Homöopathie. 100 Seiten - Sven Sommer - E-Book

Homöopathie. 100 Seiten E-Book

Sven Sommer

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Beschreibung

Die einen schwören auf Antibiotika, die anderen auf die kleinen weißen Zuckerkügelchen. Aber was ist dran an diesen Globuli? Homöopathie wirkt, soviel steht fest. Aber ob es die Mittel sind oder die langen Vorgespräche mit dem Behandelnden, die eine Besserung erzielen? Ein reiner Placebo-Effekt also? Dabei sind Vorgehensweise wie Grundannahme durchaus nachvollziehbar: Beschwerden analysieren, Auslöser ermitteln und diesen durch geringe Zugabe leicht erhöhen – den Körper zwingen, sich selbst zu helfen. Eine geniale Idee, die der sächsische Arzt Samuel Hahnemann da 1796 hatte. Sven Sommer wirft einen Blick in die Geschichte der Homöopathie, zeigt ihre Chancen und Risiken auf und zieht bei der Frage nach der Wirksamkeit die Evolution zu Rate.

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Seitenzahl: 118

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Sven Sommer

Homöopathie. 100 Seiten

Reclam

Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:

www.reclam.de/100Seiten

 

Gewidmet zwei Freunden, die nicht mehr unter uns weilen:

Dr. med. Werner Dunau

Dr. med. Richard Harslem

 

2017 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: zero-media.net

Coverabbildung: FinePic®

Infografiken: Infographics Group GmbH

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2017

RECLAM ist eine eingetragene Marke

der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961275-1

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020449-8

www.reclam.de

Inhalt

Täterprofil eines HomöopathenImpfungen und Homöopathie: Beide Seiten sehen rotBis heute Stein des Anstoßes: die homöopathischen PotenzenHomöopathie schon am Beginn allen Lebens?5 Jahre Homöopathie – ein Schweizer ExperimentGlobulimanie – süchtig nach weißen Kügelchen?Zur StudienlageÜber Medizin, Glauben & HeilungEin potenter Mix?LektüretippsBildnachweisZum AutorÜber dieses BuchLeseprobe aus Resilienz. 100 Seiten
Beim Homöopathen

 

Patientin klagt: »Mich plagt der Hals«,

und er stellt hundert Fragen,

um schließlich dann nichts weiter als

Arsenicum zu sagen.

 

Kurz drauf sitzt sie schon wieder da,

ihr Hals, er schmerzt noch immer,

jetzt greift er zu Nux vomica,

ihr Hals indes schmerzt schlimmer.

 

Nach Phosphor, Apis, Arnika

und Sulfur rät er: »Eher

hilft ganz gewiss Ignatia –

vielleicht auch Silicea.«

 

Nur vierzehn Tage später schon:

Patientin wird gesünder.

Und wieder zeigt sich mal: Die Hom-

öopathie wirkt Wünder.

 

 Rudolf Anton Fichtl

Täterprofil eines Homöopathen

Wie kommt einer zur Homöopathie? Was führt einen dazu, diese obskure Therapiemethode auszuprobieren oder gar als Behandler anzuwenden? Unter den alternativen Behandlungswegen gehört sie sicherlich zu den kontroversesten. Geht man zum Akupunkteur, dann zwickt es wenigstens anständig, beim Chiropraktiker kracht’s im Gebälk, bei der Phytotherapie, der Pflanzenheilkunde, schlürft man bittere Tinkturen oder widerliche Tees …, da kann man sich als Leidtragender wenigstens vorstellen, dass irgendetwas wirkt. Und natürlich gibt es beim Heilpraktiker oder Naturarzt noch viel Extremeres: Nasenrödern, Darmeinläufe, Aderlässe, Blutegel und das Cantharidenpflaster; der Fantasie sind hier beinahe keine Grenzen gesetzt. Sicherlich hat das damit zu tun, dass der gemeine Heilpraktiker vom Bader abstammt, also jenem zwielichtigen Volk, das sich im Mittelalter auf den Jahrmärkten herumtrieb und sich mit seinen Tinkturen, Haarwässerchen und dubiosen Behandlungsmethoden neben Galgen und der Streckbank behaupten musste. Doch zum Bader ging man damals eben auch, um sich einen Knochen richten oder einen faulen Zahn ziehen zu lassen, denn für solch unangenehme Beschwerden war sich die damalige Ärzteschaft in aller Regel zu fein. Der Vorfahre des Heilpraktikers war also eher der Mann fürs Grobe. Doch ich schweife ab.

