Großartige Giganten - Armin Schmitt - E-Book

Großartige Giganten E-Book

Armin Schmitt

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Beschreibung

Eine (Zeit-)Reise in die Welt der Urzeitriesen Dinosaurier. Vollkommen zurecht löst keine andere Tiergruppe eine ähnliche Faszination aus – bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen. In diesem Buch erzählt der Paläobiologe Armin Schmitt aus erster Hand von neuesten Forschungsergebnissen zu den Urzeitriesen, von spektakulären Expeditionen und überraschenden Funden. Er berichtet von populären Dinosauriern wie dem Tyrannosaurus rex, dem Liebling aller Dino-Fans, aber auch von weniger bekannten wie dem Keulenschwanzsaurier Borealopelta, der den Spitznamen »Dornröschen« trägt, weil das Fossil so gut erhalten ist, dass es aussieht als würde das Tier lediglich schlafen. Ein Lesevergnügen für alle, die sich für die größten Landlebewesen interessieren, die jemals unsere Erde bewohnten.

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Seitenzahl: 352

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Armin Schmitt

Großartige Giganten

Den letzten Geheimnissen der Dinosaurier auf der Spur

Mit Illustrationen von Ben Rennen

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Für Maximilian und Elisabeth

Prolog

Seit meinem fünften Lebensjahr faszinieren mich die riesigen Dinosaurier der Urzeit. Ich bin sehr dankbar dafür, dass sich mir so früh schon meine Leidenschaft und meine Bestimmung offenbart haben und dass ich diese Begeisterung für Dinosaurier zu meinem Beruf machen konnte. Wenn ich heute einen Dinosaurierknochen im Gelände finde, habe ich immer noch dasselbe Leuchten in den Augen wie damals als kleines Kind, als ich im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt zum ersten Mal echte Skelette dieser Giganten sah. Der Weg vom dinoverrückten Kind zum Wirbeltierpaläontologen verlief allerdings beim besten Willen nicht geradlinig. Trotzdem hatte ich aber das große Glück, bei vielen, zum Teil sehr bedeutenden Entdeckungen dabei zu sein, auch wenn ich selbst nicht im Mittelpunkt stand. Einige Forschungsprojekte, an denen ich beteiligt war, trugen zum besseren Verständnis der Evolution der Dinosaurier und anderer Reptilien der Urzeit bei und veränderten unser Bild der Dinosaurier grundlegend. Einiges davon findet sich in diesem Buch wieder. Es ist ein tolles Gefühl, im goldenen Zeitalter der Paläontologie hautnah dabei zu sein und mit modernster Technologie neue Mysterien aufzudecken und Rätsel zu entschlüsseln, von denen man noch vor wenigen Jahren glaubte, sie nie erklären zu können.

Ein Grund dafür, dass wir in jüngster Zeit so viel Neues über die Dinosaurier gelernt haben, ist die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der neue Dinosaurierarten beschrieben werden. Allein in den letzten 20 Jahren wurden pro Jahr mehr Dinosaurierarten entdeckt als jemals zuvor. Seit 2003 werden jährlich rund 45 neue Dinosaurier wissenschaftlich beschrieben. Das liegt vor allem an den höheren finanziellen Mitteln für die Forschung, außerdem gibt es heute mehr Wissenschaftler, mehr Teams im Gelände, weit entlegene Fundorte sind besser erreichbar, und wir haben immer genauere geologische Karten mit genauen Koordinaten der Fundstellen. Nicht selten werden an bereits bekannten Orten neue Fossilien entdeckt und nicht selten kommen dabei auch neue Arten zum Vorschein. Mitverantwortlich ist auch die rasche Steigerung der Rechenleistung und der Geschwindigkeit von Computern und Workstations, die es ermöglichen, Simulationen und dreidimensionale Modelle zu erzeugen und komplexe Statistiken auszuwerten, um Stammbäume der Dinosaurier zu generieren.

Neue Dinosaurierarten sorgen aber nicht nur für Zungenbrecher und füllen die Museen, sondern bringen auch Erkenntnisse über die Verwandtschaft der Tiere, ihre Lebensräume und Überlebensstrategien. Jeder neue Fund vermittelt uns immer genauere Erkenntnisse über die Umwelt der Dinosaurier, und ihr äußeres Erscheinungsbild hilft uns sogar dabei, ihren inneren Aufbau und die Funktion ihrer Organe besser zu verstehen. Das ist enorm wichtig, weil manche Dinosaurier einen so ungewöhnlichen Körperbau aufwiesen, dass wir in der heutigen Natur nichts Vergleichbares mehr finden. Neue Entdeckungen helfen uns zu verstehen, wie Dinosaurier in der Lage waren, mit drastischen Klimaveränderungen zurechtzukommen und sich an neue Lebensräume anzupassen. Dinosaurier waren faszinierende Lebewesen, die als Modellorganismen dienen können, um viele Mechanismen der Natur und der Evolution zu begreifen. Dass es immer neue Entdeckungen zu machen gibt und dass trotz unseres breiten Wissens über die Dinosaurier noch viele Fragen offen sind, diskutiere ich in diesem Buch anhand einiger prominenter Beispiele.

Das große Sterben

Um zu verstehen, wie die Dinosaurier zur erfolgreichsten Landwirbeltiergruppe der Erdgeschichte werden konnten, müssen wir zu den Anfängen der Dinosaurierevolution reisen und klären, welche Faktoren notwendig waren, damit die Dinosaurier ihren Siegeszug antreten konnten.

Jedes Kind weiß heute, dass alle Dinosaurier, mit Ausnahme der modernen Vögel, am Ende der Kreidezeit vor rund 66 Millionen Jahren ausgestorben sind. Ein Asteroid stürzte damals auf die Erde und besiegelte das Schicksal der Dinosaurier und vieler anderer Tiergruppen. In den Meeren verschwanden die Ammoniten. Das sind Kopffüßer, die mit den Perlbooten (Nautilus) und Tintenfischen verwandt sind.

Diese lebten weit über 300 Millionen Jahre lang in den Weltmeeren unseres Planeten und waren ein wichtiger Bestandteil komplexer Nahrungsnetze in marinen Ökosystemen. Mit den Ammoniten verschwanden auch große marine Reptilien wie die Paddelechsen (Plesiosaurier) und die waranartigen Mosasaurier nachkommenlos.

Doch so schrecklich die Folgen des kosmischen Impakts am Ende der Kreidezeit gewesen sein müssen, sie werden von einem Ereignis in den Schatten gestellt, das noch viel größere Auswirkungen hatte und als das schlimmste Ereignis für das Leben auf diesem Planeten gilt. Es war eine apokalyptische Katastrophe, so verheerend, dass manche Autoren sie als »Das große Sterben« bezeichnen: das Perm-Trias-Massenaussterben.

Michael Benton, einer der bedeutendsten Paläontologen unserer Zeit, schrieb darüber ein Buch mit dem markanten Titel: »When Life Nearly Died« (»Als das Leben beinahe gestorben wäre«). Dieses Ereignis, das am Ende des Perms stattfand, hatte das größte Artensterben in der Geschichte der Erde zur Folge. Etwa 90 Prozent aller damals lebenden Arten starben aus. Zum ersten Mal in der Erdgeschichte waren davon auch viele Insektenarten betroffen.

