Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie - Freder van Holk - E-Book

Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie E-Book

Freder van Holk

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Beschreibung

Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie von Freder van Holk, W.W.Shols Über dieses Buch: Dieser Band enthält die Romane 1-17 der Weltraumserie Mark Tolins von Freder van Holk (12 Romane) und W.W.Shols (5 Romane). Der Weg der Menschheit zu den Sternen ist das Thema dieser klassischen Science Fiction Serie. Es geht um die Abwehr von Außerirdischen, die Geheimnisse des Kosmos und um den Platz der Menschheit im Universum. Mark Tolins und seine Mitstreiter kämpfen um die Zukunft der Erde...

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Seitenzahl: 2627

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Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie

Freder van Holk and W. W. Shols

Published by Alfred Bekker, 2021.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie

Copyright

Raumschiff im Strahlensturm: Mark Tolins - Held des Weltraums #1

Raumschiff im Strahlensturm

Copyright

Die Hauptpersonen des Romans:

Verschwundene Raumstationen

Die schrägen Hühner

New York unter Wasser

Die verschobenen Kraftlinien

Die unbekannte Macht

Löcher im Bild

Der geschminkte Gärtner

Jagd auf Unbekannt

Feind im Objektiv

Attacke im Raum

Männer im Käfig

Kampf im Raumschiff

Palaver um einen Planeten

Die Sonne greift ein

Tod an der Haut

Das dicke Ende

Das letzte Wagnis

About the Publisher

In der Gluthölle des Transpluto: Mark Tolins - Held des Weltraums #2

In der Gluthölle des Transpluto

Copyright

Das Eierteig-Männchen

Mann ohne Skalp

Der Tote ohne Denkkapsel

Ein Bettlaken zu viel

Ein zertrümmertes Raumschiff

Sturz aus dem Himmel

Der unbekannte Pilot

Die lautlose Stimme

Der Überfall

In der Unterwelt

Der Weise im Keller

Geschäfte mit Diamanten

Gelähmt und gefangen

Die Ungewaschenen

Feuer unter den Füßen

Die Katze war aus dem Sack

Vulkan auf den Hacken

Das letzte Geschoss!

About the Publisher

Aufzeichnung vom Prokyon Mark Tolins - Held des Weltraums #3

Aufzeichnung vom Prokyon

Copyright

Ein Toter im Raum

Ruf aus dem Jenseits

Bin ich meines Bruders Hüter?

Ein Bart zu wenig

Auf der Spur?

Vom kleinen Hund

Kann das wahr sein?

Nur über meine Leiche!

Ein gefährlicher Konflikt

Geld in jeder Menge

Pistolen oder Harfen?

Nächtlicher Kampf

Der bucklige Raum

Die Hinrichtung

Zu spät, Biggy!

Die Polizei fasst zu

Der verschwundene Tote

About the Publisher

Hexenkessel Titan Mark Tolins - Held des Weltraums #4

Hexenkessel Titan

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Unter dem Saturn

Tod aus dem Nichts

Sirenen vom Titan

Mord!

Der Quacksalber

Der heimliche König

Zurück von den Toten

Knockout

Dem Wahnsinn entgegen

Wiedersehen mit Carole

Verbotene Landung

Kampf in der Nacht

Ein Schrei des Entsetzens

Carole kämpft

Tödliche Feindschaft

Wahnsinn am Drücker

Mark Tolins greift ein

Alarm!

Die Sühne

About the Publisher

Die Roboter von Nova Atlantis Mark Tolins - Held des Weltraums #5

Die Roboter von Nova Atlantis

Copyright

Die Hauptpersonen des Romans:

Ein Toter ohne Blut

Gottheit in Blue Jeans

Juwelen für fünf Millionen Dollar

Der ideale Sekretär

Ein Schrei in der Nacht

Die Zauberlehrlinge

Eine weltbewegende Konferenz

Der verbotene Weg

Der Menschenjäger

Die Auferstehung der Roboter

Im fremden Raumschiff

Gefangen und gefesselt

Aus dem Regen in die Traufe

Zum Tode verurteilt

Revolution der Roboter

About the Publisher

Roboterintrigen Mark Tolins - Held des Weltraums #6

Roboterintrigen

Copyright

Die Hauptpersonen des Romans:

Prolog

1

2

3

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5

6

7

8

9

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11

12

13

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17

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19

20

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22

23

24

About the Publisher

Rätsel der Mikrowelten Mark Tolins - Held des Weltraums #7

Rätsel der Mikrowelten

Copyright

Prolog

Die Hauptpersonen des Romans:

Ein geistesabwesender Minister

Ein rettender Engel

Ein talentierter Generalmanager

Ein sonderbares Bild

Drohendes Kaleidoskop

Gefahr im Verzuge!

Das unglaubliche Geheimnis

Ein mörderisches Experiment

Die Welt in der Zelle

Die Welt von morgen

Kalter Schweiß auf Biggys Haut

Die Koazervate

Biggy auf dem Kriegspfad

Zwischen den Weiten

Partisanen

Rückkehr zur Erde

About the Publisher

Diamanten aus der Sonne Mark Tolins - Held des Weltraums #8

Diamanten aus der Sonne

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Prolog

Die Hauptpersonen des Romans:

Wer schießt da mit Diamanten?

Ein Herr aus Brasilien

Der Mann vom Mars

Steinwürfe zwischen Sonne und Merkur?

Eine seltsame Konstellation

Mord und Entführung

Besuch bei Luiz Montegas

Am Ohr Manitous

Landung auf Merkur

Violett und verloren

Brasilianische Rache

Der Anschlag

Hammer oder Amboss?

Die Todgeweihten

Auf dem toten Punkt

Marsch in die Sonne

Biggy geht in die Falle

Eine Tür zum Tod

About the Publisher

Raketenstützpunkt Celiagus Mark Tolins - Held des Weltraums #9

Raketenstützpunkt Celiagus

Copyright

Die Hauptpersonen des Romans:

Galaktische Paloma

Feind im Raum

Celiagus

Sternenbanner auf Celiagus

Zum Sterben verurteilt

Unter den Geparden

Denkmal der Macht

Der Hinterbliebene

Die ferne Drohung

Wächter im Weltraum

Biggy erscheint als Geist

Nutzloses Opfer

Sie wurden soeben fotografiert

Zum Frieden gehören zwei

Angriff auf Celiagus

Der Schild der Toten

About the Publisher

Der Diktator aus dem Weltall

Station des Schreckens

Die gestohlene Erfindung

Postlagernd Hesperos City 3000

Sieben kamen von I-Ola-Kar

Mark Tolins und der Plan des Unsterblichen

Mord ohne Waffe

Brandfackel aus dem Kosmos

Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger

Also By Freder van Holk

Also By W. W. Shols

About the Publisher

Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie

von Freder van Holk, W.W.Shols

Über dieses Buch:

––––––––

Dieser Band enthält die Romane 1-17 der Weltraumserie Mark Tolins von Freder van Holk (12 Romane) und W.W.Shols (5 Romane).

Der Weg der Menschheit zu den Sternen ist das Thema dieser klassischen Science Fiction Serie. Es geht um die Abwehr von Außerirdischen, die Geheimnisse des Kosmos und um den Platz der Menschheit im Universum. Mark Tolins und seine Mitstreiter kämpfen um die Zukunft der Erde...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

© Roman by Author / COVER TONY MASERO

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Raumschiff im Strahlensturm: Mark Tolins - Held des Weltraums #1

Raumschiff im Strahlensturm: Mark Tolins - Held des Weltraums #1

Mark Tolins, Volume 1

Freder van Holk

Published by BEKKERpublishing, 2018.

Table of Contents

UPDATE ME

Raumschiff im Strahlensturm

Mark Tolins - Held des Weltraums

von Freder van Holk

Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.

Der Weg der Menschheit zu den Sternen ist das Thema dieser klassischen Science Fiction Serie. Es geht um die Abwehr von Außerirdischen, die Geheimnisse des Kosmos und um den Platz der Menschheit im Universum. Mark Tolins und seine Mitstreiter kämpfen um die Zukunft der Erde...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© Roman by Author

© Cover: Tony Masero, 2018

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Die Hauptpersonen des Romans:

Mark Tolins - ein Mann für schwierige Probleme

Biggy - sein treuer Freund und Gefährte

Der Gärtner - woher kommt er?

Kermic - ein Wissenschaftler von einem anderen Stern

General Lionel Stanwyl - ein drahtiger Mann mit Bürstenhaarschnitt

Verschwundene Raumstationen

In der Nacht vom 3. zum 4. August verschwand die russische Raumstation Blaganrov, die auf 1682 Kilometer Höhe stand, als wäre sie nie vorhanden gewesen. Ihre letzte Routinemeldung kam fünfzehn Minuten nach zwei Uhr. Dann riss die Verbindung ab. Die Blaganrov mit ihren 216 Mann Besatzung antwortete nicht mehr. Die Baker-Nunn-Kameras konnten sie so wenig orten wie die Radargeräte. Über einen Absturz trafen keine Meldungen ein. Trümmer wurden nicht gefunden.

Die zuständigen östlichen Behörden schwankten bis zum Ministerpräsidenten hinauf. Sie schwankten, ob sie das Ereignis als feindlichen Akt, heimtückischen Angriff und Sabotage der kapitalistischen Welt, insbesondere Amerikas und der NATO, auswerten sollten, oder ob es ratsamer sei, ihn als weiteren Fortschritt zu proklamieren. Sie entschieden sich für den Fortschritt. So erfuhr denn die Weltöffentlichkeit, dass die Raumstation Blaganrov in aller Stille eine Raumfahrt zur Venus angetreten hatte, um an der Venus ihren Dienst als Raumstation aufzunehmen und Landung und Start von Raumschiffen zu gewährleisten.

