It was always you - Nikola Hotel - E-Book
SONDERANGEBOT

It was always you E-Book

Nikola Hotel

5,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie wollte niemals zurückkehren. Er wollte sie nie gehenlassen … Vier Jahre ist es her, dass Ivy alles verlor. Kurz nach dem Tod ihrer Mutter hat ihr Stiefvater sie ins Internat abgeschoben, weil sie sich ständig mit ihrem älteren Stiefbruder Asher stritt. Doch in diesem Sommer will ihr Stiefvater sie plötzlich unbedingt sehen und ruft sie zurück nach Hause – auf eine Insel an der Küste von New Hampshire. Dort trifft sie auch Asher wieder. Immer noch unausstehlich. Immer noch kompliziert. Und immer noch viel zu gut aussehend. Verdammt. Das Wiedersehen setzt ihr viel mehr zu, als sie erwartet hätte. Doch als Ivy erfährt, warum sie zurückkehren sollte, droht ihre Welt vollkommen auseinanderzubrechen … Der Auftakt der zweibändigen Reihe um die Blakely-Brüder Asher und Noah. Aufwendig illustriert mit 20 ganzseitigen Handletterings. «Was für eine Gefühlsachterbahn! Ich habe beim Lesen gelacht, geweint, geflucht und geseufzt. Wer sich in Asher Blakely nicht verliebt, dem ist nicht mehr zu helfen.» Katharina Herzog, Spiegel-Bestsellerautorin

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 564

Bewertungen
5,0 (1 Bewertung)
1
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nikola Hotel

It was always you

Roman

 

 

 

Über dieses Buch

Sie wollte niemals zurückkehren.

Er wollte sie nie gehenlassen …

 

Vier Jahre ist es her, dass Ivy alles verlor. Kurz nach dem Tod ihrer Mutter hat ihr Stiefvater sie ins Internat abgeschoben, weil sie sich ständig mit ihrem älteren Stiefbruder Asher stritt. Doch in diesem Sommer will ihr Stiefvater sie plötzlich unbedingt sehen und ruft sie zurück nach Hause – auf eine Insel an der Küste von New Hampshire. Dort trifft sie auch Asher wieder. Immer noch unausstehlich. Immer noch kompliziert. Und immer noch viel zu gut aussehend. Verdammt. Das Wiedersehen setzt ihr viel mehr zu, als sie erwartet hätte. Doch als Ivy erfährt, warum sie zurückkehren sollte, droht ihre Welt vollkommen auseinanderzubrechen …

Vita

Nikola Hotel wurde in Bonn geboren und arbeitete als Krankenschwester, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie hat schon mehrere Romane veröffentlicht und sagt über sich selbst: «Ich habe eine große Schwäche für dunkle Charaktere und unterdrückte Gefühle.» Mit dem New-Adult-Roman «It was always you» erscheint sie nun erstmals bei KYSS by Rowohlt Polaris. Das Buch ist der Auftakt zu einer zweibändigen Reihe um die Brüder Asher und Noah Blakely, die aufwendig von Carolin Magunia mit Handletterings illustriert wurde. Nikola Hotel lebt mit ihrem Mann und den drei gemeinsamen Söhnen in einem kleinen Dorf und tauscht sich, z.B. auf Instagram (@nikolahotel) gern mit ihren Lesern aus. Mehr Informationen sind auf ihrer Homepage zu finden: www.nikolahotel.de

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Juli 2020

Copyright © 2020 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Zitat auf Seite 216 aus dem Song «I was wrong» von Arizona. Melodie und Text von David Labuguen, Nathan Esquite und Zachary Hannah.

 

Zitat auf Seite 423 aus dem Song «Rescue Me» von Thrity Seconds to Mars. Melodie und Text von Jared Leto und Graham Muron.

 

Sämtliche Handletterings © Carolin Magunia

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung Shutterstock; Handlettering Carolin Magunia

