Hyde & Seek: Jake - Layla Frost - E-Book
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Hyde & Seek: Jake E-Book

Layla Frost

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Beschreibung

Piper Skye ist die Definition von Rock'n'Roll. Sie führt ein wildes, freies Leben. Feiert durch die Nacht und verschläft den ganzen Tag. Oder zumindest würde sie das, wenn sie die Zeit dafür hätte. Und die Energie. In sozialen Situationen nicht ganz so seltsam zu sein, wäre vielleicht auch von Vorteil. Als Besitzerin eines aufstrebenden Backwaren-Business wälzt Piper am Tag ihre Schulbücher und steckt nachts ellenbogentief in Teig und Kuchenglasur. Sie ist überzeugt, dass sich die harte Arbeit und all die Opfer lohnen werden, solange sie sich an ihren Plan hält. Richtig? Nope, denn seit sie Jake Hyde in dessen Werkstatt begegnet ist, läuft nichts mehr nach ihren Vorstellungen. Sie wollte ein paar Extras für ihren Van, keinen Workaholic mit zynischem Blick aufs Leben. Noch weniger die Funken, die nur so sprühen, jedes Mal, wenn ihr der launische Mechaniker über den Weg läuft. Doch wie so oft hat das Schicksal andere Pläne. Und in diesem Fall einen unglaublichen Sinn für Humor. Das muss sich auch Piper eingestehen, als ihr ach so sorgfältig geplanter Alltag auf Jakes Harleysattel eine verdammt scharfe Linkskurve einschlägt ...

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Seitenzahl: 579

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Hyde& SEEK: JAKE

Layla Frost

© Die Originalausgabe wurde 2015 unter dem

HYDE & SEEK (Hyde Series, Band 1) von Layla Frost in Zusammenarbeit mit Hershman Rights Management veröffentlicht.

© 2021 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH

8700 Leoben, Austria

Aus dem Amerikanischen von Jennifer Kager

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: © VitalikRadko

Redaktion & Korrektorat: Romance Edition

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903278-92-9

ISBN-EPUB:978-3-903278-93-6

www.romance-edition.com

Widmung

Ein verdammt großes Dankeschön geht an:

Jede und jeden bei GR, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand, mir Feedback gab und Mut zusprach. Euch allen schien stets klar zu sein, wann ich einen extra Schubs nötig hatte. Danke schön.

Meine Mädchen – Tina, Jessie und Lindsay. Würdet ihr mich noch mehr pushen, wärt ihr mein Wonderbra. Danke, dass ihr mir immer den Rücken stärkt.

Renee, du hast mir dabei geholfen, eine großartige Geschichte in ein Buch zu verwandeln. Jeder deiner Ratschläge, deine Kritik und deine aufmunternden Worte bedeuten mir unglaublich viel, weil das alles von Herzen kommt. Vielen Dank für deine Zeit, deine Ehrlichkeit und deinen Input. Vor allem aber danke für die Lacher!

Jess, meine liebste Schwester. Als Kind habe ich dich oft oben auf dem Vordach gesichtet und beobachtet, wie dir die Brise das Haar ums Gesicht wehte. Du hast dort gesessen und gelesen, als wäre es keine große Sache, in einer solchen Höhe auf einem schrägen Dach zu hocken. Du warst der Inbegriff von Teenager-Coolness und ich wollte so sein wie du. In jenen frühen Tagen hast du das Lesen hip gemacht. Jahre später hast du mir einen Liebesroman in die Hand gedrückt und ich legte ihn erst wieder weg, als ich die letzte Seite verschlungen hatte und der nächste Morgen heranbrach. Danke, dass du meine Liebe zu Büchern beeinflusst und verstärkt hast. Danke, dass du meine beste Freundin bist. Danke, dass du bist, wie du bist.

Für M...

Ohne dich hätte ich nie die Stärke, diese Sache zu verfolgen. Danke, dass du mich ermutigst, mir zuhörst, wenn ich über die Figuren in meinem Kopf spreche, und dafür, dass du eingesprungen bist, während ich in dieser anderen Welt war. Ich liebe dich über alles.

Nicht immer gibt es ein Happyend.

In Märchen müssen der Held und die Heldin zwar Abenteuer bestehen und mehrere Versuche unternehmen, um glücklich bis ans Ende ihrer Tage zu leben – aber ein Happy-Ever-After gibt es immer. Das ist der ganze Sinn dieser Geschichten.

Im echten Leben gibt es aber keine solche Garantie.

Die Zeit vergeht und Seiten werden umgeblättert, eine Hürde folgt der nächsten, auf die wieder eine folgt, aber weit und breit kein Glücklich-bis-ans-Ende-aller-Tage in Sicht.

Manchmal finden Menschen nie die ganz große Liebe. Oder sie verlieren diese, bevor ihre eigenen Tage gezählt sind, und werden mit Reue und Herzschmerz zurückgelassen.

Und manchmal verlieren Menschen ihr Leben.

1. Kapitel

Glühend heiß

»Babe, ist das dein Van?«

Im Verkaufsraum der Werkstatt saßen nur ich und zwei Typen – dem vielen Leder nach zu urteilen, waren diese Biker. Keiner der beiden erweckte den Eindruck, von einem anderen Kerl mit Babe gerufen zu werden. Nicht, dass ich urteilen würde. Es kam mir bloß unwahrscheinlich vor. Da ich bis eben gelesen hatte, war mir nicht sofort aufgefallen, dass noch jemand in den Raum getreten war – bis ich seine tiefe Stimme hörte. Eine weitere schnelle Auskundschaftung der Lokalität aus dem Augenwinkel bestätigte meinen Verdacht, dass ich der Definition für Babe am nächsten kam. Vermutlich war ich auch die Einzige hier, die einen Van fuhr.

»Babe, Van?«, fragte er erneut, während er sich umdrehte und ein paar Papiere durchschaute.

»Äh, ja«, antwortete ich an seinen Rücken gewandt.

Es war bloß ein Rücken. Ich hatte schon viele gesehen. Einer war wie der andere, richtig?

Ja, äh ... nein.

Das war ein besonderer Rücken. Breite Schultern – und ein Berg von Muskeln, der sich deutlich unter seinem dunkelgrauen T-Shirt abzeichnete. Auch wenn ich mir nie sonderlich viele Gedanken zu Kehrseiten anderer Menschen gemacht hatte, war das hier ein tolles Exemplar.

»Ist man mit dir schon den Papierkram durchgegangen?«, erkundigte er sich, als er sich mir mit einigen Unterlagen in der Hand zuwandte.

»Ähm ...«, begann ich und stockte. Nein, war man nicht. Was ich natürlich wusste. Dennoch war es mir unmöglich, das zu kommunizieren. Kaum dass ich seine Vorderseite erblickte, versagte mir mein Mund den Dienst. Sein Rücken gefiel mir, aber vorne rum war er noch mal ein ganz anderes Kaliber. Höllisch anziehend. Ich fand solchen Gefallen daran, ihn anzusehen, dass es mir faktisch die Sprache verschlug. Nicht mal ein simples Nein zu der Papierkram-Angelegenheit wollte mir über die Lippen kommen.

Zu einer ganzen Menge anderer Dinge würde ich genauso wenig Nein sagen.

In die andere Richtung schauend und leicht nach vorne gebückt, war er mir schon groß vorgekommen. Aufrechtstehend sah die Sache völlig anders aus. Denn er war groß. Sehr groß.

Mit einem Meter sechzig war ich es gewohnt, zu anderen Menschen aufzublicken. Da er mich allerdings um mindestens dreißig Zentimeter überragte, könnte mein Nacken einen ernstzunehmenden Schaden davontragen, wenn ich den Hals reckte, um zu ihm hochzusehen. Ein Opfer, das ich ohne Umschweife erbringen würde. Denn er war nicht nur hochgewachsen und muskulös, er war auch heiß. Mehr als das. Ich denke nicht, dass es ein passendes Wort gibt, um diesen Mann zu beschreiben. Glühend heiß vielleicht, wenn man die Hitze berücksichtige, die ich bei seinem Anblick verspürte. Sein dunkelblondes Haar hatte er am Hinterkopf zu einem wilden Knoten zusammengefasst. Es wirkte nicht besonders lang, vermutlich reichte es ihm bis zu den Schultern.

Er sah aus, als wäre er in seinen frühen Dreißigern; sein Gesicht schien schon vor geraumer Zeit jegliche Jungenhaftigkeit verloren zu haben. Die Struktur seines Kiefers, dazu all die rauen Kanten, verlieh ihm beinah etwas Wunderschönes – wäre er nicht so überwältigend maskulin. Seine ausgeprägte Kieferpartie war von Bartstoppeln übersät, die schon ein paar Tage nach einer Rasur schreien sollten. Stattdessen lockten sie mich mit anderen Rufen: Fahr mit deinen Fingern durch uns hindurch!

Ich ballte die Hände zu Fäusten, um den Drang zu bekämpfen, genau das zu tun.

Schuld an meiner derzeitigen Kommunikationsschwäche waren jedoch seine Augen. Leuchtend grün und von dichten, langen Wimpern gerahmt. Höllisch sexy wie sie waren, ließen sie mich hirnlos dahinmurmeln.

Reiß dich zusammen! Er ist groß, na und? Okay, und heiß. Mit diesen grünen Augen. Dann diese Muskeln ... Worauf wollte ich noch mal hinaus?

Oh, ja genau. Reiß dich zusammen!