Dieser Fortschritt erschütterte, wie stets, die Menschheit. Die Erschütterung drückte sich in zahlreichen bestellten Glückwunschtelegrammen aus. Die große Volkssternwarte Bochum gewann internationalen Ruhm, denn es gelang ihr, Funksignale und Sprechverkehr der Raumstation aufzufangen - wobei deutlich Frauenstimmen mit herausgehört werden konnten - und den Flug der Blaganrov zur Venus laufend zu verfolgen.

Vier Tage später, in der Nacht vom 7. zum 8. August, erlitt die amerikanische Raumstation Wernher von Braun ein rätselhaftes Schicksal. Ihre letzte Routinemeldung erfolgte pünktlich um ein Uhr amerikanischer Zeit. Drei Minuten später setzte der Sprechfunk mit einem schrillen Hilferuf ein, der nicht den Vorschriften entsprach, was sich jedoch teils mit der Verwirrung des Funkers und teils mit seiner Freundschaft mit dem Funker der Bodenstation entschuldigen ließ. Er lautete:

»SOS - SOS! Station Braun an alle Bodenstationen. Hallo, Steve, hier ist der Teufel los. Wir liegen auf der Schnauze, als hätte es eine Kollision gegeben. Keine Ahnung, was passiert ist, aber die ganze Station schmiert unter zehn Grad ab. Wir stürzen, und ob der Commodore ...?«

Das war noch nicht ganz das Ende, aber der Rest blieb unverständlich und konnte auch nicht aus dem mitlaufenden Tonband enträtselt werden. Zwanzig Minuten später nahm Hawaii ein Bruchstück auf, das so klar war, als käme es aus dem Fernschreiber.

»...keine dreihundert Kilometer Höhe mehr, aber nicht mit weiterer Annäherung zu rechnen. Wir schmieren immer noch ab, wahrscheinlich mit Fluchtgeschwindigkeit an der Erde vorbei und noch nicht feststellbar, ob eine Parabel oder eine Hyperbel dabei herauskommt. Die Außenhülle ist durch die Reibungshitze angegriffen, aber ...«

Von da an war auch die amerikanische Station Wernher von Braun spurlos verschwunden. Die zuständigen Behörden zweifelten, dass die Öffentlichkeit ihnen ebenfalls einen Flug zur Venus abnehmen würde, entschied sich also für einen technischen Unglücksfall. Das ehrte ihre Wahrheitsliebe, kostete sie jedoch ein Stück Prestige.

Die chinesische und kongolesische Raumstation blieben unangerührt und meldeten keine besonderen Ereignisse. Die europäische Raumstation Europa stürzte am 11. August bei hellem Tage ab und verschwand im Meer. Bevor sich die zuständigen Behörden und Sachverständigen über die Ursache der Katastrophe einigen konnten, geschahen weitere Dinge, die nicht einmal die Spiritisten erwartet hätten.

Oder wer hätte damit gerechnet, dass Hühner schräg laufen würden?

Die schrägen Hühner

Die Sonne schien hell, aber mild wie durch dünnes Seidenpapier hindurch, eine sanfte Scheibe an einem verschleierten, blassblauen Himmel. Ihr Licht lag warm und wohltuend auf Cootshill, einem abgelegenen Dorf in der Nähe der kanadischen Grenze, und auf Bushmills, einem einzelnen Gehöft abseits von Cootshill.

Das Wohngebäude von Bushmills passte nicht an die kanadische Grenze. Es war ein altes, zweistöckiges Haus in reinem Empirestil, streng und trotz Verfallserscheinungen immer noch wundervoll in seinen Proportionen und Einzelheiten. Selbst die steinerne Treppe mit ihren abgelaufenen Stufen, die zur Haustür hinaufführte, enthielt noch eine Portion Schönheit.

Zwei alte, riesige Scheunen ohne stilistische Ansprüche flankierten das Wohnhaus und markierten einen Hof, dessen vierte Seite von einer Mauer mit einer breiten Einfahrtsöffnung begrenzt wurde. Von der Steintreppe des Wohnhauses aus blickte man über eine ehemalige Dunggrube hinweg auf die Einfahrt und darüber hinaus auf einen schnurgeraden Fahrweg, der zwischen alten Pappeln zum Dorfe Cootshill führte.

Um die Dunggrube herum scharrten und gackerten Hühner, nervöse Italiener und phlegmatische Wyandotts. Sie vervollständigten das ländliche Idyll.

Biggy saß auf der dritten Stufe. Er hielt in der linken Hand einen runden Taschenspiegel und in der rechten einen braunen Taschenkamm. Er kämmte sich liebevoll sein Haar und beobachtete die Erfolge im Spiegel. Sein Haar war sehr schwarz und glänzte von einem Schuss Brillantine. Eine korrekter Mittelscheitel teilte es in zwei Hälften, die sich in flachen Wellen an den runden Schädel anklebten. Biggy liebte diese altmodische Haartracht.

Nebenbei gab ihm der Mittelscheitel einen Stich ins Einfältige, der zu seinem runden, rosigen Gesicht passte, und Biggy legte Wert darauf, als harmloser Mitmensch zu gelten. Er besaß einen friedlichen Charakter. Von Problemen und Konflikten hielt er nicht viel. Niemand bedauerte mehr als er, dass es einige Dinge in seinem Dasein gab, die ihn um ein geruhsames Leben betrogen.

Das eine waren seine braunen, sanften Augen, die Augen eines unschuldigen Babys, die aber leider im Gesicht eines Mannes von Mitte Dreißig nicht richtig am Platze waren und andere Leute entweder zum leichtsinnigen Spott oder zu robusten Reaktionen reizten.

Das andere waren einige Muskelpakete an seinem untersetzten, stämmigen Körper, die gelegentlich Bewegung brauchten. Für einen Mann, der schon als Kind in einem Zirkus trainiert wurde, als solle er zu einem Mister Universum gedeihen, war es nicht immer leicht, diese bewegungsfreudigen Muskeln untätig zu halten.

Das dritte Hindernis auf dem Wege zu einem friedlichen Leben hieß Mark Tolins.

Biggy zog die Brauen zusammen und blickte schärfer in den Spiegel hinein. Irgendetwas störte ihn. Nein, es war nicht die Haarspitze, die sich dreist nach oben reckte und sich nicht vorschriftsmäßig anlegen wollte. Er spürte ein Unbehagen, für das er noch keine Ursache fand. Es musste jedoch etwas Körperliches sein, irgendetwas wie Kreislaufstörungen, denn der linke Arm schien plötzlich schwerer zu sein als der rechte, und er hatte den merkwürdigen Eindruck, einseitig zu sitzen.

Im nächsten Augenblick sah er die Hühner.

Sie liefen schräg.

Das erste Huhn, das seine Aufmerksamkeit erregte, stolperte über den Hof, als hätte es ein langes und ein kurzes Bein. Sein Körper besaß eine Schlagseite von ungefähr zehn Grad gegen die Senkrechte. Es behagte ihm nicht. Es ruckte, als wollte es sich aufrichten, während der Kopf unruhig hin und her fuhr, aber es gelang ihm nicht, und gleich darauf schien es sich mit der sonderbaren Lage abgefunden zu haben, wenn es auch noch aufgeregt zeterte.

Das zweite Huhn marschierte in anderer Richtung und hatte den Kopf auffallend tief unten, während die Schwanzfedern nach oben zeigten. Auch hier konnte man auf eine Abweichung von ungefähr zehn Grad schätzen.

Das dritte Huhn zeigte ähnliche Abweichungen in entgegengesetzter Richtung. Es schleifte mit dem Hinterteil, als wolle es ein Ei legen, während sich Hals und Kopf schräg gegen den Himmel reckten.

Die restliche Hühnerschar teilte sich in die Erscheinungen. Eine persönliche Note besaßen sie nicht. Die stolpernden, gackernden Hühner wechselten ständig ihre Haltung. Das gleiche Huhn lief bald schräg, bald nach vorne und bald nach hinten gekippt.

Der Hahn regte sich am meisten auf. Wahrscheinlich hatte er den Hennen erzählt, dass er die Weltordnung erfunden hätte und war nun um sein Ansehen besorgt.

Biggy klappte den Mund zu, der ihm vor Staunen aufgegangen war. Seiner Meinung nach konnte man Hühnern alles zutrauen, aber dieser Spektakel ging ihm dann doch zu weit. Er gehörte nicht in diese ländliche Idylle.

Er wollte sich erheben, als er von einem neuen Phänomen gefesselt wurde. Auf der pappelgesäumten Straße kam ein Radfahrer heran. Gelbes Rad, Mütze und Ledertasche - der Postbote!

Er fuhr auch schräg! Das Rad lag ungefähr mit zehn Grad Schlagseite schräg und der Postbote auch. Es schien beiden nichts auszumachen. Der Postbote strampelte ganz normal und näherte sich auch ganz normal auf einer leidlich geraden Linie zwischen den Pappeln. Er geriet erst in Verwirrung, als er die Einfahrt bereits passiert hatte und um die Dunggrube herumkurven musste. Irgendetwas beutelte ihn hin und her, so dass es ihm schwer fiel, auf dem Rad zu bleiben. Er schaffte es, bis zur Treppe zu kommen, wenn auch in einer Sturzlandung, und dann stand er schräg vor Biggy. als würde er im nächsten Augenblick umkippen, und auf seinem schweißigen, roten Gesicht lag ein Ausdruck, der für ein Irrenhaus gereicht hätte.

