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Wenn Blicke Eis zum Schmelzen bringen
Eigentlich wollte Hochzeitsplanerin Liv eine Auszeit in einer einsamen Blockhütte. Allein. Doch sie hat nicht mit Aidan Devonport gerechnet, dem attraktiven Besitzer ihrer Unterkunft. Als ein Schneesturm dafür sorgt, dass Aidan das Wochenende mit Liv in der Hütte verbringen muss, knistert es gewaltig zwischen ihnen. Mit seinen blitzend blauen Augen und dem verboten heißen Körper zieht er Liv in seinen Bann - und in sein Bett.
Er setzt ganz klare Grenzen: Mehr als eine flüchtige heiße Affäre ist nicht drin. Aber was, wenn plötzlich doch Gefühle im Spiel sind?
Eine knisternde Romance für heiße Stunden an kalten Wintertagen. Der Roman ist in einer früheren Ausgabe bereits unter dem Titel "Irresistible - Liv & Aidan" erschienen.
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Seitenzahl: 226
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Über die Autorin
Impressum
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Viel Freude beim Lesen und Verlieben!
Eigentlich wollte Hochzeitsplanerin Liv eine Auszeit in einer einsamen Blockhütte. Allein. Doch sie hat nicht mit Aidan Devonport gerechnet, dem attraktiven Besitzer ihrer Unterkunft. Als ein Schneesturm dafür sorgt, dass Aidan das Wochenende mit Liv in der Hütte verbringen muss, knistert es gewaltig zwischen ihnen. Mit seinen blitzend blauen Augen und dem verboten heißen Körper zieht er Liv in seinen Bann – und in sein Bett.
Er setzt ganz klare Grenzen: Mehr als eine flüchtige heiße Affäre ist nicht drin. Aber was, wenn plötzlich doch Gefühle im Spiel sind?
Kate Lynn Mason
Hot Winter Touch
Es war wirklich nicht zu fassen. Hatte sich Fortuna gegen sie verschworen? Olivia blinzelte gegen die Tränen an, die ihr der scharfe Nordwind zusammen mit ein paar vereinzelten Schneeflocken in die Augen trieb. Vermutlich hatte sie in ihrem früheren Leben einfach zu viel mieses Karma gesammelt.
Nachdem sie heute früh in Boston den Morgenzug gerade noch auf den allerletzten Drücker erwischt hatte, war sie vorhin beim Aussteigen äußerst unelegant auf den Bahnsteig gesegelt, weil sie die letzte Treppenstufe verfehlt hatte. Was für eine eindrucksvolle Landung, Miss Sullivan, dachte sie in einem Anflug von Sarkasmus, nachdem sie Bekanntschaft mit dem frostigen Boden schloss. Zwei pickelgesichtige Jugendliche hatten ihr großzügig unter die Schultern gegriffen und aufgeholfen. Eine frische rote Schramme an ihrer rechten Hand und ein schmerzendes Knie erinnerten an den wenig rühmlichen Auftritt. Nicht gerade der beste Start für ihr freies Wochenende.
Nun stand sie hier, einsam und verlassen auf dem Bahnsteig von Pepper Valley, Vermont, und wartete auf jemanden, der sie anscheinend vergessen hatte. Ihre Füße mutierten langsam, aber sicher zu einem verdammten Eisblock. Wo zum Teufel blieb der Mann, den sie hier treffen sollte? Mit Claire, ihrer Freundin und Partnerin von Weddingbells & Dreams, hatte sie vereinbart, dass Claires Bruder Aidan sie abholen würde, um sie zur Berghütte nach Cradle Mountain zu bringen. Weil die Bergstraßen vereisten, würde im Winter oftmals der Busverkehr eingestellt, hatte Claire gewarnt. Aidan, der in Pepper Valley das familieneigene Hotel, das Rockwood Inn, leitete, könne Liv jedoch mit seinem Land Rover hinaufbringen. Liv nahm Claires nettes Angebot dankend an, und Claire versprach, alles zu regeln. Jetzt fragte sie sich, ob sie nicht einen Fehler gemacht hatte. Vielleicht hätte sie die blöde Hütte erst gar nicht buchen und sich vor allen Dingen nicht auf jemanden verlassen sollen, den sie lediglich aus Erzählungen kannte. Auch wenn es sich um Claires Bruder handelte.
