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Bautenfarben sind von elementarer Bedeutung für die Beständigkeit, den Werterhalt und die Gestaltung von Fassaden. Die Funktionsfähigkeit von beschichteten Fassaden kann nur durch genaue Abstimmung der Eigenschaften des Substrats und der von Beschichtungsstoff bzw. Beschichtung erzielt werden. In diesem Buch Innovationen in Bautenfarben werden zunächst die im Baubereich häufigsten Untergründe beleuchtet, insbesondere die Zusammensetzung der Baustoffe und auch die aktuellen Normen und Anforderungen an die Materialien. Folgend werden aktuelle Entwicklungen von Bautenfarben vorgestellt, vordergründig neue Bindemittel, Füllstoffe, Pigmente und Additive. Der Autor verdeutlicht die Wichtigkeit der perfekten Abstimmung zwischen Substrat und Beschichtung und gibt entscheidende Hinweise für die Praxis. "Innovationen in Bautenfarben" richtet sich an Produktentwickler, an Sachverständige und an Studierende der höheren Semester sowie an alle chemisch-technisch Interessierten, die sich mit Bautenfarben beschäftigen.
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Seitenzahl: 159
Vincentz Network GmbH & Co KG
Horst Reul
Innovationen in Bautenfarben
Umschlagbild: Thordino – www.Fotolia.com
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek
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Horst Reul
Innovationen in Bautenfarben
Hannover: Vincentz Network, 2013
FARBE UND LACK EDITION
ISBN 3-86630-838-8
ISBN 978-3-86630-838-1
© 2013 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover
Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany
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Satz: Vincentz Network, Hannover, Germany
ISBN 3-86630-838-8
ISBN 978-3-86630-838-1
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FARBE UND LACK EDITION
Horst Reul
Innovationen in Bautenfarben
Seit Menschengedenken ist die Welt von Farbigkeit geprägt. Dem Vorbild der faszinierenden Vielfalt der farbigen Natur nacheifernd, versucht der Mensch, Farben auf sich selbst und seine Behausung aufzutragen. Zur Verfügung standen zunächst in der Natur vorhandene Pigmente als farbgebende Komponente und Kalk sowie Naturharze als Bindemittel.
Der erste große Schritt zum synthetischen, chemisch definierten Produkt als Anstrichstoff war die Herstellung von Wasserglas und die Erkenntnis, Wasserglas als Bindemittel für Beschichtungen verwenden zu können. Als zweiten großen Schritt revolutionierte die Farbenentwicklung die Verwendung von Kunstharzdispersionen als Bindemittel. Bis heute ist diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen.
Nach einer längeren Periode ohne auffällige Innovationen, unter anderem eine Folge des Konzentrationsprozesses im Farben-herstellenden Marktsegment, lässt sich in der jüngsten Zeit eine Art Aufbruch in der Bautenfarbenwelt beobachten. Beginnend mit der Marketingmächtigen Lotus-Effektfarbe setzen sich immer mehr Farbenhersteller, und stärker noch die großen Rohstoffhersteller, mit neuen Anforderungen an die Produkte auseinander. Diese Anforderungen resultieren u.a. aus politischen Vorgaben, wie der CO2-Einsparung, einem veränderten Zeitgeist, wie dem sich immer mehr durchsetzenden Anspruch an die Nachhaltigkeit der verwendeten Rohstoffe, sowie aus Wünschen und Forderungen der Verbraucher, denen Megatrends zu Grunde liegen.
Lag in der Vergangenheit der Schwerpunkt in der Produktentwicklung in der Optimierung der einzelnen Rezepturbestandteile, z.B. dem Pigment, dem Bindemittel, dem Additiv, sowie der Kostenoptimierung, ohne dabei die systematische Einbeziehung der Eigenschaften des zu beschichtenden Substrats zu berücksichtigen, muss heutzutage einer Neuentwicklung ein holistischer Ansatz vorangehen. Dieser umfasst die umfangreiche Auseinandersetzung mit den physikalischen und chemischen Merkmalen des Substrats, insbesondere der Substratoberfläche als Funktion der Zeit.