Er schüttelte den Kopf und sein Blick sprühte vor Frustration und Belustigung zugleich. »Nein, kein Papierkram. Kein Wunder, sie tun ohnehin nie etwas, das sich nach Arbeit anfühlen könnte. Komm schon, Babe. Lass uns das erledigen.«

Das Geräusch meiner klappernden Absätze auf dem Linoleum hallte durch den Raum. Ich verfluchte meine Schuhwahl. High Heels waren allgemeinhin nicht dafür bekannt, dass man superleicht mit ihnen gehen konnte. Zehn-Zentimeter-Hacken schon gar nicht. Diese Absätze bei meinen weich gewordenen Knien verlangten mir höchste Konzentration ab, um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich hatte schon wie eine Idiotin gebrabbelt. Da musste ich nicht auch noch wie eine auf die Nase fallen.

Ich erreichte die Theke, ohne ins Straucheln zu geraten, und beglückwünschte mich im Stillen zu diesem Erfolg. Als ich zu dem Mann hochschaute, durchdrang mich sein intensiver Blick. Und ich meinte das sprichwörtlich. Als sähe er direkt in meinen Kopf, in meine Seele, wo er zu meinen tiefsten und dunkelsten Geheimnissen vordrang.

Was auch immer er dort fand, schien ihn zu langweilen, denn die Intensität schwand schnell. Mit einem Stift trommelte er einen Beat auf das Pult. »Name?«

»Piper«, hauchte ich. Jepp, ich hauchte. Meine Stimme war nicht mehr als ein leises, dünnes und ein wenig kratziges Stimmchen. Innerlich schüttelte ich den Kopf, in einem Versuch, den Nebel darin zu lichten.

Gut gemacht, Piper. Du hast dich an deinen Namen erinnert und ihn sogar ausgesprochen. Wie wäre es, wenn wir jetzt mal versuchen, nicht zu klingen, als wären wir eine Möchtegern-Telefonsex-Anbieterin?

»Ja, definitiv keine Unterlagen zu diesem Namen. Nachname?«

»Skye.« Ich buchstabierte ihm diesen, während er ihn niederschrieb.

»Piper Skye.« Mein Name perlte von seiner Zunge, als würde er ihn ständig sagen. Er hob einen Mundwinkel. »Gefällt mir.«

Ich mochte ihn auch. Schon immer. Doch meinen Namen aus seinem Mund zu hören, geknurrt mit seiner tiefen, rauen Stimme, brachte mich dazu, ihn zu lieben. Ich erwischte mich bei der Vorstellung, wie dieser klingen würde, wenn wir anderen, völlig unangebrachten Beschäftigungen nachgingen – zumindest schien es unangebracht, jetzt darüber nachzudenken.

Meine Wangen glühten und erneut versuchte ich, den Nebel in meinen Gedanken zu lichten. »Danke.«

»Was muss an dem Van gemacht werden, Babe?«

Mir gefiel, wie er meinen Namen sagte, aber noch mehr, dass er mich Babe nannte. Auch wenn er vermutlich jede Frau so ansprach, machte es das nicht weniger heiß.

»Ich will den Laderaum besser kühlen können.«

»Funktioniert die Klimaanlage nicht?« Er zog eine Braue nach oben. »Wieso kommst du für eine Reparatur hierher?«

Das Hyde war keine typische Werkstatt, sondern auf Karosserien und kundenspezifische Aufträge spezialisiert. Ich – sowie fast jeder – wusste das. Hierher kam man nicht für einen Öl- oder einen Reifenwechsel. Zu Hyde brachte man seinen Wagen, wenn man ein scharfes Gefährt noch schärfer machen wollte.

»Äh, nein, sie funktioniert. Prima sogar, aber sie muss kälter sein. Ich nutze den Van für die Arbeit und mein Zeug schmilzt mir hinten davon.«

»Welche Art von Zeug ...«, begann er, bevor er von einem Gott von Mann unterbrochen wurde, der just in diesem Moment den Raum betrat.

»Jake, Alter, du wirst nie glauben, mit welcher süßen Schnecke ich die letzte Nacht verbracht ...« Er verstummte, als er mich entdeckte. »Sorry, wusste nicht, dass du beschäftigt bist«, sagte er zu Jake, auch wenn sein Blick definitiv noch auf mir lag. »Hey. Ich bin Kase.« Er hielt mir eine Hand entgegen.

Da er höchstens zwei bis drei Zentimeter kleiner war als Jake, musste ich auch bei ihm den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Was keine Beschwerde meinerseits war. Seine dunklen Haare hingen ihm als Dreadlocks über die Schultern und sein Bart war gepflegt und etwas länger als Jakes Dreitagebart.

Mit Sicherheit trug er farbige Kontaktlinsen, denn niemand hatte solche Augen. Sie waren von einem unfassbar klaren Blau, wie es mir noch nie zuvor untergekommen war. Ein starker Kontrast zu seinen schwarzen Wimpern und der goldenen Haut, die diese noch mehr betonten.

Beginnend an seinen Fingern bedeckte Tinte seine Arme. Nur hier und da blitzte etwas gebräunte Haut aus den komplizierten Mustern hervor. Seine Hautfarbe und das dunkle Haar ließen eine exotische Herkunft vermuten, allerdings konnte ich nicht genau sagen, welche.

Aber ich wäre gewillt, dieser Sache nachzuspüren. Mit vollem Körpereinsatz, wenn nötig. Mit Fingern, Händen, Zunge, was auch immer erforderlich wäre.

»Piper.« Ich ergriff seine Hand und lächelte. Mich überraschte sein plötzlicher Umschwung von lässig zu professionell nicht. Mir war klar, dass ich recht konservativ, schüchtern und ruhig rüberkam. Meine Freunde wussten jedoch, welch immense Fehleinschätzung das war, allerdings ließ ich nur eine kleine Zahl von Menschen so nah an mich ran. Allen anderen schien ich introvertiert zuzurufen. Obwohl zurufen vermutlich das falsche Wort war, aber murmeln tat ich es auf jeden Fall.

Ich verstand Kase’ Gedankengang. Immerhin befand ich mich im Verkaufsraum einer Karosseriewerkstatt und trug Zehn-Zentimeter-Absätze, ein Paar Strümpfe mit einer Naht auf der Hinterseite und eine weiße taillierte Bluse, die ich in einen blasspinken Bleistiftrock gesteckt hatte. Mein schwarzes Haar hatte ich aus dem Gesicht frisiert und ordentlich hochgebunden. Dass ich konservativ, zugeknöpft und völlig fehl am Platz wirkte, wusste ich. Allerdings kam ich direkt von einem Termin bei der Bank, der unerwartet vorverlegt worden war. Unglücklicherweise erforderten solche Termine, dass man konservativ, zugeknöpft und völlig richtig an diesem Platz wirkte. Es glich einem kleinen Wunder, dass ich es geschafft hatte, für meinen Van im Hyde einen Termin zu bekommen. Da würde ich nicht absagen, nur weil ich einen Rock trug.

Kase hob das Kinn. »Schön, dich kennenzulernen. Sorry für eben. Ich ... wusste nicht, dass wir Kundschaft hatten.«

Ich wollte laut loslachen. Er war aus der Werkstatt gekommen, was bedeutete, dass er die Fahrzeuge dort gesehen haben musste und sich hätte denken können, dass die Besitzer hier warteten. So laut, wie er gesprochen hatte, bekamen die Biker auf der anderen Seite des Raumes bestimmt auch jedes Wort mit.

»Ehrlich, kein Problem«, erwiderte ich. »Glückwünsch zu der süßen Schnecke.«

Kase lächelte etwas verlegen, bevor ein Räuspern nach meiner Aufmerksamkeit verlangte. Das Räuspern eines sehr großen, sehr heißen und ungeduldigen Mannes.

»Kase, wenn du fertig bist, hast du noch Arbeit zu erledigen«, sagte Jake und funkelte Kase regelrecht an.

Kase schenkte mir ein Grinsen, völlig unbeeindruckt von Jakes Blick. »Schön, dich kennenzulernen, Piper. Lass es mich wissen, falls du irgendetwas brauchst.«

Ich erwiderte sein Lächeln. »Danke.«

Als Kase ging, drehte sich Jake wieder mir zu und begann, mit seinem Stift in einem schnellen Rhythmus zu klopfen. »Also, im Laderaum kühler, verstanden. Sonst noch was?«

»Ja, äh, Z bringt ein paar neue Lautsprecher an.« Zum zweiten Mal beglückwünschte ich mich dafür, ihm geantwortet zu haben, obwohl ich währenddessen in seine Augen schaute.

Um zu verhindern, dass mir etwas Peinliches rausrutschte oder ich aufgrund seines Attraktivitätslevels zu sabbern begann, lenkte ich mich damit ab, über Z zu grübeln. Da ich bezweifelte, dass Z sein echter Name war, überlegte ich mir, wofür es stehen könnte.

Jake beendete seine Notizen und wirkte amüsiert. »Deine Arbeit verlangt nach besseren Lautsprechern?«

»Tja, so in der Art.« Nicht unbedingt meine Arbeit, aber ich in jedem Fall.

Er beugte sich nach vorne und stützte seine Unterarme auf dem Tresen ab. Dann musterte er mich interessiert. »Wie das?«

»Ich mache viele Lieferungen.«

»Was lieferst du aus? Pizza wohl nicht.«

»Desserts. Vor allem Kuchen und Cupcakes.«

»Echt? Genial. Bei welcher Bäckerei arbeitest du?«, fragte Kase und überrumpelte mich etwas.

Zu spät bemerkte ich, dass ich mich nicht mehr alleine mit Jake hier befand. Neben Kase standen plötzlich drei weitere heiß aussehende Kerle in der Tür.

Namen-Ratespiele sind offenbar eine gute Ablenkungstaktik.

