Intimität nicht erwünscht - Liz Levoy - E-Book

Intimität nicht erwünscht E-Book

Liz Levoy

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Beschreibung

June Morris ist ehemalige Marinesoldatin und arbeitet seit kurzem als Bodyguard. Ihr erster Kunde, der arrogante Anwalt Daniel Ward, der Opfer einer Bedrohung geworden ist, nimmt sie zunächst nicht ernst, wird aber zur Zusammenarbeit mit ihr gezwungen. Nach und nach entdeckt Daniel, dass June ein echter Profi ist, der die Situation, in der er sich befindet, besser einzuschätzen weiß als er. June dagegen lernt in Daniel einen fähigen und korrekten Anwalt kennen, der auch eine warme menschliche Seite hat. Nachdem sich das anfängliche Misstrauen zwischen den beiden in gegenseitige Achtung verwandelt hat, muss June zu ihrem Erschrecken feststellen, dass Daniel ihr gegenüber Gefühle zu entwickeln beginnt. Kann June seine Avancen widerstehen und schafft sie es auch noch die Bedrohung, für die sie eigentlich eingesetzt wurde, auszuschalten?

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Intimität nicht erwünscht

 

 

 

Female Bodyguards

 

 

 

 

 

 

Liz Levoy

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Elisa Press

 

© 2020 Liz Levoy

Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mit Hilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Autors untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten.

 

1. Auflage 2020

 

Elisa Press ist ein Imprint von

Splendid Island, Ltd.

Scanbox #05927

Ehrenbergstr. 16a

10245 Berlin - Deutschland

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Weitere Bücher von Liz Levoy

Über die Autorin

 

Kapitel 1

 

June Morris warf einen prüfenden Blick in den Rückspiegel und wechselte die Spur auf der Park Avenue. Ihre drei Stunden Vorausarbeit letzte Nacht hatten offenbart, dass ihr Kunde Daniel Ward ein neuer Senior Partner in einer der Top fünf Anwaltskanzleien in New York war. Erst vor vier Tagen hatte ihr Chef sie in sein Büro gerufen. Sie war genauso überrascht gewesen wie die anderen, als Jack Parker sie ausgewählt hatte, um ihren ersten Einzelauftrag für Sicherheit zu übernehmen.

Sie arbeitete jetzt schon seit fünf Monaten bei Parker Strategic Service als Vollzeit-Bodyguard. Aber das war ihr erster Einzelauftrag. Die Möglichkeit, einen Ein-Mann-Auftrag oder einen Ein-Frau-Auftrag zu handhaben, war für Jack eine Art Probe, um zu sehen, wie sie allein zurechtkommen würde. Es war nur ein vierzehntägiger Vertrag, aber June würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Diese Art von Aufträgen war normalerweise für Senior Agenten vorgesehen. Ihr neuer Auftrag brachte ihr einige eifersüchtige, gemurmelte Kommentare von ihren Senior Kollegen ein. Sie war erleichtert, dass dieses Mal keiner von ihnen dabei war. Es gab nur noch eine weitere Frau bei Parker Strategic, Kate, und sie war die Büroleitung. Abgesehen davon waren alle ihre Kollegen in der Branche männlich. Nicht, dass dies etwas Neues war.

Ihre vorherige Zeit bei den Marinekorps war ebenfalls eine von Männern dominierte Umgebung gewesen. Ein Einzelauftrag war also eine nette Abwechslung.

June lebte erst seit sechs Monaten in der Stadt. Nachdem sie mit ihrem neuen Team mehrere Schutzeinsätze durchgeführt hatte, hatte sie die New Yorker Straßen ziemlich gut kennengelernt. Der Verkehr war auf jeden Fall aggressiver als in ihrer Heimatstadt in Florida. Dennoch war es nicht so schwierig, wie einen Humvee durch die überfüllten Straßen von Bagdad zu lenken.

Sie bog in die East 56th. Sie wusste von ihren Nachforschungen, dass die Kanzlei jetzt rechts von ihr auftauchen sollte. Da war sie. Ein weißes, zehnstöckiges Gebäude. Auf einem großen Steinschild stand mit goldenen Buchstaben „Morgan, Adams und Kollegen, Anwaltskanzlei.” Die Tiefgarageneinfahrt würde sich auf der Westseite befinden. Sie fuhr auf die Rampe und hielt mit ihrem schwarzen SUV vor dem Tor an. Sie streckte die Hand aus und drückte den Knopf auf der Fernsprechzelle.