Beim Homöopathen gibt es im drastischen Gegensatz zu diesen unappetitlichen Brachialkuren kleine weiße Zuckerkügelchen. Wenn man Pech hat, nur ein paar davon. Dies geschieht üblicherweise erst nach stundenlangem Gerede, der sogenannten Anamnese. Die Belohnung für diesen verbalen Striptease von Seele und Körper scheint also vordergründig erst einmal ausgesprochen dürftig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Zuckerperlen nur mit dem »aktiven« Wirkstoff benetzt worden sind, einer Substanz, die davor auch noch in vielen Schritten verdünnt wurde. Denn in der Homöopathie wird mit Verdünnungsreihen hantiert, da wird selbst dem Unvoreingenommenen bei der Vorstellung schwindlig. Das scheint eher etwas für Minimalisten. Nicht nur für den Voreingenommenen, für den gesunden Menschenverstand ist spätestens jetzt alles klar. Das ließ sich dann auch so im März 2016 bei Wikipedia nachlesen: »Die Homöopathie wird daher zu den Pseudowissenschaften gezählt. … Der Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg verwarf die Homöopathie 1992 im Rahmen der ›Marburger Erklärung zur Homöopathie‹ als ›Irrlehre‹.«

Eine illustre Gesellschaft: Wunderheiler, Scharlatane, Homöopathen & Co.

Um das gleich von Vornherein einmal richtigzustellen: der Homöopath gehört nicht nur einer Subspezies der Gattung »homo therapeuticus heilprakteriensis« an, die es übrigens so nur in Deutschland gibt, und in der sich die komischsten Gestalten tummeln, Heiler, Schamanen, Hellseher, Kräuterweiber, Fußreflexzonenmasseure, Craniosakralisten, meine Wenigkeit. Also, ein »richtiger« Homöopath ist nicht nur gemeiner Heilpraktiker, sondern ist nach seinem Medizinstudium an einer Hochschule zuerst einmal Arzt und dann Facharzt geworden, um anschließend eine Zusatzausbildung, die Fachausbildung zum Homöopathen zu absolvieren. Nach vielen Jahren ist er somit zum Facharzt mit Zusatzbezeichnung herangereift, der sich nun bemüht, seine Patienten mit oberster staatlicher Legitimation an der Gabe von »Arzneimitteln« genesen zu lassen, die in aller Regel entweder nur mehr chemische Restspuren oder überhaupt keine Moleküle des Ausgangsstoffes enthalten. Hören Sie, wie ich, den Skeptiker stöhnen? Ob das denn überhaupt noch ein Arzneimittel sei und so genannt werden darf? In aller Regel ist mit »das« dann das berüchtigte kleine weiße Kügelchen gemeint.

Homöopathen, ob Ärzte oder Heilpraktiker, sind also eher dubiose Gestalten, mit dubiosen Ansichten und einem noch dubioseren therapeutischen Verfahren. Ich wollte nie einer werden!

