Homo Sapiens 404 Band 19: Verdammter Verräter - Claudia Kern - E-Book

Homo Sapiens 404 Band 19: Verdammter Verräter E-Book

Claudia Kern

3,0

Beschreibung

Dies ist die 19. Episode der Romanserie "Homo Sapiens 404". Der Albaner ist zurück, und er ist verrückter als je zuvor. Auckland ahnt, dass es früher oder später zum Kampf zwischen ihnen beiden kommen wird. Um den zu gewinnen, lässt er sich auf ein riskantes Spiel ein. Währenddessen gerät Kipling auf der anderen Seite der Welt in große Gefahr - und er selbst ist vielleicht sein schlimmster Feind. Über die Serie: Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt. Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung. Neue Folgen der vierten Staffel erscheinen vierwöchentlich als E-Book.

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Episode 19

Verdammter Verräter

Claudia Kern

Digitale Originalausgabe

Homo Sapiens 404 wird herausgegeben vom Rohde Verlag

Rohde Verlag, Uhlandstr. 35a, 53757 Sankt Augustin

Verleger & Redaktion: Markus Rohde

Autorin: Claudia Kern

Lektorat: Katrin Aust

Covermotiv & -gestaltung: Sebastian Lorenz

Copyright © 2014 by Rohde Verlag

ISBN 978-3-95662-037-9

www.claudia-kern.com

www.helden-in-serie.de

www.rohde-verlag.de

Inhalt

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Die Autorin

Lesetipps des Verlags

»Spürt ihr, dass sich etwas verändert? Ich spüre es, wie einen leichten Druck auf den Schläfen, kurz bevor man eine Erkältung bekommt. Ihr kennt das Gefühl. Man weiß, dass etwas in einem lauert, aber man weiß noch nicht, wie schlimm es wird. An diesem Punkt sind wir gerade. Das Netz wird von einer seltsamen Aggression durchzogen, als würde es nur noch aus YouTube-Kommentaren bestehen. Und sie geht nicht etwa von uns aus, sondern von den Jockeys. Sie streiten sich über Kleinigkeiten, schreien sich in Großbuchstaben an und die Nachrichten sind voll von Gewalttaten. Etwas stimmt nicht. Etwas stimmt nicht mit den Jockeys.«

– Nerdprediger Dan, ASCII-Zeichen für die Ewigkeit

Was bisher geschah

»Brown hat uns in eine verlassene Universität bringen lassen, in deren Labor ich ein Heilmittel für den Omega-Virus finden soll. Bewacht werden wir dabei von zwei seiner Skorpione. Ich weiß mittlerweile, weshalb sie sich Brown unterordnen. Sie sind infiziert, so wie ich, und trauen sich selbst nicht mehr. Brown weiß, dass der Virus mutiert ist und nun auch die Völker nicht mehr verschont. Ich höre immer noch sein Lachen …«

– Ama’Ru

Kapitel Eins

Achtung! Automatische Temperaturregelung abgeschaltet. Antriebsüberhitzung in 7:54 Minuten. Manuelle Korrektur erforderlich. Achtung!

Lanzo sah die flackernden Warnhinweise auf den Displays der Brücke. Jho’tol überhitzte den Bubble-Antrieb, um die Destination Moon zu zerstören und seine eigene Flucht abzusichern. Und Lanzo konnte nichts dagegen tun.

Er hatte es versucht, von dem Moment an, als Jho’tol ihm den Daumen ausgerenkt und der Schmerz ihn aus den Gefängnis, in das er verbannt worden war, zurückgeholt hatte. Lanzo glaubte nicht, dass Jho’tol das bemerkt hatte. Er konzentrierte sich zu sehr auf seine Flucht.

