Heilbronn - Erich Weinstock - E-Book

Heilbronn E-Book

Erich Weinstock

0,0
8,90 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ausgang und Eingang dieses Werkes war die sonst selten gestellte Grundfrage, was denn die Stadt ihrem Ursprung nach sei. Die bona, die zu erfassen sind, sind einzigartig an das Schicksalsband der einstigen Reichsstadt geschmiedet und bekommen von hier aus gewissermaßen ihre universale Bedeutung. Mit historischer Tatsächlichkeit allerdings haben diese bona, hat dieses Band zunächst nichts gemein. Was hier als geschichtliches Vermächtnis auferlegt wird, kommt von innen her. Eben auch aus dem Stadtinnern. Die Wahrheit, die hier ausgiebig bedacht wird, ließ sich nicht anders am Schopf zu fassen, denn durch das Bestehen auf Form. Dem Verlangen nach Form wurde denn Genüge getan; dementsprechend flossen die Inhalte ein. Zwingend war auch, daß zur Bergung des unbedingten „Innenlebens“ der Sache das Sonett als solches bzw. eine Kette von Sonetten nicht ausreichte. Es mußte ein Sonettenkranz sein, mit dem die verschiedenen Ansichten zum Wein bzw. zur Stadt zusammengebunden werden sollten. Nachdem die Gedichte Aus dem Stadtinnern diesen Blättern vorangestellt wurden, folgt eine Reihe kleiner Abhandlungen, die sich weiterhin in die Überlieferungen, die Wirklichkeiten und Unwirklichkeiten des Stadtinnern versenken und auch ein wenig erläuternd in die Gedichte des ersten Teils eingreifen. Die Erscheinung Robert Mayers, wie sie vom zuständigen Sonett aufgegriffen wird, gehört zum Bedenklichen, mindestens zum Nachdenkenswerten, was von der ehemaligen Reichsstadt auf uns herabgekommen ist. Es geht darum, daß wir den Begriff der Kraft und ihrer „Erhaltung“, der für immer untrennbar mit dem Namen des Heilbronner Bürgersmannes verbunden ist, noch einmal an Leib und Seele in Erfahrung bringen, also anders, als es uns von der mathematisch-physikalischen Weltsicht her bekannt ist.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 112

Veröffentlichungsjahr: 2014

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



ανηρ περι γε την πατριδα ϕιλοστοργοτατος

„Ein Mann, der wie kein anderer seine Vaterstadt von Herzen liebte.“ Antikes Urteil über Alkaios

Erich Weinstock

HEILBRONN

AUS DEM STADTINNERN

Gedichte und Prosa

Zum 70. Jahrestag der Zerstörung

www.tredition.de

© 2014 Erich Weinstock

Umschlagbild: © Thomas Heim-Rueff

unter Verwendung gemeinfreier Bilder von www.pixabay.com.

http://pixabay.com/de/turm-kilianskirche-heilbronn-139642/

http://pixabay.com/de/wein-weinreben-reben-natur-340891/

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-8984-4 (Paperback)

ISBN: 978-3-8495-8985-1 (Hardcover)

ISBN: 978-3-8495-8986-8 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

A. ZUR EINFÜHRUNG

I.

DIE DEUTSCHE STADT

II.

HEILBRONN

B. IN VINO VERITAS

Ein Sonettenkranz

I

DAS WASSER

II

DER WEIN

III

ROBERT MAYER

IV

AUS DER GESCHICHTE DER REBE

V

DER WENGERTER

VI

DAS GÄREN UND WÄHREN

VII

DIE AUFKLÄRUNG

VIII

UT VINETA EGOMET CAEDAM MEA…

IX

DER BÜRGER

X

DAS KÄTHCHEN

XI

EIN WENGERTERTOD

XII

DER 4. DEZEMBER

XIII

PATRONE

XIV

VERWANDLUNG

XV

IN VINO VERITAS

C. DREI GESÄNGE

in antikisierenden Metren

I.

REICHSSTADT

II.

GARTENSTADT

III.