»Die Post!«, würgte er mit zitternden Lippen, während er mit seiner Ledertasche zurechtzukommen versuchte. »Nur zwei Reklamesachen, und die sind für den früheren Besitzer, aber ...?«

»Stellen Sie sich gerade hin«, befahl Biggy leise, während seine Augen hart wurden.

»Ich kann nicht!«, jammerte der Postbote. »Ich habe es versucht, aber dann falle ich um. Der ganze Boden steht schräg. Da muss irgendetwas gerutscht sein. An einem Berghang muss man eben schräg stehen. Unheimlich, aber es geht. Sogar das Radfahren. Wenn ich bloß wüsste - haben Sie das etwa angestellt?«

»Ich?«

»Na ja, bei Fremden weiß man nie, nicht? Früher gab es das bei uns jedenfalls nicht. Und wenn es so bleibt - haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich hinsetze?«

»Von mir aus können Sie sich hinlegen«, erlaubte Biggy mürrisch und stand auf.

Er war auf alles Mögliche gefasst, aber er merkte praktisch gar nichts. Er stellte nur an seiner Umgebung fest, dass er schräg stand. Allenfalls konnte er dazu noch eine ungleichmäßige Belastung seiner Füße bemerken. Sonst war alles normal. Er stand sicher. Er hatte nicht den Eindruck, zu fallen.

Trotzdem war ihm unheimlich zumute. Das lag daran, dass er immerhin wusste, mit etwas Unmöglichem zu tun zu haben.

Er drehte sich im rechten Winkel. Sein Körper kippte nach vorn und stand doch so sicher wie zuvor.

Kehrtwendung! Er kippte nach hinten, ohne zu fallen oder im Gleichgewichtsgefühl irritiert zu werden.

Wieder Kehrtwendung. Kippung nach vorn.

Es war grauenhaft. Biggy wusste nicht genau, was Furcht ist, aber jetzt überkam ihn doch eine sonderbare Regung, die in diese Abteilung hineingehören konnte.

Es kam noch schlimmer. Plötzlich kippte die ganze Umgebung samt Haus und Postbote und Hühner stärker. Er stand jetzt unter ungefähr fünfzehn Grad gegen die Senkrechte. Trotzdem fiel er nicht! Trotzdem und obwohl seine Füße abrutschen wollten, stand er sicher, und nichts hätte ihn gehindert, in dieser abseitigen Lage herumzulaufen.

Die extreme Kippung dauerte nur Sekunden. Biggy wurde von einer unsichtbaren Kraft hochgezogen und fand sich wieder in der ursprünglichen Schräge. Das genügte ihm auch noch.

Der Postbote stierte ihn an. Biggy stierte zurück. Dann zog er mechanisch den Spiegel aus der Hosentasche und überzeugte sich, dass seine Frisur nicht wesentlich gelitten hatte. Das beruhigte ihn.

»Ich werde verrückt!«, murmelte er.

»Ich nicht«, seufzte der Postbote, während er sich den kalten Schweiß von der Stirn wischte. »Wir von der Post können uns das nicht leisten. Die Leute wollen ihre Briefe auf die Minute haben, auch wenn die ganze Welt in den Eimer geht. Haben Sie Telefon?«

Er horchte auf das leise, schnarrende Geräusch, das in der Luft lag. Biggy beeilte sich, an das Gerät in seiner hinteren Hosentasche zu kommen und den Summer abzuschalten. Er hielt nichts davon, die postalische Klatschzentrale von Cootshill mit Sensationen zu versorgen.

»Die Eieruhr!«, lenkte er ab. »Ich habe vor einer Stunde ein paar Eier angesetzt. Jetzt sind sie gar.«

Der Postbote riss die Augen weiter auf.

»Was denn? Sie haben vor einer Stunde ...?«

»Was bleibt mir anderes übrig?«, fing Biggy melancholisch ab. »Früh Eier, mittags Eier, abends Eier, und nächstens werden wir um Mitternacht herum noch einmal aufstehen und eine Eiermahlzeit einlegen müssen. Diese Hühner sind bestialische Kreaturen. Sie legen im Jahr mindestens hundertzwanzig Eier. Das gibt bei zehn Hühnern 1200 Junghühner, wenn man die Eier nicht weglässt. Wenn nun im nächsten Jahr jedes Huhn von diesen zwölfhundert wieder hundertzwanzig Küken schafft, dann gibt das schon 144 000 Hühner. Stellen Sie sich das vor. 144 000 Hühner auf diesem Hof! Da können Sie vor Hühnern nicht mehr treten. Und im nächsten Jahr - aber das rechnen Sie sich nur selbst aus. Ihretwegen werde ich nicht zum Genie. Jedenfalls gibt es eben nur ein Mittel gegen diese Hühnerschwemme - Eier essen!«

Der Postbote glotzte ihn an. Es fiel ihm sichtlich schwer, genügend Luft zu finden.

»Aber - aber Sie sind doch erst ein paar Tage hier?«

»Man muss an seine Zukunft denken«, erwiderte Biggy würdig und ging in Schräglage in das Haus hinein.

New York unter Wasser

Howard Glaeser, der jüngste Lokalreporter des New York Herald, fuhr mit der Grünen Welle gemächlich die 36. Straße hinauf, links und rechts neben sich auf Lackfühlung die üblichen Leidensgenossen, die es ebenfalls eilig hatten und ebenfalls die Zeit verbummeln mussten. Während er ein halbes Auge auf den Verkehr hatte, dachte er über die Formulierung des Artikels nach, den er dem Lokalchef auf den Tisch legen wollte. Es musste unbedingt etwas Großartiges werden, das den Lokalchef erschlug oder wenigstens den Verdacht in ihm erweckte, in Howard Glaeser den Star-Reporter der Zukunft vor sich zu haben. Leider war sein Chef ein so mieser Bursche, dass er kein Organ für die Begabungen seiner Mitarbeiter besaß.

Howard Glaeser dachte mit einem Grinsen daran. Er nahm es noch nicht tragisch. Er war noch jung und optimistisch genug, um sicher zu sein, dass sich ihm eines Tages die Welt zu Füßen legen würde. Er war nicht gerade eine männliche Schönheit, sein Haar besaß einen deutlichen Stich ins Rote, und seine zahlreichen Sommersprossen lagen wie eine verrostete Milchstraße auf seinem Gesicht und seiner Nase, aber schließlich waren, andere Leute auch groß und bedeutend geworden, ohne hübsch zu sein.

Er schreckte auf. Zwei Dinge fielen ihm gleichzeitig auf. Erstens zog der Wagen plötzlich zur Seite, als ob er einen Plattfuß hätte. Howard Glaeser musste dem Steuer deutlich Gewalt antun, um in der Linie zu bleiben. Merkwürdigerweise schien es seinen beiden Nachbarn ähnlich zu gehen. Sie saßen plötzlich verkrampft und blickten mit einem Ausdruck zu ihm hin, der zwischen Bestürzung und Verzweiflung lag.

Das zweite war die sonderbare Haltung einiger Passanten jenseits der Bordkante. Sie gingen schräg, als müssten sie sich gegen einen Sturm stemmen, halb nach vorn und halb zur Seite geneigt, obgleich die Luft ruhig war.

Einige schienen nichts dabei zu finden, aber andere blieben stehen, zogen ratlose Gesichter und bewegten sich taumelnd hin und her, als wären sie plötzlich Stehaufmännchen geworden.

Howard Glaser hatte nur wenige Sekunden, um sich zu wundern, dann knallte es schon. Die dreifache Schlange des Gegenverkehrs kam auf seine eigene Kolonne zu, als rutschte sie plötzlich einen Berg herunter. Dutzende von Wagen krachten seitlich gegeneinander und verkeilten sich. Bei der geringen Geschwindigkeit der Grünen Welle ergab das keine ernsthafte Katastrophe, aber Blechschaden für Tausende von Dollars, vom eingedrückten Kotflügel bis zur aufgerissenen Seitenwand. Das Knirschen und Reißen von Blech reichte allerdings auch für stabile Trommelfelle.

Einige Sekunden lang hielt die Straße den Atem an, dann füllte sie sich mit Fluchen, Schreien und verwirrten Zurufen, übergellt von einer einsamen Polizeipfeife.

Howard Glaeser quetschte sich durch den Türspalt. Er hatte es besser als viele andere getroffen, die durch andere Wagen eingeklemmt worden waren und nicht einmal heraus konnten, soweit sie es nicht vorzogen, die Scheiben herunterzudrehen und sich durch die Fenster herauszuwinden. Er schwang sich auf die Motorhaube hinauf und stieg auf das Dach seines Wagens.

Er war Reporter. Er befand sich zufällig im größten Massenzusammenstoß des Jahrhunderts. Ein paar verrückte Einzelheiten waren auch dabei. Das genügte. Er würde dem Lokalchef einen Bericht auf den Tisch knallen, der ...

Die Gedanken gingen ihm plötzlich aus. Etwas Ungeheuerliches schlug in ihn hinein.

Die Straße lag schräg!

Es war phantastisch und mit Sicherheit unmöglich, aber er sah ganz deutlich, dass die Straße schräg lag. Die hohen, grauen Miethäuser beiderseits der Straße hatten sich in einem leichten Winkel von ungefähr zehn Grad geneigt, die Straße selbst war entsprechend gekippt, mit ihnen die zusammengeschobenen Wagen, mit ihnen die Menschen, die verwirrt zwischen ihnen herumquirlten.

