Guns and Devils 1-3 - Natasha Doyle - E-Book

Guns and Devils 1-3 E-Book

Natasha Doyle

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Beschreibung

SNIPERGIRL Mit gerade mal sechs Jahren lernte ich an einem sonnigen Nachmittag, unter den Augen von fünf fremden Männern, wie man mit einer Pistole umgeht. Mein Lehrer war mein Vater, den ich an dem Tag, meinem Geburtstag, das erste Mal kennenlernte. Für meinen Vater bin ich keine Tochter, sondern Source, sein bester Sniper. Neunundzwanzig Jahre lang habe ich Aufträge ausgeführt, ohne Fragen zu stellen. Mein Leben war bis eben klar definiert und folgte eindeutigen Regeln. Das hat mir genügt und ich war zufrieden. Dann traf ich ihn, Shooter. Ein Biker, der direkt aus meiner bevorzugten Lektüre entsprungen zu sein scheint. Und ab diesem Punkt, begann alles kompliziert zu werden. PIXIEGIRL Ich wäre gern selbstbewusst und aufregend oder wenigstens interessant. Vor allem wäre ich gerne Single. Stattdessen bin ich unscheinbar, langweilig und seit achtzehn Jahren mit einem schrecklichen Mann verheiratet, der mich misshandelt. Immer wieder nehme ich mir vor, an meinem Leben etwas zu ändern und tue es dann doch nicht. Manchmal wird einem die Entscheidung vom Schicksal abgenommen. Hätte mich jemand gefragt, wäre meine Antwort gewesen: Alles muss besser sein, als ein Leben mit meinem Mann. Mich hat niemand gefragt und ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommt. Jetzt stecke ich tief im Schlamassel. Ich brauche einen Ritter in strahlender Rüstung. Es ist okay, wenn er Boots trägt und eine Weste, auf der President steht und „Black Devils“. Und sein Pferd nicht weiß ist, sondern schwarz und einen röhrenden Motor besitzt. Man darf sich von solchen Rittern retten lassen, aber man sollte sich nicht in sie verlieben. JUSTICEGIRL Ich war neunzehn, aus gutem Hause und er der Bad-Boy vor dem mich mein Vater gewarnt hatte. Ein Biker - ein „Black Devil“ – verboten. Wir wurden ein Paar. Er ließ mich fallen und mein Herz war gebrochen. Dann kam er ins Gefängnis und ich stellte fest, dass ich schwanger war. Unser Sohn weiß nicht, dass Badger sein Vater ist. Der Biker weiß nicht, dass er einen Sohn hat. Wenn es nach mir geht, bleibt das auch so. Sie dürfen sich nie treffen, denn sie sehen sich unglaublich ähnlich. Ich wurde Anwältin. Auch weil Badger unschuldig ist. Ich kenne den wahren Schuldigen. Mir fehlen nur eindeutige Beweise, um seinen Fall neu verhandeln zu lassen. Aber in Bezug auf Badger war ich noch nie besonders klug. Ich dachte, ich kämpfe mit Hilfe der Gesetze. Stattdessen stecke ich tief in einem Sumpf, in dem ich beginne unterzugehen.

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SNIPERGIRL
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
EPILOG
PIXIEGIRL
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
KAPITEL 25
KAPITEL 26
KAPITEL 27
KAPITEL 28
EPILOG
JUSTICEGIRL
PROLOG
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
EPILOG
IMPRESSUM

Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, geschilderten Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind frei erfunden.

Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

 

 

Covergestaltung: Tom Jay - bookcover4everyone

Copyright-Angabe für das Titelbild Sammelband: (c) PH888 / Shutterstock

Copyright-Angabe für das Bild Snipergirl: : (c) Tanya Shi / Shutterstock

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

SNIPERGIRL

KAPITEL 1

 

„Gib deinem verhärteten, kalten Herzen einen Stoß und komm mit. Du weißt, dass du es willst.“ Lisa verzieht den Mund zu einer Schnute, die sie aussehen lässt wie eine Fünfjährige, der man die Lieblingssüßigkeit vorenthält. Erstaunlich niedlich, um ehrlich zu sein.

So groß wäre der Stoß gar nicht, denn ich will da hin.

Gemeint ist eine Bikerparty im örtlichen Motorradclub. Wie jeder Mensch habe auch ich eine Schwäche: Ich lese, nein ich verschlinge alle Arten von Bad Boy Romance. Bevorzugt die, in denen diese gut aussehenden, tätowierten, bösen Jungs auf ihren großen Maschinen mitspielen.

Diese ganzen Clubregeln und der Mist mit Bruderschaft und Ehre sind mir vollkommen egal. Manchmal überspringe ich sogar die Handlung, bleibe aber immer an dem Teil mit den Orgien und Partys kleben.

Lisa weiß das. Selbstverständlich, immerhin ist sie meine beste Freundin – in diesem Teil meines Lebens jedenfalls. Und sie macht das gut.

Nachdem ich immer noch nicht reagiere, stemmt sie die kleinen Hände in die Hüften und geht von betteln zu argumentieren über.

„Wir gehen, Punkt. Erstens, weil du ganz wild darauf bist. Zweitens, weil du endlich sehen musst, worüber du andauernd liest und drittens, der wichtigste Punkt überhaupt: Du willst mich doch wohl nicht mit den bösen Jungs alleine lassen, oder?“

Schwer dagegen etwas zu sagen. Mindestens das Letzte zählt: Ich würde sie nicht alleine lassen. Lisa ist entzückend, aber in manchen Dingen etwas unbedarft. Sie handelt, bevor sie denkt. Ganz im Gegensatz zu mir, ich handele nie, ohne vorher alles genau durchdacht zu haben.

Sonst wäre ich auch nicht so gut in meinem Job.

„Nora, sagst du jetzt ja oder was?“ Ich sollte wirklich langsam etwas sagen, denn die nächstfolgende Stufe ist bei ihr Nörgeln und darauf habe ich keine Lust.

„Ja, geht klar“, sage ich und wende mich wieder meinem Buch zu, wen überrascht es, einem Bikerroman.

***

Der Club enttäuscht mich nicht. Es geht hier exakt so ab wie in meinen Büchern. Ich unterdrücke ein belustigtes Grinsen, als ich die Szenen um mich herum beobachte. Lisa ist vollkommen außer sich.

„Mein Gott Nora“, flüstert sie. „Da sind wirklich ein paar unglaublich heiße Typen dabei.“

„Dann stürz dich doch mitten ins Leben oder in diesem Fall, in die Orgie“, fordere ich sie auf und gebe ihr einen leichten Schubs.

Wir sind seit einer halben Stunde hier. Mein erster Weg führte mich zur Bar und einem sicheren Beobachtungsplatz. Nicht, dass ich feige bin oder sowas. Ich stehe auf das, was viele pervers nennen würden. Ich nenne es Sex in all seiner Vielfalt. Aber ich will erst einmal sehen, wie das hier wirklich abläuft, und vor allem habe ich bisher keinen Mann entdeckt, der mich ernsthaft interessiert.

Meine Begeisterung für Sex ist möglicherweise genetisch. Meine Mutter ist eine Hure und das aus tiefster Überzeugung und mit Leidenschaft. Sie sagt immer, sie könne wenigstens behaupten, einen Job zu haben, den sie wirklich gern macht. Die meisten können das nicht.

Meine Mutter ist immer noch eine Schönheit und verdient daher wirklich gut. Die Bezeichnung, die ich für sie wählen würde, wäre Kurtisane. Sie betreut immer nur drei bedürftige Seelen – Ausdruck meiner Mutter - zur gleichen Zeit.

Ich bin ihr einziges Kind und Mama liebt mich von ganzem Herzen. Als ich klein war, wurde ich von ihr bis ins Unendliche verhätschelt. Mein Leben war ein Traum, bis ich sechs Jahre alt war. An meinem Geburtstag hat sie mir meinen Vater vorgestellt, nicht ohne mir das Versprechen abzunehmen, nie, absolut nie mit jemandem außer ihr über ihn zu reden.

Da ich keine anderen Kinder traf, Mama und ich waren meist allein oder mit ihren Freundinnen zusammen, war mir gar nicht klar, dass es so etwas wie Väter gab. Außerdem war da niemand, dem ich es hätte erzählen können.

Ich leistete also einen Blutschwur nichts zu verraten. Das meine ich ernst. Mama ist ein wenig anders. Manche würden sie als verrückt bezeichnen. Das kann man sicher so sehen. Ich tue es nicht. Sie ist lediglich der grauen Welt etwas entrückt und lebt dafür in ihrer eigenen. Und die ist sehr viel besser als meine. Warum also sollte man ihr das Elfenland ausreden?

Mama liebt und sammelt Edelsteine. Wer verfügt schon über die Mittel so etwas zu tun? Ihre Männer sind ihr sehr zugetan und wissen von ihrer Leidenschaft. Bekommt sie einen Edelstein, ist sie glücklich. Das wiederum macht den jeweiligen Mann glücklich. Ende gut, alles gut.

Aus diesem Grund ist mein Name, der der auf der Geburtsurkunde steht: Amethyst Ruby Sapphire Topaz White. Nichts mit dem man angeben kann. Außer meiner Mutter, meinem Vater und mir weiß niemand davon. Was in diesem Fall eine sehr, sehr gute Sache ist.

Berufsbedingt wechsele ich meine Identitäten häufig.

Nora Henson bin ich erst seit einem Jahr. So lange bin ich jetzt in Georgetown, arbeite in einer Bar und wohne in einer WG.

