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Es sind sieben Monate vergangen. Der Winter ist auch schon da. Das Jahr 2021 hat begonnen. Die Bilanz sieht verdammt schlecht aus. Begonnen hat alles im April 2020. Eine Explosion auf der A14. Unweit von Halle/Peißen. Ich kann mich an den Tag noch echt gut erinnern. Das Unheil geschah drei Tage nach Julians Geburtstag. Dabei wurden sechsundsechzig Menschen verletzt. Auch Tote sind zu beklagen. Vierunddreißig. Das ist so unfassbar! Ganze Familien wurden ausgelöscht. Auch unsere Freunde Roman und Dave. Die Taten danach haben zwölf Tote und neunzehn Verletzte gefordert. Das Auto von Hajo Trauschke und unsere Wohnung in einem der Hochhäuser gingen in die Luft. Alle Taten sind noch ungeklärt. Die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Ob es Hoffnung gibt? Das wissen wir nicht. Auch nicht wer uns töten will. Irgendwo versteckt, nur noch getrennt halten wir uns auf. Julian war lange in der Klinik. Ihn habe ich so lange nicht gesehen. Ob es ihm gut geht? Wir müssen vorsichtig sein. In Acht nehmen vor unseren Peinigern. Weil wir ein Paar sind? Oder gibt es andere Gründe? Ich habe keine Ahnung. Sehen wir uns deshalb nicht? So offen zeigen wir uns ja nicht mehr. Zuviel ist um uns herum passiert. Was mit unserer Liebe ist? Oh, auch das weiß ich nicht. Ich liebe Julian aber abgöttisch sehr! Ihm darf niemals etwas zustoßen. Was Liebe mit einem anstellt…' Für sie musste ich sogar sterben… Nun soll ein Detektiv ermitteln? Findet er den Übeltäter?
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Seitenzahl: 1138
Veröffentlichungsjahr: 2022
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In FEUER und FLAMME
Teil III
MONROE
Der 3. Teil der Saga von Mirko Jupp Eisemann
VORWORT:
Es sind sieben Monate vergangen. Der Winter ist auch schon da. Das Jahr 2021 hat begonnen. Die Bilanz sieht verdammt schlecht aus. Begonnen hat alles im April 2020. Eine Explosion auf der A14. Unweit von Halle/Peißen. Ich kann mich an den Tag noch echt gut erinnern. Das Unheil geschah drei Tage nach Julians Geburtstag. Dabei wurden sechsundsechzig Menschen verletzt. Auch Tote sind zu beklagen. Vierunddreißig. Das ist so unfassbar! Ganze Familien wurden getötet. Auch unsere Freunde, Roman und Dave. Die Taten danach haben zwölf Tote und neunzehn Verletzte gefordert. Das Auto von Hajo Trauschke und unsere Wohnung in einem der Hochhäuser gingen in die Luft. Alle Taten sind noch ungeklärt. Die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Ob es Hoffnung gibt? Das wissen wir nicht. Auch nicht wer uns töten will. Irgendwo versteckt, nur noch getrennt halten wir uns auf. Julian war lange in der Klinik. Nicht um zu arbeiten. Ihn habe ich so lange nicht gesehen. Ob es ihm gut geht? Wir müssen vorsichtig sein. In Acht nehmen vor unseren Peinigern. Weil wir ein Paar sind? Oder gibt es andere Gründe? Ich habe keine Ahnung. Sehen wir uns deshalb nicht? So offen zeigen wir uns ja nicht mehr. Zuviel ist um uns herum passiert. Was mit unserer Liebe ist? Oh, auch das weiß ich nicht. Ich liebe Julian aber so unbeschreiblich sehr! Ihm darf niemals etwas zustoßen. Was Liebe alles mit einem anstellt…‘
Für sie musste ich sogar sterben…
Nun soll ein Detektiv ermitteln? Findet er den Übeltäter?
HINWEIS: In diesem Roman sind Namen und Orte enthalten, deren Wirkungskreis in der Umgebung und Handlung identisch mit real existierenden Personen und Orten sein können. Hierin beschriebene Personen, deren Handlung und Wirkungskreis in Berufung und örtlichen Besiedlung sind, wurden vom Autor frei erfunden und rein zufällig ausgewählt. Von Personen, die in irgendeiner Weise vom Autor in die Handlungen als Akteure in diesem Roman genannt werden, hat der Autor Erlaubnis erhalten, sie als seine Charaktere in deser Story für Handlungen in geschriebener Form aufnehmen und veröffentlichen zu dürfen.
Bei nachfolgenden Personen bedankt sich der Autor für diese Erlaubnis:
Julian Kratz (Nachname geändert), Roman Brandt (Nachname geändert), Dave Holstein (Nachname geändert).
Es ist Mitte Januar im Jahr 2021.
Julian ist wieder daheim.Nein, nicht in der Wohnung von uns. Die gibt es ja nicht mehr. Auch nicht mit mir zusammen ist er. In einer kleinen Zweiraumwohnung lebt er nun. Er war über ein halbes Jahr in der Klinik. Doch dieses Mal nicht zum Arbeiten in der Abteilung der Onkologie. Ob er aus dem Koma erwachen würde, war ungewiss. Da hinein fiel er immer wieder. Erholte sich aber wieder. Sein Körper war zu schwach. Immer wieder fiel er dahin zurück, hatte oft viel zu hohes Fieber und zitterte am ganzen Körper wie das Laub von Bäumen. Ebenso oft hatte er Luftnot. Sein Atem setzte aus, so dass er mehrmals ins Leben zurück geholt werden musste. Ich befürchtete, dass er bleibende Schäden davon tragen wird. Was zum Glück nicht eintraf. Auch hatte er ständig Alpträume. Die zerrten an ihm herum. Was ich an seinem zuckenden Körper sah und ich mich fragte, ob ich für sein Wohl und Genesung alles Erdenkliche getan habe. Er hat einen Anschlag überlebt. Dabei er tierische, heftige Verbrennungen erlitt. Teils Grad vier. Als er in seinen Wagen stieg. Er wollte doch nur eine Auszeit. Wiir hatten uns gestritten. Kurz davor. Die heftige Explosion, die unsere Wohnung völlig zerstörte, sorgte ja dafür. Hat er Recht, dass das Alles wirklich etwas mit mir zu tun hat? Irgendwie wohl schon. Worüber ich sehr oft nachdenke. Ist das tatsächlich so? Aber auch aus seiner Vergangenheit, Leute, die von ihm oder von seinen Kollegen so eine Diagnose bekamen, könnten auf Julian sauer sein. Wer so eine Diagnose erhält, hat ja nichts zu lachen. Der Tod jene Person früher oder später heimsucht. Betroffene Angehörige könnten ihn dafür hassen. Dabei tun diese Ärzte und Mitarbeiter alles, damit sie den Krebs so schnell wie möglich besiegen. Julian ist ja in der Forschung, abseits tätig. In einem Labor er Zellen unter die Lupe nimmt, die er von Ärzten da drüben aus der Klinik erhält. Nein. Das glaube ich nach den vielen Anschlägen auch nicht mehr. Also bin ich derjenige, der hier eine hohe Last auf den Schultern zu tragen hat? Ich habe keine Ahnung. Der Auslöser schien wirklich die Zerstörung der Bude gewesen zu sein. Die Auszeit brauchte er. Weil er sich zu unsicher war. Zu unsicher darüber, ob er mir noch trauen kann. Eine Auszeit von all den Strapazen. Das muss sich einer mal vorstellen: man hat uns die Freunde genommen und unser trautes Heim zerstört, das Julian mit viel Liebe und Geld über Jahre hinweg nach und nach so schön errichtet hat! Als wir uns gemütlich, so sinnlich liebten. Die Explosion war so heftig! Sie hat sogar die Familie unter uns getötet. Einen Mann mit seiner Frau und zwei Kindern im Alter von gerade mal fünf und einem Jahr. Auch ihre Eltern waren noch jung. Der Vater war gerade mal fünfunddreißig und die Mutter der Kinder erst vierundzwanzig Jahre alt. Ich habe im Nachhinein erfahren, dass sie in das Haus erst vor etwa einem halben Jahr zogen. Sie kamen aus einer mächtig großen Stadt, wo sie sich mit den Kindern nicht so wohl fühlten. Ich verfluche all die Anschläge und die Morde, die unsere Stadt an den Abgrund zerren sollen. Halle an der Saale. Dabei war sie so schön und ich lebte hier echt gern mit Julian. Was jetzt aus uns werden soll? Oh, das entzieht sich mir leider meiner Kenntnis. Dabei will ich doch einfach nur mit Julian ein so irre schönes Leben haben, ihn lieben und was man sonst so macht, wenn man als Paar zusammen ist. Soll das jetzt alles vorbei sein…?
Ich sitze noch im Behandlungsraummeiner Praxis.
