Im Netz der Drogen - Rita Hajak - E-Book

Im Netz der Drogen E-Book

Rita Hajak

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Beschreibung

Eine tote Frau am Strand. Eine andere Frau wird entführt. Wie sind die Fälle miteinander verstrickt? Die entführte Frau wird erpresst zum Transport von Heroin. Bei nicht Erfüllung sieht sie ihre zweijährige Tochter, die in Däne-mark entführt wurde, nicht wieder. Igor, ein verdeckter Ermittler von der Drogenfahndung, ist bei der Suche nach den Tätern und dem Oberhaupt des Drogen-Ringes behilflich. Weitere Menschen sterben und einige Jugendli-che fallen den Drogen zum Opfer. Trügerische Informa-tionen führen auf eine falsche Spur. Die Suche nach den Tätern geht weiter, bis eine Kollegin entführt wird. Wie weit werden die Beamten mit ihren Ermittlungen und Nachforschungen erfolgreich sein? Die Maschen in die-sem Lügennetz werden immer enger.

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MOBI

Seitenzahl: 247

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Rita Hajak

Im Netz der Drogen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Zitat

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Nachwort

Impressum neobooks

Zitat

Keine Droge ist es wert,

an ihr zu sterben.

Bedenkt, solange ihr lebt,

ist Zeit, umzukehren.

- Rita Hajak -

Kapitel 1

19.August 2024 - Montag

Es stürmt; die See tobt. Ein Boot tuckert nahe am Strand entlang. Die Sicht ist schlecht, denn aus dem schwarzen Abendhimmel regnet es in Strömen. Von fern grollt es. Ein Gewitter ist im Anmarsch. Der starke Wellengang lässt das Boot hin und her schaukeln. Etwas platscht ins Wasser. Unmittelbar danach entfernt sich das Gefährt, laut knallend, als wäre der Motor defekt.

Kurz nach halb sieben Uhr morgens schlich Uwe Langbein leise aus dem Wohnwagen. Draußen unter dem Vorzelt zog er seine Gummistiefel an und schaute sich um. Es war bereits hell. Das Gewitter war weitergezogen und es regnete nicht mehr. Der Campingplatz lag um diese Zeit in tiefem Schlaf. So marschierte er, mit Eimer und Angelrute, über den Damm hinunter zum Meer. In der Nähe des Niobe-Denkmals fand er einen geeigneten Platz. Er stiefelte einige Meter in das seichte Wasser, steckte ein Würmchen auf den Angelhaken und warf die Rute aus. Weit draußen auf der Ostsee hüpften Schaumkronen auf dem Wasser. Träumend genoss er die Stille und die Temperatur, die um diese Zeit noch erträglich war. Spätestens in zwei Stunden würde der Campingplatz einem Jahrmarkt gleichen. Die Toiletten und Duschräume waren dann überfüllt. Der kleine Laden am Eingang des Platzes würde von Menschen überquellen, die frische Brötchen kaufen wollten. Auch seine Frau würde mittendrin stehen. Für August war es viel zu heiß. Damit hatten sie nicht gerechnet. Ab zehn Uhr war ein Aufenthalt im Schatten unerlässlich. Er konzentrierte sich auf die Angelrute, die heftig hin und her wirbelte. Rasch zog er sie heraus und ging rückwärts aus dem Wasser. Aus den Augenwinkeln sah er links von sich etwas im Sand liegen. Er nahm den zappelnden Fisch vom Haken und warf ihn in den mit Meerwasser befüllten Eimer. Danach richtete er sein Augenmerk auf seinen Fund. Als er näher herantrat und erkannte, dass es eine Frau war, schlug er erschrocken die Hand vor den Mund. Meine Güte, das fehlte mir noch, dachte er. Er beugte sich zu ihr nieder und fühlte den Puls. Er spürte ihn nicht. Sie war kalt wie ein Fisch. Er sah die blauen Flecken an ihrem Hals und wusste, dass sie tot war. »Schiet, aber auch, so ne junge Dirn«, fuhr es aus ihm heraus. Er ließ alles liegen und stehen und rannte so schnell er konnte, den Damm hinauf zum Wohnwagen. Beinahe wäre er mit seiner Frau zusammengestoßen, die heraustrat, als er hechelnd ankam.

»Ich geh’ Brötchen holen, bevor ich Schlange stehen muss«, sagte sie. »Ich habe zum Frühstück alles vorbereitet.« Als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte, wurde sie sogleich wieder ernst. »Was ist los?«

»Ruf die Polizei. Es ist etwas Schreckliches passiert. Eine Tote liegt am Strand.« Seine Zähne schlugen aufgeregt aufeinander.

Seine Frau schaute ihn erschrocken an. »Mach du das«, sagte sie zitternd.

Fünfzehn Minuten später hielt ein Streifenwagen der Polizeistation in Burg auf Fehmarn auf dem Campingparkplatz. Einige Schaulustige hatten sich eingefunden.