Zum gefühlten hundertsten Mal ließ sie ihren Blick über den einsamen Bahnsteig und das dazugehörige Backsteingebäude schweifen. Langsam spürte sie einen Hauch von leichter Panik aufsteigen. Versetzte Aidan sie? Und was, wenn ja? Wo sollte sie hin, was sollte sie tun? Weit und breit war niemand zu sehen, der auch nur ansatzweise dem Mann entsprach, den Claire ihr in lebhaften Farben geschildert hatte. Die Gute musste sowieso maßlos übertrieben haben, denn so ein Mann existierte nur in Frauenfantasien, dachte Liv kopfschüttelnd. Zu dumm, dass sie auch Claire bisher nicht erreichen konnte. Immer ging nur die Mailbox dran, wenn sie anrief.
Sie stieß einen frustrierten Seufzer aus. Kälte kroch in ihren Ärmel, als sie ihn ein Stückchen hochschob, um einen Blick auf ihre Armbanduhr zu werfen. Seit einer geschlagenen Dreiviertelstunde schlug sie hier Wurzeln. Sie bezweifelte, dass Claires geschätzter Bruder überhaupt noch auftauchen würde. Jetzt war guter Rat teuer. Als sich etwas Feuchtes in ihren Wimpern verfing, blickte sie in den bleigrauen Himmel. Na toll, es fing so richtig an, zu schneien. Das sich rapide verschlechternde Wetter entsprach ganz ihrer Laune. Auch wenn Pepper Valley, ein typisches Bergstädtchen mit seinen schmucken bunten Holzhäusern, im Sonnenschein bestimmt ein malerischer Ort sein musste, verfluchte Liv es in diesem Moment. Wäre sie doch nur in ihrem schnuckligen Apartment in der Bostoner Innenstadt geblieben. Dort würde sie sich wenigstens nicht den Allerwertesten abfrieren, sondern mit einer heißen Schokolade auf die Couch gekuschelt ihre Lieblingsserie im Fernsehen schauen. Aber sie hatte ja unbedingt ihr gemütliches Nest verlassen müssen, um das Wochenende auf irgendeiner bescheuerten Berghütte mitten in der Wildnis zu verbringen. Nach allem, was passiert war, sehnte sie sich danach, mal rauszukommen, alles hinter sich zu lassen und durchzuatmen. Claire hatte ihr eine Suite im Rockwood Inn vorgeschlagen, die Liv zum Sonderpreis bekommen könnte. Liv aber sehnte sich nach Einsamkeit und Abgeschiedenheit, nicht nach dem luxuriösen Komfort eines Fünfsterneresorts. Als Claire daraufhin die ebenfalls familieneigene Berghütte auf Cradle Mountain erwähnte, war Liv sofort Feuer und Flamme. Ehe sie sich versah, organisierte ihre Freundin alles Nötige. Liv hatte sich so auf die Hütte gefreut. Sie hatte sich schon in ein kuschliges Plaid gehüllt und mit einem Teebecher in der Hand vor einem knisternden Kaminfeuer gesehen. Jenseits des Fensters würden dicke weiße Flocken fallen und die Landschaft in ein frostig glitzerndes Kleid hüllen. Bilderbuchromantik pur. So ein Mist! Was sollte sie tun? Die knapp vier Stunden Bahnfahrt hatten an ihren Nerven gezerrt. Im Zug hatte sie zuerst einen dreisten Rucksacktouristen von ihrem reservierten Platz verscheuchen müssen, was sich angesichts der überfordert wirkenden Mutter mit dem schreienden Kleinkind auf dem Schoß gegenüber als geringeres Übel dargestellt hatte. Noch Stunden später klang die quengelnde Kinderstimme in ihren Ohren nach. Sie sehnte sich nach einem ruhigen, warmen Plätzchen, wo sie die Füße hochlegen und einen schönen heißen Tee trinken konnte. Zwar hatte Claire ihr einen Schlüssel für die Hütte in die Hand gedrückt, doch wie in aller Welt sollte sie nach Cradle Mountain gelangen? Leider hatte sie nicht daran gedacht, sich Aidans Handynummer geben zu lassen. Zu blöd. Vielleicht könnte sie sich ein Taxi bestellen? Nochmals seufzte sie tief, als ihr Blick auf das blinkende Neonschild eines Pubs fiel: Ye Olde Elk –Der alte Elch. Dort würde sie bestimmt einen Tee bekommen. Entschlossen griff sie nach ihrem Trolley. Unter den fellbesetzten UGGs, die sie sich zum Weihnachtsfest geschenkt hatte, knirschte der Schnee, als sie mit ihrem Gepäck im Schlepptau die Straße überquerte. Die kleinen Rollen des Trolleys schlitterten über die teilweise vereiste Fahrbahn. Anscheinend hielt man in Pepper Valley nicht allzu viel davon, die Straßen ordentlich zu räumen. Was für ein Kaff! Mit einem Ächzen hievte sie den Trolley über die Gehwegkante.