Denn ich hatte ja am humanistischen Gymnasium bei Sankt Stefan zu Augsburg in der Kollegstufe den Leistungskurs Biologie bei Herrn Adam belegt. Herr Adam, der sich, sicherlich nicht so sehr aus biologischen Gründen, sondern eher aufgrund seiner Erfahrungen in russischer Kriegsgefangenschaft, strikt gegen Salz oder gar Butter auf dem gekochten Ei aussprach, war für mich ein begnadeter Biolehrer, und gerade für die Biochemie begeisterte er mich so sehr, dass ich über die Sache mit dem Ei hinwegsah, denn nur so esse ich das Huhn in seinem vorembryonalen Zustand, weichgekocht mit Butter und etwas uniodiertem Natriumchlorid, und mich fest entschlossen sah, später Biochemie zu studieren. Die Bausteine des Lebens hatten es mir angetan, ja, ich meine mich sogar erinnern zu können, dass ich beim Lernen des Zitronensäurezyklus in eine Art spirituelle Ekstase geraten war, einem Gotterlebnis gleich, so nahe fühlte ich mich in diesem Moment der Belebung des Unbelebten, nur um die Ecke herum, ein paar Schritte weg, schien mir das Wunder der Natur zu liegen, fast mit den Händen greifbar, mit meinem kleinen Verstand erfassbar. Ein paar Semester später an der Uni noch, so dachte ich, und ich hätt’s.

Das Problem dabei war der Numerus clausus, für Biochemie damals mindestens so hoch wie für Medizin: ausschließlich für Überfleißige und Hochbegabte sofort erreichbar … oder halt mit der Zeit. Mir blieb nur die zweite Option. Ich bin also zur Bundeswehr und danach auf meine erste lange Reise nach Asien. Was für den großen Goethe seine Italienreise gewesen sein muss, das war für mich, ganz unscheinbar und unbekannterweise, die erste Asienreise des späteren kleinen Homöopathen: ein Schritt hin zu einer ungeahnten Metamorphose. Die introvertierte graue Labormaus, die gedacht hatte, im Universitätskeller am Boden des Reagenzglases und hinter dem Mikroskop dem Geheimnis des Lebens auf die Spur zu kommen, entdeckte plötzlich das Leben selbst. Die Begeisterung, mit der ich von dieser Reise zurückkehrte, und meine Argumente, aufgrund der vielen anstehenden Wartesemester eine Südamerikareise für das Folgejahr zu planen, überzeugten meinen Vater wenig. Zum Schluss brokerte meine Mutter einen Deal. Ich solle noch eine Sprache lernen, beispielsweise Französisch, könne dann wie geplant nach Brasilien und Paraguay, alles mit elterlichem Segen, müsse mich dafür aber auch für einen viel leichter zu bekommenden Studienplatz Chemie bewerben, und diesen dann im Falle auch annehmen. Knapp ein Jahr später, ich kam gerade aus dem Dschungel um Manaus heraus ins Amazonasdelta, ereilte mich die Nachricht, dass ich binnen einer Woche in Heidelberg sein müsse, um mich dort für Chemie einzuschreiben.

Als guter Sohn habe ich zu meinem Wort gestanden. Doch das Studentenleben gestaltete sich nach dieser rapiden Transplantation aus dem prallen brasilianischen Leben mitten in einen deutschen Hörsaal für anorganische Chemie schwierig. Vielleicht hätte meine Zukunft als Chemiker noch eine Chance gehabt, wären da nicht meine Kommilitonen gewesen. Ich hatte mich rasch damit abgefunden, dass das Studium erst einmal nicht besonders lebendig und lustig sein würde. Aber da wären ja immer noch die Abende in den altehrwürdigen Kneipen Heidelbergs, in denen viele große Figuren der deutschen Geschichte, Philosophie und Wissenschaft sich die Köpfe heiß geredet hatten, und dann noch die rauschenden Studentenpartys. All das würde mich für die trockene Kost im Hörsaal mehr als entschädigen, dachte ich. Doch weit gefehlt! Die allermeisten, mit denen ich nach der Uni auf ein Bier weggegangen bin, konnten nur über Chemie und über nichts anderes reden. Das war das Aus. Ich schwankte und schwenkte über zur Kunst. Nicht unbegabt in der Schule, beschloss ich in die Fußstapfen meines Großvaters Karl Hemmeter zu treten, der in München als Bildhauer gelebt hatte, und mich an der dortigen Kunstakademie zu bewerben.