Ich war Aida, Clara und Rosa und noch ein paar andere Frauen. Ich mag kurze Namen und sie müssen auf a enden. Alles andere überlasse ich meinen Auftraggebern.

Das Einzige, was gleich bleibt, ist mein Geburtsdatum und damit mein Alter, seit letzter Woche neunundzwanzig. Darauf bestehe ich.

Wir sehen uns nur bedingt ähnlich. Wenn man Mama ansieht, die übrigens Catherine heißt, denkt man sofort an eine Prinzessin. Nicht die Sorte aus 1001 Nacht, sondern das blonde, blauäugige Wesen, für das Männer Drachen erschlagen und Armeen in den Krieg ziehen.

Ich wirke neben ihr groß und ungelenk. In der Pubertät hatte ich große Probleme damit. Welches junge Mädchen will schon neben seiner Mutter verblassen?

Ich bin rothaarig und habe grüne Augen. Das irische Erbe meines Vaters. Er hat rotbraune Haare und seine Augen sind so grün wie meine. Damit enden auch seine und meine Ähnlichkeit.

Dass ich ansonsten so gar nicht nach ihm komme, sichert mein Überleben.

Mein Vater ist verheiratet und hat bereits vier Kinder, alle männlich. Wie meine Mutter mir erzählte, ist das der einzige Grund, warum sie mich behalten durfte.

Sie hat eine Abmachung mit ihm. Wir verschweigen die verwandtschaftliche Beziehung und treten nie in Erscheinung. Dafür lässt er uns in Ruhe unser Leben leben. Soweit es sie betrifft, ist das auch so. Sie liebt ihn aus tiefstem Herzen und so weit ich das beurteilen kann, er sie auch.

Seine Beziehung zu mir sieht allerdings etwas anders aus.

An dem erwähnten Geburtstag kam er also zu Besuch. Meine erste Reaktion? Ich versteckte mich unter dem Sofa. Mama hat eine halbe Stunde gebraucht, um mich da wieder rauszuholen.

Benedict O'Melly war und ist ein beeindruckender Mann und in meinen Augen war er riesig. Da ich bis dahin nur Frauen kannte, erschreckte mich seine tiefe, laute Stimme und er roch auch anders als das, was ich gewohnt war.

Mit Zustimmung meiner Mutter nahm er mich mit und wir fuhren zu einem entlegenen Feld. Ich hatte unglaubliche Angst. Da Mama aber einverstanden war und dazu auch noch glücklich lächelte, war er wahrscheinlich kein böser Mann.

Auf dem Feld erwarteten uns mehrere Männer, die ich zurückhaltend begrüßte. Mein Vater, den ich in meinem ganzen Leben noch nie anders als Benedict oder Sir genannt habe, gab mir mein Geschenk. Eine Pistole.

An meinem sechsten Geburtstag lernte ich an einem sonnigen Nachmittag, unter den Augen von fünf fremden Männern, damit umzugehen. Und auch ich hatte von da an eine Abmachung mit ihm: Mama durfte nichts erfahren.

Sie glaubt nach wie vor, dass er ein reicher Geschäftsmann ist, der mehrere Transportfirmen besitzt. Vielleicht tut sie auch nur so, weil sie es nicht genau wissen möchte.

Ich allerdings weiß, dass er der Chef der größten, gewalttätigsten und damit auch kriminellsten irischen Vereinigung der Staaten ist, was mich automatisch zu einer Art Mobprinzessin macht.

Gut also, dass wir uns nicht ähneln. Gut, dass Mama in ihrer eigenen rosaroten Welt lebt.

Was ich für Benedict O'Melly tatsächlich bin, würde sie nämlich nicht glücklich machen.

Denn: Ich bin sein bester Sniper, genannt Source.

Benedict sagt, weil ich die Quelle allen Übels bin und den Tod bringe. Ich finde meine Erklärung besser: Ich bin die Quelle, aus der der Fluss entspringt, ursprünglich, klar, reinigend.

Lisa zappelt aufgeregt neben mir herum, entdeckt dann offenbar ein Mädchen, das sie kennt und verschwindet, um sich genauere Informationen zu beschaffen. Was auch immer sie damit meint.

Die junge Frau hinter dem Tresen kommt lächelnd auf mich zu. Sie hat dunkle Haare mit blonden Strähnchen, ist circa neunzehn, ganz in Leder gekleidet und kaut auf einem Kaugummi herum. Sie strahlt eine unerwartet offene Herzlichkeit aus.

„Hi“, sagt sie und lässt eine Kaugummiblase platzen. „Ich bin Sunny, die Tochter vom Prez. Bist du wegen des Castings da?“

Aha, sie ist also keine Angestellte oder eine der Huren, sondern die Tochter vom Präsidenten der „Black Devils“. Cool.

„Was für ein Casting?“ Ich bin unwissend, das kann ich ruhig zugeben.

Sie lehnt sich vor und sagt leise: „Na, einmal im Jahr suchen sie neue Mädchen für den Club. Süßärsche, du verstehst?“

Tue ich tatsächlich, dank meiner umfangreichen Lektüre. Süßärsche sind nichts anderes als Clubhuren. Beide Bezeichnungen gefallen mir nicht, müssen sie auch nicht, ist nicht mein Business.

Die Mädels haben sich alle aufgebrezelt und sind mehr oder weniger bekleidet. Meist weniger. Wie ich bemerke, bin ich erheblich älter als der Durchschnitt und im Vergleich zu ihnen, beinahe züchtig angezogen.

„Ich denke nicht, dass ich der Jobbeschreibung entspreche“, sage ich grinsend zu der Kleinen „Meine Mitbewohnerin hat mich hergeschleppt oder besser, erpresst mitzukommen. Jetzt weiß ich auch warum. Ich bin so eine Art weiblicher Bodyguard.“

Sunny fixiert mich neugierig. Ich spüre förmlich, wie ihre Augen mich abtasten. Ich bin trainiert, ohne zu viele Muskeln zu haben. Meine Reflexe sind bestens, obwohl ich selten in Nahkämpfe verwickelt werde. Meine Spezialität sind Feuerwaffen, besonders die, die über ein Zielfernrohr verfügen. Wenn es darauf ankam, habe ich noch nie danebengeschossen.

Das sieht man mir natürlich nicht an, dennoch scheint sie zu dem Schluss gekommen zu sein, dass sie mir die Beschützerin durchaus zutraut.

„Wie läuft das so ab?“, erkundige ich mich neugierig.

Sunny greift, ohne hinzusehen, hinter sich und reicht mir ein Bier. Dankbar nehme ich es, schraube den Deckel ab und trinke die Hälfte.

„Naja, die Männer gucken sich die Ware an, testen sie und wenn einer ein Mädchen haben will, kann sie bleiben. Die Mädels können jederzeit Nein sagen, es gibt keinerlei Zwang. Was gut ist, weil die meisten noch Kinder sind und keine Ahnung haben, auf was sie sich da eigentlich einlassen.“ Sie rümpft abfällig die Nase und ich unterdrücke ein Lachen. Die „Kinder“ sind in ihrem Alter.

„Könnte ich mich beteiligen, ohne mich für irgendetwas zu bewerben?“ Ich formuliere den Satz vorsichtig. Keine Ahnung wie offen man mit ihr reden kann.

Sie lacht. „Vögeln ohne Verpflichtung?“, fragt sie unverblümt und bringt es damit auf den Punkt. Ich nicke.

„Wenn du nicht so eindeutig weiblich wärst… “, sagt sie, immer noch lachend und zeigt auf meinen gut gefüllten Ausschnitt, „… könnte man dich glatt für einen von denen halten.“ Sie zeigt mit dem Daumen auf eine Gruppe grölender Biker.

Sie sitzen an der Wand, auf Stühlen und Tischen und lassen ein paar Mädchen für sich strippen.

Manche machen das ziemlich gut, andere sind zu schüchtern oder zu betrunken, um irgendetwas auf die Reihe zu bekommen.

„Gefällt dir einer von den Jungs?“, erkundigt sie sich neugierig.

„Hm“, mache ich und sehe mir alle Männer im Raum genau an. Einer sticht sofort hervor: Groß, markantes Gesicht, kurzgeschorene Haare. Er muss so Mitte vierzig sein.

Ich zeige auf den Mann. „Der wäre schon mal mein Geschmack.“

Sie kichert. „War ja klar. Dad ist immer noch der King.“ Das also ist der Präsident.

„Wie heißt er?“

„Straßenname oder echter?“

„Egal.“

„Lord.“ Sie grinst wieder und ich bemerke die Ähnlichkeit zwischen ihr und dem Mann.

„Wo ist deine Mutter?“, frage ich.

„Abgehauen als wir klein waren. Ich war drei, kann mich nicht an sie erinnern, meine Brüder schon. Shooter ist immer noch sauer auf sie, man darf ihn nicht darauf ansprechen. Er ist nicht der Typ, der leicht verzeiht. Er war fünfzehn und Cash sieben, als sie gegangen ist.“

Zwei Brüder. Ich sehe mich suchend um und entdecke etwas abseits der johlenden Gruppe zwei Männer, die auffallen.

„Der da ist Shooter und der daneben Cash, stimmt's?“

Ich zeige auf sie. Die Familienähnlichkeit ist nicht zu übersehen. Beide genauso attraktiv wie der Vater. Wenn der eine zwölf Jahre älter ist als Sunny und sie ungefähr neunzehn, dann heißt das…

„Dein Dad ist fünfzig?“

Ich bin derart überrascht, dass die Feststellung unüberlegt aus mir herausplatzt.