Erst die Kenntnis der Umweltbelastungen, denen eine Beschichtung ausgesetzt ist, und die Prognose der Wechselwirkung mit dem Substrat erlaubt die Entwicklung einer zukunftsträchtigen, innovativen Bautenfarbe.
Neue Ideen aus anderen Anwendungsbereichen, die mit Stichworten wie Nanotechnik, Superhydrophilie oder Hybridisierung verbunden sind, haben bereits in der Bautenfarbenentwicklung Eingang gefunden. Diese Ideen, die in der Fachwelt einen Paradigmenwechsel ankündigen, greift das vorliegende Buch auf und versucht, einen Überblick über Innovationen in der Bautenfarbenentwicklung zu schaffen. Das kann naturgemäß nicht vollständig sein. Die wesentlichen marktreifen Neuerungen stammen aus den Labors der großen Hersteller, deshalb lässt es sich nicht vermeiden, auf die Herkunft der Innovationen hinzuweisen. Dabei werden auch aktuelle Forschungsergebnisse aus den Hochschulen gewürdigt.
Dieses Buch wendet sich an Produktentwickler, an Sachverständige und an Studierende der höheren Semester sowie alle chemisch-technisch Interessierten, die sich mit Bautenfarben beschäftigen.
Horst Reul
Illertissen, im März 2013
Bezugsquellen für ausgewählte Rohstoffe finden Sie ab Seite 119
1Von der Farbe zur Bautenfarbe
2Definition von Bautenfarben
2.1Was sind Bautenfarben?
2.2Bautenfarben – gestern und heute
2.2.1Unterscheidung nach dem Bindemitteltyp
2.2.2Unterscheidung nach dem Einsatzgebiet und Substrat
2.2.3Unterscheidung nach der Dauerhaftigkeit
3Beschichtungsuntergrund für Bautenfarben
3.1Kunststein: Beton und dessen Oberfläche
3.1.1Betonarten und Betoneigenschaften
3.1.1.1Beton in der „flüssigen” Phase
3.1.1.2Beton in der „festen” Phase
3.1.1.3Wasser-Zement-Wert und Anmachwasser
3.1.1.4Zement als Bindemittel
3.1.1.5Vom Zement zum Beton
3.1.1.6Zement-Zusammensetzung
3.1.1.7Einteilung der Zement-Zusatzstoffe
3.1.1.8Zusammensetzung der Beton-Porenlösung
3.1.2Betonoberfläche
3.1.2.1Schalungsstrukturen des Betons
3.1.2.2Porigkeit der Betonoberfläche
3.1.3Trennmittel und Entschalungshilfen
3.1.3.1Physikalisch wirkende Entschalungsmittel
3.1.3.2Chemisch bzw. physikochemisch wirkende Entschalungsmittel
3.1.3.3Biologisch abbaubare Entschalungshilfen
3.1.3.4Verfärbung der Betonoberfläche
3.1.3.5Einfluss der Bewitterung auf die Oberflächenbeschaffenheit
3.1.4Resümee
3.1.4.1Anforderungen an eine innovative Bautenfarbe für Beton
3.1.5Normen und Literatur
3.2Außen- und Innenputze und deren Oberfläche
3.2.1Allgemeine Begriffe und Definitionen
3.2.2Außenputze
3.2.2.1Belastungen von Außenputzen
3.2.2.2Normsituation
3.2.2.3Bindemittel für mineralisch gebundene Außenputze
3.2.2.4Zuschläge, Zusätze, Zusatzmittel
3.2.2.5Typische Außenputz-Rezepturen
3.2.2.6Außenputz-Oberfläche
3.2.2.7Anforderungen an Bautenfarben für Außenputze
3.2.2.8Normen, Richtlinien, Merkblätter, Literatur
3.2.3Innenputze – Schwerpunkt Gips- und Gipskalkputze
3.2.3.1Funktionen des Innenputzes
3.2.3.2Bindemittel Gips, mögliche Zuschläge und notwendige Additive
3.2.3.3Innenputz-Oberflächen
3.2.3.4Anforderungen an Bautenfarben für Innenputze
3.2.3.5Normen, Richtlinien, Merkblätter, Literatur
3.3Holz, Holzwerkstoffe und deren Oberfläche
3.3.1Anatomischer Aufbau des Holzes
3.3.2Chemischer Aufbau des Holzes
3.3.3Holzfeuchte
3.3.4Dauerhaftigkeit
3.3.5Holzwerkstoffe
3.3.6Normen, Literatur
4Megatrends und ihr Einfluss auf die Entwicklung von Bautenfarben
5Anforderungsprofil an Bautenfarben.
