Guarding Your Love (Kiss'n'Kick 3) - Nicole Alfa - E-Book

Guarding Your Love (Kiss'n'Kick 3) E-Book

Nicole Alfa

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Beschreibung

**Ein Footballstar fürs Herz** Der Start am College soll für Isabella ein kompletter Neuanfang werden. Zwei Jahre nach ihrer schmerzhaften Trennung ist die Zeit gekommen, endlich ihren Traum wahr werden zu lassen und Tanzpädagogik zu studieren. Doch plötzlich holt ihre Vergangenheit sie wieder ein: Kyle, Footballstar ihrer ehemaligen Highschool, mit einem Lächeln zum Niederknien … und ihr Ex-Freund. Es passiert, was nicht sein darf – es knistert zwischen ihnen wie am ersten Tag. Doch Isabella ist nicht bereit, Kyle zu verzeihen, dass er sie damals grundlos verlassen hat. Und dann lernt sie auch noch den attraktiven Footballer Liam kennen … Die Wattpad-Sensation nun bei Carlsen Impress! //Dies ist der dritte Band der berührenden Liebesroman-Buchserie »Kiss'n'Kick«. Alle Romane der Sports Romance: -- Kicking Your Love. Kiss'n'Kick 1 -- Seeking Your Love. Kiss'n'Kick 2  -- Guarding Your Love. Kiss'n'Kick 3 -- Sammelband der gefühlvollen Sports-Romance-Trilogie (Kiss'n'Kick) Diese Reihe ist abgeschlossen.//

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Impress

Die Macht der Gefühle

Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.

Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.

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Nicole Alfa

Guarding Your Love (Kiss’n’Kick 3)

**Ein Footballstar fürs Herz**

Der Start am College soll für Isabella ein kompletter Neuanfang werden. Zwei Jahre nach ihrer schmerzhaften Trennung ist die Zeit gekommen, endlich ihren Traum wahr werden zu lassen und Tanzpädagogik zu studieren. Doch plötzlich holt ihre Vergangenheit sie wieder ein: Kyle, Footballstar ihrer ehemaligen Highschool, mit einem Lächeln zum Niederknien … und ihr Ex-Freund. Es passiert, was nicht sein darf – es knistert zwischen ihnen wie am ersten Tag. Doch Isabella ist nicht bereit, Kyle zu verzeihen, dass er sie damals grundlos verlassen hat. Und dann lernt sie auch noch den attraktiven Footballer Liam kennen …

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Vita

Playlist

Danksagung

© MAKEMOHRFOTO Erding

Nicole Alfa schrieb bereits mit elf Jahren die Erstfassung für ihre Debütreihe. Nachdem sie ihre Manuskripte auf einer Plattform für Autoren hochlud und dort Zuspruch von ihren Lesern bekam, verfestigte sich ihr Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Oft lässt sie sich für ihre Charaktere und deren Schicksale durch ihre Umgebung, Erfahrungen, Musik oder Fotos inspirieren. Ihr Motto ist es, nicht aufzugeben, auch wenn andere sagen, dass es unmöglich ist.

Für alle, die nie aufhören an ihre Träume zu glauben.

Playlist

Start Again – OneRepublic feat. Logic

Take a Look – Boo Seeka

Always Hate Me – James Blunt

Sorry – ClockClock

i miss you (skin to skin) – Dylan Conrique

Wait for You – Tom Walker feat. Zoe Wees

Lost Without You – Kygo feat. Dean Lewis

2step – Ed Sheeran

Naked (CADE Remix) – James Arthur

Rockstars – Malik Harris

Freeze – Kygo

Epsilon (Original Mix) – Kygo

The Middle – Zedd, Maren Morris, Grey

Ocean – Martin Garrix feat. Khalid

Sixteen – Ellie Goulding

Carry You Home – Zara Larsson

Conversations in the Dark – John Legend vs. David Guetta

Hold Me Like You Used To – Zoe Wees

Self Control – DallasK

Young – The Chainsmokers

Prolog

Isabella

Vier Jahre zuvor

Schon wieder ein B? Wenn du so weitermachst, wirst du nie einen perfekten Highschool-Abschluss haben. Dann kannst du ein Stipendium vergessen. Du wirst nie an ein renommiertes College oder eine angesehene Universität gehen können. Damit sind deine späteren Karrierechancen gleich null! Ich bin enttäuscht von dir, Isabella.

Die vorwurfsvollen Worte meines Dads hallen wie in Dauerschleife in meinem Kopf nach. Dabei weiß ich, dass er es nur gut meint. Er und Mom kommen aus eher ärmlichen Verhältnissen. Meine Eltern haben hart für ihren Erfolg gearbeitet und dafür, dass wir ein Dach über dem Kopf haben und uns ein eigenes Haus leisten können. Sie wünschen sich, dass mir nach meinem Highschool-Abschluss in ein paar Jahren alle Wege offenstehen.

Ich hatte sonst immer sehr gute Noten, war seit der Elementary School immer die Beste in meiner Klasse oder Jahrgangsstufe. Doch seit unserem ersten und einzigen Umzug nach River Hill ist es mir schwergefallen, mich so schnell einzuleben wie meine Eltern.

Wir haben unser altes Leben hinter uns gelassen. Die Wohnung, in der ich aufgewachsen bin. Meine Freunde.

Stattdessen stehe ich nun vor einer neuen Umgebung, gehe in eine neue Schule, habe neue Lehrer und neue Mitschüler. Ich bin die Neue und habe noch keine Freunde gefunden. Zumindest keine Freunde, wie ich sie mir vorgestellt habe. Freunde, mit denen ich mich in der Schule treffe und über aktuelle Serien, Filme, Bücher oder Gossip reden kann. Freunde, mit denen ich gemeinsam in der Kantine zu Mittag essen kann. Freunde, mit denen ich mich nach der Schule zum Lernen oder für Unternehmungen verabreden kann.

Doch bisher haben lediglich ein paar Jungs Interesse an mir gezeigt, das eindeutig nicht freundschaftlicher Natur ist.

Darauf kann ich allerdings verzichten. Zudem würde mir Dad einen Freund sowieso nicht erlauben. Er würde durchdrehen, denn an erster Stelle stehen meine Noten.

Laut Dad sind Jungs Störfaktor Nummer eins, der seine Zukunftspläne für mich zunichtemachen würde. Ein Junge sorgt nur für Ablenkung. Genauso wie das Tanzen.

Eine weitere Drohung von Dad schießt durch meinen Kopf: Du darfst erst in eine regionale Tanzgruppe, wenn deine Noten wieder ausnahmslos auf A-Niveau gestiegen sind.

Obwohl ich mich anfangs so sehr auf den Umzug und darauf gefreut habe, aus den engen Wänden unserer kleinen Wohnung am Stadtrand des hektischen New York Citys herauszukommen, obwohl ich mich so sehr auf ein Leben in einem großen Haus mit eigenem Garten in einer ruhigen Kleinstadt gefreut habe, fühle ich mich jetzt so eingeengt wie noch nie.

Tränen brennen in meinen Augen, der Kloß in meinem Hals ist so dick, dass ich glaube gleich daran zu ersticken und ich zittere am ganzen Körper, als ich aus dem Haus nach draußen in den Garten stürme. Dort, an der frischen Luft angekommen, bleibe ich stehen und atme mehrmals tief ein und aus.