Sunny zwinkert mir grinsend zu. „Hat sich super gehalten, oder?“

Sie klingt stolz und ich bin sicher, dabei geht es nicht nur um sein Aussehen.

„Ist er ein guter Vater?“, frage ich und denke an meinen Erzeuger.

„Der Beste“, sagt sie strahlend. Glück gehabt Mädchen.

Der Tresen füllt sich mit Bikern und Sunny hat zu tun. Sie macht das großartig. Ich bin Barfrau. Ich kann das beurteilen. Gut, sie schenkt überwiegend Shots aus und reicht Bierflaschen über die Theke, aber das alles macht sie so charmant, dass selbst aufgeheizte Gemüter sich sofort beruhigen. Dass sie die Tochter des Chefs ist, ist sicherlich auch nicht hinderlich.

Während ich sie beobachte, ist zu sehen und zu spüren, wie wohl sie sich fühlt. Das ist ihre Familie. Muss schön sein, Teil von etwas zu sein, das einem Sicherheit gibt und sich tatsächlich in der Realität abspielt.

Keine Frage, ich liebe meine Mutter, aber in den letzten fünfzehn Jahren habe ich auf sie aufgepasst und sie den Schmetterling sein lassen, der sie sein wollte.

In den letzten zehn Jahren habe ich diverse Male die Identität gewechselt und den Wohnort. Keine Chance für tiefere Bindungen. Ich hatte nie die Möglichkeit, jemanden genauer kennenzulernen. Abgesehen von meinen Zielobjekten. Die kannte ich in- und auswendig. Am Ende waren sie tot, weil ich sie erschossen habe. Was sagt das bitte über meine sozialen Fähigkeiten aus?

Obwohl ich der perfekte Schütze bin, habe ich meinen ersten Auftrag mit Gift erledigt. Damals war ich sechzehn, dünn und unauffällig. Ich habe mich von der Menge an den Mann herandrängen lassen, ihm eine Spritze in den Oberschenkel gestochen und weitertreiben lassen. Simpel. So sollte töten nicht sein.

Ich war erfolgreich. Das ist, was Benedict gesagt hat. Das Gift wirkte erst nach zwanzig Minuten, also weiß ich es nicht aus eigenem Erleben. Dafür bin ich aus heutiger Sicht dankbar.

Die Stimmung im Raum kippt, heizt sich auf mit unterschiedlichen Emotionen. Ein großer Teil ist reiner Sex. Niemand macht sich die Mühe einen anderen Raum aufzusuchen. Die Mädchen lassen sich überall flachlegen. Wirklich überall. An einem der Billardtische hat sich eine Gruppe gebildet, bestehend aus sechs Männern und drei Mädchen. Alle scheinen Spaß zu haben. So soll es sein.

Ich bin nicht mehr sicher, ob ich wirklich mitmachen will. Es wäre nicht mein erstes Mal, dass ich Teil einer Orgie bin, aber das hier ist irgendwie anders. Roher, aggressiver… schmutziger. Nein, heute ist kein Abend, an dem ich geteilt werden will.

Also beschließe ich zuzusehen und Lisa im Blick zu behalten. Die Sache mit dem Bodyguard liefert mir einen guten Vorwand, genau da zu bleiben, wo ich bin.

***

Nach einer Stunde langweilt mich alles. In meinen Büchern klingt es ansprechender. Meine Fantasie ist jedenfalls unterhaltsamer, als das gleichförmige rein und raus, das mir hier geboten wird. Mir tun die Mädchen beinahe leid. Sie sind so austauschbar und die Wahrscheinlichkeit, dass sich an dieser Stelle eine wichtige Weiche in ihrem Leben stellt und nicht in die rosarote Richtung, ist sehr hoch.

Lisa hat sich vor ein paar Minuten bei mir abgemeldet. Manchmal frage ich mich, was sie in mir sieht. Das Mädchen ist dreiundzwanzig, ich also gerade mal ein paar Jahre älter, trotzdem legt sie unglaublich viel Wert auf meine Meinung und irrsinnigerweise holt sie an den merkwürdigsten Stellen meine Erlaubnis ein.

Wie eben. Sie taucht grinsend vor mir auf, einen jungen Mann hinter sich her zerrend, dessen Gesichtsausdruck zum Brüllen komisch ist. Selbstverständlich mustere ich ihn eindringlich, nachdem sie ihn mir freudestrahlend als Double vorstellt und allen Ernstes mitteilt, dass sie mit ihm auf sein Zimmer gehen wird. Dann fragt sie, ob ich damit einverstanden bin.

Das sind die Momente, in denen ich mir Sorgen mache, was aus ihr wird, wenn ich wieder weiterziehen muss. Mein Auftrag hier geht nicht mehr lange.

Ich vertage dieses Problem und wende mich Lisa und ihrem „Date“ zu. Fickpartner wäre passender, aber so etwas kann ich im Zusammenhang mit Lisa einfach nicht denken. Sie wirkt derart unschuldig, dass ich sie für eine Sekunde in mein Auto packen und nach Hause bringen will.

Nicht mein Job, denke ich und frage den Jungen namens Double: „Prospect oder Vollmitglied?“

Er zieht die Augenbrauen nach oben und dreht sich demonstrativ um. Die Weste weist ihn als vollwertigen Bruder aus. Macht das wirklich einen Unterschied? Ich zucke mental mit den Schultern.

„Du bist ab jetzt verantwortlich für sie. Sollte ihr etwas passieren, womit ich nicht über kleine Schäden rede, wirst du es bereuen. Haben wir uns verstanden?“

Ich weiß genau, wie ich gerade aussehe. So, als würde ich es ernst meinen - was ich tue - und der Tod als Strafe durchaus eine Möglichkeit. Auch das ist ernst gemeint.

Double sieht mich mit plötzlich erwachtem Respekt an und nickt. Lisa zuckt ein wenig zusammen.

„Na dann, habt Spaß“, sage ich und schenke ihnen mein schönstes Lächeln.

„Das ist ja noch gruseliger als die Drohung“, murmelt der junge Mann und zieht Lisa hinter sich her.

Ich lache leise und greife nach meiner Bierflasche, die gerade von einer großen Männerhand umschlossen wird. Pech für mich. Ich folge der Flasche und sehe geradewegs in das Gesicht des Clubpräsidenten. 'Lord' hatte Sunny ihren Vater genannt.

Er sieht mich an, während er die Flasche leert. Seine Mundwinkel zucken und ich sehe wie sich an seinen Augenwinkeln die Fältchen vertiefen. Er grinst.

Mit einem Ruck stellt er die Flasche auf den Tresen.

„Geht doch nichts über frisch geklautes Bier. Lord“, sagt er und sieht mich fragend an. Kein Mann vieler Worte wie es scheint.

„Ich weiß“, sage ich und starre ihm unbewegt in die Augen.

Wir spielen, wer zuerst wegguckt, hat verloren.

Ich halte mein Gesicht ausdruckslos, genau wie er. Wenn ich was habe, dann Geduld. Hey, immerhin liege ich manchmal stundenlang, nahezu regungslos in irgendeinem Versteck und warte auf den richtigen Moment. Blinzeln ist da nicht drin.

Ich höre, wie Sunny in den Raum brüllt: „Staring Contest Jungs!“ und kurze Zeit später hat sich um uns ein Zuschauerkreis gebildet. Logischerweise kann ich nicht sehen, wer das so ist.

Wer wegguckt, hat verloren.

Aber ich will gewinnen. Also ist Taktik gefragt. In diesem Fall versuche ich es zuerst mit Mädchenmethoden.

Ich ziehe meine Nase kraus und wackele ein bisschen damit, was mir das Aussehen eines verrückten Kaninchens gibt. Außer, dass es mal jemand behauptet hat, habe ich es im Spiegel überprüft. Es stimmt.

Lord ist nicht beeindruckt, der Blick weiterhin starr auf mich gerichtet. Mist.

Ich beginne dämliche Geräusche zu machen und dämliche Grimassen zu schneiden, was gar nicht so leicht ist, wenn man die Augen nicht bewegen darf.

Einer seiner Mundwinkel zuckt leicht. Nicht genug. Mir gehen die Ideen aus.

Ich spüre, wie sich jemand zu meinem Ohr neigt.

„Er ist kitzlig“, flüstert Sunny leise. „Leg ihm die Hand auf den Brustkorb und beweg sie an die Seite. Dann schnell, mit etwas mehr Druck nach unten streichen. Klappt garantiert.“

Lord runzelt unwillig die Stirn. Ihm ist klar, dass seine Tochter mir irgendeine Art von Hilfe geleistet hat, weiß aber natürlich nicht wie.

Ich grinse schief und überlegen, was wahrscheinlich jeden anderen, außer den Mann vor mir, verunsichert hätte. Dann mache ich genau das, was Sunny mir geraten hat.

Meine Hand schießt nach vorn und ich treffe, Gott sei Dank, direkt die Stelle, die ich brauche. Ich breite die Finger aus, um so viel Fläche wie möglich abzudecken, wische nach rechts, drücke die Fingerspitzen in seine Seite und ziehe sie, als würde ich Harfe spielen, über die gesamte Fläche. Hoch, runter, hoch.

Lords Blick schießt zu meiner Hand, mit unterdrücktem Lachen und einem gebrüllten „Fuuuck“ schließen sich seine Finger um meine und reißen sie von sich. Durch den Schwung rutsche ich von meinem Hocker und falle gegen jemanden hinter mir. Eine Hand schließt sich um meinen Oberarm und ein Arm legt sich um meine Taille.