„Wie kann ich Ihnen helfen?” Eine Frauenstimme erklang aus dem Kasten.

„June Morris, ich bin hier, um Daniel Ward zu treffen”, sagte June. Sie bemerkte die erste Überwachungskamera, die auf der Seite der Parkgarage montiert war. Es sah nach einem älteren Model aus, definitiv eine PTZ.

Nach ein paar Sekunden öffnete sich das Tor. „Sie werden erwartet. Kommen Sie herein”, sagte die Stimme.

„Danke”, entgegnete June und fuhr wieder los. Sie parkte und stieg aus. Sie überprüfte ihr Spiegelbild im Glas des Autofensters. Ihr blondes, schulterlanges Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, der nur ein paar Zentimeter über ihrem Kragen endete. Das reichte für den Dresscode. Weiblich, aber dennoch praktisch. Sie nahm ihr kleines Notizbuch vom Rücksitz, das Ausdrucke von sachdienlichen Informationen über den Auftrag enthielt. Ihr schwarzer Hosenanzug passte perfekt. Er war nicht so teuer wie die Kleidung, die ihr Kunde wahrscheinlich tragen würde, aber es war der beste Anzug, den sie besaß. Ihre Erfahrung hatte ihr beigebracht, sich in einem Stil zu kleiden, der bestmöglich zu dem des Kunden passte. Mit dem rechten Ellenbogen berührte sie die Glock 19, die auf ihrer Hüfte unter ihrer Jacke verborgen war. Es war alles vorbereitet.

Ein paar Minuten später wartete sie in der hochaufragenden Lobby. Die Ausstattung war gehoben, aber nicht modern. Die Rezeptionistin lud June ein, sich zu setzen, aber sie blieb lieber stehen. Sie schaute auf ihre Uhr. Neun Minuten früher als geplant. Junes erste Regel: immer fünf Minuten früher da sein. Die Möbel in der Lobby waren teuer. Die Stühle mit poliertem Holzgestell waren etwas veraltet. Eine Kamera hing in einer Ecke. Sie blickte auf den Empfangstisch anstatt auf die Eingangstür. In einer Ecke der gläsernen Eingangstür klebte ein verblasster Aufkleber, auf dem stand: „Gebäude gesichert durch BESTTECH Überwachungssystem. 1-800-444-5398.”

Die ältere Rezeptionistin legte den Hörer auf. „Herr Ward wird in ein paar Minuten kommen”, sagte sie. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?”

„Nein, danke”, erwiderte June. „Sehr nett.” Daniel Wards Arbeitsplatz erhielt Punkte dafür, dass er Überwachungskameras hatte, aber es gab nicht viele. BESTTECH war eine der günstigeren Firmen und die Platzierung der Kameras war nicht optimal. Die altmodischen und günstigeren Kameras passten nicht zur Qualität der Einrichtung. Aber sie würde ihre abschließende Beurteilung der Kameras zurückhalten, bis sie die Überwachungsmonitore sah. Hoffentlich hatte dieser Ort einen guten Sicherheitsplan, aber bis jetzt sah es nicht danach aus.

Der Fahrstuhl piepte und die polierte Metalltür glitt auf. Zwei Männer kamen heraus. Beide trugen teure Anzüge und waren in ein Gespräch vertieft. Sie erkannte den einen links mit dem braunen Kraushaar und dem breiten Kiefer als ihren Kunden Daniel Ward. Er öffnete die Jacke seines blauen, maßgeschneiderten Anzugs. Er war modisch und schmiegte sich um seine dünne Taille und seine breiten Schultern. Er war gut 15 Zentimeter größer als June. Beide Männer beendeten ihr Gespräch und schüttelten sich die Hände und der Besucher ging davon.

„Daniel Ward?”, fragte June und streckte ihre Hand aus.

„Ja”, er hielt inne, um ihre Hand zu schütteln. Er sah ein wenig verwirrt aus.

„June Morris, ich komme von Parker Strategic.” Sie lächelte.

Seine blauen Augen leuchteten auf und sahen sie direkt an. Er sah gut aus. „Oh ja, der Bodyguard.” Er drehte sich zu seinem Besucher um, der schon fast aus der Tür war. „Danke noch mal, Dennis. Bleibt es bei Golf am Samstag?”

„Ja, ich werde da sein”, erwiderte Dennis. „Machs gut.”