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-00666-9

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Für Katrin

New Light – John Mayer

lovely – Billie Eilish, Khalid

Heaven In Hiding – Halsey

Love Is Madness – Thirty Seconds To Mars feat. Halsey

In My Blood – Shawn Mendes

Dancing With A Stranger – Sam Smith feat. Normani

I Was Wrong – ARIZONA, Robin Schulz

A Beautiful Lie – Thirty Seconds To Mars

Be Alright – Dean Lewis

Waves – Dean Lewis

Beggin For Thread – BANKS

bad guy – Billie Eilish, Justin Bieber

Was It A Dream? – Thirty Seconds To Mars

Wait By The River – Lord Huron

Dangerous Night – Thirty Seconds To Mars

Rescue Me – Thirty Seconds to Mars

Mercy – Shawn Mendes

Walk Through The Fire – Klergy, BELLSAINT

Seventeen – Younotus, Kelvin Jones

everything i wanted – Billie Eilish

Whatever It Takes – Imagine Dragons

Vierzig Minuten hocke ich schon in diesem Flieger und habe nicht gemerkt, dass er nur ein paar Reihen vor mir sitzt. Vierzig Minuten, in denen ich jeden Gedanken an meine Familie verdrängt habe und auch das flaue Gefühl in meinem Magen. Leider nicht wirklich erfolgreich. Weil mein Handy im Flugmodus ist und keine Nachrichten bei mir ankommen, habe ich mir zur Ablenkung das Fotoalbum mit den letzten Bildern von Aubree und mir angesehen und dabei ungefähr elfmal hintereinander New Light von John Mayer gehört. Ich liebe diesen Song und spiele ihn immer dann ab, wenn das flaue Gefühl beim Gedanken an meine Familie überhandnimmt.

Aber elfmal grenzt definitiv an obsessiv. Heute ist es besonders schlimm, weil ich nicht weiß, wie ich die nächsten Tage auf der Insel überleben soll. Weil es das erste Mal seit vier Jahren ist, dass ich meine Familie wiedersehe.

«Entschuldigen Sie, gibt es hier noch eine andere Toilette außer dieser?» Ich habe meine Stimme gesenkt und deute nach vorne, wo das Schild über der Tür immer noch leuchtet. Darauf steht in Rot «Besetzt», und das schon seit ein paar Minuten.

Die Stewardess mit der weißen Bluse beugt sich freundlich zu mir herunter. «Die zweite Toilette ist leider defekt.» Sie lächelt bedauernd, aber professionell, es geht kaum über die Mundwinkel hinaus. Um ihren Hals schlingt sich ein rotes Tuch mit dem Logo von Endeavor Air. «Darf ich Ihnen als Entschädigung für die Wartezeit etwas zu trinken anbieten? Ein Glas Orangensaft vielleicht?»

«Nein, danke.» Das ist ein ganz schlechtes Thema. Das Wort ‹trinken› genügt, dass ich ruckartig die Beine zusammenpresse. Ich schüttele den Kopf, vor allem aber über mich selbst, weil ich zu spät vom College losgefahren bin und es deshalb nicht mehr geschafft habe, auf dem Flughafen zur Toilette zu gehen. Erst vor einigen Stunden hat mir mein Stiefvater ein personalisiertes Ticket für diesen Flug zukommen lassen, und seitdem stehe ich quasi unter Dauerstrom.

Nur ein paar Tage, Ivy. Das schaffst du.

Das sage ich mir schon die ganze Zeit. Aber seit der Mail, in der ich eindringlich darum gebeten wurde, dass ich nach Hause komme, versuche ich vergeblich, meine Atmung auf eine normale Frequenz zu bekommen. Ich weiß nicht, warum mein Stiefvater mich sehen will, aber ich werde gleich auf diese verdammte Insel fahren müssen. Ich werde ihn wiedersehen und mir anhören müssen, was er mir zu sagen hat. Und ich werde die ganze Zeit darauf hoffen, dass ich meinen Stiefbrüdern nicht über den Weg laufe. Und wenn diese Sache, worum auch immer es geht, erledigt ist, kann ich mein echtes Leben wieder aufnehmen. Mein Leben ohne die Familie Blakely.

Weil ich es anders nicht aushalte, spiele ich den Song von John Mayer jetzt auch noch ein zwölftes Mal ab. Wenn ich Empfang hätte, würde ich auf seinen Instagram-Account gehen und mir die Videos in seinen Story-Highlights ansehen, in denen er sich Smokey Eyes schminkt. Es ist total albern, und er sieht dabei aus, als hätte man ihm ein blaues Auge verpasst, aber diese Videos haben es bisher noch jedes Mal geschafft, mich abzulenken und zum Lächeln zu bringen. Viel zu schnell ist der Song wieder zu Ende, und ich skippe noch ein weiteres Mal zurück, falle in den Wohlfühlbeat, bis der Druck meiner Blase übermächtig wird und ich gezwungen bin, die Augen aufzuschlagen.

