Ich weine mit dir, kleine Lea - Annette Mansdorf - E-Book

Ich weine mit dir, kleine Lea E-Book

Annette Mansdorf

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Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Buchstäblich ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese wirklich einzigartige Romanreihe ist generell der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. »Ja, wie gesagt, Frau Wagner, es tut mit sehr leid. Aber ich muß auch sehen, wo ich bleibe.« »Ich möchte natürlich nicht schuld sein, daß Sie verhungern. Gut, Herr Bader, ich versuche, etwas anderes zu finden. Aber solange muß ich mein Geschäft ohne Belästigung führen können.« Herr Bader gefiel das Wort »Belästigung« nicht, wie man deutlich merkte, doch das konnte Johanna nun auch nicht ändern. Sie mußte ihre Wut sowieso mühsam verbergen, sonst hätte sie ihm gern noch ganz andere Dinge gesagt. »Na… dann gehe ich jetzt. Viel Erfolg noch.« Was angesichts der Tatsache, daß er sie praktisch vor die Tür setzte, nur noch als Frechheit bezeichnet werden konnte. Gott sei Dank kamen so früh nur selten Kunden. Johanna verspürte das dringende Bedürfnis, erst einmal Dampf abzulassen. Sie ging also in den Raum hinter dem Laden und wählte die Nummer ihrer Freundin. Grit Rolfsen war Krankengymnastin und mit einem Orthopäden verheiratet. Er lag Johanna nicht besonders, so daß sich die beiden Frauen meistens allein trafen. Johanna hatte Glück, Grit war gleich selbst am Apparat. »Du glaubst ja nicht, wer eben bei mir war«, eröffnete Johanna das Gespräch. Mit Grit konnte man das machen, sie war immer in der Lage, den Gedankensprüngen ihrer Freundin zu folgen und wunderte sich nie über deren unkonventionelle Art, ein Telefonat zu führen.

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Mami Classic – 18 –

Ich weine mit dir, kleine Lea

Annette Mansdorf

»Ja, wie gesagt, Frau Wagner, es tut mit sehr leid. Aber ich muß auch sehen, wo ich bleibe.«

»Ich möchte natürlich nicht schuld sein, daß Sie verhungern. Gut, Herr Bader, ich versuche, etwas anderes zu finden. Aber solange muß ich mein Geschäft ohne Belästigung führen können.«

Herr Bader gefiel das Wort »Belästigung« nicht, wie man deutlich merkte, doch das konnte Johanna nun auch nicht ändern. Sie mußte ihre Wut sowieso mühsam verbergen, sonst hätte sie ihm gern noch ganz andere Dinge gesagt.

»Na… dann gehe ich jetzt. Viel Erfolg noch.«

Was angesichts der Tatsache, daß er sie praktisch vor die Tür setzte, nur noch als Frechheit bezeichnet werden konnte.

Gott sei Dank kamen so früh nur selten Kunden. Johanna verspürte das dringende Bedürfnis, erst einmal Dampf abzulassen. Sie ging also in den Raum hinter dem Laden und wählte die Nummer ihrer Freundin.

Grit Rolfsen war Krankengymnastin und mit einem Orthopäden verheiratet. Er lag Johanna nicht besonders, so daß sich die beiden Frauen meistens allein trafen. Johanna hatte Glück, Grit war gleich selbst am Apparat.

»Du glaubst ja nicht, wer eben bei mir war«, eröffnete Johanna das Gespräch.

Mit Grit konnte man das machen, sie war immer in der Lage, den Gedankensprüngen ihrer Freundin zu folgen und wunderte sich nie über deren unkonventionelle Art, ein Telefonat zu führen.