WEINSTADT

D. LIEDCHEN

E. PROSATEIL

VOM WEIN UND WENGERTER oder DIE STADT ALS GEISTIGER ORT

ROBERT MAYER DER GRÖßTE SOHN DER STADT

F. SCHLUßBESINNUNG

A. ZUR EINFÜHRUNG

Der Verfasser dieses dichterischen Versuchs mit der Geschichte kam 1948 in Heilbronn zur Welt und war im Erwachen zwangsläufig den Nachkriegszuständen des Stadt- und Bürgerlebens ausgesetzt, ohne daß er zu irgendeinem Zeitpunkt Anstoß an den Tatbeständen genommen oder sich Gedanken über den schwanken Weltstand gemacht hätte. Dem Aufbegehren seiner Generation vermochte er sich nicht anzuschließen, allerdings auch nicht ihrer Wiederanpassung. Als mit der Unbefangenheit der Jugend Schluß war, kehrte er der Stadt den Rücken. Doch als er sich ihr in ernsthafter Not nach Jahren wieder zuwandte, war nicht nur Befangenheit da, die die Verbindung erschwerte, - es waren mit einem Mal und mit unabweisbarem Nachdruck auch Erinnerungen eingekehrt, durch die sich die Geschichte und der Eigenwert der Stadt überraschend vor ihm auslegten. Er gab sich den Anforderungen hin, die ganz und gar aus ihm selber an ihn ergingen und tauchte ein in die wundersamen Eingeweide der Stadt. Wobei er gleichzeitig den fürs heutige Haruspizium so nötigen Abstand einhalten durfte. Material für die Betrachtung war genügend vorhanden, beherrschend war aber von vornherein die sonst selten gestellte Grundfrage, was denn die Stadt ihrem Ursprung nach sei. Ursprüngliches läßt sich nur schöpfen, niemals ermitteln, eine wissenschaftliche Arbeit war also nicht gefordert. Es ging ums Unerwartete und gleichzeitig Unverkennbare. Der Sucher erklärte sich einverstanden und überließ sich der Aufgabe. Nach und nach stellten sich, fast von allein, Idee und Bildgestalt ein und wurden zum Ausgangs- und Anhaltspunkt für die Expedition ins Stadtinnere, deren Ergebnisse auf den folgenden Seiten nachzulesen oder zu verifizieren sind.

Die Wahrheit, die hier so ausgiebig bedacht wird, ließ sich nicht anders am Schopf zu fassen, denn durch das Bestehen auf Form. Dem Verlangen nach Form wurde denn Genüge getan; dementsprechend flossen die Inhalte ein. Auch der Wein ist geistige Form, sonst wäre er ja nicht imstande, die Wahrheit aufzunehmen.

Zu beachten ist, daß während der Arbeit an dieser Schrift das Altertum unablässig seine Mitwirkung anmeldete und der Auffassung entgegenwirkte, es gehöre dem inneren Leben dieser Zeit nicht mehr an. Was die Stadt im Innersten ist, hat seit dem schöpferischen Altertum keine weitreichenden Veränderungen erfahren. Wie doch der einwohnende homo sapiens schon so lange keine inneren Fortschritte mehr gemacht hat! Auch das sei anhand unseres Exempels zeit- oder unzeitgemäß statuiert.

Schließlich muß noch inständig darauf aufmerksam gemacht werden, daß die dichterische Wahrheit sehr viel mit der Veritas im Wein, aber nur sehr wenig mit der wissenschaftlichen Korrektheit und der historischen Faktizität zu tun hat. Jene verkürzt sich umgehend zur Nichtigkeit, wenn nach dem Maß der beiden letzteren gemessen wird.

I. DIE DEUTSCHE STADT

„... am stürzenden Strom, Die Städte ...“

Fr. Hölderlin

Das stetig schwebende Gesicht der Blüte verdankt sich jener anfänglichen Kraft, die wachsen hieß, doch dazu nur den Saft der Morgenstunde in den Dienst bemühte.

Seitdem treibt immerhin in allen Gärten der Frühling aus die volle farb’ge Pracht; und selbst die Rodung einer Winternacht geht über in ein üpp’ges Blütenwerden.