Auf meinen Reisen von Heidelberg in die bayrische Hauptstadt übernachtete ich regelmäßig bei einem ehemaligen Schulkameraden, der mir eröffnete, er wolle Heilpraktiker werden. Ich veräppelte und zog ihn auf, er müsse sich aber jetzt schon einen Kräutergarten anlegen und pflegen, bis ich eines Tages bei ihm auf dem Küchentisch dicke Wälzer über Anatomie, Physiologie und Pathologie liegen sah. Erstaunt fragte ich ihn, was er damit wolle. Das sei Teil des Lehrplans. Zum ersten Mal war jetzt mein Interesse geweckt, und als er mich fragte, ob ich nicht mit ihm zusammen die Woche Schnupperkurs machen wolle, den die Josef Angerer Schule in München einer Bewerbung voraussetzt, sagte ich zu. Ich war sofort angetan, denn die dreijährige Ausbildung dort bot mir all das und mehr als das, was ich mir vom Kunststudium erwartet hatte.

Dessen frei gesteckten Rahmen hatte ich nutzen wollen, um neben dem Erlernen des reinen Handwerks in verschiedene andere Studiengänge reinzuschnuppern, wie beispielsweise in die Anthroposophie. So wollte ich mir die Inspirationen für meine Kunst holen. Und jetzt bot mir diese Heilpraktiker-Schule das im Kompaktformat an. Ich beschäftigte mich in den Folgejahren mit klassischer Medizin, Psychologie und Psychosomatik genauso wie für die Akupunktur mit fernöstlicher Philosophie, mit Biologie und Biochemie, mit Kräutern und gesunder Ernährung, mit der Wasserheilkunde des alten Kneipp ebenso wie mit Augen-, Zungen-, Puls- oder Antlitzdiagnostik, mit manuellen Therapien und eben auch mit der Homöopathie, kurz: mit allem, was den Menschen bewegt, was ihn gesund und was ihn krank macht. Ich habe diesen Schritt nie bereut. Ich hatte gedacht, Künstler zu werden, und wurde Heilkünstler. Die Naturheilkunde hat es mir bis heute angetan und die Faszination für sie, wie auch für unser Immunsystem, hat nie nachgelassen. Für all diese Selbstheilungskräfte unseres Körpers, die sich über Jahrtausende entwickelt haben und durch evolutionäre Prozesse immer weiter verfeinert wurden, so dass wir die meiste Zeit gar nicht richtig mitbekommen, was für Regenerationsprozesse und Reparaturmechanismen ständig in uns ablaufen …, und wir es uns selbst heute mit all unserem naturwissenschaftlich geballten Wissen bei weitem noch nicht alles gesichert erklären können.

Nur mit den Homöopathen konnte ich nichts anfangen. Mit ihrer Aussage, alle anderen Heilverfahren, die Schulmedizin natürlich an allererster Stelle, seien eine Unterdrückung des Krankheitsgeschehens und alleinig die Homöopathie sei die wahre Heilkunst, kamen sie mir arrogant und borniert vor. Wie konnten diese Leute nur so etwas behaupten? Besonders, nachdem ich schnell mitbekommen hatte, mit was die da behandeln: Mit Zuckerkügelchen, Laktosetabletten oder alkoholischen Tröpfchen, in denen eigentlich nichts mehr von der Ausgangssubstanz vorhanden ist. Als ehemaliger Schüler von Herrn Adam war ich wenig beeindruckt, und etwas mehr Bescheidenheit schien mir wirklich angebracht.

Warum ich dann trotz aller Skepsis und Voreingenommenheit selber ein Anhänger dieser »Irrlehre« wurde, werde ich auf den folgenden Seiten zu erläutern versuchen – vielleicht überzeugt es ja auch Sie?