Während er sich ächzen hörte, als säße ihm ein fremdes Männchen in der Kehle, schlug der zweite Blitz ein.

Er selbst stand schräg!

Nein, es waren nicht die Häuser und die Straße und die Wagen, sondern er selbst stand schräg auf dem Dach seines Wagens in einer Stellung, aus der er unbedingt fallen musste. Er fiel aber nicht. Er spürte nicht einmal eine Unsicherheit oder eine Gleichgewichtsstörung. Er stand ganz fest, ganz sicher.

Eine Winzigkeit später wagte er das freilich auch nicht mehr zu sagen. Als er seine Stellung veränderte, um sich die Szene ringsum anzusehen, taumelte die Straße vor seinen Augen auf und nieder, je nach seinen Bewegungen bald vorwärts und bald zurück, bald nach rechts und bald nach links. Es war die reinste Hexenschaukel. Sie ließ ihm jedoch noch Klarheit genug, um zu erfassen, dass nicht seine Umgebung so herumkippte, sondern er selbst.

Howard Glaeser spürte auf einmal so etwas wie einen Schüttelfrost in sich. Was er jetzt erlebte - ganz zufällig - war einmalig, ungeheuerlich, unwirklich, gespenstisch und welterschütternd. Wenn es ihm gelang, das in einem Bericht hinzukriegen, würde der Lokalchef seinen Sessel räumen und ihn, Howard Glaeser, hineindrücken, ohne auch nur ein Wort zu verlieren.

Also Augen auf und jeden Nerv auf Touren!

Er brauchte sich nicht anzustrengen, um Eindrücke zu sammeln. Keine fünfzig Meter vor ihm brannte ein Wagen wie eine Fackel. Menschen schrien. Einige Männer drehten sich wie Regenwürmer aus den benachbarten Wagen heraus. Andere versuchten, die verkeilten Wagen auseinander zuziehen und den eingesperrten Insassen herauszuhelfen. Die Polizeipfeife gellte immer noch. Ein Trupp Männer, Frauen und Kinder rannte in panischer Angst auf dem Bürgersteig entlang, um vom Brand wegzukommen, ein ganzer Klumpen blankes Entsetzen und doch dank der sonderbaren Schräghaltung und der stolpernden Bewegungen eine wilde Groteske. Dann ein Knall. Der brennende Wagen flog in die Luft. Autoteile schwirrten wie Geschosse. Die Straße schrie und stöhnte. Ein anderer Wagen begann zu brennen. Hundert Meter zurück glühte eine neue Fackel auf.

Die Fenster der Häuser wurden aufgerissen. Köpfe schoben sich vorsichtig heraus. Hier und dort drängten sich kleine Trauben von Neugierigen an den Fenstern.

Howard Glaeser schrieb im Geiste. Er ließ sein Notizbuch in der Tasche. Er war schon zufrieden, eine Zigarette aus der Packung herauszubekommen und anzünden zu können.

Aus einem der benachbarten Wagen heraus dudelte ein Autoradio ein Lied von Hawaii und seinen braunen Mädchen, von weißem Strand und ewiger Sehnsucht.

Dann sah er die Flutwelle herankommen.

Er wusste nicht, was es war. Er entdeckte weit vorn in der Straßenschlucht eine glasige, grünliche Wand mit weißen Rissen, die zunächst durchsichtig zu sein schien, und sich in die Straße hineindrückte. Sie kam für seine Sinne langsam heran, aber etwas später war er nicht mehr sicher, ob sie nicht schnell hereinbrach und nur seine Sinne im Zeitlupentempo reagiert hatten.

Sie war nichts Wirkliches für ihn und ließ sich nicht einordnen. Er sah von seinem erhöhten Standpunkt, wie sie Autos vor sich aufwirbelte, als wäre sie ein stäubender Besen, aber sie ging nicht in ihn hinein. Die Kontakte griffen erst, als er die Wasserwand plötzlich mit rasender Geschwindigkeit und mindestens zehn Meter hoch auf sich zukommen sah und auf ihrer weiß geäderten Kimme ein kleines Motorboot entdeckte, das wie spielerisch hin und her schaukelte.

Viel mehr als drei Sekunden blieben ihm nicht, aber in diesen drei Sekunden hatte er eine Vision, die ihn wenigstens begreifen ließ, was geschah. Und damit war er besser dran als Millionen anderer New Yorker, die von der Katastrophe erfasst wurden, ohne auch nur das Geringste zu begreifen.

Howard Glaeser sah das Meer jenseits von Manhattan und Brooklyn, den Ozean, der mit Buchten und Häfen bis in die Stadt hineingriff, unendliche Mengen Wasser vor den steinernen Klippen, auf denen New York stand. Wasser war beweglich - beweglicher noch als Menschen. Es stand nicht starr und fest verankert wie diese Häuser rechts und links. Es passte sich willig an. Was auch immer vorlag - wenn er, Howard Glaeser, so schräg in der Welt stand, dann würde auch das Wasser geneigt sein, sich so schräg einzustellen. Und wenn das geschah, dann lag jetzt der Meeresspiegel dort draußen, die

Oberfläche des Atlantik, etwa zehn Grad gegen die gewohnte Horizontale! Er sah es. Er sah den Ozean wie auf einer Karte. Irgendwo würden die Wassermassen wohl in die Tiefe sinken, aber irgendwo mussten sie sich gleichzeitig heben, wenn sieh der Meeresspiegel wie ein richtiger Spiegel um eine unsichtbare Achse drehte. An der Bewegung würde nichts Vollkommenes sein, und vielleicht machte sie nur einen geringen Bruchteil des rechnerischen Betrags aus, aber schon ein geringer Bruchteil genügte für eine Stadt, die bereits mit den Füßen im Wasser stand. Er sah es. Er sah, wie sich draußen vor der Freiheitsstatue das Wasser hob, Zentimeter erst, dann Meter, wie es sich zur glasigen, grünen Wand aufstaute, wie die Wasserwand gegen die Stadt anstürmte, Boote und Schiffe verschlang und zertrümmerte, die Kais zerriss, Menschen verwirbelte, gegen die Wolkenkratzer anbrandete und in die Straßenschluchten hineinstieß.

Dann war die Wasserwand über Howard Glaeser und hob ihn aus, einer von Hunderten, die wie dunkle Spreu zwischen irgendwelchen zerschmetterten Gegenständen herumwirbelten.

Er war jung, und er konnte schwimmen. Es half ihm nichts. Irgendwann warf es ihn gegen eine Hauswand, irgendwann prallte er mit einem harten Objekt zusammen und fühlte sich gelähmt, irgendwann schluckte er salziges Wasser und irgendwann wollte ihn die Besinnung verlassen.

Nur ein Restchen blieb, ein ganz verrücktes Restchen. Wenn er ertrank, dann würde er niemals dem Lokalchef diese Geschichte auf den Tisch knallen können, und das konnte ihm niemand versagen, das durfte er sich nicht nehmen lassen, das musste er noch erleben.

Vielleicht war es dieses Restchen, das ihn veranlasste, sich an etwas Hartes zu klammern, gegen das er geworfen wurde. Eine Kleinigkeit später öffnete sich ein schmaler Schlitz seines Bewusstseins, und er sah, dass er sich an das Rahmenholz eines Fensters klammerte; dass er auf einer Fensterbrüstung klebte und dass unter ihm ein straßenfüllender Wasserstrom, der ihn aus irgendwelchen Ursachen hochgetragen hatte, zurückfiel und ihn freigab. Und dann spürte er fremde Hände an sich und fiel in einen Raum hinein, dessen Boden mit Wasser bedeckt war.

Als er wieder zu sich kam, sah er dicht vor seinen Augen nasse Holzdielen, die mit einer schmutzigen Schicht bedeckt waren und nach Meer rochen. Rechts und links bemerkte er Hände, deren Fingerspitzen den Boden berührten. Etwas später ging ihm auf, dass es seine eigenen Hände waren. Er hing mit Kopf und Händen nach unten, während sein Körper weiter oben auflag. Irgendetwas arbeitete auf seinen Schultern herum und versuchte, sie kaputt zu machen. Dann gerieten seine Augen an nackte Füße und dazugehörige schlanke Beine, die unmöglich seine eigenen sein konnten, sondern eher nach Frauenbeinen aussahen. Da begriff er ungefähr. Ein weibliches Wesen hatte ihn übers Knie gelegt und machte Wiederbelebungsversuche oder bemühte sich wenigstens, das Wasser aus ihm herauszuquetschen.

Er überzeugte sich vorsichtshalber und griff nach den fremden Beinen. Daraufhin gab es einen Ruck, und er flog auf den Fußboden. Das schockte ihn für kurze Zeit, aber dann gelang es ihm, sich herumzuwälzen, sich hochzustützen und die Augen wieder zu öffnen.

Es lohnte sich. Das Mädchen vor ihm war nass wie eine ersäufte Katze. Das Kleid klebte überall an ihr und ließ keinen Zweifel an ihrer Figur. Das junge Gesicht war bestens abgewaschen, aber sie konnte sich das leisten. Und Ärger stand ihr.

»Typisch Mann!«, fauchte sie auf ihn herunter. »Ich strenge mich an, Sie wieder ins Leben zurückzubringen, und Sie tätscheln an meinen Beinen herum.«

»Tätscheln?«, wehrte er sich benommen. »Ich wollte mich nur vergewissern - Teufel noch mal, eben stand ich noch auf meinem Wagen, und jetzt plötzlich in den Armen einer Frau - bin ich ein Elektronenapparat, dass ich so schnell schalten muss?«

»Nicht in meinen Armen«, berichtigte sie weniger heftig. »Können Sie nicht wenigstens aufstehen?«

»Warum?«

»Warum? Ich will sehen, ob ich allein verrückt bin.«

Er drückte sich mit einer Mühe hoch und registrierte dabei, dass der Raum etwas schräg stand.