»Keine Bäckerei. Also, noch nicht.«

»Hey. Ich bin Eli«, stellte sich einer der anderen vor und streckte mir seine Hand entgegen. Er war kleiner als der Rest, so um den Dreh knapp ein Meter achtzig. Mit seinen kurzen braunen Haaren und warmen, ebenso braunen Augen sah er aus wie der Inbegriff des Jungen-von-nebenan. Er wirkte beinah etwas fehl am Platz in diesem Laden, aber nur, bis man seine Tattoos betrachtete. Die sahen verdammt gut an ihm aus. So viele, wie er hatte, musste er das auch so sehen.

Ich ergriff seine Hand. »Piper.«

»Xavier«, stellte sich ein weiterer vor und nickte mir zu. Dieser leckere Kerl hatte dunkle Augen und genauso dunkles Haar, das sich an den Enden etwas kringelte. Was sexy wirkte und ihm definitiv stand. »Taugen deine Desserts was?«

»Nun, die Leute bestellen. Sehr viel sogar. Also ... ja.« Natürlich taugten sie was. Was ich nur zu gut wusste und meine wohlgeformten Brüste, Hüften und mein Hintern bestätigten. Kostproben gehörten nämlich zum Tagesgeschäft. Zur Qualitätskontrolle sozusagen.

Du bist eine Meisterin darin, dir selbst etwas vorzumachen.

Die Beliebtheit meiner Backwaren hatte mich heute Morgen in die Bank geführt. Als ich damit begann, Kuchen für Freunde zu backen, hatte ich in etwa ein bis zwei Bestellungen jeden Monat. Daraus ergaben sich schließlich drei oder vier Empfehlungen, die noch mal so viele einbrachten. Ehe ich mich versah, hatte sich mein Hobby bezahlt gemacht und Piper’s Cakes war geboren. Bis zum letzten Semester war ich zur Uni gegangen, hatte aber lange kein Hauptfach gewählt. Nachdem mein kleines Unternehmen so gut zu florieren begann, wusste ich, was ich mit meinem Leben anstellen wollte. Also trug ich mich von einigen Kursen aus und wechselte zu BWL. Eine respekteinflößende Entscheidung, aber eine von der guten Sorte.

Um mein Vorhaben umsetzen zu können, brauchte ich finanzielle Mittel für besseres Equipment, mehr Platz und vielleicht eine Aushilfe. Ich hatte in den letzten Wochen viele Bestellungen ablehnen müssen, weil ich nicht genügend Zeit hatte. Ein Kreislauf, den ich zu durchbrechen versuchte.

»Key«, stellte sich jemand mit leiserer Stimme vor – der letzte der heißen Typen – und auch er nickte mir zu. Schlank und hochgewachsen, aber nicht minder attraktiv, erinnerte er mich an Rock-’n’-Roll-Legenden wie Steven Tyler oder Mick Jagger. Er hatte leicht zotteliges, hellbraunes Haar und mürrisch wirkende, braune Augen. »Hast du irgendwelche Desserts dabei?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nope, tut mir leid. Vielleicht, wenn ich wiederkomme.«

Wofür mir Mr Ultra-heiß ein halbes Lächeln schenkte. Was ziemlich sicher das höchste seiner Glücksgefühle war, weshalb ich mich damit zufriedengab.

Meine Antwort wurde grinsend und mit erwartungsvollen Gesichtern willkommen geheißen – sowie mit ein paar gemurmelten Ideen, welche Naschereien es wohl werden würden. Die meisten Männer waren leicht zu durchschauen, was Essen betraf. Ich lieferte Kuchen für einen Kindergeburtstag aus und es waren die Männer, die mich geiernd umkreisten, in der Hoffnung, etwas davon abzustauben.

»Leute, im Ernst, ab an die Arbeit«, unterbrach sie Jake mit harter, genervter und dennoch kontrollierter Stimme. Sein Befehl war so eindringlich, dass ich beinahe selbst zu arbeiten begann. Womit ich offenbar die Einzige blieb, denn die Jungs unterhielten sich weiterhin ungerührt über ihre liebsten Desserts. Jake sah auf und holte tief Luft, bevor er sich wieder seinen Papieren zuwandte. »Also weiter im Text. Warum brauchen Backwaren bessere Lautsprecher?«

»Tun sie nicht, ich aber.«

»Sind deine kaputtgegangen?«

»Nein.«

»Wieso dann neue?«

»Die Lieferungen beanspruchen einen Großteil meiner Zeit. Hast du jemals versucht, mit dem Auto zu fahren, ohne die Möglichkeit zu haben, deine Musik voll aufzudrehen?«

»Was hörst du denn so?«, erkundigte sich Kase.

Wenn ich introvertiert murmelte, rief Kase lautstark extrovertiert – mitsamt der dafür üblichen Leuchtreklametafeln, Marschkapellen und Feuerwerkskörper. Seine Freundlichkeit grenzte schon an Flirten, aber es schien kein echtes Interesse darin zu liegen. Nicht, dass mir irgendeiner von ihnen ernsthaftes Interesse entgegenbrachte. Vielmehr schienen sie gespannt darauf, wie Jake auf was auch immer reagieren würde. Leider kannte er nur eine Mimik: seinen stummen, finsteren Blick.

»Fast alles«, antwortete ich auf Kase’ Frage hin. »Vor allem Rock. Wer gibt sich da schon mit Lautstärke zehn zufrieden, wenn man elf haben kann?«

»Fuck«, murmelte Jake vor sich hin.

»Hast du gerade ein Zitat aus Spinal Tap gebracht?«, hakte Xavier nach.

Bevor ich etwas erwidern konnte, lachte Kase auf. »Verdammt, du steckst voller Überraschungen. Was noch? Verbirgst du etwa einen Körper voller Tattoos unter deinem Sexy-Bibliothekarinnen-Outfit?«, meinte er scherzhaft. Woraufhin mir – wie sollte es auch anders sein – sofort Hitze in die Wangen stieg. »Oh, verflucht. Sorry, Piper, ich wollte dich nicht beleidigen oder dass du dich unwohl fühlst. Ich habe keinen Filter, daher ...«

»Fuck«, sagte Jake erneut, diesmal lauter. Als ich in seine Richtung schaute, wirkte er mehr als nur ein bisschen verärgert.

»Verdammt, Jake, entspann dich. Ich habe mich entschuldigt. Du kennst mich, ich war nicht absichtlich ein Arsch ...«

»Deshalb ist sie nicht rot geworden«, fiel Jake ihm ins Wort, da er es offenbar nicht ertrug, wenn jemand seinen Satz beendete. Dann richtete er seinen Blick auf mich und sah mich aus diesen dunklen, intensiv grünen Augen an. »Nicht wahr?«

»Nun ... ja.« Ich lächelte Kase an. »Und beleidigt hast du mich auch nicht, also mach dir darum keinen Kopf.«

»Okay ...?« Kase schaute zwischen Jake und mir hin und her. »Also? Warum dann?« Er linste zu Xavier und Eli, die genauso verwirrt schienen.

»Er lag nicht falsch damit, oder?«, fragte mich Jake sanft, sein Blick blieb jedoch intensiv. Glühend.

Hör auf mit deinem Höschen zu denken! Oder, in diesem Fall, an seine Hosen und was sich darin ...

»Doch. Ich bin keine Bibliothekarin«, entgegnete ich und tat, als wüsste ich nicht, was er wirklich meinte.

»Die Tattoos?«

»Oh, das. Nun ... nicht zur Gänze.«

»Ach was?«, warf Eli ein, der heiße Kerl mit den warmen braunen Augen.

»So kannst du uns nicht hängen lassen. Wir wollen was von der Tinte zu Gesicht bekommen«, betonte Xavier mit samtig weicher Stimme.

»Bei den meisten müsste ich mich dafür auszieh... Nun, man kann sie im Moment nicht sehen. Aber eines kann ich euch zeigen.« Ich schob meinen Ärmel ein Stück hoch. Auf der Innenseite meines Handgelenks prangte ein pinkfarbener Stern, in dem ROCK geschrieben stand – und zwar in einer besonders krassen Schrift.

»Verdammt, das rockt!«, sagte Kase und streckte sogar seinen Zeige- und Ringfinger aus, um die Metal-Hörner zu machen. »Was hast du noch?«

»Ähm, je eine Schwalbe auf meinen Schulterblättern, Musiknoten auf den Rippen, Sternschnuppen an beiden Seiten meines Beckens und ein Herz auf meinem unteren Rücken. Äh, tja, erst mal war es das.«

»Erstmal?«, hakte Eli nach.

Ich hob eine Schulter. »Tja, ich mag Tattoos, also wer weiß?«

»Weil wir gerade von Arbeit sprechen«, grummelte Jake, auch wenn die mit keiner Silbe erwähnt wurde. Seinen Stift auf die Theke schmetternd, drehte er sich zu Eli, Xavier und Kase um. »Würde es euch stören, zurück in die verdammte Werkstatt zu gehen und verflucht noch mal eure Jobs zu machen?«

Woraufhin die Jungs ein Ja, gut, Na schön und Was auch immer brummten. Anschließend verabschiedeten sie sich und gingen durch die Tür zurück nach hinten.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit Jake zu, der mich eindringlich beobachtete. »Das tut mir leid. Ich wollte niemanden aufhalten.«

»Ja, klar«, murmelte er und setzte sich kopfschüttelnd auf einen Metallstuhl.

»Wie bitte?«

»Kein Ding.«

Was auch immer er damit meinte. Zum Glück stieß Z zu uns und rettete mich vor weiterer unangenehmer Anspannung. Wenn Eli schon nicht aussah, als würde er in eine Werkstatt gehören, tat Z es noch weniger. Er wirkte vielmehr, als wäre er in einer Vorstandsetage zu Hause. Oder auf einer Doppelseite in der GQ. Vielleicht auch auf einer Yacht mit einem Supermodel. Dass er keinen maßgeschneiderten Anzug trug, schockierte mich. Natürlich machte man sich bei der Arbeit an einem Auto die Hände schmutzig, dennoch schien es mir, als wären Anzüge seine Vorstellung von legerem Dresscode.