Nachdem wir lange ohne Balkon, Terrasse oder Garten in der Großstadt gelebt haben, haben wir jetzt endlich all diesen Platz. Ich liebe die Pflanzen und das Grün. Unser Garten ist gesäumt von hohen Bäumen, die uns vor den Augen neugieriger Nachbarn schützen. Ansonsten gibt es nicht viel, außer einem kleinen Weiher, über den eine Brücke führt. Aber dafür genügend freie Wiesenfläche, die ich neben dem Bepflanzen von Gemüse- und Blumenbeeten gemeinsam mit Mom so gern für meine Lieblingsbeschäftigung nutze: das Tanzen.

Es ist der einzige Grund, weshalb ich jetzt nach dem Streit mit meinen Eltern nicht hemmungslos heulend in meinem Zimmer sitze. Denn das Tanzen gibt mir Freiheit und hilft mir meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Meine Emotionen in Bewegungen umzuwandeln. Es hilft mir mich abzureagieren.

Das Herz pocht gegen meine Brust, als ich meine kabellosen Kopfhörer in die Ohren stecke und auf meinem Handy eine meiner vielen Playlists starte.

Die ersten Klänge der Musik wummern durch meine Ohren. Sie breiten sich in meinem Körper aus bis hin zu meinen Zehenspitzen, die erwartungsvoll kribbeln. Der Beat pulsiert durch meine Adern und bringt meine Muskeln dazu, sich zu bewegen. Alle Anspannung fällt von mir. Mit geschlossenen Augen schalte ich ab und überlasse meinem Körper die Kontrolle. Drehe mich zur Musik und lasse mich von ihr treiben, wie immer, wenn es mir nicht gut geht.

Ich bin so in meiner Welt versunken, dass ich nicht weiß, wie mir geschieht, als mich etwas Schweres im Rücken trifft. Durch die Wucht des Aufpralls werde ich aus dem Gleichgewicht gebracht. Das Handy fällt mir aus der Hand und landet mit einem lauten Platschen im seichten Teich vor mir. Hilflos mit den Armen rudernd stürze ich mit einem lauten Aufschrei hinterher. Dabei fallen meine Kopfhörer aus den Ohren. Ich kann mich gerade noch mit den Händen und Knien im Schlamm abfangen. Dadurch wühle ich Dreck auf und die armen Goldfische, die sich darin befinden, stieben auseinander.

Als ich mich vollkommen durchnässt aufrichten will – das Wasser ist, der warmen Junisonne sei Dank, nicht kalt –, fällt mein Blick auf das Etwas, das mich in diese Lage gebracht hat: ein brauner Football, der auf der Wasseroberfläche vor mir treibt.

Stirnrunzelnd will ich danach greifen, als ein Schatten auf mich fällt. Da ich immer noch im seichten Wasser knie, blicke ich auf die dreckigen Sneakers, die als Erstes in mein Blickfeld treten. Mein Blick wandert über behaarte, aber muskulöse Beine zu der knielangen Sporthose, die so tief über den Hüften der Person hängt, dass es meiner Grandma nach verboten gehören würde. Die Person trägt ein dunkles, enges T-Shirt, unter dem sich deutlich feste Muskeln abzeichnen. Ich halte den Atem an, als mein Blick über breite Schultern hin nach oben gleitet und ich in das schönste, markanteste Gesicht schaue, das ich je gesehen habe.

Es gehört einem großen Jungen mit dunkelgrünen Augen. Seine buschigen Brauen sind leicht nach oben gezogen. Kaffeebraune Haare hängen ihm in Strähnen in die schweißnasse Stirn. In einer fließenden Bewegung streicht er sie sich nach hinten, wobei ich erkennen kann, dass er volle Lippen und ein kantiges Kinn hat.

Ich merke erst, dass ich ihn ungeniert anstarre, als ich wieder in seine funkelnden Augen sehe und das süffisante Grinsen entdecke, zu dem sich seine Mundwinkel verzogen haben. Errötend schiebe ich mir meine durch den Sturz ins Wasser halb nass gewordenen langen Haare zurück.

Fieberhaft suche ich nach den richtigen Worten, um die peinliche Stille zwischen uns zu überbrücken. Außerdem würde ich gerne wissen, was er hier in meinem Garten zu suchen hat, doch er kommt mir zuvor.

»Badest du immer im Teich?«

Seine Stimme ist tief und angenehm und führt, gepaart mit dem intensiven Blick, mit dem er mich stirnrunzelnd mustert und der sich unter meine Haut zu brennen scheint, dazu, dass mir ein merkwürdiges Prickeln über den Rücken läuft, das mich zum Schwitzen bringt.

Zuerst weiß ich nicht, was er meint, bis mir auffällt, dass ich immer noch im Teich vor ihm knie. Mir wird heiß. Meine Wangen brennen. Bestimmt sehe ich aus wie eine überreife Erdbeere. Das passiert mir leider immer, wenn mir etwas peinlich oder unangenehm ist. Aufgrund meiner blassen Haut und den hellen blonden Haaren sieht man die Röte nur noch deutlicher. Am liebsten würde ich mir die Hände vors Gesicht schlagen. Wie peinlich!

»N-nein«, stottere ich überrumpelt. Mein Blick wandert von dem fremden Jungen zu dem Football und ich zähle eins und eins zusammen. »Gehört dir der Football? Wegen ihm bin ich erst hier gelandet! Er hat mich mit voller Wucht getroffen!«

Der Junge sieht mich völlig perplex an. Er scheint verwirrt. Dann zucken seine Mundwinkel und zu meiner Entrüstung bricht er in schallendes Gelächter aus. Ich bin so verblüfft, dass mir der Mund aufklappt und ich ihn sprachlos vor Unglauben über seine unangebracht freche Reaktion anstarre, bis er sich wieder beruhigt hat.

»Tut mir leid, aber das … das ist echt lustig«, kichert er kopfschüttelnd. »Ich wusste gar nicht, dass ich so zielsicher bin. Ich wollte den Ball nur so weit wie möglich werfen. Ich habe nicht daran gedacht, dass ich jemanden treffen könnte. Und dass dieser Jemand noch ein wunderschönes, engelsgleiches Mädchen ist, das wegen mir ins Wasser fällt, kam mir nie und nimmer in den Sinn.«

Er schenkt mir ein einnehmendes fröhliches Lächeln, das ich nicht erwidern kann. Im Gegenteil. Es verunsichert mich. Er ist nicht der Erste, der mich wunderschön findet. Ich bin schlank, knappe ein Meter achtzig groß, habe blasse Haut und honigblonde Haare, die in natürlichen Wellen bis zu meinen Ellbogen reichen. Mein Gesicht und meine Lippen sind herzförmig und meine weit auseinanderstehenden Augen strahlend blau. Deshalb kam es schon häufiger vor, dass ich aufgrund meines Aussehens von anderen Leuten als Engel bezeichnet wurde und viele Jungs zum Leidwesen meines Vaters Interesse an mir haben.

