Hunde halten mit Bauchgefühl - Kathrin Schar - E-Book

Hunde halten mit Bauchgefühl E-Book

Kathrin Schar

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Beschreibung

Alles, was man für ein entspanntes Zusammenleben mit dem Hund wissen muss, in leicht verständlicher, kompakter Form – fachlich fundiert, unkompliziert und neutral zeigt dieses Buch, wie man ganz ohne eine bestimmte Philosophie oder ein besonderes Hilfsmittel mit seinem Hund glücklich werden kann. Diese Buch soll mit verständlichen Worten die wichtigsten Grundlagen für ein entspanntes Zusammenleben mit dem Hund vermitteln. Die Herkunft des Hundes, seine Bedürfnisse und die Gründe für sein Verhalten sollen dem Hundehalter näher gebracht werden, ohne eine weitere "einmalige Trainingsmethode" zu propagieren. Das Hauptziel des Buchs ist es, den Hundehalter Entspannung zu vermitteln. Es soll ihm den Druck nehmen, dieser oder jener Philosophie folgen zu müssen, nur weil sie in seinem Umfeld gerade als "die einzig wahre" gilt. Es soll die Verwirrung auflösen, die all die Tipps, Weisheiten und Ratschläge stiften, die geradezu auf Hundehalter einprasseln. Kurz: Es soll ihm ermöglichen, seinen Hund so kennenzulernen, wie er wirklich ist. Leser werden an einigen Stellen sicher überrascht sein, wie unkompliziert das Zusammenleben mit einem Hund sein kann – wenn man sich nur darauf einlässt, zurück zum Hund zu finden.

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(Foto: shutterstock.com/GoBOb)

Kathrin ScharThomas Riepe

Hunde halten

mit Bauchgefühl

Zurück zu einem intuitiven Umgang mit dem Hund

Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Impressum

Copyright © 2014 by Cadmos Verlag, SchwarzenbekGestaltung und Satz: r2 | Ravenstein, VerdenLektorat der Originalausgabe: Maren Müller

Coverfoto: shutterstock.com/Petr Jllek

Fotos im Innenteil: Kathrin Schar und Thomas Riepe,

sofern nicht anders angegeben.

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-EinheitsaufnahmeDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nurnach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN: 978-3-8404-6179-8

INHALT

Einleitung

Über Wölfe und Hunde

Was Wolf und Hund eint

      Sozialleben

      Territorialverhalten

      Hierarchische Strukturen

      Tagesablauf

Was Wolf und Hund trennt

Verschiedene Rassen – verschiedene Bedürfnisse

Auf die Gesundheit kommt es an

Hunde verstehen

Lernverhalten

      Die Lerntheorien im Überblick

      Gibt es die eine, richtige Lerntheorie?

      Sind Hunde „vom Himmel gefallen“?

      Das Erlernen von Grundsignalen

      Entspanntes Lernen im Alltag

      Lernen bedeutet, sich anzupassen

Wie wirkt Stress auf Hunde?

      Schmerz aktiviert das Stresssystem

      Warum Dauerstress schadet

      Ein ausgewogener Hormonhaushalt ist das Ziel

Sozialverhalten

      Hund – Hund

      Hund – Mensch

Territorialverhalten

Ausdrucksverhalten und Kommunikation

Im Lauf eines Hundelebens …

Bedürfnisse von Welpen

      Die ersten zwei Lebensmonate

      Der Einzug des Welpen

Die ersten Erziehungsschritte

Die Pubertätsphase

      Jetzt ist Geduld gefragt

      Kastration – ein viel diskutiertes Thema

Bedürfnisse des erwachsenen Hundes

      Stress gehört zum Leben – aber nur in Maßen

      Bewegung

      Mentale Auslastung

      Ruhephasen zum Ausgleich

      Wie viel Aufmerksamkeit braucht ein Hund?