Die Beamten drängten sich durch die Menge. »Wer hat angerufen?«, fragte Polizeihauptmeister Junghans.

»Das war ich«, sagte Uwe Langbein. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Stelle, wo ich die junge Frau gefunden habe«, sagte er zu den Beamten. Als die Meute Anstalten machte, hinterher zu marschieren, hob einer der Beamten die Hand. »Sie bleiben jetzt alle schön da, wo sie sind. Sie verwischen sonst mögliche Spuren.«

Langbein ging voraus, über den Damm zur Fundstelle. Die Beamten liefen hinterher.

Polizeihauptmeister Junghans schüttelte fassungslos den Kopf und fühlte nochmals den Puls der Toten, sicherheitshalber. Er wandte sich an seinen Kollegen und gab einige Anweisungen. Anschließend trat er zu Uwe Langbein. »Jetzt nehme ich Ihre Personalien auf und dann erzählen Sie mir, was Sie gesehen haben.«

»Ich habe nichts gesehen.«

»Schön der Reihe nach. Erst den Namen und die Anschrift.«

Während der Polizeihauptmeister seine Notizen machte, sperrten die Beamten mit Flatterband alles weiträumig ab.

»Wir warten, bis der Kriminalkommissar aus Lübeck eintrifft«, bestimmte Junghans. Er war ganz aus dem Häuschen. Einen Mord, wenn es denn einer war, gab es schon lange nicht mehr auf der Insel. Es gefiel ihm, dass er das Sagen hatte, solange der Kommissar nicht anwesend war. Trotz seiner Korpulenz bewegte er sich flink und wirkte Respekt einflößend.

Kriminalhauptkommissar Jan Petersen, von der Mordkommission in Lübeck, betrat das Büro. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee stieg ihm in die Nase, den seine Kollegin Oberkommissarin Jette Nielsen gebrüht hatte. »Moin, ein behaglicher Duft«, sagte er.

»Moin, Herr Petersen.« Er griff nach seiner Tasse und hielt sie seiner Kollegin entgegen. Jette goss einen kräftigen Schluck hinein.

»Vielen Dank, Kollegin.«

»Wir müssen gleich los«, sagte sie. »Eine tote Frau am Strand, auf Fehmarn.« Sie winkte die Sekretärin heran, die im Nebenzimmer saß und durch eine Glasscheibe von ihnen getrennt war. Christiane Clausen eilte aus ihrem Büro zu ihnen herüber. »Ich habe alles aufgeschrieben.« Sie reichte Jette einen Zettel. »Moin, Herr Petersen.«

»Moin, Frau Clausen.«

Fünf Minuten später verließen sie das Kommissariat.

»Was wissen wir?«, fragte Petersen.

»Nicht viel. Auf dem Zettel steht: weibliche Leiche zwischen Niobe und Grünen Brink.«

»Na super. Sicherlich eine junge Frau. Könnte es sich um ein Sexualdelikt handeln?«

»Möglich. Das werden wir vor Ort sehen«, antwortete Jette.

»Gerade mal zwei Tage aus dem Urlaub zurück und dann so etwas.« Petersen stöhnte.

»Das ist unser Beruf, Kollege.« Sie schielte ihn von der Seite her an, betrachtete seine schlanken Hände, die auf dem Lenkrad ruhten. Er sah gut aus. Durchtrainiert, mit dunkelblonden, kurz geschnittenen Haaren und blauen Augen. Er war beinahe einen Kopf größer als sie, schätzte ihn auf 185 cm. Als Mann, genau richtig für sie.

Er spürte ihren Blick und grinste. »Als ob ich das nicht wüsste. Ich bin lange genug bei der Mordkommission!«

»Wie war denn Ihr Urlaub?«, fragte Jette.

Er verzog das Gesicht. »Meiner Frau hat er nicht gefallen. Sie wollte immer das Gegenteil, von dem, was ich wollte.«

»Oh, dann kam es auch zu Streitereien? So was ist fehl am Platz im Urlaub.«

»Das ist Schnee von gestern. Meine Frau und ich werden uns trennen.«

»Tut mir leid für Sie.«

»Das muss es nicht.«

Jette Nielsens Handy läutete. »Was gibt es, Frau Clausen?«

»Stellen Sie Ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz des Campingplatzes ab.«

»In Ordnung, danke.«

Sie waren angekommen und gingen die wenigen Meter bis zum Flatterband am Strand.

»Da geht’s ja mächtig her«, stellte Jette fest.

Polizeihauptmeister Junghans trat ihnen entgegen und begrüßte sie.

»Moin, wir hatten im letzten Jahr bereits das Vergnügen«, sagte Jette.

Der Beamte nickte eifrig und begrüßte Jan Petersen mit einem Händedruck. »Kommen Sie, der Tatort ist nicht weit entfernt«, sagte Junghans beschwichtigt.