»Verrückt ist der richtige Ausdruck«, murmelte er dabei. »Was ist eigentlich los?«

»Gott sei Dank!«, atmete sie seufzend auf. »Sie sind auch schräg.«

»Ob das einen Dank wert ist, fragt sich noch«, murrte er und blickte an sich herunter. Er gab es schnell wieder auf, denn mit dem, was ihm von seiner Kleidung geblieben war, hätte er leicht auf einen Lumpenball gehen können. »Was ist los?«

»Ich weiß es nicht«, sagte sie kleinlaut und mit einer Verzweiflung an der Stimme, die kurz vor dem Durchbruch sein konnte. »Unten auf der Straße war etwas los, aber bevor ich mich darum kümmern konnte, zersprangen plötzlich die Scheiben und ich saß mitten im Wasser. Ich kam mir wie ein Fisch im Aquarium vor und hatte zu tun, um Luft zu bekommen. Dann wollte es mich hinausziehen, aber da hingen Sie am Fensterkreuz und ich konnte mich dagegenstemmen, und dann fiel das Wasser und ich konnte Sie hereinziehen. Und - und vor der Tür liegen ein paar Tote - Hausbewohner, die hochgeschwemmt wurden. Und - und draußen ist Venedig.«

Ihre Lippen zitterten. Sie strengte sich an, um nicht zusammenzubrechen, aber sie konnte es kaum allein schaffen. Kunststück! Er hatte Mühe, seine eigenen Lippen ruhig zu halten.

»Wenn Sie heulen, haue ich Ihnen eine runter«, versprach er grob. »Sehen Sie lieber zu, dass Sie etwas Trockenes auf den Leib bekommen. In dem Zustand empfängt man keine Männerbesuche.«

Sie starrte ihn an, wurde rund und sauber rot - und das in New York! - und zischte mit Inbrunst:

»Sie Ekel!«

Er grinste mühselig und stolperte an das Fenster heran. Dort verging ihm selbst der letzte Schatten eines Grinsens. Zwei Meter unter ihm schoss ein reißender, quirlender Strom vorbei, der durch die jenseitige Häuserfront begrenzt wurde. Hoch war die Front nicht mehr. Sie mussten sich im zweiten oder dritten Stock befinden. Im Mindestfalle stand dieser Teil von New York fünf bis zehn Meter unter Wasser.

Der Lokalchef mit seinem Schreibtisch auch.

Das Mädchen trat neben ihn und berührte seine Hand. Ihre Stimme kam flach und kleinlaut.

»Was bedeutet das?«

»Vielleicht eine Springflut?«

»Eine Springflut? Halten Sie mich für dumm?«

Er drehte sich zu ihr um. Ihre Augen waren hellbraun und jetzt übernatürlich groß. Nein, dumm sah sie nicht aus.

»Nein, keine Springflut«, antwortete er schwerfällig. »Es ist etwas, worauf wir nicht geeicht sind. Vielleicht finden wir es noch heraus - wenn wir es überleben. Und das wird nicht leicht sein.«

»Ich dachte es mir«, sagte sie leise, ohne die Augen abzuwenden.

»Wir wollen es versuchen. Und vielleicht wäre es gut, wenn wir es zusammen versuchen würden.«

»Ja«, nickte sie.

Es erleichterte ihn. Er war plötzlich sicher, dass sie es schaffen würden, aus der Katastrophe herauszukommen. Tausende von New Yorkern würden an diesem Tag gestorben sein, aber sie würden leben.

Howard Glaeser wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass an diesem Tag fünfzehntausend Menschen in New York gestorben waren und dass weitere zwanzigtausend noch sterben mussten. Er erfuhr es erst viel später, als es ihm gelungen war, sich aus dem Chaos herauszukämpfen. Und es wäre ihm kaum gelungen, wenn ihn nicht die Verantwortung für das fremde Mädchen gezwungen hätte, mehr aus sich herauszuholen, als er in sich vermutet hatte.

Die verschobenen Kraftlinien

Mark Tolins stand auf dem Küchentisch.

Es war eine altmodische, große Küche mit einem mächtigen Eisenherd, der in das alte Haus hineinpasste. Sie erinnerte an die Zeiten, in der die Hausfrauen vorzugsweise damit beschäftigt waren, ihre Familie auf angenehme Weise zu füttern. Jetzt stand sie sauber und unberührt wie ein Museumsstück, denn inzwischen war an die Stelle der Küche die Kochnische mit Tauchsieder, Elektroplatte und Infragrill getreten, und die Kochkünste zahlloser Hausfrauen beschränkten sich darauf, sich einen Tisch in einem Speiserestaurant zu sichern.

Mark Tolins ließ Erbsen herunterfallen.

Er war über hundertachtzig groß, schlank und sehnig, mit breiten Schultern und schmalen Hüften, ein Mann von dreißig Jahren, der sich sportlich in Form befand. Es war ihm leicht anzusehen, denn er trug im Augenblick nur Shorts und ein offenes Hemd. Er gehörte zu den seltenen Männern, bei dessen Anblick einem unversehens einfiel, dass der Mann eigentlich das beste Stück der Schöpfung war.

Sein braunes, verwettertes Gesicht war nicht hübsch, aber männlich und energisch mit einem guten Stich ins Verwegene und Abenteuerliche. Es wirkte beherrscht und verschlossen, ließ aber trotzdem ein frohes Lachen zu. In seinen hellen, grauen Augen lag die kühle Gelassenheit eines furchtlosen Mannes, der den Tod schon oft genug gesehen hat. Unter dem Grau lag ein dünner Hauch von Blau, der wie ein Schimmer von Eis hervortreten konnte.

Er stand schräg auf dem Küchentisch, und die trockenen Erbsen fielen schräg zum Boden, schlugen kaum hörbar auf und rollten weg.

Biggy beobachtete eine Weile von der Küchentür aus, bevor er begriffen hatte und es angemessen fand, sich zu räuspern.

»Ein neue Methode, Mark? Es wird nur etwas schwierig sein, auf diese Weise zu Erbsensuppe zu kommen. Oder soll es Erbsenbrei werden? Das wäre vielleicht eher zu erreichen.«

Mark Tolins bedachte ihn mit einem flüchtigen Blick.

»Schade, Biggy. Ich dachte, das wäre haarsträubend genug, um dich zu irritieren, aber ich sehe, dass ich mich geirrt habe. Oder ist dir überhaupt nichts aufgefallen?«

»Doch, Mark«, antwortete Biggy mit einem Seufzer. »Ich habe heute das erste weiße Haar entdeckt. Es ist grauenhaft, wenn man alt wird.«

»Ja, ich hörte schon davon. Die geistigen Fähigkeiten lassen nach. Das muss vor allem den Leuten, die nie so etwas besessen haben, außerordentlich schmeicheln.«

»Wem sagst du das, Mark?«, lächelte Biggy mild. »Es gibt nicht viele Leute, die ihrem Kopf so viel Aufmerksamkeit widmen wie ich.«

»Wenigstens nicht außerhalb der Friseursalons«, erwiderte Tolins trocken und sprang vom Tisch herunter. Er ging mit schnellen Schritten auf Biggy zu und fixierte ihn. »Nun, Biggy?«

Biggy überzeugte sich mit einem gewohnheitsmäßigen Griff, dass sein Mittelscheitel noch nicht gelitten hatte.

»Ich sage nichts von diesen Dingen zwischen Himmel und Erde, Mark. Ich sage nur, dass die Hühner schräg herumlaufen. Und der Postbote ist mit Schlagseite angeradelt gekommen. Soweit es mich selbst betrifft, werde ich mir ein Korsett zulegen. Selbst die besten inneren Organe halten diese Herumtorkelei nicht aus. Aber wenn du meinst, dass das Herumwerfen mit Erbsen etwas nützt ...?«

Er schluckte, als Mark Tolins die Brauen zusammenzog, um dann hastig und beschwörend zu ergänzen:

»Ein Schlafmittel, Mark. Schlafmittel sind immer gut, wenn man Ungelegenheiten vermeiden will. Du glaubst nicht, was der Menschheit alles erspart geblieben wäre, wenn gewisse Leute ihre Epoche Verschlafen hätten. Wir sind erst einige Tage hier, und du hattest mir fest versprochen, aus Rücksicht auf meine angegriffenen Nerven längere Zeit zwischen den Hühnern und ...«

»Das ist eine teuflische Sache, Biggy«, unterbrach Mark Tolins nachdenklich und wandte sich ab. »Wenn das eine allgemeine Erscheinung ist, von der die ganze Erde betroffen wird ...?«

»Eine lokale Eigentümlichkeit, Mark«, redete Biggy gut zu. »Ich habe mit dem Postboten gesprochen. Er meint, das käme hier öfters einmal vor, und es hätte nichts zu bedeuten. Kein Grund zur Aufregung. Soll ich die Erbsen wieder einsammeln oder willst du, dass sie am Boden zertreten werden?«

»Gravitationsschwankungen«, überlegte Mark Tolins halblaut. »Sie sind aber unmöglich.«

»Genau das meinte ich«, nickte Biggy. »Eine alkoholische Erscheinung. Ich erinnere mich, dass ich einmal betrunken war und dass sich bei dieser Gelegenheit die Straße vor mir hob und senkte und bald nach der einen und bald nach der anderen Seite schwankte.«

Tolins lächelte flüchtig, ohne den nachdenklichen Ausdruck aus seinem Gesicht zu verlieren.