5.1Anforderungsprofil aus physikalischer Sicht
5.2Anforderungsprofil aus bauchemischer Sicht
5.3Anforderungsprofil aus ökologischer Sicht
5.4Anforderungsprofil aus gesundheitlicher Sicht
5.5Anforderungsprofil aus Sicht des Substrats
5.5.1Kunststein Beton und Stahlbeton
5.5.2Putze
5.5.2.1Anstrichstoffe für Außenputze
5.5.2.2Anstrichstoffe für Innenputze
5.5.3Holz
5.6Normen, Richtlinien, Merkblätter, Literatur
6Trends in den Komponenten der Bautenfarben, innovative Lösungsansätze
6.1Neuartige Bindemittel
6.1.1Silikatische Bindemittelsysteme
6.1.2Kunstharz-Dispersionen
6.1.3Hybride organische Bindemittel mit schmutzabweisender Wirkung
6.1.4Bindemittel aus nachwachsenden Rohstoffen
6.2Neuartige Füllstoffe
6.2.1Modifizierte Füllstoffe
6.3Neuartige Pigmente
6.3.1Photokatalytisch wirkende Pigmente
6.3.2Effektpigmente
6.3.3Pigmente mit Patinaeffekt
6.3.4Optimierte Pigment-Darreichungsform, VOC-arme Pigmentpräparationen
6.3.5IR-reflektierende Pigmente
6.4Neue Additive
6.4.1UV-Absorber
6.4.2Biozide
6.4.2.1Topfkonservierung
6.4.2.2Beschichtungsschutzmittel bzw. Filmschutzmittel
6.4.2.3Einsatz von verkapselten Bioziden
6.4.2.4Rheologie beeinflussende Additive
6.4.2.5Zellulosefasern als Alternative zu CMC
6.4.2.6Dispergiermittel
6.4.2.7Hydrophobierungsadditive
6.5Literatur
7Trends in Bautenfarben
7.1Trends bei Betonbeschichtungen
7.2Trends bei Putzbeschichtungen
7.3Trends bei Holzbeschichtungen
7.4Literatur
8Fazit
8.1Neue Bindemittel
8.2Neue Füllstoffe
8.3Neue Pigmente
8.4Neue Additive
8.5Resümee
Autor
Danksagung
Index
Bezugsquellen
Farben ordnen die Welt. Farben stiften Identität. Farben prägen sich ein. Ohne Farben bleibt man unsichtbar. „Die Farbe ist ein fester Bestandteil der menschlichen Umwelt; sie ist Ausdruck und Wesensbestandteil in der Symbolik, Mystik, Ästhetik, Wissenschaft, Kunst und Kultur“ [1].
Die Farbe ist nach DIN 5033 genormt und wird definiert als „ein durch das Auge vermittelter Sinneseindruck, der durch das menschliche Auge auftretende Strahlen ausgelöst wird“ [2].