»Na? Wer?«

»Mein Vermieter, Herr Bader. Meine Pacht läuft ja in einem Vierteljahr aus, und jetzt will dieser Halsabschneider die Miete über fünfzig Prozent erhöhen.«

»So ein mieser Kerl! Und was machst du nun? Du zahlst doch wohl nicht etwa?«

»Bestimmt nicht. Der soll erst mal jemanden finden, wenn er im Preis so hochgeht. Jeder Laden wirft das bestimmt nicht ab.«

»Das kann ich mir auch nicht vorstellen. Wenn deine Creationen nicht so toll wären…«

»Danke, aber das kann mich jetzt auch nicht besänftigen. Wahrscheinlich mache ich heute lauter Gestecke mit Kakteen und Schierlingskraut!«

Grit lachte. Johanna und ihr Temperament, das ihr oft ganz schön in die Quere kam… Sie brachte es fertig, Kundenwünsche abzuweisen, weil sie es geschmacklich nicht vertreten konnte.

»Na ja, ich will dich nicht länger aufhalten, Grit. Danke, daß du mir zugehört hast. Ich kann mir jetzt also einen neuen Laden suchen. Ein schrecklicher Gedanke. Ich hasse das.«

»Ach was, das kann auch ganz schön spannend werden.«

»Wann soll ich mich denn darum kümmern? Du hast Nerven!«

»Ich helfe dir natürlich. Und dann gibt es die segensreiche Erfindung des Maklerberufes.«

»Segensreich? Zwei Mieten Courtage? Na, weißt du…«

»Ich spreche mal mit Werner. Ein alter Freund von ihm ist Immobilienmakler. Der weiß vielleicht etwas, ohne gleich die Hand aufzuhalten.«

»Du glaubst noch immer an das Gute im Menschen, wie tröstlich«, murrte Johanna.

»Nun reg dich nicht auf, Jojo. Wir packen das schon zusammen.«

»Danke, Grit. Dann knete man schön weiter. Ich muß jetzt auch mal ein bißchen was tun.«

Sie legten auf. Johanna lehnte sich zurück und schloß für einen Moment die Augen. Ihr Leben lief wohl schon zu lange in ruhigen Bahnen. So war es immer. Wenn sie gerade glaubte, alles im Griff zu haben, passierte garantiert etwas, das sie wieder herausriß. Aber manchmal hatte sie das Gefühl, daß ihr die Puste ausging. Wundersamerweise schaffte sie es dann doch wieder.

Natürlich drängte sich jetzt auch die Erinnerung an Klaus auf. Klaus war ein Mann gewesen, mit dem sie sich eine Partnerschaft hätte vorstellen können. Bis sie dann zusammengezogen waren und es sich herausgestellt hatte, daß von seinen ganzen schönen Sprüchen nicht viel zu halten war. Die gemeinsame Haushaltsführung war genauso vergessen wie die Kostenteilung. Immer öfter hatte er sie gebeten, dieses oder jenes zu übernehmen, bis Grit sie dann einmal dezent darauf hingewiesen hatte, daß sie kaum noch Zeit zu haben schien. Johanna war mit einem Ruck von ihrer rosa Wolke heruntergefallen und mit einem Plumps auf dem Allerwertesten gelandet. Kurz darauf hatte sie Klaus und die gemeinsame Wohnung verlassen. Wenn ihr erst einmal etwas bewußt war, fackelte sie auch nicht lange. Er hatte noch eine Weile gejammert, doch Johanna war hart geblieben. Als sie nämlich zusammengerechnet hatte, was sie dieser »Spaß« gekostet hatte, stand unter dem Strich nicht nur ein angeknackstes Herz, sondern auch eine fünfstellige Summe. Solchen Luxus konnte sie sich nicht leisten, dafür arbeitete sie einfach zu hart.

Blumengeschäfte gab es wie Sand am Meer. Da mußte man schon besonders kreativ sein, um Erfolg zu haben. Ihre Blumengestecke hatten immer etwas Besonders. Inzwischen belieferte sie Hotels und Restaurants und hatte einen guten Kundenstamm. Aber es war unglaublich anstrengend gewesen, soweit zu kommen.