Ich erwidere seinen Blick herausfordernd. »So wie du mein wunderschönes und engelsgleiches Aussehen betonst, scheint dir das sehr wichtig zu sein.«

Vielleicht verurteile ich ihn vorschnell. Doch dieser Typ vor mir ist heiß, was er bestimmt auch weiß. Außerdem ist er anscheinend Footballspieler und demnach sicher sehr beliebt an seiner Schule. Womöglich geht auch er an die River Hill. Von Mitschülern habe ich mitbekommen, dass viele der Sportler-Jungs und vor allem die Footballspieler, deren Team regional und überregional die meisten Spiele gewinnt und regelmäßig Pokale nach Hause bringt, sehr arrogant sind und einen Player-Ruf haben.

»Es ist doch eine Tatsache, dass du wunderschön bist. Oder bist du da anderer Meinung?«, erwidert er verwirrt.

Unbeeindruckt stemme ich die Hände in die Hüften. »Ich fände es toll, wenn ich nicht nur auf mein wunderschönes und engelsgleiches Aussehen reduziert werden würde.«

»Tut mir leid«, meint der Junge und klingt dabei wirklich ehrlich. »Mir war nicht bewusst, dass ich dich damit verletzt oder beleidigt habe oder so.« Versöhnlich streckt er mir die Hand entgegen.

Ich erwidere sein Lächeln und ergreife seine Hand. Als er mich herausziehen will, grinse ich ihn böse an. Er weitet erschrocken die Augen, als er mein Vorhaben erkennt. Doch es ist bereits zu spät, um zurückzuweichen, denn da habe ich ihn schon nach vorn gezogen. Er gerät aus dem Gleichgewicht und stolpert neben mir ins dreckige Wasser, das wild zu allen Seiten spritzt.

Der fremde Junge landet, wie ich zuvor, auf allen vieren, ehe er sich wieder aufrichtet und mich überrascht anblickt.

»Was sollte das denn jetzt?«

»Findest du das jetzt noch immer zum Lachen? Ich dachte mir, dir würde eine Abkühlung ganz gut tun, um wieder auf dem Boden anzukommen«, meine ich triumphierend. »Das war dafür, dass ich wegen dir im Wasser gelandet bin, mein Handy und meine Kopfhörer jetzt wahrscheinlich kaputt sind und du mich erst mal ausgelacht und mir Komplimente über mein wunderschönes, engelsgleiches Aussehen gemacht hast, statt mir gleich aus dem Wasser zu helfen.«

Der Typ mustert mich verblüfft. Dann schüttelt er sich die tropfnassen Haare aus dem Gesicht. Wider Erwarten scheint er mir nicht böse zu sein. Nein, ganz im Gegenteil. Auf seinem Mund breitet sich ein anerkennendes Grinsen aus. Er nimmt es völlig gelassen, fast schon bewundernd auf.

»Touché. Damit hätte ich nicht gerechnet. Du bist nicht nur wunderschön und engelsgleich, sondern auch schlagfertig, das finde ich cool.« Erneut hält er mir die Hand hin. »Ich bin Kyle. Und mit wem habe ich die Ehre?«

Kyle. Ein zugegebenermaßen schöner Name für einen Idioten.

Zögerlich schüttele ich sie. Bei seinem festen, aber warmen Händedruck wird mir ebenfalls ganz warm. Noch mehr Hitze schießt mir in die Wangen und ich bin froh, dass meine Stimme nicht zittert, als ich sage: »Isabella.«

»Isabella.« Er lässt sich meinen Namen auf der Zunge zergehen, als wäre er Schokolade.

Und verdammt, es bringt meinen Körper dazu, an allen Stellen zu kribbeln. Sogar Stellen, von denen ich nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt.

»Wer bist du, Kyle?«, frage ich, da ich ihn nicht kenne. »Und was hast du hier in meinem Garten zu suchen?«

»Ich wohne nebenan«, erklärt er. »Ich habe schon gehört, dass eine neue Familie hergezogen ist. Da meine Eltern aber viel beschäftigt und unterwegs sind, sind wir noch nicht dazu gekommen, mal hallo zu sagen.«

Er grinst schief und schnappt sich dann mit einem finsteren Blick den nassen Football, den er stirnrunzelnd zwischen den Händen dreht, ehe er ihn unter seine Achsel klemmt und mich wieder anblickt. Für einen kurzen Augenblick meine ich, Schmerz in den Tiefen seiner dunkelgrünen Augen zu erkennen. Den gleichen Schmerz, der sich in meinen widerspiegelt. Oder irre ich mich?

»Ich wollte Wut abbauen und diesen verhassten Football loswerden. Deshalb habe ich ihn weit weg geschossen und dabei allerdings meine Kraft vollkommen unterschätzt. Ich dachte wirklich nicht, dass er ins Nachbargrundstück fliegen und jemanden treffen würde. Das war keine Absicht und tut mir ehrlich leid«, erklärt er.

Irritiert sehe ich ihn an. Mit einer solch ehrlichen Antwort habe ich nicht gerechnet. »Schon in Ordnung. Warum ist dein Football denn verhasst und warum wolltest du Wut abbauen?«

Er tritt einen Schritt näher, sodass er nun direkt vor mir steht. So nahe, dass ich seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren kann. Ich halte die Luft an, als er die Hand hebt und mit seinen überraschend weichen Fingern über meine Wange streicht.

»Deine Augen sind leicht gerötet. Man sieht, dass du geweint hast.« Er erstarrt und blickt mich erschrocken an. »Doch nicht etwa wegen mir?«

»Ich …« Mir bleibt eine Antwort im Hals stecken und ich schweige, da es sich nicht mehr abstreiten lässt. Erneut schießt mir Röte in die Wangen. Mein Gesicht hat mich verraten. »Nein, ich habe nicht wegen dir geweint. Ich wollte ebenfalls Wut abbauen und abschalten.«

»Und warum?«

Ich hebe die Brauen. »Du stellst mir dieselbe Frage, die ich dir nur wenige Sekunden zuvor gestellt habe und die du noch nicht beantwortet hast. Das ist nicht fair. Bevor ich deine beantworte, musst du erst meine beantworten.«

Er grinst schräg. »Stimmt. Dass ich deine Frage versucht habe zu umgehen, liegt daran, dass ich über das Thema nicht gerne spreche. Aber wenn es dich interessiert: Meine Eltern sind etwas versnobt. Sie wollen unbedingt, dass ich wie mein großer Bruder Footballkapitän werde – neben den Bestnoten, die ich selbstverständlich schreiben soll, um später einmal an der Harvard University Jura zu studieren, so wie sie. Und wenn schon nicht Harvard, dann zumindest Yale.«

In seiner Stimme schwingen Frustration und Verachtung mit. Seine Antwort verwundert mich. Denn es klingt nicht so, als würde er seinem Bruder und seinen Eltern unbedingt folgen wollen. Dabei sind sowohl Harvard als auch Yale renommierte Universitäten. Zudem hätte er mit Jura später einmal super Karrierechancen.

Ich klinge schon wie mein Vater.

Außerdem erhoffen sich viele der Schulsportler ein Stipendium. Als Footballkapitän sind die Chancen dafür bestimmt höher und man ist zudem doch noch beliebter als die übrigen Spieler. Zumindest kommt mir das immer so vor. Er kann sich vor interessierten Mädels sicher kaum retten. Oder ist ihm der Beliebtheitsstatus als Sportler und Kapitän womöglich gar nicht wichtig?