Die Männer von der Spurensicherung waren bereits vor Ort. Jonas Schultheis, der Leiter der KTU, hob grüßend die Hand. Soeben eilte die Gerichtsmedizinerin, Frau Dr. Engelbrecht, heran. Nach einer flüchtigen Begrüßung begab sich die Ärztin zur Toten. »Lasst mir einen Moment Zeit, mir ein Bild zu machen«, bestimmte sie.

Die Kommissare Jan Petersen und Jette Nielsen hielten sich zurück, bis die Ärztin sich erhob.

»Wie sieht es aus, Frau Doktor?«, fragte Jette Nielsen und trat mit ihrem Kollegen an das Opfer heran. »Mein Gott«, entfuhr es Jette, »solch ein junges Mädchen.«

Jan Petersen beugte sich hinunter und sah sich die Tote genauer an. »Kein Unglücksfall? Was denken Sie?« Er schaute die Medizinerin fragend an.

»Das wird eine Obduktion klären. Die Male am Hals und die Hämatome an den Armen und am Rücken deuten auf Gewaltanwendung hin.«

»Also Mord!«, bestätigte er. »Seit wann ist sie tot?«

»Ich denke seit gestern, spätabends. Etwa neun bis zehn Stunden«, entgegnete Dr. Engelbrecht.

»Wissen wir, wer die Tote ist?«

Junghans trat heran und schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Keine Papiere, keinen Hinweis.«

»Wenn sie Gast auf der Insel war, wird es schwierig. Wir warten bis morgen. Wenn keine Vermisstenanzeige aufgegeben worden ist, veröffentlichen wir ein Foto in der Zeitung«, bestimmte Hauptkommissar Petersen. »Wer hat die Tote gefunden?«

»Ein Mann vom Campingplatz«, entgegnete Polizeihauptmeister Junghans und reichte ihm einen Zettel. »Ich habe ein paar Notizen gemacht.«

Petersen winkte ab. »Benötige ich nicht. Ich spreche selbst mit ihm, Name und Nummer des Standorts genügen. Frau Nielsen, bleiben Sie bitte am Tatort, ich bin gleich zurück.« Minuten später hatte er den Wohnwagen von Uwe Langbein erreicht. Er klopfte kräftig an die Tür, die von einer Frau mittleren Alters geöffnet wurde. Sie schaute Petersen verstört an.

»Ja, bitte?«

»Petersen, Kripo Lübeck. Ich möchte Herrn Langbein sprechen.«

»Das ist mein Mann. Kommen Sie herein.«

Er staunte, wie behaglich der Wohnwagen eingerichtet war. Ein Mann saß am Tisch und hob den Kopf, als er den Kommissar wahrnahm.

»Herr Langbein?«

Der Mann nickte und sagte erschütternd: »Das ist das Letzte, was ich im Urlaub erwartet hätte. Eine ermordete junge Frau am Strand. Meine Freude ist dahin«, sagte er. »Wie kann ich Ihnen helfen?«

»Warum wissen Sie, dass es Mord war?«

Langbein lächelte traurig. »Ich habe die Male am Hals gesehen und kann eins und eins zusammenzählen. Wird sie sich nicht selbst zugefügt haben.«

»Sie lesen viele Krimis?«

»Stimmt!«

»Erzählen Sie mir, wie Sie sie gefunden haben.«

»Das habe ich alles schon dem Beamten erzählt.«

»Ich möchte es noch einmal von Ihnen persönlich hören und nicht das, was der Wachtmeister aufs Papier gekritzelt hat.«

»Ich bin frühmorgens zum Strand und hätte die Frau gleich bemerken müssen, aber ich war auf das Wasser fixiert und dachte an einen gemütlichen Fischfang. Als ich den ersten Fisch vom Angelhaken nahm und in den Eimer warf, nahm ich etwas aus den Augenwinkeln wahr. Als ich genauer hinschaute, erkannte ich eine Frau. Ich ging zu ihr, fühlte den Puls und stellte fest, dass sie tot war. Danach bin ich zum Wohnwagen zurückgerannt und habe sofort die Polizei angerufen.«

»Weit und breit haben Sie niemanden gesehen und auch nichts Verdächtiges bemerkt?«

»Nein, Herr Hauptkommissar. Nur das, was ich Ihnen gesagt habe.«

»Danke«, sagte Petersen, »wenn wir Sie noch einmal befragen müssen, melden wir uns.«

»Meine Frau hat keine Lust, länger hierzubleiben. Sie hat Angst und der Urlaub ist uns ohnehin verdorben. Wir möchten nach Hause fahren«, beeilte sich Langbein zu sagen.

»Das kann ich gut verstehen. Sie wohnen in Lübeck, das ist kein Problem. Sie können jederzeit dort im Kommissariat weitere Aussagen machen, falls Ihnen noch etwas einfallen sollte. Kommen Sie morgen aufs Polizeirevier nach Burg. Sie unterschreiben ein Protokoll und können danach abreisen«, versicherte Petersen.

»Danke, Herr Kommissar«, sagte Langbein erleichtert.

Jette Nielsen winkte Petersen zu sich heran, als er zurückkam. Gemeinsam gingen sie zu der toten Frau.