Daniel wandte sich wieder June zu. Sie öffnete ihren Mund, um ihm ein Kompliment für sein Büro zu machen, aber er sprach zuerst „Sie müssen die Assistentin des Bodyguards sein? Es gab eine kleine Planänderung. Können Sie ihm sagen, dass wir uns im Centennial Raum treffen werden?” Daniel zeigte auf einen großen Konferenzraum und ging bereits davon.

„Nein, ich bin …”, begann June, aber Daniel schnitt ihr das Wort ab.

„Sagen Sie ihm, es tut mir leid, aber ich werde zehn Minuten zu spät kommen. Ich komme gleich wieder”, sagte Daniel, während er durch eine andere Tür ging.

June erstarrte eine Sekunde, als sie erkannte, was gerade passiert war. Ihr Magen sackte in sich zusammen. Ihr Kunde hatte sie gerade für eine Assistentin gehalten, hatte die Zeit des Meetings und den Ort verändert und war gegangen, noch ehe sie etwas sagen konnte. ‚Der erste Eindruck ist wichtig, weil es nur einen gibt.’ Sie erinnerte sich daran, wie Jack, ihr Chef, das immer wieder sagte. Und sie hatte gerade den Eindruck einer Assistentin gemacht. Glaubte Daniel, dass Bodyguards Assistenten hatten? Wie dem auch sei, sie war daran gescheitert, wie ein Profi auszusehen, der für seine Sicherheit verantwortlich war.

Sie blickte hinüber und sah, wie die weißhaarige Rezeptionistin auf eine der großen Holztüren zeigte. „Der Centennial Raum ist gleich dort drüben.”

„Danke”, sagte June. Sie konnte nichts anderes tun, also ging sie in den großen Konferenzraum und wartete. Der Centennial Raum war aufwendiger als die Lobby gestaltet, wenn das noch möglich war. Hier gab es keine Kameras. Das Zimmer wurde von einem riesigen Konferenztisch aus gebeizter Roteiche eingenommen, der zu den Bücherregalen passte. Es gab zwölf Stühle. Der Raum hatte diesen sauberen, aber abgestandenen Geruch, als wenn das Holz zu oft poliert worden war.

Sie ging langsam im Raum umher. Die Ölgemälde waren typisch. Die Bücherregale enthielten alte, dicke Bücher. Die Bücher waren echt, aber sehr alt, wahrscheinlich alte Gesetzbücher. Die Bücherregale waren nicht nur voll damit. Es gab auch ein paar Bücher pro Regal, die nett als Dekoration hingestellt worden waren. Sie schaute erneut auf ihre Uhr. Es waren zweiundzwanzig Minuten vergangen, seit Daniel weggegangen war. Sie hasste es, zu spät zu kommen. Sie wünschte sich jetzt, sie hätte das Getränkeangebot der Rezeptionistin angenommen. Ihr Mund wurde trocken. Das Büro war ziemlich still. Dieser Daniel Ward war ein schnell sprechender Anwalt. Sie würde direkt zum Punkt kommen müssen, wenn er hereinkam, um ihre Rolle zu klären. Sie wollte nicht, dass dieses Missverständnis noch weiter ging. Sie würde das Kommando übernehmen. Was, wenn er nicht kam? Hatte Daniel sie vergessen? Vielleicht sollte sie die Rezeptionistin fragen und versuchen, ihn zu finden?

Sie wandte sich den Türen zu und sie öffneten sich. „Tut mir leid”, sagte Daniel, während er die Türen hinter sich schloss. „Sie kommen von Parker Strategic?”

„Ja”, sagte June. „Ich bin June Morris, Ihr Bodyguard.”

Daniel neigte seinen Kopf. „Ich, ähm.” Sie konnte sehen, dass sie nicht das war, was er erwartet hatte.

Sie ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Konzentrier dich, June. „Ihre Firma hat mich für einen Auftrag zum Schutz von Führungskräften eingestellt. Für Sie.” Er sah immer noch so aus, als wenn er keine Ahnung hatte, wovon sie sprach. „Wegen der Bedrohungen, die Sie letzte Woche erhalten haben. Sie haben mit unserem Büro gesprochen.” Sie hatte bereits die Papiere fertig. Sie überreichte ihm eine Kopie des Vertrags und ihre Visitenkarte.