»Verdammter Kerl«, fluchte sie noch einmal laut, wobei sie an Klaus und an Herrn Bader dachte. Dann stand sie auf und stürzte sich in die Arbeit. Eine Menge Bestellungen waren auszuführen. In einer Stunde kam ihr Lehrling Marlies, die dann schließlich etwas zu verkaufen haben sollte.

Bis zum Mittag arbeitete sie konzentriert und voller Freude. Wenn sie Blumen zusammenstellte, die sie für ein Gesteck verwenden wollte, vergaß sie jedesmal jeden Kummer und alles, was sie normalerweise aufregte. Die Komplimente ihrer Kunden taten ein übriges.

»Ich gehe dann kurz zum Essen, Marlies. Sie kommen zurecht?«

»Natürlich, Frau Wagner. Ich habe schon drei von den Sonnenblumensträußen verkauft.«

»Ich mache nachher noch ein paar davon. Jetzt muß ich erst einmal eine Pause haben. Ach, da ist noch etwas, Marlies. Es kann sein, daß ich hier bald aufgeben muß. Der Vermieter erhöht die Pacht so stark, daß ich nicht bereit bin, das zu zahlen. Würden Sie auch mitkommen, wenn ich in einem anderen Stadtteil ein Geschäft finde?«

Marlies, deren Blick gerade noch voller Panik gewesen war, nickte begeistert.

»Natürlich! Ich kann mir gar nicht vorstellen, woanders zu arbeiten!«

»Danke, Marlies, das ist eine große Erleichterung. Wir sind schon ein so gut eingespieltes Team.«

Die Neunzehnjährige freute sich sichtlich. Sie war schon seit zwei Jahren bei Johanna. Ihre schulischen Leistungen waren nie berauschend gewesen und die Ausbildung als Schlachtereifachverkäuferin hatte sie wegen ihres unüberwindlichen Ekels aufgegeben, sehr zum Entsetzen ihrer Eltern, die selbst eine Schlachterei hatten. Marlies hatte Ausschlag bekommen und war ständig krank gewesen. Niemand hatte ihr beigestanden, bis sie einfach weggelaufen war und Johanna sie am Blumengroßmarkt aufgegabelt hatte. Marlies liebte Blumen und hatte ein gutes Auge für Farben. Seitdem hatte Johanna keinen Tag bereut, Marlies eine Stelle angeboten zu haben.

»In einer Stunde bin ich wieder hier.«

»Guten Appetit.«

Johanna fuhr ins Einkaufszentrum. Hier machte sie erst einmal ihre Runde, um zu sehen, was den anderen Floristinnen einfiel. Sehr zufrieden, weil sie noch immer eine Nasenlänge voraus war, schlenderte sie dann zu ihrem bevorzugten Restaurant und suchte sich einen Tisch an der Balustrade aus, um die anderen Leute vorbeiflanieren zu sehen. Sie fuhr nicht jeden Tag hierher, aber zweimal die Woche gönnte sie sich das. Wenn sie so unangenehme Begegnungen gehabt hatte wie heute morgen, brauchte sie es geradezu.

Der Kellner der sie natürlich schon kannte, empfahl ihr Putenfilet auf Salat, und Johanna nahm seine Empfehlung gern an. Hinterher durfte natürlich der Cappuccino nicht fehlen. Die Aussicht auf die bevorstehenden Genüsse besänftigten sie dann auch soweit, daß sie ernsthaft nachzudenken begann, wie sie ihre Suche nach einem Geschäft am besten anfangen sollte.

Natürlich würde sie erst einmal den Anzeigenteil der Samstagszeitung studieren müssen. Vielleicht wollte jemand gerade ein Blumengeschäft abgeben. Und dann mußte sie wohl tatsächlich überlegen, ob sie die Hilfe von Werner, beziehungsweise dessen Freundes, in Anspruch nehmen sollte. Auf jeden Fall würden ihre Ersparnisse dahinschmelzen.