Während des Perms gab es noch Nahrung für alle Tiere im Überfluss. Die Erde war ein grüner Planet. Das Pflanzenwachstum war über Jahrmillionen weltweit so üppig gewesen, dass der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre immer weiter anstieg und seinen Höchststand in der gesamten Erdgeschichte erreichte. Wir gehen heute davon aus, dass der Luftsauerstoff im Perm bei etwa 30 Prozent lag.

Im Vergleich dazu liegt der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre heute nur bei etwa 21 Prozent.

Dürren, Brände, Luftverschmutzung und saurer Regen zerstörten im Folgenden die üppigen Wälder, was dazu führte, dass der atmosphärische Sauerstoffgehalt von 30 auf etwa 10 bis 15 Prozent sank und anschließend viele Millionen Jahre lang auf niedrigem Niveau verharrte. Er erreichte auch danach nie mehr den gleichen Wert wie zu Beginn des Perms. Die Einschnitte waren so weitreichend, dass es fast fünfzehn Millionen Jahre dauerte, bis sich die Wälder auf der Erde wieder vollständig erholt hatten.

Als Ursache für »Das große Sterben« und den Zusammenbruch der Ökosysteme gilt ein massiver Megavulkanismus in Russland. Ein Zeugnis dieser Katastrophe ist der sogenannte Sibirische Trapp oder Flutbasalt. Das sind ausgedehnte Lavadecken, die sich von der Barentssee im Nordwesten bis nach Kasachstan im Südwesten erstrecken. Von dort reichen sie weiter bis nach Nowosibirsk und Irkutsk im Süden. Im Osten breiteten sie sich über den Strom Lena bis fast nach Jakutsk aus. Irkutsk und Jakutsk kennt der ein oder andere vielleicht von dem Brettspiel »Risiko«. Der Ausstoß ereignete sich in drei Schüben in einem Zeitraum von etwa 900 000 Jahren und bedeckte eine Fläche von sieben Millionen Quadratkilometern mit vulkanischem Gestein. Das entspricht fast der gesamten Fläche Australiens!

Die dafür verantwortlichen Vulkanausbrüche gehören zu den größten bekannten vulkanischen Ereignissen der Erdgeschichte. Die Ausbrüche fanden vor etwa 252 Millionen Jahren an der Perm-Trias-Grenze statt und ihre Folgen werden, wie bereits angedeutet, in einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Massenaussterben am Ende des Perms gebracht. Die postapokalyptische Welt nach der Permkatastrophe muss wohl unserer Vorstellung von der Hölle sehr nahegekommen sein. Der Megavulkanismus in Sibirien setzte erhebliche Mengen an Kohlenstoffdioxid, Fluor, Chlorwasserstoff und Schwefeldioxid frei, das sich mit dem Regen zu Schwefelsäure verband und sowohl Lebensräume im Meer als auch an Land nachhaltig schädigte oder vernichtete. Der CO2-Ausstoß sorgte innerhalb kürzester Zeit für eine Erderwärmung um fünf Grad Celsius. Wir vermuten inzwischen, dass durch die Treibhausgase und durch die Flugasche außerdem die Ozonschicht beschädigt wurde. Das hatte eine höhere UV-Einstrahlung zur Folge. Diese wiederum schädigte das Pflanzenwachstum und sorgte für Pollenmissbildungen. Zusammen mit den massiven Waldbränden beschleunigten diese Effekte einen großflächigen Vegetationsrückgang. Der saure Regen gab den Pflanzen den Rest. Damals regnete es allerdings nur während der Mega-Monsunsaison. Zu diesem Zeitpunkt jedoch öffneten sich die Himmelsschleusen und der ätzende Niederschlag ergoss sich tage- und wochenlang sintflutartig über den Superkontinent Pangäa. Der Rest des Jahres war von schrecklichen Hitzewellen, Dürreperioden, Bränden und einer Durchschnittstemperatur von unerträglichen 45 Grad Celsius gezeichnet. Während es in den küstennahen Regionen noch spärliche Vegetation gab, breiteten sich im Inneren der riesigen Landmasse gewaltige Wüsten aus, die größer als die Sahara oder die Wüste Gobi waren.

Die Folgen waren verheerend. Die extremen Umweltbedingungen verstärkten die Erosion an Land. Das hatte umfangreiche Einschwemmungen von Böden ins Meer zur Folge, was zu Überdüngungseffekten (Eutrophierung) wie zum Beispiel Algenblüten in den marinen Biotopen führte. Gleichzeitig kam es zur Massenvermehrung mariner Einzeller in sauerstofffreien Milieus, deren Stoffwechselprodukte – zusätzlich zu all den Gasen des massiven Vulkanismus – Methan, Halogenkohlenwasserstoffe und große Mengen Schwefelwasserstoff in die Atmosphäre entließen.

In den Meeren kam es unterdessen zu anoxischen, also sauerstofffreien Verhältnissen, wodurch alle Riffe und ihre Bewohner abstarben. Gesteine, die dieses folgenschwere Ereignis belegen, sind die Schwarzschiefer. Mit der Bildung von anoxischen Meereszonen, dem rapiden Absacken des pH-Werts sowie der Freisetzung von Methanhydrat begann das Massensterben in den Ozeanen. Durch das in die Atmosphäre entweichende Methan erhöhte sich die Erdtemperatur daraufhin um weitere fünf Grad Celsius, und die oberen Wasserschichten der Weltmeere erwärmten sich sogar um mindestens acht Grad. Die Erde brannte und die Meere kochten. Durch die ständig wachsende Konzentration des Treibhausgases kam es zu einem Dominoeffekt, den wir als galoppierenden Treibhauseffekt bezeichnen und der erklärt, warum der Megavulkanismus in Sibirien fast eine Million Jahre gedauert hat, das Massensterben aber nur 30 000 Jahre. Anfangs waren die Veränderungen schleichend, doch während immer mehr Lebensräume geschädigt und immer mehr Schadstoffe ausgestoßen wurden, nahmen die Temperaturen immer schneller zu und der Kollaps der Ökosysteme war unaufhaltsam. Am Ende starben bei diesem Ereignis etwa 95 Prozent aller marinen Arten und etwa 75 Prozent aller Arten von Landlebewesen aus. Zu den wenigen Überlebenden gehörten die direkten Vorfahren der Dinosaurier und Krokodile: die sogenannten Archosaurier.