»Konnten Sie noch etwas feststellen?«, fragte Petersen die Ärztin.

Sie schüttelte den Kopf. »Ob die Würge Male tödlich verliefen oder die Frau lebend ins Wasser geworfen wurde, muss ich bei der Obduktion klären. Aber um Mord wird es sich schon handeln«, erklärte Dr. Engelbrecht. »Ich fahre zurück. Die Leiche wird abgeholt.«

»Der Staatsanwalt kommt nicht?« Kommissar Petersen schaute sie fragend an.

Die Rechtsmedizinerin grinste. »Wir sollen das vor Ort klären, meinte Staatsanwalt von Feldern«, sagte sie und verabschiedete sich.

»Der macht es sich wieder einfach«, stichelte Jette Nielsen.

»Er darf das. Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass er anwesend ist«, entgegnete Petersen.

Jette zuckte mit den Schultern. Nach einigen Sekunden des Schweigens, was bei ihr selten vorkam, meinte sie: »Wir können hier kaum ermitteln, wenn wir nicht wissen, wer die Tote ist.«

»Um eine Pressemeldung werden wir nicht umhinkommen. Kurzer Hergang, Foto und wem etwas aufgefallen ist, am späten Abend hier am Strand. Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt.« Petersen wirkte unzufrieden.

»Matteo, unser Staatsanwalt, wird das sicher in die Wege leiten«, sagte Jette.

Jan Petersen nickte. Er ging ein paar Schritte auf Jonas Schultheis, den Leiter der Spusi zu und fragte: »Gibt es verwertbare Spuren?«

Der Mann schüttelte den Kopf. »Nichts. Da sich das alles im Wasser abgespielt haben muss, werden wir auch keine finden. Wir werden die Gegend weiter absuchen.«

»Danke, ich fahre mit Frau Nielsen zurück nach Lübeck. Wir warten den Befund von Frau Dr. Engelbrecht ab und hoffen, dass sich auf die Zeitungsanzeige jemand meldet.«

»Wir sehen uns in Lübeck, Herr Petersen«, sagte Schultheis.

Kommissarin Nielsen stand bereits am Auto, als ihr Kollege herankam. »So, wir können«, sagte er leichthin und öffnete die Wagentür, als ein Mann rief: »Einen Moment bitte.« Im schnellen Lauf kam er mit seinem Rottweiler heran gehechelt. »Sie sind doch von der Polizei?«

Petersen nickte und zeigte seinen Ausweis. »Das ist Oberkommissarin Nielsen«, stellte er die Kollegin vor. »Haben Sie uns etwas zu sagen?«

Der Mann trat von einem Bein auf das andere, der Hund wirkte unruhig. »Ich habe eben von dem Unglück erfahren, weiß aber nicht, ob es wichtig ist, was ich zu sagen habe.«

»Alles ist wichtig. Wir entscheiden dann, ob es verwertbar ist. Also erzählen Sie«, forderte ihn Kommissar Petersen auf.

»Ich mache Urlaub auf dem Campingplatz. Ich habe einen kleinen Wohnwagen. Gegen 22:30 Uhr, gestern Abend, bin ich mit Edgar, das ist mein Hund, wie jeden Abend zum Strand gelaufen, zur letzten Gassi-Runde. Nach wenigen Minuten gingen wir zurück. Das Meer konnte ich nicht sehen. Es regnete und dicker Dunst war aufgezogen. Aber ich hörte den Motor eines Bootes heran tuckern. Er machte krachende Geräusche, so als wäre der Motor defekt. Danach entfernte sich das Boot. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Bis ich heute von der toten Frau erfahren habe.«

»Das war sehr hilfreich, vielen Dank. Aber gesehen haben Sie nichts?«

»Nein, die Sicht war zu schlecht, wie ich bereits sagte.«

Petersen hob die Hand zum Gruß und reichte dem Mann seine Visitenkarte. »Falls Ihnen noch etwas einfällt«, sagte er und stieg mit Jette endlich in den Wagen.

»Was halten Sie davon?«, fragte er sie.

»Vermutlich war der Täter mit einem Boot gekommen, hat die Frau halb tot ins Wasser geworfen und ist danach wieder verschwunden.«

»Das passt alles nicht so recht«, sinnierte der Kommissar.

»Fahren wir«, sagte Jette Nielsen, »heute werden wir den Fall nicht lösen.«

Als sie ins Büro zurückkamen, wurden sie bereits vom Staatsanwalt erwartet.

»Guten Tag, Herr von Feldern«, grüßte Jette Nielsen. Petersen begnügte sich mit einem »Hallo«.

»Moin, schön, dass Sie da sind. Was gibt es zu berichten? Frau Dr. Engelbrecht hat mir bereits mitgeteilt, dass es sich vermutlich um Mord handelt.«

»Wir haben leider nicht den geringsten Hinweis, was sich da abgespielt haben könnte. Wir müssen als Erstes herausfinden, wer die Tote ist. Vorher können wir schwer ermitteln. Kümmern Sie sich um eine Pressemitteilung, ein Foto der Frau bekommen Sie per Mail«, erklärte Petersen kurz angebunden. Er mochte diesen arroganten Besserwisser nicht sonderlich.