Kurz darauf stieß sie die schwere Pubtür auf. Warme Kneipenluft wehte ihr entgegen, ebenso wie die Klänge von Kris Kristoffersons Loving her was easier, vermischt mit Gesprächsfetzen und Gläserklirren. Etwas zögerlich näherte sie sich der rustikalen Holztheke.
»Na Liebchen, was darf's denn sein?«
Ihr Blick traf ein aufmerksames Augenpaar, das sie aus einem zerfurchten Männergesicht freundlich betrachtete. Sie grüßte den Alten. »Ich hätte gern ein Glas Zitronentee. Und sagen Sie bitte, gibt es von hier aus irgendeine Möglichkeit, hoch nach Cradle Mountain zu gelangen?«
»Nach Cradle Mountain?« Der Wirt schüttelte bedauernd den grauen Kopf, während er aus dem Regal hinter sich einen bunten Keramikbecher organisierte. »Einen Zitronentee mache ich Ihnen gern, junge Lady, aber der Bus nach Cradle Mountain ist vor Jahren schon eingestellt worden. Seit es das schreckliche Unglück gab, fährt da kein Bus mehr, tut mir leid. Und einen Taxifahrer werden Sie auch kaum dazu bewegen können. Ist tückisch, die Straße da hoch.«
Liv ließ den Griff ihres Trolleys los und sank auf einen der Barhocker. Fast hätte sie ein verzweifeltes Lachen ausgestoßen. Das hier fühlte sich verdammt nach Murphys Gesetz an, oder? Fragend sah sie den freundlichen Alten an, doch der zuckte bedauernd mit den Achseln.
»Ich bin übrigens Dan. Wenn ich dir behilflich sein soll, bei der Beschaffung einer Unterkunft hier in Pepper Valley, Liebchen, sag nur Bescheid. Einer alten Freundin von mir gehört das Mountain View Inn, is 'ne nette kleine Pension.«
»Danke, Dan. Ich überleg's mir.«
Während Dan mit dem Becher in die Küche schlurfte, schälte sich Liv aus ihrer Daunenjacke und fischte das Smartphone aus der Handtasche. Diesmal hatte sie Glück. Claire meldete sich sofort. »Claire«, unterbrach Liv die enthusiastische Begrüßung ihrer Freundin. »Wo zum Teufel bleibt dein Bruder? Warum ist Aidan nicht wie versprochen aufgetaucht?«
»Was meinst du damit, er ist nicht aufgetaucht?«
Noch bevor Liv eine Erklärung abgeben konnte, veranlasste sie ein Schwall kalter Luft, der auf einmal durch den Raum wehte, sich umzudrehen. Ihre Hand mit dem Smartphone sank in ihren Schoß, und mit einem Mal waren sämtliche Schmerzen vergessen. In der offenen Tür stand vermutlich der attraktivste Mann, der ihr je unter die Augen gekommen war. Sie hatte immer Gavin für ein überdurchschnittlich gut aussehendes Exemplar seiner Gattung gehalten, doch dieser Mann hier stellte alle männlichen Wesen in den Schatten. Er war groß und wirkte athletisch in seinem dunklen Jack Wolfskin-Parka, der die breiten Schultern betonte. Seine langen, jeansbekleideten Beine endeten in schmucken Designerboots. Mit blitzend blauen Augen, die einen reizvollen Kontrast zu seinem tiefbraunen Haar darstellten, scannte er den Raum. Sein Haar könnte einen Schnitt vertragen. Es lockte sich im Nacken und eine widerspenstige Strähne fiel ihm in die Stirn. Liv bemerkte die Ähnlichkeit zu Claire. Ihre Freundin hatte nicht übertrieben. Aidan Devonport war tatsächlich ein Hingucker. Ein Traum von einem Mann. Die guten Gene mussten in der Familie liegen. Liv starrte wie gebannt auf seine hohe Gestalt.
»Gibt es hier eine Olivia Sullivan?«
Die dunkle, sexy Stimme schwebte durch den Raum und sandte eine Gänsehaut über ihren Rücken. Ohne den Blick von Aidan zu wenden, presste sie ihr Smartphone an die Lippen. »Hör zu, Claire, ich – dein Bruder hat mich gefunden, schätze ich.« Sie hörte nicht mehr, was Claire erwiderte. »Ich bin Liv Sullivan«, sprach sie den Mann an.