Hier bin ich zwei Mal die Woche. Als Arzt habe ich die Aufgabe, Patienten, nach ihrem Aufenthalt in der Klinik, zu versorgen und Leute, die in ihrer Gesundheit beeinträchtigt sind, gesund zu pflegen. Die Praxis liegt in der Magistrale hier in Neustadt. In Richtung Polizeirevier. Da wo direkt gegenüber das Einkaufszentrum Neustadt steht.Gleich habe ich Feierabend. Noch ein Patient sitzt hier vor mir auf einem Stuhl. Er wird gerade von mir versorgt. Er hat Verletzungen, die von der Explosion eines Punkthochhauses im Pfännereck herrühren. Es sind Verletzungen durch herabgefallene Brocken aus Beton, Metall, Glas und mehr, mit denen das Dachgeschoss errichtet war. Seine Schulter hat es erwischt. Brüche, die nicht zu verachten sind, hat er davon getragen. Na okay: mit Julian wohne ich ja nicht mehr zusammen. Er hat das so entschieden. Obwohl wir uns doch lieben. Er ist sehr skeptisch geworden. Stellt sein Vertrauen zu mir in Frage. Mein Heim ist seit knapp sieben Monaten die Wohnung, die ich auf dem Dach meiner Agentur erbaut und eingerichtet habe. Da kann ich mich aber auch nicht oft oder täglich aufhalten. Bin ich ja da oben die Zielscheibe schlechthin für den Täter, der uns hasst. Nein, das geht nicht. Daher habe ich noch eine andere Wohnung, eher ein Zimmer für mich gemietet. Zum Schutz vor uns beiden. Mein Engel geht mir mächtig im Kopf herum. Ihn habe ich eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen. Nur hin und wieder mal telefonierten wir. Aber auch das vermisse ich schon eine Weile. Denn ich kann ihn nicht erreichen. Was wohl mit seinem Handy los ist? Das weiß ich nicht. Ich stelle mir immer wieder die Frage, wie es ihm geht. Ob er gut versorgt ist und ob wir uns bald wieder sehen, uns vereinen. So wie noch vor sieben Monaten. Er fehlt mir sehr! So sehr! Viel zu sehr um ihn zu vergessen. Ab und an frage ich die Helfer ob sie was von ihm gehört haben. Leider bekam ich nur ein „Nein“ zu hören. Das passt mir gar nicht! Heute ist Marina mit mir im Dienst. Sie soll eigentlich gleich Heim gehen. Ich entlasse den letzten Patient mit einem netten „Tschüß“ und wünsche ihm gute Besserung. Er ist ein junger Kerl, mit leuchtenden Augen, einem Kussmund, mit irre Ausstrahlung und mit einem sexy Body. Ihm gefiel, dass ich ihn berührte. Er hat einen echt heißen Körper. Wow! Da wird einem wirklich ganz anders zu mute. Wie Julian so sexy ist er. Mir ist bewusst, dass es viele traumhaft schöne Männer gibt. Der Kerl hier aber ist mir doch viel zu jung. Gerade mal ein Alter von fast neunzehn Jahren kann er vorweisen. Ich bin knapp fünfzig. Ergo ein alter Sack hingegen ihm, der mir seinen Körper gern zeigt. Ich, nur zwanzig Jahre jünger...’ Oh Mann! Ich merke wie ich mich nach so einen Typ sehne, der mich so umschwärmt, wie das der junge Bengel hier eben vor mir macht. Ja, wäre ich nur etwa zehn bis zwanzig Jahre jünger, hätte ich es wagen können, mich mal mit ihm zu treffen, zu verabreden. Aber: ich hab da ja noch jemanden, den ich so sehr liebe. Weshalb ich mich doch besser benehmen sollte. Julian ist ja schließlich immer noch mein Partner und Kerl im Traumland dieser Welt. Den ich nicht mit solchen Fremdgehen verletzen will. Obwohl der junge Mann hier vor mir echt ein heißer Typ ist. Den ich gern mal spüren würde. Hm. Die Gedanken sind sehr erotisch in mir. Na, ich lass das.
Der junge Bengel ist nun fertig. Ihn bitte ich, mich in zwei Tagen erneut zu besuchen. Er nickt und bedankt sich. Ja…Na, sein Erlebnis wird ihn wohl noch eine Weile prägen. Ansehen musste er wie das Dach auf dem Hochhaus durch die Explosion förmlich in alle Richtungen flog. Er wurde verletzt weil er direkt darunter stand. Er wollte helfen. Wie er mir erzählte, wollte er eine alte Dame vor herabstürzenden Brocken des Hochhauses bewahren. Was für ein Typ! Begibt sich selbst in größte Gefahr. Nun hockt er hier bei mir in diesem Besprechungsraum. Okay, er steht jetzt vor mir und ich darf ihn mir noch einen Moment lang ansehen. Der Neunzehnjährige hört auf den schönen Name Ben. Er hat mir erklärt, dass sein Vater aus Kanada stammt. Seine Mutter aber Deutsche ist und er selbst hier geboren wurde und aufwuchs. Ben ist ein echt hübscher Typ. Dass es so viele so schöne Kerle gibt, und das auch noch nur in dieser Gegend. Wow! Nein. Für mich ist Ben viel zu jung. Leider! Nein Quatsch. Er hat ja gerade erst sein Leben begonnen. Obwohl er mich immer wieder so anlächelt und mich scheinbar mag. Aber gut. Es kommen zu mir in die Praxis viele junge Kerle. Ich hab oft gehört, dass sie mich als Arzt echt gut finden. Okay. Ich bin Arzt. Ich suche ja auch die Ursachen bei Krankheiten oder wenn Schmerzen beklagt werden. Denn die Ursache muss ja behandelt werden, nicht das Symptom. Auch heute hat mir der junge Typ wieder ein echt heißes Angebot gemacht. Er wollte mich privat noch näher kennen lernen, wofür er mich zu sich nachhause einlud. Dabei sah ich ihm an, dass er völlig erregt war. Die Beule war nicht zu übersehen. Seine Pose vor mir machte die Behandlung echt schwer. Heiß und verführerisch sah er da aus. Sogar ich hatte damit zu kämpfen, ihn nicht abzuknutschen. Sein Körper versprach mir so viel und schien mich zu fordern. Splitternackt stand er vor mir. Dabei drehte er sich mehrmals langsam um. So dass ich ihn von allen Seiten bewundern konnte, äh nein, sollte. So verflucht schöne Typen darf ich sehen und berühren. Ich spüre wie sich mir die Augen verdrehen. Lust nach ihm, nach seinen exzellenten Body, nach seinem Kussmund und seinen heißen Arsch hätte ich schon sehr gern. Ja, er ist echt heißer als ein Vulkan. Na. Lassen wir das. Ich bin doch schon vergeben. An Julian. Er ist mein einziger Traum. Auch wenn sich die jungen Kerle in Scharen vor mir entkleiden und von mir berührt werden wollen. Bei manchen, so auch bei Ben, hab ich das Gefühl, dass sie nur deswegen zu mir kommen. Hab ich so einfühlsame Hände? Oh, wie ich jetzt Luft holen muss! Den Atem spüre ich sehr und auch die Gedanken, die mich eben noch wegen Ben beschäftigen. Aber auch die anderen Männer im Alter zwischen siebzehn und fünfundzwanzig Jahren machen es mir echt nicht leicht, sie nur als Arzt zu begutachten. Angesichts dessen ich mich so manches Mal frage, ob ich mir nicht doch so einen Feger angle und mit ihm das Leben lebe. Julian macht mich ja doch irgendwie fertig. Ständig mache ich mir Sorgen um ihn. Und er? Er meldet sich überhaupt nicht mehr. Ich weiß nicht wie es um ihn steht. Ob es ihm gut geht oder ob er mich überhaupt noch will. Alles nur wegen der scheiß Bude da oben auf dem Dach! Zu gern würde ich das alles rückgängig machen. Und diese scheiß Arbeit hier in der Praxis? Die geht mir tierisch auf die Eier! Die Kerle, die mich neuerdings zuhauf besuchen, betteln förmlich nach meinen Händen. Und sie machen sich überhaupt keine Platte darüber, wie es mir bei diesen so irre schönen Bodys geht. Zu gern würde ich Ben, Erik oder auch Niko, der ja noch heißer auf mich einwirkt, als die beiden anderen, zu mir nehmen. Doch ich bin eben mal so ein blöder Arzt, der auf seine Lizenzen zu achten hat. Nein. Ich tu wirklich nur meine Arbeit. Für solche Spielchen hab ich echt keine Zeit. Obwohl ich manchmal schon den Gedanke habe, den einen oder anderen zu mir ins Bett zu lassen. Auch den Kerl hier. Ben. Doch mein Engel Julian geht mir nicht aus dem Kopf. Ob ich ihm dann noch in die Augen sehen könnte, hätte ich ein erotisches Erlebnis mit Ben oder Niko? Nein, das glaube ich nicht. Also bleibe ich brav und halte mich zurück. Bloß keinen der schönen Engel haben! Oh Mann ey! Das ist echt schwer, sie zu ignorieren! Schon atme ich wieder tief durch. Nein, ich bleibe artig. Nur Julian darf mich haben...Obwohl wir kein so richtiges Paar mehr sind. Zumindest nicht wirklich. Na, der engelhafte junge Kerl, auch mit dunklem Haar, so wie ich und braunen Augen, heißen Körper, mit den Kusslippen, der so eine irre Ausstrahlung hat und brennend interessiert an mir ist, geht nun aus dem Raum. Noch einmal dreht er sich um und winkt mir mit einem Lächeln zu. Wieder mit der Forderung, ihn mal zu besuchen. Doch schüttle ich leider wieder nur meinen Kopf und sehe ihm nach, wie er den Raum verlässt. Fast hätte er dabei die Arzthelferin Marina überrannt, die ganz aufgelöst in den Raum platzt. „Julian sitzt draußen im Warteraum.“, meint sie.
