Homo Sapiens 404 Band 8: Nichts ist wahr - Claudia Kern - E-Book

Homo Sapiens 404 Band 8: Nichts ist wahr E-Book

Claudia Kern

3,0

Beschreibung

Dies ist die achte Episode der Romanserie "Homo Sapiens 404". Wer steckt hinter dem Virus? Warum wurde er erschaffen? An wem muss man sich rächen? Dies sind die Fragen, die John Auckland auf die T.S. Eliot gebracht haben. Er hatte geglaubt, zumindest einige Antworten gefunden zu haben, aber der Mann, der ihm seine Befehle erteilt, sieht das anders und besteht auf einer Fortführung der Mission. Doch Auckland sucht weiter nach Antworten - und das könnte nicht nur ihn, sondern auch den Rest der Besatzung das Leben kosten. Denn um sie zu finden, muss er in die für Menschen verbotene Welt der Jockeys eindringen. Über die Serie: Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt. Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung.

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Episode 8

Nichts ist wahr

Claudia Kern

Digitale Originalausgabe

Homo Sapiens 404 wird herausgegeben vom Rohde Verlag

Rohde Verlag, Auf der Heide 43, 53757 Sankt Augustin

Verleger & Redaktion: Markus Rohde

Autorin: Claudia Kern

Lektorat: Susanne Picard

Covermotiv & -gestaltung: Sebastian Lorenz

Copyright © 2013 by Rohde Verlag

ISBN 978-3-95662-020-1

www.claudia-kern.com

www.helden-in-serie.de

www.rohde-verlag.de

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Die Autorin

Lesetipp des Verlags

»Wir wissen, dass sich die Jockeys online oft menschliche Namen geben und auf den Counterstrike-Servern abhängen, dass ihre Musik klingt, als schalte man ein altes Modem ein, während man einer Katze rhythmisch auf den Schwanz tritt, und dass fast alle Englisch sprechen. Aber wusstet ihr, dass die Jockeys über sechshundert eigene Sprachen haben und dass es keinen Menschen gibt, der auch nur eine davon gelernt hat? Keinen. Warum nicht? Fehlende Neugier unsererseits? Nein, die Jockeys wollen nicht, dass wir etwas über sie erfahren. Sie sehen sich als Götter, die helfend die Hand ausstrecken, wenn ihnen danach ist oder sie zur Faust ballen, um uns zu zerschmettern. Und wir haben zu danken oder zu sterben, je nach Wunsch. Dass wir das nicht tun, sondern uns erheben wie James T. Kirk in Star Trek V (kack Film, ich weiß) und fragen: >Wozu braucht Gott ein Raumschiff?<, ist die Ursache für all unserer Probleme.«

– Nerdprediger Dan, ASCII-Zeichen für die Ewigkeit

1

Ein scharfer Knall. Dreck spritzte prasselnd auf Kunststoff. Auckland duckte sich und brachte einen fast mannshohen Felsen zwischen sich und die Schützen. Vorsichtig hob er den Kopf. Zwei der Piraten, die Kipling gefangen genommen hatten, hockten ebenfalls hinter Felsen. Mündungsfeuer verriet ihre Position. Ein dritter Pirat lag tot hinter ihnen im Sand. Kipling selbst war verschwunden, hatte die Verwirrung des Angriffs genutzt, um zu entkommen. Lanzo hatte ihm über Funk befohlen, zur Eliot zurückzukehren und das Schiff der Piraten, das sich irgendwo in der Nähe befinden musste, zu suchen und zu zerstören. Sie hatten keine Ahnung, wie viele Gegner sich an Bord befanden, aber Auckland war sich sicher, dass die vier, die sie bisher getroffen hatten, nicht allein vorgingen. Piraterie war ein gefährliches Geschäft. Je mehr Personen es betrieben, desto größer waren die Erfolgsaussichten und nach allem, was Auckland bisher gesehen hatte, erschienen ihm Erin und ihre Leute wie äußerst erfolgreiche Piraten.