„Tut mir leid”, sagte Daniel und warf einen Blick auf das Papier. „Ich hatte den Eindruck, als ich mit Herrn Parker sprach, dass er uns …”

Er würde nicht sagen ‚einen Mann schicken würde’, oder? „Das er ihnen was?”, fragte June.

Er war offensichtlich überrascht von ihrer Anwesenheit. Aber der Anwalt in ihm übernahm rasch. Er lächelte. „Ich äh, ich habe nicht … ” June wartete. „Ich habe noch nie mit einem Bodyguard gearbeitet. Ich bin nicht sicher, wie das funktioniert.”

„Das ist in Ordnung, Herr Ward”, June lächelte. Aber er lächelte nicht zurück. Er schaute nach unten und rechnete vermutlich. Er war etwa 25 bis 30 Kilogramm schwerer als sie, schätzte June. Sein schönes Gesicht zeigte einen Hinweis auf Selbstgefälligkeit, während er sie abschätzte. „Wir machen das öfter. Ich weiß, wie es funktioniert und bin hier, um zu helfen. Tatsächlich würde ich gerne noch ein wenig mehr Informationen von Ihnen bekommen, bevor wir anfangen.” Sie setzte sich auf einen der Stühle im Konferenzzimmer. Sie dachte, er würde dasselbe tun, aber er blieb stehen.

Sie setzte sich und schlug ein Bein über das andere. Tatsächlich sah June jetzt, dass er ihr Potenzial als Bodyguard abschätzte. Sie zeigte auf den Stuhl neben sich und öffnete ihr Notizbuch. „Sie haben also noch nie mit einem Bodyguard zusammengearbeitet?”

Er stand noch ein wenig länger, nur um ihr zu zeigen, dass er sich setzen würde, wenn er bereit dazu war. June widerstand dem Drang, etwas zu sagen, nur um die Stille zu füllen, sie wollte es aussitzen, um ihn zu zwingen, die Frage zu beantworten.

Daniel grinste aus den Mundwinkeln und zog sich einen Stuhl heran, um sich zu setzen. „Ja, das stimmt. Wie lange sind Sie schon Bodyguard?”

Sie hielt inne. Verdammt. Er hatte eine Frage gestellt. Sie sollte hier die Fragen stellen. „Ich bin jetzt seit ungefähr sechs Monaten bei Parker Strategic.”

„Und davor?” Daniel fragte schnell und zwang sie, mehr über sich selbst preiszugeben. Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie das erst seit Kurzem machte. Wie sollte sie schnell antworten und sich dabei beweisen, aber nicht lügen?

„Davor war ich im Irak, Bagdad, Basra, Najaf, Mosul, Afghanistan, Oman.” Das sollte funktionieren.

„Armee?”, fragte er.

„Marine”, erwiderte sie genauso schnell, wie er fragte.

„Sie waren also Bodyguard in der Marine?”

„So ähnlich, aber ich habe viele Dinge bei den Marinekorps gemacht”, erklärte June.

„Sie sind also erst seit sechs Monaten Bodyguard?” Nur ein Bruchteil der Herablassung am Ende dieser Frage.

Er stellte sie an den Pranger. Sie würde schwach aussehen, wenn sie sich verteidigte. Das würde sie nicht zulassen. Sie lächelte ihn an, um ihm zu zeigen, dass ihre Vergangenheit ihr nichts ausmachte. „Ja.” Er nickte und hatte nichts mehr zu sagen, jetzt, wo sie das gesagt hatte, was er hatte hören wollen. „Und was ist mit Ihnen, Herr Ward? Wie lange sind Sie schon Senior Partner?” Sie konnte dieses Spiel ebenfalls spielen.

Sie dachte, sie sah einen kleinen Hinweis auf ein ironisches Lächeln, das in der Ecke seines Mundwinkels begann, aber er verdeckte es schnell. „Seit knapp zwei Monaten.”

„Herzlichen Glückwunsch”, sagte June. Sie fragte ihn absichtlich nicht, wie lange er schon in der Firma war. „Glauben Sie, dass diese kürzlichen Bedrohungen etwas mit Ihrer Beförderung zu tun haben?”

Er zuckte mit den Schultern. „Nein, ich glaube nicht. Viele von uns warten auf eine Beförderung. Aber am Ende kann nur einer befördert werden. Die anderen waren enttäuscht, aber wer wäre das nicht. Ich wäre ebenfalls enttäuscht gewesen, wenn ich die Beförderung nicht bekommen hätte. Aber ich glaube nicht, dass das in einem Zusammenhang steht. Ich glaube nicht, dass die Bedrohungen ein großes Thema sind. Ich glaube, die ganze Angelegenheit ist ein wenig übertrieben?”