Gott sei Dank. Das Licht über der Toilettentür erlischt, und heraus tritt ein Anzugträger mit graumeliertem Haar und dichten Augenbrauen, der sich noch im Gehen den Hosenstall zuzieht. Sofort springe ich auf und werfe meinen Rucksack auf den Sitz. Schwankend, weil der Pilot offenbar gerade durch ein Luftloch steuert, hangele ich mich von Sitz zu Sitz. Aus einer Reihe vor mir löst sich eine Gestalt in einem Jeanshemd und zieht seine Begleiterin hinter sich her, und ich hoffe inständig, dass keiner von beiden jetzt auf die Toilette muss.

Dass ich ihn nicht sofort erkenne, dass ich seine Anwesenheit nicht einmal spüre, kommt mir im Nachhinein fast absurd vor, denn es ist der perfekte Moment für dramatische Filmmusik.

«Entschuldigung», rufe ich den beiden hinterher, aber sie reagieren nicht, und im nächsten Moment verschwinden sie zusammen durch die Toilettentür. Bitte nicht, flehe ich stumm. Ich halte es garantiert keine Minute länger aus.

Eine zweite Stewardess spricht mich auf dem Gang an. «Setzen Sie sich bitte wieder hin, es gibt leider ein paar kleine Turbulenzen.»

Oh Gott, sie hat keine Ahnung, wovon sie redet. Wenn ich nicht gleich auf die Toilette komme, gibt es hier ziemlich große Turbulenzen. Ich ignoriere sie und laufe nach vorn zur Bordtoilette, deren Tür durch das Ruckeln des Flugzeugs eine Handbreit aufschwingt – und mir rutscht das Herz in die Hose.

Heilige Mutter Gottes!

Mein Blick fällt durch den Spalt auf einen nackten Männerhintern und ein paar Frauenhände, die darüber nach oben fahren. Fassungslos starre ich für Sekunden auf das Bild vor mir. Das muss ein Traum sein, denke ich. Ein Albtraum, wie er einen heimsucht, wenn man vergessen hat, sein Essay über Visual Studies zu schreiben, und sich ausmalt, was Professor Graham schlimmstenfalls mit einem anstellen wird. Das hier ist jedenfalls das Schlimmste, was ich mir gerade ausmalen kann. Ich kann die beiden unmöglich ansprechen, ohne vor Scham im Erdboden zu versinken, aber wenn ich es nicht tue, wird es gleich noch viel peinlicher für mich.

Ich hole tief Luft und poche zaghaft mit den Fingerknöcheln gegen den Türrahmen. «Entschuldigen Sie bitte …» Mein Gesicht glüht regelrecht auf, und ich räuspere mich. «Es tut mir total leid, aber ich … muss wirklich ganz dringend auf die Toilette, und die andere ist im Augenblick defekt, könnten Sie eventuell später …»

Die Tür bekommt einen Tritt und kracht vor meiner Nase zu. Im selben Moment leuchtet das Besetztzeichen wieder auf, und von den Sitzen ertönt ein Pling für die Anschnallgurte.

Jemand berührt mich an der Schulter, und ich zucke zusammen, als wäre ich an einen elektrischen Zaun geraten. Mein Puls klettert noch weiter in die Höhe.

«Wenn Sie warten möchten, dann müssen Sie sich jetzt hier anschnallen», erklärt mir die Flugbegleiterin und klappt für mich einen Notsitz aus der Wand.

«Okay, danke.» Mit hochrotem Kopf kauere ich mich auf den schmalen Sitz und lege den Gurt um. Am liebsten würde ich in die Wand kriechen. Ich kann nicht glauben, was da gerade passiert. Während ich mir fast in die Hose mache, streben die beiden Vordrängler da drin eine Mitgliedschaft im Mile High Club an. Die Geräusche aus der schlecht isolierten Kabine sind mehr als eindeutig.

Vielleicht sollte ich die Geräuschkulisse für Aubree mit dem Handy aufnehmen. Sie fände das im Gegensatz zu mir wahrscheinlich ziemlich witzig. Oh Gott, ich kann nur hoffen, dass der Typ nicht allzu lang braucht, und bei diesem Gedanken wird mein Gesicht gleich noch heißer. Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Der Flieger wird in weniger als einer halben Stunde auf dem Flughafen Manchester-Boston landen, und sobald wir in den Landeanflug übergehen, ist es nicht mehr erlaubt, noch einmal aufzustehen. Ob ich es bis dahin aushalte, ist allerdings fraglich. Kann es eigentlich noch schlimmer kommen?

Dieser Tag ist einfach nur grässlich. Vom Flughafen aus sind es etwa fünfzig Meilen durch dichtesten Wald bis zur Insel – in einer guten Stunde werde ich zu Hause sein. In meinem Magen bildet sich ein fester Knoten, als ich daran denke. Zuhause.