Die Schüsse hallten verzerrt durch die dichte Atmosphäre des Planeten. Arnest, Lanzo und Rin deckten die Piraten mit Sperrfeuer ein und sorgten dafür, dass sie Kipling nicht folgen konnten. Auckland dachte kurz darüber nach, einen Haken zurück zur James K. Polk zu schlagen, entschied sich dann aber dagegen. Er wollte versuchen, in den Rücken der Piraten zu gelangen. Es gab ausreichend Deckung rund um das Schiff, hauptsächlich Felsen und Sandverwehungen, die von der aufgehenden Sonne in ein violettes Licht getaucht wurden.

»Schießt weiter«, sagte er über Funk. »Ich schleiche mich hinter sie.«

»Verstanden.« Lanzos Stimme war so verrauscht, dass er sie kaum verstehen konnte. Er fragte sich, ob Kipling den Befehl, das Piratenschiff zu zerstören, überhaupt gehört hatte. Wenn nicht, werden wir uns darum kümmern müssen, dachte er. Sie durften keinen der Piraten entkommen lassen, dafür war die Fracht im Laderaum der Polk zu wertvoll. Zehntausend menschliche, nicht infizierte Spermien und Eier, eingefroren in zwei Tanks voll flüssigem Stickstoff. Lanzo hatte recht: Das war eine zweite Chance für die Menschheit, ein Neuanfang kurz vor dem Ende.

Wir müssen sie um jeden Preis beschützen.

Auckland klemmte seine Pistole zwischen die Knie und überprüfte das Magazin. Seit der Skorpion ihm vor einigen Tagen den Ringfinger abgerissen hatte, war seine linke Hand praktisch unbrauchbar, ein schnelles Nachladen damit unmöglich. Neunzehn Kugeln standen ihm noch zur Verfügung, zwei weitere Magazine steckten in seinem Gürtel. Er bezweifelte, dass er sie benötigen würde.

Als Arnest seine nächste Salve abfeuerte – klar zu erkennen an dem dumpfen Wummern seiner großkalibrigen Waffe – lief Auckland los. Fünf Schritte brauchte er bis zum nächsten Felsen, einem flacheren, aus dessen Spalten und Rissen Sand rieselte. Die beiden Piraten schienen ihn nicht zu bemerken, zumindest fielen keine Schüsse. Er war nun fast auf einer Höhe mit ihnen, aber der hufeisenförmige Fels, hinter dem sie hockten und eine Sandverwehung, die wie ein Wall aufragte, nahmen ihm die Sicht auf sie. Er warf einen Blick auf die Landschaft zwischen ihnen. Sie war flach und bot kaum Deckung. Er würde wohl einen größeren Umweg als geplant machen müssen.

>Verbindung hergestellt< Der Schriftzug tauchte so unerwartet in seinem HUD auf, dass er blinzelte. >Updates jetzt herunterladen? Ja/Nein<

»Nein«, sagte Auckland instinktiv. Das W-Lan-Icon leuchtete am rechten oberen Rand seines Helms auf. Zwei Balken, eine schlechte Verbindung, aber besser als erwartet. Ich hätte nicht gedacht, dass die Jockeys uns wieder ins Netz lassen.

Er verdrängte den Gedanken und die Frage, was sie dazu bewogen hatte. So lange er nicht handelte, verschwendeten Lanzo und die anderen nur Munition. Auckland fand Deckung hinter einem weiteren Felsen, dann hinter einer Sandverwehung. Die Piraten mussten ahnen, was er plante, schließlich hatten sie ihn von der Polk weglaufen sehen, aber sie schossen wieder nicht. Lenkten die anderen sie so sehr ab? Möglich war das, doch er konnte nicht daran glauben.