Noch reicht die Stadt nicht hin zum Augenblick, der die besinnungslose Zier verwandelt in das bedeutendere Lebensglück

des echten Frucht- und ernsten Samentragens.

II. HEILBRONN

Für Dr. Walter Cantner

„Tränen sind der Seele herber Wein, Fließend aus des Leids uralter Trotte.“

Karl Wolfskehl, Hiob

Gesichter wandeln sich im Lauf der Zeiten, Antlitze nie.

Es veralten Welten träge oder heben überstürzt an,

aber die innere Welt kennt weder Hingang noch Wiederkehr.

Kein Unwesen schadet je dem, was wesentlich,

ans Unzerstörbare reicht Zerstörung nie.

Doch selten nur ordnet sich Vergängliches dem Ewigen zu, -

das wäre das Heilige.

Wird das Heilige zu Unzeiten versucht,

verkehrt sich’s ins Unheilige oder Heillose;

ins Begreifen übertragen,

kann’s nicht mehr versucht werden.

Im Zustand markloser Knochentrockenheit

bin ich durch den Schutt hindurch

in die Brunnentiefe hinabgestiegen:

Das Heil liegt ewig dort;

gelabt hat es mich nicht,

wohl aber Unheil die Fülle gebracht.

Nie hat der Brunnen den Durst gestillt,

sondern hier wurde das Naß aus mir selber herausgetrieben,

daß ich die Schatten kaum noch sah.

Von Tränen verführt grub ich in einem fort,

erbeutete indes selten mehr als Scherben, Trester und Unrat,

Zeugnisse des veränderlichen Todeslebens.

Sunt lacrimae rerum, ich mag die Dinge betasten, wo ich will.

Wenig Antlitz hat noch die Welt, wenngleich viele Gesichter;

aus Wiederholungen nur besteht die Vergänglichkeit,

nicht aus Einzigkeiten,

die allerdings des Kosmos Schmuck wären.

Und das wenige Einzige ihrer Welt fassen sie jetzt

in trostlosen Vereinheitlichungen zusammen,

häufen so immer mehr Kehricht und Blut auf die Seele.

Drunten aber laufen die Brunnen leer oder ins All ab.

Dabei sind unsere Tränen immer noch

ein ununterbrochenes Rinnsal des Heiligen,

das einst Welten und Städte bewässerte

und dem Wein Wahrheit zumaß,

uns aber den Wunsch benetzt,

daß im Trinken vielleicht wiedererwache

der Sinn des Einzigen

und sich verzehre das öde Schäumen der Zeit.

B. IN VINO VERITAS Ein Sonettenkranz

οινος γαρ ανϑρωπος διοπτρον.

„Ein Spiegel ist der Wein den Menschen.“

Alkaios

„Noch bleibst du im Glase; Bald in mir mächtig winkst du dem Geist Mit purpurnem Flügel, Als kennt’ ich dich langher.“

Max Kommerell

I. DAS WASSER

„... und es ward ihm der Schlüssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben...“

Offenbarung 9,1

Die Wahrheit ist von Anfang an vorhanden:

Ein Quellgrund hält von Ewigkeiten her

den Sinn: der sucht die Weite, fließt ins Meer,

um Wolk’ zu werden oder neu zu stranden.

Was einst die Schöpfer als DIE STADT empfanden -

da drunten ward’s gezeugt und vielzusehr

geliebt. Nur fiel alsbald die Liebe schwer,

denn jeder Born hat einmal zu versanden.

Drauf wurden alle ursprünglichen Größen

- die sagenhaften Schöpfer, Ahnenreihen -

in ihrer Kraft und Wirklichkeit verkehrt.

Heut’ muß der Mut den Sinn nochmal erlösen

und dessen Bündelung zur Welt sich weihen ..., -

wenn auch der Mensch dies selten so erfährt.

II. DER WEIN

οινος, ω φιλε παι, και αλαθεα.

„Der Wein, mein Lieber, bedeutet denn auch Wahrheit.“

Alkaios

Wenn auch der Mensch dies selten so erfährt -

er hat zu seinem Ursprung rückzuwallen

und von den Sachlichkeiten abzufallen,

die ihm der Hang der Zeit zunächst gewährt.