„Was?“, platzt es aus mir heraus.
Ich bin so überrascht und kann meinen Ohren kaum trauen.
„Ja, er sitzt im Wartezimmer. Er klagt über richtig üble Schmerzen. Und: er sieht echt nicht gut aus.“, höre ich von ihr.
„Oh! Danke Marina.“, sage ich und springe schon im nächsten Moment vom Stuhl auf und eile hinaus aus dem Behandlungsraum, weiter um zwei Ecken, um die Wand, die den Warteraum mit dem Raum, aus dem ich gerade eilte, trennt. Doch ich sehe niemanden.
„Wo?“, will ich wissen, worauf ich meine Arme leicht hoch hieve und meine Augen hastig umher rotieren, nur um Julians Antlitz zu erhaschen.
„Um die Ecke an der Wand…“, entgegnet sie mir und zeigt mit dem Finger hinter die Wand, um die ich gerade ging.
Marina widmet sich derweil Ben zu, um mit ihm das weitere Vorgehen zu besprechen und gibt ihm einen Zettel auf dem der nächste Termin bei mir abzulesen ist. Ich folge ihrem Hinweis und schaue hinter diese weiße Wand. Um die Ecke gehe ich nun. Da erblicke ich noch eine etwa einen halben Meter breite Nische. Dort entdecke ich noch einen Platz. Ein Stuhl, auf dem ich nun die Person sitzen sehe. Was ich aber erblicke, lässt meinen Atem stocken. Ich spüre schlichtweg wie aufgeregt und besorgt ich bin. Mein Engel sitzt darauf. Julian. Es ist so unfassbar, in welchem Zustand ich ihn sehen muss! Sogar der Mund bleibt mir vor Starre offen stehen.
„Hilf mir“, höre ich ihn leise wimmern, woran er noch ein sanftes „Bitte“ anheftet. Oh je! Was ich sehe, ist wirklich so unsagbar.
Da sitzt er auf dem schmalen Stuhl, seine Augen sind feuerrot und von Tränen übersät. Er sieht echt so verflucht schlecht aus. Mitleidig ertönt „oh Babe“ aus meinem Mund. Unfassbar ist sein Anblick! Sein Gesicht ist so bleich wie Kreide, seine sonst so reizenden Lippen sind schon so ausgetrocknet, dass sie bereits Risse haben.Die Haltung seines Körpers wirkt verkrampft. Doch versucht er mir gegenüber Haltung zu wahren. Ich muss den Kopf schütteln. Sogar mir tut sein Anblick weh. Er muss heftige Schmerzen haben. Während ich nur noch „Babe“ vor Entsetzen heraus bringe, hieve ich den hinter mir stehenden Stuhl etwas hoch und stelle ihn direkt vor Julian unter meinen Hintern auf, mit dem ich mich nun gleichzeitig auf das Möbel setze. Ich bin echt fassungslos über sein Aussehen! Schon rutsche ich näher an meinen Engel heran. Wobei ich ihn mir genau betrachte. Ich sehe, dass er eine Halskrause um hat. An einem Zeichen erkenne ich, dass sie noch von vor sieben Monaten aus der Uniklinik stammt. Aber man hat sie ihm nicht korrekt angelegt. Oder hat er sie sich selbst mal abgenommen? Das frage ich ihn jetzt. Er verneint mir das und erklärt mir, dass sie ihm sein Arzt abgenommen hat. Schon breite ich ihm behutsam die Beine etwas auseinander. Meine Hand bewegt sich sanft an seine linke Wange. Eigentlich will ich ihn nur berühren. Da zuckt er leicht zurück und schaut mich mürrisch an.
„Oh: Okay, Okay Babe“, sage ich nun beruhigend zu ihm und halte nun erprobt meine linke Hand still.
Wobei sich meine Finger davon lockern wollen und sich mein Arm langsam auf meinen Schenkel legt. Sogar vor mir zuckt er zurück. Oh je! Was ich vor mir erblicke, ist mehr als bitterböse. So habe ich Julian noch nie sehen müssen. So mit Schmerz erfüllt, dass er selbst vor mir Abstand nimmt und nicht mal mehr weiß, wie er sich geben soll. Zögerlich hebe ich meine Hand unter sein Kinn, das ich nun stütze. Mit dem Daumen auf seinen Mund legend. Das lässt er zu. Beherzt atme ich jetzt auf. Mich sieht er dabei mit traurigem Blick an.
„Entspann dich.“, lass ich ihn wissen.
Er soll sich nicht verkrampfen. Dann lass ich die anderen Finger um seine Wange gleiten. Schön behutsam. Auch das scheint für Julian okay zu sein. Sogar leicht anschmiegen tut er seinen Kopf an ihr. Doch schon richtet er ihn wieder gerade. Mit einem bestimmten Ton, der mir verrät, wie schlimm er leiden muss. Ich spüre an seinem fahlen Gesicht, dass er Fieber hat. Das kann davon herrühren. Wer weiß wie lange er die Schmerzen schon hat. Wir Ärzte sagen nach etwa drei Monaten schon chronisch. Was ganz automatisch abläuft. Unser Hirn spielt uns dann was vor. Marina bitte ich dringend um ein Kissen, das sie mir schon wenige Augenblicke später bringt. Behutsam helfe ich Julian nun, sich aufrecht zu setzen. So kann Marina hinter den Stuhl gehen. Dabei halte ich ihn vorsichtig mit der linken Hand die Schulter und mit der anderen den Kopf. Zum Glück hat der Stuhl eine Hochlehne. Jetzt weiß ich auch sofort warum sich Julian hier hinter die Wand gesetzt hat. Das Kissen hebt Marina dahinter so, dass es in Höhe von seinem Kopf an der Lehne liegt, das Marina an die Lehne presst, damit es nicht verrutscht. Mit stützender Haltung justiere ich Julians Kopf nun an sie ran.
„Mio, entspann dich.“, bitte ich ihn. Insofern das überhaupt geht.
Dann lass ich mir meine Arzttasche von Marina aus dem Raum von nebenan bringen. Darin habe ich ein paar Pastillen aus Gelee und einigen Substanzen. So eine soll er jetzt schlucken. Die Pillen sind winzig. Aber sie haben es ganz schön in sich. Die Schmerzen sollen etwas abklingen. Schon halte ich eine kleine Dose in der Hand, die mir Marina zuvor aus der Tasche gezogen hat und im Anschluss die Pille.
„Öffne deinen Mund, mio“, bitte ich Julian jetzt. Das tut er auch.
Okay.Schon lege ich ihm die Pastille auf die Zunge und bitte ihn, sie in seinem Mund langsam vergehen zu lassen. Sie muss sich auflösen. Nur drei Sekunden dauert das.
„Nun schluck sie hinunter.“, gebe ich ihm die nächste Aufgabe.
Auch das tut er.
„Es dauert etwas bis sie wirkt. Dann wirst Du etwas aufatmen können.“, erkläre ich ihm.