»Aidan Devonport?«
»Höchstpersönlich und in Farbe.« In seinen Augen spielte ein amüsiertes Funkeln, während er auf sie zusteuerte.
Wow. Dieser Mann besaß umwerfend schöne Augen, umrandet von tiefschwarzen Wimpern. Dafür brauchte er eigentlich einen Waffenschein. Sie versank in einem tiefen Blau, das nicht von dieser Welt zu sein schien. Wie paralysiert starrte sie ihn an, konnte ihren Blick nicht von diesen Augen lösen.
»Miss Sullivan? Ich gehe davon aus, dass Sie sehnsüchtig auf mich gewartet haben?«
Seine locker daher gesagten Worte holten sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Hatte der Kerl ihr etwa eben zugezwinkert? Was bildete er sich ein? Der hatte Nerven!
»Wo zum Teufel waren Sie? Ich hab mir in der Eiseskälte die Beine in den Bauch gestanden! Ich dachte schon, Sie würden überhaupt nicht mehr auftauchen«, fauchte sie.
Seine Lippen verzogen sich zu einem reumütigen Grinsen, das ein Grübchen in seiner linken Wange hervorbrachte und ihm einen jungenhaften Charme verlieh. »Es tut mir leid, sehr leid.«
Liv fiel es nicht leicht, sich vom Anblick des Grübchens loszureißen. Trotzdem war sie sauer auf den Kerl.
»Verzeihen Sie mir, Olivia?« Aidan bedachte sie mit einem zerknirschten Blick aus blauen Augen, den sie kühl erwiderte. Sie streckte ihren Rücken durch. So leicht kam ihr der Mann nicht davon. Ihre Füße in den UGGs glichen noch immer Eisklötzen.
»Vielleicht sind Sie bereit, mir schneller zu verzeihen, wenn ich Ihnen erzähle, dass mir ein Waschbär vors Auto gelaufen ist.« Aidan fuhr sich mit den Fingern durch den dunklen Haarschopf.
Irgendetwas in ihr regte sich, zerschmolz, und sie fühlte, wie sich ihre Wut in Luft aufzulösen drohte. Was zur Hölle war mit ihr los? Hatte die Kälte da draußen einen Teil ihres Hirns – den Teil, der für Rationalität und vernünftiges Denken sorgte – eingefroren? Schon wieder wanderte ihr Blick zu dem sexy Grübchen auf seiner Wange.
»Er war zum Glück nur leicht verletzt«, fuhr Aidan fort. »Aber ich hab den kleinen Kerl sicherheitshalber zu Doc Robbins gebracht.«
Oh! Ein Mann, der ein Herz für Tiere besaß. Ihr Groll wich leiser Bewunderung. Hey, nörgelte eine Stimme in ihrem Kopf, immerhin hat er den Waschbären angefahren, da ist es ja wohl das Mindeste, dass er sich um das verletzte Tier kümmert. Liv räusperte sich. »Nun, zumindest haben Sie kein Tier auf dem Gewissen.« Erneutes Räuspern. Die Art, wie Aidan sie ansah, machte sie verlegen. Ihr Herz stolperte, als sie sich alle Mühe gab, seinem intensiven Blick möglichst gelassen zu begegnen.
Sein linker Mundwinkel hob sich. »Ich gehe davon aus, dass ich Sie also nach Cradle Mountain bringen darf, Olivia?«
»Liv.« Sie kniff die Brauen zusammen. »Und ja, dürfen Sie.«
In diesem Moment brachte Dan den Zitronentee.