Die Anamnese: Schon beim ersten Kontakt alles richtig

Nur eines gleich vorweg: Nicht alles fand ich an der Homöopathie von Anfang an schlecht. Schwer beeindruckt war ich von der homöopathischen Anamnese, der Befragung des kranken Menschen. Ich war ja noch nie beim Homöopathen gewesen, kannte nur den Kinder- und Hausarzt mit seiner durchschnittlichen Konsultationsdauer von etwa fünf Minuten. Dagegen nimmt sich, wie ich schnell lernte, der Homöopath wirklich ausführlich Zeit für seine Patienten. Die Erstanamnese eines chronisch kranken Menschen kann bei ihm durchaus einmal bis zu 120 Minuten oder länger in Anspruch nehmen. Das mag für viele völlig überzogen klingen, sollte es aber nicht. Eine wahre Koryphäe, der inzwischen verstorbene Dr. med. Walter Siegenthaler, Professor für innere Medizin, ein weithin anerkannter Forscher und Fachautor, Hochschullehrer, Klinik- und Institutsdirektor, schrieb dazu in seinem Werk Differenzialdiagnose innerer Krankheiten: »Die Erhebung der Vorgeschichte ist entscheidender Bestandteil der ärztlichen Kunst« und »Die Wichtigkeit der Anamnese kann nicht genügend hervorgehoben werden. In der Sprechstunde des Arztes wird die Diagnose aufgrund der Anamnese schätzungsweise in über 50 %, auf Grund der klinischen Untersuchung in etwa 30 % und auf Grund der Laborbefunde in etwa 20 % der Fälle gestellt.« Wie sich leicht vorstellen lässt, muss ein nur wenige Minuten dauernder Kontakt zwischen Arzt und Patient bei diesen 50 % zwangsläufig immer wieder zu Fehldiagnosen führen. Weiterhin besagen Schätzungen der Medizinstatistik, dass bei der Hälfte derer, die den Allgemeinmediziner aufsuchen, auch psychosomatische Aspekte eine Rolle spielen. Auf so etwas einzugehen, dafür besteht überhaupt keine Zeit in der modernen Praxis. Lässt man die seelischen Aspekte des Krankseins jedoch außer Acht, führt das ganz sicher zu weiteren Fehlbehandlungen, bei denen am Patienten einfach vorbeitherapiert wird. Der kranke Mensch bekommt somit in der ärztlichen Praxis häufig nicht, was er eigentlich zur Gesundung braucht, sondern seine körperlichen und seelischen Beschwerden werden dann mit Medikamenten lediglich ruhiggestellt. Kein Wunder also, wenn Krankheitsprozesse chronisch werden und eine dauerhafte Abhängigkeit von Arzt und Arzneimitteln die Folge ist. Hier soll noch einmal Professor Siegenthaler zu Wort kommen: »Die erste Viertelstunde ist oft für das Verhältnis zwischen Arzt und Patient entscheidend. Von der Art dieses Verhältnisses aber hängt es wesentlich ab, ob eine richtige Diagnose gestellt wird. … Es kann daher ganz allgemein nie genügend Zeit für die Erhebung einer Anamnese eingeräumt werden.«

Anamnese: Befund- und Fallerhebung durch den Therapeuten. Ziel ist es, ein möglichst umfassendes Bild von dem Patienten und seiner Krankheit zu bekommen.

Kein Wunder also, dass Homöopathen einen solchen Zulauf haben. Das dachte ich mir schon damals. Fünf Minuten reichen eben oftmals nicht aus für die richtige Diagnose. Hier machen die Anhänger dieser dubiosen Zunft also nicht nur aus menschlicher oder therapeutischer, sondern auch aus klinischer Sicht gleich beim allerersten Patientenkontakt etwas fundamental richtig – was dann das ganze weitere Verhältnis mit dem Therapeuten prägt und die erste Weiche für eine erfolgreiche Beratung und Behandlung stellt.

Homöopathie, was ist das überhaupt?

Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt »ähnliches Leiden«. Allgemein verständlich gesprochen besagt das Wirkprinzip der Homöopathie similia similibus curentur oder »Ähnliches möge mit Ähnlichem geheilt werden«, dass eine Substanz, die bei einem gesunden Menschen eine Reihe von Krankheitssymptomen hervorruft, einen kranken