5,49 €
Reclams Rote Reihe bietet die beliebtesten Anfänger-Werke der mittelhochdeutschen Literatur in rein mittelhochdeutschem Text (nach den jeweils maßgeblichen Ausgaben) mit einem semantischen und grammatischen Kommentar am Fuß der Seite sowie einem für den Spracherwerb reduzierten Sachkommentar im Anhang. Ideal für das Erlernen des Mittelhochdeutschen im Germanistikstudium.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 94
Wernher der Gartenaere
Helmbrecht
Herausgegeben von Karl-Heinz Göttert
Reclam
2015 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen.
Made in Germany 2017
RECLAM ist eine eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-960840-2
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019907-7
www.reclam.de
Helmbrecht
Anhang
Zu dieser Ausgabe
Literaturverzeichnis
Hinweise zur E-Book-Ausgabe
Einer saget, waz er gesiht,
der ander saget, waz im geschiht,
der dritte von minne,
der vierde von gewinne,
der fünfte von grôzem guote,5
der sehste von hôhem muote:
hie wil ich sagen, waz mir geschach,
daz ich mit mînen ougen sach.
ich sach, daz ist sicherlîchen wâr,
eins gebûren sun, der truoc ein hâr,10
daz was reide unde val;
ob der ahsel hin ze tal
mit lenge ez volleclîchen gie.
in eine hûben er ez vie,
diu was von bilden wæhe.15
ich wæne, ieman gesæhe
sô manegen vogel ûf hûben:
siteche unde tûben
die wâren al dar ûf genât.
welt ir nû hœren, waz dâ stât?20
Ein meier der hiez Helmbreht:
des sun was der selbe kneht,
von dem daz mære ist erhaben.
sam den vater nante man den knaben:
si bêde hiezen Helmbreht.25
mit einer kurzen rede sleht
künde ich iu daz mære,
waz ûf der hûben wære
wunderserziuget
(daz mære iuch niht betriuget;30
ich sage ez niht nâch wâne):
hinden von dem spâne
nâch der scheitel gegen dem schopfe,
reht enmitten ûf dem kopfe,
der lîm mit vogelen was bezogen,35
reht als si wæren dar geflogen
ûz dem Spehtharte.
ûf gebûren swarte
kom nie bezzer houbetdach,
dan man ûf Helmbrehte sach.40
dem selben geutôren
was gegen dem zeswen ôren
ûf die hûben genât –
Welt ir nû hœren, waz dâ stât? –
wie Troye wart besezzen,45
dô Pâris der vermezzen
dem künege von Kriechen nam sîn wîp,
diu im was liep alsam sîn lîp,
und wie man Troye gewan
und Ênêas von danne entran50
ûf daz mer in den kielen,
und wie die türne vielen
und manec steinmûre.
owê daz ie gebûre
solhe hûben solde tragen55
dâ von sô vil ist ze sagen!
Welt ir nû hœren mê
waz anderhalp ûf der hûben stê
mit sîden erfüllet?
daz mære iuch niht betrüllet:60
ez stuont gegen winstern hant,
wie künec Karl und Ruolant,
Turpîn und Oliviere,
die nôtgestalden viere,
waz die wunders mit ir kraft65
worhten gegen der heidenschaft:
Prôvenz und Arel
betwanc der künec Karel
mit manheit und mit witzen,
er betwanc daz lant Galitzen;70
daz wâren allez heiden ê.
Welt ir nû hœren, waz hie stê
von einer nestel her an dise
(ez ist wâr, daz ich iu lise)
zwischen den ôren hinden?75
von frouwen Helchen kinden,
wie die wîlen vor Raben
den lîp in sturmen verloren haben,
dô si sluoc her Witege,
der küene und der unsitege,80
und Diethern von Berne.
noch mügt ir hœren gerne,
waz der narre und der gouch
truoc ûf sîner hûben ouch.
Ez hêt der gotes tumbe85
vor an dem lîme al umbe
von dem zeswen ôren hin
unz an daz lenke (des ich bin
mit wârheit wol bewæret;
nû hœrt wie ez sich mæret),90
man möht ez gerne schouwen,
von rittern und von frouwen,
ouch was überhaben,
beidiu von meiden und von knaben
vor an dem lîme stuont ein tanz95
genât mit sîden, die wâren glanz.
ie zwischen zwein frouwen stuont,
als si noch bî tanze tuont,
ein dritter an ir hende;
dort an einem ende100
ie zwischen zwein meiden gie
ein knabe der ir hende vie.
dâ stuonden fidelære bî.