Im Wein ist Wiederkunft. Schier unversehrt

beherbergt seines Sinnes stilles Schallen,

was unversehrbar angehört uns allen

und alle haben dennoch stets entbehrt.

Der Trinkende nimmt aus dem Kelch entgegen

Vergangenheit, Vergehen und die Kehre:

Der Wahrheit Eigenmacht wird ihn erregen,

daß er in sich das Eigentum vermehre,

nachdem der Geistbesitz ihm ward verheert,

weil die Erscheinung ihn zuerst belehrt’.

III. ROBERT MAYER

„Denn Gesetze existieren eben so wenig in den Erscheinungen, sondern nur relativ auf das Subjekt, dem die Erscheinungen inhärieren, so fern es Verstand hat, als Erscheinungen nicht an sich existieren, sondern nur relativ auf dasselbe Wesen, so fern es Sinne hat.“

Immanuel Kant

Weil die Erscheinung ihn zuerst belehrt’,

hat er sich unverseh’ns in sie verrannt,

hat von ihr Einheit und Gesetz begehrt,

damit ihm greifbar blieb der Gegenstand

der Wissenschaft: die Energie. Verkehrt

war’s doch, weil Sinnlichkeit den Sinn verbannt

und der Versuch das Phänomen entehrt...,

dies bracht’ den werten Mann um den Verstand.

Zum Teil gehorcht die Wirklichkeit der Zahl,

jedoch die Fügung wird von Mal zu Mal

der kalten Künstlichkeit des Zwanges gleichen

und muß daher der freien Schenkung weichen

des Sinns. Er soll aus unsern Seelen branden!

Die Welt indes ist wandelbar entstanden...

IV. AUS DER GESCHICHTE DER REBE

„... quia vitis ianua vitae.“ „...weil die Rebe eine Pforte zum Leben ist.“

Primas Hugo Aurelianensis

Die Welt ist gründlich wandelbar entstanden:

So war die Überführung dieses Reises

ins transmontane Reich des Erdenkreises

zielsich’res Werk von kosmischen Gesandten!

Jetzt war zu rechnen einmal mit den Banden

des großen Sternenlaufs und des Geheißes,

die Frucht zu haben als den Preis des Fleißes;

und weil die Boten auch das Licht entwanden

und ewig an den Rebenkultus schnürten,

gehört zum anderen der Durst nach Geist

zum ständigen Geleit des eingeführten

Gewächses in den Tälern hierzulanden,

wo es auch weiterhin zuallermeist

ein Rätsel bleibt, wie Hände Reben fanden.

V. DER WENGERTER

„Habitabat unusquisque sub Vite sua...“ 1. Könige 5,5

Ein Rätsel bleibt, wie Hände Reben fanden,

doch plötzlich gab’s ein Wohnen unterm Stock,

ein Plätzchen für den Kittel, für den Rock

und Hoffnung, daß die Herlinge entschwanden!

Da ja der Schößling gerne ging zuschanden

an Widrigkeiten längs der Berge Block,

war seine Lehnung an den deutschen Pflock

bestimmt von Härten, Schärfen, Krümmen, Kanten.

Die brach denn unnachgiebig übers Knie

das beinah bürgerliche, nie vermengte

Geschlecht, das, karg gewachsen, unverklärt,

dem strengen Leben seine Sorge lieh

und Lieblichkeiten aus dem Haus verdrängte,

auf daß zu reinem Wein die Wahrheit werd’.

VI. DAS GÄREN UND WÄHREN

„pinguiaque impressis despumant musta racemis.” ”Sind die Trauben gekeltert, dann verbrausen die unreinen Moste.“

Manilius

Auf daß zu reinem Wein die Wahrheit werd’

(und daß aufs neu’ der Sinn die Sinne nährt,

ist dieser Vorgang deutlich zu benennen!),

muß jeder Most entschieden aberkennen

der altgewohnten Fesseln Druck und Brennen,

bis sich der Eifer und die Hefe trennen,

die Süße sich zu Geistigkeit verzehrt

und das Gebilde eines Weins sich klärt.

Nun hat der Mensch ein Bleibendes am Ort.