Ohne diese Katastrophe hätte es den Siegeszug der Dinosaurier wahrscheinlich nie gegeben. Und so ist es vielleicht eine Ironie des Schicksals, dass die Dinosaurier die Weltbühne nach einem verheerenden Massenaussterben betraten, dann jedoch selbst einem Massenaussterben zum Opfer fielen. In der Geschichte der Erde gab es fünf solcher Ereignisse eines Massenaussterbens. Drei davon hängen eng mit der Entstehung der Dinosaurier zusammen und waren entscheidend für ihren beispiellosen evolutiven Erfolg – aber auch für ihren Untergang:

 

Die Permkatastrophe vor zirka 252 Millionen Jahren begünstigte die Entwicklung der Archosaurier, der sogenannten »Herrschenden Echsen«. Dazu zählen alle Krokodile und Dinosaurier. Die Vögel gehören ebenfalls zu dieser Gruppe, allerdings existierten die in der Trias noch nicht. Die Archosaurier und besonders die Dinosaurier konnten sich in der lebensfeindlichen Welt der Trias gut behaupten, weil sie mit ihren effizienten Lungen besser mit dem geringen Luftsauerstoff zurechtkamen, mit ihren langen, geraden Beinen schneller laufen konnten und mit ihren Körpern weiter vom heißen Boden entfernt waren als Kriechtiere und Amphibien. Das war vorteilhaft in den häufig wüstenhaften Gegenden des Urkontinents. So konnten sie neue Lebensräume besiedeln. Ihre schuppige Haut verhinderte ein Austrocknen des Körpers, was ein unschätzbarer Vorteil in der Gluthitze der Trias war.

Dem endtriassischen Massenaussterben vor etwa 201 Millionen Jahren fielen unter anderem die Conodonten im Meer zum Opfer, die etwa 340 Millionen Jahre lang auf der Erde existiert hatten und nun nachkommenlos verschwanden. Sie tauchten vor rund 541 Millionen Jahren im Fossilbericht auf. Als erste Wirbeltiere oder nahe Verwandte der heutigen Wirbeltiere gehören sie zu den frühesten Formen, aus denen später die Fische, die Amphibien, die Reptilien, die Säugetiere und die Vögel hervorgingen. Weitere Auswirkungen auf die Dinosaurierevolution hatte das Aussterben von vier Großgruppen von Krokodilverwandten am Ende der Trias: Rauisuchier, Phytosaurier, Aetosaurier und Ornithosuchier. Diese Vertreter der Krokodillinie konnten sich in der Trias ähnlich erfolgreich behaupten wie die Dinosaurier. Zeitgleich starben außerdem fast alle Temnospondyliden, also die riesigen lurchartigen Amphibien, aus, die bis zu vier Meter lang werden konnten. Sie gelten als die Schwesterngruppe der heutigen Frösche und Salamander. Der Einfachheit halber kann man sie sich als vier Meter lange Monstersalamander mit Knochenplatten auf der Haut vorstellen. Mit dem Wegfall der Monstersalamander und der meisten landlebenden Krokodile gab es keine Konkurrenz mehr für die Dinosaurier, und so wurden sie zu Beginn des Jura zu den unangefochtenen Herrschern der Erde.

Das endkreidezeitliche Massenaussterben vor etwa 66 Millionen Jahren besiegelte schließlich das Schicksal aller Dinosaurier, die nicht zu den echten Vögeln zählten und auf der Abstammungslinie der Vögel lagen. Warum die Dinosaurier den Asteroideneinschlag nicht überlebten, erkläre ich am Ende dieses Buches.

Der Fossilbericht umfasst alle wissenschaftlich dokumentierten Funde von Fossilien weltweit. Das Vorkommen von Fossilien an einem bestimmten Ort wird meist in wissenschaftlichen Veröffentlichungen erwähnt. Dabei werden die geografische Lage sowie der stratigrafische Zusammenhang der Funde angegeben. Die Untersuchung, die Ergänzung und Vervollständigung des Fossilberichts sind einige der wichtigsten Aufgaben der Paläontologie.

Zwischen diesen drei Katastrophen lag ein sehr großer Zeitraum. Die Evolution der Dinosaurier fand zwischen der Permkatastrophe und dem Einschlag des Asteroiden am Ende der Kreidezeit statt. Diese Ereignisse liegen etwa 186 Millionen Jahre auseinander. Um sich eine solche Zeitspanne vorstellen zu können, muss man sich vor Augen führen, dass Tyrannosaurus und den Menschen etwas mehr als 65 Millionen Jahre trennen. Die letzten Tyrannosaurier sind vor 66 Millionen Jahren ausgestorben und der Mensch (Homo sapiens) entstand vor etwa 300 000 Jahren. Stegosaurus hingegen ist vor fast 148 Millionen Jahren ausgestorben, er hat also etwa 80 Millionen Jahre vor Tyrannosaurus gelebt. Erdgeschichtlich betrachtet, liegen die beiden also weiter auseinander als Tyrannosaurus und der Mensch. Doch die allerersten Dinosaurier sind noch einmal rund 90 Millionen Jahre vor Stegosaurus entstanden. Die Welt, in der Plateosaurus (ein Vorfahre der späteren Langhalsdinosaurier) gelebt hat, ist folglich eine völlig andere als die von Stegosaurus, und Tyrannosaurus hat wiederum in einer ganz anderen Welt gelebt als Stegosaurus. Die Herrschaft der Dinosaurier dauerte so unglaublich lange, dass ganze Kontinente währenddessen zerbrochen sind, sich Meere geöffnet und wieder geschlossen haben und komplette Ozeane entstanden sind. Und diese spannende Reise der Dinosaurier wird durch zwei der größten Massenaussterbeereignisse der Erde eingerahmt.

In beiden Fällen handelte es sich um globale Katastrophen. Warum ist das wichtig? Die Dinosaurier waren die erfolgreichsten Landlebewesen in der langen Geschichte der Erde. Keine andere Tiergruppe herrschte an Land so lange wie sie. Und trotzdem fielen sie am Ende der Kreidezeit einem Massenaussterben zum Opfer, das durch Veränderungen des Klimas und der Vegetation ausgelöst wurde. Ursächlich für diese Vernichtung war zwar der Asteroid, doch er tötete nur wenige Dinosaurier direkt. Alle anderen Tiere verendeten qualvoll in den Wochen und Monaten nach dem Impakt, nachdem sich der Himmel verdunkelt und die Temperaturen verändert hatten, die Wälder abstarben und die Nahrungspyramide kollabierte.

Und wem dieses Szenario bekannt vorkommt, der muss sich nicht wundern. Heute ist der Mensch sicherlich der erfolgreichste komplexe Organismus auf der Erde. Wir haben genau wie die Dinosaurier alle Kontinente besiedelt, behaupten uns genau wie sie gegen jeden Feind und nutzen alle Ressourcen der Erde – und gleichzeitig findet um uns herum der schnellste uns bekannte Klimawandel der gesamten Erdgeschichte statt, während wir mit einem beispiellosen Artensterben konfrontiert werden, dessen Tragweite noch nicht absehbar ist. Laut einer Schätzung aus dem Jahr 2019 ging die Anzahl der Vögel in Nordamerika seit 1970 um etwa drei Milliarden zurück, was etwa 30 Prozent der dortigen Population entspricht. In Deutschland nahm, nach Angaben des NABU, die Anzahl der Vogelbrutpaare von 97,5 Millionen im Jahr 1998 bis zu 84,8 Millionen im Jahr 2009 ab, was einem Rückgang um fünfzehn Prozent in nur elf Jahren entspricht. Noch nie in der Erdgeschichte sind so viele Vögel gestorben. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Fluginsekten in Deutschlands Naturschutzgebieten in den letzten 27 Jahren um äußerst alarmierende 76 Prozent reduziert. Aber während wir uns über die Tatsache freuen, dass es nachts weniger Mücken gibt, sind fliegende Insekten die Hauptbestäuber für die meisten Nutzpflanzen und gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur Ernährung der meisten Vogelarten.