»Hier Liebchen.« Mit einem Zwinkern reichte er Liv den dampfenden Becher. »Das sollte dich erwärmen.« Ein überraschtes Strahlen huschte über sein wettergegerbtes Gesicht, als er Aidan entdeckte. »Aidan.« Flink wischte er seine Hand an der fleckigen Schürze ab, um sie Claires Bruder entgegenzustrecken. »Welch ein Glanz in meiner bescheidenen Hütte.«
Aidan schüttelte dem Alten herzlich die Hand. »Dan, alter Kumpel, wie geht's, was machen die Geschäfte?«
Er lachte. Ein warmes tiefes Lachen, das erneut einen kribbelnden Schauder über Livs Rücken sandte. Irgendetwas hatte Claires Bruder an sich, das sie zutiefst verwirrte. Während sie an ihrem Tee nippte, musterte sie Aidan verstohlen. Er hatte sich ein Mineralwasser bestellt und plauderte unbekümmert mit Dan. Sie studierte sein klar gemeißeltes Profil mit der hohen Stirn. Die gerade Nase. Sie passte zu dem kantigen, energischen Kinn, das seinem Gesicht möglicherweise einen harten Ausdruck verliehen hätte. Doch das Grübchen und die vollen, sinnlichen Lippen milderten jegliche Härte. Sie konnte nicht aufhören, Claires Bruder anzustarren. Wie es sich wohl anfühlte, ihre Finger durch das dunkle seidig glänzende Haar gleiten zu lassen? In just diesem Augenblick fing Aidan ihren Blick auf. Heiße Röte schoss ihr ins Gesicht. Wie kam sie dazu, merkwürdige Überlegungen über einen fremden Mann anzustellen, dem sie gerade eben erst begegnet war? Du lieber Himmel, sie war ganz schön durch den Wind. Die Pleite mit Gavin. Die schreckliche Bahnfahrt. Das lange Warten in der Kälte. All das hatte an ihren Nerven gezerrt. Sie senkte die Lider, um ihren Tee zu studieren.
Sie hörte Aidan neben sich leise lachen. »Sie haben mich abgecheckt, stimmt's? Wäre das nicht eher mein Part gewesen?«
Liv schoss ihm einen empörten Blick zu. »Unsinn. Mag sein, dass ich neugierig auf den Bruder meiner Freundin war. Sonst nichts. Bilden Sie sich mal nicht zu viel ein.«
»Würde mir nie im Leben einfallen«, gab er zurück und grinste. Ihr entging die feine Ironie in seiner Stimme nicht. Er trank sein Mineralwasser aus, zückte die Geldbörse und winkte Dan. »Sie sind eingeladen, Olivia. Sozusagen als Wiedergutmachung.«
Lackaffe. Claire mochte ein Schatz sein, ihr Bruder war es definitiv nicht. »Lassen Sie gut sein, ich kann für mich selbst zahlen«, funkelte sie ihn an und fummelte am Reißverschluss ihrer Handtasche.
»Schon erledigt.« Zwinkernd drückte Aidan Dan einen Schein sowie etwas Kleingeld in die wettergegerbte Hand.
»Lassen Sie das!«
»Was? Wollen Sie etwa die Zeche prellen und unseren guten alten Dan um sein hart verdientes Geld bringen?« Wieder dieser spöttische Unterton.
»Ich meine das Zwinkern.« Idiot. Sie warf einen Seitenblick auf Dan, der vorgab, konzentriert die Münzen in die Kasse einzusortieren. Sie konnte es dem belustigten Zucken seiner Mundwinkel ablesen, dass er gelauscht hatte. Und sich amüsierte. Natürlich. Männer hielten zusammen. »Danke«, murmelte sie und sprang auf. »Können wir los?« Sie hatten genug Zeit vertrödelt. Es würde bald dunkel werden.
Nachdem sie sich von Dan verabschiedet hatten, der Liv gebeten hatte, doch mal wieder ins Ye Olde Elk reinzuschauen, hielt Aidan ihr in perfekter Gentlemen-Manier die Pubtür auf. Im Vorbeigehen erhaschte sie einen Duft seines Aftershaves. Eine Mischung aus herben und zugleich sinnlichen Aromen. Er roch himmlisch. Sie widerstand dem Impuls, sich an seine Brust zu lehnen und seinen verführerischen, männlichen Duft zu schnuppern.
Liv schauderte, als sie die heimelige Wärme des Pubs verließen. Draußen schlug ihnen die Kälte wie eine eisige Wand entgegen. Fröstelnd schlug Liv den Kragen ihres Parkas höher. Die blauen Vermont-Flaggen vor der Polizeistation flatterten inzwischen lebhaft im Wind, und der Schnee wirbelte in dicken Flocken um sie herum. Sie strich sich eine Locke hinters Ohr. »Es schneit«, kommentierte sie das Offensichtliche und weil sie das unangenehme Schweigen zwischen ihnen beenden wollte.
»Sieht so aus, als ob ein Sturm aufzieht.« Aidan warf einen kritischen Blick in den düsteren Himmel. »Wir sollten uns beeilen. Geben Sie mir Ihren Trolley.«
Liv stolperte hinter ihm her, während er zielstrebig mit ihrem Gepäck auf einen mitternachtsblauen Wagen zusteuerte. Natürlich besaß er einen schicken Range Rover, was sonst. Eins der teuersten Autos. Seltsam, sie hatte sich nie Gedanken gemacht, wenn Claire ihren wertvollen Schmuck ausführte oder sich kostspielige Klamotten gönnte, von denen Liv nur träumen konnte. Claire hatte damals den Löwenanteil des Startkapitals für das Weddingbells & Dreams übernommen. Sie war eben eine Devonport. Den Devonports gehörte halb Pepper Valley, soweit sie wusste.