Augenblicklich wünsche ich mir, ich wäre doch im Wohnheim geblieben und hätte mir eine Ausrede einfallen lassen, weshalb ich nicht kommen kann. Irgendetwas, um zu verhindern, dass ich dieses Haus auf der Insel je wieder betreten muss. Aber die Mail klang ziemlich dringend, und Richard Blakely … Ich meine, er ist immer noch mein Stiefvater.

Stöhnend rutsche ich auf dem Klappsitz herum und hypnotisiere den Zeiger auf meiner Uhr, um dann wieder die Bordtoilette anzustarren. Mit den Fingerspitzen trippele ich auf meinen Knien und verfluche mich dafür, diese hautengen Jeans angezogen zu haben, die mir nun den Unterleib einschnüren. In der Toilette rumpelt es, als pralle jemand von innen gegen die Tür. Lieber Gott, das kann alles nicht wahr sein! Wenn ich Pech habe, bricht das Paar gleich noch durch das dünne Blech und fällt mir auf den Schoß. Ich unterdrücke ein Stöhnen und beiße die Zähne zusammen.

Als die Geräusche endlich verebben, kontrolliere ich reflexartig den Zeiger auf meiner Uhr, nur um gleich darauf wieder schamrot anzulaufen. Sieben Minuten. Die Tür geht einen Spalt weit auf, und heraus taumelt eine Frau mit langen blonden Haaren und ziemlich viel Make-up im Gesicht. Aus dem Ausschnitt ihrer Bluse blitzt ein Tattoo. Beim zweiten Blick erkenne ich, dass sie deutlich älter ist, als man es zuerst vermutet. Schnell senke ich den Blick, aber die Situation ist mir offenbar viel peinlicher als ihr, denn sie stöckelt los, ohne auch nur einmal kontrollierend über ihre Kleidung zu tasten. Die Tür schließt sich hinter ihr – und bleibt zu.

Mir ist klar, dass die beiden zur Tarnung nicht gleichzeitig aus der Kabine kommen können, aber muss der Typ sich jetzt noch die Haare stylen, oder warum dauert das so lange? Ich lasse den Gurt aufschnappen und stemme mich hoch. Im selben Moment, in dem meine Hand nach dem Türgriff fasst, wird sie aufgeschoben, und ich blicke in ein Paar viel zu vertraute bernsteinfarbene Augen. Die Brauen darüber wölben sich überrascht in die Höhe.

«Fuck», sagt er.

Genau das habe ich auch gerade gedacht.

Sein Gesicht ist mir so vertraut, als wären die vergangenen vier Jahre ausgelöscht. Als hätte er mir erst heute Morgen am Frühstückstisch gegenübergesessen. Ich kenne jede Einzelheit, weiß, wie ein Grübchen neben seinem Mundwinkel entsteht, wenn er grinst, oder wie er aussieht, wenn sich vor Wut seine Brauen zusammenziehen. Diese kleine Narbe an seiner Oberlippe, die sein Lächeln einen Hauch süffisant aussehen lässt – ich weiß genau, woher sie stammt, und der Gedanke daran lässt quälende Schuldgefühle in mir aufpoppen, die ich schnell wieder wegschiebe. Ich habe jetzt noch im Ohr, wie seine Stimme klingt, wenn er lacht oder einen bissigen Kommentar loslässt, und ich erinnere mich genau an die hundert Male, die sich diese Stimme über mich lustig gemacht hat. Das ist der Punkt, von dem ich mir wünschte, ich hätte ihn längst vergessen.

«Asher», stoße ich überrascht hervor und presse dann die Lippen zusammen, um ihn nicht mit offenem Mund anzustarren. Mein Herz, das spontan einen Sturzflug in meine Eingeweide gemacht hat, schlägt viel zu schnell.

Mit der rechten Hand fährt Asher sich durch das zu lange Haar. Er ist unrasiert, wodurch die kleine Narbe an seiner Oberlippe noch stärker hervortritt. Die Ärmel seines Jeanshemdes hat er hochgekrempelt. Darunter trägt er ein weißes Shirt. Ich kann nicht erkennen, ob er genauso schockiert ist wie ich. Wenn ja, dann hat er sich jedenfalls gut unter Kontrolle.

«Ivy», sagt er, und sein Adamsapfel bewegt sich, als er schluckt. «Bist du auf dem Weg zur Insel? Hat mein Dad dir etwa auch ein Ticket für diesen Flug gebucht?»