Die Ursachen für den Klimawandel am Ende der Kreidezeit sind andere als heute, doch das macht die aktuelle Situation nicht weniger brisant. Das Aussterben der Dinosaurier hatte extrinsische Auslöser, während für unsere gegenwärtige Lage anthropogene Einflüsse verantwortlich sind. Der Mensch selbst treibt den Klimawandel und das Artensterben voran.

Oft höre ich, dass manche Menschen nicht an den Klimawandel glauben, und sie glauben auch nicht, dass der Mensch maßgeblich dazu beiträgt. Der verheerende Artenschwund, den wir derzeit erleben, macht erstaunlich wenige Schlagzeilen. Dabei finden der Klimawandel und das Artensterben tatsächlich statt, man kann die Veränderungen in der Natur beobachten. Sie sind objektiv messbar und mit reproduzierbaren wissenschaftlichen Experimenten zu belegen, egal ob man daran glaubt oder nicht. Eine persönliche Meinung oder persönliche Ansichten sind hier unerheblich. Und wenn wir uns dafür entscheiden, die Warnzeichen zu ignorieren, verschwinden die Probleme nicht, sondern werden nur schlimmer.

Die Trias – 251,9 bis 201,3 Millionen Jahre vor heute

Kapitel 1Neues Leben im Meer

Ein alter Knacker: Omphalosaurus

Es ist Montagmorgen, der 26. September 2011, und ich steige wie schon seit einigen Tagen vom Basislager am Fuße der Augusta Mountains in Nevada, USA, zu unserer Grabungsstelle hinauf. Sie liegt etwa 500 Meter über dem Camp und es führen keine Straßen oder Wege dorthin, sondern nur ein Trampelpfad, den wilde Mustangs hinterlassen haben. Heute ist der Aufstieg besonders mühsam, denn ich trage neben Proviant, Fotoausrüstung und fünf Liter Wasser zusätzlich einen Sack Gips den Berg hinauf. Die ersten Kilometer konnten wir noch im Schatten des Berges aufsteigen, doch schon beim Erreichen des ersten Plateaus brennt die heiße Sonne auf uns herab. Hier gibt es keinen Schatten mehr, denn rundherum wachsen keine Bäume. Da es im Tal zu trocken ist, gedeihen dort unten nur der »Sagebrush«, der Wüsten-Beifuß, und Gräser, die mit ihren Widerhakenähren an Strümpfen, Schuhen und der übrigen Kleidung hängen bleiben und an der Haut scheuern. In den Augusta Mountains tauchen erst rund 1550 Meter über Meereshöhe Wacholderbüsche auf, und deutlich über 2000 Meter, fast schon am Gipfel des Cain Mountain, wachsen vereinzelt knochige, knorrige Pinyon-Kiefern und der sogenannte Mormon Tea (Ephedra). Dieses Phänomen wird als inverse Baumgrenze bezeichnet. In den Alpen ist es genau andersherum – dort stehen die Bäume im Tal und je höher man hinaufsteigt, umso seltener werden sie, bis sie zwischen 1800 und 2200 Metern über Meereshöhe ganz verschwinden.

Vom ersten Plateau aus kann man unser Lager noch sehen und über Walkie-Talkie mit dem Camp kommunizieren. 2011 gab es an diesem Ort keinen Handyempfang. Aber man hat sowieso keinen Strom, um das Handy aufzuladen, und auch kein fließendes Wasser. Wir haben dieses Plateau Red Nose Point getauft, weil der Boden hier eine rötliche Farbe hat. Angeblich taucht hin und wieder ein Puma in dieser Gegend auf, aber außer trockenem Puma-Kot haben wir nichts entdeckt, da die Farmer traurigerweise Jagd auf diese schönen Tiere machen, obwohl sie keine Viehzüchter sind.

Die letzten Tage stecken mir in den Knochen, denn ich habe Schaufeln und Spitzhacken den Berg hinaufgeschleppt, und ich frage mich insgeheim, wieso ich mir das in meiner Freizeit antue? Klar, ich kenne unseren Plan, wir wollen Fischechsen, sogenannte Ichthyosaurier, bergen. Aber dafür muss man doch nicht um die halbe Welt reisen. Ichthyosaurier gibt es auch in England und in Deutschland. In Holzmaden, südöstlich von Stuttgart, liegt eine der berühmtesten Fundstellen dieser Urzeittiere, direkt neben der Autobahn. Wieso also steile Berge in der nordamerikanischen Wüste hinaufklettern? Wozu die ganze Plackerei? Und warum sind diese Fischechsen überhaupt auf einem Berg zu finden? Das ist eines der spannendsten Rätsel der Evolution der Wirbeltiere, wie ich im Folgenden ausführen werde.

Die Gesteine der Augusta Mountains wurden vor fast 250 Millionen Jahren am Grund eines riesigen Ozeans abgelagert, und darin eingeschlossen liegen die Überreste der ersten Fischechsen. Und obwohl die Paläontologie Ichthyosaurier schon seit rund 200 Jahren kennt, wissen wir bis heute nicht genau, wie sie entstanden sind. Das erste vollständige Skelett eines Ichthyosauriers wurde 1811 von der zwölfjährigen Mary Anning in Lyme Regis, an der Südküste Englands, gefunden. Das war dreizehn Jahre, bevor der allererste Dinosaurier wissenschaftlich beschrieben wurde. Wir wissen zwar, dass es sich bei Ichthyosauriern um Reptilien handelte und dass ihre Vorfahren an Land lebten – wer diese Vorfahren allerdings waren, ist bis heute ein Rätsel.