„Sieg!“, brülle ich und um uns herum brandet Gelächter auf.

„Tja Prez, besiegt von einem kleinen Mädchen. Das werden wir dir ewig vorhalten.“

„Sunny, warum fällst du deinem alten Herrn in den Rücken?“, beschwert Lord sich bei seiner Tochter.

„Frauen müssen zusammenhalten“, ruft sie und schleudert eine Faust in die Luft.

Ich will mir endlich die Zuschauer unseres Duells genauer ansehen, scheitere aber, weil… der Arm immer noch um meine Taille liegt und die Hand mittlerweile meinen Arm streichelt.

Sie ist groß und ein wenig rau, die Finger lang. Schöne Hände. Der Arm ist muskulös. Ich schlage kurz darauf und sage: „Ey, loslassen.“

Hinter mir ertönt ein leises, rumpelndes Lachen, dann spüre ich einen Lufthauch im Nacken und als nächstes eine Zunge, die sanft über meine Haut leckt. Die Zunge ist weg und wieder spüre ich einen sanften Lufthauch. Prompt reagiert mein Körper mit lückenloser Gänsehaut.

Ich würde schon gern sehen, wer da an mir rumschleckt, aber alle Versuche der Umarmung zu entkommen, führen nur dazu, dass sich der Arm fester um meine Taille schließt. Will der Mann mich umbringen?

Meine Bewegungsfreiheit ist zu sehr eingeschränkt. Neben mir der Tresen, vor mir ein grinsender Lord, der mit großem Interesse meine Befreiungsversuche verfolgt, links eine Wand aus Bikern.

Also wieder Mädchenmethoden. Kratzen und Beißen ist noch keine Option, so weit werde ich mich nicht herablassen, aber Haare ziehen, klappt in der Regel ganz gut. Hoffen wir, dass der Typ Haare hat und nicht einer von den Kahlrasierten ist.

Scheiß drauf.

Sobald sich seine Zunge wieder in meinem Nacken befindet, was sich nebenbei bemerkt großartig anfühlt, und ich würde das auch genießen – bevorzugt unter anderen Bedingungen und mit weit weniger Publikum -, reiße ich die Arme hoch und greife hinter mich.

Jaaa! Haare. Viele davon. Ich packe zu und zerre mit kurzem Ruck daran.

„Fuck, verdammte Hexe“, brüllt der Mann auf und lässt mich los. Sofort wirble ich herum und starre in die schönsten grauen Augen, die ich je gesehen habe.

Shooter, Sunnys großer Bruder. Von Nahem betrachtet ist er genau die Art Mann, mit der ich ins Bett gehe, ohne groß darüber nachzudenken. Sexy as hell.

„Planst du, meine Familie auszurotten?“, erkundigt er sich mit der Andeutung eines Lächelns, während er mit einer Hand über seinen Kopf reibt.

„Nicht alle“, sage ich todernst. „Deine Schwester mag ich wirklich gerne.“

Er beugt sich zu meinem Ohr und flüstert: „Baby, ich ficke wie ein Gott. Du wirst so laut schreien, dass du morgen heiser bist. Danach wirst du mich viel lieber mögen als sie. Vertrau mir.“

Er richtet sich wieder auf und grinst mich lasziv an. Macht ihn noch attraktiver. Na und?

Selbst wenn er tatsächlich ein Sexgott wäre, würde ich ihn nach dem Text von meiner Liste streichen. Ich hasse überhebliches Machogehabe.

„Als du noch nicht geredet hast, hast du mir besser gefallen“, sage ich und klopfe ihm, wie einem kleinen Jungen die Wange. „Macht nichts, konntest du ja nicht wissen.“

Ich wende mich ab und setze mich auf meinen Hocker.

Lord hat wieder diesen belustigten Ausdruck im Gesicht, bei dem sich die Lachfältchen vertiefen und einer der Mundwinkel leicht zuckt, sonst aber nicht viel passiert.

„Sunny“, brüllt er seiner Tochter zu, die sich am anderen Tresenende befindet und Bierflaschen ausgibt. „Gib dem Mädchen was zu trinken.“

„Sofort“, schreit sie zurück. Überhaupt wird hier viel gebrüllt.

„Name?“, brummt Lord an mich gewandt.

„Neandertaler“, beschimpfe ich ihn. Er zieht eine Augenbraue hoch.

„Nora“, grummele ich.

„Geht doch.“ Wieder zuckt der Mundwinkel und er reicht mir ein Bier. „Red mit dem Jungen, sonst platzt er noch“, sagt er dann und schiebt sich an mir vorbei.

Sofort wird sein Hocker durch Shooter übernommen.

„Mein Vater mag dich.“

Ach ja? Ich hatte den Eindruck, ich bin lediglich ein nettes Unterhaltungsprogramm für ihn. Keine Ahnung wie das hier sonst abläuft.

„Obwohl ich ihn besiegt habe?“

Shooter lacht leise. „Er hat sich seit Jahren nicht mehr zu solchem Unsinn hinreißen lassen und ich habe ihn auch schon eine Weile nicht mehr auch nur im Ansatz lächeln sehen. Ich bin dir also ehrlich dankbar.“ Er meint, was er sagt und ich bin ein wenig versöhnt.

Nachdem Lord gegangen ist, hat sich die Menge zerstreut und die schmollenden Süßärsche werden wieder mit ausreichend Aufmerksamkeit bedacht.

Schweigend trinken wir. Drei Mädchen tänzeln zu Shooter, zwei von ihnen nahezu nackt, und beginnen an ihm rumzufummeln.

„Lass dich von mir nicht aufhalten“, sage ich und sehe interessiert zu, was die Drei alles so veranstalten, um ihn mit sich zu ziehen oder ihn gleich hier zu besteigen.

Das Vorgehen ist beinahe aggressiv. Eine dünne Brünette hat bereits Shooters Hose geöffnet und ihre Hand hineingeschoben. Offenbar ist ihr egal, wo und wie sie ihn bekommt.

Ich betrachte das Ganze so, wie ein Wissenschaftler wahrscheinlich ein Experiment beobachtet. Sowas erregt mich nicht im Geringsten. Ich bin lediglich neugierig, wie weit sie gehen und wie weit er sie gehen lässt.

Das Mädchen hat mittlerweile seinen voll erigierten Schwanz herausgezogen, der einen zweiten und auch einen dritten Blick wert ist. Automatisch nicke ich anerkennend. Als sie ihn in den Mund nimmt, weiß ich, wie weit er sie gehen lässt. Bis zum Ende.

Ich sehe mir ihre Aktivitäten eine Sekunde lang an und bin bereits gelangweilt. Die beiden anderen Mädchen ziehen beleidigt ab und das ist die Gelegenheit zu gehen. Ich rutsche von meinem Hocker. Shooters Hand schießt nach vorn und legt sich in festem Griff um meinen Arm.

„Bleib“, sagt er heiser. Verblüfft sehe ich ihm ins Gesicht.

Sein Blick ist auf mich gerichtet, er berührt das Mädchen nicht einmal. Stattdessen legt er die andere Hand unter mein Kinn, sodass ich den Blick nicht abwenden kann.

Eine absurde Situation. Ich höre die schmatzenden Geräusche, die ein Mund verursacht, der sich auf einem Schwanz hin und her bewegt.

Worum geht es hier? Macht? Erotik?

Keine Ahnung was den Mann antreibt. Klar ist: Es geht nicht um das Mädchen, das sich solche Mühe gibt, ihn zu befriedigen.

Das Schmatzgeräusch wird schneller und Shooters Atmung schwerer. Mein Kinn immer noch festhaltend, streicht er langsam mit dem Daumen über meine Unterlippe. Ich bewege mich nicht, sehe ihn einfach nur an.

„Mund auf“, sagt er rau. Das Schmatzen verstummt. „Du nicht. Weiterblasen.“ Sie macht hörbar weiter.

„Mach den Mund auf“, befiehlt er mir und zwingt mit seinem Daumen meine Lippen auseinander.

Okay, denke ich und sperre mich nicht mehr. Stattdessen beginne ich den Daumen zu lecken und zu umkreisen. Shooters Blick verdunkelt sich und der Atem wird hektischer. Ich beginne spielerisch an seinem Daumen zu knabbern und beiße testweise hinein.

Die Atmung beschleunigt sich. Ich lecke und sauge weiter, beobachte Shooters Gesichtsausdruck. Auch wenn ich ihn nicht kenne, sehe ich genau den Moment, in dem er kurz davor ist zu kommen und beiße fester zu. Er erstarrt und atmet dann mit einem unterdrückten Stöhnen aus. Seine Augen schließen sich kurz und der Ausdruck seines Gesichts wechselt von angespannt zu erleichtert.

Dieser Wechsel fasziniert mich bei jedem Mann, mit dem ich schlafe. Obwohl man das hier kaum so nennen kann. Der Griff um mein Kinn und meinen Arm löst sich und jetzt endlich berührt er das Mädchen.

Beinahe anbetend, sieht sie zu ihm auf. Verstehe ich zwar nicht, immerhin hatte sie von dem Ganzen nicht viel, aber geht mich auch nichts an.

Ich nehme meine Jacke, fake ein überzeugendes Gähnen und sage zu Shooter: „Viel Spaß noch.“

Dann gehe ich, ohne noch einen weiteren Blick an ihn zu verschwenden.

