Ich und Monsieur Roger - Marie-Renée Lavoie - E-Book + Hörbuch

Ich und Monsieur Roger Hörbuch

Marie-Renée Lavoie

4,6

Beschreibung

Hélène ist klein, zart, acht Jahre alt, nennt sich Joe und behauptet, zehn zu sein, damit sie den Job als Zeitungsausträgerin bekommt. Umgeben von drei Schwestern, einem Vater, der das Leben nur als melancholischer Trinker erträgt, und einer Mutter, die sich mit drakonischer Strenge panzert, ist Joe manchmal etwas einsam, ganz wie Roger, der plötzlich im Garten des Nachbarhauses steht und flucht. Roger ist achtzig, ein begnadeter Grantler, dessen Flüche mit jeder Flasche Bier phantastischer werden. Wie Joe den lebensmüden Roger ins Leben zurückholt und er zum Schutzpatron dieses empfindsamen Mädchens wird, beschreibt Marie-Renée Lavoie aus Kanada mit viel Witz und Poesie.

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Zeit:6 Std. 21 min

Sprecher:Birte Schnöink

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Hanser Berlin E-Book

Marie-Renée Lavoie

Ich & Monsieur Roger

Roman

Aus dem Französischen

von Norma Cassau und Andreas Jandl

Hanser Berlin

Die kanadische Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel La petite et le vieux bei Les Éditions XYZ inc. in Montréal

Die deutsche Übersetzung wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung des Canada Council for the Arts.

ISBN 978-3-446-24457-3

© Les Éditions XYZ inc. 2010

Alle Rechte der deutschen Ausgabe

© Carl Hanser Verlag München 2013

Schutzumschlag: Marion Blomeyer / Lowlypaper, München,

Fotografie © Peter Andreas Hassiepen, München

Das Motto stammt aus Romain Gary. Gedächtnis mit Flügeln. In der Übersetzung von Jeanne Pachnicke. Abdruck mit freundlicher Genehmigung © Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 1989 (für die Übersetzung)

Satz: Greiner & Reichel, Köln

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Kreutzfeldt digital, Hamburg

»Nichts, was nicht zunächst einmal der Vorstellungskraft

entspringt, ist es wert, erlebt zu werden,

sonst ist das Meer nichts anderes als Salzwasser.«

Romain Gary,Gedächtnis mit Flügeln

1

Ich hatte mich erfolgreich überzeugt, ein Junge zu sein, und bestand jetzt auf dem Namen Joe. Oscar wäre mir lieber gewesen, wie die Heldin meiner liebsten Zeichentrickserie, aber Oscar hieß damals auch das Skelett aus dem Biologieunterricht und irgendein neuer, revolutionärer Besen. Also gab ich mich mit Joe zufrieden, auch wenn diese eine Silbe, bei der man so albern die Lippen schürzt, ein wenig banal klang.

Mein Oscar aus dem Fernsehen war, wie ich, ein Mädchen, das als Junge lebte. Sie war Hauptmann von Marie-Antoinettes Leibgarde und konnte ihre wirkliche Identität unter dem weiten Uniformmantel mit all seinen Orden und royalen Insignien viel leichter verstecken als ich. Ganz zu schweigen von ihrem schönen Schwert mit der goldenen Scheide, ihren gespornten Stiefeln, ihrem wundervollen Schimmel, ihrem durchdringenden und selbstsicheren Blick voller Licht und Tränen, und dem Wind, ja, vor allem diesem ganzen Wind, der so apokalyptisch durch ihre unglaublich langen, dichten, wallenden Haare wehte, die sogar schon im Titelsong den Takt vorgaben: »Lady Oscar, Lady Oscar, mit dem Wind der großen Freiheit in den offenen Haaren, Lady Oscar, Lady Oscar, wie ein Engel, der die Welt von Angst und Hass befreit.« Kein großer Held ohne ordentlich Windböen in den japanischen Zeichentrickserien. Kein Drama ohne Verwüstung der Lockenpracht. Übrigens gibt es nichts Überzeugenderes als zerzaustes Haar, um den Mut und die Charakterstärke des Kriegers zu schildern, der sich dem Bösen entgegenstellt und erhobenen Hauptes dem ganz umsonst tosenden Wind trotzt – bei Flaute ist der Effekt weg, das haben die Japaner begriffen.

Das Gewirr der kleinen Straßen und betonierten Gassen meines Viertels bremste jeden Windstoß aus. Und Bäume, die mit ihren Ästen den tragischen Lauf unserer Schicksale hätten anpeitschen können, gab es ohnehin nicht – nur ein paar Strünke, die man leicht mit Strommasten verwechselte. Und meine Haare, die sich, wie mein Körper, gerne widersinnig zeigten, gehorchten der Schwerkraft, ohne sich im Geringsten um meine Verzweiflung oder meinen dringenden Wunsch nach unbändigen Strähnen zu scheren. Egal, ich würde schon ohne sie auskommen. Oscar war mein Leben: Jeden Tag nach der Schule tauchte ich von 16 Uhr bis 16.24 Uhr auf dem Familienkanal ein in ihr schreckliches Schicksal, während ich behutsam an meinem eigenen feilte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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