Der Helm schluckte die Geräusche in seiner Umgebung. Auckland hörte zwar das Krachen der Schüsse und den heulenden Wind, nicht aber das Knirschen des Sands unter seinen Stiefeln oder andere, leisere Geräusche. Hinzu kam, dass er den ganzen Körper drehen musste, um hinter sich oder zur Seite zu blicken. Er fühlte sich eingeschränkt und isoliert.

Sand rieselte auf das Visier seines Helms. Seit Sonnenaufgang hatte der Wind nachgelassen, aber er zog immer noch an seinem Anzug und drückte gegen seinen Rücken. Auckland dachte einen Moment nach, dann steckte er die Waffe ein und kletterte die Sandverwehung hinauf. Er musste wissen, ob er recht hatte, doch das ging nur, wenn er sich einen Überblick verschaffte.

Er versank fast bis zu den Knien im Sand, als er sich nach oben kämpfte. Schweiß trat ihm auf die Stirn und einige Sekunden lang beschlug das Helmvisier. Er wartete reglos, bis das Klimasystem des Anzugs sich angepasst hatte, bevor er weiter kletterte. Die Verwehung war sechs oder sieben Meter hoch. Kurz vor der Kuppe ließ sich Auckland in den Sand fallen und kroch. Das Prasseln des Sandes wurde stärker, der Wind zerrte und drückte. Auckland legte die verletzte Hand auf die Kuppe und zog mit der anderen seine Waffe. Vorsichtig hob er den Kopf.

Die Verwehung war höher als die anderen in seiner Umgebung. Er konnte die halb im Sand steckende Polk sehen. Die Schleuse stand offen. Darin hockten Lanzo, Rin und Arnest und schossen abwechselnd auf die Piraten hinter dem Felsen. Nein, dachte Auckland, nicht die Piraten, sondern der Pirat.

Nur ein Mann lehnte sich an den dunkelgrauen Stein. Er trug zwei Pistolen und schoss mal von der rechten, mal von der linken Seite des Felsens, um die Illusion zu erzeugen, dass sein Begleiter immer noch dort war. Doch das war er nicht.

Aber wo ist er? Auckland sah sich um. Der Wind trieb Sand wie Nebel vor sich her, trotzdem hätte er den Mann sehen müssen, wenn er sich irgendwo zwischen dem Felsen und der Verwehung aufgehalten hätte. Wo bist du?

Sein Blick glitt zurück zu dem Piraten am Felsen, der gerade eine der beiden Pistolen nachlud. Er hatte freies Schussfeld, die Entfernung betrug keine fünfundzwanzig Meter. »Warum nicht?«, sagte Auckland leise zu sich selbst und legte an. Der Mann bewegte sich ständig, aber rhythmisch; links rechts, links rechts wie ein Pendel. Aucklands Pistolenmündung schwang mit. Sein Finger berührte den Abzug.

>Neue Textnachricht<. Der Schriftzug leuchtete in seinem HUD auf. Im ersten Moment wollte Auckland den Hinweis ausblenden, doch dann sah er, dass die Nachricht von Kipling stammte und sich an ihn, Lanzo, Rin und Arnest richtete und rief sie auf.

Kipling: >Leute, ich hoffe, ihr sitzt. Die Eliot ist weg. Ich glaube, dass Ama’Ru damit abgehauen ist. :(<

Auckland ließ die Waffe sinken. Die Schüsse aus der Polk verstummten. Nur der Pirat schoss weiter, so als bemerke er nicht, dass er der Einzige war, der sich noch die Mühe machte.

Sekunden vergingen, bis eine erste Antwort im Chatfenster auftauchte.

Lanzo: >Was?<

Dann kam die zweite:

Rin: >Bist du ganz sicher?<

Und die dritte:

Arnest: >Gottverdamte Kack!!! Schlampe!<

Auckland wusste, dass er sich hätte melden sollen, aber er konnte den Blick nicht von Kiplings Nachricht nehmen. Etwas in ihm wurde kalt.