»Dann solltest du die Hühner nicht mit Whisky tränken, Biggy. Und die Erbsen haben bestimmt nicht in Alkohol gelegen. Nein, das sind schon objektive Gravitationsschwankungen. Ich frage mich nur, wie sie möglich sind.«

Biggy griff schleunigst nach der Türkante, weil er den Eindruck hatte, zu fallen. Gleich darauf bemerkte er, dass die Küche wieder normal vor seinen Augen stand. Mark Tolins ebenfalls.

»Schon vorbei, Mark«, stellte er überflüssigerweise fest.

Mark Tolins drehte sich wieder zu ihm um.

»Und was denkst du dir dabei, Biggy?«

»Nichts!«, sagte Biggy stur. »Ich denke mir überhaupt nichts mehr. Ich habe einmal in meinem Leben daneben gedacht, als ich mich von dir als Universalgehilfe engagieren ließ und mir dabei ein geruhsames Dasein mit deinen Zigarren versprach. Das hat mir genügt. Von mir aus kann mich diese Gravitation auf den Kopf stellen, ohne dass ich ein Wort darüber verliere. Wieso schwankt diese Gravitation eigentlich?«

»Das möchte ich auch gern wissen.«

»Als gebildeter Mensch hat man seine Verpflichtungen«, erinnerte Biggy vorwurfsvoll. »Wenn du es schon nicht weißt, solltest du wenigstens so tun. Ich persönlich bin für Blähungen.«

»Blähungen?«

»Erdblähungen. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich die Erde irgendwo ausgebeult hat. Vielleicht ist aber auch nur der Mittelpunkt verrutscht? Ich erinnere mich, in der Schule gelernt zu haben, dass die Dinge nach unten fallen, weil sie von diesem Mittelpunkt angezogen werden.«

»Von der Erdmasse«, berichtigte Tolins sachlich. »Es ist nur eine Vereinfachung, wenn man die Wirkung auf den Erdmittelpunkt konzentriert denkt. Die physikalische Wirkung liegt bei der Masse. Jedes Masseteilchen zieht ein anderes mit einer bestimmten Kraft an, und da die Erdmasse allen anderen Massen an ihrer Oberfläche riesig überlegen ist, wird alles zur Erde herangezogen. Und weil die Erde eine Kugel ist, zielt die Fallrichtung auf den Mittelpunkt.«

»Also Blähungen«, wiederholte Biggy befriedigt. »Die Erde ist keine Kugel mehr. Habe ich gleich gesagt. Der Instinkt des kleinen Mannes, mein Lieber.«

»Stinkt!«, sagte Mark Tolins trocken. »Wir stehen schon wieder normal. Man kann der Erde eine ganze Menge zutrauen, aber nicht, dass sie für eine halbe Stunde zur Pflaume wird und dann wieder zur vorschriftsmäßigen Kugel.«

»Ganz meine Meinung«, behauptete Biggy unerschüttert. »Es kann nur an der Masse liegen. Ich habe da neulich ein Buch gelesen, das ›Aufstand der Massen‹ hieß. In unseren ...«

»Das betrifft etwas anderes.«

»Interessant, Mark, aber in unseren revolutionären Zeiten muss man damit rechnen, dass auch die Erdmassen in Aufruhr geraten. Vielleicht haben sie sich organisiert und sind entschlossen, aus ihrer Anziehung mehr herauszuholen als bisher? Wenn ich bedenke, an wie viel Stellen der Erde von Freiheit, Selbstbestimmung und anderen demokratischen Rechten unaufhörlich gesprochen wird, wundert es mich nicht, wenn selbst diese Masseteilchen ...«

»Das reicht, Biggy«, fing Tolins amüsiert ab. »Wenn du so weitermachst, werde ich dich eines Tages doch noch zwischen die Knie nehmen und deinen Kopf rasieren müssen. Eine physikalische Veränderung in den Masseteilchen scheidet schon deshalb aus, weil es dort insofern nichts gibt, was sich verändern könnte. Nicht einmal unserer gesamten Kernphysik ist es gelungen, in den Masseteilchen eine Anziehung zu entdecken - oder irgendetwas, das eine Anziehung hervorrufen könnte.«

»Hä?«, staunte Biggy.

»Eben.«

»Aber ...?«

»Schon gut, Biggy. Denke lieber nicht erst darüber nach. Mit deinen Blähungen ist uns jedenfalls nicht geholfen. Wir werden uns an die Kraftlinien halten müssen.«

»Kraftlinien sind immer gut«, seufzte Biggy vorsichtig. Er kannte Mark Tolins und wusste ziemlich genau, dass hinter dieser breiten, ausdrucksvollen Stirn die Gedanken jagten und nach einer Erklärung suchten. In diesen sonderbaren Veränderungen der letzten halben Stunde drohte eine Gefahr, und Mark Tolins war nicht der Mann, der einer Gefahr den Rücken zeigte.

»Die Kraftlinien«, wiederholte Mark Tolins wie im Selbstgespräch. »Es gibt in den Atomen nichts, was anziehen könnte. Es gibt auch zwischen der Erdmasse und einem fallenden Stein keine nachweisbare physikalische Beziehung. Aber man kann sich wenigstens Kraftlinien vorstellen, mit denen die Richtung vorgeschrieben wird. Sie zeigen alle zum Erdmittelpunkt, stehen also lotrecht auf der Erde. Ein Igel mit Stacheln, die nach allen Seiten gleichmäßig gesträubt sind. Wir stehen senkrecht auf den Füßen, wie es die Kraftlinien verlangen, und jeder Stein fällt wie die Kraftlinie. Wir wissen eigentlich nicht, was physikalisch vorliegt, aber wenn es möglich sein sollte, diese Kraftlinien zu verändern, ihnen eine andere Richtung zu geben ...?«

Er ließ den Gedanken stumm weiterlaufen und schloss erst nach einer Pause ab:

»Das könnte es sein, Biggy. Die Erdmasse bleibt unverändert, aber die Kraftlinien werden in eine andere Richtung gezwungen. Das würde unsere Beobachtungen erklären.«

»Interessant, Mark«, stimmte Biggy zu. »Wir werden sicher darüber noch in den Zeitungen lesen.«

Tolins lächelte schwach.

»Keine frohen Hoffnungen, Biggy. Wir werden uns nicht mit den Zeitungen begnügen. Ich weiß noch nicht, ob wir es mit einem lokalen Ereignis zu tun haben oder ob es die ganze Erde betrifft, aber wir müssen ihm nachgehen. Es bedeutet Gefahr. Ich möchte wissen, wer diese Kraftlinien verändern kann, wenn wir einmal bei dieser Vorstellung bleiben wollen.«

»Hm?«

Mehr brachte Biggy im Moment nicht heraus. Er entdeckte in den hellgrauen Augen einen gewissen blauen Schimmer, der ihm eine Menge besagte. Es war wieder einmal Zeit, die Hosen fester zu binden.

»Genau das«, sagte Mark Tolins, als könnte er Gedanken lesen. »Es spricht nämlich wenig dafür, dass ein irdischer Wissenschaftler die Mittel gefunden hat, um auf diese Weise zu experimentieren. Und das bedeutet, dass vielleicht Unbekannte aus dem Raum dabei sind, die Erde durcheinander zu bringen. Und dann könnte es hart auf hart gehen.«

»Ich kündige«, seufzte Biggy. »Ich habe mir ernstlich vorgenommen, meinen Enkelkindern Märchen zu erzählen. Wie soll ich aber zu Enkelkindern kommen, wenn du mich dauernd in Lebensgefahr bringst?«

»Ein ernstes Problem«, stimmte Mark Tolins zu. »Noch ernster ist freilich die Frage, ob deine Enkelkinder nicht mit einem anderen Großvater glücklicher wären.«

Biggy öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu.

»Ein gemeiner Trick, Mark«, sagte er nach einer Pause verwirrt. »Du bringst mich um meinen Seelenfrieden.«

Gleich darauf blinzelte er, und dann ging er hinaus.

Die unbekannte Macht

Die rätselhafte Katastrophe traf fast den ganzen nordamerikanischen Kontinent zwischen Mexiko und Alaska, beschränkte sich jedoch auch auf ihn. Andere Gebiete der Erde wurden, abgesehen von gewissen Nebenwirkungen, nicht betroffen.

Am schwersten wurden die Städte und Ortschaften an der amerikanischen Ostküste heimgesucht. Soweit sie sich in Küstennähe befanden, gerieten sie, wie New York, unter riesige Flutwellen, die sich unversehens aus dem Meer herausbäumten, und als mächtige Wasserwände in das Land einfielen, alles zerschmetternd und alles unter sich begrabend, bis ihnen das aufsteigende Festland eine neue Küstenlinie zog. Von hier aus ebbte die Flut schon eine halbe Stunde später wieder zurück und gab das Land mit seinen überschwemmten Orten frei, aber das Wasser ließ zahlreiche Tote, zertrümmerte Dörfer und Städte, verschlammte Felder und zerstörte Plantagen, zerbrochene Brücken, zerrissene Straßen und vernichtete Leitungen zurück.

An der Westküste ergab sich gleichsam das Gegenbild. Das Meer wich plötzlich von der Küste zurück, als wolle es auslaufen, gab den abfallenden, schlicken Meeresboden frei, so weit das Auge reichte, und setzte innerhalb von Minuten alle Schiffe auf Grund, die sich in Küstennähe befanden. Eine halbe Stunde später wurden sie von dem zurückkehrenden Ozean verschlungen. Die Schiffe, die sich weiter draußen befanden, gerieten in eine turmhohe Welle, der viele von ihnen nicht gewachsen waren. Diese Welle wanderte übrigens über den ganzen Pazifik hinweg, erreichte die Küsten Japans und richtete dort noch erhebliche Verwüstungen an.