Solange bleibe ich bei ihm sitzen. Im Gedanken zähle ich die Zeit ab, die das kleine Wundermittel benötigt. Mit voller Sorge schau ich ihn mir an. Schon jetzt versuche ich im Kopf zu lösen, woher Julian die so heftigen Schmerzen haben kann. So habe ich in meiner langen Karriere noch nie einen Patient vor mir sitzen sehen. In so einen desolaten Zustand, in dem ich Julian hier auf dem Stuhl ansehen muss, habe ich wirklich nie im Leben gerechnet. Erschrocken bin ich von diesem elenden Anblick vor mir. Mir laufen auch die Augen mit Tränen voll. So unfassbar ist das für mich! Ja, auch ich spüre nun was mein Engel durchlebt. Schmerzen pur. Die, die ich gerade empfinde, nachdem mir der Schock in den Knien hockt, sind wohl noch zu ertragen. Seine hingegen nicht zu beschreiben. Unbegreiflich! Dass er es bis zu mir her geschafft hat, ist ein Wunder. So, wie er vor mir auf dem Stuhl sitzt, bin ich mir sicher, dass er etwas hat. Ich bewege nun meine Hand flach und langsam zu ihm ans Gesicht. Dabei atmet er hastig ein und aus. „Sch…mio“, beruhige ich ihn wieder und lege meinen Daumen sanft an seine Lippen. Das lässt er zu. Damit ich direkt vor ihm sitze, schiebe ich ihm jetzt die Schenkel behutsam noch etwas mehr auseinander und husche mich mit samt dem Stuhl zu ihm heran. Er soll meine Nähe spüren. Warum er zu mir kommt, ist klar. Die Schmerzen haben ihn zu mir geführt. Er weiß, dass ich ihn nicht behandeln darf. Na gut. Ansehen kann ich ihn mir ja. Nein, das hat man mir noch nicht verboten. Ich will wissen, wie sich die Schmerzen anfühlen und woher seine Kopf- und Nackenschmerzen kommen. Mir erklärt Julian, dass die sich an seinem Nacken wie Stiche von Nadeln anfühlen. Ich nicke ihm verstehend zu und will wissen ob der Schmerz am Nacken im oberen Bereich, also eher am Hinterkopfansatz zu spüren ist, von der Mitte, dem Hals, oder aus dem unteren Bereich kommt, da wo die Schulter beginnt. Der Nacken, oder vielmehr die Muskeln, reichen ja vom Ansatz unter dem Kopf bis zu den Schultern hinab.In etwa bis zum Beginn des Trapezmuskels, der die Schulterblätter überspannt. Dafür deute ich mit meinen Händen nacheinander drei Versionen an. So soll Julian wissen, was ich ihm fragen will.
„im oberen Bereich“, gibt er mir kurz preis und fügt hinzu, dass er die noch viel schlimmer als Nadelstiche empfindet.
„Okay mio. Die Kopfschmerzen: kommen sie von hinten nach vorn?“, will ich kurz wissen. Er bejaht mir die Vermutung.
„Okay. Bewege deinen Kopf nicht und bleib ganz entspannt am Kissen angelehnt.“, bitte ich ihn nun.
Ich will, dass er nicht mehr so verkrampft auf dem Stuhl sitzt. Damit ich noch genauer auf diesen Kopfschmerz eingehen kann, ich mir ergo ein Bild verschaffe, wie das auch immer aussehen mag, bitte ich Julian, mich anzusehen damit ich ihm ein paar Varianten zum Verlauf der Schmerzen zeigen kann. Er mir sagt, welche dieser bei ihm zu finden sind. Einmal fahre ich mit meinen flachen Händen vom Hinterkopf nach vorn über den Oberkopf bis zur Stirn. Für die zweite Variante lass ich meine Hände flach an meinen Kopfseiten nach vorn, über die Schläfen bis zur Stirn wandern.
„Oder spürst du sie komplett vom Nacken in Richtung Stirn?“
Dafür lasse ich meine Hände flach mit gespreizten Fingern vom Nacken über meinen ganzen Kopf bis zur Stirn gleiten. Julian zuckt mit den Schultern. Mir sagt das jetzt, dass er sie nicht zuordnen kann.
„Okay mio: mal so mal so?“, frage ich ihn.
„Ja.“, bestätigt er mir. Noch eine Frage habe ich:
„Sind die Schmerzen äußerlich oder von innen her zu spüren?“.
„Was soll die Frage?“, bekomme ich von ihm zu hören.
Wobei er tief Luft holt. So sehr, dass ich sein Schnaufen ohne Mühe hören kann. Er scheint sichtlich genervt zu sein, von meinen Fragen. Sicher auch um endlich Hilfe zu bekommen.
„Okay mio“, beruhige ich ihn erneut.
Ich würde auch sichtlich aus der Haut fahren wenn mich jemand mit derart Fragen bombardieren würde, anstatt mir zu helfen. Sein Kopf brummt ihm ja auch. Wenn jemandem der Kopf dröhnt, muss das nicht der Kopf sein, der diese Schmerzen sendet. Aber gut. Ich kann anhand der Angaben, die er mir bereits gut erklären konnte, fast schon eine Diagnose wagen. Ich hab jetzt schon so eine Befürchtung. Das muss ich aber vorher noch mit Technik überprüfen. Julian lässt mich ja nicht an sich heran. Ein Zeichen für mich, welchen Schmerzen er ausgesetzt sein muss. Ich hab das Gefühl, dass hier mehr ist, als nur eine Verzerrung. Und die Halskrause ist ja auch nicht korrekt an ihm angelegt worden. Was mir tierisch gegen den Strich geht.Die Explosion seines Autos hab ich noch immer im Kopf. Einen Splitter, oder anderes Zeugs, haben wir, Martin und ich, damals vor einem halben Jahr nicht gefunden. Wir haben nichts entdeckt. Na, wir hatten ja nur das CT- und das Röntgengerät. Okay, auch noch das Ding, das bei uns „die Röhre“ genannt wird. Damit konnten wir nichts finden. Was ist aber wenn sich doch ein Fremdkörper in seinem Nacken tummelt? Er bereits wanderte, oder das Ding schon zwischen den Gliedern der Wirbelsäule steckt? Oh, das ist ein sehr schrecklicher Gedanke! Das muss ich wissen. Ich muss meinen Engel noch intensiver untersuchen. Ja genau, das muss sein.Mir fällt ein, dass ich noch den Bericht über Bens Zustand schreiben muss. Von dem jungen heißen Kerlchen, der noch vor einigen Minuten in meinem Arztraum saß und mir heiße Gedanken in den Kopf trieb. Denn der muss sein, damit die Kosten dafür geklärt sind. Ja, auch das ist stets eine Tortur. Genau müssen wir belegen, warum wir einen Patient so variabel behandeln, was an Untersuchungen anfiel, die ja nun so unterschiedlich viel kosten und was die Untersuchung an Behandlungen bereitstellt, die auch wieder Kosten der Kassen verursacht. Ja, der Papierkrieg ist enorm, den viele von uns als Schikane ansehen. Er soll uns Einhalt gebieten, damit die Patienten nur die Medikamente oder Behandlungen kriegen, die ihnen zustehen und möglichst kostengünstig sind. Da wird nicht danach gefragt ob es Sinn macht. Die Kassen halten uns mächtig mit dem Kram auf Trapp. Also gehe ich flux in den Behandlungsraum und schreibe schnell noch den Bericht über meine Behandlung und zum Gesundheitszustand des letzten Patienten, Ben. Zuvor habe ich mir die Erlaubnis von Julian geben lassen. Nein… Ich will ihn nicht allein lassen. Er soll wissen, dass ich auch jetzt für ihn da bin. Obwohl wir ja getrennte Wege gehen. Mein Julian. Dann suche ich nach der Kartei auf dem PC, die mir alle Dinge über seine Gesundheit oder die vielen Behandlungen der gesamten Zeit seines bisherigen Lebens offenlegen. Den Ordner finde ich rasch, den ich jetzt öffnen will. Worin ja auch die Behandlung in der Uniklinik dokumentiert ist. Ich muss sie mir ansehen. Doch erscheint sofort nach Anklicken darauf ein Fenster, auf dem der Satz „Zugriff nicht erlaubt“ mit Ausrufezeichen zu sehen ist. Sie ist gesperrt.
„Oh Mann! Warum denn das? Was soll das!“, frage ich laut in den Raum hinein. Na, mich wundert das nicht. Die haben doch tatsächlich seine Akte unter Verschluss gebracht.
„So ein Dreck!“, schimpfe ich in den Rechner hinein.
Überrascht bin ich darüber aber nicht. Die Affen da oben haben das ja bestimmt eingefädelt. Trotzdem ärgert es mich tierisch. Man will schnell einem Patient helfen. Doch die Dokumente, um alle Krankheiten eines jeden einsehen zu können, damit wir im Notfall schnell handeln können, nicht abrufbar sind weil sie gesperrt wurden. Das ist die größte Blödheit der oberen Sesselfurzer. Gerade diese Baggage laut darum wirbt, dass wir Ärzte alles geben sollen, um jeden Kranken auf die Beine zu kriegen. Das macht mich wütend.
„Marina, komm doch bitte mal.“, rufe ich die Arzthelferin und setze hinzu, dass sie sich das mal ansieht und versucht, zu öffnen. Sie hat ja so ein gutes Händchen dafür.
Sofort kommt sie. Ich lass sie an das Ding, was sich PC nennt. Damit sie bequem arbeiten kann, biete ich ihr meinen Stuhl an.
„Ich gehe indess zu Julian zurück“, erkläre ich ihr.
Sie nickt mir zu und meint, dass sie sich die Datei mal ansieht. Nur etwa drei Ecken und sechzehn Schritte später sitze ich auf dem Stuhl vor Julian und sehe ihn mir noch etwas genauer an.
„Hilfst du mir?“, fragt er mich noch mal, mit glasig roten Augen.
Obwohl die Schmerzen etwas nachgelassen haben sollten, sind sie sicher noch immer so stark, dass ihm die Tränen quasi von selbst in die Augen gedrückt werden. Solche wünscht man keinem. Sie müssen so heftig sein. Ein anderer wäre sicher schon längst daran zerbrochen.