      Einfach entspannt durch den Alltag

Bedürfnisse des alten Hundes

Was sonst noch wichtig ist

Mit dem Hund in der Öffentlichkeit

Welche Hundeschule ist die richtige?

Brauchen Hunde Hundesport?

Problemverhalten – was ist das eigentlich?

      Wie finde ich geeignete Hilfe?

Schlusswort – entspannt zurück zum Hund

Anhang

Über die Autoren

Quellen

(Foto: shutterstock.com/sianc)

Einleitung

Bücher über Hundeerziehung gibt es mittlerweile viele. Zur Auswahl stehen unter anderen Bücher über Welpen, Grunderziehung, Ernährung, Problemverhalten, über verschiedenste Trainingsmethoden und über Hundeverhalten im Allgemeinen. Dazu kommen noch diverse Hundesendungen im Fernsehen, deren Protagonisten vom Publikum gern als eine Art „Gurus“ verherrlicht werden, wodurch eine kritische Betrachtung der von ihnen vertretenen Ansichten oft unterbleibt. Das bedeutet nicht, dass jeder Profi, der in der Öffentlichkeit steht, nichts von seinem Handwerk versteht. Doch ein großer Teil der Hundehalter neigt mittlerweile zu sehr dazu, pauschale Lösungsansätze und Vorgaben in puncto Hundeerziehung zu verfolgen. Das simple Bauchgefühl und eine gesunde Empathie für unsere Haustiere sowie unsere Mitmenschen scheinen langsam zu verschwinden und Profianleitungen zu weichen. Es wird in der Regel viel zu selten hinterfragt, warum der Hund etwas eventuell Unerwünschtes tut. Schnelle Lösungen haben Priorität. Und so steigen die Einschaltquoten von Hundesendungen, Bücher werden gewälzt, inhaltlich passend zu dem persönlichen Problem, und der Hund sieht sich plötzlich mit den unterschiedlichsten Trainingsmethoden konfrontiert, die nicht selten im Wochenrhythmus gewechselt werden, weil sie nicht schnell genug den gewünschten Erfolg bringen. Häufig geht es um Probleme bei der Leinenführigkeit. Wie bei jedem Hundeverhalten kann auch hier die Ursache individuell unterschiedlich sein. Trotzdem bekommen wir regelmäßig Gespräche zwischen Hundehaltern mit, in denen es um Kettenwürger, Easy Walk oder fragwürdige Erziehungsmaßnahmen aus dem Fernsehen geht, da ja sonst nichts helfen würde. Vielleicht „funktioniert“ die eine oder andere Methode (leider) sogar. Aber wie geht es dem Hund dabei? Ist unsere Gesellschaft schon so egoistisch eingestellt, dass die eigene Bequemlichkeit vor dem Wohlbefinden eines geliebten Familienmitglieds steht? Sinnvoller wäre es, sich mit dem Wesen des Hundes auseinanderzusetzen und die Ursachen für sein Verhalten zu hinterfragen. Warum zieht mein Hund an der Leine? Mögliche Gründe sind beispielsweise Stress, eine zu große Erwartungshaltung oder Angst. Außerdem spielt das Alter noch eine große Rolle. In der Pubertät wird der Hund von Hormonen „überrollt“ und es fällt ihm schwerer, sich zu konzentrieren. Oder vielleicht ist das Verhalten einfach angelernt. Ein ziehender Welpe ist noch nicht so lästig wie ein kräftiger ziehender Junghund, und somit lässt man den Kleinen gewähren, wodurch er in seinem Verhalten bestätigt wird, und ärgert sich später über den Großen.

Selbstverständlich sind in der Literatur etliche gute Erziehungstipps zu finden, auch solche, mit denen sich die Leinenführigkeit verbessern lässt. Doch um sich für die individuell passende Lösung zu entscheiden, muss man erst mal die Ursache des Verhaltens kennen. Wenn man sich also zunächst einmal ein wenig über das Verhalten, die Bedürfnisse, die Rasse und die Entwicklung des eigenen Hundes informiert, wird man wertvolle Erkenntnisse sammeln und dem Hund etwas mehr Verständnis entgegenbringen können. Dann lässt sich auch ein Problem gezielt angehen, ohne alles Mögliche einmal durchzuprobieren und den Hund noch mehr zu verwirren.

