How I fucked Jamal -  - E-Book

How I fucked Jamal E-Book

3,9

Beschreibung

Sex goes international goes literature. Die junge Literaturszene begibt sich in die Horizontale. Warnung: Kann Spuren von Vögeln enthalten Wie kann sich die Verständigung zwischen den Laken gestalten ... wenn zwei nicht die gleiche Sprache sprechen ... nicht die gleichen Gesten teilen ... was anderes zum Frühstück essen ... Wie soll das gehen mit dem One-Night-Stand, mit der Liebe, mit dem Sex? Alles easy, multipel-kulti? Oder doch kompliziert? Ohne Rücksicht auf Intimitätsverluste begeben sich junge Autorinnen und Autoren auf das glatte Eis des globalisierten Beischlafs und versammeln leise wie laute, explizite wie weniger explizite Geschichten vom internationalen Austausch. Jamal kommt im Buch übrigens nicht vor, er ist das Chiffre für das Fremde in unserem Bett. Jamal kommt aber zu Wort. Denn die AutorInnen sind so vielfältig wie ihre Stories, kommen aus Österreich, der Schweiz, Deutschland oder Slowenien - und sind allesamt "Zugereiste" im globalen Dorf. Mit Beiträgen von: Stefan Abermann, Thomas Ballhausen, Malte Borsdorf, Nadja Bucher, Michal Hvorecky, Markus Köhle, Jan Kossdorff, Mieze Medusa, Jan Off, Julya Rabinowich, Christoph Simon, Clemens J. Setz, Nadja Spiegel, Andrea Stift, Cornelia Travnicek, Sara Wipauer, u.a.

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HOW I FUCKED

JAMAL

WARNUNG! Kann Spuren von Vögeln enthalten

INHALT

Vorwort

JOHANNA WACK

Afrikaner gefunden

MARKUS KÖHLE

Nezaket

ANDREA STIFT

Von selbst

CLEMENS J. SETZ

Reise in die verbotene Stadt La Circuncisión

MICHAL HVORECKY

Ein Tag am Meer

CORNELIA TRAVNICEK

Sonnenhunde

JAN KOSSDORFF

Die Impotenz im Schoße Europas

MIEZE MEDUSA

Zwiebelringen mit scharf

JULYA RABINOWICH

Fremdkörper

STEFAN ABERMANN

Ein Ort, geprägt von sehr hellem Licht

SARA WIPAUER

Salz

JAN OFF

Abdrift

NADJA SPIEGEL

Süßer Vogel im Winter

CHRISTOPH SIMON

Herzversetzen

MALTE BORSDORF

Stückwerk

THOMAS BALLHAUSEN

Wunschprogramm. Ein Protokoll

NADJA BUCHER

Das Sexualverhalten der Eisverkäufer

Die Autorinnen und Autoren

Kann Spuren von Vögeln enthalten

Mieze Medusa und Cornelia Travnicek

»Ich bin ein sehr guter Mensch«, ist ein großartiger erster Satz, da kann die Ilsebill nachsalzen, soviel sie will.

Ein guter Satz ist aber nicht automatisch wahr, und in einer Anthologie mit Sex im Titel sind die Selbstaussagen der Figuren sowieso mit einer gewissen Vorsicht zu genießen.

»Ich bin ein sehr guter Mensch«, so beginnt Johanna Wack ihren Beitrag und damit auch die Anthologie, Nadja Bucher beendet sie lapidar mit: »Wahrscheinlich lag’s daran.«

Dazwischen wird gekuschelt, gekocht, geködert, gechattet, gekratzt, getrunken, geschleckt, getanzt, gearbeitet, gehurt, gereist, geredet, beschnitten und telefoniert. Zwischen den beiden Sätzen tut sich eine ordentliche Bandbreite an Missverständnissen, Verführungsversuchen, Arbeitsverhältnissen, Abnutzungserscheinungen und Hautkontakten auf.

Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob es explizit zur Sache geht oder ob sich der Koitus zwischen den Zeilen versteckt. Es gibt solche und solche Geschichten, nicht jeder sieht man es gleich im ersten Absatz an, ob sie »mit alles« ist oder eben »ohne scharf«.