»Ich werde das in die Wege leiten, sobald ich einen kurzen Bericht von Ihnen habe und das Foto«, erwiderte der Staatsanwalt. »Dann ran an die Arbeit. Guten Tag.«

Petersen atmete auf. »Was für ein Depp. Wir arbeiten fast Tag und Nacht. Einen Bericht will er auch noch. Er weiß doch bereits alles.«

Jette Nielsen schlug ihm auf die Schulter. »Ärgern Sie sich nicht, der wird sich nicht ändern.«

»Was machen wir jetzt?«, fragte Petersen. »Wir können doch nicht hier herumsitzen und Däumchen drehen.«

»Wir könnten uns noch einmal auf dem Campingplatz am Niobe umhören. Aber dann müssten wir nach Fehmarn und das ist ein ganzes Stück Weg«, bemerkte Jette.

»Besser als Nichtstun. Wer weiß, ob die Tote als vermisst gemeldet wird.« Sie griffen nach ihren Jacken und waren im Begriff, das Büro zu verlassen, als das Telefon läutete. »Moment, Kollege.« Jette nahm ab. »Kripo Lübeck, Nielsen.«

Sie nickte. »Das könnte ein brauchbarer Hinweis sein, danke, Kollege.«

Petersen schaute sie fragend an.

»Das war Schröder von der Vermisstenstelle. Heute Morgen wurde eine junge Frau, Marie Münzler, fünfundzwanzig, dunkles Haar, eins siebzig groß, schlank, von ihrem Vater, Herrn Erich Münzler, als vermisst gemeldet. Sie habe sich seit zwei Tagen, nachdem sie von einem Besuch ihrer Freundin in Dänemark mit der Fähre zurückgefahren war, nicht gemeldet«, berichtete Jette.

»Muss sie sich melden, sie ist doch erwachsen?«, murmelte Petersen.

Die Kollegin zuckte mit den Schultern. »In manchen Familien ist das so üblich. Vergleichen wir die Fotos. Der Vater hat eins abgegeben. Ich rufe Schröder an und bitte ihn, uns die Daten zu übermitteln.«

»Machen Sie das und danach statten wir Frau Dr. Engelbrecht einen Besuch ab. Da hat sich Fehmarn vorerst erledigt.«

Als sie in der Rechtsmedizin ankamen, grinste die Ärztin. »Trifft sich gut, habe die Untersuchung abgeschlossen und einen Bericht verfasst, den ich Ihnen eben zumailen wollte. Aber kommen Sie, ich zeige Ihnen was.« Die Gerichtsmedizinerin ging zum Tisch, auf dem die Tote lag. Sie schlug das Laken etwas zurück und drehte die Leiche so, dass man die Hämatome im Nacken-Schulterbereich und am Rücken sehen konnte. »Die Tote wurde massiv geschlagen, so als wollten die oder der Täter etwas aus ihr heraus prügeln. Die Frau ist nicht ertrunken. Ich habe kein Wasser in der Lunge entdeckt. Sie war bereits tot, als sie ins Wasser geworfen wurde. Wie ich vermutete, wurde sie erwürgt.«

»Schreckliche Vorstellung«, sagte Jette.

»Danke.« Petersen war bereits an der Tür, drehte sich noch einmal um und fragte Frau Dr. Engelbrecht: »Sonst haben Sie nichts entdeckt?«

»Nein, Herr Kommissar, keine Vergewaltigung.«

»Danke, das wollte ich wissen.«

Zurück im Büro goss Jette zwei Tassen voll mit Kaffee und reichte Petersen eine davon.

»Danke, das ist nett. Kann ich gebrauchen.«

»Ich weiß.« Jette lächelte. »Ohne dieses Zeug wäre der Tag kaum zu überstehen.«

»Wie wahr«, entgegnete er und seufzte.

Der PC gab einen Ton von sich. Jette Nielsen öffnete das Outlook. »Zwei Mails. Der Bericht von Dr. Engelbrecht und die Vermisstenanzeige mit Foto. Bingo, das ist die Frau!«

Jan Petersen kam näher und stellte sich hinter seine Kollegin. »Tatsächlich, unverkennbar. Was machen wir? Überlassen wir es der Polizeibehörde in Norderstedt, dem Vater die Nachricht zu überbringen? Was meinen Sie?« Fragend schaute er Jette an.

»Wir benötigen einige Informationen über die Tote. Wir sollten selbst hinfahren. In eineinhalb Stunden sind wir dort«, entgegnete Jette Nielsen.

Petersen nickte. »Jetzt ist es halb eins. Das wird ein langer Tag. Los geht’s.«

Oberkommissarin Nielsen hatte von unterwegs dem Vater ihr Kommen angekündigt, zwecks Überprüfung der Angaben. Sie hatte es nicht fertiggebracht, ihm am Telefon die Wahrheit zu offenbaren.