»Und das willst du nicht?«, errate ich.

Sein Blick wandert zu seinem Football. »Ich mag den Sport. Als Hobby. Mir gefällt der Teamgeist und es hält mich fit.« Dann sieht er mich an. »Aber meine Leidenschaft liegt woanders.«

»Wo denn?«, hake ich neugierig nach.

Er zögert. Seine Wangen färben sich leicht rot. Nervös kratzt er sich im Nacken. »Ich mag Musik ganz gerne. Es macht mir Spaß, Lieder zu mixen und eigene Songs zu schreiben. Mit ihnen kann ich meine Gefühle ausdrücken und Geschichten auf eine besondere Art und Weise erzählen. Ich gebe ihnen Klänge, Melodien. Gebe ihnen eine Stimme. Lasse damit andere mitfühlen.«

Seine Augen funkeln, während er spricht, und ich kann seine Begeisterung nachempfinden.

Kyle erwidert mein Lächeln traurig. »Aber meine Eltern sind der Meinung, damit und erst recht als DJ verdient man später einmal kein richtiges Geld«, fährt er düster fort. »Zudem DJ für sie kein angesehener Job ist. Sie wollen, dass ich wie sie Anwalt werde. Das ist besser für den Ruf unserer Familie. Immerhin sollen mein Bruder und ich später einmal das Familienimperium leiten.«

Ich nicke langsam. Kann den Frust und den Schmerz, die in seiner Stimme mitschwingen und die ich in seinen Augen sehe, sehr gut nachempfinden.

»Mir geht es ähnlich«, erwidere ich, weil ich das Gefühl habe, dass er mir, einer Wildfremden, etwas Wichtiges und Persönliches anvertraut hat. Etwas, das ihn anscheinend sehr beschäftigt. Vielleicht brauche ich aber auch jemanden zum Reden. Jemanden, der mich versteht. »Mein Dad will auch unbedingt, dass ich sehr gute Noten schreibe. Dass ich die Beste bin und später einmal einen super bezahlten Job habe, mit dem ich abgesichert bin und unabhängig sein kann. Mit dem ich mir ein richtiges großes Haus mit Garten leisten kann. Sein Traum wäre es ebenfalls, wenn ich an einer renommierten Uni angenommen würde.«

»Und das willst du nicht?«, wiederholt er meine Frage von vorhin.

»Meine Noten sind mir schon wichtig. Aber nicht so wichtig wie meinen Eltern. Eine renommierte Uni wäre natürlich toll, wenn sie interessante Studiengänge und Lehrprogramme bietet. Aber ich habe nicht vor, reich oder berühmt zu werden. Ich habe auch eine Leidenschaft. Ich tanze für mein Leben gern. Mit dem Tanzen kann ich wie du mit deiner Musik meine Emotionen ausdrücken. Mit dem Tanzen kann man auch Geschichten erzählen. Menschen berühren.« Ich mache eine Pause und kann meinen verträumten Blick nicht vor Kyle verbergen. Zu groß ist der Wunsch, nach dem sich mein Herz sehnt. »Mein Traum ist es, später Tänzerin zu werden. Am liebsten würde ich ein Studio eröffnen oder als Lehrerin in einer Schule arbeiten und den Schülern meine größte Leidenschaft näherbringen. So genau weiß ich es also noch nicht. Ich weiß nur, dass es irgendwas mit Tanzen sein soll.«

Kyle betrachtet mich verständnisvoll lächelnd. »Das klingt doch nach einem tollen Traum.«

Frustriert seufze ich. »Meine Eltern sehen das leider anders. Ihrer Meinung nach ist dieser Beruf viel zu unsicher und nicht wirklich profitabel. Selbst wenn man als Lehrerin arbeitet. Auch wegen der Verletzungsrisiken. Sie akzeptieren es, solange es nur mein Hobby bleibt. Aber sie erlauben mir erst, mich einer Tanzgruppe hier anzuschließen, wenn ich Bestnoten schreibe.«

Kyle mustert mich unter zusammengezogenen Brauen. Sein intensiver Blick bohrt sich in mich, als suche er sich einen Weg direkt in meine Seele. In mein Herz.

Erneut hält er mir seine Hand hin. Da er direkt vor mir steht, fällt mir erst jetzt auf, wie riesig er eigentlich ist. Er ist einen Kopf größer als ich. In seinen Augen liegt ein merkwürdiges Funkeln, das mein Herz schneller schlagen und meinen Magen merkwürdig kribbeln lässt.

»Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen, Nachbarin. Ich denke, wir werden sehr gute Freunde werden, Bella.«

Kapitel 1

Isabella

Atemlos hetze ich durch die breiten Gänge des Hauptgebäudes des Sunrise College. Durch die hohen Fenster fällt Sonnenlicht von draußen herein und taucht die Flure in ein angenehmes helles Licht. Leider habe ich keine Zeit, die eigentlich wunderschöne Innengestaltung zu bewundern.

Ich weiche verdutzten Studenten aus und stolpere beinahe über meine eigenen Füße, die in meinen bequemen Lieblingssneakers stecken. Im letzten Moment kann ich mich wieder fangen. Ich halte meine Umhängetasche fest, die von meiner Schulter zu rutschen droht, während ich gleichzeitig versuche den großen Latte macchiato in der anderen Hand nicht zu verschütten.

Der Grund, weshalb ich so spät dran bin. Zu viel Kaffee vertrage ich nicht, weil ich danach oft zittrig werde. Doch die Mischung aus einem Schuss Espresso und viel Milch ist bekömmlicher, und genau diese liebe ich. Ohne das Getränk kann ich nicht in den Tag starten. Allerdings geht es anderen anscheinend ähnlich wie mir, denn die Schlange im Campus-Café war heute Morgen ewig lang – was auch für den guten Kaffee dort spricht. Leider hat jemand gekündigt, weshalb sie heute Morgen unterbesetzt waren und es noch länger gedauert hat.

Diese Verzögerung passt so gar nicht in meinen Zeitplan. Ich schaffe es gerade noch vor Viertel nach zehn in den Vorlesungssaal. Zwar total abgehetzt und verschwitzt, aber immerhin pünktlich.

Meine Mitbewohnerin Sky, mit der ich mir ein Doppelzimmer im Wohnheim am Campus teile, hat mir allerdings verraten, dass es normal ist, dass manche Studenten mitten unter der Vorlesung kommen und gehen. Am College sind wir freier als an der Highschool, wo man sich selbst für den Gang zur Toilette den Hallway Pass, eine schriftliche Erlaubnis für das Verlassen des Kursraumes, vom Lehrer abholen musste.

Bei Vorlesungen sagen die meisten Professoren normalerweise nichts, wenn jemand zu spät kommt. In den Seminaren wird es allerdings nicht so gern gesehen.