Eines müssen wir klarstellen: Der titelgebende Jamal kommt in der Anthologie nicht oder nur als Missverständnis vor.

Jamal ist unsere Chiffre für das Fremde in unserem Bett, für das Unerwartete, das passieren muss, wenn es zum internationalen Austausch von Koseworten, Körperflüssigkeiten und Erwartungshaltungen kommt. Jamal kommt trotzdem zu Wort, denn die AutorInnen haben ihre Wurzeln in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Slowakei oder in Russland; sich selbst schon das eine oder andere Mal verpflanzt und sind allesamt »Zugereiste« im globalen Dorf.

Die Bereitschaft, mit der uns Texte für die vorliegende Anthologie gesandt wurden, beweist, wie aktuell das Spannungsfeld des internationalen Beischlafs ist. Wir freuen uns sehr, dass so viele die Herausforderung angenommen, und sich mit uns in die gefährlichsten Minenfelder der Literatur begeben haben. Nicht alle Figuren sind bei diesem Ausflug heil geblieben.

Johanna Wack

Afrikaner gefunden

Ich bin ein sehr guter Mensch. Würde Gott den Menschen Noten geben, würde ich eine 1 plus bekommen. Ich bin tolerant, fürsorglich und absolut frei von Aggressionen.

Bodo hatte also wirklich Glück gehabt, dass ich ihn gefunden habe und nicht jemand anderes. Es war in Italien – ich mache dort für gewöhnlich meinen Jahresurlaub –, als ich ihn bei einem morgendlichen Strandspaziergang im Sand liegen sah. Zunächst dachte ich, das Meer hätte einen Baumstamm angeschwemmt, an dem Müll und Kleidungsfetzen hingen, dann aber sah ich die dunkle Hand, die auf dem Sand lag, und die Füße, die – mit den hellen Fußsohlen nach oben – in regelmäßigem Rhythmus von Wellen umspült wurden.

Ich traute mich kaum zu nähern, dachte, er wäre eine Leiche – da drehte er seinen Kopf in meine Richtung und sah mich an. Ich blieb stehen und sah abwechselnd auf die aufgesprungenen Lippen, die sich bewegten, als wollte er etwas sagen, und die schwarzen Augen, die mich flehend und zugleich müde anblickten. Mir fiel die kleine Flasche Wasser ein, die ich in meiner Tasche trug, und ich ergriff sie an ihrem rosafarbenen Deckel, öffnete sie und kniete mich neben ihn. Er trank den halben Liter in einem Zug leer. Ich half ihm auf und stützte ihn, gemeinsam liefen wir über den Sand, er blickte sich um, als suchte er etwas, und plötzlich riss er sich mit einer Kraft, die ich ihm in seinem Zustand nicht zugetraut hätte, los und ließ sich neben einem angeschwemmten Lappen auf die Knie fallen. Er zog ihn auseinander und ich erkannte den Ärmel eines T-Shirts und das »N«, das »I« und das »K« des Schriftzugs, bevor er sich das nasse, sandige T-Shirt gegen das Gesicht drückte und wimmernde Geräusche von sich gab. Ich zog ihn hoch, sagte: »Komm. Komm! Bevor die Polizei kommt, Policia, Gendarm!«

Ich konnte ihn unbemerkt in meinen Bungalow bringen.

»Bodo«, sagte ich und zeigte auf sein Brustbein. »Du Bodo.«

»Non, non«, antwortete Bodo und tippte mit dem Zeigefinger auf dieselbe Stelle. »Jamal!«

»Bodo«, sagte ich mit Nachdruck. »Jamal – Policia – Abschiebelager – Afrika! Bodo – no Policia – no Abschiebelager – Allemania! Capisch?«

Und Bodo kapierte.

Ich stornierte meinen Flug und nahm mir einen Mietwagen. Wir schafften es, unbehelligt bis in meine Heimatstadt Cuxhaven zu kommen.

Es sah so aus, als wäre Bodo mit der neuen Situation zufrieden. Dankbar aß er und trank, er schlief viel und tat, was ich von ihm verlangte.

»Bodo«, sagte ich, »du musst Deutsch lernen, mit diesem Afrikanisch kommst du hier nicht weit, in Deutschland wird Deutsch gesprochen, so ist das.«

Ich ging in eine Buchhandlung und verlangte ein Wörterbuch Deutsch-Afrikanisch, Afrikanisch-Deutsch.

