Hammer + Veilchen Nr. 13 -  - E-Book

Hammer + Veilchen Nr. 13 E-Book

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Beschreibung

Hammer + Veilchen erscheint vierteljährlich und veröffentlicht Kurzprosa von zeitgenössischen deutschen Autoren

Das E-Book Hammer + Veilchen Nr. 13 wird angeboten von Emig, Günther und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Kurzgeschichten, Kurzprosa, Gegenwartsliteratur

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 36

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Hammer + Veilchen

Flugschriften für neue Kurzprosa

Herausgegeben von Günther Emig und Peter Engel

Ausgabe 13 · 2017

Mit Beiträgen von Jörn Birkholz · Jan Dohren · Gunter Gerlach · Ronald Glomb · Cornelia Manikowsky · Susanne Mathies · Torsten Schäfer · Wolf Senff · Orla Wolf

Inhaltsverzeichnis
Hammer + Veilchen 13
Cornelia Manikowsky
Gewitterregen
Möwen am Nachmittag
Sommerabend
Jan Dohren
Am Ende des Forstwegs
Kette war einer, der braun wird
Gunter Gerlach
Ein falsches Wort
Wolf Senff
Gramner, eine Episode vom Walfang
Susanne Mathies
Das Verschwinden
Torsten Schäfer
Der Zeugenbaum
Von Hutzelweg und Habichtsflug
Trauriges Land, wo zwei Landkreise sich berühren
Am Birkenwasser
Greifvogelschau ohne Schließungszeiten
Jörn Birkholz
Wo gehobelt wird
Orla Wolf
Bedeutung
Spur
Augen
Wiederkehr einer Form
Ronald Glomb
Miniaturen vom Lesen und Schreiben
Die Autoren
Impressum

Cornelia Manikowsky

Gewitterregen

Mitten in der Nacht werde ich von lautem Donner geweckt. Kurz darauf beginnt es zu regnen. Ein Sturzregen geht auf den ausgetrockneten Boden nieder. Das Wasser bildet Pfützen und Rinnsale, die rasch über den Rinnstein ablaufen. Die Luft wird kühl und frisch.

Nach ein, zwei Stunden läßt das Gewitter nach. Hin und wieder ist noch vereinzeltes Grollen zu hören, doch der Regen wird immer spärlicher, um schließlich ganz zu versiegen. Noch halten sich die Kühle und das Frische in der Luft. Dann graut der Morgen. Ein fahl schimmerndes Licht erobert den nächtlichen Himmel. Schnell ist er in strahlendes Blau getaucht.

Die ersten Sonnenstrahlen dringen ins Zimmer. Es wird warm. Als ich wenig später das Haus verlasse, ist der Boden bereits getrocknet. Nur vereinzelt lassen sich noch kleine Pfützen finden. Und in der Sonne ist es heiß. Schon rinnt der Schweiß den Körper hinab. Die Luft riecht staubig. Und doch glaube ich, noch ein wenig Kühle und Feuchtigkeit zu spüren.

Möwen am Nachmittag

Jeden Nachmittag schreien die Möwen. Immer um dieselbe Zeit. In großräumigen Kreisen fliegen sie über der Stadt. Vielleicht ist es die Zeit der Müllabfuhr. Doch die Müllabfuhr arbeitet rund um die Uhr, und die Stadt ist groß, viel zu groß für Möwengeschrei. Möwen gehören ans Meer, gehören zu Strand, Ferien und Fischerbooten, zu verträumten Dörfern und romantischen Häfen. Hier ist das Meer kaum zu erreichen, abgeschnitten von der Stadt liegt es hinter Straßen, Hafenbecken und Industrieanlagen. Und doch schreien sie.

Sommerabend

Vögel im Sturzflug. Das harte Keckern einer Elster. Aus der Ferne sind Verkehrsgeräusche zu hören. Hupen, ein Martinshorn. Jetzt kommt es näher, noch näher, entfernt sich wieder. Die Sirene wird leiser, verschwindet. Und doch bleibt der Ton in der Erinnerung.

Dann streicht ein kleiner Wind sanft über erhitzte Haut. Auf dem Gehweg sind Schritte zu hören: Das Schaben des Sandes auf den Platten, das Klacken der Absätze. Ich denke an die verträumten Töne eines Saxophons. Langsam schweben sie durch die Luft.

Jan Dohren

Am Ende des Forstwegs

Zuckerrüben liegen, Kröten wandern, Hirsche röhren. Es gibt einen Hochsitz, morsch und mit Wegweiser dran. Aber das merkt keiner, denn hier lebt niemand. Falsch. Es gibt eine Bauernfamilie. Mann, Frau, Kind, ein Stall Kühe, ein Feld Weizen, viele Sorgen, der Milchpreis, usw.

Der Bauer fährt mit seinem Traktor über das Feld und ritzt die naß-schwarze Erde auf. Aber abends brennt in der Bauernküche gelbes Licht, das sieht dann doch gemütlich aus.

Und am Waldrand lebt seit kurzem einer aus der Stadt.

Und im Wald und in den Feldern lebt noch etwas anderes.

Der Wald ist ein Mischwald, Eichen, Buchen, Lichtung, Bach. Wenig Sonne, viel Moos, viel Farn. Es gibt Wanderwege. Im Frühling hackt der Specht, im Herbst nicht mehr so. Jetzt ist Frühling.

Auf der Lichtung bewegt sich etwas ganz sacht zwischen den Tannen. Okay, denkt man, ist ein Reh. Ist immer ein Reh, eins von den Waldtäubchen, nie ein Dachs. Es steht jetzt auf der Lichtung, im Sonnenschein, im Löwenzahn. Aber es ist kein Reh, nein, wirklich nicht.

Stattdessen: Schock! Ein gewaltiges Viech, hoch wie der Hochsitz, Wildschweinmähne auf Riesenkopf, Zotteln und Uhufedern, dunkelgelbe Augen.

Etwas an ihm ist menschlich. Es geht auf zwei Beinen, aber das allein ist es nicht. Rehe, Wildschweine, Uhus verstecken sich, laufen zur Höhle, fliegen zum Nest. Dieses Wesen hier denkt die ganze Zeit nach, das sieht man.

Ja, verdammt, würdest du sagen, wenn du hier wärst: Eine lebende Legende. Ist es das, was du sein möchtest?

Und was macht der Städter am Waldrand hier draußen? Auf dem Briefkasten am Ende des Forstweges steht Sokrates, sonst nichts. Sokrates wohnt im alten Forsthaus, mit offenem Kamin, Kohlezeichnungen an den Wänden, Skulpturen im Garten, schon halb im Wald. Künstlertyp, mit schulterlangen Haaren, schwarz mit grauen Fäden.