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Unterschiedlicher könnten die Protagonistinnen dieser Erzählungen nicht sein! Die eine betreibt ein Dessous- und Sockengeschäft, die andere ist "Familienmanagerin“, die dritte leitet ein Kunstmuseum. Aber alle drei sind zwischen Vergangenheitsbewältigung und Zukunft, Innen und Außen, Vernunft und Gefühl auf der Suche nach dem richtigen Platz in ihrem Leben und wollen etwas verändern. "Ich töne innen“, sagt beispielsweise die Mutter mit dem Hörsturz, "und bald will ich auch außen tönen.“ Das Braunkarierte der Kinderkleidung wird abgestreift und an die Stelle tritt die Erkenntnis: "Ich bin bunt.“ Drei starke Geschichten von Monika Littau.
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Seitenzahl: 25
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Monika Littau
Impressum:
Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency
© 110th / Chichili Agency 2015
EPUB ISBN 978-3-95865-564-5
MOBI ISBN 978-3-95865-565-2
Urheberrechtshinweis:
Unterschiedlicher könnten die Protagonistinnen dieser Erzählungen nicht sein! Die eine betreibt ein Dessous- und Sockengeschäft, die andere ist „Familienmanagerin“, die dritte leitet ein Kunstmuseum.
Aber alle drei sind zwischen Vergangenheitsbewältigung und Zukunft, Innen und Außen, Vernunft und Gefühl auf der Suche nach dem richtigen Platz in ihrem Leben und wollen etwas verändern. „Ich töne innen“, sagt beispielsweise die Mutter mit dem Hörsturz, „und bald will ich auch außen tönen.“ Das Braunkarierte der Kinderkleidung wird abgestreift und an die Stelle tritt die Erkenntnis: „Ich bin bunt.“
Ich wusste schon, wie man wenige Stufen einer Leiter hinaufklettern konnte. Aber herunter?
Auf der Leiter in unserem Laden habe ich Wesentliches für mein Leben gelernt. Sie war aus blau gestrichenem Metall und es gab eine Schiene an den Regalen in der Wand, wo sie eingehakt wurde und mühelos hin- und hergeschoben werden konnte. Vorrätige Ware oder solche Artikel, die nicht täglich nachgefragt wurden, verstaute Mutter von der Leiter aus auf den oberen Brettern.
Ich war vielleicht eineinhalb Jahre alt, da setzte mich meine Mutter zum ersten Mal ganz oben auf das Trittbrett dieser Leiter.
Ich stand am Gurkenfass und gab Maggispritzer hinein. Wenn ich mich anstrengte und kräftig schüttelte, flogen gleich mehrere Tropfen in die Flüssigkeit. Perlen wie an einem Faden aufgereiht. Nur kurz sah ich sie, ehe sich ihr Braun verlor. Ich musste schnell noch einmal eine Perlenkette hineinschießen lassen. Mein Arm hob sich. Aber da wurde ich von hinten ergriffen und auf dem obersten Brett der Leiter abgesetzt.
„Maggi ins Gurkenfass!“, schimpfte die Mutter. „Du darfst doch kein Maggi ins Gurkenfass geben! Was machst du denn für einen Unsinn?“
Ich saß also da oben und hatte Angst, eine so große Angst, dass ich nichts sehen konnte von dem, was um mich herum geschah. Eine Angst, die mich lähmte auf diesem erstaunlichen Hochsitz. Ich war so starr, dass ich nicht einmal weinte, und die Augen weit aufriss.
„Hallo, Kleine Prinzessin!“ Ich hörte den Kunden nicht. Ich spürte nur die Angst.
Und dann, irgendwann, löste sie sich auf wie die Maggitropfen im Gurkenfass. Ich sah meine Mutter. Ich sah sie lächeln, während sie mit den Kunden sprach. Für jedes Problem wusste sie eine Lösung. Für jeden hatte sie ein freundliches Wort, bestellte Grüße an den Mann oder die Frau, erkundigte sich nach der erkrankten Mutter. Sie war tüchtig und eilig und schön in ihrer Arbeit, bei der man sie auf keinen Fall stören durfte, denn dann wurden die strahlenden, blauen Augen ernst, der Mund war plötzlich angespannt.