Was die Lösung dieses Rätsels so schwierig macht, ist das stark abgeleitete Skelett der Ichthyosaurier. Die Form ihrer Knochen hat sich im Laufe ihrer Evolution stark umgewandelt und unterscheidet sich infolge ihrer guten Anpassung an das Leben im Meer deutlich von ihren landlebenden Vorfahren. Sie besaßen keine Hände oder Füße mehr, sondern flossenartige Gliedmaßen, und ihr Kopf war lang und an der Schnauze spitz zulaufend, wodurch er eine bestmögliche Aquadynamik erreichte. Die Halsregion war kurz, und auf das Hinterhaupt folgte unmittelbar der Schultergürtel. Diese Tiere waren perfekt an das Leben im offenen Meer angepasst, und spätere Formen wurden durch ihre Schwanzflosse, die der von Haien ähnlichsah, und ihren torpedoförmigen Körperbau zu ausdauernden und schnellen Schwimmern. Am Ende bewegten sie beim Schwimmen nur noch ihre Schwanzflosse, während der Rest des Körpers steif blieb. Selbst die Seitenflossen dienten nicht mehr zur Fortbewegung, sondern nur noch zur Stabilisierung im Wasser und zum Manövrieren. Wenn der Vortrieb ausschließlich durch einen kräftigen Schlag der Schwanzflosse erzeugt wird, nennt man diese Fortbewegungsweise thunniform. Haie, Delfine und Thunfische, von denen dieser Name abgeleitet ist, bewegen sich auf die gleiche Art. Die ähnliche Körperform ist jedoch kein Hinweis auf eine enge Verwandtschaft, sondern deutet lediglich auf eine ähnliche Lebensweise und die Anpassung an das dichte Medium hin, in dem sie sich fortbewegen. Das Leben im offenen Meer zwang diese Tiere im Laufe ihrer Evolution, die gleiche Körperform anzunehmen, weil der Wasserwiderstand viel stärker ist als der Luftwiderstand an Land. Der Evolutionsdruck auf die Stromlinienform ist bei Meeresbewohnern besonders groß, weshalb die Tiere sich dort stärker ähneln. Wenn völlig unterschiedliche Tiere sich zu einem gleichen Körperbau hin entwickeln, spricht man von einer konvergenten Entwicklung. Der Körperbau der Ichthyosaurier war so stark von ihrem Leben im Meer beeinflusst, dass er nicht mehr mit dem ihrer Vorfahren vergleichbar war, sodass man diese Vorfahren auch nur schwer identifizieren und finden kann. Nicht zuletzt, weil sie an Land gelebt haben und somit auch nicht im gleichen Sedimentgestein vorkommen wie ihre schwimmenden Nachfahren.

Die Entstehung der Ichthyosaurier ist besonders faszinierend und mysteriös, da wir diese Tiere bereits in Gesteinen finden, die 250 Millionen Jahre alt sind. Es gibt keine Funde im Erdaltertum, vor der Trias – aber etwa eine Million Jahre nach dem verheerendsten Massenaussterben, das die Welt je gesehen hat, tauchen plötzlich die Ichthyosaurier auf. Und zwar schlagartig und massenhaft! In China und Japan, auf Spitzbergen und hier in Nevada sehen wir im Fossilbericht Hunderte, vielleicht sogar Tausende Fossilien dieser Meeresreptilien. Woher sie stammen, weiß keiner so genau. Aber diese Tiere sind alle vollständig an das Leben im Meer angepasst. Nun mag eine Million Jahre aus Sicht des Menschen nach einer unvorstellbar langen Zeit klingen, doch in Anbetracht der langen Entstehungsgeschichte des Lebens auf unserem Planeten und der Folgenschwere des Massenaussterbens am Ende des Perms ist das nicht mehr als ein Wimpernschlag. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass sich ihre Skelette in dieser relativ kurzen Zeitspanne vollständig umgewandelt haben, dass aus ihren Händen Flossen wurden und sie sich von eierlegenden Landbewohnern zu lebendgebärenden Hochseeschwimmern entwickelten. In den Augusta Mountains von Nevada finden wir einige der ältesten Ichthyosaurier, wie sie sonst nur in der Nähe der chinesischen Stadt Hefei, knapp 500 Kilometer westlich von Shanghai vorkommen. Der Erhaltungszustand der Tiere in Nevada ist meist gut, Knochen und Skelette sind sogar dreidimensional überliefert. Im deutschen Holzmaden wurden Fossilien der Fischechsen im Laufe der Jahrmillionen hingegen als Folge der Gesteinsumwandlung plattgedrückt. Die Gesteinsschichten in Nevada liegen nicht ganz horizontal, sondern tauchen nach Süden hin leicht ab. So können wir, wenn wir nach Norden wandern, von einem Canyon zum nächsten, quasi durch die Zeit zurückreisen, immer ältere Gesteine anschauen und uns allmählich an die Perm-Trias-Grenze herantasten. Das Gebirge erstreckt sich von Norden nach Süden, und unsere Grabungsexpedition führt uns in zwei Canyons: in den Favret Canyon, dessen Gestein aus der Mitteltrias stammt, und den weiter nördlich gelegenen Mustang Canyon mit Sedimenten aus der älteren Untertrias.

Inzwischen ist es Mittag, die Sonne knallt noch heißer vom Himmel, und ich esse unter einem großen Wacholderbusch mein Sandwich. Eine kleine Echse schielt von einem Stein aus neidisch auf das belegte Brot. Diese Tierchen sind kaum größer als Zauneidechsen, aber mit den großen Leguanen verwandt. Sie haben einen sandfarbenen Körper mit braunen Punkten und knallgelbe Füße. Am Hals finden sich zwei auffällige schwarze Bänder, die durch einen weißen Streifen voneinander getrennt sind. Man nennt diese Echsen Great Basin Collared Lizard und ich finde sie ausgesprochen hübsch. Das »Große Becken« (Great Basin) in ihrem Namen bezieht sich auf die geologische Struktur, in der sich auch die Augusta Mountains befinden. Es liegt im Westen der USA und reicht von Oregon im Norden bis nach Mexiko im Süden.

Ich trinke aus meiner Gallone noch einen großen Schluck Wasser, in das ich am Morgen blaues Gatorade-Pulver gemischt habe. In der Gebirgswüste hier ist die Luft so trocken, dass man gar nicht merkt, wie stark man schwitzt, weil der Schweiß sofort verdunstet. Man muss also sehr darauf achten, ausreichend zu trinken – besonders wenn man hier eine körperliche Arbeit verrichtet. Jetzt geht es weiter. Vor mir liegen elf große Steine, die aneinandergereiht etwa drei Meter lang sind und zusammen eine wurstförmige Konkretion bilden.

Als Konkretion bezeichnet man ein Mineral-Aggregat, das oft rund oder kugelförmig ist. In diesem Fall war es besonders lang und schmal, flach und oval. Es bestand aus einem harten feinkörnigen Sediment, das durch Porenwasser verbacken wurde und im Lauf der Zeit von einem Kristallisationsmittelpunkt aus nach außen gewachsen ist.

Bei dieser Konkretion bildet den Kristallisationsmittelpunkt ein marines Reptil, das wir in den Tagen zuvor ausgegraben haben. Es heißt Omphalosaurus und ist ein äußerst ungewöhnliches Tier. Die Konkretion misst zwar nur rund drei Meter in der Länge, aber da der Schwanz des Tieres fehlt, könnte es ungefähr fünf Meter lang gewesen sein. Trotz der enormen Größe war es vermutlich kein Räuber, der an der Spitze der Nahrungskette stand, sondern ernährte sich überwiegend von hartschaligen Tieren wie den häufig vorkommenden Ammoniten. Sie sind frühe Vertreter der Tintenfische, also Kopffüßer, aus deren Gehäuse wie bei dem heute noch lebenden Nautilus nur der Kopf und die Arme herausragen. Wir kennen die Ernährungsgewohnheiten der Omphalosaurier, weil sie ein sogenanntes Knackgebiss hatten, mit dem sie die dicken Schalen der Ammoniten zerquetschen oder aufbrechen konnten. Die Form und Anordnung der pilzförmigen Zähne geben den Paläontologen jedoch bis heute Rätsel auf, sie zählen zu den ungewöhnlichsten Zähnen im ganzen Tierreich.