Es einverleibend sich, baut er am Hort

der Wahrheit... Der verwandelt sich dann wieder

hinein in die erstarrten Leibesglieder.

Nichts lechzt nach Geist, den münd’ger Wein beschert,

wie sie, vom Brot der Mühsal ganz beschwert.

VII. DIE AUFKLÄRUNG

„tristis item vetulae vitis sator atque vietae temporis incusat momen saeclumque fatigat... nec tenet omnia paulatim tabescere et ire ad scopulum spatio aetatis defessa vetusto.“

„So klagt der Pflanzer der ältlichen und welken Rebe, betrübt, über den Charakter der Zeit und hadert mit seinem Jahrhundert... und er hat nicht bemerkt, daß sich allmählich alles zersetzt und vergeht, abgetragen vom langen Weltlauf.“

Lukrez

Wie sie, vom Brot der Mühsal ganz beschwert,

die Gläub’gen, lange ihre Tätigkeiten

bezogen auf ein hegendes Begleiten

des Jahreskreises der Natur, da fährt

den Menschen jäh das Wissen in den Herd.

Nachdem sie dieses ihrem Tag einreihten,

geschah es, daß sie ihren Tag entweihten.

Des Wissens bändigendes Walten währt

geraume Zeit. Jedoch die Zeiten bogen

die Nacht herbei: An den Verstand verloren,

hat man des Glaubens Welt nicht mehr verstanden;

das hat den Bürger nach und nach betrogen

ums Glück der Alten, die, dem Sinn verschworen,

zuguterletzt die Schwere überwanden.

VIII. UT VINETA EGOMET CAEDAM MEA...

(„Um den Karst einmal an den eigenen Wengert zu legen...“)

Zuguterletzt die Schwere überwanden

die Sänger, die gelobten Leidenserben

des Weingotts, da sie jegliches Verderben

und Weh in sich ertrugen und entbanden.

Worauf die Schicksalslose einst bestanden,

das war in Seelentafeln einzukerben;

das auferlegte Streben oder Sterben -

die Dichter waren’s, die es vorempfanden.

Auch heute folgen sie dem dunkeln Brauch:

Sie steigen darbend aus urbanem Bauch,

erziehen ihre Rank’ an fernen Stätten,

kehr’n haltlos wieder, seufzen in Sonetten:

„Selbst wenn uns mal gelingt ein schöner Schimmer -

der Wein ist ewig wahr - wir sind’s nicht immer!“

IX. DER BÜRGER

„Cognitor est urbis.“„Wahrheitszeuge der Stadt ist er.“

Manilius

Der Wein ist ewig wahr - wir sind’s nicht immer,

wir scheinen’s manchmal, doch wir suchen’s stetig.

Auf einmal blühte, für ein Wahres tätig,

der Bürger. Er, in der Erahnung schlimmer

Gewalten, festigte des Forums Zimmer.

Was er in bitt’rer Pflicht erwarb, fiel gnädig

ans allgemeine Wohl. Sprach er sich ledig

von seinen Ketten, ward sein Grimm noch grimmer.

Es fordert die Besorgung des zivilen Lebens

den einverleibten, nie erlernten Halt

in einer Ordnung brüderlichen Gebens.

Einmal erlischt’s, dann wird’s im Städtchen kalt:

ach, nur nach Art des Flackerns und Verschwebens,

zuweilen, teilen wir die Wahrgestalt!

X. DAS KÄTHCHEN

„Bald werden sie sich als Freunde und alte Bekannte begegnen, die schnell zusammentreten, sich vereinigen, ohne aneinander etwas zu verändern, wie sich Wein mit Wasser vermischt.“

J.W Goethe, Die Wahlverwandtschaften

Zuweilen teilen wir die Wahrgestalt

des nächsten Weltgeschickes: Keine reicht

geheimer in den Anfang, keine gleicht

der künftigen Natur an Sinngehalt

genauer als dies Gleichnis! Drängend wallt

das Mädchen zu dem Manne - und erbleicht...

Wenn nur dem Pol der Gegenpol nicht weicht

und nicht verborgen sich der Unmut ballt!

Es taumelt heut’ die Zweisamkeit ins Trübe,