Funktionaler Charakter der Farbe
Farben haben im Wesentlichen zwei Funktionen zu erfüllen, die Schmuckfunktion (Gestaltungsfunktion) – diese reicht vom harmonischen Empfinden bis zur Disharmonie – und die Organisationsfunktion. Der Mensch erkennt Farben schneller als Formen. Deshalb werden Farben in allen Umweltbereichen zur Kennzeichnung eingesetzt. Farben ordnen, weisen hin, markieren, warnen und werben. Man spricht von Kennfarben, Sicherheitsfarben, Ordnungsfarben und Verkehrsfarben. Farben sind demnach Gestaltungs- und Beeinflussungsmittel.
Farben im Bauwesen
Farben wirken physiologisch und psychologisch. Für die Anwendung am Bau heißt dies, ein entsprechendes Farbklima schaffen, um in den Räumen, in denen wir uns aufhalten, Wohlbefinden zu erzeugen.
Die Farbe ist kein Werkstoff. Ein Werkstoff, wie z.B. Pigmente oder Bindemittel, kann allenfalls ein farbiges Aussehen haben. Trotzdem hat sich sowohl umgangssprachlich als auch in der Fachsprache die Wortkombination mit einem Bindemittel und dem Wort Farbe als Werkstoffbezeichnung durchgesetzt.
Die „Farbe“ als Werkstoff, Anstrichmittel und Beschichtungsstoff
Nachfolgend wird nicht das Grundlagenwissen der Farb- und Anstrichlehre ausführlich wiedergegeben – dazu wird auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen und die Grundlagenkenntnisse werden beim Leser vorausgesetzt. Nachdem nicht nur beim Laien, sondern auch in der Fachwelt in der Terminologie oftmals Überschneidungen vorkommen, werden im Folgenden einige der wesentlichen Begriffe in Erinnerung gerufen.
Zu definieren ist zunächst das Anstrichmittel „Farbe“: Hierzu zählen die Produkte im Lieferzustand, eigentlich das Präprodukt. Die Darreichungsform erstreckt sich von der Pulverform über die dünnflüssige Lösung oder Dispersion bis zur noch streichfähigen Paste.
Beschichtung, farbige Dünnbeschichtung, Bautenfarbe
Ziel ist die Herstellung einer farbigen Schicht auf einem Substrat. Man spricht vom Verbund einer mehr oder weniger dicken Beschichtung auf einem meistens mineralischen Untergrund, der in Wechselwirkung mit der Beschichtung treten kann und selbst mit der Umgebung (Umwelt) in Wechselwirkung tritt. Diese Interaktion einer Dünnbeschichtung und der daraus resultierende Einfluss auf die farbige Schicht, die üblicherweise „Farbe“ bezeichnet wird, steht im besonderen Blickpunkt des Interesses im vorliegenden Buch.
Zunächst wird der zu beschichtende Untergrund Beton, Putz und Holz beleuchtet, dann das Anforderungsprofil an den Beschichtungsstoff herausgearbeitet und schließlich der Frage nachgegangen, welche Innovationen sich auf dem Bautenfarbensektor abzeichnen.
[1]Wulf, H.: Große Farbwarenkunde; Köln, 1974, S. 28
[2]DIN 5033, Ausgabe 1979 (Neufassung 2009)
Das Deutsche Lackinstitut [1] unterscheidet nach Bautenlacken und Bautenfarben.
Unter Bautenlacken werden demnach Anstrichstoffe zur Beschichtung von Holz und Metall, zum Beispiel für Fenster, Türen, Heizkörper, Fußböden, meistens auf Basis von Alkydharzen oder Acryldispersionen verstanden.
Baufarben ist der Sammelbegriff für alle Anstrichstoffe, die im Bausektor Verwendung finden. Man unterscheidet dabei noch zwischen den Bautenfarben, die für den Anstrich von Wänden und Fassaden verwendet werden und den Bautenlacken, die zur Beschichtung von Holz- und Metalloberflächen z.B. für Türen, Fenster und Heizkörper, eingesetzt werden.