Als wir das Tier endlich freigelegt haben, sind wir begeistert. Das Fossil ist besser erhalten, als es zunächst den Anschein hatte. Vor uns liegt ein vollständiges Skelett dieser Tiergruppe, wie es bisher noch nie ausgegraben wurde. Martin war vor ein paar Jahren genau an dieser Stelle und hat ein paar kleine Knochenstücke aus dem Felsen ragen sehen. Leider hatte er damals nicht genug Zeit, um das Tier zu bergen, und konnte es kaum erwarten, wieder hierher zurückzukehren. Er wusste sofort, was er da gefunden hatte, denn er ist einer der führenden Experten für diese rätselhafte Tiergruppe und kennt die Anatomie der Omphalosaurier wie kein Zweiter.

Martin, das ist Professor Martin Sander von der Universität Bonn, der 2011 mein Lehrer und Mentor war und meine Diplomarbeit betreute. Er ist mein großes Vorbild und kennt die Augusta Mountains wie seine Westentasche. Zum Team gehören außerdem Lars Schmitz, der damals an der University of California in Davis unterrichtete, Martins Doktorand Koen Stein, der inzwischen an der Freien Universität in Brüssel beschäftigt ist, Herman Winkelhorst, ein holländischer Experte für marine Reptilien, und ich.

Jetzt sind wir zufrieden und legen uns der Reihe nach langgestreckt neben dem Tier auf den Boden, um Größenmaßstabsfotos zu machen, bevor die Gesteinsblöcke eingegipst werden. Diesen Moment zu beschreiben, fällt mir nicht leicht, denn auch wenn nicht alle meine Begeisterung für Ichthyosaurier oder Dinosaurier teilen, ist es sicher für jeden Menschen überwältigend, neben einem Fossil zu stehen oder zu liegen, das fast eine Viertelmilliarde Jahre lang im Felsen eingeschlossen war und das wir mit eigenen Händen ausgegraben haben. Wir sind die ersten Menschen, die einen Blick auf dieses Tier werfen können. Es ist einst auf den Grund des Meeres gesunken und wurde vom Schlamm eingebettet, noch bevor die Dinosaurier auf der Erde umherstreiften. Seither sind ganze Kontinente Tausende von Kilometern auseinandergedriftet, Ozeane haben sich aufgetan und wieder geschlossen, gewaltige Gebirge türmten sich auf und wurden wieder abgetragen. Plattentektonik und Gebirgsbildung haben dafür gesorgt, dass ehemaliger Meeresgrund zu einem Gebirge angehoben wurde. Diese gewaltigen Vorgänge rücken meinen Blick auf die Welt und meinen Platz darin ordentlich zurecht. Eine Viertelmilliarde Jahre – das ist unfassbar!

Wir sind aber nicht hier, um Rekorde zu brechen, sondern versuchen Hinweise für die Lösung eines der größten Rätsel in der Wirbeltierpaläontologie zu finden. Warum gab es so kurz nach dem Massenaussterben am Ende des Perms schon wieder eine derart komplexe und diverse Wirbeltierfauna in den Meeren der Unteren und Mittleren Trias, und woher kamen diese Tiere?

Das Sediment, in dem wir den Omphalosaurus gefunden haben, stammt eindeutig aus dem küstenfernen, offenen Meer. Das zeigen auch die vielen anderen Ichthyosaurierarten ohne Knackgebiss, die in dieser Gegend vorkommen. Dass es sich bei Omphalosaurus ebenfalls um einen Ichthyosaurier handelte, war nicht für jeden klar. Der Japaner Ryosuke Motani, Professor für Paläontologie an der University of California in Davis, äußerte beispielsweise 2011 erhebliche Zweifel an dessen Zugehörigkeit zu den Fischechsen, denn Omphalosaurus war kein gewöhnlicher Ichthyosaurier. Funde dieses Tieres sind weltweit selten und fast immer bruchstückhaft. Omphalosaurus hatte wahrscheinlich nicht die charakteristische Schwanzflosse seiner Verwandten und bewegte sich noch schlängelnd durch das Wasser. Da er auch flossenartige Paddel, einen stromlinienförmigen Körper und eine langgestreckte Schnauze besaß, war er nicht in der Lage, an Land zu gehen. Omphalosaurus ernährte sich aber von hartschaligen Tieren und nicht von Fischen wie andere Ichthyosaurier. Lange Zeit gab er den Forschern daher Rätsel über seinen Ursprung und seine Zugehörigkeit auf. Vor allem, weil Funde dieses Tiers meist nur aus Kieferfragmenten mit knolligen oder kugeligen Zähnen bestanden, deren Zahnschmelzkuppen wie die Hüte von Pilzen aussahen. Charakteristische Skelettelemente, die nur bei Fischechsen vorkommen und durch die man ihn eindeutig als eine solche hätte identifizieren können, fehlten in der Regel. Eine Zuordnung im Tierreich war also schwierig. Diese Zähne sind nämlich völlig untypisch für Fischechsen. Sie könnten sogar leicht mit denen der sogenannten Pflasterzahnechsen aus dem Germanischen Becken verwechselt werden. Dort lag zur Zeit der Unteren und Mittleren Trias ein Flachmeer, in dem diese Echsen häufig vorkamen. Sie hatten ebenfalls ein Knackgebiss, ihre Zähne waren aber ganz anders angeordnet. Wenn man nur einen Teil des Schädels findet und das Gaumendach fehlt, ist dieses Unterscheidungsmerkmal nicht gegeben. Untersuchungen mit einem Rasterelektronenmikroskop können höchstens Unterschiede am Zahnschmelz offenbaren.

Im Jahr 2011 war die Diskussion, um welches Tier es sich bei Omphalosaurus genau handelte und in welchem Ökosystem er vorkam, jedenfalls noch nicht völlig abgeschlossen. Martin plädierte für eine Zugehörigkeit zu den Ichthyosauriern und eine Lebensweise im offenen Meer. In den Augustabergen lag der Beweis dafür jetzt direkt vor uns. Der japanische Kollege hatte die Affinität zu den Ichthyosauriern angezweifelt und sah auch Lücken bei der Interpretation des Lebensraums. Das war für Martin damals schwer zu beweisen gewesen. Wir kannten Omphalosaurus zwar aus Nevada und Spitzbergen, was eindeutig ein vollmarines Signal war, doch in Gesteinen gleichen Alters aus der Anhui-Provinz in China fehlte Omphalosaurus. Hier gab es keine Berichte über Funde, obwohl diese Sedimente eine ähnliche Ablagerungsgeschichte hatten. Zusätzliches Kopfzerbrechen bereiteten uns zwei Funde aus dem Germanischen Becken, denn das war ein völlig anderer Lebensraum. Dort dürften eigentlich gar keine Omphalosaurier vorkommen, da das Meer flach war und andere Ichthyosaurier vollständig fehlten. Stattdessen gab es dort Pflasterzahnechsen, die bei allen anderen Omphalosaurus-Fundstellen fehlten und wahrscheinlich mit ihnen um Nahrungsressourcen konkurrierten.