Dennoch mag ich es überhaupt nicht, unpünktlich zu sein. Ich brauche die Zeit davor, um zur Ruhe zu kommen. Ich brauche die Zeit, um mich vorzubereiten, meine Unterlagen auf den Tisch zu legen und meine Mitschriften noch mal durchzugehen. Dabei ist es meine erste richtige Pflichtveranstaltung, nachdem wir letzte Woche unzählige Einführungsveranstaltungen für die Erstsemester hatten. Zum Glück müssen wir erst in der zweiten Studienhälfte unseren Schwerpunkt wählen, weshalb wir jetzt zu Beginn in verschiedene Fächer und Orientierungskurse hineinschnuppern können. Dabei weiß ich schon genau, was ich studieren und später einmal werden will.

Trotzdem freue ich mich darauf, nun endlich das Studentenleben zu genießen und frei zu sein. Ich bin überglücklich und dankbar dafür, hier studieren zu können, weit weg von zu Hause, was ich mir aufgrund der hohen Studiengebühren ohne das Stipendium nicht leisten könnte.

All die Jahre über war ich diszipliniert und habe oft bis in die Nacht hinein gelernt. Musste mich heimlich aus dem Haus schleichen, um mich mit meinen ehemaligen Freunden zu treffen oder mit ihnen auf Hauspartys zu gehen. Bis auf diese Ausrutscher war ich die perfekte Tochter. Ich habe fast alles getan, was von mir verlangt wurde. Obwohl es mich unglücklich gemacht hat. Ich habe oft genug hingenommen, dass mir Steine in den Weg gelegt wurden. Doch damit ist jetzt endgültig Schluss. Ich bin alt genug, um mein eigenes Leben zu leben. Meine eigenen Entscheidungen zu treffen.

Ich werde nicht noch einmal zulassen, dass mir jemand meine Träume zerstört.

Schnell schiebe ich die Erinnerungen, die in mir hochkommen, in den hintersten Winkel meines Gehirns, ehe mich die dunklen Gedanken wieder einholen und mir Schuldgefühle einreden können.

Keuchend erreiche ich den Hörsaal für meine erste Vorlesung heute. Die Türen sind noch offen, die meisten Plätze sind bereits besetzt. Vorne steht unsere Professorin Ms Clark, die ihre Unterlagen sortiert. Trotz ihrer Anwesenheit herrscht noch geschäftiges Treiben. Studenten kramen ihre Laptops, Notizblöcke und Stifte hervor oder unterhalten sich angeregt. Fröhliches Geplapper liegt in der Luft.

Erleichtert, dass ich es doch noch rechtzeitig geschafft habe, atme ich aus. Außer Puste lasse ich mich auf einen freien Sitz in einer der vorderen Reihen fallen. Dort stelle ich meinen Latte macchiato auf dem Klapptisch vor mir ab und hole meinen Laptop aus meiner Tasche, den ich hochfahre. Kurz darauf beginnt Ms Clark auch schon mit ihrem Vortrag über Introduction to Business Management. Es ist die einzige Vorlesung, die ich mit einem zusätzlichen Seminar in diesem Gebiet besuche. Auch wenn ich Business Management nie im Hauptfach studieren werde, habe ich so zumindest einen Kurs, der sich damit beschäftigt. Schaden kann es nicht.

Konzentriert lausche ich Ms Clarks Worten und tippe die für mich wichtigen Informationen mit. Währenddessen nippe ich immer wieder an meinem halb ausgetrunkenen, mittlerweile lauwarmen Latte macchiato. Das Handy habe ich extra in meiner Tasche verstaut, um nicht in Versuchung zu geraten, mich abzulenken, so wie einige andere meiner Mitstudenten. Denn die sind lieber in mitgebrachte Bücher oder ihre Smartphones vertieft als in unsere Professorin und deren Präsentation über Betriebswirtschaft. Eine Studentin vor mir spielt gelangweilt Candy Crush Saga, wie ich kopfschüttelnd registriere, während andere durch Social Media scrollen.

Wenn sie so offensichtlich keine Lust auf die Vorlesung haben, warum kommen sie dann überhaupt her? Im Gegensatz zu manchen Seminaren herrscht keine Anwesenheitspflicht. Sie könnten noch in ihren Zimmern liegen und ausschlafen.

Dennoch trudeln immer wieder Studenten ein, sodass ich mich eigentlich gar nicht hätte abhetzen müssen. Wäre ich auf der Middle oder Highschool zu spät gekommen, hätte ich von den Lehrern Strafarbeiten oder Verwarnungen erteilt bekommen. Ich weiß noch, wie das ein einziges Mal passiert ist. Von meiner damaligen Lehrerin durfte ich mir eine peinliche Rede anhören und musste die spöttischen Blicke meiner Mitschüler ertragen. Am College interessiert es niemanden.

Ich lasse den Blick schweifen. All die Studenten um mich herum machen wie ich einen Neuanfang. Immerhin bedeutet das Studium für viele eine Veränderung. Die Zeit an der Highschool ist vorbei. Man zieht von zu Hause weg. Lässt Familie, Haustiere und Freunde zurück. Das Studium ist ein großer Schritt aus dem alten Leben hinein in Richtung Erwachsenwerden. Ein wichtiger Schritt in die Unabhängigkeit. Freiheit.

Weg von den strengen Erwartungen und Kontrollen meines Vaters. Ich war lange genug diszipliniert. Habe meine Zeit mit Lernen verbracht, habe mich seinen Erwartungen gebeugt. Doch jetzt ist endlich meine Zeit gekommen.

Ich habe oft zurückstecken müssen. Jetzt darf ich mein Leben genießen.

Zum ersten Mal seit Langem fühle ich mich wirklich angekommen. Und frei. So wie ich es immer wollte. So wie ich es mir schon seit Jahren wünsche. Damit komme ich meinem Traum ein Stück näher.

Als Ms Clark ein paar belanglose Dinge über Gewinn- und Verlustrechnung erklärt, unterbreche ich meine Mitschriften und greife nach meinem Latte macchiato, um ein paar Schlucke zu nehmen. Die Türen zum Hörsaal öffnen sich. Weitere Studenten kommen herein. Mein Blick fällt auf einen großen Typen, der ein wenig abgehetzt wirkt. Beinahe gleitet mir der Becher aus den Fingern.

Mein Herz bleibt stehen. Mir wird zugleich heiß und kalt. Ich atme so heftig, dass ich kaum Luft bekomme, kann mich nicht mehr bewegen. Meine Knie werden weich und ich bin froh, dass ich sitze. Denn ansonsten wäre ich vermutlich umgekippt. Meine Augen flimmern und meine Hände und Füße kribbeln komisch. Ich denke schon, dass ich ohnmächtig werde. Es ist, als hätte ich die Kontrolle über meinen Körper verloren. Als hätte er sämtliche Funktionen eingefroren.

Ungläubig starre ich den Jungen an, den ich das letzte Mal vor knapp zwei Jahren gesehen habe. Zu dem ich das letzte Mal vor zwei Jahren Kontakt hatte.

Er steht nur wenige Meter von mir entfernt. In einer fließenden Geste fährt er sich durch seine kurzen kaffeebraunen Haare. Sein markantes Gesicht und das kantige Kinn sehe ich selbst von meinem Platz aus deutlich. Um seinen Hals baumeln große Kopfhörer. Er trägt bequeme Laufschuhe, Jeans und einen Pullover mit dem Logo des Sunrise College: eine aufgehende Sonne.