Das Hauptziel dieses Buches ist es daher, Ihnen näherzubringen, dass das Leben mit einem Hund nicht nur aus Training besteht. In erster Linie geht es in der Mensch-Hund-Beziehung um gegenseitigen Respekt, um Verständnis füreinander und um die richtige Kommunikation. Viele Probleme entstehen erst, weil man das Verhalten des Hundes missversteht beziehungsweise Signale nicht wahrnimmt und wichtige Bedürfnisse nicht kennt.

Natürlich muss man einem Hund gewisse Regeln beibringen, um ihn in unsere menschliche Welt zu integrieren, die sich in vieler Hinsicht doch sehr von seiner unterscheidet. Dafür kann man gern gewaltfreie Trainingsmethoden und Hilfsmittel wie zum Beispiel den Clicker verwenden. Jedoch alles mit Maß und Ziel. Bedenklich ist es, wenn man als Hundehalter nervös wird, weil man bei seinem täglichen Gassigang einmal sein Trainingshilfsmittel daheim vergessen hat, oder wenn das Spazierengehen für Hund und Mensch anstrengend und stressig ist, weil es in obsessives Training ausartet. Wir haben in letzter Zeit mehr und mehr den Eindruck, dass das Basiswissen rund um den Hund immer weiter in den Hintergrund gedrängt wird, wahrscheinlich nicht einmal bewusst. An seine Stelle tritt aktives Training, das bei den meisten Hundehaltern das Gefühl hinterlässt, etwas zu tun oder tun zu können, egal, ob es um simple Grunderziehung oder die „Behandlung“ eines Problemverhaltens geht. Daran scheint sich der Markt leider anzupassen, denn immer öfter wird mit schnellen Ergebnissen und mit wenig Zeitaufwand geworben. Doch obwohl einerseits die Zahl der Hundetrainer und Hundeschulen ansteigt, häufen sich andererseits die Problemfälle. Es scheint hier einen Teufelskreis zu geben, den es zu durchbrechen gilt.

Puzzel sieht die Welt recht unkompliziert und kommuniziert klar und direkt. Wir Menschen täten in mancher Hinsicht gut daran, ihn als Vorbild zu nehmen.

Wir möchten mit diesem Buch dazu beitragen, indem wir etwas Klarheit in die mittlerweile verwirrende Welt der Hundehaltung bringen und einen Weg zu einem entspannten Zusammenleben von Mensch und Hund aufzeigen. Wir würden uns freuen, wenn die Menschen ihren Hund wieder ganzheitlich betrachten, als denkendes und fühlendes Lebewesen und nicht als programmierbaren Roboter. Wir wollen vor allem auf einfache Weise erklären, wie Hunde denken, was in ihnen vorgeht und welche ihrer Grundbedürfnisse erfüllt werden müssen, um mit möglichst wenig Aufwand den gemeinsamen Alltag genießen zu können. Zwar wird hin und wieder eine kleine Übung als Beispiel auftauchen, denn ganz ohne Erziehung geht es nicht, doch soll dieses Buch ausdrücklich kein weiteres Trainingsbuch sein, sondern dazu anregen, wieder zu einem natürlichen und intuitiven Umgang mit unseren Vierbeinern zurückzukehren.