Die sexuellen Aktivitäten im Raum scheinen mittlerweile einen Höhepunkt erreicht zu haben. Und das meine ich in jedem Sinn, den man dem Wort geben kann. Aber nichts davon erregt meine Aufmerksamkeit, geschweige denn mich.

Irgendwie hatte ich mir den Abend spannender vorgestellt. Ich sollte bei meinen Büchern bleiben. Die Realität kann da einfach nicht mithalten.

 

 

KAPITEL 2

 

SHOOTER

Diese verfluchte Frau. Shooter konnte nicht genau sagen, was ihn dazu gebracht hatte, sich einen blasen zu lassen, während die Frau, die er eigentlich wollte, direkt vor ihm stand. Sie hatte ihn mit diesem leicht spöttischen Ausdruck und den wissenden Augen angesehen, ohne eine Miene zu verziehen. Was hatte er erwartet?

Zumindest, sie ein wenig zu irritieren.

Aber das hatte überhaupt nicht funktioniert. Während er einem Höhepunkt zustrebte, der nur sehr wenig mit dem Mädchen an seinem Schwanz zu tun hatte, aber so ziemlich alles mit Nora, hatte sich nicht einmal ihre gleichmäßig ruhige Atmung verändert.

Allein mit ihrer Zunge an seinem Daumen hatte sie ihn kommen lassen und verfickte Scheiße, sie wusste es.

Wusste, dass er sie wollte und dass er seinen Orgasmus ihr verdankte. Was als Provokation gedacht war und als reine Machtdemonstration, war letztendlich ihm zum Verhängnis geworden. Außerdem hatte Shooter nervtötend viel Energie aufwenden müssen, bis er die Brünette losgeworden war. Deren Anhänglichkeit hatte ihn so wütend gemacht, dass er angewiesen hatte, sie unter keinen Umständen auf die Liste der Neuen zu setzen.

Wenn er ehrlich war, rührte mindestens die Hälfte seiner Wut daher, dass die faszinierende Rothaarige ihn einfach stehengelassen hatte.

Keine Frau hatte ihn jemals stehenlassen. Das war keine Arroganz, sondern ein Fakt.

„Double“, brüllte er über den Hof. Ein blonder Schopf erschien im Tor der Werkstatt.

„Jo“, kam es zackig zurück.

„Komm her.“ Der Junge trabte heran. „Dein Mädchen von gestern…“

„Lisa“, ergänzte Double grinsend. Er hatte offensichtlich eine gute Nacht gehabt, im Gegensatz zu ihm.

„Wie auch immer. Sie ist doch mit dieser Hexe gekommen.“ Shooters Wut hatte sich noch nicht gelegt.

„Nora“, sagte Double und grinste breiter. „Hat sie dich nicht rangelassen?“

„Halt die Schnauze.“ Das Grinsen verebbte.

„Was weißt du über sie?“

Er starrte den Blonden so lange an, bis dieser begann nervös zu werden und sich automatisch gerader hinstellte.

„Heißt Nora Henson, ist neunundzwanzig, wohnt mit Lisa zusammen und arbeitet in einer Bar“, rasselte Double herunter.

„Wieso weißt du diese ganze Scheiße?“

„Dir kann man es auch nie recht machen“, maulte Double, zu recht wie Shooter eingestehen musste.

„Welche Bar?“, hakte er nach.

„Keine Ahnung.“ Jetzt klang Double beinahe aufsässig.

„Hau schon ab“, knurrte Shooter. Das ließ sich der Junge nicht zwei Mal sagen.

Okay, er musste also nur herausfinden, in welcher Bar sie arbeitete und dann…

Ja, was dann eigentlich?

***

„Kannst du heute länger machen?“, fragt mich meine Chefin.

Das passt mir sogar prima. Ich habe später noch zu tun und muss die Stunden bis dahin irgendwie rumbringen. Ich bin ja nicht zum Spaß in der Stadt.

Mein Zielobjekt, Johnson Ludwig, ist der Inhaber mehrerer Stripplokale, in deren Hinterzimmern regelmäßig um enorm hohe Summen gespielt wird. Nebenbei betreibt er einige Bordelle, die der unteren Kategorie angehören und handelt in mittelgroßem Stil mit Drogen.

Er macht täglich seine Runden und danach kann man seine Uhr stellen. Kommt mir sehr entgegen. Der Abschuss ist für übernächste Woche geplant und deshalb folge ich ihm jede Nacht. Nicht, dass er plötzlich seine Abläufe ändert.

Heute ist das „Destiny“ dran und da ist er nicht vor drei Uhr morgens. Ich hätte eigentlich um elf Feierabend und damit viel Zeit totzuschlagen.

„Reicht bis zwei?“, erkundige ich mich und Miranda sieht erleichtert aus.

„Auf jeden Fall. Hast was gut bei mir.“

Ich lächle sie an und nicke. Mein Guthaben werde ich wohl nicht mehr einlösen können. In zwei Wochen bin ich hier weg.

Das „snob appeal“ heißt so, wie seine Kundschaft ist. Brillante Namensgebung. Hätte ich es mir aussuchen können, würde ich wahrscheinlich lieber mit Sunny hinterm Tresen stehen, anstatt in diesem elitären Schuppen. Die Leute im Club sind ehrlicher.

„Süße, machst du mir noch einen Tornado?“, spricht mich einer der Gäste an.

Er schenkt mir ein, wie er glaubt, verführerisches Lächeln. Dabei ist es nur schmierig.

Die Typen hier sind alle vom gleichen Schlag, neureich, überheblich und kein Nein gewohnt. Die Barregeln verbieten, Gott sei Dank, sich mit Gästen einzulassen. So muss ich mir nicht mal was ausdenken.

Ich habe noch für keinen eine Ausnahme gemacht. Auch nicht machen wollen.

Ich mixe dem Typen einen widerlich süßen Cocktail, den ich für unmännlich halte. Ein Bier aus der Flasche ist mir persönlich ohnehin lieber. Ich trinke schon aus Berufsgründen sehr selten und auch sehr wenig Alkohol. Schädigt die Nerven und ist einfach nicht gut für die Konzentration.

Im Gegensatz zu dem im Bikerclub ist mein Tresen sehr breit. Hat den Vorteil, man kann nicht einfach rübergreifen und mich antatschen.

Ich kann also mit den Kunden exzessiv flirten, was das Trinkgeld erhöht, ohne befürchten zu müssen, dass einer der Männer glaubt, mir dafür an die Wäsche gehen zu dürfen.

Okay, einige - oder besser die meisten - glauben das schon. Aber sie kommen nicht an mich ran.

Ich habe meinen eigenen Beschützer. Selbsternannt. Er heißt Wade Thomson, ist Polizist, was mich immer sehr belustigt und immer dann da, wenn ich arbeite. Ich war sogar so lieb und habe ihm meinen Dienstplan gegeben. Nachdem wir geklärt haben, dass ich mich geehrt fühle, dass er in mich verliebt ist, ich aber absolut kein Interesse an einer engeren Bindung habe.

Das ist die Kurzversion. Ich habe es weitaus höflicher und in sehr viel mehr Sätze verpackt.

Wade ist ein gutaussehender Mann. Ein harter Typ, der jemanden allein durch seinen Blick einschüchtern kann. In einem anderen Leben, wenn ich nicht bald wieder verschwinden würde, wenn er nicht Polizist wäre und wenn ich in der Lage wäre, irgendeine Bindung aufzubauen, hätte ich es vielleicht sogar mit ihm versucht. Aber da sind einfach zu viele 'Wenn' im Spiel.

Und es gibt noch einen Grund. Wade ist zu höflich und zu rücksichtsvoll.

Das klingt total bescheuert, ist aber wahr. Klar bin ich für Emanzipation und lehne Sexismus in jeder Form ab. Auf der anderen Seite stehe ich aber auf diese Neandertalerscheiße.

Am besten kriegt mich ein Mann in sein Bett – mal abgesehen von den äußeren Faktoren, die stimmen müssen –, wenn er mich einfach hineinzerrt, wirft oder mich über seine Schulter schmeißt und hinträgt. Es muss auch nicht unbedingt ein Bett sein.

Obwohl es am Freitag hier immer gut läuft, ist es heute besonders voll. Kein Wunder, dass Miranda mich gebeten hat, länger zu bleiben. Piper, das Mädchen das Dienst hat, wäre allein kaum in der Lage die Massen zu bewältigen.

Sie ist eine hübsche Schwarzhaarige mit blitzenden dunklen Augen. Vollbusig und rassig, irgendwas Anfang zwanzig. Obwohl so jung, macht sie die Art Job auch schon seit acht Jahren. Hat sie mir erzählt und ich glaube ihr. Sie hat diese wissenden Augen, die Menschen besitzen, die schlimme Dinge zu einer Zeit erlebt haben, als sie dafür eindeutig noch zu jung waren.

Um es kitschig auszudrücken: Unsere Seelen haben sich erkannt.

Wir kennen keine Details der jeweiligen Lebensgeschichte und keine von uns würde je danach fragen. Wir haben uns nur kurz angesehen und sofort war da ein tiefes Verständnis.

„Man, die machen mich noch fertig“, schnaubt Piper und greift nach einem Glas über mir im Regal. „Schneidest du mir ein paar Zitronen mit?“

„Klar. Ist der Idiot wieder da?“

„Ist er. Irgendwann bestell ich einen Schläger, sonst begreift der es einfach nicht.“

Ich könnte ihn zu einem Freundschaftspreis endgültig aus dem Weg räumen, denke ich belustigt.