»Wollen Sie nicht einsteigen, Olivia?«
Sie versank in dem blauen Meer seiner Augen. Ihr Herz klopfte ein wenig schneller. Dieser Typ machte sie nervös wie ein Schulmädchen. Sie räusperte sich. Schon wieder.
»Liv. Ich heiße Liv«, murmelte sie, sich unter seinem Arm duckend, während er ihr die Beifahrertür aufhielt.
Aidan schnippte sich ein paar Schneeflocken von den Schultern, bevor er sich hinter das Steuer schob. Er fummelte am Autoradio. »Etwas dagegen?«
Sie schüttelte den Kopf, war sich seiner Präsenz in dem engen Raum nur allzu gut bewusst. Sie konnte die Wärme seines Körpers spüren. Den Duft seines Aftershaves riechen.
»Wow ... das nenne ich Musik. Ich liebe Johnny Cash.« Aidan ließ seine perfekten weißen Zähne blitzen.
Sein Musikgeschmack war nicht übel, das musste sie zugeben. »Wie lange wird es dauern, bis wir auf Cradle Mountain sind?«
»Etwa eine halbe Stunde, schätze ich.« Aidan warf einen Blick nach hinten über die Schulter. »Wenn sich das Wetter nicht verschlechtert.« Gekonnt manövrierte er den Range Rover aus der Parklücke.
Eine halbe Stunde. Die würde sie auch noch überstehen. Erschöpft ließ Liv den Kopf gegen die Kopfstütze sinken. Sie sehnte sich danach, endlich allein zu sein. Alles, was sie wollte, war, die Tür hinter sich zu schließen, ein hübsches Kaminfeuer anzuzünden und sich gemütlich in eine warme Decke zu kuscheln. Vielleicht ein gutes Buch lesen oder einfach mal überhaupt nichts tun. Sie hatte in der vergangenen Zeit genug gegrübelt. Claire hatte ihr versichert, dass alles Nötige auf der Hütte vorhanden, der Kühlschrank gut gefüllt und ausreichend Feuerholz im Schuppen gestapelt sei. Es würde sicher ein gemütliches, ruhiges Wochenende werden. Genau das, was Liv brauchte. Unwillkürlich glitten ihre Gedanken zu ihrem Exfreund und dem letzten Wortwechsel mit ihm. Es war wie ein Schlag in die Magengrube gewesen, als Gavin ihre Bemerkung, dass sie nicht länger mit ihm zusammenleben könne, lediglich mit einem lapidaren Schulterzucken quittierte hatte. Seinen braunen Augen hatte das warme Funkeln gefehlt, in das sie sich vor vier Jahren verliebt hatte.
»Tu, was du nicht lassen kannst«, hatte er leichtfertig geantwortet. »Es ist passiert, und ich kann es nicht ungeschehen machen. Aber ich bin auch nur ein Mann. Und wenn eine sexy Blondine ...«
»Dann musst du dich deiner Libido natürlich unterwerfen«, unterbrach sie ihn kalt. »Ungeachtet der Tatsache, dass wir seit vier Jahren liiert sind.«
»Livvy ...«
Sie hatte seine Hand, mit der er über ihre Wange streichen wollte, weggeschlagen. »Geh einfach, Gavin. Geh. Es gibt nichts mehr zu sagen.« Das klang so endgültig, so hoffnungslos. Aber genau so hatte sie empfunden.
»Du liebst mich also nicht mehr.«
»Und du?«
Als die Haustür eine Weile später geräuschvoll ins Schloss fiel, hatte sie die Arme um sich geschlungen. Ihr war kalt, so eiskalt wie der Ring, der ihr Herz umschloss. Ihre Liebe, die einst stürmisch auf dem Campus der Boston University begonnen hatte, war vorbei. Für Liv, aufgewachsen bei einer nüchternen Tante, weil sie ihre Eltern im Alter von acht Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren hatte, war Gavin Dreh- und Angelpunkt der vergangenen Jahre gewesen. Mit ihm hatte sie gehofft, einmal die Familie zu haben, die sie immer vermisst hatte. Vielleicht hatte ihn ihre Anhänglichkeit in die Arme einer anderen getrieben? Trotzdem, sie wollte und konnte ihm seinen Seitensprung nicht verzeihen. Sie würde ihm nie wieder vertrauen können. Er hatte ihre Liebe zerstört. Einfach so. Dabei hatte sie sich ihre gemeinsame Zukunft so schön ausgemalt. Im Herzen eine hoffnungslose Romantikerin, hatte sie sich nach dem Studium zusammen mit ihrer Collegefreundin Claire den Traum einer eigenen Hochzeitsagentur erfüllt. Natürlich hatte sie davon geträumt, dass eines Tages sie eine der strahlenden Bräute sein würde, die mit ihrem Liebsten vor dem Altar stehen würde. Jetzt war sie vierundzwanzig, und ihr Traum von einem funkelnden Ring am Finger und einem weißen spitzenbesetzten Kleid war wie eine Seifenblase zerplatzt. Puff. Willkommen zurück im Singleleben, Olivia Sullivan.