Bautenfarben werden auch nach ihrem Einsatzbereich unterschieden, und zwar nach Fassadenfarben und Innenfarben. Baumstark definiert Fassadenfarbe als „Außenfarbe, die auf Fassaden, meistens mineralische Untergründe, aufgetragen wird; besondere Anforderungen werden an die Wetterbeständigkeit gestellt“ [2] und Innenfarben als „Farben, die nur im Innenbereich eingesetzt werden und deshalb nicht wetterbeständig sein müssen […]. Die Kriterien für Innenfarben sind: Verarbeitbarkeit, Deckvermögen, Scheuer- und Waschbeständigkeit“ [3].
Ferner begegnet man auf dem Markt den sogenannten House Paints. Unter diesem Begriff, der aus dem angelsächsischen Bereich stammt, versteht man Beschichtungsstoffe oder Außenfarben, die auf den unterschiedlichsten Untergründen aufgebracht werden können, z.B. auf Fassaden, die aus neuem oder alten Holz sowie mineralischen Putzen bestehen, aber auch auf kritische Untergründe wie Alkydlacke oder Metalloberflächen aufgebracht werden können. House Paints zählen zu den sogenannten Universalfarben für alle an einem Haus zu erwartenden Substrate.
Im vorliegenden Buch wird unter Bautenfarben ein Beschichtungsstoff für die Substrate Beton, Naturstein, mineralisch gebundene Putze und bewitterte Holzflächen verstanden.
Die Beleuchtung des Werdegangs von Bautenfarben seit der Industrialisierung lässt zwei wesentliche Unterscheidungsmerkmale hervortreten
•die Unterscheidung nach dem Bindemitteltyp (substratorientiert)
•die Unterscheidung nach dem Einsatzgebiet (substratorientiert)
Ein weiteres Merkmal, die Applikationsweise, leitet sich meistens aus dem Bindemitteltyp und der Darreichungsform ab. Unterschieden wurden und werden wie in den folgenden Kapiteln zu lesen ist.
In Bautenfarben werden heute vor allem die folgenden genannten anorganischen Bindemittel eingesetzt:
•Kalke
•Kalke und Weißzement
•Wasserglas
und organischen Bindemittel (Filmbildner)
•Polymerdispersion
•Polymerlösungen
•Naturharzlösungen
sowie Mischsysteme aus beiden
•anorganisch/organisch wässrig, organisch lösungsmittelhaltig
–Dispersionskalkfarben
–Kalkkaseinfarben
–Dispersionssilikatfarben
•organisch/organisch wässrig
–Silikonharzfarben
–PU-Harzfarben
Außen/Fassaden
•Beton
•Putze
•Naturstein
•Holz
Innen
•Beton
•Putz
–kalkgebunden
–zementgebunden
–gipsgebunden
–lehmgebunden
•Naturstein
•Holz
•temporär
•dauerhaft
Sowohl in der Fachwelt als auch bei der herstellenden Industrie dominiert die gattungsorientierte (d.h. bindemittelbezogene) Bautenfarbenbezeichnung. Innovationen werden deshalb innerhalb der Gattungsrezepte, z.B. bei Silikonharzfarben, gesucht. Die substratorientierte Sichtweise findet man für das Einsatzgebiet Beschichtung von Holz und Metall.
[1]Deutsches Lackinstitut (www.lacke-und-farben.de)
[2]Baumstark, R.; Schwartz, M.: Dispersionen für Bautenfarben; Vincentz Network, Hannover, 2001, S. 257
[3]Baumstark, R.; Schwartz, M.: Dispersionen für Bautenfarben; Vincentz Network, Hannover, 2001, S. 262
Innovationen in der Bautenfarbenwelt resultierten fast immer aus dem Bemühen, mit der im Herstellerunternehmen vorhandenen Produktlinie die Einsatzgebiete zu erweitern. So wurden Silikatfarben für den Betonschutz eingesetzt, acrylatbasierende Dispersionsfarben auf kalkhydrathaltigen Putzen, sogenannte Lotus-Farben für nahezu jeden Untergrund empfohlen. Marketingorientierte Aussagen dominieren noch heute bei der Markteinführung solcher Produkte.