Im Innern Amerikas hielt sich die Katastrophe in Grenzen. Hart getroffen wurde der Verkehr in der Luft und auf der Straße. Dabei machte es kaum einen Unterschied, ob am Steuer ein Automat oder ein Mensch saß. Die Verlagerung der Schwerelinien machte sowohl die Automaten wie die Menschen verrückt. Sie reagierten falsch, so dass sich innerhalb von Minuten in den Staaten Tausende von Flugzeugabstürzen und Tausende von Straßenunfällen ereigneten.

Der Rest ließ sich ertragen. Er bestand aus zahllosen Verwirrungen, die teils tragischer und teils heiterer Natur waren. Die Menschen gerieten auf sonderbarste Weise durcheinander, fanden sich aber glücklicherweise schon eine halbe Stunde später wieder zurecht.

Schwierig wurde es, eine Erklärung für die Ereignisse zu finden. Das bedeutete nicht, dass es an Erklärungen fehlte. An diesem Tag gab es über den Gartenzaun hinweg viele Millionen Amerikaner, die mit einiger Sicherheit wussten, was geschehen war. Ihre Deutungen reichten von der verstärkten Sonnenfleckentätigkeit bis zu einer Voranmeldung des Jüngsten Gerichts, von der astrologischen Konstellation bis zur Vergeltung aller Sünden. Originell war kaum etwas an ihnen, denn mit den gleichen Argumenten waren schon die unfreundlichen Sommertage, die Grippe-Epidemie, die Jugendkriminalität, der Konjunkturrückgang und die geringe Haltbarkeit der Glühbirnen erklärt worden.

Die verantwortlichen Stellen mussten es genauer nehmen. Sie fanden denn auch heraus, dass die Ursachen der Katastrophe in einer Richtungsveränderung der Schwerewirkung lagen, also in einer Kippung der Kraftlinien. Damit erreichten sie jedoch auch schon ihre Grenzen. Trotz Heranziehung vieler einschlägiger Sachverständiger gelang es nicht, festzustellen, welche Ursachen für die Veränderung der Kraftlinien vorlagen. Es fehlte zwar nicht an Hypothesen und Theorien, denen ihre Vertreter jeweils die berüchtigte, an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit zubilligten, aber sie hoben sich gegeneinander auf, so dass der nüchterne Kopf durch sie nicht klüger wurde. Es erwies sich doch als recht schwierig, mit einem anormalen physikalischen Ereignis fertig zu werden, dessen normalen Ablauf man sich nicht erklären konnte.

Dafür gab es jedoch kaum einen Zweifel, dass es sich nicht um ein zu-fälliges und rein natürliches Ereignis handelte, sondern um ein gelenktes Geschehen. Praktisch waren sich alle einschlägigen Stellen darüber einig, dass die Kippung der Schwerelinien über Amerika von irgendwem bewusst und mit irgendwelchen physikalischen Mitteln hervorgerufen worden war. Offen blieb nur, wer dieser Unbekannte war, in dem man angesichts der Beschränkung der Katastrophe einen Feind Amerikas vermuten musste.

Es lag nahe, an die großen politischen Gegenspieler zu denken, obgleich diese nicht versäumten, ihr Beileid auszudrücken und Hilfe für die Katastrophengebiete anzubieten. Es schien aber doch recht zweifelhaft zu sein, ob diese einen so gewaltigen wissenschaftlichen Vorsprung besaßen, wie er vorausgesetzt werden musste. Er hätte sich schon früher bemerkbar machen müssen. Nicht einmal die Russen oder Chinesen konnten ihre Wissenschaft so dicht abriegeln, um zu verhindern, dass Fortschritte solcher Art ins Gespräch kamen. Die Konsequenz war bestürzend. Wenn die üblichen politischen Gegenspieler ausschieden, dann konnten nur außerirdische Kräfte hinter den Ereignissen stehen, irgendwelche Lebewesen aus dem Raum und von fremden Gestirnen. Das erklärte denn auch mühelos eine wissenschaftliche und technische Überlegenheit, die man den Mitmenschen auf der Erde nicht zutrauen konnte. Es erklärte auch das vorangegangene Verschwinden der Raumstationen und der damit verbundenen weitgehenden Lähmung der Raumfahrt. Unverständlich blieb, warum gerade Amerika betroffen worden war, aber vermutlich handelte es sich um einen reinen Zufall.

Die letzte Vermutung wurde bald erschüttert. Drei Tage später und genau zur gleichen Stunde, wiederholte sich die Katastrophe, wenn auch mit der Abweichung, dass diesmal die Kippung der Kraftlinien mit fünf Grad Neigung gegen die Lotrechte einsetzte, nach zehn Minuten auf 15 Grad überging, anschließend wieder nur 5 Grad betrug und dann nach Ablauf der halben Stunde wieder verschwand.

Auch diesmal wurde allein Nordamerika betroffen.

Und das sah nach wirklicher Feindschaft und einem gezielten Angriff aus.

Die Amerikaner begriffen es trotz aller offiziellen Beschwichtigungsversuche wenigstens ungefähr und gerieten allmählich in Panik. Sie verstanden die Welt nicht mehr. Sie verstanden sie schon lange nicht mehr, wie sich jetzt herausstellte. Sie hatten doch immer so brav Cornflakes und Orangensaft geschluckt, die Sonntagspredigt gehört und sich für wackere Staatsbürger gehalten, aber trotzdem war es ihnen passiert, dass sie unversehens zur mächtigsten Nation der Erde gehörten und die menschliche Kultur zu hüten hatten. Sie liebten ihre Arbeit, ihre Kinder, ihre Autos und ihre Kühlschränke, aber trotzdem hatten es erst die bösen Deutschen, dann die bösen Russen, die bösen Chinesen und sogar die bösen Kongolesen auf sie abgesehen. Immer schien es noch Leute zu geben, die ihnen übel wollten. Sie verstanden das einfach nicht. Es konnte doch nur Gehässigkeit sein, wenn jetzt irgendwelche Leute aus dem Raum versuchten, die Staaten zu vernichten. Dabei wollte doch wirklich kein Amerikaner mehr, als in Frieden zu leben und die Butter auf dem Brot zu haben.

Das Unfassbare verwirrte und beunruhigte.

Insofern wenigstens waren sich die Amerikaner einig: Der Präsident schlief in Washington nicht besser als der namenlose Buchhalter in Middletown.

Wer war dieser außerirdische Feind, der es auf Amerika abgesehen hatte?

Löcher im Bild

General Lionel Stanwyl, ein zierlicher, aber drahtiger Mann mit grauem Bürstenhaar und einem zerknitterten Pergamentgesicht, mit scharfen Augen, straffen Bewegungen und einer Stimme, die an das Kläffen eines Terriers erinnerte, schaltete den Projektor ein und wies auf das weiße Rechteck an der Wand.

»Sehen Sie sich das an.«

Mark Tolins konzentrierte sich auf das Bild, das an der Wand erschien, während der Raum ins Dunkel versank. Es war eine Aufnahme, die von einem Beobachtungssatelliten gemacht und zur Erde gefunkt worden war. Sie zeigte einen Ausschnitt zwischen der Ostküste und den Bahamas mit etwas Küstenlinie, vereinzelten Wolkenfeldern und Meer. Merkwürdig an ihr war ein leerer Fleck in der Mitte des Bildes, gleichsam ein Loch, in dem weder Küste noch Wolken noch Meer zu sehen war, eine blinde Stelle ohne feste Kontur. Man konnte sich dabei denken, was man wollte.

»Gesehen, General.«

Die Vorhänge glitten hoch, das Tageslicht stürzte wieder in den Raum hinein, das Bild verschwand. Übrig blieb die nackte weiße Fläche in einem Raum, der selbst nackt wirkte.

Lionel Stanwyl richtete seine Augen auf seinen Besucher, der so entspannt auf der Kante seines Schreibtisches saß, als wäre er zu Hause. Er bedauerte wieder einmal flüchtig, dass Mark Tolins nicht unter seinem Kommando stand und entsprechend dressiert werden konnte, aber er beließ es bei der flüchtigen Regung. Seine Erfahrungen sprachen dagegen, sich mit diesem Mann anzulegen.

»Wir haben ein halbes Dutzend Aufnahmen von dieser Sorte«, bellte er dünn. »Sie wurden von verschiedenen Kontrollsatelliten geliefert und stammen alle vom ersten Tag. Seitdem nichts mehr. Was meinen Sie dazu?« Mark Tolins zuckte mit den Achseln. »Ich nehme an, dass Sie alle Möglichkeiten geprüft und das Übliche ausgeschieden haben, so dass nur noch der Verdacht auf ein fremdes Raumschiff bleibt.«

»Ein Raumschiff, das sich nicht fotografieren lässt und nur als leerer Fleck erscheint?«

»Wichtigkeit! Wir sind mit unseren Augen und unserem Aufnahmematerial an einen bestimmten und sogar sehr schmalen Bereich des Lichts gebunden. Das braucht nicht immer der Fall zu sein. Sogar unsere Hühner sehen schon kein Blaulicht mehr, während andere Tiere noch sehen, wo unsere Augen versagen. Ich kann mir vorstellen, dass es Lebewesen - auch menschenähnliche Lebewesen - gibt, die für unser sichtbares Licht kein Organ besitzen, aber jenseits von Infrarot oder Ultraviolett vorzüglich sehen. Vielleicht sind auch ihre Objekte, etwa Raumschiffe, aus Stoffen, auf die unser übliches Filmmaterial nicht anspricht und bestenfalls einen blinden Fleck hinterlässt.«

»Schlaukopf!«, nickte der General nicht ohne Wohlwollen. »Das ist genau das, was unsere Experten auch schon gesagt haben. Aber warum sind dann die neueren Aufnahmen einwandfrei?«

»Der Fremdkörper braucht bloß in größere Höhe gegangen zu sein.«

»Schlaukopf!«, kläffte der General noch einmal. »Aber wenn Sie schon alles wissen - warum kommen Sie dann zu mir?«

Mark Tolins drehte den Kopf, wobei das Licht rostige Töne aus seinem dichten, dunkelbraunen Haar herausholte, und sah den puppenhaften Mann hinter dem Schreibtisch an.

