeigefinger die Kontur ihres Schulterblatts nachzeichnete.

Mit Ausnahme eines kurzen Zwischenspiels an einer Drogenentzugsklinik Anfang des Jahres war Nate seit seinem elften Lebensjahr praktisch permanent bekifft, weshalb Blair an seine unmotivierten Fragen gewöhnt war. Bei der Vorstellung, sie hätte eine mit schwarzer Farbe gefüllte Narbe, rümpfte sie ihre kleine Nase. »Voll billig«, schnaubte sie. Tätowierungen waren was für Schauspieler-Schlampen wie Angelina Jolie.

Nate zuckte mit den Achseln. Winzige coole Tattoos an den richtigen Stellen hatten ihn immer schon ziemlich heiß gemacht. Blair würde zum Beispiel mit einer kleinen schwarzen Katze zwischen den Schulterblättern unwiderstehlich aussehen. Aber bevor er das Thema vertiefen konnte, hatte Blair es schon entschlossen gewechselt.

»Nate?« Sie drückte ihr Gesicht in die Grube seines vollkommen geformten Schlüsselbeins. »Meinst du, deine Eltern hätten was dagegen, wenn ich bei dir…« Der Rest des Satzes ging im schrillen Klingeln der Haustür unter.

Nate bewohnte die gesamte obere Etage der Archibald'schen Stadtvilla, weshalb er auch eine eigene Klingel benötigte.

Er rollte sich zur Seite und schwang beide Beine über die Bettkante.

»Ja?«, rief er, nachdem er auf den Knopf an der Gegensprechanlage gedrückt hatte.

»Lieferservice!«, röhrte Jeremy Scott Tompkinsons heisere Kifferstimme aus dem Lautsprecher. »Wir haben ganz heiße Ware. Mach auf, bevor alles kalt wird!«

Nate hörte Gelächter und weitere Stimmen im Hintergrund. Blair wartete darauf, dass er ihnen sagte, sie sollten abhauen, stattdessen drückte er auf den Öffner und ließ sie herein.

»Dann zieh ich mir wohl besser was über«, schmollte sie, rutschte vom Bett und tappte barfuß nach nebenan ins Badezimmer. Wie konnte Nate einerseits intelligent genug für Yale sein und andererseits zu hohl, um zu begreifen, dass es der volle Stimmungskiller war, wenn er jetzt seine Rauchfreunde in ihre dampfende Liebesgrotte ließ?

Nicht dass Nate seiner Intelligenz wegen von Yale genommen worden wäre. Die Uni hatte ganz einfach dringenden Bedarf an talentierten Lacrosse-Spielern.

Wenigstens hatte Blair so einen Grund, das leckere Sandelholz-Bodyshampoo von L'Occitane zu benutzen, von dem die treu sorgende Haushälterin immer eine Flasche in Nates Badezimmer stellte. Nach dem Duschen trocknete sie sich mit einem flauschig dicken marineblauen Ralph-Lauren-Badetuch ab, schlüpfte in ihren zarten rosaseidenen Slip von Cosabella, zog den Reißverschluss ihres blau-weißen Schuluniformrocks zu und streifte zuletzt ihre weiße Calvin-Klein-Leinenbluse mit den Dreiviertelärmeln über, von deren insgesamt sechs Knöpfen sie lediglich zwei schloss. BH und Schuhe ließ sie weg. Voilà, die perfekte Verkörperung der Wie-ihr-seht-hat-meine-Freundin-gerade-frisch-geduscht-also-verzieht-euch-gefälligst-Aufforderung. Hoffentlich würden Nates Kumpel den diskreten Wink verstehen und schleunigst abschwirren. Sie zauste sich die feuchten Haare zurecht und drückte die Badezimmertür auf.

»Bonjour!«, hauchte eine vollbusige schwarzhaarige, langbeinige L'École-Schülerin, die auf Nates Bett lümmelte. Blair kannte sie von Partys. Sie hatte einen bescheuerten Namen, Lexus oder Lexique oder so ähnlich, war sechzehn, ging in die elfte Klasse, hatte als Kind in Paris gemodelt und arbeitete jetzt an der Vervollkommnung des französischen Hippieluder-Looks.

Lexie, wie sie in Wirklichkeit hieß, trug ein lavendelblau-senfgelbes Batik-Wickelkleid, das wie selbst gemacht aussah, tatsächlich aber bei Kirna Zabete vierhundertfünfzig Dollar gekostet hatte, und dazu die ultrahässlichen pakistanischen Schafhirtenschlappen, die es momentan bei Barneys gab und die alle Mädchen außer Blair dieses Jahr anscheinend für unverzichtbar hielten. Ihr Gesicht war völlig ungeschminkt und sie drückte sich mit mageren Armen eine akustische Gitarre an die Brust. Neben ihr auf dem Bett lag eine Plastiktüte voll Gras.