Über Wölfe und Hunde

(Foto: shutterstock.com/Girod-B. Lorelei)

Es mag an dieser Stelle etwas ungewöhnlich erscheinen, aber wir möchten zunächst kurz auf eine andere Tierart eingehen: die Kaninchen. Wildkaninchen, aus denen alle Hauskaninchen hervorgegangen sind, leben ein überschaubares Leben. Die sozialen Tiere bewohnen mit ihrer Gruppe eine Bauanlage, von der sie sich zur Futtersuche in der Regel höchstens 200 Meter weit entfernen. Bei Gefahr laufen Kaninchen auf direktem Weg zu ihrem Bau, wobei sie mögliche Hindernisse praktisch nie überspringen, sondern immer versuchen, um diese herum oder darunter hindurchzulaufen. Springende Kaninchen wären für einen Greifvogel schließlich leichte Beute.

Kaninchen springen also von Natur aus ungern, und das gilt nicht nur für die wilden, sondern auch für unsere domestizierten Hauskaninchen. Dennoch gibt es seit einiger Zeit immer mal wieder Berichte über Kaninchenhalter, die mit ihren Tieren die Sportart „Kaninhop“ betreiben, bei der Kaninchen am Geschirr über einen Hindernisparcours geführt werden, den sie springend bewältigen müssen. Bestimmt entstand diese Form der Beschäftigung aus dem gut gemeinten Wunsch engagierter Kaninchenbesitzer, ihrem Tier Abwechslung zu bieten. Letztendlich ist sie jedoch ein Beispiel dafür, wie mangelndes Wissen über die Bedürfnisse einer Tierart dazu führen kann, dass den Tieren völlig artfremdes Verhalten abverlangt wird.

Was für die Kaninchen gilt, lässt sich auf unsere Haushunde übertragen. Ihre Vorfahren sind die Wölfe, und trotz zahlreicher Unterschiede darf man diese Herkunft nicht außer Acht lassen, wenn man Verhalten und Bedürfnisse unserer Hunde wirklich verstehen will. Die Frage, wie viel Wolf noch in unseren heutigen Hunderassen steckt, wird unter Experten nach wie vor kontrovers diskutiert, und die verschiedenen Argumente und Theorien können für den interessierten Hundehalter durchaus verwirrend sein. Glücklicherweise ist es jedoch gar nicht nötig, allzu tief in diese Materie einzusteigen, wenn man ein unkompliziertes Zusammenleben mit seinem Hund anstrebt. Ein wenig Basiswissen über die Gemeinsamkeiten und die durch die Anpassung an das Leben mit dem Menschen bedingten Unterschiede von Wolf und Hund reicht völlig aus, und genau das möchten wir in diesem Kapitel vermitteln.

Domestikation

Den Anpassungsprozess, bei dem aus einem Wildtier mittels gezielter Auslese durch den Menschen im Lauf der Zeit ein Haus- oder Nutztier wird, nennt man Domestikation. Dabei wird die natürliche, evolutionäre Entwicklung durch die künstliche, vom Menschen getroffene Auswahl ersetzt.

Was Wolf und Hund eint

Aus dem Wildtier Wolf hat sich durch viele Jahre der Domestikation das Haustier Hund entwickelt, das sich ganz offensichtlich von seinem Vorfahren unterscheidet. Doch spätestens, wenn man sich einmal genauer mit dem Verhalten von Wölfen beschäftigt und es mit dem unserer Haushunde vergleicht, wird man feststellen, dass es hier reichlich beachtenswerte Gemeinsamkeiten gibt, auch wenn die einzelnen Verhaltensmerkmale bei Wolf und Hund unterschiedlich ausgeprägt sind. Wir möchten einige der wichtigsten gemeinsamen Verhaltensweisen vorstellen, wobei sich selbstverständlich noch viel mehr Beispiele für Parallelen finden lassen. Ausführlich wird an dieser Stelle in erster Linie auf das Wolfsverhalten eingegangen, während die vergleichbaren Verhaltensweisen der Haushunde zu einem späteren Zeitpunkt genauer beschrieben werden.