»Da vorn noch mal linksherum, dann sind wir da.« Jette zeigte mit dem Finger auf das Schild.

»Alles klar, Kollegin, ich habe Augen im Kopf«, brummte Petersen.

Sekunden später standen sie vor dem Haus. Ihnen war nicht wohl zumute, als sie auf den Klingelknopf drückten. Die Tür wurde augenblicklich geöffnet.

»Hauptkommissar Petersen, das ist meine Kollegin Frau Nielsen«, stellte er sich vor und zeigte kurz seinen Ausweis, für den sich der Mann, verständlicherweise, nicht interessierte.

»Sie sind Herr Münzler?«, fragte Jette.

Er nickte und gab die Tür frei. »Kommen Sie herein. Haben Sie eine Spur von meiner Tochter gefunden?« Der Mann, von stattlicher Größe, wirkte völlig aufgelöst.

Petersen schluckte, bevor er dem Mann verkündete: »Herr Münzler, wir haben eine Frau gefunden, die Ihre Tochter sein könnte.«

»Was heißt das? Haben Sie sie nicht gefragt, wer sie ist?« Münzler war aufgesprungen. »Da ist doch noch was? Raus damit!«

»Wir haben eine tote Frau am Strand geborgen. Dem Foto nach, das Sie bei der Vermisstenstelle abgegeben haben, könnte es sich um Ihre Tochter handeln«, sagte Jette vorsichtig.

Der Mann schlug die Hände vors Gesicht und murmelte: »Meine Marie soll tot sein? Das kann ich nicht glauben. Ich will sie sehen.«

Petersen atmete tief durch. »Beruhigen Sie sich, Herr Münzler, wir hätten Sie ohnehin gebeten, nach Lübeck zu kommen, um die Frau zu identifizieren.« Münzler rannte in den Flur, riss seine Jacke vom Haken und sagte mit rauer Stimme: »Fahren wir!«

»Wollen Sie nicht bis morgen warten?«, fragte die Kommissarin. Der Mann blieb stur.

»Dann fahre ich mit Ihnen. Sie sind viel zu aufgeregt«, sagte Jette. Als sie bei ihm ins Auto stieg, nickte Petersen ihr erleichtert zu.

Die Kommissarin dirigierte Münzler durch Lübeck, direkt zum Gerichtsmedizinischen Institut. Der Mann zitterte, als er vor der Liege stand und die Ärztin das Laken halb entfernte. Münzler erstarrte, als er die Tote erblickte. »Mein Gott, das ist mein Mädchen. Was ist mit ihr passiert?« Er konnte die Tränen nicht zurückhalten. Petersen und Nielsen gingen nach draußen und warteten dort auf ihn. Nach fünf Minuten nahmen sie ihn in Empfang und baten ihn, sie aufs Kommissariat zu begleiten. Er hatte sich so weit im Griff, dass er allein fahren konnte. Kurze Zeit später saßen sie in Jettes und Petersens Büro.

Jette berichtete Herrn Münzler kurz den Hergang: »Ihre Tochter wurde von einem Feriengast am Strand gefunden, der sofort die Polizei benachrichtigt hatte. Er konnte keinerlei Verdächtige im Umfeld entdecken.«

Der Mann schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wir müssen die Freundin, meiner Tochter, in Kopenhagen befragen. Vielleicht ist da etwas vorgefallen?«

»Geben Sie uns Namen, Anschrift und Telefonnummer der Freundin. Wir kümmern uns darum«, bestimmte Petersen.

Das Telefon klingelte und Jette meldete sich. »Herr Schultheis, haben Sie Neuigkeiten?«

»Das kann man so sagen.« Er erläuterte ihr, was er herausgefunden hatte. »Danke für die Information.« Sie schaute erst ihren Kollegen, dann Herrn Münzler an. »Also, die Spurensicherung hat, etwa zweihundert Meter vom Fundort der Toten, ein Boot am Strand entdeckt, mit einem Motorschaden. Sie haben Spuren von der Toten und andere darauf gefunden. Das heißt, Ihre Tochter befand sich auf diesem Boot, das anscheinend kurz vor dem Kentern abgestellt worden ist.«

»Was hatte sie bei diesem Wetter mit einem Boot auf der Ostsee gemacht?«, fragte der Vater bestürzt.

»Das werden wir herausfinden. Vermutlich wurde sie auf dem Boot transportiert und bereits tot ins Meer geworfen«, sagte Petersen.

Herr Münzler stöhnte.