»Sie haben mich gebeten, zu Ihnen zu kommen, General.«

»So?«

»Oder nicht?«

»Ich habe es nicht bestritten. Es war meine Pflicht, mich nach Ihnen umzusehen Diese faulen Tage zwischen den Hühnern von Cootshill glaubt Ihnen kein Mensch, und Sie haben schon genug angestellt. Wie leicht konnten Sie auch hinter dieser Sache stecken?«

»General?«

Lionel Stanwyl hob erschreckt beide Hände.

»Schon gut, schon gut, ich habe ja nichts gesagt, aber immerhin sind Sie meines Wissens der einzige Mensch, der über ein privates Raumschiff verfügt und sich unkontrolliert herumtreiben - ich meine, der unkontrolliert in den Raum darf. Ich musste mich vergewissern, dass Sie nicht etwa ...«

»Sie haben sich vergewissert?«, unterbrach Mark Tolins kühl.

»Was dachten Sie?«, kläffte Stanwyl, sprang dann aber schleunigst auf und versuchte, seinen Besucher festzuhalten. »Wollen Sie etwa fortlaufen?«

Mark Tolins war schon einige Meter von der Schreibtischkante entfernt, blieb aber stehen und wandte sich wieder um.

»Ich bin nicht Ihr Untergebener, General. Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, sagen Sie es ohne Umschweife. Wenn nicht, erfahre ich von anderer Seite, was ich wissen will.«

Die Augen Stanwyls glitzerten.

»Kann ich mir denken«, sagte er boshaft. »Nächstens werde ich meinen Leuten Röcke anziehen und einen Kaffeeklatsch veranstalten. Sie schwatzen alle, als hätten sie Angst, zu wenig zu verraten. Es macht also nichts aus, wenn Sie es von mir hören.«

»Könnte sein«, nickte Mark Tolins belustigt und kehrt zum Schreibtisch zurück. »Also, schießen Sie los. Sie haben Totalsperre verhängt?«

Lionel Stanwyl setzte sich wieder in seinen Sessel und bewies, dass mehr als ein zänkischer Terrier in ihm steckte. Er wurde ruhig und sachlich.

»Totalsperre«, bestätigte er. »Aus zwei Gründen. Erstens wollen wir uns wenigstens noch ein paar Raumschiffe erhalten, nachdem die Mehrzahl spurlos und ohne Abmeldung verloren gegangen ist. Zweitens brauchen wir ein klares Bild. Wir wollen versuchen, festzustellen, was dort oben los ist.«

»Es gibt nicht nur amerikanische Raumschiffe.«

»Wir haben uns mit allen anderen geeinigt. Sie halten das Gebiet frei. Unter uns gesagt - sie sind genauso interessiert wie wir, zu erfahren, was los ist.«

»Die Satelliten?«

»Nur geringe Verluste. Sie kreisen weiter. Wahrscheinlich bedeuten sie wegen ihrer geringen Höhen für den Angreifer nicht viel.«

»Könnte sein. Und wie sieht nun das Bild aus?«

»Genau wie das, was Sie gesehen haben - ein Loch, ein leerer Fleck. Irgendetwas ist da, aber wir können es nicht fassen.«

»Radar?«

»Sie Optimist!«

»Was sagen die Sachverständigen?«

»Genug für ein Dutzend dicke Bücher, aber wie üblich nichts dahinter. Irgendwer oder irgendwas verändert irgendwie die Richtung der Gravitationslinien. Aus! Na meinetwegen. Unser wichtigstes Problem ist ja auch nicht wissenschaftlicher Natur, sondern es scheint mehr politischen Charakter zu haben.«

»Wieso?«

»Warum Amerika? Warum ausgerechnet die Staaten? Warum nicht Russland oder China oder Afrika? Warum hat man es auf uns abgesehen. Zweimal schon, und wer weiß, wie oft sich das noch wiederholt.«

»Das ist kein Problem.«

»Für uns schon«, kläffte ihn der General schärfer als bisher an. »Sie rührt es natürlich nicht sehr, wenn ein paar tausend Amerikaner ums Leben kämpfen, aber uns. Uns wäre sehr viel leichter, wenn es andere treffen würde.«

»Sie sind ein Herzchen!«, sagte Mark Tolins kühl. »Andere wollen auch leben, auch wenn sie Russen oder Chinesen sind.«

»Die allgemeine Menschenliebe hebe ich mir für die Pressekonferenzen auf«, konterte Stanwyl trocken.

»Sie haben mich missverstanden. Ich meinte, dass es auf der Hand liegt, warum unser Gebiet betroffen wird.«

Stanwyl hob die Brauen, so dass die Haut auf seiner Stirn noch mehr zerknitterte.

»Das sagen Sie bitte noch einmal, und möglichst langsam und deutlich. Ich bin nur ein ganz gewöhnlicher Soldat.«

»Seit wann?«

»Lassen Sie Ihre Sticheleien«, verwies Stanwyl mürrisch. »Es gibt auch noch andere Leute, die sich den Kopf zerbrochen haben. Nur Sie wissen natürlich wieder einmal alles.«

»Oh, genau genommen war es mein Freund, der mich darauf aufmerksam machte. Tatsächlich ist es ja bis zu einem gewissen Grade eine Frage der Logik.«

»Hören Sie auf«, murrte Stanwyl. »Ich gebe mich geschlagen. Schießen Sie lieber los.«

Mark Tolins lächelte.

»Wenn Sie so weitermachen, werden Sie noch ein friedlicher Mensch werden, General. Also, lassen Sie uns überlegen. Wir haben es vermutlich mit einem fremden Raumschiff zu tun. Die Leute kommen irgendwoher, doch ist so gut wie sicher, dass sie uns wissenschaftlich und technisch überlegen sind. Sie ändern vorübergehend auf einem bestimmten Gebiet der Erde die Schwerelinien. Warum? Es spricht wenig dafür, dass sie eine besondere Abneigung gegen Amerika haben oder von politischen Gründen getrieben werden, ja, dass sie es überhaupt darauf anlegen, uns Schaden zuzufügen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sie experimentieren. Ihr Ziel ist nicht, Schaden anzurichten, sondern wissenschaftlich zu prüfen, in welchem Ausmaß und mit welchen Mitteln und natürlich nicht zuletzt mit welchen Wirkungen die Kraftlinien der Gravitation beeinflusst werden können.«

»Reine Phantasie!«

»Mag sein, aber sie allein führt weiter.«

»Diese Leute brauchten sich wegen irgendwelcher wissenschaftlicher Experimente nicht zur Erde zu bemühen. Es gibt genug andere Weltenkörper.«

»Es gibt sehr wenig bewohnte Weltenkörper, und sie brauchen einen, der belebt ist, möglichst sogar von Menschen. Ein toter Stern nützt ihnen gar nichts. Wenn sie an ihm die Schwerelinien verändern, können sie nicht viel registrieren. Steine und Felsen reagieren nicht. Insofern sind sie, wissenschaftlich gesehen, glatte Versager. Unsere Freunde aus dem Raum müssen sich schon einen Planeten aussuchen, auf dem sie das Verhalten lebender Geschöpfe studieren können. Deshalb trifft es die Erde.«

»Hm, und warum Amerika?«

»Nun, aus einigen tausend Kilometern Höhe lassen sich irdische Reaktionen nur schwer beurteilen. Will man es einigermaßen genau nehmen, muss man sich schon auf die Erde selbst begeben und sich dort unter das Volk mischen, um ...«

Lionel Stanwyl fuhr auf, als hätte ihn einte Stecknadel von unten her getroffen.

»Was? Wollen Sie etwa sagen, dass sich diese Burschen hier bei uns herumtreiben, mitten unter uns?«

Mark Tolins nickte gelassen.

»Selbstverständlich, General, denn sonst ist ihr ganzes Unternehmen sinnlos.«

»Aber - aber warum dann Amerika und nicht China oder ...?«

»Die Sprache, General. Auch für uns Erdbewohner ist es sehr schwierig, Chinesisch oder Russisch zu lernen. Die englische Sprache dagegen ist sehr einfach und für einen intelligenten Menschen sehr leicht zu erlernen. Und in der amerikanischen Ausgabe ist alles noch viel einfacher. Wir - hm, machen nicht viel Worte, nicht wahr? Ein paar hundert Worte reichen völlig aus, um sich mit allen Mitmenschen zu verständigen und ein ganzes Leben einschließlich aller Welträtsel auszudrücken. Wenn ich von einem fremden Stern käme und eine solche Aufgabe auf der Erde hätte, würde ich mir auch Amerika als Bodenstelle aussuchen.«

Der General starrte ihn an.