Bedeutet das, er wurde ebenfalls von seinem Vater nach Hause zitiert? Aber wie er das sagt: mein Dad. Ich habe den Unterton genau gehört. Und obwohl ich weiß, dass ich nicht richtig dazugehöre, noch nie dazugehört habe, schmerzt dieser Ton doch.

Ashers Mundwinkel biegen sich nach oben, und da ist es, das kleine Grübchen neben seinem linken Mundwinkel. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, es nicht vermisst zu haben, was nur beweist, wie bescheuert ich bin. Denn wie kann man etwas vermissen, das man eigentlich verabscheut?

«Wow», sagt er und grinst noch breiter. «Es ist echt … unerwartet, dich zu sehen.»

Erschreckend, ja. Unerwartet, nein. Allerdings hatte ich gehofft, dieser Begegnung noch etwas länger ausweichen zu können.

Auf Ashers Hals nehme ich feine Schweißperlen wahr, und im nächsten Moment spüre ich, wie sich seine muskulösen Arme um meinen Oberkörper legen. Ich habe Asher seit vier Jahren nicht gesehen, aber der teure holzige Geruch der Blakely-Männerseife ist mir immer noch viel zu vertraut. Genau genommen habe ich diesen Geruch vier Jahre lang nicht aus meinem Kopf bekommen. Offenbar habe ich ein gutes olfaktorisches Gedächtnis. Jetzt allerdings mischt sich dieser Duft mit einem Frauenparfüm. Ich spüre sein kratziges Kinn an meiner Schläfe und seinen Atem, der flüchtig mein Ohr streift.

«Unglaublich», raunt er und hält mich dann auf Armlänge von sich. «Das letzte Mal, als du auf der Insel gewesen bist, warst du fast noch ein Baby. Dir sind inzwischen doch tatsächlich Brüste gewachsen.»

Mein Gesicht wird schlagartig heiß. Das ist so typisch. Mir ist klar, dass er mich nur provozieren will, aber es fällt mir trotzdem schwer, das Schimpfwort zu unterdrücken, das mir auf der Zunge liegt. Ich schaffe es, nur ein leises «Willkommen im Mile High Club» zu flüstern, bevor ich ihn wegschiebe und mich an ihm vorbei in das winzige Klo dränge.

«Als ob du Mitglied wärst.» Asher lacht hinter mir. Auch dieses Lachen ist mir vertraut. Er kann damit gleichzeitig herablassend und schmerzerfüllt klingen, was ich noch nie verstanden habe. Und es macht mich wütend.

Ich drehe mich zu ihm um. «Ich bin die erste Vorsitzende, Arschloch!» Mit Schwung schlage ich die Tür vor seiner Nase zu. Kaum bin ich seinem Blick entkommen, hole ich keuchend Luft und stütze mich an der Wand ab, weil mir das Blut in den Ohren rauscht. Ich höre sein Lachen noch durch die dünne Tür und schimpfe mit mir selbst, weil ich ihm gegenüber nicht einfach gleichgültig reagieren kann. Ich hoffe nur, dass er nicht draußen stehen bleibt und wartet, bis ich wieder rauskomme. Bitte lass ihn einfach verschwinden und vergessen, dass ich existiere! Doch schon in der nächsten Sekunde wird klar, dass Asher mir diesen Gefallen nicht tun wird.

«Soll ich dich gleich mitnehmen?» Seine Stimme klingt freundlich. Viel zu freundlich für den Asher, den ich in Erinnerung habe. «Mein Wagen steht am Flughafen.»

«N… nein», würge ich heraus.

«Ivy», sagt er mit einem dunklen Unterton. «Es ist doch schwachsinnig, wenn du dir extra ein Taxi nimmst. Und mit dem Greyhound bist du Stunden unterwegs, der fährt über Boston. Lass uns zusammen nach Hause fahren.»

«Nein. Danke.»

Wegen der Fluggeräusche kann ich nicht hören, ob er geht, aber nachdem einige Sekunden vergehen, ohne dass er etwas sagt, stoße ich erleichtert die Luft aus.

Mit meinem Verhalten habe ich Asher leider deutlich gezeigt, wie schnell er mich immer noch aus der Fassung bringen kann, und das ist gar nicht gut. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist, und ich hasse mich dafür, dass mir jetzt Tränen in die Augen schießen. Hasse es, ihn und seine blöden Sprüche vermisst zu haben. Obwohl mir klar gewesen ist, dass ich Asher höchstwahrscheinlich auf der Insel begegne, fühle ich mich überrumpelt. Er hat sich kein bisschen verändert, und er schafft es immer noch in wenigen Augenblicken, in mir die schlimmsten Eigenschaften zu wecken. Natürlich hatte ich noch keinen Sex im Flugzeug, aber das werde ich Asher bestimmt nicht auf die Nase binden.