Er hat seine Taktik geändert, dachte Lanzo. Jho’tol sträubte sich nicht mehr gegen das fremde Bewusstsein in ihm. Stattdessen bettete er es in sein eigenes ein und versuchte, ihm seinen eigenen Willen aufzuzwingen und es zu ersticken. In den ersten Minuten, wenn denn überhaupt so viel Zeit vergangen war, hatte Lanzo gespürt, wie er sich aufzulösen begann, wie er drohte, eins mit Jho’tol zu werden und in ihm zu verschwinden wie ein Regentropfen im Meer. Er hatte sich zurückziehen müssen, tief in sein eigenes Bewusstsein, in der Hoffnung, dass Jho’tol ihm nicht folgen würde. Aber er hatte viel dafür preisgeben müssen, vielleicht zu viel.

Achtung! Automatische Temperaturregelung abgeschaltet. Antriebsüberhitzung in 7:00 Minuten. Manuelle Korrektur erforderlich. Achtung!

Jho’tol benutzte sein neu erlangtes Wissen, um die Moon zu zerstören. Lanzo ballte frustriert die Fäuste und war erstaunt, als er sah, dass seine Finger sich tatsächlich bewegten. Er hatte geglaubt, dass er die Kontrolle über seinen Körper fast vollständig verloren hatte. Nicht einmal den Schlag auf Rin hatte er verhindern können. Er hatte ihn abgemildert, mehr nicht.

Aber auch das hat Kontrolle erfordert, dachte er. Vorsichtig öffnete er sein Bewusstsein und zuckte zusammen, als er Jho’tols wahrnahm. Es schloss ihn ein wie ein Kokon. Lanzo wagte es nicht, sich dagegenzustemmen und die Wände aus Erinnerungen und Gedanken einzureißen. Jho’tol war zwar abgelenkt, aber in diesen Dingen auch wesentlich geübter als Lanzo, der vor Kurzem noch nicht einmal gewusst hatte, wie man ein Bewusstsein öffnete. Stattdessen suchte er nach Rissen in den Wänden, nach Löchern, die ihm mehr ermöglichen würden, als nur die Fäuste zu ballen und hilflos zuzusehen, wie der Countdown dem Ende zustrebte.

Achtung! Automatische Temperaturregelung abgeschaltet. Antriebsüberhitzung in 5:51 Minuten. Manuelle Korrektur erforderlich. Achtung!

Lanzo stand ohne es zu wollen auf und wandte sich der Tür zu. Jho’tol zwang ihn, die Brücke im Laufschritt zu verlassen.

Nein, noch nicht. Lanzo versuchte, langsamer zu gehen, aber seine Beine gehorchten ihm nicht. Mit jedem Schritt brachten sie ihn weiter von der Brücke und der letzten Möglichkeit, die Zerstörung der Moon doch noch zu verhindern, weg. Ich brauche mehr Zeit!

Er lief über den Gang, auf die Treppe zu, die durch das Gewächshaus in den Hauptteil des Transporters führte. Jho’tol war aufgeregt und nervös. Lanzo spürte das, während er sich langsam – viel zu langsam – durch Erinnerungen an warme, feuchte Abende in einem dichten Regenwald kämpfte. Jho’tol war dort mit jemandem zusammen gewesen, jemandem, der ihm viel bedeutet hatte, aber darauf achtete Lanzo nicht. Er musste einen Weg nach draußen finden, wie auch immer. Das, was ihm bisher nur instinktiv gelungen war, die Kontrolle über Jho’tol zu gewinnen, musste er jetzt erzwingen.

Dann war er auf einmal hindurch. Einen Moment lang hüllte ihn der Geruch süßer Früchte und schwerer, schwüler Luft ein, dann roch er Öl und abgestandene Luft – und blieb stehen. Jho’tols Gedanken froren ein, so wie er selbst. Steif wie eine Puppe hockte er im Sattel auf Lanzos Rücken, den Blick ins Nichts gerichtet.

Lanzo fuhr herum. Er spürte bereits, wie sich Jho’tols Unterbewusstsein gegen ihn wehrte, wie es nach ihm griff, um ihn zurück in seinen Kokon zu zerren. Ihm blieb nicht viel Zeit.