„Wirklich?”, June machte ein dickes Häkchen auf ihrem Notizblock. „Warum hat uns Ihre Firma dann beauftragt oder mich beauftragt? Warum haben Sie uns angerufen?”

Er lehnte sich zurück, um es sich bequem zu machen. Seine Schultern hingen herunter. Er war ruhig und es war klar, dass kein Bodyguard, Marine oder wer auch immer ihn dazu bringen konnte, sich unwohl zu fühlen. Wenn er in einem der wettbewerbsintensivsten beruflichen Umfelder in New York vor Richtern, Jurys und Kollegen gut war, würde er auch vor ihr cool bleiben. „Eigentlich hat Herr Morgan den Anruf gemacht. Das können Sie hier beim eigentlichen Kontakt sehen. Ich war dagegen.” Er zeigte ihr die Kopie, die sie ihm überreicht hatte. Er versuchte bereits, Beweise abzuspielen. „Ich habe ihnen gesagt, dass das nicht nötig ist. Ich bin mir sicher, dass Ihr Service gut ist, aber es ist viel Geld für die Firma und nur wegen ein paar kleinen Bedrohungen. In meiner Branche kommt es auf das Endergebnis an.”

June machte einen weiteren Haken. „In meiner Branche gibt es keine Sachen wie ‚kleine Bedrohungen’. Alle Bedrohungen werden ernst genommen, außer es wird das Gegenteil bewiesen. Wie viele Drohbriefe haben Sie erhalten?”

„Drei.”

„Und wie wurden sie zugestellt?”, fragte June. „Post? Kurier? FedEx?”

„Der erste wurde von Forest Courier geliefert. Der beiden anderen lagen in meiner Post.”

„Und in welchen Abständen sind sie gekommen?”

„Der erste kam am 7. August. Das war ein Freitag. Die anderen beiden kamen an den folgenden Freitagen. Daniel verschränkte seine Arme. „Entschuldigung, aber war das nicht bereits im ersten Briefing enthalten?”

Natürlich war es das. June wusste all das und noch viel mehr. Aber das würde sie ihm nicht sagen. Sie hatten sogar den Forest Courier befragt. „Ja, einiges davon, aber es ist hilfreich, es von Ihnen zu hören. Ich habe eine Kopie dieser Briefe, aber ich würde sie gerne im Original sehen. Sie sind noch hier, ja?”

Daniel hatte sein Handy herausgezogen und tippte auf dem Display. June spürte, wie ihre Ohren rot wurden. Das Einzige, was sie noch mehr als Zuspätkommen hasste war, wenn andere Menschen während eines Gesprächs ihre Nase in ihre Handys steckten. Dieser Typ dachte wohl, er wäre ein großer Anwalt.

„Tut mir leid, was haben sie gesagt?”, fragte er.

„Die Briefe, kann ich sie sehen?”

Ihre Frage wurde von dem Piepen seines Handys abgeschnitten. „Tut mir leid.” Er hielt einen Finger hoch und stand auf. „Hallo, hier ist Daniel.” Er ging. June saß dort und hielt ihren Stift. Diesem Mann gefiel es offensichtlich nicht, kontrolliert zu werden. Er hatte gerade Junes Regel Nummer drei gebrochen, niemals einen Anruf während des ersten Eindrucks anzunehmen. Sie war nur fünf Minuten mit ihm zusammen gewesen und er hatte es geschafft, ihre drei wichtigsten Regeln zu brechen. Das machte ihn nicht nur nervig, sondern auch ziemlich respektlos. Herr Daniel Ward war ein Arschloch. Aber er hatte einen netten Hintern in dem Anzug. Aber er selbst war ein Arsch.

Er brach in lautes Gelächter aus. „Du machst Witze! Das hat er gesagt? Sag ihm, für den Preis einigen wir uns außerhalb des Gerichts. Ja. Okay. Hört sich gut an. Wir reden später.” Er tippte wieder auf sein Handy, kam zurück und setzte sich. „Tut mir leid, wo waren wir?”