Wow, was für eine Individualistin! Normalerweise ging keine L'École-Schülerin ohne eine Packung Gitanes, blutroten Lippenstift und hochhackige Sandaletten aus dem Haus.

»Die Jungs sitzen draußen auf der Terrasse und rauchen Bong«, informierte sie Blair und strich mit dem Daumen über die Gitarrensaiten. »Alors… hast du Lust, mit mir eine Runde zu jammen, bis sie fertig sind?«

Zu jammen?

Blair rümpfte die Nase noch nachdrücklicher als vorhin bei der Erwähnung von Tattoos. Die ganze Kommlasst-uns-kiffen-und-Gitarre-spielen-und-über-die-dämlichen-Kommentare-unserer-total-breiten-Freunde-ablachen-Posse ging ihr unglaublich auf die Nerven, und sie hatte keinerlei Bedürfnis, sich mit dieser Lexique abzugeben, die sich eindeutig für die coolste Französin in ganz New York hielt. Lieber guckte sie sich in ihrem katzenpisseverseuchten Zimmer alte Oprah-Shows im Fernsehen an, während ihre geisteskranke Mutter im Hintergrund Alpakababys beweinte.

Irgendein Ignorant hatte ein glimmendes Amber-Räucherstäbchen in den Korkabsatz von Blairs neuen mintgrünen Espandrilles von Christian Dior gerammt. Sie zog es empört heraus, ging zum Schreibtisch, wo eines von Nates geliebten Segelbootmodellen stand, und schob es durch ein Bullauge. Dann schnürte sie ihre Espandrilles, machte zwei weitere Knöpfe an ihrer Bluse zu und griff nach ihrem Vintage-Gucci-Shopper mit den Bambushenkeln. »Richte Nathaniel doch bitte aus, dass ich schon mal nach Hause gegangen bin«, sagte sie knapp, drehte sich um und ging.

»Peace!«, krähte Lexique ihr mit bedrogter Fröhlichkeit hinterher. »Au revoir!« Auf ihrem Schulterblatt leuchtete ein Sonne-Mond-und-Sterne-Tattoo.

Ach, daher also Nates plötzliches Interesse an Tattoos?

Blair stampfte die Treppe hinunter und riss die Haustür zur 82. Straße auf. Es fühlte sich fast schon an wie Hochsommer. Die Sonne würde erst in zwei Stunden untergehen, und die Luft duftete nach den frisch gemähten Wiesen im nahe gelegenen Central Park und nach der Sonnenmilch, mit der sich die ganzen halb nackten Mädchen eingecremt hatten, die jetzt in ihre Luxusapartments auf der Park Avenue zurückeilten. Vor dem Haus der Archibalds drückten sich ein paar Möchtegern-Nate-und-Jeremys von der St.-Jude-Schule herum. Einer hatte eine Gitarre über der Schulter hängen und klingelte an der Tür.

»Bien sûr. Kommt ruhig alle rauf!«, hörte Blair Lexies Stimme durch die Gegensprechanlage gellen, als wäre sie bei Nate zu Hause.

Das Haus der Archibalds hatte anscheinend eine magnetische Anziehungskraft auf sämtliche Jungkiffer der Upper East Side, aber Blair redete sich ein, das würde ihr nichts ausmachen – ganz ehrlich nicht –, solange sie nicht daneben sitzen und ihnen beim Jammen zuschauen musste. Nach allem, was sie und Nate miteinander durchgemacht hatten, glaubte sie fest daran, dass diesmal alles anders werden würde. Sie und Nate waren spirituell und jetzt auch körperlich vereint, weshalb sie ihn unbesorgt allein lassen konnte. Sie vertraute absolut darauf, dass er nicht im Traum daran denken würde, sie zu betrügen.

Auf dem Weg die 82. Straße entlang in Richtung Fifth Avenue prüfte sie an jeder Ecke, ob Nate ihr schon eine SMS geschickt hatte. Sie rechnete sekündlich mit seinem Anruf. Wie alle zwanghaft-besitzergreifenden Mädchen stellte sie sich gern vor, dass ihr Freund ohne sie eigentlich keine Lebensfreude empfand.