Jemanden wie Z nannte ich Rockabilly Dapper. Gute ein Meter neunzig, schlank und muskulös. Ich würde ihn auf Mitte dreißig schätzen, auch wenn er nicht so aussah. Er hatte ein paar Tattoos, ein weißes Shirt spannte über seinem Oberkörper – so auch seine schwarze Jeans über seinem Hintern – und er rockte eine typische Fünfzigerjahre Elvis-Frisur. Mir war unbeschreiblich, wie er es schaffte, in einer Werkstatt zu arbeiten und dennoch perfekt gestylt zu sein. Wenn ich eine Stunde an meinem Haar saß, brauchte die Luftfeuchtigkeit trotzdem keine fünf Minuten, um es völlig durcheinanderzubringen.

Ich war mir ziemlich sicher, dass Z der Besitzer des Hyde war, allerdings hatte ich nie Gelegenheit zu fragen. Bei den wenigen Veranstaltungen, bei denen wir uns getroffen hatten, waren unsere Unterhaltungen zwar freundlich, aber auch kurz gewesen. Ein paar Minuten Small Talk und schon hatte mich meine liebe Rabenmutter weiter zu irgendeinem langweiligen Widerling gezogen, der auf eine der acht Eliteuniversitäten gegangen war.

Ich mochte Z. Nicht, weil er mich an ein GQ-Model erinnerte und mich Püppchen nannte.

Okay, nicht nur deshalb.

»Ich habe gute und schlechte Nachrichten, Püppchen. Die Klimaanlage funktioniert. Mit ziemlicher Sicherheit habe ich mir beim Testlauf eins meiner Eier abgefroren. Allerdings wollen die neuen Lautsprecher nicht mitspielen. Also habe ich wieder deine alten angeschlossen.«

Ich lächelte ihn an. »Das ist okay, die Klimaanlage war am wichtigsten.«

»Ich kann andere Lautsprecher besorgen, aber nicht vor morgen. Kannst du Freitag noch mal vorbeischauen, so gegen elf?«

Mein Terminplan war leer. Das wusste ich mit Sicherheit und nicht, weil Freitag bereits in zwei Tagen war. Mir fiel es stets leicht, das Datum aus den Augen zu verlieren.

Oder die Zeit.

Oder was ich zum Frühstück hatte.

Nein, diesmal wusste ich es, weil mein Terminplan selten leer war. Wenn das mal eintraf, handelte es sich um einen unvergesslichen Umstand.

»Klar, kein Problem. Danke, Z.«

»Das ist mein Job. Nun, lass uns dich hier rausbringen.«

Ich bezahlte für die verrichteten Arbeiten, auch wenn ich den leisen Verdacht hatte, dass Z mir weniger berechnete, als ich ihm schuldete. Sehr viel weniger. Zugleich beschlich mich das Gefühl, dass man sich mit Z nicht streiten sollte. Schon gar nicht, wenn er etwas Nettes tat.

»Also gut, Püppchen, mir nach«, wies er mich an, als er durch die Tür zur Werkstatt ging.

Ich folgte ihm, hielt aber noch mal an und blickte zu Jake. »Tut mir leid, dass ich im Weg war. Es war schön, deine Bekanntschaft zu machen.«

Nichts.

Okay, vielleicht nicht nichts. Er sah mich an. So richtig, was mir das Herz höherschlagen ließ, rauf bis zum Hals. Ich war mir sicher, dass er es hörte, so laut klopfte es. Ganz überzeugt davon, ob er es nicht auch sehen konnte, war ich nicht.

Schnell wandte ich mich ab, steuerte die Tür an und war fast dort angekommen, als ich seine Stimme vernahm.

»Piper, stopp.« Wieder dieser tiefe Befehlston.

Ich blieb stehen.

Keine Ahnung, wie ihn die anderen ignorieren können.

»Dreh dich um.«

Ich drehte mich um.

»Fuck«, murmelte er.

Wieso war das keine direkte Anweisung?

Auch wenn es bisher keinen Unterschied gemacht hatte, schüttelte ich innerlich erneut den Kopf, um den Nebel zu lichten.

»Ich sagte bereits: Kein Ding. Komm Freitag noch mal her und bring ein paar Desserts mit oder die Männer werden nie die Klappe halten, ja?«

»Hatte ich ohnehin vor.« Ich liebte es, zu backen, und nutzte jede Chance, die sich mir bot. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass diese Jungs keinerlei Essen ausschlagen würden, egal welcher Art, aber schon gar nicht süße Naschereien.

»Natürlich hattest du das. Bis Freitag, Babe.«

»Jup«, erwiderte ich leise und flüchtete durch die Tür.

»Ist das so für dich in Ordnung?«, erkundigte sich Z, als ich wenig später wieder aus dem Laderaum des Vans rutschte.

»Nun, gebt mir Bescheid, falls einer von euch in den Pinguinschmuggel einsteigen möchte. Ich kann beim Transport helfen.« Es war kalt. Ich war froh, dass ich einen gefütterten BH trug, denn meine Nippel fühlten sich definitiv etwas angespannt an.

Was natürlich nichts mit der Parade heißer Männer zu tun hat – allen voran Jake.

Siehst du? Gut darin, dich selbst zu belügen.

»Aber im Ernst, es ist perfekt. Nie wieder geschmolzener Kuchen. Vielen Dank«, wandte ich mich an Z.

»Das ist mein Job, Püppchen. Ich sehe dich am Freitag. Das mit den Lautsprechern könnte eine Weile dauern, also bereite dich auf etwas Wartezeit vor.«

»Klingt nach einem Plan.« Ich sprang auf den Sitz und sprach durch das heruntergekurbelte Seitenfenster. »Bis dann.«

Während ich vorsichtig auf die Straße bog, drehte ich die Musik auf volle Lautstärke auf. Laut – und falsch – singend, dachte ich darüber nach, dass ich es kaum erwarten konnte, meine neuen Lautsprecher zu bekommen.

Jup, es sind die Lautsprecher, auf die ich mich freue.

»Piper!«

Der Motor des Vans lief noch, als meine Tür von einem grinsenden Kase geöffnet wurde.

»Hey, wie läuft es?« Mich umsehend, entdeckte ich, dass das Werkstattpersonal vollzählig war. Nicht zum ersten Mal wünschte ich mir fünfzehn extra Zentimeter und die damit einhergehende Fähigkeit, graziös auszusteigen. Stattdessen machte ich einen ungeschickten Satz nach unten.

Ich zog die Seitentür des Vans auf, lehnte mich vor und kletterte ein Stück hinein, um meine Mitbringsel herauszuholen.

»Zur Hölle, Babe, raus da«, hörte ich eine männliche Stimme nah hinter mir sagen.

Ich richtete mich auf und trat aus dem Weg. »Ich wollte nur an die Sachen ran, die ich mitgebracht habe.«

Jake griff hinein und nahm die Boxen an sich. Er murmelte etwas, was jedoch unter dem aufgeregten Getuschel einiger erwachsener Männer unterging. Nicht einfach erwachsene, sondern harte, starke Typen, die sich wegen ein paar Naschereien wie Achtjährige aufführten.

»Scheiße, das war dein Ernst?«, fragte Xavier.

»Dass ich Desserts mitbringen würde? Natürlich. Wer würde über so was Ernstes Witze reißen?«, entgegnete ich in gespieltem Entsetzen.

Als ich Anstalten machte, Jake die Kuchenschachteln abzunehmen, deutete er mit einem Nicken zur Seite und ging davon. Was ich als ein Folge mir interpretierte. Dem ich nachkam; zum Teil, weil mein Hirn ein einziger Brei war, aber auch, weil ich nicht die leiseste Idee hatte, wohin ich sonst sollte. Vor allem aber, weil er einen richtig tollen Hintern hatte.

Wir gingen einen langen Flur entlang, wodurch ich mehr als genug Zeit hatte, um die Aussicht zu genießen. Die Jungs folgten mir oder vielmehr den Cupcakes.

Jake stellte die Boxen auf einen Tisch in ihrem Pausenraum. »Babe, hier arbeiten bloß sechs Männer. Wie viel hast du dabei?«

Ich backte gern. Sehr sogar. Weshalb ich es ab und zu etwas übertrieb.

Nur manchmal.

Selten, ehrlich.

Es kam fast nie vor.

Okay. Es passierte definitiv jedes verdammte Mal.

»Äh, bloß vierundzwanzig Cupcakes.« Was gar nicht so viel war. Nicht wirklich. »Und vierundzwanzig Cookies.« Große Cookies. Leckere und weiche Cookies, die saftig blieben, lange nachdem sie abgekühlt waren. »Ich backe gern«, erklärte ich, als wäre das notwendig.

»Ja, zu dem Schluss bin ich auch gekommen.«

»Zur Hölle, Püppchen. Im Ernst. Du hast den gemacht?«, fragte Z, einen Cupcake in der Hand und das Frosting davon an den Lippen.

»Ja.«

»Er ist richtig gut.« Was mir bereits die Tatsache verraten hatte, dass er das ganze Ding in nur zwei Bissen verputzte. Um fair zu sein, es war ein Erdbeer-Cupcake mit Doppelrahmfrischkäse-Frosting. Nicht ohne Grund waren diese meine Spezialität.

»Hey, Pipe«, sagte Kase von der anderen Seite des Tisches.