Nû hœret, wie diu hûbe sî
geprüefet Helmbrehte,105
dem tumben ræzen knehte.
Noch habt ir alles niht vernomen,
wie diu hûbe her sî komen:
die nâte ein nunne gemeit.
diu nunne durch ir hövescheit110
ûz ihr zelle was entrunnen.
ez geschach der selben nunnen,
als vil maneger noch geschiht:
mîn ouge der vil dicke siht,
die daz nider teilverrâten hât,115
dâ von daz ober mit schanden stât.
Helmbrehtes swester Gotelint
der nunnen ein genæmez rint
gap si ze kuchenspîse.
si was ir werkes wîse;120
si diente ez wol mit næte
an der hûben und an der wæte.
dô Gotelint gap dise kuo,
nû hœret waz diu muotertuo.
diu gap sô vil der zweier125
der nunnen, kæse und eier,
die wîle si ze revende gie,
daz si die selben tage nie
sô manec ei zerklucte
noch kæse versmucte.130
noch gap diu swester mêre
dem bruoder durch sîn êre
kleine wîze lînwât,
daz lützel ieman bezzer hât.
diu was sô kleine gespunnen,135
ab dem tuoche entrunnen
wol siben webære,
ê ez volwebet wære.
ouch gap im diu muoter,
daz nie seit sô guoter140
versniten wart mit schære
von deheinem snîdære,
und einen pelz dar under,
von sô getânem kunder,
daz ûf dem velde izzet gras:145
niht sô wîzes in dem lande was.
dar nâch gap daz getriuwe wîp
ir lieben sune an sînen lîp
ketenwambîs unde swert:
des was der jungelinc wol wert.150
noch gap si dem selben knaben
zwei gewant, diu muost er haben,
gnippen unde taschen breit:
er ist noch ræze der si treit.
dô si gekleidet hêt den knaben,155
dô sprach er: »muoter, ich muoz haben
dar übereinenwarkus;
und sold ich des belîben sus,
sô wær ich gar verswachet.
der sol ouch sîn gemachet,160
alsô dîn ouge den an gesiht,
daz dir dîn herze des vergiht,
dû habest des kindes êre,
swar ich danne kêre.«
si hêt noch in den valden165
ein tüechelîn behalden:
des wart si âne leider
durch des sunes kleider.
si kouft im tuoch, daz was blâ.
weder hie noch anderswâ170
truoc nie dehein meier
einen roc, der zweier eier
wære bezzer dan der sîn:
daz habt bî den triuwen mîn.
er kunde in tugende lêren175
und hôhen lop gemêren,
der im daz hêt gerâten:
nâch dem ruckebrâten
von der gürtel unz in den nac
ein knöpfel an dem andern lac;180
diu wâren rôt vergoldet.
ob ir nû hœren woldet
von dem rocke fürbaz,
durch iuwer liebe sagte ich daz.
Dâ daz gollier unz an daz kin185
gereichte, unz an die rinken hin
diu knöpfel wâren silberwîz.
ez hêt selten solhen vlîz
an sînen warkus geleit
dehein gebûre, der in treit,190
noch sô kostelîchiu werc
zwischen Hôhensteine und Haldenberc.
seht, wie iu daz gevalle:
driu knöpfel von kristalle,
weder ze kleine noch ze grôz,195
den buosem er dâ mite beslôz,
er gouch und er tumbe.
sîn buosem was al umbe
bestreut mit knöpfelînen,
diu sach man verre schînen,200
gel, blâ, grüene, brûn und rôt,
swarz und wîz, als er gebôt.
diu lûhten sô mit glanze,
swenne er gie bî dem tanze,
sô wart er von beiden,205
von wîben und von meiden,
vil minneclîche an gesehen.
ich wil des mit wârheit jehen,
daz ich bî dem selben knaben
den wîben hêt unhôhe erhaben.210
dâ der ermel an daz muoder gât
al umbe und umbe was diu nât
behangen wol mit schellen:
die hôrt man lûte hellen,
swenne er an dem reien spranc,215
den wîben ez durch diu ôren klanc.
her Nîthart, und solt der leben,
dem hêt got den sin gegeben,
der kunde ez iu gesingen baz
danne ich gesagen. nû wizzet daz:220
Si verkoufte manec huon und ei,
ê si im gewunne diu zwei,
hosen und spargolzen.