Kipling: >Ja, ich bin mir sicher. Das ist die einzige Erklärung, die Sinn ergibt. Sie muss in dem Moment gesprungen sein, als das Netz zurückkam.<

Rin: >Wo bist du?<

Kipling: >Noch auf dem Planeten, in der Kapsel.<

Rin: >Bleib erst mal dort. John, liest du mit?<

Er tippte die Antwort in die Kontrollleiste an seinem Unterarm, ohne die Waffe aus der Hand zu nehmen. >Ja.<

Lanzo: >Und?<

>Moment.<

Auckland richtete die Waffe auf den Piraten, der inzwischen stehen geblieben war und sich unsicher umsah. Er schien nicht zu verstehen, warum er als einziger noch an der Schießerei teilnahm. Die Kugel aus Aucklands Pistole schlug nur Millimeter neben seinem Kopf ein. Der Fels sprühte Funken, der Pirat warf sich hinter einen kleinen Vorsprung und schoss ziellos um sich.

Auckland drehte sich um und stapfte durch den Sand nach unten, die Waffe immer noch in der Hand. Der Pirat glaubte jetzt, dass er in der Falle saß und würde nicht versuchen, zu fliehen. Und die Aufmerksamkeit seines Begleiters hatte Auckland hoffentlich auf sich gezogen. Er stieg bis zum Fuß der Verwehung hinab, grub sich in den Sand und bedeckte sich damit, bis nur noch das Visier seines Helms freilag. Dann wartete er.

Rin: >John?<

Er antwortete nicht. Die Frage hing vor ihm im Chatfenster, der Cursor im Textfeld blinkte.

Arnest: >Ja, halt blos die Fresse. Ner scheiß Jockey die Schlüssel zum Schif geben!!1<

Sein Name war auf einmal grau unterlegt. Kipling musste ihn stumm geschaltet haben. Auckland lächelte, obwohl er wusste, dass Arnest recht hatte. Ama’Ru hatte ihn getäuscht und er, der ein Leben lang ausgebildet worden war, jeden Fremden als potentiellen Feind zu betrachten und dessen Default-Emotion, wie Kipling gesagt hätte, Misstrauen war, hatte sich von ihr täuschen lassen. Und er verstand nicht, wieso.

Rin: >John, du wirst online angezeigt. Sag mir nur, dass alles okay ist.<

Er wollte bereits die Hand heben, um ihr zu antworten, als er die Bewegung aus den Augenwinkeln sah. Der Wind hatte Sandkörner auf sein Visier geweht, doch durch sie entdeckte er einen Mann in einem billigen Red-Samurai-Raumanzug, der geduckt und mit gezogener Waffe langsam an der Verwehung vorbeischlich. Vielleicht hatte er das Mündungsfeuer von Aucklands Schuss gesehen, vielleicht suchte er auch nur nach einer Anhöhe, von der aus er seine Gegner in der Polk angreifen konnte. Im Umkreis von sechzig, siebzig Metern gab es keine, die so gut geeignet war wie diese Verwehung.

Der Mann kam näher. Er hatte seinen Helm verspiegelt. Violettes Sonnenlicht und schroffe, hoch aufragende Felsen brachen sich darin. Auckland spannte sich an, als der Mann näher kam und musterte ihn durch Körner und Schlieren. Er war nicht so groß wie Auckland, aber breiter und kräftiger, und er bewegte sich wie ein Mann, der einmal viel Zeit im Fitness-Studio verbracht hatte. Seine Waffe hielt er in der Hand. Sie war nach vorn gerichtet, aber wenn er sich drehte, um sich umzusehen, machte sie die Bewegung nicht mit.

Kein Profi, dachte Auckland, sondern jemand, der nach Omega in dieses Leben geschleudert wurde. Wahrscheinlich konnte er sich normalerweise darauf verlassen, dass andere ihm den Rücken deckten.