Fragen nach der Dauerhaftigkeit, besonders nach dem Langzeitverhalten an der Grenzfläche zwischen dem Substrat (Untergrund) und der Beschichtung (Anstrichschicht) können nicht oder nur lückenhaft beantwortet werden, weil die Kenntnis über die Oberflächeneigenschaften der Substrate Defizite aufweist. Im nun folgenden Kapitel wird die Oberflächenbeschaffenheit von Beton, Putzen und Holz im Lichte der physikalischen und chemischen Eigenschaften als Anstrichsubstrat genauer beschrieben.
Die genaue Kenntnis der Substratoberflächeneigenschaft als Funktion der Zeit erlaubt die Entwicklung eines geeigneten Beschichtungsproduktes. Dies ist in der jüngsten Zeit noch wichtiger geworden, weil sich die Bindemittelnormen sowie die Normen zur Herstellung von Betonen und Putzen erheblich geändert haben. Die Langzeitfolgen dieser Änderungen sind heute z.T. noch nicht endgültig absehbar. Aus diesem Grund wird auch auf die Normenänderungen hingewiesen, die in jüngster Zeit und künftig erheblichen Einfluss auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Substratoberfläche nehmen können.
Unter Beton versteht man einen künstlich hergestellten Stein. Die Ausgangsstoffe sind hydraulisch erhärtende Bindemittel, Zuschlagstoffe, Wasser und Zusätze. Grundlagen für die Herstellung und Prüfung von Beton und Stahlbeton sind in der Bundesrepublik Deutschland unter anderem die Normen DIN EN 206-1 und die DIN 1045-2 sowie DIN EN 12350 und DIN EN 12390.
Im Rahmen dieses Buches soll auf die Betonherstellung, auf die Besonderheiten und auf die verschiedensten Anforderungen nicht im Detail eingegangen werden, da es hierüber umfangreiche, hervorragende Literatur gibt und die einzelnen Normen ausführlich Auskunft zu den verschiedensten Fragestellungen geben. Einige wesentliche Merkmale, die für das Verständnis der Betonoberfläche hilfreich und notwendig sind, werden im Folgenden erklärt.
Beton überstreicht in seiner Bezeichnung zwei Zustände eines Steines und zwar Stein in flüssiger und in fester Form. Diese zwei Beton-Zustände werden weiterhin nach den verschiedenen Merkmalen unterteilt.
Beton in der flüssigen Phase ordnet man nach Fließverhalten, Verarbeitungsverfahren, -eigenschaft, -konsistenz und -zeit, der Herstellungsort, Art der Beförderung und der Oberflächenbehandlung.
•Fließverhalten (ohne Rüttelenergiezufuhr)
–Fließbeton
–selbstverdichtender Beton (SVB)
•Verarbeitungsverfahren
–Stampfbeton
–Walzbeton
–Vergussbeton
–Rüttelbeton
–Schüttbeton
•Verarbeitungseigenschaften, Verarbeitungskonsistenz
–steifer Beton
–plastischer Beton
–Fließbeton
•Verarbeitungszeit
–verzögerter Beton
–beschleunigter Beton
•Herstellort
–Werkbeton
–Baustellenbeton
•Art der Beförderung
–Transportbeton/Lieferbeton
–Pumpbeton
•Fertigung und Oberflächenbehandlung
–Spritzbeton
–Schleuderbeton
–Gleitbeton
–Vakuumbeton
Ebenfalls kann der Beton aus der festen Phase nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden, die sich nach der Dichte, den Verbundmaterialien und -verfahren, der Porosität, den mechanischen Merkmalen, der Ästhetik, der Funktion, den Belastungsvorgaben auszeichnen sowie ob es sich um vorgefertigten Beton handelt oder ob den Beton eine besondere Güte auszeichnet. Auch hier kann eine weitere Diversifizierung vorgenommen werden:
•Trockenrohdichte
–Leichtbeton
–Normalbeton
–Schwerbeton
•Verbundmaterialien und Verbundverfahren
–Stahlbeton
–Spannbeton
–Faserbeton
–Glasfaserbeton
–Stahlfaserbeton
–Textilbeton
•Porosität der Matrix
–Porenbeton
–Porenleichtbeton
•mechanischen Merkmalen, besonders der Druckfestigkeit
–fester Beton
–hochfester Beton
–ultrahochfester Beton
•Erscheinungsbild (Ästhetik)
–Sichtbeton
–Weißbeton
–farbiger Beton
–Waschbeton
–österreichischer Waschbeton
–strukturierter, gestalteter Beton
•Einsatz- und Aufgabengebieten (Funktion)
–Brückenbeton
–Straßenbeton
–Strahlenschutzbeton
–Tresorbeton
–Unterwasserbeton
–Geobeton
–Dränbeton
–Bunkerbeton
–Trinkwasserbehälterbeton
–Tunnelbeton
•Art der Belastung und des Angriffs
–frost-/taubeständiger Beton
–tausalzbeständiger Beton
–sulfatbeständiger Beton
–wasserundurchlässiger Beton
–meerwasserbeständiger Beton
–verschleißbeständiger Beton
•vorgefertigter Beton
–Fertigteile, Stahlbetonfertigteile
–Betonwaren, z.B. in Großserien hergestellte, kleinformatige Betonerzeugnisse
–Betonwerkstein, vorgefertigte Betonbauteile, deren Oberfläche betonwerksteinmäßig bearbeitet ist
•wertebehaftete Einteilung des Betons
–guter Beton
–schlechter Beton
–Standardbeton
–Architekturbeton
–Feinbeton
Von Bedeutung ist die Unterteilung nach dem Erhärtungszustand. Man unterscheidet hier nach
•Frischbeton
•jungem Beton und
•Festbeton
Unter Frischbeton versteht man Beton, der noch verarbeitbar ist; junger Beton dagegen ist nicht mehr verarbeitbar, hochalkalisch und ist gerade erhärtet, aber noch nicht belastbar, Festbeton dagegen ist bereits erhärtet und belastbar.
An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass besonders in den ersten beiden Jahrzehnten nach Kriegsende aufgrund der ausschließlich auf die Druckfestigkeit bezogenen Denkweise die meisten Hochbauten, die keiner großen Belastung ausgesetzt waren, nur Betonqualitäten von B 15 (C 16/20) bzw. maximal B 25 (C 20/25) besitzen. Diese Qualitäten genügen unseren heutigen Anforderungen unter dem Gesichtspunkt der Dauerhaftigkeit längst nicht mehr.
In der neuen Norm wurde den erhöhten Anforderungen Rechnung getragen und sogenannte Expositionsklassen eingeführt.
Die Summe aus Zugabewasser und Zuschlagsfeuchte in einer Betonmischung ins Verhältnis gesetzt zum Zementgewicht wird auch Wasser-Zement-Wert oder W/Z-Wert genannt. Gelegentlich wird in der neueren Literatur der W/Z-Wert auch nur mit dem Kleinbuchstaben w bezeichnet.
Zement (Zementarten siehe Tabelle 3.2 Seite 20) benötigt maximal 25 Gew.-% Anmachwasser zur vollständigen Erhärtung. Damit erhält man jedoch ohne spezielle Zusätze meistens keinen verarbeitbaren Beton. Der gebräuchliche Wasseranteil liegt deshalb bei 45 bis 60 % vom Zementgewicht. Der W/Z-Wert liegt also bei 0,45 bis 0,6.
In der Vergangenheit wurde oft ein Wasser-/Zementwert von bis zu 0,7 toleriert mit den entsprechenden negativen Folgen für die Betonqualität. Das zur Erhärtung nicht benötigte Wasser verdunstet und hinterlässt Hohlräume. Diese Hohlräume liegen als feinste Haarröhrchen (Kapillaren) oder auch als Poren vor. Je höher der Wasser-/Zementwert, desto poriger der Zementstein, desto geringer ist die Druckfestigkeit.