Er bog so rasch auf die Brücke ein, dass er mit der Schulter gegen den Türrahmen prallte und zur Seite schlitterte.

Achtung! Automatische Temperaturregelung abgeschaltet. Antriebsüberhitzung in 5:17 Minuten. Manuelle Korrektur erforderlich. Achtung!

Lanzo legte die Finger auf das Display und rief die Antriebssteuerung auf. Passwort eingeben forderte ihn ein Popup auf. Der Cursor blinkte am Anfang einer leeren Zeile.

»Scheiße!« Lanzo schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Deshalb hatte Jho’tol nach dem Einleiten der Überhitzung noch über eine Minute gebraucht, bevor er die Brücke verließ. Er hatte den Zugang zu den Schiffssystemen passwortgeschützt, genau das, was auch Lanzo getan hätte, wäre es seine Mission gewesen, die Moon zu sabotieren. Er war sich sicher, dass Jho’tol einfach mit der Hand auf die Tastatur geschlagen hatte, um ein Passwort zu generieren. Auf diese Weise musste er es nicht vor dem zweiten Bewusstsein in ihm verbergen. Auch das hätte Lanzo genau so gemacht.

Hinter ihm stöhnte jemand. Daniel. Lanzo drehte sich um und zog den benommenen, blutverschmierten Mann vom Boden hoch. Es überraschte ihn, wie leicht ihm das fiel. Er spürte Daniels Gewicht kaum.

»Auf die Eliot«, sagte er, als dessen Blick klar wurde. »Sofort!«

Er stieß Daniel in Richtung Tür. Der taumelte kurz, fing sich dann aber zu seiner Erleichterung und lief los, ohne Fragen zu stellen.

Lanzo warf einen kurzen Blick auf den zweiten Mann, den Jho’tol niedergeschlagen hatte. Er lag reglos vor einer Konsole. Eine Blutlache hatte sich um seine Kopf gebildet. Lanzo konnte nicht erkennen, ob er noch lebte. Es spielte keine Rolle. Er konnte dem Mann nicht helfen.

Lanzo wandte sich ab, rannte in den Gang hinein und auf die Kabine, die als Jho’tols Gefängnis gedient hatte, zu. Dessen Bewusstsein schlang sich wie mit Tentakeln um das seine. Es fiel Lanzo zunehmend schwerer, sich auf das zu konzentrieren, was er tun musste.

Er öffnete die Tür zur Kabine und sah zu seiner Erleichterung, dass Rin sich aufgesetzt hatte und benommen den Kopf schüttelte. Als sie ihn sah, weiteten sich ihre Augen.

Lanzo hob die Hände. »Ich bin’s. Joe ist gerade abgemeldet, aber ich weiß nicht, wie lange. Er …« Worum ging es noch? Was wollte er von Rin? Fremde Erinnerungen fluteten sein Bewusstsein. Da war Wasser und ein Gebäude, das sich schlank und filigran in den Himmel erhob.

Rin sah ihn an. »Lanzo?«

Er verdrängte die Bilder und Gerüche. »Joe überhitzt den Antrieb. Die Moon fliegt in ein paar Minuten in die Luft. Haut ab!«

Rin kam taumelnd auf die Beine. Sie fragte nicht nach und zögerte nicht, sondern lief an Lanzo vorbei in den Gang. »Komm mit!«, rief sie, ohne sich umzudrehen.

»Komme!« Das Wort fiel Lanzo schwer. Einen Moment lang wusste er nicht, ob er in seiner eigenen Sprache oder Jho’tols gesprochen hatte. In seinen Ohren rauschte es, Erinnerungen und Gedanken verschwammen. Mühsam drehte er sich um und lief auf die Treppe zu, an der er Jho’tol die Kontrolle abgerungen hatte. Wenn er sie nur ein wenig länger behielt, eine Minute, vielleicht zwei, dann würden er und Jho’tol zusammen mit der Moon in die Luft fliegen und der ganze Albtraum würde ein Ende haben.