Eine Gruppe von Geschäftsmännern ging langsam vorüber. Sie unterhielten sich angeregt, blieben stehen, sahen sich mit wichtigem Blick um und beratschlagten dann irgend etwas. Johanna mußte schmunzeln. Männer konnten sich so aufplustern…

Sie schoben zwei Nebentische zusammen und setzten sich schließlich… Die Diskussion, was zu essen zu bestellen sei, wurde dann schon entspannter geführt. Plötzlich klingelte mitten in die Überlegungen hinein ein Handy. Einer der Männer, der zu einem Blazer eine Jeans trug und Johanna deshalb schon aufgefallen war, zog es aus der Tasche und begann in den kleinen Apparat hineinzusprechen.

»Ich muß leider zurück auf die Baustelle. Es gibt da irgendwelche Schwierigkeiten. Ich kenne das Einkaufszentrum hier aber auch so sehr gut. Wir sehen uns dann später.«

Er nickte in die Runde und schlängelte sich an den Tischen vorbei. Das hieß, er wollte sich schlängeln, doch leider blieb er an Johannas Tisch hängen und riß die Speisekarte herunter.

»Oh, pardon.«

Schon hatte er sie aufgehoben und zurückgelegt, ohne Johanna auch nur mehr als einen flüchtigen Blick zu widmen.

»Angeber«, dachte sie unfreundlich und fragte sich, ob sie etwa schon in dem Alter war, wo man langsam unsichtbar wurde. Mit dreißig vermutlich ein bißchen früh. Vielleicht sollte sie doch einmal eine kräftigere Lippenstiftfarbe ausprobieren…

*

Die nächsten drei Wochen vergingen mit der Suche nach geeigneten Räumen. Es war eine Katastrophe, was Johanna angeboten wurde. Dunkle Löcher, in die nie ein Sonnenstrahl eindrang, ramponierte Läden, die erst einmal mit viel Geld saniert werden müßten. Riesige Geschäfte, die so gemütlich wirkten wie der Hauptbahnhof bei Regenwetter und die auch mit viel Phantasie nicht in das kleine Paradies zu verwandeln wären, das Johanna vorschwebte. So langsam machte sie sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft.

Grit hatte offenbar auch noch nichts erreicht. Entweder war der Freund ihres Mannes nicht bereit, ohne seine Courtage zu helfen, oder er hatte kein geeignetes Objekt im Programm. Johanna wollte nicht nachfragen, weil ihr Werners Hilfe sowieso nicht angenehm war. Er würde sie in drei Jahren noch daran erinnern, daß sie den Laden mit seiner Hilfe gefunden hätte. Manchmal war es ihr völlig schleierhaft, wie ihre beste Freundin mit diesem Mann zusammenleben konnte.

Marlies stand jetzt die meiste Zeit allein im Laden. Sie machte ihre Sache sehr gut, so daß sich Johanna ganz auf ihre Suche konzentrieren konnte. An diesem Morgen hatte sie wieder zehn der beliebten Sonnenblumensträuße angefertigt und war gerade dabei, sich die Hände zu waschen, als das Telefon klingelte.

»Soll ich abnehmen?« fragte Marlies.

»Ich gehe schon.«

Sie trocknete sich die Hände ab und nahm den Hörer auf.

»Wagner.«

»Guten Tag, Frau Johanna. Mein Name ist Sebastian von Hooven. Ich bin Makler. Werner Rolfsen, mein Freund, erzählte mir, daß Sie einen Laden suchen. Ich hätte da vielleicht ein interessantes Angebot für Sie.«

»Oh, wirklich? Wo wäre der Laden denn?«

»In dem neuen Einkaufszentrum. Ich weiß nicht, ob Sie soviel investieren wollen, aber Grit sagte mir, daß Ihre Sträuße sehr gut ankommen. Das wäre doch vielleicht der Durchbruch, an einen größeren Kundenkreis zu kommen. Wären Sie interessiert? Dann zeige ich es Ihnen gern einmal.«

»Wie groß ist er?«

»Ungefähr achtzig Quadratmeter.«

Das wäre doppelt so groß wie ihr bisheriges Geschäft.