Der Bedarf des Beton-Anmachwassers richtet sich nach dem Feinheitsgrad des verwendeten Zementes und der Zusatzstoffe, der Restfeuchte des Zuschlags und der gewünschten Betonkonsistenz.
Tabelle 3.1: Druckfestigkeitsklassen für Normal-/Schwerbeton und hochfesten Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2
Druckfestigkeitsklasse
fck, cyl [N/mm2]
fck, cube [N/mm2]
C 8/10
8
10
C 12/15
12
15
C 16/20
16
20
C 20/25
20
25
C 25/30
25
30
C 30/37
30
37
C 35/45
35
45
C 45/55
45
55
C 50/60
50
60
C 55/67
55
67
C 60/75
60
75
C 70/85
70
85
C 80/95
80
95
C 90/105
90
105
C 110/115
110
115
Durch Zugabe von Betonverflüssigern oder Fließmitteln kann der Anmachwasserbedarf und damit der Wasser-/Zementwert deutlich reduziert werden. Das einmal eingestellte Wasser-Zement-Verhältnis ist unumkehrbar und beeinflusst die Festbetoneigenschaften wesentlich. Unumkehrbar bedeutet in diesem Zusammenhang, dass einem erhärteten Beton, bzw. einem in der Erhärtungsreaktion befindlichen Beton nachträglich kein Wasser mehr hinzugefügt werden kann und darf, weil die chemische Reaktion bereits wie bei einem Harz/ Härtersystem begonnen hat. Dies unterscheidet das Bindemittel Zement im Beton z.B. von einem filmbildenden oder in Wasser löslichen Anstrichbindemittel.
Besonders in den Wiederaufbaujahren nach dem 2. Weltkrieg wurde häufig Beton mit hohen Wasser-Zement-Werten und relativ geringen Zementgehalten eingesetzt. Zu geringer Zementgehalt führte aufgrund der damit verbundenen geringen Alkalitätsreserve zudem zu vermindertem Korrosionsschutz der Bewehrung. Die Folgen davon sind die heutigen korrosionsbedingten Schäden.
Wie bei einer Beschichtung hängen die Eigenschaften des Betons und besonders der Oberflächen von der Qualität der Ausgangsstoffe, der Rezeptur, der Mischung und den Verarbeitungsbedingungen sowie den Aushärtungsbedingungen ab. Ausschlaggebend für die Qualität eines Betons sind die Zusammensetzung und der prozentuale Anteil des Bindemittels Zement in der Ausgangsmischung und der Anteil des sogenannten Anmachwassers, unter Bezug auf das Bindemittelgewicht.
In Abhängigkeit von der Ausgangszusammensetzung und den Aushärtungsbedingungen erhält man Betone mit Druckfestigkeiten von 8 bis 115 N/mm2, siehe Tabelle 3.1.
Die zur Betonherstellung verwendeten Zemente sind i.d.R. keine chemisch eindeutig definierten Substanzen, sondern Gemische verschiedener Calciumsilikate und -aluminate sowie -ferrate. Die Erhärtungsreaktion, die sogenannte Hydratation der Zementmineralien eines typischen Portland-Zementes wird nachfolgend aufgeführt.
2 C3S + H → C3S2H3 + 3 CH + 229 kJ
2 C2S + 4 H → C3S2H3 + CH + 86,5 kJ
C3A + 12 H + CH → C4AH13 + 361 kJ
C3A + 3 (CaSO4 · 2 H2O) + 26 H2O → C3A · 3 CaSO4 · 32 H2O
Die europäische Zementnorm DIN 197-1 unterscheidet verschiedene Hauptarten von Zementen, die letztendlich Zubereitungen sind. Neben Portland-Zement enthalten sie z.B. Hüttensand, Silikastaub, Flugasche, gebrannten Schiefer, Kalkstein und Puzzolane. Die nachfolgende