„Ich helfe dir, mio Angelo.“, sage ich zu ihm leise.
Dabei spüre ich wie sehr er jetzt erleichtert sein muss. Marina kommt in den Warteraum und deutet an, dass sie die Datei geknackt hat. Wie auch immer sie das anstellte. Okay, so genau will ich das nicht wissen. Hat sie ja sicher eine kleine Geheimwaffe. Doch ist sie einfach Spitze! Ja. So nicke ich ihr sehr dankend zu. Auch an meinem Gesicht kann man es mir echt ansehen und an meinen Augenbrauen, die ich ein paar Mal kurz in Richtung Himmel zucke. Derweil habe ich eine Hand schon unter Julians Klamotten an seine Brust gelegt. Ich will wissen, wie schlecht es um ihn steht. Sein Herz schlägt sehr aufgeregt, sein Atem hört sich auch nicht so gut an. Er hat ja diese Luftnot, die ihn seit dem Anschlag im Auto begleitet. Sie gerade jetzt, wegen der viel zu hohen Aufregung und Anstrengung hierher, nicht zu verachten ist. Ja, er atmet schwer und hastig. Das fühle ich eben, mit der Hand flach auf seine Brust haltend. Gleichermaßen ich an ihm erkenne, dass ihm die flache, etwa einen halben Zentimeter große Pastille in leicht bräunlicher Farbe, die aus einem schnell schmelzenden Material, einem Gel, gefertigt ist, zu helfen scheint. Es sind nur zehn Sekunden bis zur Wirkung vergangen. Aber ich stelle mir vor, dass die wenigen Momente für Julian eine halbe Ewigkeit bedeutet haben, bis sich die Schmerzen verringert haben.
„Wie geht es dir jetzt, Babe?“, will ich von ihm wissen.
Klar kann ich die Erleichterung an seinen Augen sehen. Doch will ich wissen wie es um die Schmerzen steht. Er meint, dass es besser ist.
„Okay, sehr gut mein Engel…“, bin auch ich erleichtert.
Sogar ein Lächeln zeigt er mir nun.Ja, auch von mir fällt eine große Last ab. Seine Augen sind jetzt wieder klarer. An ihm kann ich die große Erleichterung sogar spüren. Oh, mir geht das so verflucht nahe! Am liebten würde ich jetzt sofort losheulen. Ich spüre wie in meinen Augen die Tränen um die Wette buhlen, welche wohl den ersten Platz macht, um an meinen Wangen herabfließen zu können. Damit das Julian nicht so mitkriegt, schließe ich sie ein paar Mal kurz hintereinander. Ja genau: Ich muss mich doch auf ihn konzentrieren. Da kann ich nicht einfach meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Ich bin doch so ein scheiß Arzt. Also werde ich mich zusammenreißen und für ihn da sein. Nun kann ich meinen Engel genau beobachten. Das tue ich nun eine ganze Weile.
„Die Halskrause nehme ich dir jetzt ab.“, höre ich mich erklären.
Sie soll eigentlich seinen Hals, speziell den Nacken und seinen Kopf stabilisieren. Sie aber stattdessen völlig verkorkst an ihm anliegt. Wer die ihm angelegt hat, war sich nicht darüber im Klaren, was man damit anrichten kann.
„Hast Du sie selbst abgenommen?“, frage ich Julian.
Er mir das aber sofort verneint.
„Wann warst Du bei einem Arzt?“, folgt die nächste Frage.
„Heute gegen fünf Uhr, bevor ich zu dir kam.“, berichtet er mir.
„Okay mio. Seit wann hast du Schmerzen?“, folgt die nächste.
„Schon eine Weile. Erst waren sie ja harmlos. Also dachte ich, dass die sich geben werden. Weil Du mir ja sagtest, dass ich durchaus mal welche haben kann. Na, drei bis vier Tage später wurden sie stärker. Du sagtest mir ja, dass ich zum Arzt gehen soll, wenn ich Schmerzen habe. Da war ich dann auch. Doktor Hanauer. Er verschrieb mir nur Tabletten, die ich aber nicht nehmen kann. Dem Arsch war das wohl egal. Obwohl ich oft darauf hinwies, dass ich nicht jedes Medikament vertrage, eben wegen der Luft und meinen Hals und so. Die Kacke habe ich auch nicht eingenommen. So hab ich mich mit den Schmerzen herum geschlagen. Aber sie wurden mit jedem Tag schlimmer. Na, heute war ich bei dem Arzt und bat ihn darum mir endlich zu helfen. Er befahl mir die Dinger zu nehmen und wollte mich wieder heim schicken. Ich solle mich nicht so anstellen. Er machte darauf hin das Ding am Hals ab. Dann drückte er auf der Stelle herum. Boa! Ich hätte an die Decke gehen können! Das tat so weh!So sehr, dass ich mich hab wehren müssen. Er hat mich dann hinausgeworfen. Er meinte ‚ich soll nicht so markieren’ und schimpfte auf mich ein, ‚ich sei ein Wehleider und Snob‘. Oh, ich hab ihn wohl doch in meiner Not irgendwo getroffen. Aber ich musste mich ja gegen den Typ wehren. Er war so irre brutal. Er wollte die Bullen rufen. Er meinte, ich hätte ihn absichtlich angegriffen und man müsse mich bestrafen. Na, nun sitz ich hier und weiß nicht weiter.“
„Warum bist Du nicht schon viel früher zu einen anderen Arzt oder in die Klinik zu Martin gegang…“, will ich von ihm wissen.
Er aber stoppt mich mitten im Satz und meint, dass er sich von keinem anfassen lässt und dass ich ihn nicht verarzten dürfe.
„Warum ist mir klar. Aber ich hab solche Schme...“.
Sofort halte ich ihm meinen Zeigefinger sanft an seinen Mund. Ich kann dieses Leid nicht mehr hören. Denn es tut mir so verflucht weh! So irre sehr! Stattdessen bringe ich wieder nur das seichte Zischen aus mir heraus. Hinzu füge ich noch, dass ich ihn mir ansehen werde, soweit ich das mit der Technik hier in meiner Praxis kann.
„Mehr kann ich leider nicht tun. Na, wir schauen mal.“, beruhige ich ihn.
Ich erkläre ihm, dass ich ihn jetzt in einen anderen Raum bringe. Den Behandlungsraum. Da kann ich ihn, soweit es geht, fertig untersuchen und handeln, sollte ich doch etwas finden.
„Komm mio“, fordere ich Julian auf, mit mir mitzugehen.
Auf dem Weg ins Sprechzimmer erkläre ich meinem Engel, dass ich ihn nur untersuchen darf, dass ich sonst in Teufels Küche komme, sollte ich mich nicht an die bescheuerte Regel halten, die mir auch tierisch auf den Sack geht! Tierisch sehr!
„Halte den Kopf gerade.“, höre ich mich nun.
Er soll so wenig wie möglich unter Schmerzen leiden. Damit er nicht so umherschwangt, halte ich ihn mit meinem Arm um seine Taille fest. Na gut. Da sind wir auch schon. Ich setze ihn jetzt auf einen weicheren Stuhl. Der hat eine Kopfstütze. Ich denke, dass dieser für Julians Kopf besser, bequemer ist. Dabei kann er seinen ganzen Hals, insbesondere den Nacken und seinen Kopf entspannen. Was ist, wenn er tatsächlich etwas im Nacken hat? Der dauerhaft stechende Schmerz, der so extrem fest sitzt, dass er glaubt, ihm wird der Kopf abgerissen, zeugt davon. Warum wir den Fremdkörper in der Uniklinik nicht entdeckt haben? Oh, ich hab keine Ahnung. Die Bilder am PC aus der Untersuchung mit dem CT vor über sieben Monaten zeigen mir auch keine Auffälligkeiten. Die waren ja auch in der geschlossenen Datei zu finden. Eben schaue ich mir die vielen Bilder erneut an.Während ich seinen Zustand unter die Lupe nehme, läuft auch ein Diktiergerät mit, das ich verwende um Diagnosen aufzuzeichnen. Ich spreche ergo alles auf das Band, was für die weitere Behandlung und für das Protokoll wichtig ist. Auch wie ich Julian vorgefunden habe, ist darauf zu hören. Dann rufe ich die Datei im Rechner von meinem Engel auf. Sie gibt mir genaue Details preis. So kann ich gezielt und individuell auf seine Gesundheit, oder das was einst sein Leben bedrohte, eingehen, Julian untersuchen und ihm die best… ‚Scheiße’, ertönt es. Denn mir ist ja untersagt, ihn zu behandeln.