Ein sanftes Stupsen an ihrer rechten Schulter riss sie aus ihren düsteren Überlegungen. »Was zum Kuckuck -?« Sie schnellte herum und starrte in ein Paar schokoladenbrauner Augen. Diese und die rosa Zunge, die im Begriff war, sich ihrer Wange zu nähern, gehörten einem hübschen goldbraunen Golden Retriever, der hinter ihr auf der Rückbank saß. »Oh«, sagte Liv. »Ein Hund.« Etwas unbeholfen tätschelte sie den samtigen Kopf.
Aidan lachte. »Das ist Max. Max, darf ich vorstellen: Olivia Sullivan, eine Freundin meiner hochgeschätzten Schwester Claire.«
»Liv«, verbesserte sie ihn Augen rollend. Lernte er es nie? Abermals wich sie der rosafarbenen Zunge aus. »Sie haben mir überhaupt nicht gesagt, dass Sie einen Hund dabei haben.«
»Sollte ich das?« Um seine Lippen zuckte ein Grinsen.
»Immerhin hätte ich beinahe einen Herzinfarkt bekommen.«
»So zartbesaitet wirken Sie gar nicht.« Eine Sekunde lang musterte er sie intensiv, bevor er sich erneut der verschneiten Straße zuwandte.
Liv fühlte ihre Wangen heiß werden. Wie konnte es sein, dass ein Blick aus meerblauen Augen sie derart in Verwirrung brachte? Sie sollte doch vor Liebeskummer zerfließen, nach dem, was Gavin ihr angetan hatte. Schließlich hatte der Schweinehund die Frechheit besessen, sich bei der Hochzeitsfeier, die sie für die Meyer-Finnegans organisiert hatte, an die erste Brautjungfer heranzumachen. Irgendwann hatte Liv es sich zur Gewohnheit gemacht, Gavin als Begleitung zu den Feierlichkeiten mitzunehmen, weil es sich besser machte, wenn sie mit Partner auftauchte. Gavin Taylor flirtete gern, nun, das war kein Verbrechen. Aber kürzlich hatte er den Bogen mehr als überspannt. Das Erforschen fremder Brüste, der Austausch von heißen Küssen und Körperflüssigkeiten im Schatten eines Gartenpavillons fielen definitiv nicht unter den Begriff Flirten. Natürlich hatte er sich auch noch mit einem Typ Frau vergnügt, der das genaue Gegenteil von ihr darstellte: gertenschlank und blond, mit endlos langen Beinen und perfekten, kleinen Brüsten wie zwei junge Pfirsiche. Liv hatte Gavin zum Teufel gejagt. Sein Seitensprung war nur das i-Tüpfelchen auf einer Reihe von Dingen gewesen, die sie an ihrer Beziehung störten. Bedingt durch ihren Job hatte sie ständig mit Menschen zu tun, die eine gemeinsame Zukunft planten – ein Thema, dem Gavin immer wieder allzu gern auszuweichen pflegte. Wozu planen, Baby?, säuselte er, wenn Liv, die sich nach einer Familie sehnte, ihn sanft, aber beharrlich in diese Richtung stupste. Wir sind jung. Lassen wir es auf uns zukommen. Sie war sich sicher, dass sie niemals wieder Lust verspüren würde, irgendetwas mit Gavin an ihrer Seite auf sich zukommen zu lassen.
»Einen Penny für Ihre Gedanken.« Aidans Worte wurden durch ein zustimmendes Jaulen von Max auf dem Rücksitz quittiert.
»Hm?« Liv drehte den Kopf, um Aidan anzusehen.