June lächelte. Nett und freundlich. Wenn er dachte, sie würde aus dem Konzept geraten, weil er einen Anruf angenommen hatte, war er ein Amateur. Sie hatte Gunnery Sergeant Hales aggressive, sadistische und herabwürdigenden Beleidigungen ertragen. Gunnery Sergeant Hale war eine Legende bei den Korps. Das und die Jahre unter ihrem Unteroffizier, während denen sie wahrscheinlich mehr Schimpfwörter in einem Monat bei den Korps gehört hatte als der Herr Anwalt in seinem ganzen Leben.

„Die Briefe. Ich würde sie gerne sehen.”

„Ja”, sagte Daniel. „Sie liegen in meinem Büro, kommen Sie mit.”

Im Fahrstuhl roch June überraschenderweise frisches Aquatic Parfüm bei Daniel. Nicht viel, gerade genug, um bemerkt zu werden. Bis jetzt hatte Daniels Arroganz jegliche Hinweise auf seinen guten Geruch und sein gutes Aussehen übertönt.

Der Fahrstuhl piepte im siebten Stock und Daniel führte sie durch die Lobby. „Frau Morris, das ist Ashley, meine Sekretärin”, stellte Daniel vor. Eine Brünette erhob sich hinter dem Empfangstisch mit einem dieser Lächeln, die viel zu glücklich aussahen, um ehrlich zu sein.

„Nett Sie kennenzulernen”, sagte June, während sie sich die Hände schüttelten. „June Morris, Parker Strategic.”

„Oh, der Bodyguard”, sagte Ashley. „Danke, dass Sie hier sind.”

June überreichte ihr eine Visitenkarte. „Ich bin die nächsten Wochen Daniels Bodyguard.”

„Können Sie bitte jegliche Post erst mir zuschicken, ehe Daniel sie bekommt?”

„Kein Problem”, sagte Ashley.

„Danke. Rufen Sie mich an, wenn sie Fragen haben.”

Daniel war bereits in Richtung seines Büros in der Ecke gegangen. Der Boden hatte dieselbe Art von poliertem Holzdekor, der den neuen grauen Teppich ein wenig fehl am Platz wirken ließ. Während Daniel hinter seinen Schreibtisch ging, blieb June neben einem der modern aussehenden Gästestühle stehen.

„Hier sind sie.” Daniel überreichte June einen Ordner.

„Danke.” Im Inneren des Ordners fand June drei Briefe, die in großen Tüten lagen. Sie legte alle nebeneinander auf den Tisch.

Der erste Brief war der kürzeste. Es waren nur ein paar Sätze, die auf gewöhnlichem Papier geschrieben worden waren.

 

SEHR GEEHRTER HERR WICHTIG.

SIE SIND EIN FALSCHER MAN. IHRE ZEIT LÄUFT AB. HÖREN SIE AUF, EHE SIE STERBEN! HÖREN SIE AUF ODER ICH WERDE SIE ZUM AUFHÖREN ZWINGEN.

- L. H. O.

 

Sie hatte die Kopien der Briefe bereits gesehen, aber es war hilfreich, sie im Original zu sehen. Sie nahm die Briefe und las sie. Sie waren ordentlich in drei Teile geknickt. „Und was waren Ihre Gedanken, als Sie die das erste Mal gesehen haben?”, fragte sie.

Daniel hob eine Schulter. „Nicht viel eigentlich. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.”

„Haben Sie irgendwelche Namen?”, fragte June. „Gab es kürzlich Kunden, die vielleicht sauer auf Sie waren? Irgendwelche umstrittenen Gerichtsfälle? Verlorene Fälle oder so was?”

„Ich verliere keine Fälle.” Er starrte sie an. Sie musste einen wunden Punkt getroffen haben.

„Tut mir leid, ich wollte nicht …”

„Mir fällt niemand ein.” Er unterbrach sie. „Was hält ein Profi wie Sie davon?”

„Erstens haben sie ‚Mann’ falsch geschrieben. Das könnte ein authentischer Fehler sein, der darauf hinweist, dass der Brief in Eile oder von jemandem geschrieben wurde, der schlecht in Grammatik ist. Oder es könnte Absicht sein, um uns abzulenken. Die Drohung selbst ist angedeutet und nicht direkt. Sie sagen nicht, dass sie etwas Bestimmtes tun werden. Das bedeutet im Allgemeinen, dass die Bedrohung weniger ernst ist. Diese zwei anderen Briefe sind direkter.”

Daniel hob seine Augenbrauen und zog an seiner Anzugjacke. „Sonst noch was.”