Hund und Wolf haben nach wie vor viel gemeinsam, auch wenn das nicht bei allen Hunderassen so direkt ins Auge fällt wie bei diesem Siberian Husky. (Foto: shutterstock.com/Sergey Lavrentev)

Sozialleben

Ohne Zweifel sind Wölfe soziale Tiere. Das heißt, unter normalen Umständen verbringen sie ihr Leben nicht allein, sondern in Gesellschaft von Artgenossen. Das ist noch nichts Besonderes, denn viele Tierarten leben in Gruppen und können deshalb als sozial bezeichnet werden. Allerdings sind nicht alle Gruppen nach dem gleichen Muster aufgebaut. Es gibt solche, die hauptsächlich aus miteinander verwandten Individuen bestehen, und solche, die sich mehrheitlich aus nicht miteinander verwandten Tieren zusammensetzen. Wölfe gehören zu den Erstgenannten; sie leben in den meisten Fällen im Familienverband. Das weitverbreitete Wort Rudel, dessen Herkunft unbekannt ist und das vermutlich aus der Jägersprache in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist, lässt in Bezug auf Wölfe oft einen falschen Eindruck entstehen. Die meisten Menschen stellen sich unter einem Rudel eine Ansammlung von Tieren der gleichen Art vor, die nicht miteinander verwandt sein müssen. Das trifft auf zusammenlebende Wölfe jedoch nicht zu, weshalb wir lieber von Wolfsfamilien sprechen. Diese Familien sind in der Regel wie folgt aufgebaut: Ein Rüde und eine Wölfin, die aus anderen Familien abgewandert und nicht direkt miteinander verwandt sind, bilden ein Paar und bekommen, wenn alles gut und normal läuft, im darauffolgenden Frühjahr Welpen. Die jungen Wölfe wachsen heran und bleiben auch dann noch bei ihren Eltern, wenn diese erneut Welpen bekommen haben. Die mittlerweile einjährigen Jungwölfe helfen nun bei der Aufzucht ihrer jüngeren Geschwister. Erst im nächsten Winter, mit knapp zwei Jahren, verlassen die nun geschlechtsreifen Wölfe den Familienverband, um eine eigene Familie zu gründen. Natürlich ist dieses Grundmodell vielen Einflüssen ausgesetzt und kann je nach Situation etwas von dieser Beschreibung abweichen, doch eines ist klar: Eine Wolfsgruppe bildet immer eine Familie, und innerhalb ihrer Familie verhalten sich Wölfe nicht nur sozial, sondern höchst sozial.

Wölfe leben in der Regel in Familienverbänden zusammen. Familiengründer sind eine Wölfin und ein Rüde. (Foto: shutterstock.com/Wild At Art)

Im Hinblick auf unsere Hunde zeigt uns das, dass die grundsätzliche Bereitschaft, mit mehreren Individuen auf einem begrenzten Gebiet zusammenzuleben, tief in ihrer Genetik verwurzelt ist. Genau genommen sind Hunde sogar noch sozialer als Wölfe, denn sie kommen auch mit artfremden Individuen gut aus. Zwar sind auch Wölfe unter bestimmten Umständen bereit, artfremde Lebewesen in ihr soziales Umfeld zu integrieren, bei Hunden ist diese Bereitschaft aber viel stärker ausgeprägt. Welche Strukturen sich in solchen sozialen Verbänden entwickeln, ist stark von den Umweltfaktoren und den beteiligten Individuen abhängig. Auf keinen Fall ist ein solches Miteinander aber von Rangordnungsgedanken geprägt, zumindest nicht vonseiten der Hunde.

Hunde haben im Gegensatz zu Wölfen die Fähigkeit, auch mit artfremden Lebewesen gut auszukommen.