„Verdammte Schei…!“, und ein lautes Aufschnaufen kann ich nur noch vor lauter Wut loswerden. Aber, ich wäre nicht Mirko, wenn ich so kuschen würde, so wie die meisten von uns Ärzten. Also werde ich Julian untersuchen und behandeln. Mir ist völlig egal was mir dann blüht. Dann höre ich eben als Arzt auf. „Wer nicht will, der hat schon“ lautet eine Weisheit, woher die auch immer stammt. Julian geht für mich vor. Er ist mein Traum. Aber er ist auch mein Patient, dem ich helfen muss. Oh, ich stelle fest, dass ich sehr aufgeregt bin. Wenn er zu mir kommt und über Schmerzen klagt, hat er wirklich etwas. Ich habe doch einen Eid geleistet. Nämlich den Patienten zu helfen, sie gesund zu machen oder ihr bedrohtes Leben zu retten. Nach bestem Wissen und Gewissen. Also tu ich das auch. In der Tat muss ich wirklich aufpassen, was ich hier mache. Denn, weil ich Julian mit Martin in der Uniklinik behandelt, ihn vor dem Tod gerettet habe, obwohl ich das nicht durfte, auch ich ja als Patient in der Klinik lag und weil ich mit Julian liiert bin, hat man mir eine schriftliche Abmahnung erteilt. Nicht mal direkt hab ich die gekriegt. Diese Schisser! Schriftlich hat man sie mir zugestellt. Die kann dafür sein, mich aus der Ärzteschaft zu nehmen, sollte ich mich nicht an die Regeln halten. Das würde bedeutet, nie wieder ein Skalpell in die Hand nehmen zu dürfen. Ein Leben scheint in den Köpfen der Idioten aus den oberen Reihen egal zu sein. Man soll als Arzt Leben retten. Gleichzeitig wird aber von diesen Drachen bestimmt, von wem und von wem nicht. Die Abmahnung hat mich auch richtig Geld gekostet.Die scheiß Affen in der oberen Etage, die ihre faulen Ärsche nicht aus dem Bock gehoben kriegen, bestimmen mir, wen ich retten darf. Das muss man sich mal vorstellen, auf der Zunge zergehen lassen, und das jedes Wort einzeln:
‚Du hast dich verpflichtet, nach dem Vertrag der Kammer, den im Gesetz maßgeblich geltenden Regeln und dem Schwur auf Erhalt von Leben eines jeden Menschen, der Dich als Arzt konsultiert oder dem das Leben gerettet werden muss, den Vertrag Du mit uns vereinbart hast, nach besten Wissen und Gewissen, nach den Regeln der Kammern und Innungen, jegliches Leben zu retten, so dies erforderlich ist und/oder hast alle Chancen auszuschöpfen, um jedem Menschen das Weiterleben zu ermöglichen.’
Was ja ein wichtiger Grundsatz aller Mediziner ist. Wir Ärzte uns bemühen, jedes Leben zu retten. Wir diesen Eid ja nicht umsonst abgelegt haben. Doch wie soll ich einen Mensch medizinisch betreuen wenn der mein Freund, sogar Verliebter oder jemand aus meiner Familie ist? Wenn ein Verwandter meine Hilfe dringend benötigt, damit die Person weiter leben darf? Mir aufgrund, weil ich Julians Leben in Gefahr sah und ihn gerettet habe, folgende Zeilen per Post zugesandt wurden:
‚Sie haben sich wissentlich & fahrlässig gegen Regeln der Kammer & der Innung verhalten. Eine ärztliche Behandlung an einem Patient getätigt, obwohl Sie selbst aus gesundheitlichem Grund und Sie physisch nicht in der Lage waren, in der Sie hätten behandeln dürfen. Sie haben sich dem Eid entgegen schuldig gemacht, warum wir Ihnen bis auf Weiteres untersagen, sich als behandelnder Arzt in der Universitätsklinik einzufinden bzw. als solcher die in der Klinik von Halle einhergehenden Behandlungen zu führen. Des Weiteren haben Sie einen Patient behandelt, obwohl Ihnen laut den Regeln der Kammer und Innung untersagt ist, einen Patient zu behandeln, mit dem Sie als Doktor der wissenschaftlichen Medizin liiert sind. Was zu einem verzerrten Wettbewerb gegenüber Ihren Kollegen führte. Wir Ihr Tätigkeitsfeld als Doktor der Medizin bis auf Weiteres, jedoch bis zur Klärung der Sache, einschränken. Sie dürfen nur Patienten behandeln, deren Zustand keine Bedrohung in ihren Leben darstellen und/oder der/die nicht mit Ihnen verwandt und/oder mit Ihnen liiert sind, um die gleichbehandelnde Stellung im Sinne der Regeln der Ärzteschaft, der Kammer & der Innung zu wahren, damit anderen Medizinern gleiche Rechte anerkannt bleiben. Betrachten Sie diesen Brief, die darin enthaltenen Vorwürfe gegen Sie als Abmahnung. Im Sinne der Kammer der Medizin Sie des Weiteren mit einer Geldstrafe belegt werden. Die Geldstrafe beläuft sich auf 100.000 €. Die Sie auf das im Brief aufgeführte Konto der Kammer der Medizin innerhalb in einer Frist von vierzehn Tagen überweisen. Weitere Rechte behält sich die Kammer vor, sollten Sie Regeln nicht anerkennen und eine Gefahr für das Allgemeinwohl darstellen. Wir weisen Sie ausdrücklich, nach rechtlichem Grundsatz auf Artikel „Missachtung der Regeln der Kammer und Innung“ hin, dass Sie bei Missachtung der Regeln suspendiert und/oder aus der Ärzteschaft als Doktor der medizinischen Wissenschaft gekündigt werden. Auch eine Eintragung in der medizinischen Fakultät wird entsprechend ausgezeichnet, wonach Ihnen jegliche Behandlungsform untersagt werden kann. Sie dann als Doktor der medizinischen Wissenschaft nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Des Weiteren wir von einer Strafanzeige wegen Missachtung der deutschen Regeln nicht mehr absehen können.‘
Der Brief klingt wie Hohn in meinen Ohren wenn man als Arzt in einen anderen Menschen verliebt ist und ihn als Partner hat. Dann wird mir strikt untersagt, sein Leben zu retten oder alles dafür zu tun, dass er weiter leben darf. Genau diese Scheiße hat man mir da vor die Nase gerieben und mir befohlen, mich strikt daran zu halten. Wenn ich das ignoriere, fehle ich als Arzt auf der Matte. Ich dann ganz sicher meine Lizenzen verliere. Man mir dann wohl kein Skalpell mehr anvertraut. Das ist mir aber völlig Wurst. Ja genau, ich finde es absurd, uns Ärzten vorzuschreiben, wen wir behandeln dürfen und wen nicht, auch dann wenn die leidenden Menschen mit einem verwandt oder liiert sind. Das macht mich rasend vor Wut. Einhunderttausend Euro hat mich der Brief im DIN A4-Format gekostet. Dass Julian jetzt hier sitzt, hat mich echt verblüfft. Auch wenn ich mit ihm liiert bin. Wir ja eigentlich ein Paar sind. Ja, mir sind die scheiß Regeln zuwider. Also zucke ich die Schulter nach oben und lass meine Augenbrauen ein paar Mal auf und nieder wandern. Ich bin echt sowas von geschockt über das was mir mein Engel gesagt hat, dass es mir fast die Sprache verschlägt. Entsetzt auch darüber, dass sich Julian wehren musste, ehe er von dem Arzt loskam. Wie kann man einen Mensch so quälen, ihm so wehtun?! Für mich ist das alles unmissverständlich. Ich habe natürlich das Ding für die Aufnahme von all den relevanten Untersuchungssachen an. Auch was mir Julian eben berichtete, ist darauf zu hören.Meine Arzthelferin Marina bitte ich, alles mit aufzuschreiben. Auch die Beschwerden von Julian. Ich will zum Ausdruck bringen, wie entsetzt ich über solche Pfuscher bin, die einen Patient nur als Ware ansehen und nicht als Mensch. So habe ich einen Beweis gegen den Arzt, der nichts gefunden haben will. Während mir der bezaubernde Mann vor mir erzählt, was er über sich ergehen lassen musste, betrachte ich ihn neugierig. Vor lauter Schmerzen hat er sicher nicht viel zu sich genommen. Auch der Schlaf fehlt ihm ganz sicher. Wer weiß, wie lange er schon diese verfluchten Schmerzen hat. Sein so schönes Gesicht wirkt nicht nur so fahl wie Kreide. Mir fällt auf, dass es eingefallen wirkt. Na, wir Ärzte reden dann davon, wenn sich die Augen des Patienten stark nach innen, ergo weit in die Augenhöhlen des Schädels, versenkt haben und das Gesicht knöchern aussieht. Man die Wangenknochen schon gut sehen kann und sich die Haut der Wangen nach innen, in die Mundhöhle, neigt. Wenn das der Fall ist, dass vor uns ein Mensch mit derart abgemagertem Gesicht sitzt, zeugt das von nachhaltigen Problemen und von aktuellen Situationen, in denen sich ein Patient befindet. Bei meinem Engel sind es die Schmerzen, die ihn vergessen lassen zu essen oder zu trinken. Julian hat, um sich nicht groß bewegen zu müssen, den Körper mit einer leichten Jacke bekleidet. Eine Trainingshose, wie man sie beim Sport trägt, die locker zu sitzen scheint, bedeckt sein Gesäß, Intimbereich und die Beine. Auch ein erhöhtes Zeichen dafür, dass er höllische Schmerzen hat, die er nicht zusätzlich maximieren will. Julian verrät mir, dass er sich so gekleidet hat damit er so wenig wie möglich ertragen muss. Dass er sogar keinen Slip unter der Trainingshose trägt. Dabei grinst er mich leicht, kaum zu erkennen, an, mit einer leichten Scham verbunden. So würde er nie herumlaufen. So lächle ich ihn an und zische ihm wieder zu:
„Mach dir keine Sorgen. Ich verstehe das. Und: wir kennen uns doch schon eine Weile.“.