Das Vorkommen von Omphalosauriern im Flachmeer des Germanischen Beckens machte wenig Sinn, und in fast 200 Jahren wurden dort bis auf diese beiden Fragmente nie weitere Omphalosaurier gefunden. Viele Hinweise deuten außerdem darauf hin, dass die Nahrung von Omphalosaurus nur im offenen Meer, weitab von der Küste, vorkam. Er ernährte sich von hartschaligen Organismen, die allesamt freischwimmend waren, und nicht etwa von sesshaften Muscheln oder Korallen, wie sie die Pflasterzahnechsen im Germanischen Becken wohl gefressen haben. Weltweit erholten sich die Korallen nur sehr langsam vom permischen Massensterben, und erst rund zehn Millionen Jahre nach dem Perm-Trias-Übergang hatten sich die Korallenriffe wieder vollständig regeneriert. Im Flachmeer ging dieser Prozess etwas schneller vonstatten.

In den Gesteinen Nevadas gibt es jedenfalls keinerlei Hinweise auf Korallen oder Muschelriffe. Das Sediment besteht aus Meeresboden aus dem offenen Meer. Es gibt nicht einmal Hinweise auf Würmer oder andere Organismen, die den Boden am Meeresgrund durchwühlt hätten. Solche Bodenbewohner bezeichnet man auch als Benthos, und das Wühlen, Zerfurchen oder Graben am oder im Boden wird Bioturbation genannt. In dieser Gegend gab es allerdings keine Bioturbation, kein Benthos und keine Korallen. Der Meeresgrund war tot. Er bestand nur aus schwefligem Schlick ohne Sauerstoff. Stattdessen fanden sich dort Myriaden von frei in der Wassersäule schwimmenden Muscheln, sogenannte Daonellen und Kopffüßer.

Die Wassersäule ist ein gedachter abgegrenzter Wasserkörper von der Oberfläche eines Gewässers bis zum Boden, mit dem man unter anderem biologische Zustände und Vorgänge in Seen oder im Meer modellhaft beschreiben kann, wofür man auch biologische Kennwerte wie das Vorkommen von Mikro- und Makroorganismen heranzieht.

Im Wasser selbst war die Situation nicht viel besser, denn auch hier gab es sauerstofffreie und sauerstoffarme Zonen. Die Gesteine, die das belegen, sind die sogenannten Schwarzschiefer. Die Daonellen und Ammoniten konnten mit diesem sauerstoffarmen Milieu offenbar besser umgehen als andere Tierarten, sodass dieser Lebensraum größtenteils artenarm war. Die wenigen Tierarten, die mit den widrigen Bedingungen hier zurechtkamen, traten jedoch massenhaft auf.

Die anoxischen Verhältnisse erklären vielleicht auch, warum wir bei unserer Grabung zwar zehn oder mehr Ichthyosaurier gefunden haben, aber vergleichsweise wenige Fische, die den Sauerstoff durch ihre Kiemen direkt aus dem Meer erhalten. Wenn er dort fehlt, können sie nicht überleben. Ichthyosaurier sind, genau wie Wale oder Delfine, vom Sauerstoffgehalt im Meer unabhängig und atmen nach dem Auftauchen den Luftsauerstoff. Die Bedingungen für die Fischechsen waren nicht gerade optimal, doch der niedrige Sauerstoffgehalt im Meer behinderte ihre Entwicklung nicht, solange sie genügend zu fressen hatten. Die lokale Geschichte in Nevada schien also klar, auch wenn das Rätsel um das Fehlen von Omphalosaurus in China und seine vermeintliche Anwesenheit im Germanischen Becken nach wie vor ungelöst blieb.

Erst die Studie eines Teams aus Bonn um die Paläontologin Tanja Wintrich, die sechs Jahre nach unserer Grabung in Nevada die zwei Kieferfragmente aus dem Germanischen Becken untersuchte, die man Omphalosaurus zugeordnet hatte, trug zur Klärung des Sachverhalts bei. Sie setzte ein Rasterelektronenmikroskop und Computertomografie ein, um die komplexe Mikrostruktur des Zahnschmelzes und den Aufbau der Zähne im Kiefer dieser beiden Fundstücke sichtbar zu machen. Bei einem Stück aus der Unteren Mitteltrias in Ostpolen lieferten die Merkmale des zahntragenden Fragments den eindeutigen Beweis dafür, dass es sich bei dem Kiefer tatsächlich um den eines Omphalosaurus handelte. Darauf wiesen die Form der Zähne, die Morphologie der Zahnschmelzoberfläche, die einzigartige Zahnschmelzmikrostruktur und der sonderbare Zahnwechsel hin, den es so nur bei Omphalosaurus gab. Die Zähne des Tieres sind in der Tat verblüffend. Sie scheinen fast willkürlich aus dem Kiefer hervorzubrechen. Die Mikrocomputertomografie zeigt, dass unter den funktionalen Zähnen noch mindestens zwei weitere Generationen schlummern. Sie liegen aber nicht direkt unter den eruptierten Zähnen, sondern versetzt, ohne erkennbare Zahnwurzeln, und wachsen nicht aus Taschen heraus, sondern stecken einfach wahllos im Kiefer. Weil wir diesen Zahnaufbau noch nicht vollständig verstehen, spricht Tanja immer vom enigmatischen Omphalosaurus.

Das andere Stück aus dem Muschelkalk bei Rüdersdorf nahe Berlin stellte sich als Fragment des linken Oberkiefers einer Pflasterzahnechse heraus. Hier fehlten die charakteristischen Mikrostrukturen im Zahnschmelz, die Form und die Anordnung der Zähne im Kiefer waren ebenfalls abweichend. Nun ergab die Geschichte schon eher Sinn. Der flache Teil des Germanischen Beckens war also tatsächlich frei von Omphalosauriern, während der Fund im Osten Polens an einer Meerespforte lag, die das Germanische Becken des Muschelkalks mit dem offenen Meer der Tethys verband. Das Tier hatte sich vielleicht verirrt oder sich zu weit ins Becken vorgewagt, bevor es dort verendete.

Abgerundet wurde die Geschichte dann, als Martin 2020 erfuhr, dass in der Anhui-Provinz sehr wohl Zähne von Omphalosauriern gefunden worden waren und das sogar schon vor geraumer Zeit. Warum die Kollegen dort nicht von diesen Funden berichtet hatten und warum es keine wissenschaftlichen Artikel darüber gibt, ist schwer zu verstehen.