Nur noch ein bisschen, dachte er. Ein kleines biss–

Der Kokon schloss sich um ihn. Es wurde dunkel und still.

Ein Knall. Ein Ruck. Das Kreischen von Metall. Lanzo blinzelte im roten Licht blinkender Warnlampen und dem Lärm eines Alarms. Er spürte den Herzschlag zweier Herzen, hämmernd und rasend. Über ihm fluchte Jhon’tol. Lanzos Hände umklammerten Joysticks, Jhon’tols krallten sich in seine Schultern.

Ich bin in einem Shuttle, dachte Lanzo. Er konnte sich an den Weg dorthin nicht erinnern.

Sein Blick klärte sich. Er sah die Warnanzeigen auf den Displays. Das Navigationssystem war ausgefallen, die Bordsensoren beschädigt. Der Schwerkraft folgend stürzte das Shuttle der Erde entgegen, unkontrolliert und ziellos. Jho’tol hatte den Autopiloten eingeschaltet, so wie Lanzo es an seiner Stelle ebenfalls getan hätte, doch die Koordinaten ließen sich ohne Navigationssystem nicht ansteuern.

Wir stürzen ab.

Eine Sekunde lang dachte Lanzo darüber nach, es einfach geschehen zu lassen. Er war bereit gewesen, mit der Moon in die Luft zu fliegen, mit dem Shuttle ungebremst im Dreck aufzuschlagen, würde kaum anders sein. Ein schneller Tod, für ihn und den Jockey.

Doch alles in Lanzo sträubte sich dagegen. Das Shuttle bockte und wummerte unter ihm. Es fiel ihm schwer, sich auf seine Gedanken zu konzentrieren, auf diesen plötzlichen, verzweifelten Wunsch, zu überleben.

Er spürte den Grund mehr, als dass er ihn erkannte. Der Kokon ist weg. In seiner Panik achtete Jho’tol nicht mehr auf das, was in ihm geschah, sondern nur noch auf das Shuttle. Den Gegner im Inneren hatte er vergessen. Es kam Lanzo so vor, als würde er aus einem düsteren Traum auftauchen und zum ersten Mal seit Langem wieder Teil der wirklichen Welt sein.

Er bewegte seine Finger, seine Zehen, seine Lippen. Dann drehte er den Kopf und sah Jho’tol an.

»Lass mich mal«, sagte er und schaltete den Autopilot ab.

Jho’tol schrie auf. Lanzo riss an den Joysticks. Das Shuttle stürzte der Dunkelheit entgegen.

Kapitel Zwei

Einen Monat später

Kipling war hungrig. Er saß an seinem Super-PC im obersten Stockwerk des Better Life Solutions-Gebäudes und klickte sich durch Rezeptseiten. Das perfekte Rührei, Mac’n’Cheese für den schnellen Hunger, Spaghetti Bolognese, Curry Vindaloo. Die Zubereitung interessierte ihn nicht, nur die Bilder und die Kommentare. »Meine Frau und die Kinder lieben dieses Rezept, wir machen es jede Woche.« »Ich wünschte, ich könnte mehr als fünf Sterne geben!« »Da ich veganer Pflanzenrechtler bin, habe ich die Bolognese ohne Fleisch und Tomaten gemacht. War aber trotzdem sehr lecker.«

Die Seiten waren Kiplings Tor in eine vergangene Welt, eine, die ihm zunehmend fremd erschien. Dank Googles gewaltiger, im All verstreuter Serverbänke existierte sie im Internet weiter, aber sie lebte nicht mehr. Die Hoffnungen, Sorgen, Interessen und Nöte der Menschen, die sie einst bevölkert hatten, waren für Kipling nur noch schwer nachvollziehbar. Das Internet der Menschheit war wie ein Geschichtsbuch und es endete mit Omega.

Wir leben im Epilog, dachte Kipling. Der Gedanke deprimierte ihn, wie so vieles in letzter Zeit.