Eher ich habe so meine Bedenken. Mir schleicht sich die Sorge ein, dass er für das Wetter da draußen viel zu leicht gekleidet ist.Bei den tiefen Temperaturen. Minus sechs Grad habe ich vor einer Stunde draußen am Thermometer abgelesen. Aber: was will er sonst tun? Mich verwundert sehr, dass es mein Traum der Welt tatsächlich bis zu mir her geschafft hat. Das zeugt davon, dass er ein richtig starker Kerl ist. Mein Kerl. Er sich nicht aufgibt, trotz der nicht zu erahnenden Schmerzen, denen er hilflos ausgesetzt ist. Man kann sie sich nicht vorstellen. Mir kommen wieder ein paar Tränen aus den Augen gelaufen, die ich durch ein paar Wimpernschläge verschwinden lasse. Ja, ich kann sofort fühlen was er jetzt durchmacht. Was mich auch beunruhigt, sind seine Verletzungen am Rücken. Er bekam ja an den stark betroffenen Stellen eine Haut implantiert. Eine Haut, in der seine Gene enthalten sind. Die hatte er schon ein paar Jahre vorher für sich auf Eis gelegt. Als ob er es wohl geahnt hätte. Die Haut begann zwar schon früh, sich wieder zu regenerieren, als ich ihn nach der echt heftigen Explosion in der Uni mit Martin notdürftig und dann detailliert versorgte. Doch muss er den Rücken wirklich schonen und darf ihn nicht dem zu kalten Wetter oder der direkten Sonne aussetzen. Beides ist nicht zu verachten. Heute ist es arschkalt und es kommt noch die Sonne dazu. Ja, es ist heute echt schön. Aber die Luft draußen ist viel zu trocken. Mit den tiefen Graden keine so guten Wetterverhältnisse für Patienten, die mit einer „Genhaut“ behandelt wurden. Ich freue mich ja über jeden noch so kleinen Sonnenstrahl. Mein Julian muss jedoch echt vorsichtig sein. Daher soll er seinen Rücken gut einpacken. Hinzu kommt noch, dass Julian Luftnot hat. Durch die Explosion in seinem Wagen hat er giftige Dämpfe, den Ruß und sehr hohe Hitze von nicht weniger als 1000 Grad eingeatmet. Die haben seine Luftröhre angegriffen. Dessen Schleimhäute wurden quasi weg gebrannt. Die können sich nur sehr langsam wieder bilden. Daraufhin wurde ihm ja auch ein Stabilisator in die Luftröhre gelegt. Ein Gemisch aus vielen Erbsubstanzen, die wir aus seinem Blut gewinnen konnten, das er vor Jahren mit seinen Genen und anderen Substanzen darin einlagerte. Eine Art Röhre ist das.Aber, wie bereits erklärt, dauert der Prozess wirklich lange. Ich rechne mit mehr als vier Jahren, bis sich die Schleimhäute in seinem Hals wieder neu gebildet haben werden. Bis Julian wieder frei ein und aus atmen kann, können also Jahre vergehen. Er wird noch lange zu kämpfen haben. Das schwere Hecheln kann ich sehr gut hören. Sein Atem hört sich schwer an. Als ob er ein sehr starker Raucher wäre. Was er ja nicht ist. Na, dafür habe ich vorgesorgt. Ich hab eine kleine kugelförmige Pille entwickelt, die er sofort bekommt, sollte er wieder unter extremer Atemnot leiden. Denn dadurch kann mein Engel auch ersticken. Sie wird ihm direkt in den Hals gegeben und muss exakt in Höhe des Kehlkopfes reagieren. Eine minimale Explosion findet statt, die dann den Kehlkopf erprobt ausdehnt und so ein Schub der Luftzufuhr entsteht. Der Patient atmet kurz und heftig durch und bekommt so sofort wieder Luft. Durch leichte Reanimierungsmethoden, Mund zu Mund Beatmung, wird ihm im Anschluss Luft zugeführt, so dass die Lunge ein paar Mal quasi künstlich beatmet wird. Dadurch er weitere Schübe zum Atmen kriegt. Sich die Lunge dadurch schnell ausdehnt und sich so die Atmung wieder normalisiert. In so fern ich das so sagen kann. Alle Ärzte mögen mir verzeihen, sollte ich mich hier nicht so ganz fachmännisch ausgedrückt haben. Ja. Daher auch die Problematik, wenn zu kalte und zu trockene Luft im Freien herrscht. Was ja im Winter meist der Fall ist. Das macht das Atmen bei ihm schwer. Ein großes Problem ist das in meinen Augen. Wenn er nicht bei mir ist und dann plötzlich so eine Attacke kommt, kann ich ihm nicht helfen. Ihn nicht davor bewahren. Oh, ich muss direkt tief durchatmen. Das sind gleich drei Faktoren, die die Heilung beeinträchtigen können. Davor habe ich echt Angst. Wenn Julians Atem wieder mal aussetzt, bleibt mir nur noch die Pille. Und nun auch noch die Schmerzen im Nacken! Die erregen mein Gemüt. Handeln muss ich ergo unbedingt. Mir bleibt keine andere Wahl. Mein Engel! Oh je! Mir tut das selbst so weh! Ich stelle deshalb den Verdacht, dass Julian im Nacken was hat, das da nicht reingehört. Was den so extremen Schmerz auslöst. Ein Fremdkörper? Das muss ich herausfinden.Also muss ich ihn behandeln. Wenn das tatsächlich der Fall ist, in seinem Nacken ein Splitter sitzt und der schon so tief hinein gewandert ist, kann das zu einer Lähmung führen. Vom Hals abwärts. Was bedeutet, dass er dann am Rollstuhl gefesselt wäre. Was das für Folgen hat, will ich mir nicht bildlich vorstellen. Drückt so ein fieser Splitter an den Hauptnerv im Nacken, den Spinalnerv, der sich in einem Kanal in der Wirbelsäule vom Kopf bis etwa über das Gesäß erstreckt, ist sein Oberkörper faktisch nicht mehr zu gebrauchen. Auch sind alle Funktionen der Organe, wie Lunge, Herz, Verdauungstrakt, Leber, Milz beeinträchtigt, ihre volle Leistung zu bringen. Arme und Beine können betroffen sein. Und sein Hirn ebenso stark darunter beeinträchtigt sein. Was das Leben nicht mehr lebenswert macht und er ständig Schmerzen haben wird. Oh, das will ich mir nicht vorstellen! Julian dann so zu sehen, zu…das zerreißt mir das Herz in tausend Stücke! Oh, ich merke wie ich ihn mir ansehe. Schnell lass ich diese Gedanken in mir verschwinden.
„Okay mio:“, meine ich zu Julian.
„Wir müssen dir jetzt die Jacke mal ausziehen. Denn ich muss dich mir genau anseh...“, will ich ihm erklären.
Doch mich unterbricht Julian sofort im Satz:
„nicht da anfassen!“, befiehlt er mir echt barsch.
Klar. Logisch. Aber wie soll ich ihn jetzt untersuchen? Sanft berühre ich ihm daraufhin seine Lippen und die Wange, die sich mir gerade zeigt.
„Hab keine Angst. Vertrau mir, mio.“, rede ich ruhig auf ihn ein.
Ich erkläre ihm, dass ich mir seinen Nacken ansehen, ihn auch berühren muss und dass er dabei sicher Schmerzen haben wird, die ich nicht ganz ausschließen kann. Klar sieht er mich jetzt mit leicht erstarrten Augen an. Er weiß ja, dass eine Untersuchung ohne Berührung kaum möglich ist. Ich will ihm ja nicht unnötig weh tun. Doch ich will auch sofort wissen und spüren, was ihm dort quält. Selbst mir ist ja der Gedanke zuwider. Ich kann nur erahnen, was er empfindet. Aber auch das tut mir in der Seele weh. Schließlich willigt mein Julian ein. Doch er bittet mich, ihn an der Stelle ja vorsichtig zu berühren. Natürlich werde ich mit seinem Nacken vorsichtig umgehen damit ihm zusätzliche Schmerzen erspart bleiben. Da kommt mir die Idee. Wir ja für solche schweren Fälle einen speziellen Sessel haben. Genau! Das ist eine gute Idee! Warum bin ich da nicht schon früher drauf gekommen? So muss ich ihn vielleicht nicht abtasten und kann ihn so untersuchen. Na, das Ding werde ich dafür nutzen. Zuvor erzähle ich ihm von diesem Ding mit der guten Technik.