als si dô dem stolzen
sîniu bein hêt gekleit,225
»mîn wille mich hin ze hove treit«,
sprach er. »lieber vater mîn,
nu bedarf ich wol der stiure dîn:
mir hât mîn muoter gegeben
und ouch mîn swester, sol ich leben,230
daz ich in alle mîne tage
immer holdez herze trage.«
dem vater was daz ungemach.
zuo dem sune er dô sprach:
»ich gibe dir zuo der wæte235
einen hengest, der ist dræte
und der wol springe ziune und graben,
den solt du dâ ze hove haben,
und der lange wege wol loufe.
wie gerne ich dir den koufe,240
ob ich in veile vinde!
lieber sun, nu erwinde
hinz hove dîner verte.
diu hovewîse ist herte
den, die ir von kindes lit245
habent niht gevolget mit.
lieber sun, nû men dû mir
oder hab den phluoc, sô men ich dir,
und bûwen wir die huobe;
sô kumst du in dîne gruobe250
mit guoten êren alsam ich:
zwâre des versihe ich mich.
ich bin getriuwe, gewære,
niht ein verrâtære;
darzuo gibe ich alliu jâr255
ze rehte mînen zehenden gar:
ich hân gelebet mîne zît
âne haz und âne nît.«
Er sprach: »lieber vater mîn,
swîc und lâ die rede sîn!260
dâ mac niht anders an geschehen,
wan ich wil benamen besehen,
wie ez dâ ze hove smecke.
mir sulen ouch dîne secke
nimmer rîten den kragen.265
ich sol ouch dir ûf dînen wagen
nimmer mist gevazzen.
sô solt mich got gehazzen,
swenne ich dir ohsen wæte
und dînen habern sæte.270
daz zæme niht zewâre
mînem langen valwen hâre
und mînem reidem locke
und mînem wol stânden rocke
und mîner wæhen hûben275
und den sîdînen tûben,
die dar ûf nâten frouwen,
ich hilf dir nimmer bouwen.«
Der vater sprach: »lieber sun, belîp bî mir!
ich weiz wol, ez wil geben dir280
der meier Ruopreht sîn kint,
vil schâfe, swîne und zehen rint,
alter unde junger,
ze hove hâst du hunger
und muost dar zuo vil harte ligen285
und aller gnâden sîn verzigen.
nû volge mîner lêre,
des hâst du frum und êre;
wan selten im gelinget,
der wider sînen orden ringet.290
dîn ordenunge ist der phluoc.
dû vindest hoveliute genuoc,
swelhez ende dû kêrest.
dîn laster dû gemêrest,
sun, des swer ich dir bî got:295
der rehten hoveliute spot
wirdestû, vil liebez kint.
dû solt mir volgen und erwint.«
Er sprach: »Vater, und wirde ich geriten,
ich trûwe in hovelîchen siten300
immer alsô wol genesen,
sam die ze hove ie sint gewesen.
swer die hûben wæhe
ûf mînem houpte sæhe,
der swüer wol tûsent eide305
für diu werc beide,
ob ich dir ie gemente
oder den phluoc in der furch gedente.
swenne ich mich gekleide
in gewant, daz si mir beide310
ze stiure gâben gester,
mîn muoter und ouch mîn swester,
sô bin ich sicherlîche
dem vil ungelîche,
ob ich etewenne315
korn ûf dem tenne
mit drischelen ûz gebiez,
oder ob ich stecken ie gestiez.
swenne ich füez unde bein
hân gezieret mit den zwein,320
hosen und schuohen von korrûn,
ob ich ie geziunte zûn
dir oder ander iemen,
des vermeldet mich niemen.
gîst dû mir den meidem,325
meier Ruoprehte zuo einem eidem
bin ich immer verzigen:
ich will mich niht durch wîp verligen.«
Er sprach: »sun, eine wîle dage
und vernim, waz ich dir sage.330
swer volget guoter lêre,
der gewinnet frum und êre:
swelh kint sînes vater rât
ze allen zîten übergât,
daz stât ze jungest an der scham335
und an dem schaden rehte alsam.
wilt dû dich sicherlîchen
genôzen und gelîchen
dem wol gebornen hoveman,
dâ misslinget dir an;340
er treit dir dar umbe haz.
dû solt ouch wol gelouben daz,
ez kleitdehein gebûre niht,
swaz dir dâ ze leide geschiht.
und næme ein rehter hoveman345