Einen Schläger kann ich auch besorgen. Aber das ist Teil meines anderen Lebens und hat hier nichts zu suchen.

„Er ist doch irgendwie ganz niedlich“, sage ich stattdessen und nehme die nächste Zitrone. Verfluchte Cocktails, die halten nur auf.

Piper stellt sich ganz dicht neben mich und senkt ihre Stimme. „Er hat mir gerade einen Heiratsantrag gemacht. Wie blöd ist der Kerl? Ich bin lediglich die Schlampe hinter der Bar, die ihm sein Getränk hinstellt, lächelt und mit ihm professionell flirtet. Hält der das für echt?“

„Männer sind oberflächlich. Tu nicht so, als wäre dir das neu. Er hat Kohle in Massen und manche Mädchen würden da sofort anspringen.“

„Ich aber nicht“, motzt sie.

„Kann er ja nicht wissen.“

„Verteidigst du den Kerl etwa?“

„Sei lieb“, lenke ich beruhigend ein.

Keine Ahnung was ihr in der Vergangenheit passiert ist, aber es war definitiv ein Mann daran beteiligt. Wenn nicht sogar mehrere.

„Welche Sorte Mann hättest du denn gern?“, frage ich, weil es mich plötzlich interessiert.

Sie grinst, dreht den Kopf ein wenig und nickt zu einer Stelle hinter uns. „Die da.“

„Babe, gibt’s hier auch Bier?“, höre ich eine Stimme, die ich kenne und das erste und einzige Mal vor vier Tagen gehört habe. Zu der Stimme gehören umwerfende graue Augen und sehr, sehr schlechte Manieren.

„Shooter“, sage ich im Umdrehen. „Heute nichts los bei euch?“

Er antwortet nicht, stattdessen starrt er auf mein Dekolleté. Kann ich verstehen. Wir tragen alle Korsagen, sprich: die Brüste quellen bei denen, die welche haben, beinahe aus dem Ausschnitt. Die Schnürung sorgt für eine tolle Taille. Ich mag die Dinger, sie sind so verrucht. Und da man mich ja nicht berühren kann…

„Warum hast du das nicht angehabt?“, fragt er und grinst anzüglich. Bei ihm wirkt das überhaupt nicht schmierig, sondern löst Herzrasen aus.

Ich hole ein Bier und stelle es vor ihm ab, dabei beuge ich mich ein Stückchen mehr vor als nötig.

„Gefällt dir der Anblick?“, erkundige ich mich und streiche wie abwesend mit den Fingerspitzen über meinen Brustansatz. Der Mann neben Shooter holt lautstark Luft.

„Ganz nett“, sagt Shooter und öffnet seine Flasche.

Ich lasse die Hand sinken, verschwendete Energie.

„Was machst du hier?“, stelle ich die naheliegende Frage.

Er hat eine abgewetzte Jeans an, ein enganliegendes T-Shirt und die obligatorische Weste. Alles in Schwarz. Damit passt er hier so gut rein wie ein exotischer Vogel auf eine Hühnerfarm. Er ist auch genauso unauffällig.

Wade taucht plötzlich vor mir auf.

„Nervt dich der Kerl?“, fragt er und mustert Shooter abschätzend. Sein Polizistenblick. Ich muss mir ein Grinsen verbeißen.

„Nein Liebes“, sage ich betont sanft. „Ein neuer Gast. Wir haben uns nur unterhalten.“

Wade wirft Shooter noch einen dieser warnenden 'ich-hab-dich-im-Auge' Blicke zu.

„Wenn was ist, sag Bescheid.“

„Selbstverständlich“, sage ich und bedenke ihn mit einem, wie ich weiß, umwerfenden Lächeln.

Ich bin deshalb sicher, weil ich so ziemlich jeden meiner Gesichtsausdrücke jahrelang im Spiegel geprüft, getestet und geübt habe. Wenn man mit jemandem wie Benedict zu tun hat, überlässt man besser nichts dem Zufall.

Wade nickt kurz und geht wieder zu seinem Stammplatz. Ich richte meine Aufmerksamkeit auf den Mann vor mir.

„Also?“

Shooter starrt Wade wütende Löcher in den Rücken. Eifersüchtig? Wohl kaum. Wir kennen uns so gut wie gar nicht und bei der Auswahl an Frauen, die ihm zur Verfügung steht, braucht er mich nicht.

„Hm?“, macht er überrascht und ist nun wieder ganz bei mir. „Ist das dein Mann?“

Ich ignoriere die Frage, soll er doch denken, was er will und frage nun das dritte Mal.

„Sagst du mir nun, was du hier machst? Ich habe dich hier noch nie gesehen und der Laden gehört garantiert auch nicht zu der Sorte, die du sonst aufsuchst.“

Ich kann ihn mir eher in einem von Ludwigs Läden vorstellen. Jepp, Stripperinnen und Drogen. In meinem Szenario wäre er kein Konsument, eher Dealer oder noch besser, Transportsecurity.

„Ich wollte dich sehen“, sagt Shooter schlicht und verblüfft mich damit vollkommen.

Das ist mir wohl auch anzusehen, denn er lacht. Verflucht schöner Mann. Ich kneife die Augen ein wenig zusammen, lege den Kopf schräg und sehe ihm direkt in die Augen.

„Warum?“

„Weil ich dich haben will.“ Eins muss man ihm lassen, der Typ redet nicht groß drumherum.

„Das heißt?“, hake ich nach.

„Du schuldest mir eine Nacht in meinem Bett“, lautet die Antwort. Sein Blick ist genauso unverwandt auf mich gerichtet wie meiner auf ihn.

Die Männer seiner Familie sind wirklich heiß und hätte er mir nicht dieses Kind vor die Nase gesetzt, hätte er mich in der Nacht haben können.

Er weiß das oder ahnt es zumindest und ich weiß es mit Sicherheit.

Warum eigentlich nicht?

Ich bin bald nicht mehr da und der Kerl ist alles, was ich mir nur wünschen kann. Wenn der Sex mit ihm so ist, wie ich glaube, dann sollte ich mir das nicht entgehen lassen.

„Ich denke nicht, dass ich dir etwas schulde, allerdings…“

Ich mache eine Kunstpause und er springt auch wie erwartet darauf an.

„Allerdings?“, fragt er und seine Augen bekommen wieder diesen Glanz, der mich schon beim ersten Zusammentreffen so fasziniert hat.

Ich beuge mich noch ein wenig vor und flüstere rau: „Dein Schwanz hat mir gefallen und ich habe nichts dagegen, ihn zu testen.“

Jetzt tobt eindeutig ein Sturm im Grau und ich ziehe mich wieder ein wenig zurück.

„Wann hast du Schluss?“

Bilde ich mir das ein oder klingt seine Stimme heiser?

„Heute geht nicht“, wiegele ich gnadenlos ab.

Ich hab noch meinen Auftrag und davon kann mich nichts und niemand ablenken. Nicht mal so ein Traumtyp.

„Okay. Sag wann.“

„Morgen passt. Bin hier und habe elf Uhr Schluss. Kannst mich abholen, wenn du dann immer noch interessiert bist.“

Und wie er morgen hier sein wird.

„Passt“, sagt er, zieht einen Schein aus seiner Jeans, wirft ihn auf den Tresen und geht dann ohne ein weiteres Wort.

Ich bin mir gerade nicht sicher, wer von uns beiden am Ende der Überlegene war.

 

KAPITEL 3

 

Johnson Ludwig ist fett und er schnauft beim Gehen so laut, dass ich ihn auch mit geschlossenen Augen erschießen könnte. Eigentlich braucht man für den Job keinen Scharfschützen. So viel Masse kann man gar nicht verfehlen.

Ich sitze auf dem Dach gegenüber vom „Destiny“. Das Haus hat nur drei Etagen, womit ich den perfekten Winkel habe und als Bonus gibt es eine Steinverzierung an der Dachkante. Sie ist achtzig Zentimeter hoch und besteht aus irgendwelchen Schnörkeln, die durch unterschiedlich große Löcher unterbrochen werden. Besser geht es nicht.

Dazu kommt noch, dass Ludwig nur vorm „Destiny“ jedes Mal stehen bleibt und sich mit einer jungen Frau unterhält. Sie ist nicht seine Geliebte, so viel weiß ich. Wäre auch die reinste Verschwendung. Ich schätze sie auf gerade mal achtzehn.

Sie ist zierlich und hat lange braune Locken. Die Aufmachung ist eher bieder, sieht aus als ginge sie noch zur Schule. Ist nur so ein Gefühl. Vielleicht ist sie seine Tochter oder irgendein Mädchen, das, aus welchem Grund auch immer, sein steinhartes Herz erweicht hat.

In seinen Unterlagen steht nichts von Verwandtschaft. Da gibt es nur seine Frau, die ihn hasst und eine Geliebte, die er gut bezahlt.

Muss er auch, denn der Typ ist ein absolutes Schwein. Sein lukrativstes Geschäft ist Zwangsprostitution. Deshalb wundert mich ja die Sache mit der Kleinen.

Genau diese Einnahmequelle hat mich auf den Plan gerufen. Er hat die Russen unterschätzt. Sie haben in der Branche das Sagen und er hält sich für schlau genug, sie zu übergehen.