Aber wenn er nicht bald anrief, würde sie einen hysterischen Anfall kriegen.

nachwuchsdiva erteilt weise ratschläge

»Wahnsinn. Die haben uns gleich fünf Doppelseiten gegeben.« Serena van der Woodsen blätterte in der druck-frischen Juni-Ausgabe der »W«. »Das ist eine richtig fette Fotostrecke!« Der weltberühmte Modedesigner Les Best hatte ihr die Zeitschrift gerade per Kurier nach Hause liefern lassen. Auf dem beiliegenden Kärtchen stand: »Du bist wie immer berauschend, Darling. Genau wie deine Freundin, die kleine dunkelhaarige Sexbombe.«

Besagte kleine dunkelhaarige Sexbombe, die vierzehnjährige Jenny Humphrey, gab sich allergrößte Mühe, vor Begeisterung nicht in die Hose zu machen. Serena, die coolste Zwölftklässlerin der Constance-Billard-Schule und nebenbei ein bildschönes berühmtes Model, kurz: das glamouröseste Mädchen der Upper East Side, hatte ausgerechnetsiegefragt, ob sie Lust hätte, nach der Schule noch ein bisschen mit zu ihr nach Hause zu kommen. Und jetzt saßen sie in Serenas riesigem, entzückend altmodisch eingerichteten Mädchenzimmer – ihrem Privatheiligtum – auf dem Bett, blätterten in der neuesten Ausgabe des angesagtesten Modemagazins der Welt und guckten Fotosan, auf denensie beidein den supertrendigen Designerklamotten modelten, die Jenny ihr Leben lang sehnsüchtig bewundert hatte und von denen sie niemals zu hoffen gewagt hatte, sie selbst je zu tragen. Das Ganze war so surreal, dass es ihr fast die Luft abschnürte.

»Hier, schau mal!« Serena tippte mit ihrem langen, schmalen Zeigefinger auf eine Seite. »Sehen wir nicht voll krass aus?«

Jenny beugte sich vor, um besser in die auf Serenas perfekten Schenkeln liegende Zeitschrift sehen zu können, und atmete selig die eigens für Serena gemischte betäubende Sandelholz-Lilien-Duftmischung ein. Das Foto zeigte sie beide von Kopf bis Fuß in Les-Best-Couture auf Coney Island, wo sie in einem Dune Buggy vor dem hell erleuchteten Riesenrad den Strand entlangbretterten. Alle Fotos trugen die unverwechselbare Handschrift des megaberühmten Modefotografen Jonathan Joyce. Sie wirkten völlig natürlich und ungekünstelt, als hätte Jonathan zufällig zwei Mädchen beobachtet, die in ihrem Buggy bei Sonnenuntergang über den Strand pesten und sich dabei köstlich amüsierten, und hätte sie spontan fotografiert. Sie sahen wirklich ziemlich krass aus in ihren türkis-schwarz gestreiften Leggings, türkisen Lederwesten über weißen Bikinitops und weißen Go-go-Stiefeln mit Stilettoabsätzen. Ihre Haare waren seitlich zurückgeföhnt, die Nägel weiß lackiert, die Lippen zuckerwatterosa geschminkt, und von ihren Ohrläppchen baumelten Pfauenfedern. Sehr futuristische Retro-80s-Avantgarde und absurd cool.

Jenny konnte sich überhaupt nicht satt sehen. Das da auf dem Foto in der Zeitschrift war sie selbst und zum ersten Mal stand nicht ihr monströser Busen im Mittelpunkt. Im Gegenteil sahen sie und Serena so rein und unschuldig aus, dass das Foto geradezu anrührend wirkte. Das war mehr, als Jenny zu hoffen gewagt hatte. Es war ein Traum.

»Dein Gesichtsausdruck ist der Hammer«, sagte Serena. »Als wärst du gerade geküsst worden oder so.«

Jenny kicherte. Sie hatte wirklich das Gefühl, gerade geküsst worden zu sein. »Und du siehst echt wunderschön aus.«

Oops, da ist wohl jemand schwer verzaubert von Serena. Wie alle anderen Bewohner des Universums.

Jenny war aber noch mehr als verzaubert, sie wollte nicht nur Serenas Freundin sein, sie wollte Serena werden. Was die ihr allerdings voraushatte, war die zweifelhafte Vergangenheit, das verführerische Flair des Geheimnisvollen.

»Für dich ist es wahrscheinlich schon eine Ewigkeit her, dass du aus dem Internat geflogen bist, oder?«, fragte Jenny kühn, ohne den Blick von der Zeitschrift zu nehmen.