»Es tut uns sehr leid. Herzliches Beileid.«

»Wo hat sie ihren Wagen gelassen?«

»Der Wagen stand auf dem Parkplatz, am grünen Brink, und wird derzeit abgeholt und zur KTU gebracht. Dort wird er gründlich nach möglichen Fingerabdrücken und Fremd-DNA untersucht. Warten wir, was die Spuren auf dem Boot ergeben. Eine Frage noch: Ihre Tochter befand sich vor zwei Tagen, also am 17. August, auf der Fähre zurück nach Fehmarn?« Der Mann nickte und erhob sich. »Sie war bei ihrer Freundin. Finden Sie den Täter.« Es war bereits achtzehn Uhr, als er das Büro verließ. Zeit für Petersen und Jette, den PC auszuschalten.

»Machen wir Feierabend. Ich treffe mich mit Matteo.«

»Viel Spaß, ich habe ebenfalls eine Verabredung mit Miriam. Es muss noch einiges geklärt werden. Morgen geht der Stress dann weiter.«

Kapitel 2

20. August – Dienstag

Am Morgen schlug Hauptkommissar Petersen vor: »Wir sollten die Kollegen in Dänemark verständigen und bitten, die Nachricht vom Tod der Freundin persönlich Frau Lindholm zu überbringen. Außerdem bitten wir sie, der Frau mitzuteilen, dass wir uns heute noch bei ihr melden, um einige Fragen zu stellen. Herr Münzler sagte, die Frau sei Deutsche und mit einem Dänen verheiratet. Das erleichtert die Verständigung.«

»Genauso gehen wir vor!«, meinte auch Jette. »Übernehmen Sie den Anruf bei der Polizeibehörde?«

»Mach’ ich, Kollegin.« Eine Minute später nahm er den Hörer auf. »Hier spricht Hauptkommissar Petersen aus Lübeck, Deutschland, können Sie mich verstehen? Sie sprechen Deutsch? Wunderbar.«

Jette lauschte interessiert dem Gespräch. Petersen erklärte das Wichtigste und versprach anschließend, einige Daten per Mail zu übermitteln.

»Vielen Dank, Kollege Svensson«, verabschiedete sich Petersen. Er wandte sich Jette zu. »Wie Sie gehört haben, geben sie die Meldung, sobald sie die Unterlagen erhalten haben, an die Polizei in Kopenhagen weiter. Von dort bekommen wir Bescheid, ob sie die Frau erreicht haben. Bis dahin warten wir mit dem Anruf.«

Jette Nielsen nickte und Petersen wandte sich seinem PC zu.

Eine Stunde später erhielten sie die Nachricht, Frau Lindholm erwarte ihren Anruf.

»Soll ich, oder übernehmen Sie das? So von Frau zu Frau?« Petersen schaute seine Kollegin bittend an.

Sie nickte und wählte die Nummer, die sie vorliegen hatte, und schaltete den Lautsprecher an.

»Karin Lindholm.«

»Guten Tag, Oberkommissarin Nielsen, aus Lübeck, am Apparat. Es geht um Ihre Freundin Marie Münzler. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen? Vorab möchte ich jedoch sagen, dass es mir leidtut, was mit Ihrer Freundin geschehen ist.«

»Ich bin erschüttert«, schniefte die Frau. »Wir kannten uns seit dem Kindergarten und mochten uns von ganzem Herzen. Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Frau Lindholm.

»Wie lange war Frau Münzler bei Ihnen zu Besuch?«

»Vier Tage.«

»Was haben Sie unternommen? Waren Sie unter fremden Menschen? Mit wem hatten Sie Kontakt?«

»Wir hielten uns zum größten Teil im Haus und im Garten auf. Es gab viel zu erzählen, nachdem wir uns drei Jahre nicht gesehen hatten. Außer meinem Ehemann und meinem Schwager, den ich an einem Abend zum Essen eingeladen hatte, gab es niemanden«, erzählte Frau Lindholm.

»Waren Sie nie außerhalb des Hauses? Mal zum Einkaufen oder einen Stadtbummel?«, fragte Jette.

»Sicher, am letzten Tag haben wir zusammen eingekauft und waren mit meiner dreijährigen Tochter auf dem Spielplatz.«

»Verlief alles normal? Keine Auffälligkeiten, auch wenn sie Ihnen noch so unbedeutend erschienen sind?«

Die Frau zögerte einen Moment. »Marie machte eine Bemerkung über einen Mann, der auffällig zu uns herüber starrte. Ich habe dem keine Bedeutung beigemessen und geantwortet: Vielleicht gefällst du ihm. Schauen ist erlaubt. Damit war die Sache erledigt.«

»Haben Sie Ihre Freundin zum Fährhafen gebracht?«

»Nein, Marie war mit ihrem eigenen Wagen hier. Sie rief mich von der Fähre aus an und sagte, dass sie unterwegs sei und sie sich später noch einmal melden würde, wenn sie an Land wäre. Leider hat sie das nicht getan. Ich hatte abends auf dem Handy angerufen, aber sie ging nicht dran.«

»Danke, Frau Lindholm, es gibt noch viele offene Fragen, aber fürs Erste belassen wir es dabei. Wir melden uns oder bitten die dänische Polizei um Mithilfe. Alles Gute und auf Wiederhören.« Jette seufzte. »Da ist einiges, was zu klären wäre.«

Petersen, der das Gespräch mitgehört hatte, stimmte ihr zu. »Wir müssen einen Plan entwerfen, wie wir die Sache angehen und schnellstens neue Informationen erhalten.«

Frau Clausen, die Sekretärin, trat ein. »Ich habe hier eine Meldung von den Kollegen aus Norderstedt erhalten. Eine Frau hätte sich gemeldet, die ein Päckchen weißes Pulver in der Radkappe ihres Wagens entdeckt hatte«, erklärte die Sekretärin. »Die Kollegen prüfen, ob es sich um Kokain handelt.«

»Was hat das mit unserem Fall zu tun?«, fragte Petersen.