Mikhael, der Chef der Russenmafia hier vor Ort, ist wiederum ein guter „Freund“ von Benedict und so kam ich ins Spiel. Dass ich für einen Job ein Jahr Zeit habe, ist nicht üblich. Mikhael wollte Ludwig noch eine Chance geben, sagt er. Ich bin ziemlich sicher, dass er die Logistik nach Johnson Ludwigs Ableben übernehmen will und das braucht Vorlauf.

Jetzt scheint er so weit zu sein, denn letzte Woche kam das Go! und der entsprechende Termin.

Ich höre den Lärm mehrerer Motorräder und gleich darauf biegen auch mehrere Maschinen in die Straße ein. Sie halten direkt vor dem Eingang. Ich fluche leise, als ich Lord erkenne.

Das darf doch nicht wahr sein. Bis eben gab es keine Verbindung zwischen dem Club und Ludwig.

Den Blick auf das Geschehen unter mir gerichtet, hole ich mein Handy heraus. Benedict meldet sich sofort. Ich habe das Gefühl, der Mann schläft nie.

„Source“, sagt er zur Begrüßung.

„Wir haben eventuell ein Problem. Die Black Devils reden mit Ludwig.“

„Ich prüfe das“, sagt er und legt auf.

Benedict redet nie viel und seine Stimmlage verändert sich auch selten. Zum Anfang hat mich das nervös gemacht und ich dachte immer, er kann nicht anders. Aber er kann. Redet er mit meiner Mutter, schnurrt er sogar. Ernsthaft: Er schnurrt!

Vorm „Destiny“ reden sie immer noch miteinander. Shooter ist nicht dabei, das habe ich als Erstes überprüft.

Die beiden Männer nicken sich zu und schütteln sich sogar die Hände. Mist! Das sieht nach irgendeiner Vereinbarung aus.

Ludwig geht in den Laden und mein Job für heute ist beendet.

Ich hoffe sehr, dass die Devils mir nicht in die Quere kommen.

***

„Dein gut aussehender Junge ist da“, sagt Piper und grinst mich an.

Zwei Fehler in so einem kurzen Satz. Shooter ist weder ein Junge, noch gehört er mir.

„Hat er einen Bruder?“, erkundigt sie sich und grinst noch ein wenig mehr.

„Hat er“, erwidere ich und muss nun auch grinsen.

„Gute Laune oder nur so erfreut mich zu sehen?“

Shooter lächelt und ich möchte spontan vor ihm auf die Knie gehen. Das erinnert mich aber an die Brünette und der Anfall ist vorbei.

„Piper hier, würde gern Cash kennenlernen“, entgegne ich und schiebe die Kleine nach vorn.

Shooter mustert sie eingehend, sein Mund verzieht sich zu einem trägen Lächeln.

„Glaub mir, Babe. Er würde dich kennenlernen wollen.“

Jedes Mädchen wäre jetzt rot geworden. Piper nicht. Sie hat offensichtlich schon sehr viel erlebt. Sie nimmt einen Zettel, kritzelt ihren Namen und ihre Nummer drauf und reicht ihn Shooter.

„Gib ihm das und sag, dass ich auf harten Sex stehe. Bei Interesse soll er anrufen.“

„Gemacht.“ Shooter steckt den Zettel in seine Tasche.

Piper entfernt sich, um noch den Rest der Bar aufzuräumen.

„Wie alt?“, fragt Shooter und sieht ihr kurz hinterher.

„Zweiundzwanzig, glaube ich.“

Ich bin nicht sicher, haben wir nie drüber geredet. Sie wirkt auch älter. Nicht körperlich, nur in ihrer Art. Ganz anders als Lisa.

Er nickt und damit ist das Thema wohl abgeschlossen.

„Können wir los?“, erkundigt er sich sachlich bei mir.

Ein wenig seltsam ist das Ganze schon. Nicht, dass ich Romantik erwartet hätte oder sowas, ist ja kein Date, aber das hier ist schon sehr nüchtern. Als würde man seine Inneneinrichterin abholen.

'Ich hab nicht viel Zeit, aber das muss erledigt werden, damit ich es von meiner Liste streichen kann.'

Vielleicht stimmt das sogar. Ich bin mir sicher, dass er nur so interessiert ist, weil ich ihn mehr oder weniger abgewiesen habe.

Spielt aber keine Rolle. Ich habe hier noch zehn Tage und finde, dass ich mir Spaß verdient habe.

„Ja, bin fertig“, sage ich genauso sachlich, schnappe mir meine Tasche und folge ihm nach draußen.

Ich hätte Wechselsachen mitbringen sollen. Zu der knallengen Lederkorsage gehört der passende Rock. Leder und knalleng. So eng, dass es beinahe unmöglich ist, sich auf ein Motorrad zu setzen, ohne den Rock bis zur Taille hochzuschieben.

Da ich schlecht mit dem Taxi fahren kann und ihm auch nicht die Genugtuung eines noch so kleinen Sieges gönnen will, der Kerl grinst sowieso schon so überheblich, zerre ich mit einem Achselzucken den Rock nach oben. Darunter trage ich Strümpfe, die an Haltern befestigt sind. Shooter hat jetzt also einen Streifen nackter Haut meiner Oberschenkel direkt vor seiner Nase.

Das wischt ihm das Grinsen aus dem Gesicht und weicht dem mir bekannten sturmtobenden Blick.

Die Runde geht dann an mich, stelle ich zufrieden fest und schwinge mein Bein über die Maschine. Langsam lasse ich mich nieder, schlinge die Arme so tief wie möglich um seine Hüfte und raune ihm zu.

„Worauf wartest du Tiger?“

Ein paar Minuten später, fahren wir durch das Tor des Clubhauses. Shooter parkt sein Motorrad, schaltet es aus, springt aus dem Sattel und zerrt mich vom Sitz. Das alles quasi in einer Bewegung. Er reißt sich und danach mir den Helm vom Kopf und funkelt mich gierig an.

Dann zieht er meinen Kopf zu sich und knallt seine Lippen auf meine. Oh ja, er ist sehr, sehr erregt. Ich habe auch mein Bestes getan und während der Fahrt seine Oberschenkel massiert. Um genauer zu sein, den Teil dazwischen. Das hat höllischen Spaß gemacht.

Shooter löst sich von mir, drückt einem Prospect die Helme in die Hand und zerrt mich hinter sich her. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, nur mit den hohen Schuhen laufe ich Gefahr, mir die Beine zu brechen.

Also stoppe ich und stemme mich gegen sein Gezerre.

„Langsam Tiger“, sage ich vorwurfsvoll.

Shooter dreht sich zu mir um und kommt ganz nah heran.

„Hast du es dir etwa überlegt?“, schnauzt er mich an. Na holla.

„Nein. Ich will nur gesund ankommen.“ Ich zeige auf meine Schuhe.

Verstehend nickt er. Dann breitet sich ein teuflisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. Noch ehe ich weiß, was er vorhat, hat er mich bereits hochgehoben und nun werde ich ins Clubhaus getragen.

Prima, der Jäger und seine Beute.

Ein paar der Jungs sprechen ihn an, aber Shooter wimmelt sie alle ab. Zielstrebig durchquert er den Raum und trägt mich eine Treppe hoch. Oben treffen wir auf Double, Lisas Typen.

„Hi Nora“, sagt er und kichert.

Shooter knurrt ihn an, das Kichern wird zum Lachen und der Blonde verschwindet nach unten.

Shooter drückt er eine der Türen auf und wir stehen in einem Zimmer, dessen auffälligstes Möbelstück ein riesiges Bett ist. Die Tür fällt geräuschvoll ins Schloss.

„Na dann“, sage ich mit Blick auf das Bett und beginne die Verschnürung der Korsage zu lösen.

„Langsam“, raunt er direkt an meinem Ohr und hält meine Hände fest. Eben noch konnte es ihm nicht schnell genug gehen.

Shooter dreht mich und drückt mich gegen die nächste Wand, im selben Moment umschließt er meine Handgelenke und zieht sie über meinen Kopf. Meine Wange liegt auf dem rauen Putz auf, der leicht über mein Gesicht schrammt.

Sein Körper presst sich der Länge nach an meinen. Ein Arm schlingt sich um meine Taille und seine Hand liegt fest auf meinem Bauch.

„Hab dich“, schnurrt er in mein Ohr und das Geräusch, verbunden mit dem Luftzug, den sein Atem über meine Haut schickt, erzeugt auf meinem ganzen Körper eine prickelnde Gänsehaut.

Betrügerischer Körper.

So leicht bekommt Shooter mich nicht. Ich bin keins seiner Bikergroupies, das ihm nachrennt und ihm seufzend in die Arme sinkt, wenn er sie nur ansieht.

Vorsichtig spanne ich die Muskeln an. Da ich meine Hände nicht zur Verfügung habe, muss es der Rest tun. In einer einzigen Bewegung, schlinge ich ein Bein um seins, drücke mich mit aller Kraft von der Wand ab und werfe mich nach hinten.

Shooter strauchelt und fällt mit einem überraschten Laut um. Sofort lässt er meine Hände los, um seinen Fall abzufangen. Trotzdem knallt er mit einem leisen „Uff“, auf den Boden. Mein Gewicht auf ihm, verstärkt den Effekt.

Schnell rolle ich von ihm herunter und lande auf allen vieren. Aber ich bin nicht schnell genug, denn bevor ich aufstehen kann, wirft sich Shooter von hinten auf mich. Der Mann hat viel Kraft und Masse.

Aufgeben ist überhaupt keine Option. Ich winde mich unter ihm und versuche, ihn von mir zu schieben.