»Ehrlich gesagt hatte ich echt Angst, dass ich wegen der Geschichte keinen Studienplatz kriege«, seufzte Serena. »Wenn ich gewusst hätte, dass ich von allen Unis Zusagen bekomme, hätte ich mich niemals an so vielen beworben.«

Armes Ding. Ihre Probleme hätten wir auch gern.

»Hat es dir auf dem Internat gefallen?« Jenny blieb hartnäckig beim Thema und sah mit ihren großen braunen Augen zu Serena auf. »Ich meine, fandst du es dort besser als auf der Schule in New York?«

Serena legte sich aufs Bett zurück und starrte zu dem mit Lochstickerei verzierten, duftigen weißen Baldachin hinauf. Sie hatte das Himmelbett mit acht geschenkt bekommen und sich jeden Abend beim Schlafengehen wie eine kleine Prinzessin gefühlt. Genau genommen hatte sich an dem Gefühl nichts geändert, jetzt war sie eben eine große Prinzessin.

»Es war schon cool, ein eigenes Leben zu führen, weit weg von meinen Eltern und den ganzen Leuten, die ich praktisch schon von Geburt an kenne. Und es war auch lustig, mit Jungs zur Schule zu gehen und im Speisesaal zu Mittag zu essen. Ein bisschen so, als hätte ich plötzlich Massen von Brüdern. Aber ich hab mein Zimmer vermisst und die Geschäfte in der Stadt und die Clubs und Bars an den Wochenenden…« Sie streifte ihre weißen Baumwollsöckchen ab und schleuderte sie quer durchs Zimmer. »Ich weiß, das klingt jetzt wahrscheinlich voll verwöhnt, aber irgendwie war es auch blöd, dass wir immer alles selbst aufräumen mussten und dass es keine Putzfrau gab.«

Jenny nickte. Die Vorstellung, mit einem Haufen Jungs in einem Speisesaal zu essen, gefiel ihr. Sehr sogar. Und eine Putzfrau hatten die Humphreys sowieso nicht. Das war also schon mal etwas, das sie nicht vermissen würde.

»Na ja, wahrscheinlich war es eine ganz gute Vorbereitung auf die Uni«, sagte Serena nachdenklich. »Das heißt, falls ich überhaupt studiere.«

Jenny schlug das Modemagazin zu und drückte es sich gegen die Brust. »Wieso? Ich dachte immer, du willst an die Brown.«

Serena legte sich ein Daunenkissen aufs Gesicht und zog es sofort wieder weg. Musste sie so viele Fragen beantworten? Auf einmal bereute sie es, Jenny eingeladen zu haben. »Ich weiß noch nicht, für welche Uni ich mich entscheide. Vielleicht studiere ich gar nicht, keine Ahnung«, murmelte sie und warf das Kissen zu den Socken auf den Boden. Ihre blassblonden Haare umschmeichelten ihr makelloses Gesicht und ihre großen ozeanblauen Augen blickten in die Ferne. Sie war so schön, dass es Jenny nicht überrascht hätte, wenn ein Schwarm weißer Tauben unter dem Bett hervorgeflattert wäre.

Serena griff neben sich auf den Nachttisch, wo die Fernbedienung für ihre Anlage lag, und schaltete sie ein. In letzter Zeit hörte sie ständig die erste Raves-CD, die vorigen Sommer rausgekommen war und sie an eine Zeit erinnerte, die vollkommen sorgenfrei gewesen war. Eine Zeit, in der sie noch nicht aus dem Internat geflogen war und sich noch keine Gedanken über Universitäten hatte machen müssen. Sie hatte damals noch nicht einmal gemodelt.

»Was ist denn schon so toll an der Brown?«, fragte sie, obwohl ihr Bruder Erik dort studierte, der sicher total beleidigt wäre, falls sie an eine andere Uni ging. Außerdem hatte sie vor kurzem einen sehr attraktiven Maler aus Venezuela kennen gelernt, der dort Kunstdozent war und sich total in sie verliebt hatte. Aber was wurde dann aus Harvard und dem empfindsamen, kurzsichtigen Studenten, der ihr den Campus gezeigt und sich dabei auch in sie verliebt hatte? Oder aus den Whiffenpoofs aus Yale, die ihr sogar einen Song gewidmet hatten? Und dann gab es ja auch immer noch die Princeton University, die sie nicht einmal besichtigt hatte, obwohl sie am wenigsten weit von New York entfernt lag. »Vielleicht wäre es besser, wenn ich die Entscheidung noch ein, zwei Jahre aufschiebe, mir eine Wohnung nehme, ein bisschen modele und versuche, ob ich als Schauspielerin eine Chance hab.«