Von alldem wussten wir aber noch nichts an diesem Montag im Frühherbst 2011. Ich machte eine Zeichnung von der Lage der einzelnen Gesteinsbrocken zueinander, damit die Präparatoren sie später im Labor wieder richtig anordnen konnten. Danach durfte ich die Blöcke mit in Gips getauchten Bandagen einwickeln und Sackleinen darum schnüren. So waren sie für den Abtransport geschützt. Dafür kam extra ein Hubschrauber aus Winnemucca, der sie in einem riesigen Netz hinunter ins Tal flog. Koen und ich waren mit dem Piloten namens Ted, einem alten Vietnamveteranen, vom Basislager zur Grabungsstelle hinaufgeflogen. Der Aufstieg, für den wir sonst Stunden brauchten, geschah nun in drei Minuten. Ted landete das Fluggerät an einer kahlen, flachen Stelle, etwa 100 Meter vom Omphalosaurus entfernt. Er hielt nur so lange, bis Koen und ich aus dem Cockpit gehüpft waren und uns flink und gebückt unter den laufenden Rotorblättern weit genug entfernt hatten. Dann mussten wir die Steine ins Netz laden und es mit einem großen Haken an einem Seil befestigen, das vom Bauch des Hubschraubers herunterhing. Während er sich erneut von oben näherte, trugen wir Ohrenschützer und trotzdem war der Lärm noch beachtlich. Wir harrten neben dem Netz aus, bis der Hubschrauber nah genug war. Die Rotorblätter wirbelten Staub auf, und unsere Handgriffe mussten schnell und präzise ausgeführt werden, damit Ted schnell weiterfliegen konnte. Das Einhaken dauerte nur wenige Augenblicke und schon flog er mit der wertvollen Fracht davon. Wir liefen schnell zu einer Abbruchkante und beobachteten den Hubschrauber, der nun unter uns durch den Favret Canyon ins Tal flog. Was für ein eindrucksvoller Anblick! Wir folgten dem Hubschrauber zu Fuß und stiegen durch den Canyon ab. Auf halbem Weg kamen wir an einer weiteren markanten Stelle vorbei, die wir Beer Point getauft hatten. Von diesem Aussichtspunkt aus konnte man nämlich erstmals das Basislager sehen und das kühle Bier erahnen, das in einer Kühlbox dort auf uns wartete. Heute hatten wir es uns redlich verdient.

Nevadas Ichthyosaurier: Alles nur eine große Familie

Am Lagerfeuer des Basislagers aßen wir später zu Abend und tranken Wasser und ein paar Flaschen Bier. Für gewöhnlich kauften wir die günstigste Biersorte. Einmal entdeckte Lars im Supermarkt ein lokales Bier, auf dessen Label ein Ichthyosaurier abgebildet war, und er kaufte ein Sixpack davon. Es hieß Ichthyosaur India Pale Ale oder kurz Icky und stammte von der Great Basin Brewery. Es machte uns stutzig, dass die Brauerei eine geologische Struktur in ihrem Namen trug und ein Bier mit einem Etikett anbot, auf dem das Fossil dieses Bundesstaates abgebildet war. In den USA hat jeder Bundesstaat ein Motto, eine Blume, ein Tier oder sogar ein entsprechendes Fossil. Nevadas Fossil ist der Ichthyosaurier Shonisaurus, eine riesige walähnliche Fischechse aus der Oberen Trias.

Da unser Flieger ohnehin von Reno abhob, beschlossen wir, vor unserer Abreise auf jeden Fall noch einen Abstecher ins Brauhaus zu machen. Jetzt aber saßen wir noch am langsam erlöschenden Feuer und sprachen über die gute Arbeit und die zweite große Bergung, die wir für die kommenden Tage geplant hatten: Wir wollten das Meeresungeheuer der Augusta Mountains ausgraben, das wir an der Nordflanke des Favret Canyons entdeckt hatten. Dieses Monster war so riesig und hatte ein so großes Maul, dass es keine Fische, sondern andere Ichthyosaurier gefressen haben musste. Irgendwann räusperte sich Herman, weil er ein Kratzen im Hals spürte. Und als Koen und wenig später auch ich selbst dieses Kratzen verspürten, wussten wir: Es war höchste Zeit für unsere »Medizin«. Lars holte eine Flasche Tennessee Whiskey hervor, und nachdem jeder von uns einen kräftigen Schluck getrunken hatte, ließ das Kratzen sofort nach. Rein prophylaktisch nahmen auch Martin und Lars einen Schluck. Um uns war es inzwischen finster geworden, und bei dem klaren Himmel bot sich ein fantastischer Blick auf die Milchstraße. Dieser Ort war so abgeschieden und frei von Lichtverschmutzung, dass die Sterne strahlend am Himmel leuchteten wie in keiner anderen Gegend, die ich bis dahin kannte. Diese Abende am Feuer, an denen ich körperlich erschöpft, aber zufrieden mit meinem Tagwerk war, diese unverfälschte Natur, die Kameradschaft und die bedeutenden Funde machen die Augusta Mountains bis heute zu einem ganz besonderen Ort für mich.

Das große Monster, das wir ausgraben wollten, lag im Favret Canyon nahe der Stelle, wo wir zuvor den Omphalosaurus geborgen hatten, etwa 50 Meter tiefer an einem steilen Abhang. Die Gesteinsschichten stammen aus dem Anisium, der untersten Mitteltrias, und sind etwa 246 Millionen Jahre alt. Aus dem Berg stachen die runden Rückenwirbel des Tieres heraus, sie kullerten geradezu den Hang hinab. Die Rückenwirbel der Ichthyosaurier sind sehr markant: Bei senkrechter Draufsicht wirken sie kreisrund, und im Querschnitt sehen sie wie eine Sanduhr aus. Wir vermuteten, dass es sich bei diesem riesigen Tier um einen Thalattoarchon handelte. Das war ein gewaltiger Räuber, rund neun Meter lang und mit einem riesigen Schädel. Seine spitzen Zähne waren seitlich abgeflacht und maßen mindestens zwölf Zentimeter. Vorn und hinten hatten sie eine sägezahnartige Kante (Serration), mit der das Tier beim Zubeißen wie mit einem Steakmesser durch das Fleisch seiner Beute schneiden konnte. Thalattoarchon heißt mit vollem Namen Thalattoarchonsaurophagis, was »der echsenfressende Herrscher der Meere« bedeutet. Ein vortrefflicher Name, wie ich finde.

Thalattoarchon war der allererste uns bekannte Spitzenräuber der Meere. Er konnte außerordentlich große Beute jagen und sie mit seinen Zähnen töten. Sein Gebiss war so konzipiert, dass er diese Beute nicht nur einfach herunterschlucken musste, wie das die meisten Fische tun, sondern große Fleischstücke davon abbeißen konnte. Bei Thalattoarchon waren die Zähne so geformt, dass sie zum Fangen und Fressen kleinerer Beute ungeeignet waren. Er war also darauf angewiesen, andere Fischechsenarten zu fressen, wie sein bildlicher Name verrät. Man kann seine Lebensweise vielleicht mit der heutiger Orcas vergleichen. Solche Jäger, die sehr große Beute töten können und an der Spitze der Nahrungskette stehen, werden auch als Apex-Räuber bezeichnet, und ihre Lebensweise hat weitreichende Auswirkungen auf das Ökosystem. Damit eine gesunde Population von Jägern aufrechterhalten werden kann, müssen die Beutetiere bis zu hundertmal häufiger vorkommen als ihre Jäger. Auf hundert Zebras in der Savanne darf statistisch nur etwa ein Löwe kommen. In den Meeren ist das Verhältnis zwar anders als bei Landlebewesen, trotzdem müssen Tiere, die Raubtieren als Nahrung dienen, in ausreichender Anzahl verfügbar sein, bevor die ökologische Nische des Jägers überhaupt besetzt werden kann. Man spricht hier von verschiedenen Trophieebenen.

Die Trophieebene