»Ja?«

Er hielt einen Cookie hoch und zwinkerte. »Der ist verflucht lecker.«

»Danke, Kase.«

»Ich muss fragen: Kochst du auch?«

»Meinst du Herzhaftes?«

»Scheiße, keine Ahnung. Kochen eben. Du weißt schon, Mahlzeiten. Abendessen und so was.«

»Jap. Nicht so gut, wie ich backe, aber ich kann kochen.«

»Brenn mit mir durch?«

»Herrgott.« Jake schüttelte den Kopf. »Lass deinen Schwanz in deiner Hose, Kase. Der Rest von euch: Schluckt runter und schiebt eure Ärsche zurück an die Arbeit. Jetzt.« Nach dem Bellen dieser Befehle, schaute er zu mir herunter und fügte mit sanfterer Stimme hinzu: »Piper, das Zeug ist unglaublich.«

Halloooooo, weiche Knie.

»Danke. Ich mache mich mal auf in den Verkaufsraum.« Sofern meine Knie mitspielten.

»Nein.« Sein Ton war wieder herrisch. Welch Überraschung.

Oh, ich mag seinen herrischen Tonfall.

Shh, werdet ihr wohl still sein, weibliche Zonen!

»Was?«, fragte ich.

»Isst du?«

»Was?«

Wo ist mein Verstand geblieben? Ich weiß, was das bedeutet. Wieso bin ich so ein ... äh, Dings?

»Du weißt schon, vollwertige Mahlzeiten. Nicht Zucker in Kuchenform. Hattest du schon was zu Mittag?«

»Nein, mein Plan war es, irgendwo hinzuspazieren.«

Jake wandte sich an Kase. »Ich werde mit Piper etwas essen gehen. Macht eure Arbeit, wir kommen später wieder.« Es war keine Einladung.

Selbst wenn, bezweifelte ich, dass ich Nein gesagt hätte.

Ich drehte mich zu den anderen um und winkte ihnen zu, als Jake meine zweite Hand ergriff. »Äh, ich bin froh, dass es euch allen schmeckt«, sagte ich über meine Schulter hinweg, während er mich aus der Tür zog. Als wir nach draußen traten, brauchte ich eine Sekunde, ehe mir klar wurde, dass Jake mich noch festhielt.

Meine Hand? Seine Hand?

Mhm.

Während wir gingen, sah ich zu Jake hoch. »Du musst das nicht tun. Ich bin sicher, dass du beschäftigt bist.«

Shh. Ruinier es nicht. Mittagessen. Händchenhalten! Sei still!

»Ich lasse dich nicht den ganzen Nachmittag da drinnen rumsitzen.«

»Im Ernst, es ist okay. Z hat mich vorgewarnt, dass es eine Weile dauern könnte. Ich bin vorbereitet.«

»Nein, bist du nicht.«

Äh, wie bitte?

»Äh, wie bitte?«, sprach ich meinen Gedanken in Ermangelung eines Filters aus.

Meine Frage blieb unbeantwortet. Obwohl Jake schwieg, hielt er meine Finger fest umschlossen. Was eigenartigerweise verdammt sexy war. Seine Hand war wesentlich größer als meine. Sonst hasste ich es, dass ich von so zierlicher Statur war, aber plötzlich fielen mir einige gewaltige Vorteile auf.

Wir stoppten vor einem kleinen Deli. »Magst du Sandwiches?«

Ich zog eine Braue nach oben. »Wer mag sie nicht?«

»Guter Einwand.«

Jake öffnete die Tür und sofort traf mich der Duft von frisch gebackenem Brot. »Ich liebe diesen Geruch.«

»Welchen?«

Ich grinste zu ihm hoch. »Frisches Brot. Gewöhnliches Brot riecht gut. Aber der warme, kalorienreiche Duft eines frischen Laibs? Unschlagbar. Wusstest du, dass es Kerzen mit diesem Duft gibt? Die können mit dem Original aber bei Weitem nicht mithalten.«

Jacke lachte. »Natürlich. Überleg dir, was du willst, Babe.«

Nachdem wir bestellt hatten, bezahlte Jake und ich versuchte, zu protestieren. Ein Blick von ihm und mein Protest starb auf meinen Lippen. Als unser Essen fertig war, nahm er es an sich und dirigierte uns zu einem Tisch in der Ecke.

»Warum durfte ich nicht im Verkaufsraum bleiben?«, fragte ich erneut, als wir uns gesetzt hatten.

»Du hast gesagt, du wärst vorbereitet.« Er schüttelte den Kopf. »Das warst du nicht.«

»Wie kommst du darauf?«

»Deine Kleidung.«

Ich sah an mir hinunter. »Keine Ahnung, was du meinst.«

»Zu viel Haut.«

Was zur Hölle ...? In welches Jahrhundert bin ich unwissentlich gereist?

»Vielleicht, wenn ich eine Nonne wäre.« Mein schwarzes Tanktop aus Rippenstrick mit breiten Trägern sowie die ebenso dunklen Shorts mit Umschlag schienen kaum unangebracht. Es war Massachusetts im Juli, was bedeutete, dass es heiß war. Als ich nach draußen schaute, entdeckte ich eine Handvoll Frauen und sogar ein paar Männer, die wesentlich weniger anhatten.

»Vertrau mir. Es sitzen andere Kunden im Verkaufsraum. Kurze Hosen – mit Betonung auf kurz – und ein Tanktop. Definitiv zu viel Haut.«

»Danke für die Warnung, Modepolizei«, murmelte ich.

»Iss.«

Ich wusste nicht, was ich entgegen sollte. Also sagte ich nichts. Ich funkelte ihn nur an.

»Iss«, wies mich Jake nochmals an, der offenbar immun gegen meinen bösen Blick war.

Ich nahm mein Truthahnsandwich und wir aßen schweigend.

Ich war nicht überrascht, als mich Jake nach dem Mittagessen in den Pausenraum führte. Auf dem Weg zurück hatten wir nicht mehr als ein paar Worte gewechselt, aber er hatte wieder meine Hand gehalten.

Wie merkwürdig warein stilles Mittagessen gefolgt von Händchenhalten?

Weiß nicht, ich hatte schlimmere Tage.

»Ich sollte mal nachsehen, welchen Blödsinn sie diesmal treiben. Du kannst hierbleiben, bis der Van fertig ist. Einer der Jungs wird dich holen kommen.«

Da ich es kaum erwarten konnte, den Pausenraum unter die Lupe zu nehmen, nickte ich zustimmend.

Jake ging los, hielt jedoch noch einmal inne und drehte sich wieder zu mir um. »Piper?«

»Ja?«, hauchte ich. Schon wieder.

Gott, ich war eine Idiotin.

Ich war zu dem Schluss gekommen, dass Jake irgendwie ein Arsch war, wenngleich ein heißer. Wie der Zufall es wollte, war er ein heißer Arsch mit einem heißen Arsch. Nichtsdestotrotz ein Arsch.

Ich versuchte, jenen Menschen aus dem Weg zu gehen, die mir das Gefühl gaben, klein zu sein. Nun, klein-er.

»Bedien dich, ja?«

»Okay. Danke noch mal, Jake.«

»Klar.« Er hob das Kinn, dann war er weg und gab mir die Gelegenheit, mich umzusehen.

Der Pausenraum der Männer war eine voll ausgestattete Küche, die mit der eines Restaurants mithalten konnte. Der Gasherd hatte sechs Kochplatten und die Arbeitsfläche schien endlos. Letztere war aus einem wunderschönen schwarzen Granit gefertigt und die Geräte aus glänzendem Edelstahl. Genau so stellte ich mir meine Traumküche vor. Modern, aber behaglich.

Auf Zehenspitzen, als verstoße es gegen ein Gesetz, öffnete ich den riesigen Kühlraum und fand ein paar Autoteile. »Also deshalb sind ihre Wagen so cool.« Ich warf einen Blick über meine Schulter und war froh, dass das keiner gehört hatte.

Nachdem ich heimlich einige Fotos geschossen hatte, machte ich es mir auf einem luxuriösen Sofa bequem und kramte mein iPad hervor. Ich hatte gerade zu lesen begonnen, als Kase reinkam und direkt die Kuchenschachteln ansteuerte.

»Pipe. Ganz ehrlich. Hast du in diese Cookies Crack getan?« Er hatte seine Dreads mittlerweile zurückgebunden und offenbar sein Hemd verloren.

Was ziemlich unerfreulich war. Ich sollte ihm helfen, es wiederzufinden und den Rest seiner Oberteile auch. Um sie im Dienst aller Frauen zu verbrennen.

Sein weißes Tanktop und die tiefsitzenden Jeans waren ölverschmiert.

Ach, so lief der Hase hier also ... Kase mit seinem goldenen Teint, den vielen Muskeln, seiner flirty Art, diesen kristallblauen Augen ... Warte, worauf wollte ich noch mal hinaus? Oh, genau. Kase durfte also ein Tanktop tragen, aber ich nicht?

Ich lächelte ihn an. »Nein, noch schlimmer. Viel Zucker.«

»Sie sind genial. Du bist eine wahnsinnig gute Küchenfee.«

»Apropos wahnsinnige Küchen, was soll die hier?«

»Das war mal ein Restaurant Schrägstrich Partyhaus, ehe Hyde’s daraus wurde. Den Raum umzugestalten, wäre allerdings mit viel Arbeit und Unmengen an Kosten verbunden gewesen, wegen der Gasleitung für den Herd und allem. Die Tür zur Kühlung optisch verschwinden zu lassen, ist auch recht schwer. Also haben wir alles so belassen und nutzen ihn als Pausenraum.«

»Alles klar.«

»Ich muss zurück. Danke für den Süßkram, Piper«, sagte Kase und wackelte zum Abschied mit einem Finger.

Einen harten Typen wie ihn so was tun zu sehen, brachte mich zum Lachen.

Als er fort war, widmete ich mich wieder meinem Lesestoff. Fünf Minuten später hörte ich ein entferntes und sachtes Babe. Ich blinzelte – oder öffnete vielmehr die Augen – und entdeckte Jake vor mir, der zu mir herunterblickte. Ich spähte zu der Uhr, die an der Wand hinter ihm hing, und erkannte, dass es keine fünf Minuten, sondern eineinhalb Stunden später war.