»Afrikaans« stand auf dem Buch, das die Buchhändlerin mir brachte und ich fragte: »Ist das Afrikanisch?«

Die Buchhändlerin blickte mich irritiert an.

»Ja«, sagte sie. »Afrikaans wird in Südafrika gesprochen.«

»Wie, Südafrika? Nein, nein. Ich brauche Afrikanisch. Nord-Afrikanisch.«

»Welche Sprache denn?«, fragte sie.

»Ja, spreche ich denn chinesisch? AFRIKANISCH!«

»Welches Land denn?«

»Welches Land? Ja, woher soll ich denn das wissen, was ist denn so gegenüber von Italien?«

»Libyen? Tunesien?«

»Geben Sie mir Libysch.«

»Arabisch?«

»Herrgott, geben Sie mir irgendein Wörterbuch! Und packen Sie es bitte als Geschenk ein, ja?«

Ich kaufte also ein Wörterbuch Arabisch-Deutsch, Deutsch-Arabisch und überreichte es Bodo. Es stellte sich heraus, dass die Afrikaner ein undankbares und lernunwilliges, faules Volk sind: Bodo blickte das Buch an, blätterte und gab es mir kopfschüttelnd mit den Worten »Non, non« zurück.

»Typisch«, sagte ich und riss es ihm aus der Hand. »Kein Wunder, kann ich nur sagen, dass ihr Afrikaner es nicht so weit gebracht habt wie wir Deutschen und alle hungern müsst!«

»Oui, oui, Madame«, antwortete Bodo und schrubbte weiter die Fliesen im Bad.

Eines Tages bemerkte ich auf dem Weg nach Hause in mir ein Bedürfnis nach Sexualität. Ich kaufte Bodo also ein Armband.

»Bodo«, sagte ich, als ich es ihm über das Handgelenk streifte. Ich nahm seine Hand. »Bitte zieh dich aus. Ich möchte deinen Penis in den Mund nehmen.«

»Merci, Madame, oui, oui«, antwortete Bodo, rührte sich aber nicht von der Stelle und staubte weiter das Bücherregal ab.

»Penis?«, fragte ich und griff nach dem soeben benannten Körperteil.

Bodo wich mit aufgerissenen Augen zurück und stieß dabei so heftig gegen das Bücherregal, dass einige Bücher herausfielen und aufgeschlagen am Boden liegen blieben.

»Madame!«, rief er und wedelte mit dem Staubtuch vor meinem Gesicht herum.

»Bodo«, sagte ich freundlich und legte den Kopf schief, »no Penis – Policia – Afrika; Penis – no Policia – Allemania.«

Und Bodo verstand.

Ich war mit Bodos Fähigkeiten zufrieden. Ich schenkte ihm eine Pelzmütze. Er hatte zwar keine Gelegenheit, sie zu tragen, da er nicht vor die Tür durfte, aber ich glaube, sie erinnerte ihn an die Freiheit, an die Möglichkeiten, die die Zukunft ihm bot, und machte ihn daher trotzdem auf eine spezielle Art glücklich.

Wir lebten viele Wochen so, Bodo erhielt freie Kost und Logis, putzte dafür meine Wohnung und stand mir für sexuelle Dienste zur Verfügung. Wir waren beide sehr zufrieden mit der Situation, und wenn Bodo mir unglücklich erschien, erinnerte ich ihn an das Glück, das er gehabt hatte, dass er aus Afrika rausgekommen war und jetzt im Wohlstand in Deutschland leben konnte: »Willst du etwa zurück?«, fragte ich dann. »In der Wüste hocken, in Lehmhütten wohnen und Käfer essen?«

»Oui, oui, Madame«, antwortete Bodo stets und zog schnell seine Hose aus.

Und dann traf ich Rüdiger. Rüdiger ist Zugbegleiter bei der Deutschen Bahn. »Bitte geben Sie mir Fahrkarte und Bahncard, wenn Sie haben, schöne Dame, damit ich einmal pieppiep-knack mit meinem großen Gerät hier machen kann«, sagte er bei unserer ersten Begegnung und zwinkerte mir zu.