»Ich meine, was geht hinter Ihrer hübschen Stirn vor?«
Verflixt und zugenäht! Flirtete dieser Kerl mit ihr? Sie erinnerte sich an Claires warnende Worte. Mein Bruder ist ein Goldschatz, Livvy, aber hüte dich vor seinem Süßholzgeraspel. Er versteht es, Frauen um den kleinen Finger zu wickeln. Liv hatte müde abgewunken. Ihr stand gewiss nicht der Sinn nach einem Flirt. Schon gar nicht mit einem extrem attraktiven Womanizer. Von Männern hatte sie erst einmal die Nase voll. Oh, sie konnte sich lebhaft vorstellen, dass sich die Ladys um Aidan Devonport rissen. Zugegeben, er sah hinreißend aus. Und wenn er dann auch noch in Begleitung eines hübschen Hundes auftauchte – welches weibliche Wesen würde nicht dahinschmelzen? Aidan war definitiv ein Mann, der reihenweise Frauenherzen brechen konnte. Was für ein Glück, dass sie gegen seinen Charme immun war. »Privatangelegenheit«, erwiderte sie knapp, wobei sie seinem forschenden Blick sicherheitshalber lieber auswich.
Aidan zuckte mit einer Schulter. »Ihr gutes Recht.«
Sie hatten den Ort hinter sich gelassen und überquerten ratternd die Bohlen einer für New England so typischen, überdachten roten Holzbrücke, die sich über ein schmales Flüsschen spannte.
»Das ist der Snake River«, erklärte Aidan. »Kommt von oben aus den Bergen. Im Sommer kann man hier prima Forellen fischen.«
Durch das Seitenfenster sah Liv Eisstücke auf dem smaragdgrünen Wasser treiben, bevor sich der Fluss in einem weißen Nebel aus Schneeflocken verlor. Die bewaldete weiß gezuckerte Hügellandschaft war bald nur noch schemenhaft zu erkennen. Konzentriert manövrierte Aidan den Range Rover die gewundene Straße ... oder besser, das schmale verschneite Band, das einmal eine Straße gewesen sein musste, entlang. Hoffentlich kam ihnen niemand entgegen. Es gab keine Ausweichmöglichkeit und erst recht nicht die Chance, zu wenden. Liv knetete ihre Hände im Schoß, als das Smartphone in ihrer Handtasche klingelte.
Es war Claire, die sich erkundigen wollte, ob alles in Ordnung sei.
»Wir sind gerade auf dem Weg«, informierte Liv ihre Freundin mit einem Seitenblick auf Aidan.
»Hast du meinen Bruder ordentlich zurechtgestutzt?« Liv richtete ihre Aufmerksamkeit zurück auf die Fahrbahn, wobei sie sich unwillkürlich mit der freien Hand an den Türgriff klammerte. »Es – also anscheinend gab es einen triftigen Grund für die Verspätung«, erwiderte sie.
»Sollte es besser«, grummelte Claire. »Ansonsten ziehe ich meinem Herrn Bruder die Löffel lang. Es tut mir leid, Livvy.«
Ihre Bemerkung entlockte Liv ein kleines Lächeln. »Ist schon gut. Jetzt sind wir ja auf dem Weg. Bei dir alles in Ordnung? Hast du mit Paige Carrington einen neuen Termin ausmachen können? Sie wollte das Musikarrangement ändern, und nochmals mit uns über das Buffet sprechen.«
»Entspann dich, Liv. Ich hab hier alles im Griff. Sieh zu, dass du deine Zeit oben auf der Hütte genießt, okay? Wir sehen uns am Montag wieder. Wenn etwas ist, wende dich an meinen Bruder, er soll dir seine Handynummer geben.«
»Alles klar.« Entspannen? Beinahe wäre Liv ein hysterisches Lachen entfahren. Sie schielte aus dem Seitenfenster, wo auf ihrer Seite der Straße der Hang steil hinabfiel. Instinktiv hielt sie die Luft an. Ihre Freundin ahnte ja nicht, welche Todesängste sie in diesem Moment ausstand. Hilfesuchend blickte sie zu Aidan, der mit ausdrucksloser Miene das Steuer hielt. Sie verstand nicht, wie er in einer gefährlichen Situation so cool bleiben konnte.
»Lass es dir gut gehen, Süße, ja?«
Liv wusste nicht, ob es der mitfühlende Klang in Claires Stimme, die Erinnerung an Gavins Verrat oder die hohe Wahrscheinlichkeit, dass dies hier vermutlich die letzte Fahrt ihres Lebens sein würde, waren, die ihr Tränen in die Augen trieben. »Ich versuch's«, entgegnete sie leise und beendete das Gespräch.