Seinen Körper kann man unter seinen Klamotten nur erahnen. Er ist noch immer so groß, breit gebaut und muskulös wie früher. Kein Wunder auch. Immerhin war er in seinen letzten Highschool-Jahren Quarterback und Footballkapitän der River High. Er war der Footballstar unserer Schule. Er war mein Nachbar und Freund.

Zumindest bis alles kaputtging.

Kapitel 2

Isabella

Sein Gesicht ist gerötet, als wäre er wie ich vorhin hierher gerannt. Ich hätte nie erwartet ihn wiederzusehen. Derweil hätte mir klar sein müssen, dass auch er sich am Sunrise beworben hat. Das College ist das nächste in seiner Umgebung und hat einen guten Ruf. Zudem bietet das Sunrise eine Vielzahl an unterschiedlichen Studiengängen und Forschungsprogrammen an. Die besten Absolventen wechseln nach ihrem Bachelor Degree an die renommiertesten Universitäten des Landes.

Mein Herz stolpert, als der Blick aus seinen dunkelgrünen Augen nach einem freien Platz suchend über den Saal schweift. Er gleitet an mir vorbei, wandert wieder zurück und macht bei mir Halt. Die Stimme der Professorin und das geschäftige Tippen meiner Kommilitonen auf ihren Laptop-Tastaturen verschwinden in den Hintergrund. Ich blende die Vorlesung und die Leute, die um mich herumsitzen, vollständig aus. Für einen kurzen Augenblick scheint die Welt um mich herum vergessen. Für einen kurzen Augenblick gibt es nur ihn und mich.

Meine Atmung beschleunigt sich. Schweißperlen treten mir auf die Stirn. Eine kalte Klaue umklammert mein heftig pochendes Herz. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Meine Hände zittern wie verrückt, sodass mir der Becher mit dem Latte macchiato fast entgleitet. Aber ich bin nicht in der Lage wegzuschauen, geschweige denn, mich zu bewegen. Stocksteif sitze ich da und starre zurück.

Auch Kyle hat mich wiedererkannt. Er weitet die Augen und öffnet die Lippen.

Doch in diesem Moment wird er von Ms Clark angesprochen: »Was stehen Sie so herum und starren durch den Raum? Oder wollen Sie meine Vorlesung halten?«

Erst da fällt mir auf, dass Kyle stehen geblieben ist. Alle starren ihn an.

Seine Wangen färben sich dunkelrot. Er wendet den Blick ab und schüttelt verwirrt den Kopf. »Entschuldigung. Nein, ich habe nach einem freien Platz gesucht.«

Mein Herz macht einen Satz, als ich seine unverkennbar tiefe Stimme höre. Weitere Erinnerungen stürmen auf mich ein, doch ich dränge sie zurück.

Die Professorin macht eine Handbewegung zur ersten Reihe, die bis auf zwei fleißig mitschreibende Studenten noch komplett frei ist. »Hier sind noch genügend. Setzen Sie sich.«

Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, lässt er sich auf einem freien Sitz nieder und Ms Clark fährt mit ihrem Vortrag fort. Mit zitternden Händen stelle ich meinen Becher zurück auf den Tisch neben meinem Laptop.

Obwohl die Vorlesung wichtig ist, kann ich mich nicht mehr konzentrieren. Immer wieder wandert mein Blick zu ihm. Immer wieder wollen Erinnerungen aus meinem Gedächtnis hervorstürmen. Immer wieder dränge ich sie krampfhaft zurück. Kyle ist Geschichte. Ich konzentriere mich auf meine Zukunft. Ich kann es mir nicht leisten, mich von meiner Vergangenheit ablenken zu lassen.

Doch das klappt leider nicht so gut, wie ich es meinem noch immer rasenden Herzen und dem Rest meines Körpers befehle. Obwohl ich mitschreiben sollte, beobachte ich, wie er seinen Laptop aus dem Rucksack holt. Als hätte er gemerkt, dass ich ihn anglotze, dreht er sich plötzlich um und sieht zu mir hoch. Sein Blick durchbohrt mich.

Vor lauter Schreck fahre ich zusammen. Dabei stößt meine Hand gegen den Latte-macchiato-Becher, dessen restlicher Inhalt sich auf meine Hose und zu allem Überfluss auf die Tastatur meines Laptops ergießt.

»Nein, nein, nein, nein!«, rufe ich und kämpfe verzweifelt darum, ihn davor zu retten, beschädigt zu werden, indem ich ihn erst ausschalte und dann mit dem Ärmel meines Pullovers die Flüssigkeit aufzusaugen versuche. Dass es sich dabei um meinen Lieblingspullover handelt, der beigefarben ist, und ich die Flecken vermutlich nie wieder herausbekommen werde, ist mir in diesem Moment vollkommen egal. Alles, was zählt, ist, meinen Laptop zu retten. Einen neuen kann ich mir nicht leisten.

Als ich den verschütteten Macchiato einigermaßen aufgesaugt habe, fällt mir erst die erneute Stille auf. Mit hochrotem Gesicht registriere ich, dass alle Augen im Saal auf mich gerichtet sind – einschließlich die der stirnrunzelnden Ms Clark, welche nicht sehr begeistert über die erneute Unterbrechung aussieht und missbilligend die Lippen schürzt.

Peinlich berührt ziehe ich den Kopf ein. »Entschuldigung.«

Sie registriert meine Entschuldigung lediglich mit einem Kopfnicken, ehe sie unbeirrt fortfährt.

Mir wiederum brennt die Scham in den Wangen. Obwohl sich meine Kommilitonen wieder auf die Vorlesung konzentrieren, fühle ich mich dennoch beobachtet. Da ich es nicht mehr aushalte, stopfe ich meine Sachen in meine Tasche, die ich mir über die Schulter hänge, und stürme, ohne jemandem in die Augen zu blicken, aus dem Saal hinaus.

Ich flüchte auf die nächste Toilette. Dort lasse ich meine Tasche zu Boden fallen und stütze meine Hände auf dem Waschbecken ab. Ein Blick auf mein Spiegelbild verrät, dass ich so aussehe, wie ich mich fühle.

Mein Kopf und Hals sind erdbeerrot angelaufen. Tränen rinnen über meine Wangen und ich wische sie wütend weg.

»Stell dich nicht so an. Du hast schon Schlimmeres durchgemacht, Isabella«, sage ich mir immer wieder und sehe mein Spiegelbild fest an. »Du wirst dich jetzt dadurch nicht unterkriegen lassen. Weder von Kyle noch von diesem Latte-Unfall. Du musst tief durchatmen und dann geht es wieder. Schluck es runter und konzentriere dich auf das Wesentliche: Fehler passieren, um aus ihnen zu lernen. Noch mal geschieht das nicht.«

Um die Auswirkungen meines Latte-macchiato-Unfalls zu begutachten, hole ich meinen Laptop hervor und schalte ihn ein. Mit angehaltenem Atem warte ich, während er hochfährt. Es ist schon mal ein gutes Zeichen, dass er angeht. Mit zitternden Fingern gebe ich mein Passwort ein. Der Desktop wird angezeigt, ich öffne Word und probiere alle Tasten aus.

Ein erleichterter Seufzer entfährt mir. Sie funktionieren zum Glück noch. Allerdings hat mein wunderschöner beigefarbener Pullover nun dunkelbraune Flecken, die ich mit Wasser und den billigen rauen Tüchern neben dem Waschbecken nicht herausbekomme.