„Sie nennen Sie ‚Herr Wichtig’ und sich selbst ‚L. H. O.’ Sie haben Ihre Rolle und ihre eigene festgelegt. Das zeigt, dass sie selbstsicher sind, nicht zögerlich oder unentschlossen. Sie haben sich bereits ihre Meinung gebildet.”

„Hey Mann, was geht ab?” June drehte sich um und sah einen schlanken, dunkelhaarigen Mann mit einem Kaffeebecher in der Hand, der im Türrahmen lehnte.

„Lass uns in Ruhe, wir versuchen, hier zu arbeiten.” Beide lächelten. June erkannte eine freundliche Neckerei, wenn sie sie hörte. „Jim, das ist June Morris, sie ist der Bodyguard, den Morgan unbedingt haben wollte.” Er zögerte ein wenig, als er „Bodyguard” sagte. Es tat seinem Ego weh, das zu sagen.

„Na hallo.” Jim wechselte den Kaffeebecher und streckte seine Hand aus. June schüttelte sie. „Jim Cook. Ich bin Daniels Idol. Ich habe das Privileg, in der Nähe zu arbeiten. Daniel kann also mit allen Fragen, die er über Satzungen hat, zu mir kommen. Er wäre ohne mich verloren. Sehr nett Sie kennenzulernen, June.”

Der letzte Satz hatte den langsamen, lang gezogenen Ton eines Junggesellen, der versuchte, sich in einer Bar zu verabreden.

„Ebenfalls”, sagte June.

„Hey Julian”, rief Jim über seine Schulter. Daniel und Jim gingen hinaus, also folgte June ihnen in den Flur. Ein dritter Kollege kam heran, ebenfalls mit einem Kaffeebecher in der Hand. „Daniel hat so viel Angst vor seinem Stalker, dass er ein Mädchen angeheuert hat, um ihn zu beschützen.” Julian lächelte und schaute an June hoch und runter. Ja, das war wirklich eine echte Gruppe von Schwachköpfen.

„Es gibt keinen Stalker”, sagte Daniel. „Wenn ihr das weitersagt, wird Morgan es noch schlimmer machen.” Sie unterhielten sich, als wenn June gar nicht da war. Daniel überhörte den beleidigenden Kommentar von Julian. Entweder war er zu dumm, um zu verstehen, wie beleidigend sich das für die Frau neben ihm anhörte oder er stimmte zu. Daniel war nicht Senior Partner geworden, weil er dumm war, sie nahm also an, es war Letzteres. Großartig.

Daniel schien sie zu vergessen, als die drei anfingen, über das letzte Yankee Spiel zu sprechen.

„Wenn es in Ordnung ist”, unterbrach June, „dann werde ich mich im Konferenzzimmer niederlassen.” Sie zeigte auf eine der offenen Räume mit einer großen Glaswand.

„Ja, kein Problem”, sagte Daniel.

June nahm die drei Briefe und ihr Notizbuch und setzte sich in den Konferenzraum. Sie würde ihren Laptop später holen. Dieser Einzelauftrag entwickelte sich nicht so gut. Daniel Ward war ein typischer Spitzenanwalt, der sich von jedem bedroht fühlte, der ihm sagte, was er tun sollte, besonders von einer Frau. Und seine männlichen Kollegen hatten es noch schlimmer gemacht. Das hatte sie nicht erwartet, besonders in einer Branche, die vor allem in Prozesse verwickelt war. Interessant. Sie nahm an, sie war immer noch nicht frei von einer chauvinistischen Umgebung.

Am Nachmittag hatte sie eine Verabredung mit den anderen Mitarbeitern. Sie traf sich zuerst mit Ashley in ihrem Konferenzzimmer.

„Oh ja”, sagte Ashley. „Daniel ist ein guter Typ. Er arbeitet hart und wird hier sehr respektiert.” Es lag zu viel Enthusiasmus in ihrer Stimme. June mochte sie nicht, aber sie war noch nie mit schwesterlichen Mädchentypen klargekommen. Ashley passte sehr gut zu diesem Stereotyp.

„Und glauben Sie nicht, dass hier jemand enttäuscht war, weil er nicht Senior Partner geworden ist wie Daniel?”

„Sie wissen doch, wie das ist. Natürlichen waren die anderen enttäuscht, aber sie sind schon lange Freunde. Sie wissen, wie es läuft.”

„Danke für Ihre Zeit, Ashley.

---ENDE DER LESEPROBE---