Während ich mich hektisch aus meinen engen Jeans quäle, vermeide ich es, mich umzusehen. Bloß nicht in den Mülleimer gucken und dabei noch irgendwelche Spuren von ihm und dieser Frau finden! Doch die Hitze weicht mir nur langsam aus dem Gesicht. Zehn Sekunden in der Gegenwart von Asher Blakely reichen vollkommen aus, um mir in Erinnerung zu rufen, warum ich froh sein sollte, dass ich die Ferien immer bei einer Freundin verbringen musste und nicht nach Hause fahren durfte. Auch wenn ich mit fünfzehn nicht verstanden habe, warum Richard mich in das Internat in der Nähe von New York abgeschoben hat; im Nachhinein ist es das Beste gewesen, was mir passieren konnte. Ansonsten hätte ich irgendwann einen Mord begangen.

Ich starre auf den Seifenspender direkt vor mir, auf dem ein Logo mit schnörkeligem B prangt. Das Logo der Blakelys, also meiner Familie. Unserer Familie. Ich unterdrücke ein Schaudern, und nachdem ich mich endlich erleichtert habe, wasche ich mir trotzdem damit die Hände, obwohl der Geruch in mir viel zu viele Erinnerungen weckt. Wenn ich mir damit nur auch die Gefühle abwaschen könnte, die Asher in mir ausgelöst hat. Er hat etwas an sich, das mir augenblicklich den Brustkorb einengt.

Ich versuche, diese Gedanken abzuschütteln, bevor ich vorsichtig den Kopf durch die Tür nach draußen strecke. Erst nachdem ich mir sicher bin, dass die Luft rein ist, trete ich aus der Kabine. Mit zitternden Knien wanke ich durch den Gang zurück zu meinem Sitzplatz. Als ich an seiner Reihe vorbeikomme, sehe ich demonstrativ in eine andere Richtung, und kaum habe ich meinen Platz erreicht und mir den Rucksack auf den Schoß gezogen, kommt auch schon die Durchsage, dass wir uns im Landeanflug befinden. Die Temperatur in Manchester, New Hampshire, beträgt 26 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von 68 Prozent. Die Sonne scheint auf diesen allerschönsten Ort der USA, wie der Pilot uns mitteilt, und gleich darauf macht er einen blöden Witz über das Landemanöver. Ich kontrolliere den Flugmodus an meinem Handy und will es zurück in die Tasche stecken, da stelle ich fest, dass mein Portemonnaie nicht mehr in meinem Rucksack ist.

Shit. Das kann doch nicht sein.

Hektisch durchwühle ich meine wenigen Habseligkeiten. Mein Bullet Journal ist noch da, Gott sei Dank. Die Zeichenstifte auch. Das Buch, das ich zum Start des neuen Semesters unbedingt gelesen haben will, die einzelne Postkarte, die Aubree und ich uns selbst geschickt haben, als wir im Frühjahr für eine Woche in Mexiko gewesen sind – eine Reise, für die wir sechs Monate gespart hatten –, meine Kopfhörer, das selbstgemachte Lipgloss von Aubrees kleiner Schwester May, eine Schachtel Kaubonbons mit Zimtgeschmack. Aber kein Portemonnaie. Außer meinem Führerschein und der Kreditkarte ist damit nun auch mein Bargeld weg. Erschrocken wende ich mich an meine Sitznachbarin, einer Frau Mitte vierzig, die eine dunkelbraune Sonnenbrille trägt.

«Entschuldigung, haben Sie zufällig gesehen, ob jemand an meinem Rucksack war», frage ich mit einem Zittern in der Stimme. «Eben, als ich kurz aufgestanden bin.»

«Sorry.» Sie kaut auf einem Kaugummi, und es ist nicht mal zu erkennen, ob sie überhaupt die Augen aufhat. Ich will sie nicht verdächtigen, aber für einen Augenblick ist die Vorstellung sehr präsent, wie diese Frau in meinem Rucksack wühlt, wie ihre Finger meine persönlichen Sachen berühren, und ich muss schlucken.

«Hallo», rufe ich nach der Flugbegleiterin und winke sie zu mir heran.

«Getränke gibt es jetzt leider nicht mehr, wir sind schon im Landeanflug.»