Ich bin so in meine Gedanken versunken, dass ich zunächst nicht mitbekomme, wie sich die Tür zur Toilette öffnet.

»Sieht wohl so aus, als wirst du immer nass, wenn wir uns sehen«, ertönt Kyles wohlbekannte tiefe Stimme hinter mir.

Erschrocken fahre ich herum. Mein ehemaliger Nachbar und Ex-Freund lehnt im Türrahmen. Die Arme hat er vor der Brust verschränkt, was seine durchtrainierten Muskeln besser zur Geltung bringt. Ist diese Haltung Absicht? Er betrachtet mich mit schräg geneigtem Kopf. Dabei fallen ihm seine dunklen Haare in die Stirn.

»Kyle«, hauche ich tonlos.

»Ja, ich bin es.« Er scheint meine Reaktion falsch zu interpretieren. Denn auf seinem Gesicht breitet sich ein erfreutes Lächeln aus. Er wirft einen Blick auf die offen stehenden Kabinentüren. Doch wir sind allein. Dann stößt er sich vom Türrahmen ab, um auf mich zuzugehen und mich in seine kräftigen Arme zu schließen. Ich bin so überrascht und perplex, dass ich einfach nur dastehe und es zulasse.

Ich werde von seinem Duft nach holzigem Aftershave eingehüllt, der mich früher so oft beruhigt hat, als es mir schlecht ging. Der Duft, der mich an Wald und an zu Hause erinnert. An Geborgenheit. An jemanden, den ich glaubte verloren zu haben. An Kyle, der wie aus heiterem Himmel vor mir steht. Kyle, der wieder da ist. Kyle, den ich vergessen wollte.

»So kreuzen sich unsere Wege wieder, Bella«, raunt er an meinem Ohr.

Seine Stimme, die mir früher oft weiche Knie beschert hat. Bella war von Anfang an sein Kosename für mich. Niemand außer Kyle hat mich so genannt. Und ich mochte es. Ich mochte ihn. Ich habe ihn geliebt.

Doch dann erinnere ich mich an alles, was passiert ist.

Erst langsam kommt wieder Bewegung in mich und ich reiße mich von ihm los. Stolpere ein paar Schritte zurück, um Abstand zwischen uns zu bringen.

»Was soll das und was willst du?«, fahre ich ihn an.

Verwirrt blinzelt er. »Was meinst du?«

»Nach der Sache zwischen unseren Eltern hast du einfach den Kontakt abgebrochen und wolltest mich nicht mehr sehen. Und jetzt, zwei Jahre später, stehst du wieder hier, läufst mir nach und umarmst mich. Du tust so, als wäre nichts gewesen. Glaubst du etwa, wir könnten nach all den Monaten wieder so weitermachen wie zuvor?«

Kyle zuckt zusammen. Entschuldigend hebt er die Hände. »Es tut mir leid, wenn ich dich mit meiner Umarmung überrumpelt habe. Ich habe dich gesehen und da haben mich meine Gefühle überrannt. Ich musste dich einfach umarmen. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, dass du das nicht wollen könntest. Bitte verzeih mir. Das kommt nicht wieder vor.«

Ich hole tief Luft. Statt einer Antwort nicke ich nur.

»Nach dieser Sache hatten wir nie die Gelegenheit, darüber zu sprechen. Es tut mir leid, was geschehen ist«, murmelt Kyle und wirkt ehrlich geknickt.

Die Erinnerung an die Zeit vor zwei Jahren erweckt in mir alten Schmerz. Mein Herz drückt sich zusammen. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Krampfhaft blinzle ich die aufsteigenden Tränen weg.

»Ich habe Besseres zu tun, als mir deine leeren Entschuldigungen anzuhören«, knurre ich und will nach meiner Tasche greifen – ich muss weg von hier, bevor ich weich werde oder er meine Tränen sieht. Doch Kyle ist schneller. Er tritt einen Schritt nach vorne und schiebt sich zwischen mich und das Waschbecken, neben das ich meine Tasche gelegt habe. Flehend sieht er mir in die Augen. »Bitte, Bella, hör mir zu. Ich wollte schon die ganze Zeit mit dir sprechen. All die Monate über habe ich versucht dich zu erreichen. Aber du hast mich blockiert.«

Mein Herz wird schwer, mein Magen wird ganz flau. Er hat versucht mich zu erreichen? Doch dann hätte er das auch über Social Media tun können. Mein Account ist nicht schwer zu finden.

»Ich habe eine neue Nummer«, stelle ich klar und verschränke die Arme vor der Brust. »Und nenn mich nie wieder Bella. Diese Zeiten sind vorbei.«

Wir waren das perfekte Paar an der Highschool. Kyle war der Footballstar, ich war die wunderschöne Streberin. Alle dachten, wir würden Prom Queen und Prom King werden. Unsere gemeinsamen Freunde haben uns oft damit aufgezogen, dass wir nach dem Highschool-Abschluss zusammen am College studieren, danach zusammenziehen, heiraten und Kinder bekommen würden.

Eine Zeit lang dachte ich das auch. Eine Zeit, in der ich mit Kyle glücklich war. Er war meine Zukunft. Bis wir vor die Wahl gestellt wurden und er mir klar gemacht hat, dass ich nicht seine Zukunft bin. Es war entweder seine Familie oder ich. Er hat sich für seine Familie entschieden.

Kyle lässt die Schultern sinken. »Es tut mir leid. Also wolltest du von mir nichts mehr wissen?«

»Du wusstest genau, was ich für dich empfinde«, entgegne ich mit leicht zitternder Stimme. »Du hast immer gesagt, ich wäre für dich das Wichtigste auf der Welt. Aber du hast mir gezeigt, dass das eine Lüge war.«

Kyle will etwas erwidern, doch dann presst er frustriert die Lippen aufeinander und senkt den Kopf zu Boden. Er weiß genau, wovon ich spreche. Hat er es jemals bereut?

»Was tust du hier überhaupt?«, frage ich, obwohl das auf der Hand liegt. Er studiert hier. Wie ich.

Jetzt lächelt er plötzlich und verschränkt die Arme vor der Brust. »Was glaubst du denn, was ich hier mache? Ich studiere hier. So wie du.«

»Natürlich«, stottere ich und werde rot. Dabei sollte ich nicht rot werden oder stottern! Ich muss mich für nichts schämen und schon gar nicht vor Kyle. »Ich meinte: Was machst du hier auf der Mädchentoilette?«

Jetzt ist es an Kyle, rot anzulaufen. Im Gegensatz zu mir weiß er mit seiner Verlegenheit umzugehen. Er kaschiert sie mit einem breiten Grinsen, das seine dunkelgrünen Augen zum Funkeln bringt. »Ich habe gesehen, was passiert ist – also im Vorlesungssaal. Deshalb bin ich dir gefolgt, um sicherzugehen, dass alles okay ist mit dir und deinem Laptop.«

»Danke, aber meinem Laptop geht es gut. Und mir auch. Mir geht es seit zwei Jahren besser als je zuvor.« Die Worte sind schneller heraus, als ich sie aufhalten kann. Und sie klingen mehr als vorwurfsvoll. Beinahe schlage ich mir die Hände vors Gesicht.