Wann hat sich das Ganze eigentlich in eine Rangelei verwandelt?

Ich schaffe es natürlich nicht, ihn von mit herunter zu bekommen, aber wenigstens mich zu drehen. Leise schnaufend sehe ich in seine sturmverhangenen Augen. Das hier macht ihn total an und ich gebe zu, mir geht es nicht anders.

„Genug gespielt?“, fragt er rau und drückt mit einer Bewegung seines Beins meine Schenkel auseinander.

Nachdrücklich schiebt er meinen Rock nach oben und ich höre wie das Leder leise protestiert. Oh ja und wie ihn das anmacht. Eine beeindruckende Erektion drückt sich gegen meine sensible Mitte. Erregung schießt durch meinen Körper. Bevor ich es verhindern kann, entfährt mir ein Stöhnen.

Shooter lässt mich nicht aus den Augen und beginnt sich langsam an mir zu reiben. Eine erneute Welle rollt durch mich und ich bäume mich auf. Zu schnell, zu einfach für ihn, mich so weit zu bringen. Es gefällt mir nicht, die Kontrolle binnen so kurzer Zeit verloren zu haben.

Also sehe ich ihn mit zusammengekniffenen Augen an und sage: „Nein. Noch lange nicht.“

Ich lege meine Hände auf seine Brust und versuche, Shooter von mir zu drücken. In seinen Augen erscheint ein erregtes Glitzern und sein Unterkörper bewegt sich jetzt in einem schnelleren, härteren Rhythmus gegen meinen. Ich versuche, unter ihm wegzukriechen. Doch ich habe keine Chance. Will ich auch gar nicht, wenn ich ehrlich bin. Es macht einfach Spaß.

Shooters Hand schießt nach oben und erfasst meine Haare. Mit festem Griff hält er mich am Boden. Ich protestiere kurz, dann presst sich sein Mund besitzergreifend auf meinen.

Warm und sehr weich. Seine Zunge fährt meine Lippen entlang und drängt sich dann in meinen Mund. Sein Körper presst gegen meinen und sein Unterkörper bewegt sich immer noch in diesem hypnotischen Rhythmus.

Mein Körper brennt.

Shooters Kuss ist genauso vereinnahmend wie alles, was er mit mir tut. Er verführt nicht, er fordert. Und ich bin absolut bereit, ihm nachzugeben.

Verdammt.

Mein Widerstand ist nicht nur erlahmt, sondern völlig zusammengebrochen. Ich verliere mich vollkommen in diesem Kuss. Er ist wild, gierig, kraftvoll. Großartig.

Shooter löst sich von meinem Mund und sieht mir in die Augen.

„Ausziehen“, befiehlt er mir heiser, richtet sich auf und kniet nun zwischen meinen Beinen.

Mein Rock ist dafür nicht geeignet, denn ich kann meine Beine nicht bewegen, weil ich so eingeengt bin.

„Erst dein Shirt“, verlange ich. Meine Stimme ist so rau vor Erregung. dass es fast peinlich ist.

Ohne mich aus den Augen zu lassen, legt Shooter die Weste ab, dann greift er nach dem Saum seines Oberteils und zieht es mit einer geschmeidigen Bewegung über den Kopf.

Oh! Mein! Gott!

Bewundernd verfolge ich das Spiel seiner Muskeln. Breite Schultern, eine muskulöse Brust, die mit feinen dunklen Haaren überzogen ist, von denen ein schmaler Streifen gerade nach unten führt. Ich richte mich auf, strecke wie paralysiert die Hand aus und folge dem Pfad. Ich sehe bisher nur die Hälfte von ihm, aber bereits das ist es absolut wert.

Gedankenverloren streichle ich Shooter und will nun unbedingt den Rest sehen. Also beginne ich den Verschluss seiner Hose zu öffnen. Er fängt meine Hand ab.

„Jetzt du“, fordert er.

Unwillig knurre ich und Shooter lacht leise. Hastig löse ich die Verschnürung meiner Korsage und lasse sie dann achtlos hinter mich gleiten.

Sein Atem beschleunigt sich, sodass ich aufsehe. Shooter zieht mich auf seinen Schoß und sofort umschließt sein Mund eine meiner Brustwarzen.

„So schön“, murmelt er und beginnt genüsslich zu knabbern und zu saugen.

Ich kann mein Stöhnen nicht unterdrücken. Meine Hände beginnen wie von allein an dem Verschluss seiner Hose zu arbeiten und diesmal lässt er mich. Hektisch öffne ich die Knöpfe und schiebe meine Hand hinein. Keine Unterwäsche.

Mein Herz beginnt zu rasen, als ich die Härte ertaste. Er ist groß. Ich drücke ein wenig fester zu. Shooter antwortet mit einem tiefen Stöhnen. Schluss mit Spielen.

„Ich will dich. Sofort.“

Ich bin schon dabei mich zu erheben. Ich muss diesen Rock loswerden. Jetzt. Noch nie habe ich mich so schnell von meinen Klamotten befreit.

Als ich mich wieder Shooter zuwende, steht er bereits nackt vor mir. Seine Hand umschließt seine Erektion und fährt langsam an seinem Schaft auf und ab.

„Mein Gott“, entfährt es mir hingerissen. Fasziniert folge ich seinen Bewegungen.

„Hör nicht auf“, sage ich leise und bewege mich langsam rückwärts zum Bett. Meine Beine stoßen gegen eine Kante und ich lasse mich, ohne hinzusehen, fallen.

Shooter ist mir langsam gefolgt, während er sich weiter streichelt. Hitze durchtobt mich, mein Atem ist abgehackt, ich bin vollkommen am Anschlag. Im Moment würde es genügen, wenn er mich anpustet, und ich würde explodieren.

Meine Beine haben sich automatisch geöffnet und meine Hand imitiert Shooters Bewegungen.

Ich bin meinem Höhepunkt so nah und dabei haben wir noch nicht einmal viel gemacht. Allein ihn so zu sehen, reicht aus. Verdammt ist der Mann schön und reiner Sex.

„Nicht so“, knurrt das Objekt meiner Begierde.

Er lässt seinen Schwanz los und im nächsten Moment werde ich angehoben und auf das Bett geworfen. Mir entfährt ein überraschtes Geräusch.

„Warum hast du aufgehört?“, jammere ich.

„Keine Selbstkontrolle mehr“, presst Shooter zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während er sich zwischen meine Schenkel drängt. Seine Erektion drückt heiß gegen mein überreiztes Zentrum und ich will nur noch, dass er in mir ist. Jetzt. Sofort.

Aber er stoppt. Verwirrt sehe ich ihn an. Shooter erwidert den Blick. Der Sturm in seinen Augen ist überwältigend. Lust, Hitze, Besitzgier.

„Meins“, knurrt er und schiebt sich mit einem kraftvollen Stoß in mich.

Absolut, denke ich.

Und das ist für eine ganze Weile mein letzter Gedanke.

***

SHOOTER

Das vibrierende Handy fiel ihm erst jetzt auf. Geweckt hatte ihn die Bewegung der Frau, die sich vorsichtig aus seiner Umarmung befreite.

Shooter tat so, als würde er schlafen und hielt die Augen geschlossen.

„Und?“, hörte er sie leise fragen. Dann schien sie zuzuhören.

„Verdammt“, flüsterte sie unbeherrscht. „Bin nicht zuhause.“

Er hörte eine laute, aber unverständliche Männerstimme aus dem Telefon.

Dann wieder Nora. „Geht dich nichts an. Ich bin in zwanzig Minuten da.“ Die wütende Stimme wurde lauter.

„Das hat nichts mit dem Job zu tun. Ich habe auch noch ein Leben.“ Jetzt ertönte Gelächter aus dem Hörer.

Der Mann sagte ein paar Worte und Nora antwortete kurz angebunden und offenbar sauer: „Dann eben in fünfzehn.“ Sie warf das Handy irgendwohin.

„Arschloch“, schimpfte sie leise und Shooter hörte wie sie begann ihre Sachen zusammenzusuchen, gefolgt von raschelnden Anziehgeräuschen.

Einen Moment später trat sie an das Bett und er hörte sie leise atmen. Nora musste sich direkt über ihn gebeugt haben.

Sanft strich sie ihm die Haare aus dem Gesicht und murmelte: „Schade, dich hätte ich gern länger behalten.“

Dann küsste sie ihn vorsichtig auf die Lippen und Shooter musste sich zusammennehmen, um nicht nach ihr zu greifen und sie zurück ins Bett zu ziehen. Das hätte sie sicher nicht zugelassen.

Wie er eben gehört hatte, wurde sie bereits erwartet. Von irgendeinem Mann, der das Recht hatte sie mitten in der Nacht irgendwohin zu bestellen. Dennoch schienen sie keine persönliche Beziehung zueinander zu haben.

Shooter wollte, dass sie ihn in dieser sanften Stimmung in Erinnerung behielt, die er von ihr nicht erwartet hätte. Wäre sauer zu sein das letzte Gefühl, das sie mit ihm verband, würde sie ihn nicht wiedersehen wollen. Was ganz sicher nicht das war, was er wollte

Shooter würde sie sich holen. Oh ja und wie.

Nora seufzte leise, strich ihm kurz mit dem Daumen über die Unterlippe und verließ ihn.

Nicht für lange, war das Letzte, was Shooter dachte, dann schlief er zufrieden wieder ein.

***

Ich hätte nur zehn Minuten gebraucht, um bei Benedict zu sein, aber ich muss mir noch etwas anderes anziehen.