«Ich weiß, ich … ähm …» Ich senke meine Stimme, weil ich vermeiden will, dass uns jemand zuhört. Vor allem will ich nicht, dass Asher etwas mitbekommt. «Ich befürchte, irgendjemand hat mein Portemonnaie aus meiner Tasche genommen, als ich eben auf der Toilette war.»

Sie beugt sich zu mir herunter. «Sind Sie sicher, dass es nicht mehr da ist?» Ihr Blick ist skeptisch. Als könnte sie sich nicht vorstellen, dass man jemanden wie mich beklaut, wo ich bloß mit einfachen Jeans und schlichter Sweatshirtjacke bekleidet bin. Ich sehe nicht nur, wie ihr Blick an meinem Körper herunterwandert, ich kann ihn förmlich fühlen.

«Ja, da bin ich sicher.» Ich will jetzt nicht in Panik ausbrechen und zwinge mich, ruhig zu atmen. Das hier ist zu viel auf einmal, und ich muss daran denken, was ich erst heute Morgen mit meinem Brush-Pen in Aubrees Journal gemalt habe:

Meine Probleme sind schöner als deine.

Tja, so viele wie ich gerade habe, muss das wohl stimmen.

«Haben Sie schon überall nachgesehen? Vielleicht haben Sie das Portemonnaie in der Hosentasche?»

Ich hebe eine Augenbraue an, dann klopfe ich demonstrativ meinen rechten Oberschenkel ab. «Ganz bestimmt nicht. Ich habe wirklich alles abgesucht.»

«Auch auf der Toilette? Vielleicht haben Sie es ja neben dem Waschbecken abgelegt?»

Man sollte meinen, eine dämliche Frage pro Gespräch wäre ausreichend. Mist, jetzt kommt die Panik doch. Das Atmen fällt mir schwerer, und mein Puls trommelt in meinem Hals. Ich versuche, mir nichts davon anmerken zu lassen, und atme langsam ein und aus. «Nein, habe ich nicht. Ich hatte es eilig und habe alles im Rucksack gelassen. Er lag die ganze Zeit hier auf meinem Sitz.» Der fast schon hochmütige Ausdruck der Stewardess lässt Wut in mir hochkochen. «Ist natürlich möglich, dass mein Portemonnaie einfach Lust auf einen Ausflug hatte und selbst aus der Tasche geklettert ist. Wie sind denn da Ihre Erfahrungswerte?»

Mittlerweile sind die anderen Passagiere auf unser Gespräch aufmerksam geworden, und es wird getuschelt. Normalerweise bin ich nicht so unfreundlich, aber das muss meiner Verzweiflung geschuldet sein. Oder es liegt an Ashers Anwesenheit. Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr, wie er sich zu uns umdreht, und stelle mal wieder fest, dass kein anderer Mensch auf der Welt über einen so spöttisch überheblichen Gesichtsausdruck verfügt.

«Die Sache ist die», sagt die Stewardess, und es ist nicht zu übersehen, dass sie am liebsten mit den Augen rollen würde, «wir können leider nicht das Handgepäck aller Passagiere überwachen. Die Koffer sind selbstverständlich versichert, aber für Ihren Rucksack sind Sie selbst verantwortlich.» Sie wendet sich an meine Sitznachbarin. «Ist Ihnen etwas aufgefallen?»

«Sorry.» Der Kopf der Sonnenbrillenfrau bewegt sich nicht einmal, als sie verneint. Kennt diese Frau eigentlich noch ein anderes Wort? Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe. «Kann man dann vielleicht, ich weiß auch nicht, die Polizei informieren, bevor die Passagiere die Maschine verlassen?» Sobald ich es ausgesprochen habe, wird mir bewusst, wie anmaßend sich das anhört.

Die Stewardess hebt abwehrend die Schultern. Ihre Augen sprechen Bände. «Wir können doch nicht alle Passagiere Ihretwegen unter Generalverdacht stellen. Ich glaube nicht, dass das im Verhältnis …»

«Es ist nur … also wegen meiner Platinum Card.» Ich warte darauf, dass sich ihr Gesichtsausdruck ändert, was er in den meisten Fällen tut, wenn man ein Wort wie Platinum Card in den Raum wirft. Als ihre Augen groß werden und sich ihre Miene von ‹angenervt› zu ‹überaus zuvorkommend› ändert, schäme ich mich, weil das gerade ziemlich armselig von mir war. Ganz abgesehen davon ist es nicht meine Kreditkarte, auch wenn mein Name draufsteht. Es ist die meines Stiefvaters. So wie einfach alles ihm gehört.