Territorialverhalten

Die Wolfsfamilien leben in einem festen Revier, wo Nahrung für eine bestimmte Kopfzahl zu finden ist. Das familieneigene Territorium ist also von immenser Bedeutung für den Fortbestand der Familie, ist es doch praktisch die Vorratskammer, die das Überleben aller Mitglieder sichert. Dieses Revier ist so wichtig, dass es notfalls auch mit Gewalt gegen Eindringlinge der eigenen Art verteidigt wird. Jeder weitere Wolf von außen würde nämlich Nahrung wegfressen und so das Leben der Familienmitglieder gefährden – also muss er draußen bleiben.

Markiert wird das Revier durch Duftmarken, die mit Urin, Kot oder Sekreten aus diversen Duftdrüsen gesetzt werden. Die Tiere einer Familie kennen die Gerüche der anderen Mitglieder genau und wissen deshalb immer, ob sie sich noch „daheim“ befinden. Übrigens markieren nicht nur die Elterntiere, sondern jedes Familienmitglied.

Gerät ein fremder Wolf, der allein auf Wanderschaft ist, ins Revier, wird er versuchen, dieses unbeschadet wieder zu verlassen. Trifft er auf die Bewohner, die in der Überzahl sind, wird er ihnen deutlich zu verstehen geben, dass er keinerlei Anspruch erhebt, denn bei einem Kampf mit der Übermacht würde er höchstwahrscheinlich verletzt werden. Ein verletzter Wolf kann jedoch nicht jagen und somit nicht überleben. Der Fremde beschwichtigt die Revierinhaber also durch diverse Gesten (siehe Kapitel „Ausdrucksverhalten und Kommunikation“) oder indem er den Rückzug antritt. Unter normalen Umständen wird er dann nicht verfolgt. Für die Wolfsfamilie ist alles geklärt. Der Fremde ist gegangen, fertig! Es wäre auch für die Revierinhaber nicht sinnvoll, ihm hinterherzulaufen und einen Kampf anzuzetteln, der zu Verletzungen führen könnte. Das wissen die Wölfe instinktiv. Die Evolution hat nur die Tiere überleben lassen, die entsprechend vorsichtig waren. Draufgänger wurden nicht alt und konnten sich nicht in großem Maß vermehren.

Wölfe nehmen es mit der Überwachung und Kontrolle ihres Reviers sehr genau.

Eine stark ausgeprägte Territorialität ist also eine der Grundeigenschaften des Wolfes, und diese machten sich auch die Menschen zunutze, die die ersten Wölfe als Haustiere zähmten. Als „Alarmanlagen“ bemerkten die frühen „Hunde“ jeglichen Eindringling in ihr Revier, das sie mit den Menschen teilten, und sie verteidigten es oder schlugen zumindest Alarm. Im weiteren Verlauf der Domestikation vom Wolf zum Hund wurde das Territorialverhalten vom Menschen durch Zuchtauslese gezielt verstärkt, denn gewünscht waren wachsame Tiere, die das Eigentum des Menschen bewachten.

Der Vollständigkeit halber muss an dieser Stelle allerdings gesagt werden, dass diese besonders ausgeprägte Territorialität nicht überall das primäre Zuchtziel war. Terriotorialität ist zwar bei allen unseren heutigen Hunderassen vorhanden, aber nicht bei jeder von ihnen gleich stark ausgeprägt. So verhalten sich Nordische Hunde wie Huskys oder Samojeden, die Nomadenvölker begleiteten, in Bezug auf ein bestimmtes Revier deutlich weniger territorial als eigens zu diesem Zweck gezüchtete Hofhunde.

Hierarchische Strukturen

Wölfe leben in einem festen Revier und verteidigen dieses auch. Aber wie sieht das Zusammenleben der Individuen innerhalb dieses Reviers aus? Herrscht dort tatsächlich, wie so viele meinen, eine strenge hierarchische Ordnung, und wird dort immer wieder um die Vorherrschaft gekämpft? Wer ist der Boss im Revier?

Wolfseltern zeichnen sich durch Gelassenheit und Toleranz gegenüber ihrem Nachwuchs aus. (Foto: shutterstock.com/Debbie Steinhausser)