»Und wie teuer? Ich meine, womit müßte ich rechnen?«

Er nannte eine Summe, bei der es Johanna leicht schwindelig wurde. Hatte sie wirklich den Mut, soviel zu wagen? Wäre es nicht fast vermessen? Andererseits, was hatte sie schon zu verlieren? Zur Not müßte sie eben wieder aufgeben. Ihre Gestecke waren wirklich gut. Viele Kunden hatten ihr das schon bestätigt. Glaubte sie vielleicht plötzlich nicht mehr an sich?

»Ich müßte ihn mir ansehen«, hörte sich Johanna mutig sagen und warf Marlies einen Blick zu.

Ihr Lehrling lächelte bereits strahlend, obwohl sie doch gar nicht wußte, was der Makler Johanna vorgeschlagen hatte.

»Wunderbar. Wann haben Sie Zeit?«

»Jetzt?« fragte Johanna forsch.

Er lachte.

»Sie scheinen sehr wagemutig zu sein. Das gefällt mir. Ich kann in einer Stunde dort sein. Treffen wir uns bei dem Modeschmuck-Geschäft. Es liegt gleich am Eingang rechts im Erdgeschoß.«

»Sehr gut. Ich bin da.«

Sie legte auf und erzählte Marlies, was der Makler ihr angeboten hatte.

»Das wäre ja toll! Da hätten wir bestimmt mindestens doppelt soviele Kunden wie hier!«

»Es ist ja auch doppelt so teuer. Die Kunden brauchten wir dann auch.«

»Ach, das schaffen wir! Wir machen eben noch mehr Sträuße, ich kann doch auch früher kommen.«

Die Begeisterung riß Johanna mit. Sie sah sich auch bereits inmitten eines schönen hellen Ladens mit elegant gekleideten Kunden, die sich um ihre Blumensträuße rissen. Nach den deprimierenden Erfahrungen, die sie in den letzten drei Wochen gemacht hatte, war es natürlich nicht ungefährlich, sich so einen Laden anzuschauen, ohne vorher nicht durchgerechnet zu haben, ob sie sich auch leisten konnte.

»Ich muß mal eben rechnen, Marlies. Gehen Sie nach vorn? In einer Stunde fällt vielleicht schon die Entscheidung.«

»Wir sollten es machen! Wenn es hilft, kann ich auch auf einen Teil meines Gehaltes verzichten. Das macht mir echt nichts aus.«

»Das ist lieb von Ihnen, Marlies, aber das käme natürlich gar nicht in Frage. Wir müssen das auch so schaffen. Wenn wir ein paar neue Ideen haben, den Laden toll gestalten, wird es sicher irgendwie gehen.«

»Dann sagen Sie also zu?«

»Gehen Sie jetzt nach vorn, Marlies! Sie sind ja schlimmer als der Makler«, antwortete Johanna lachend.

Sie konnte soviel rechnen, wie sie wollte, es ergab immer dasselbe Bild. Sie mußte ein großes Risiko eingehen, und ihre Ersparnisse würden vermutlich auch draufgehen. Dann könnte sie theoretisch auch den Laden hier behalten. Aber als Johanna an ihren Vermieter dachte, wußte sie, daß das nicht in Frage käme. Er sollte das Geld nicht einstecken und sich noch die Hände reiben!

Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Magen fuhr Johanna los. Während der Fahrt dachte sie pausenlos darüber nach, was sie dem Makler antworten sollte. Ja oder nein? Vielleicht oder ganz bestimmt? Was sie brauchte, wäre ein Zeichen. Ein klares Zeichen, daß es gut war, diese Entscheidung zu treffen.

Als Kind hatte sie immer versucht, nicht auf die Zwischenräume der Gehwegplatten zu treten. Das bedeutete dann nämlich eine gute Zensur in der letzten Klassenarbeit. Johanna mußte lächeln, als sie daran dachte. Wie überschaubar ihre Welt damals doch gewesen war! Heute war es nicht mehr so einfach.