Ich gab ihm neben meiner Fahrkarte auch meine Telefonnummer und schon bald trafen wir uns regelmäßig auf der Alten Liebe in Cuxhaven, betrachteten gemeinsam das graue, schäumende Wasser der Nordsee, lauschten dem Geschrei der Möwen und träumten von gemeinsamen Fernreisen. Mir wurde klar, dass Bodo nicht bleiben konnte – wie sollte ich Rüdiger das erklären, was sollte er von mir denken? Womöglich würde er zur Polizei gehen, mich verachten, verlassen.

»Bodo«, sagte ich alsbald und öffnete die Schlösser und Riegel der Wohnungstür, »du darfst gehen. Viel Glück.«

Bodo sagte: »Oui, oui, Madame«, und begann, die Wohnungstür zu putzen.

»Lass das«, sagte ich und nahm ihm den Lappen aus der Hand. »Go, please! Raus!« Ich deutete ins Treppenhaus.

»Non, Madame«, sagte Bodo und sank vor mir auf die Knie. »Madame«, sagte er, stand wieder auf, öffnete seinen Gürtel, und fragte: »Penis?«

»Nein, Bodo!«, schrie ich. »Raus!«

»Madame.«

»Bodo!«, sagte ich ein letztes Mal. »Hör zu: No raus – policia – Afrika; raus – no policia – Allemania.«

Und Bodo ging.

Wenige Wochen später schlug ich die Zeitung auf und erblickte ein Foto von Bodo. Er trug seine Pelzmütze und blickte müde von Seite 2: »International gesuchter Betrüger in Cuxhaven gefasst«, lautete die Überschrift.

Ich las weiter: »Der arbeitslose Franzose Jamal F. hatte gemeinsam mit seiner Frau und Komplizin Eno F. in der französischen Hafenstadt Marseille mehrere Kleinanleger um ihr Geld betrogen. Die gemeinsame Flucht nach Italien fiel jedoch buchstäblich ins Wasser: Kurz vor der italienischen Küste kenterte offenbar aus bisher ungeklärter Ursache ihr Boot. Eno F.s Leiche wurde bereits vor Monaten geborgen, von Jamal F. fehlte lange Zeit jede Spur. Gestern um 16.34 Uhr wurde er unweit der Klappbrücke gefasst, bekleidet lediglich mit einem Damenschlafanzug, einem Putzkittel und einer Pelzmütze.«

Ich klappte die Zeitung zu. Ein Betrüger also. Monatelang hatte ich einen Betrüger in meiner Wohnung beherbergt, ihm Nahrung und Fürsorge geschenkt. Ich fühlte mich missbraucht und betrogen. Ich machte mich auf den Weg zur Polizei, um eine Aussage zu machen. So leicht sollte der mir nicht davonkommen.

Markus Köhle

Nezaket

Da tuckert eine Pumpe aus dem Zeitalter der industriellen Revolution, die dürften die Engländer seinerzeit hierhergebracht haben. Groß, schwarz, ölig. Ein angsteinflößendes Verbindungsteil führt in den Untergrund. Ein Neoprenbeanzugter entsteigt dem Kanalloch. Ein toter Marder am Gehsteig. Zu viel Kabel gekaut und oder das Falsche erwischt? Im Rinnstein Rohre, neben den Randsteinen am Gehsteig ein offener Graben mit Leitungen. Alles liegt offen da, alles bietet direkten Zugriff. So auch in der Werkstätte dahinter. Ein Kopiergerät in zig Einzelteile zerlegt und behandelt. Daneben ein Fachmann für schwer einschätzbare Geschäfte. Schreibtisch, Telefon, Polstersessel. Keine Werkzeuge, kein Computer, kein Klient. Gedimmtes Licht, dunkles Holz, ein Tresor. Unheimlich! Noch unheimlicher ist es hier aber, wenn es plötzlich ruhig wird. Wenn nichts vorbeihupt oder – kreucht. Du fühlst dich auf einmal hilflos, alleine, verloren. Sezierte Autos jagen dir einen Schrecken ein. Einen Schrecken, der ein Schreckensmoment bleibt, ja gar nicht tiefer gehen kann, denn schon posaunt wieder ein Sammeltaxi heran und buhlt um dich als Fahrgast.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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