»Jetzt kommt’s, die Frau war auch auf der Fähre von Dänemark nach Puttgarden unterwegs. Ihr sollt euch an das Drogendezernat wenden. Hier die Nummer.« Sie reichte Petersen einen Zettel.

»Kann das ein Zufall sein?«, fragte Jette.

»Oder, es ist ein erster Anhaltspunkt«, antwortete Petersen. »Ich rufe gleich mal an.«

Petersen hatte das Gespräch beendet. »Sie werden es nicht glauben«, sagte er zu seiner Kollegin, »diese Frau Bertram war tatsächlich am 17. August, ebenfalls auf der Fähre und sie fuhr den gleichen Wagen, mit der gleichen Farbe und kommt ebenfalls aus Norderstedt, wie unsere Tote. Die Frau hatte beim Wagen säubern das Päckchen gefunden, bei dem es sich wirklich um Kokain handelt.«

Jette lief beunruhigt im Büro auf und ab. »Wenn das mal nicht gefährlich für die Frau werden kann. Die Person, die ihr das untergejubelt hat, wird danach suchen.«

»Das befürchte ich auch«, erwiderte Petersen. »Kann es sein, dass da eine Verwechslung vorliegt und vermutlich bei der falschen Frau das Rauschgift deponiert wurde? Sie darf auf keinen Fall weiter mit ihrem Auto fahren. Dann wird sie schneller gefunden, als ihr lieb ist.«

Jette grinste. »Was heißt das jetzt?«

»Wir müssen nach Norderstedt.«

»Habe ich mir gedacht.«

»Ich rufe die Kollegen an und erfrage die Telefonnummer und Adresse von Frau Bertram. Wir teilen ihr mit, dass wir unterwegs zu ihr sind und sie sicherheitshalber ihren Wagen an einem unbekannten Ort unterbringen soll«, bestimmte Petersen.

»Kann die Frau nicht zu uns nach Lübeck kommen? Sie könnten derzeit andere Dinge erledigen«, blaffte Staatsanwalt von Feldern, als er davon erfuhr.

»Matteo, das wäre für Frau Bertram, wo sie doch von Drogendealern gesucht wird, viel zu gefährlich.« Jette sprach freundlich, mit lächelndem Gesicht.

»Stimmt«, gab der Staatsanwalt zu. »Dann fahrt los und anschließend unterrichten Sie mich bitte«, sagte er, mit Blick auf Petersen.

»Selbstverständlich.« Petersen verzog das Gesicht. Nachdem von Feldern den Raum verlassen hatte, schaute er Jette mit zusammengekniffenen Augen an. »Warum duzen Sie ihn eigentlich?«

Jetzt war es an ihr, verlegen dreinzuschauen. »Wir waren mal befreundet. Das war, bevor Sie zu uns kamen«, sagte sie knapp.

Petersen fragte nicht weiter, nickte nur verstehend und erledigte das Telefonat. »Lassen Sie uns mal fahren. Die Zeit läuft uns davon«, sagte er dann.

Christa Bertram, die bei ihren Eltern weilte, erwartete sie bereits. »Zu dumm, dass Sie die lange Fahrt auf sich nehmen mussten.«

Petersen winkte ab. »Das bringt unser Beruf so mit sich.«

Die Frau hatte Kaffee bereitgestellt, was den Kommissaren entgegenkam.

»Frau Bertram, wann waren Sie auf der Fähre? Der Tag ist uns bekannt, die Uhrzeit jedoch nicht«, wollte Jette Nielsen wissen.

»Die Fähre legte genau um 10:15 Uhr ab. Unmittelbar danach habe ich meine Eltern angerufen und ihnen mitgeteilt, dass ich für zwei Tage zu Besuch käme.«

»Was heißt zu Besuch? Wir dachten, Sie wohnen bei Ihren Eltern?«, fragte Jette erstaunt.

Sie schüttelte den Kopf. »Ich arbeite seit drei Jahren in Kopenhagen in einer großen Spielzeugfabrik im Büro. Ich wollte mal etwas anderes machen und vor allem woanders. Meine Eltern hatten mich mit ihrer Anhänglichkeit erdrückt.«

»Das kann ich verstehen«, sagte Jette. »Wenn Sie in Deutschland waren, übernachteten Sie bei ihren Eltern?«