»Verdammt«, gab ich gähnend von mir, während ich mich aufsetzte und streckte.

Jake lehnte sich gegen den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. »Alles okay?«

»Ja. Tut mir leid. Ich muss eingedöst sein.«

»Kein Problem. Ich hätte dich schlafen lassen, aber ich wusste nicht, ob du irgendwo hinmusst. Dein Van ist fertig.«

»Cool. Danke.«

»Ja«, murmelte er und richtete sich auf. Kurz hob er das Kinn, dann verschwand er ohne ein weiteres Wort.

Ich ging nach vorn, bezahlte bei Z und hatte wieder mal den Verdacht, dass der Umbau weniger kostete, als er kosten sollte.

»Bereit, abzurocken, Püppchen?«, fragte er und warf mir meine Schlüssel zu.

Ich folgte ihm in die Werkstatt.

»Probiere die Lautsprecher aus und lass es krachen.«

Ich legte meine momentane Lieblings-CD ein, und als der Bass zu dröhnen begann, quietsche ich vor Vergnügen. Die Lautstärke wieder runterdrehend, sprang ich aus dem Wagen. »Z, ich liebe es. Vielen Dank.«

»Hör schon auf mit diesem Danke-Blödsinn.«

»In Ordnung. Sorry.« Ich grinste.

»Püppchen«, warnte er mich. »Brauchst du sonst noch was?«

»Kriegst du eine Beule raus?«

Sein Blick wanderte über den Van. »Da ist keine.«

»Nein, die Delle ist bei meinem Auto.«

»Du hast ein Auto?«

»Ja, der hier ist nur für die Arbeit. Mein Wagen ist für Kuchenlieferungen nicht geräumig genug.«

Ehe Z antworten konnte, kam Kase durch die Tür. »Z, Jake braucht dich im Büro. Er findet die Papiere für die Viper nicht.«

Z hob das Kinn. »Sofort.«

Beim Hinausgehen warf Kase einen verstohlenen Blick auf die neuen Lautsprecher. »Verdammt, klingt richtig gut. Du rockst einen verfluchten Minivan. Magst du Harington?«

Ich nickte. »Oh ja. Ich bin total süchtig nach diesem Album.«

»Weißt du, dass sie heute Abend im Rye spielen?«

»Im Ernst?«

»Wir wollen alle hin, du solltest dich uns anschließen.«

»Tut mir leid, ich kann nicht. Das wird eine frostingfröhliche Nacht für mich.« Obwohl ich mich um unzählige Hausaufgaben für die Uni und einige Kuchen kümmern musste, war es nicht das, was mich wirklich zurückhielt.

»Komm schon, Piper. Leb ein wenig. Lass dich etwas gehen.« Kase lächelte.

Mit ziemlicher Sicherheit nutzte er dieses charmante Lächeln, um bei Frauen seinen Willen durchzusetzen.

Oder sie sich zu Willen zu machen.

»Wenn es im Rye ist, kann ich wirklich nicht mit.«

»Warum? Hast du Hausverbot?«

»Ich bin noch keine einundzwanzig.« Ich steuerte auf meinen Van zu. »Die lassen mich da nicht rein.«

»Echt jetzt? Noch keine einundzwanzig?«

»Jedenfalls nicht für die nächsten paar Monate. Aber danke für die Einladung.«

»Zwanzig? Verdammt, du hast dein Leben im Griff. Gut für dich. Im Ernst. Du begleitest uns trotzdem.«

»Ich kann nicht. Es ist cool, aber ...«

Kase holte sein Handy aus der Hosentasche, berührte einige Male das Display und hob seinen Finger in meine Richtung.

Anscheinend gefiel es keinem hier, wenn die Leute ihre verdammten Sätze beendeten.

Mit einem Seufzen kletterte ich in meinen Van.

»Rhys? Hier ist Kase. Ja, ich weiß, deine Mom hat es erwähnt, als ich sie gestern Nacht vernascht habe.« Als er mir ein verlegenes Lächeln schenkte, musste ich grinsen.

Heiß.

Ich beobachtete, wie er auf und ab ging, während er weitersprach. »Ja, Kumpel, hör zu, ich muss dich um einen Gefallen bitten. Ich weiß, ich weiß. Ich habe eine Freundin, die ein Riesenfan von Harington ist. Die Sache ist die, sie ist erst zwanzig. Ha, ich wünschte, es wäre so. Sie wird etwas Klasse in deine Spelunke bringen. Sie ist hier im Laden. Halt dich fest: Sie hat sich ein erstklassiges Soundsystem in ihren Minivan bauen lassen. Nein, keine MILF. Sie bäckt Kuchen und so ein Zeug, liefert mit dem Van alles aus. Sie hat heute etwas von ihren Sachen mitgebracht und, kein Scherz, ich würde eine Woche lang auf Pussys verzichten, wenn ich dafür jeden Tag diese Cookies essen könnte. Chocolate Chip, pures Crack. Ja? Das bekomme ich sicher hin. Danke, Mann.«

Als er das Telefonat beendete, hüpfte ich vor Aufregung in meinem Sitz.

»Du bist drin. Unter drei Bedingungen.« Er hob einen Finger. »Erstens, falls du trinkst, nicht bis zur Besinnungslosigkeit.«

»Wieso solltest du besinnungslos werden?«, fragte Eli, der soeben in die Werkstatt kam und mich erschreckte.

Ich sah hinüber und entdeckte auch die anderen Männer, die durch die Tür traten.

»Sie begleitet uns heute Abend«, antwortete Kase an meiner Stelle.

Eli und Xavier wirkten beide erfreut. Key schenkte mir ein halbes Lächeln, was meiner Ansicht nach bei jedem anderen ein Grinsen gewesen wäre. Jakes Gesichtsausdruck war nicht zu deuten und bestenfalls desinteressiert. Es kümmerte mich nicht. Er war ein Arsch, der kein Interesse an mir hatte. Und wenn schon. Was soll’s, dass mein Höschen nass war, sobald er mich mit seiner rauen Stimme anherrschte? Höchstwahrscheinlich reiner Zufall.

Ehrlich, dein Talent, dich selbst zu belügen, ist preisverdächtig. Eine echte Glanzleistung.

»Okay, wie ich schon sagte, trink dich nicht besinnungslos.« Kase hob einen weiteren Finger. »Zweitens sagte Rhys, dass er ein paar deiner Crack-Cookies will. Geht sich das aus, wenn ich dich um acht abhole?« Als ich nickte, hob er einen dritten Finger. »Zu guter Letzt zieh dich sexy an. Auch das ist ein direktes Zitat von Rhys, allerdings habe ich nichts einzuwenden.«

»Verdammt gut gemacht, Kase«, fluchte Jake und warf einen Stapel Papiere auf eine Arbeitsbank. »Muss ich jetzt dir und Rhys sagen, dass ihr eure Schwänze in euren Hosen lassen sollt?«

Kase senkte zwei seiner Finger, sodass nur noch der mittlere oben und an Jake gerichtet war.

So sehr ich Harington live erleben wollte, ein Drama wollte ich nicht zu verantworten haben. »Ich habe eine Menge Arbeit ...«

»Du gehst hin«, unterbrach mich Jake, bevor ich einen ganzen Gedanken beenden konnte. »Ich hole dich ab, da Kase’ Wagen schon voll ist.«

Kase schüttelte den Kopf. »Zum Teufel damit. Key hat zwei gesunde Beine und kann seinen mageren Hintern selbst hinschwingen.«

»Verdammt, warum muss ich laufen?«, protestierte Key.

»Himmel«, fuhr Z dazwischen, dann wandte er sich an mich. »Dein Wagen mit der Beule, komm heute damit her, ja?«

Ich nickte.

»Gut. Ich bin der Typ für Kabel und Drähte. Jake ist der Beste, wenn es um Dellen geht. Lass ihn einen Blick drauf werfen und schauen, was er für dich tun kann.«

Wieder nickte ich, diesmal jedoch etwas zögerlich.

»Gut. Bis heute Abend, Püppchen.« Er zwinkerte mir zu, nahm die Papiere von der Werkbank und ging durch die Tür, die in den Flur führte.

»Handy«, sagte Jake in einem herrischen Ton. Welch Überraschung.

Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte. Doppelte Überraschung. »Was?«

»Zeig mir mal dein Telefon.«

Ich fischte es aus meiner Handtasche und reichte es Jake, der es für eine gute Minute behielt, bevor er es an Kase weitergab. Als ich es zurückbekam, fand ich darin fünf neue Nummern von fünf heißen Kerlen.

»Schreib einem von uns, wenn du da bist. Gib uns Bescheid, wo du parkst und warte auf uns. Du hast eine Delle?«

»Ja.«

»In Ordnung, dann schreib mir. Ich sehe sie mir an, okay?«

Ich nickte, weil ... Ganz ehrlich, welche andere Wahl ließ er mir?

»Bis heute Abend, Piper Skye.«

Mein voller Name?

Mhm.

»Der Rest von euch Jammerlappen: Marsch an die Arbeit«, sagte er und ging davon.

Ich verabschiedete mich und fuhr in meinem Van mit dem neuen, verdammt lauten Soundsystem davon. Rock on!

2. Kapitel

In Saus und Br...

Als ich beim Rye ankam, war ich erleichtert darüber, nicht total spät dran zu sein. Normalerweise war ich zeittechnisch ziemlich effizient, wenn ich mich zurechtmachte, aber aus irgendeinem Grund hatte es heute eine halbe Ewigkeit gedauert. Nicht, weil ich jemanden beeindrucken wollte.

Nein, ganz und gar nicht.