Kyle weitet zuerst die Augen. Doch dann lächelt er wieder. »Es freut mich zu hören, dass es dir gut geht.« Er mustert mich. »Ich würde dir ja gern meinen Pullover leihen, jedoch müsste ich dann halbnackt über den Campus laufen. Aber falls du einen brauchst, kannst du meinen gern haben. Dann ziehe ich eben deinen an, wenn du ihn mir leihst. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob er mir passt.«

Mein Blick wandert wie von selbst über seinen Pullover, der sich wie eine zweite Haut an seinen Körper schmiegt. Erneut schießt Hitze in meine Wangen und ich muss schlucken. Es ist eindeutig besser, wenn er seine Sachen anbehält. Am Ende werde ich noch weich und lasse mich wieder von ihm um den Finger wickeln. Darin ist Kyle besonders gut.

»Danke, aber ich brauche keinen Ritter, der auf einem weißen Ross dahergaloppiert kommt. Ich komme gut allein zurecht«, zische ich.

»Dass du alleine gut klarkommst, habe ich keineswegs bezweifelt«, meint Kyle. »Das war nur ein nett gemeintes Angebot von mir.«

Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Fast vierundzwanzig Monate der Funkstille.

Aber ich bin nicht mehr das kleine, hilflose Mädchen. Ich bin nicht mehr die Isabella von früher, die seine Hilfe bei jeder Kleinigkeit angenommen hat. Ich habe mich verändert. Ich werde nicht wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Ich werde nicht zulassen, dass er mich erneut verletzt.

»Wie lange willst du mich denn noch anstarren?«, frage ich deshalb und bin froh, dass meine Stimme wieder sicherer ist.

Kyle runzelt die Stirn. »Tut mir leid. Ich … Es ist nur schon so lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich habe mich so gefreut dich zu sehen. Ich kann nicht glauben, dass du jetzt tatsächlich vor mir stehst. All die letzten Monate über habe ich dich nicht vergessen.«

Das kann ich nur zurückgeben, sage ich beinahe, kann es mir jedoch gerade noch verkneifen. Stattdessen verschränke ich die Arme vor der Brust.

Das Herz schlägt mir bis zum Hals und ich weiß nicht, was ich tun soll. Nein, ich weiß, was ich tun soll. Was ich tun muss. Ich sollte ihn hier stehen lassen und verschwinden. Aber meine Füße wollen sich nicht bewegen, weswegen ich wie festgefroren dastehe, als zöge mich Kyle wie ein Magnet an.

Dieser sieht mich unsicher auf seiner Unterlippe herumkauend an. Dann schultert er seinen Rucksack und tritt einen Schritt auf mich zu. Ich halte überrascht den Atem an, doch er achtet darauf, den Abstand zwischen uns zu bewahren.

»Ich weiß, dass ich Fehler gemacht und dich verletzt habe. Und dass ich die letzten zwei Jahre nicht wiedergutmachen kann. Aber zwischen uns liegen noch so viele ungesagte Worte und ich bin es dir wenigstens schuldig, dir zu erklären, warum ich mich so verhalten habe.« Er sieht mir tief in die Augen und für einen kurzen Moment flackert derselbe Schmerz in ihnen auf, den ich verspüre. »Wollen wir uns in den nächsten Tagen auf eine heiße Schokolade und einen leckeren Kuchen treffen?«, wagt er zu fragen und seine Wangen färben sich rot. Er wirkt unsicher, beinahe schüchtern, was so gar nicht zu dem Kyle passt, den viele an der Highschool gesehen haben. Für sie alle war er der beliebte und verwöhnte Sohn seiner reichen Anwaltseltern. Doch ich wusste es besser. Ich kannte ihn besser.

»Ich lade dich selbstverständlich ein«, fügt er hinzu, als ich ihn schweigend anblicke. »Oder magst du plötzlich doch Kaffee? Oder Tee? Ein Eis? Ich lade dich auf alles ein, was du willst. Du kannst natürlich gerne auch was anderes vorschlagen.«

Verblüfft, dass er sich gemerkt hat, dass ich heiße Schokolade früher geliebt habe, blinzle ich ihn an. Wobei es mich nicht überraschen sollte. Er war schon immer sehr aufmerksam. Mein Herz macht vor Freude einen Satz, obwohl es nicht so auf ihn reagieren sollte. Nicht wieder. Er hat sich einmal hineingeschlichen. Noch mal darf ich das nicht zulassen.

»Ich mag heiße Schokolade. Aber ich trinke mittlerweile auch gern Latte macchiato«, stelle ich klar.

»Ist das ein Ja?« Die Hoffnung in seiner Stimme lässt mich fast weich werden. Fast. Doch dann erinnere ich mich an den Schmerz des Verrats, den ich empfunden habe. Ich will das nicht noch einmal durchleben müssen. Er wird mich nicht noch einmal weichkriegen.

Deshalb schüttle ich den Kopf. »Ich halte das für keine gute Idee. Ich habe dir vertraut und du hast mich zutiefst verletzt. Ich bin über dich hinweg, Kyle, und will das alles nicht noch mal aufarbeiten. Du solltest wie ich die Vergangenheit loslassen und nach vorn blicken.«

Kyle lässt die Schultern hängen. Seine Mundwinkel fallen nach unten. Kommt es mir nur so vor oder werden seine Augen wässrig? Zittern seine Lippen leicht? Unruhig fährt er sich durch seine Haare. Dann blickt er mich verzweifelt an.

»Ich weiß, dass ich dich sehr verletzt habe, und das tut mir wirklich sehr leid. Genau deshalb wollte ich mit dir darüber sprechen. Mein Verhalten erklären.«

Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Dafür hättest du vor zwei Jahren die Gelegenheit gehabt. Entschuldigungen oder Erklärungen können nicht ungeschehen machen, was in der Vergangenheit passiert ist.«

Kyle atmet tief durch. Ich sehe ihm an, dass er darüber nicht glücklich ist. »Und es gibt nicht die geringste Chance, dass ich dich irgendwann zu einem Gespräch überreden könnte?«

Erneut bildet sich ein Kloß in meinem Hals, weshalb ich nur mit dem Kopf schüttle.

Traurig sieht er mich an. »Okay. Dann lass ich dich lieber mal allein.« Er marschiert zur Tür. Davor dreht er sich noch einmal nach mir um, die Hand auf der Türklinke. Fest sieht er mir in die Augen. In meine Seele. »Es hat mich wirklich sehr gefreut, dich wiederzusehen. Aber wenn es dein Wunsch ist, dass ich dich in Ruhe lasse und mich von dir fernhalte, werde ich das tun. Ich will nur, dass du glücklich bist.« Er macht eine kurze Pause. »Ich habe dich immer geliebt. Was auch immer du von mir denkst, ich habe mich immer für dich entschieden, Bella«, flüstert er so leise, dass ich es fast nicht verstehe. »Bitte vergiss das nicht.«

Ohne auf meine Antwort zu warten, verschwindet Kyle auf dem Gang. Und lässt mich völlig überrumpelt mit einem rasenden Herzen und wackeligen Beinen zurück, ehe ich ihn fragen kann, was er mit diesen kryptischen Andeutungen meint.