„Du hast somit dann keinerlei Schmerzen, Julian.“, erkläre ich ihm einleuchtend und nun mit einem doch leicht erhelltem Blick.
„Okay“, kommt aus seinem Mund. Es ist die Einwilligung.
„Starten wir?“, frage ich meinen Traum der Welt erleichtert.
Mit einem auffallend, doch entspannteren Gesichtsausdruck kommt das „Ja“ von ihm. Sanft berühre ich wieder seine Lippen. Oh, die sind ja auch noch viel zu trocken. Mit einem kurzen „Warte mal“ rufe ich Marina herbei und bitte sie um ein Glas mit einem Getränk. Fragend schaue ich dabei meinen Prinz an, um von ihm zu erfahren was er trinken mag. Er will nur ein Wasser.
„Hast du das gehört, Marina?“
„Ja“, kommt die Antwort prompt aus einen Raum.
Derweil erkläre ich meinem Julian, dass er reichlich trinken muss um nicht auszutrocknen. Die Lippen und sein Gesicht zeigen das ja schon. Auch sein Körper wird es so langsam an sich bemerken lassen. Ja okay. Ich weiß. Bei den Schmerzen ist das sicher leichter gesagt als getan. Zumal man sich ja eher gar nicht bewegen, rühren will. Oh Mann! Ich erinnere mich gerade an das was einst passierte. Was Julian alles durchmachen musste. Schrecklich! Marina kommt endlich mit dem Wasser im Glas das sie meinem Engel reicht. Die Flasche mit dem restlichen Inhalt drückt sie mir in die Hand. Aus meiner Arzttasche ziehe ich noch ein dünnes Päckchen aus Aluminium. Der Inhalt ist auch so eine Erfindung von mir. Ein feuchtes Tüchlein ziehe ich jetzt aus dem, welches ich zuvor mit einer Schere geöffnet habe. Schon schau ich wieder Julians Gesicht an. Nachdem er einen Schluck aus dem Glas genommen hat, rutsche ich nah an ihn heran. Dafür hat er mir den Platz zwischen seinen Beinen spendiert. Schon lege ich ihm einen Zeigefinger an seine so ausgetrockneten Lippen. Nur sanft. Ich will sie abtasten um zu fühlen wie stark sie betroffen sind. Das kleine Tuch aus einem zellstoffähnlichen Material hat eine ölige Substanz mit ein paar Vitaminen. Diese Tinktur ist gut für seine leicht rissigen Lippen. Ganz vorsichtig tupfe ich sie ihm ab. Sofort reagieren sie darauf und sehen auch schon viel besser aus. Oh Mann, ich könnte ihn jetzt sofort zu Boden knutschen, meinen Traumengel…! Schon sieht er wieder etwas besser aus. Seine Lippen wirken wieder voller Blüte auf mich ein. Damit das aber noch eine Weile so bleibt und ich ihn tatsächlich mal wieder abknutschen kann, lege ich das Tuch sanft auf sie auf.Eine Weile verbleibe ich auf ihnen mit dem Tuch. Ein irre verführerischer Kussmund offenbart sich mir, nachdem ich das Tüchlein von ihm nehme. Haben seine Lippen die Feuchtigkeit aus ihm fast komplett aufgesogen. Jetzt sehen sie wieder echt gut aus. So wie zuvor einmal. Als wir noch nicht getrennt waren. Wir uns so innig liebten und es uns an nichts fehlte. Ich sehne mich dahin zurück. ‚Ist ja alles nur ein bescheuerter Traum.’, denke ich, nachdem ich für ein paar Sekunden die Augen geschlossen habe. Ihn mir erneut danach begutachtete. Oh, mein Herz rast vor Sehnsucht nach ihm, nach seinem süßen Lächeln, seinen Küssen und was ich sonst noch von ihm bekam, als wir noch ein richtiges Paar waren. Julian scheint wohl von mir abzulesen was ich denke. Er blickt mich ebenso sehnsüchtig an. Obgleich ich mir nicht sicher bin, was er jetzt in diesem Augenblick denkt. Aber an seinen Augen kann ich ablesen, dass auch er wieder Nähe sucht. Er mir aber immer noch nicht wirklich traut, was den ganzen Spuk angeht. Aber gut. Ich will ihn damit nicht belasten. Ich bin froh darüber, dass er den Weg hierher zu mir gefunden hat. Mir ist nur unklar wie er das unter diesen so höllischen Schmerzen geschafft hat. Sicher kann man die Liebe hier in diesem Raum wahrnehmen. Kein Wunder. Sorgten wir ja einst dafür, dass wir uns so sehr lieben, wie eh und je. Ja, wir lieben uns noch. Ich meinen Julian und er mich. Ich kann es direkt spüren, an seinem Blick, den er mir zuwirft. Und weil ich ihn so unsagbar sehr liebe, scheiß ich auf die Vorschriften, die mir nahe gelegt wurden. Ich bin verpflichtet, Julian zu helfen. Damit er wieder durchatmen und wie ein Jungspund durch die Welt ziehen kann. Koste es doch dabei auch meinen Job als Arzt. Ich handle aus reinem Gewissen und mit bestem Wissen, mit bester Absicht. Ja. Genau! So ein paar Vollpfosten! Wollen mir vorschreiben was ich zu tun und zu lassen habe! Die haben aber selbst keine Ahnung. Weil sie ja nicht die vielen Menschen an jedem verfluchten Tag vor sich haben. Jeden Tag sehen wir sie vor uns. Wir wissen sofort, was los ist. Diese Leute sollen sich zum Teufel scheren, die scheiß Sesselfurtzer! Ich will, dass Julian wieder gesund ist. Man kann mir ruhig die Lizenz nehmen. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Also drücke ich ihm einen Kuss auf seine animalischen Lippen, den er sehr gern annimmt.Oh, er weiß wohl genau was in mir vorgeht.
„Ich weiß Mirko“, meint er kurz.
Dann erkläre ich ihm was ich vorhabe. Er ist einverstanden. Aber sagt mir, dass ich mit ihm ja sanft umgehen soll.
„Nun gib mir endlich einen Kuss“, fordert er mich jetzt mit sehnsüchtigen Augen auf. Wow!
Ich bin überrascht. Aber er soll natürlich haben, wonach er verlangt. So beuge ich mich ganz nah zu ihm heran. Wow, was für ein Anblick! Obwohl er an Gewicht einiges verlor, sieht er immer noch aus wie ein Engel! Oh, ich bin total verknallt!
„Beweg dich nicht.“, meine ich zu ihm.
Schon lege ich ihm sanft meine Lippen auf seine. Mich nimmt Julian am Nacken, so wie ich das immer mache, und er hält mich fest an sich. Ich spüre seine Liebe. Ich fühle ganz genau was er denkt und will. Und ich lasse es einfach zu. Weil er so ist wie er ist. Und das habe ich so sehr vermisst. Seine pure Nähe, seine Küsse und seine Liebe, die er mich zu jeder Tageszeit spüren ließ. Ja, diese vielen so irre schönen Momente will ich wieder, jeden Tag, zu jeder Zeit mit Julian genießen. Während wir uns so sinnlich küssen, halte ich ihn am Körper, mit der linken Hand, und an seinem Hinterkopf mit der rechten Hand fest. Ich will ihn nicht wieder loslassen. Nicht wieder allein da raus schicken, wo er kaum geschützt ist. Boa, an mir spüre ich meinen ganzen Körper vor lauter Empfängnis vibrieren! Oh Mann! Behutsam ziehe ich meinem Engel dabei die Jacke aus. Ich hoffe, dass ich ihm jetzt nicht zu sehr weh tu. Tatsächlich schaffe ich es, ihn zu entkleiden. Mit weiteren sinnlichen Küssen entnehme ich seinem Körper jetzt schon die zweite. Oh! Er hat noch eine dünne Jacke an! Ergo sind es gleich drei davon, die mein Prinz um seinen Körper gelegt hat. Alle drei sind relativ luftundurchlässig und eher viel zu dünn für diese Jahreszeit, dem Winter. Sie halten aber die Kälte und das Sonnenlicht fern. Schon sieht er meine Zufriedenheit. Die dritte hat einen dünnen Reißverschluss. Es ist eine direkt an seinen Körper angepasste Jacke aus einem guten Material. So eine trägt man eher bei sportlichen Tätigkeiten. Zum Radfahren, zum Beispiel. Oder wenn man sich vornimmt, eine weitere Strecke zu laufen. Sie wurde aus einer Kunststofffaser hergestellt. Das ist typisch für solche Jacken. Entwickelt wurden sie ja weil immer mehr Sportler danach fragten. Die Raumfahrt hat dafür einen erheblichen Teil beigetragen. Mit viel Gefühl, absolut behutsam, zieh ich am schmalen Reißverschluss den Griff nach unten.