Nachdem ich die Werkstatt verlassen hatte, beschloss ich, all meine anderen Pläne zu verwerfen. Was definitiv die richtige Entscheidung war. Meine Haare reichten mir bis zur Hälfte meines Rückens und so war ich es gewohnt, dass es verdammt ewig dauerte, sie zu föhnen und zu stylen. Worauf ich jedoch nicht vorbereitet war, betraf das Auftragen, Abwischen und nochmalige Auftragen meines Make-ups, und zwar gefühlt hundert Mal, weil mir vor lauter Nervenflattern die Hände zitterten. Mein für gewöhnlich gerader Lidstrich glich eher einer Wellenlinie. Als hätte ich versucht, diesen linkshändig zu ziehen, während ich meinen Wagen über eine mit Schlaglöchern übersäte Straße lenkte. Nachts. Da es mir nicht gelang, ihn richtig hinzubekommen, entschied ich mich für einen kräftigeren Lidschatten, der alles andere überdeckte. Zum Glück traf Glamrock den Ton des Abends und schmeichelte außerdem meinen veilchenblauen Augen.

Meine Hoffnung war, dass ich mich um Mitternacht nicht in einen Waschbären verwandeln würde.

Für meine Kleiderwahl hatte ich mir ebenfalls mehr Zeit genommen, als mir geblieben war. Nach einer Handvoll Fehlgriffen entschied ich mich für schwarze Röhrenjeans und ein superweiches Neckholder-Bustier in derselben Farbe mit pinkem Spitzenrand. Anschließend schnappte ich mir einen passenden Bolero sowie schwarze Heels mit einem Sieben-Zentimeter-Absatz und Zehenloch, dann rannte ich barfuß aus der Tür.

Obwohl ich zeittechnisch etwas hinterherhinkte, ergatterte ich einen guten Parkplatz. Ich schrieb Jake eine Nachricht, um ihm zu sagen, wo ich meinen Wagen abgestellt hatte. Eine Sekunde später vibrierte mein Handy.

Jake:

Bin gleich da, Babe. Steig nicht aus, ehe wir bei dir sind.

Er klang nicht nur herrisch, er las sich auch so. Was mich nicht minder anmachte. Vielleicht sollte es mir zu denken geben, wie heftig ich auf ihn reagierte.

Nach schneller, zweifacher Kontrolle, dass mir mein Deo einen guten Dienst erwies, spürte ich, wie mein sechster Heiße-Typen-Sinn anschlug. Ich sah auf und entdeckte Jake, der auf mich zusteuerte. Mit zielgerichteten Schritten und dennoch wirkte er irgendwie gelangweilt ... Sogar sein Gang war respekteinflößend und unbestreitbar sexy.

Während meines kleinen Make-up-Nervenzusammenbruchs hatte ich mich davon zu überzeugen versucht, dass Jake nicht so gutaussehend war. Sondern dass ihn bloß meine Erinnerung, meine Vorstellungskraft sowie meine Libido in den heißesten Mann aller Zeiten verwandelt hatte. Zu beobachten, wie er auf mein Auto zukam, ließ mich jedoch erkennen, wie verdammt falsch ich damit gelegen hatte. Denn in Jeans und einem dunklen Henley, die Ärmel hochgeschoben, was seine gebräunten und tätowierten Arme entblößte, war er attraktiver denn je.

Ich zwang mich dazu, meinen Blick von ihm zu reißen, und bemerkte, dass auch der Rest des Hyde-Trupps – mit Ausnahme von Z – bei ihm war. Inklusive eines Mannes, den ich zwar noch nicht kannte, aber nur zu gern kennenlernen würde. Auch wenn mein Kopf – sowie andere Körperstellen – auf Jake fixiert waren, hieß das nicht, dass ich völlig blind war. Beim Sichten dieser sechs Prachtkerle war ich dankbar, dass mir eine Sekunde für ein wahrhaftiges Kopfschütteln blieb, um den Nebel zu lichten. Unglücklicherweise funktionierte es nicht.

Ich stieß ein Seufzen aus. Das tut es nie.

Als sie nah genug waren, dass es unhöflich wäre, noch länger in meinem Wagen sitzen zu bleiben und sie anzuschmachten, stieg ich aus. Kaum dass ich auf den Beinen war, hatte mich Kase an der Taille gepackt. Er hob mich hoch, bis wir auf Augenhöhe waren und meine Füße etwa zwanzig Zentimeter über dem Boden baumelten.

»Piper, ganz im Ernst, ich weiß nicht, ob ich dich oder dieses Auto küssen soll. Wem gehört es?« Er stellte mich vorsichtig zurück auf die Füße.

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, ich habe es kurzgeschlossen.« Als mir die Jungs entsetzte Blicke zuwarfen, musste ich lachen. »Es gehört mir! Bo ist eine wahre Schönheit, findet ihr nicht?« Mein Baby war ein umwerfender, blaugrüner Dodge Charger Baujahr 1969 und mein ganzer Stolz.

»Babe.«

Sofort richtete ich meine Aufmerksamkeit auf Jake. Es war, als würde mein Verstand Urlaub machen, sobald er dieses Wort aussprach. Ich war offenbar ein richtiger Babe-Zombie, der kopflos dem heißen Typen folgte. Auf nimmer Wiedersehen, Gehirn.

Jake schien amüsiert. »Du hast deinem Auto einen Namen gegeben?«

»Ja, macht das nicht jeder?«

»Bo?«, fragte er. »So wie in Bo Duke.«

»Ja. Ich meine, sie sieht nicht aus wie eine Daisy. Und Bo gefiel mir immer besser als Luke.« Als ich Bo bekam, wusste ich, dass sie einen Namen aus Ein Duke kommt selten allein brauchte, allerdings war sie definitiv kein General Lee.

»Klar, natürlich. Was habe ich mir nur gedacht?« Seine Stimme hatte einen neckischen, aber auch amüsierten Ton angenommen. »Wie dem auch sei, das ist Rhys.« Er gestikulierte zu dem heißen Unbekannten. »Er ist der Besitzer des Rye.«

Ich streckte ihm eine Hand hin. »Hey, danke, dass ich kommen durfte.«

Rhys ergriff meine Finger und hob sie zu seinen Lippen, bevor er meine Hand wieder sinken, mich allerdings nicht losließ. Normalerweise würde ich auf eine solche Geste mit einem Augenrollen und einem unterdrückten Lachen reagieren. Stattdessen trieb sie mir Hitze in die Wangen.

»Es ist mir ein Vergnügen. Als mir Kase von der tollen Frau erzählt hat, die nach Kuchen riecht und unfassbar süß aussieht, wie hätte ich da Nein sagen können?«

Ich spürte, wie mir noch mehr Röte ins Gesicht schoss. »Ich habe etwas für dich«, entfuhr es mir in meiner Nervosität. Als Rhys meine Finger freigab, drehte ich mich um und langte durch die offene Wagentür zum Beifahrersitz.

»Das muss ein verdammter Scherz sein«, hörte ich jemanden knurren, worauf das Gelächter mehrerer Personen folgte.

Ich schnappte mir meine Keksdose und richtete mich wieder auf, nicht ganz sicher, was mir entgangen war. Ich versuchte, die aufkeimende Verlegenheit abzuschütteln, indem ich Rhys die Cookies überreichte. »Chocolate Chip als Dankeschön.«

»Nun, Schätzchen, du hast mir den heutigen Abend mehr als nur versüßt. Also, danke ich dir«, sagte er und grinsend, woraufhin tiefe Grübchen in seinen Wangen erschienen.

Seine Grübchen, wenngleich unglaublich attraktiv, waren nicht das einzig Anziehende an ihm. Mit weit über einen Meter achtzig und einem muskulösen Körperbau sah er genauso aus wie die Art von Mann, die eine Rockerbar besaß. Seine Augen waren dunkelblau mit leichten grünen Untertönen und die Fältchen in seinen Augenwinkeln zeugten davon, dass er oft lachte, und sein Bart war einfach nur toll. Seine Haare waren von einem satten Braun, ausgewachsen und ungezähmt, als hätte er den Tag im Bett verbracht. Nicht allein. Als hätte jemand wiederholt die Finger in seinem Haar vergraben, und zwar ziemlich oft. Seinen Stiefeln nach zu urteilen, tippte ich darauf, dass er eine Harley fuhr – was seinen Reiz nur noch verstärkte.

»Babe«, ergriff Jake das Wort. »Wo hat dein Wagen eine Delle?«

»Hier drüben.« Ich zeigte ihm den Schaden an der Beifahrertür. Die Beule war ziemlich tief und selbst in der Dunkelheit unschwer zu erkennen.

»Ohne Frage eine wahre Schande bei diesem Auto. Scheint aber, als wäre es leicht zu reparieren. Ich versuche, dir so schnell wie möglich einen Termin zu organisieren, ja?«

»Danke, Jake.«

»Bereit für die Show, Piper?«, fragte Kase, streckte die Hand in die Luft und formte mit Ring- und kleinem Finger das unter eingeschworenen Rockern universelle Zeichen zum Abrocken.

»Verdammt ja.«

Das Rye war der helle Wahnsinn.

Es war ein grandioser Laden, der wie eine Kneipe aussah. Er hatte etwas Raues an sich, das viele beliebte Bands anlockte, die zurück zu ihren Wurzeln finden wollten. Im Unterschied zu großen Konzerthallen fanden die Shows hier in einem intimen und entspannten Rahmen statt, was das spürbare Adrenalin in der Luft jedoch nicht minderte. Das Lokal war belebt und vibrierte förmlich, so stark war die Aufregung der Gäste.

Mir war klar gewesen, dass mich die Uni und die vielen Kuchenbestellungen ganz schön auf Trab hielten. Allerdings wurde mir erst jetzt bewusst, dass selbst mein kleines bisschen Freizeit mit Gedanken zur Schule und Kuchen gefüllt war. Einen Abend außer Haus hatte ich bitternötig.

Jake machte sich aus dem Staub, kaum dass wir durch die Tür getreten waren. Der Rest von uns ging zur Bar. Nachdem ich meinen Drink erhalten hatte, bot mir Rhys, der mein nicht so subtiles Starren bemerkte, eine Führung durch die Räumlichkeiten an.

Die Wände waren übersät mit gerahmten Fotos von allen Bands, die hier gespielt hatten. Rhys verwies auf die Autogramme auf den Bildern, der Wand oder einem der vielen Schilder. So ziemlich jede beschreibbare Oberfläche schien mit einer Unterschrift versehen zu sein.

»Dieser Ort ist unglaublich!« Ich nahm ein paar der Fotografien genauer unter die Lupe. Ob ich einige davon unbemerkt rausschmuggeln könnte? Wie verdächtig wäre es, wenn mein Rücken ein perfektes Rechteck bilden und ich bei jeder Bewegung klappern würde?

»Danke, Schätzchen.«

»Ich kann nicht fassen, wie viele Bands bei dir schon aufgetreten sind.« Ich zeigte auf das Foto einer älteren Gruppe. »Ich war elf, als ich sie live spielen hörte. Das war mein erstes Konzert.«

»Du hast schon mit elf die Szene unsicher gemacht?«

»Was soll ich sagen? Manche Mädchen schlüpfen in ihr Tutu, setzen sich eine Tiara auf und träumen davon, eine Ballerina oder eine Prinzessin zu sein. Diese Prinzessin hier hatte ein Mikrofon, an dem Tücher hingen, und band sich ihre Axl-Rose-Bandanas für drei volle Monate um den Kopf. Einmal bemalte ich mit Filzstiften mein Gesicht, um wie Ace Frehley auszusehen.«

Rhys’ tiefes Lachen schallte durch den Raum. » Ist das wirklich wahr?«

»Jup. Das war in der ersten Klasse. Am nächsten Tag wurden Schulfotos geknipst. Meine Mutter war nicht erfreut. Mein Vater ließ die Bilder im Posterformat drucken.«

»Die muss ich sehen.«

»Mal schauen, was ich tun kann«, versprach ich, ehe ich das Thema wechselte. »Hast du das Rye eröffnet?«

»Ja, vor etwa fünfzehn Jahren.«

»Wow, da warst du noch ziemlich jung.« Keine Ahnung, wie alt er tatsächlich war, ich schätzte ihn jedoch auf Mitte bis Ende dreißig. Er gehörte definitiv zu den Glückspilzen, die mit zunehmendem Alter attraktiver wurden.

»Vergiss nicht wild, dumm und leichtsinnig. Ich habe jeden Cent in die Renovierung gesteckt, um ihn zum Laufen zu bringen. Vermutlich hätte ich es nie getan, wäre ich es nicht leid gewesen, überteuertes Bier in einem Laden zu trinken, der unbedingt hip sein wollte. Mir war mehr nach einem schlechten Bier in einer miesen Spelunke.«

»Tut mir echt leid, aber ...« Ich sah mich um. »Das ist eindeutig keine miese Spelunke.«

Er lehnte sich gegen die Wand und lächelte zu mir herab. »Tja, scheint, als hätte ich das verbockt, nicht?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ein wenig.«

»Kase meinte, du hättest ein eigenes Geschäft?«

»Ja, aber es steckt noch in den Kinderschuhen.«

»Gefällt dir das Unternehmerdasein?«

Ich musste grinsen. »Definitiv. Es war ein Hobby, das sich fast wie von selbst zu einem kleinen Business mauserte. Es ist viel Arbeit, aber das ist es mir wert, weil ich tun kann, was ich liebe.«

»Das verstehe ich gut. Sein Hobby zum Beruf zu machen, ist die beste Sache, die diese Welt zu bieten hat. Gott sei mein Zeuge, an manchen Tagen will ich nicht wissen, welche Hölle mich diesmal erwartet, wenn ich hierherkomme. Irgendein Scheiß passiert immer. Oder die verfluchte Büroarbeit ist wieder mal zu erledigen. Aber den ganzen Tag lang tun, was ich liebe? Tun und lassen, was mir in den Sinn kommt, weil ich allein die Zügel in der Hand habe? Verdammt, das würde ich für nichts eintauschen.«

Ich hatte bereits alle Horrorgeschichten zur Selbstständigkeit gehört, weshalb ich froh war, dass mir jemand zur Abwechslung etwas Positives erzählte. »Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?«

»Nun, Schätzchen, sofern du nicht Kuchen für Trauerfeiern bäckst, wirst du in den Genuss kommen, die Leute an ihren guten Tagen kennenzulernen. Ich aber erlebe sie an ihren besten Tagen, den furchtbarsten und allen dazwischen. Nachdem sie ein Kündigungsschreiben, Scheidungspapiere oder schlechte Nachrichten von ihrem Arzt erhalten haben. Andere sind hier, um zu feiern oder das Leben zu begießen, weil es so verdammt gut zu ihnen war. Es gefällt mir, auf die unterschiedlichsten Menschen zu treffen.«

Ich nickte in Richtung Bar. »Bist du auf diese Weise auch den Jungs von Hyde begegnet?«

»So in der Art. Jake und ich kennen uns gut zehn Jahre. Die anderen stießen nach und nach durch ihn dazu. Sie sind eine eingeschworene Mannschaft.«

»Ist mir aufgefallen.«

Als keine Antwort kam, schaute ich hoch zu Rhys, der mich abwägend musterte. Ich hatte rein gar nichts zu verbergen, dennoch musste ich ein nervöses Zappeln unterdrücken. Ich arbeitete hart daran, dass mich die Meinungen anderer Leute nicht kümmerten, aber mal ehrlich ... Wer wollte schon nicht gemocht werden?

Als er mir ein Lächeln mitsamt Grübchen schenkte, konnte ich einen Freudentanz gerade so unterdrücken. »Ich rief Jake vorhin an, um ihn etwas über dich auszuhorchen«, gestand Rhys mir.

»Tatsächlich?« Ich bemühte mich um Gleichgültigkeit. In Wahrheit wollte ich eine wortgetreue Niederschrift ihrer Unterhaltung.

»Kase ... nun, er hat ein bestimmtes Beuteschema, und dazu zählen keine zuckersüßen Bäckerinnen, egal wie sündhaft schön sie sind«, erklärte er mit einem anrüchigen Lächeln. »Ich wollte sichergehen, dass er nicht erneut einer psychotischen Schnalle auf den Leim gegangen ist. Es gibt genug Leute, die sich etwas aus einer Verbindung zu dir versprechen und die dich ausnutzen. Man muss sich im Leben mit loyalen Menschen umgeben, die dir den Rücken freihalten. Als Jake ohne Zögern sagte, dass du zu den Guten gehörst ... Nun, das ist wie der Lottogewinn unter den Leumundsbescheinigungen.«

So sehr ich auch in einen ultimativen Freudentanz verfallen wollte, war ich mehr als nur ein bisschen überrascht.

Bin ich die Einzige, die findet, dass Jake sehr widersprüchliche Signale aussendet?

»Jake kann so gut wie niemanden leiden, das betrifft vor allem Frauen. Zwar mag er sie, erträgt ihre Gesellschaft jedoch nur in gewissen Stellungen, wenn du verstehst, was ich meine.« Ich hatte keine Gelegenheit, über seine Aussage nachzudenken, da fuhr Rhys bereits fort. »Als die Jungs über dich sprachen, weckte das meine Neugier. Jake erhielt deine Nachricht und sagte was davon, dass er sich eine Delle ansehen würde. Als die anderen allesamt aufsprangen, um ihm zu folgen, schloss ich mich ihnen an. Ich wollte selbst einen Blick riskieren, was sich als verdammt guter Entschluss herausstellte, Schätzchen.«

Ich stieß sacht gegen seine Schulter. »Charmeur.«

»Ganz und gar nicht. Ich bin so ziemlich das Gegenteil davon. Diesen Laden zu schmeißen, ist ein Vollzeit-Job, was bedeutet, dass ich keine Zeit zum Rumlabern habe. Ich fälle Entscheidungen vom Fleck weg und vertraue auf meine Instinkte. Und wenn ich etwas will, werfe ich nicht mit Süßholzscheiß um mich, den ich nicht meine. Ich habe bereits rumgefragt und weiß, dass du keinen Kerl hast, zumindest keinen, von dem irgendeiner hier wüsste.«

Mein Verstand versuchte, seinen Ausführungen zu folgen, und mehr spät als recht fiel mir auf, dass er auf eine Bestätigung von mir wartete. »Nope, kein Kerl.«

»Gut. Ich würde dich gern näher kennenlernen und herausfinden, wie süß du wirklich bist. Nach allem, was ich heute Abend sehen konnte, gehe ich jede Wette ein, dass du mindestens genauso wild bist wie süß. Wovon du wohl mehr hast?« Sein Blick wanderte über meinen Körper. »Denk darüber nach, Schätzchen.«

Ich starrte zu Rhys hoch, nicht sicher, was ich erwidern sollte. Ein Teil von mir wollte ihn fragen, ob er den Verstand verloren hatte. Wer sprach solche Sachen laut aus? Zugegeben, in Sachen Normalität war ich nicht die beste Richtskala. Die meiste Zeit meines Lebens hatte ich im – wie ich es gern nannte – Land jedweder Unterdrückung zugebracht; ein völlig stumpfsinniger Ort, an dem über Emotionen nicht gesprochen wurde und jegliche Gefühlsregung dank Doktor Botox aus den Gesichtern der Bewohner verschwand. Dennoch wusste selbst ich, dass Rhys mit seinen Worten Direktheit