«Ach, vergessen Sie’s», winke ich ab. Ich weiche Ashers interessiertem Blick aus, zerre den Reißverschluss meines Rucksacks zu und hänge mir einen der Gurte über den Arm. Mein Haar hängt darunter fest und ziept, aber ich lasse es so, weil ich den Schmerz irgendwie verdient habe.

«Es ist meine eigene Schuld. Sie können ja nichts dafür», sage ich entschuldigend. Warum bin ich auch auf die Toilette gegangen, ohne meinen Rucksack mitzunehmen? Ich bin nicht bloß wütend auf mich selbst, jetzt bin ich wirklich verzweifelt, was niemandem verborgen bleibt, und die Flugbegleiterin zieht mit einem mitleidsvollen Blick ab.

Die nächsten Minuten gehe ich in Gedanken durch, was ich tun muss, und einen Plan zu haben, beruhigt mich wieder: die Kreditkarte sperren lassen, mir ein Taxi suchen und den Fahrer auffordern zu warten, während ich Richards Haushälterin darum bitten muss, diesen zu bezahlen. Und anschließend herausfinden, wie ich die Karten in meinem Portemonnaie ersetze. Das ist zwar nervig, aber keine Katastrophe. Jedenfalls werde ich nicht Asher um Hilfe bitten und mit ihm zur Insel fahren. Das bringe ich einfach nicht über mich.

Als die Maschine landet und ich kurz darauf mit den anderen Passagieren durch den langen Gang zum Terminal haste, überlege ich, mich in einem der Flughafenshops zu verstecken, bis Asher es aufgibt, auf mich zu warten.

Es stellt sich allerdings heraus, dass das gar nicht nötig ist, denn von Asher ist schon am Gepäckband nichts mehr zu sehen. Meine Augen scannen die gesamte Umgebung ab, können sein Jeanshemd und das dunkelblonde Haar aber nirgends ausmachen. Was habe ich denn erwartet?

Dafür kommt die Frau auf mich zu, die sich mit ihm auf der Bordtoilette vergnügt hat. Sie hat unfassbar hohe Schuhe an, die ihre Beine um einen gefühlten Kilometer verlängern, und unwillkürlich werfe ich einen Blick auf die abgewetzten schwarzen Ankle Boots, die ich so gut wie jeden Tag trage.

«Ich bin Kadence Sawyer.» Von der Seite wirft sie mir einen neugierigen Blick zu.

«Ivy Blakely», antwortete ich automatisch, obwohl ich eigentlich nicht daran interessiert bin, Freundschaften mit Ashers Affären zu schließen. Sie ist wirklich hübsch, aber deutlich älter als Asher und dementsprechend noch viel älter als ich. Ich erinnere mich, dass Asher eigentlich immer ältere Freundinnen hatte, aber ich frage mich schon, warum sich eine erfahrene Frau mit einem Typen einlässt, der so offensichtlich ein Arsch ist?

«Du hast denselben Nachnamen wie Asher.» Kadence wirkt überrascht.

«Muss daran liegen, dass wir verwandt sind», murmle ich und ahne gleich, dass es ein Fehler ist und sie mir nun erst recht nicht von der Seite weichen wird.

«Ihr seid verwandt?»

Ich seufze, denn jetzt ist es auch egal. «Asher ist mein Stiefbruder.»

«Oh.» Jetzt sieht sie wirklich neugierig aus. «Ich habe mir schon gedacht, dass ihr euch irgendwoher kennt. Dein Bruder also.» Sie lacht auf. «Das ist ja super.»

Ich verziehe den Mund, weil mir nicht klar ist, was daran bitte super sein soll. Ich freue mich ja auch nicht über einen Gendefekt. «Stiefbruder», wiederhole ich, obwohl das genau genommen nicht richtig ist, denn sein Vater Richard Blakely hat mich nach der Hochzeit mit meiner Mutter adoptiert. Damals war ich zwölf, und ich bin mir sicher, hätte er gewusst, dass meine Mutter drei Jahre später sterben und ihm damit die volle Verantwortung für mich überlassen würde, er hätte sich die Sache mit der Adoption noch einmal reiflich überlegt.

Kadence betrachtet mich neugierig, aber ich achte nicht auf sie und hypnotisiere stattdessen das Rollband, das noch leer an uns vorbeizieht. Schließlich treffen die ersten Gepäckstücke ein, und Kadence zieht einen superschicken, stabilen Hartschalenkoffer vom Band. Es ist mir fast peinlich, nach meiner alten unförmigen Sporttasche direkt dahinter zu greifen, aber ich schlucke den Gedanken schnell herunter. Immerhin habe ich sie von meinem eigenen Geld gekauft und nicht Richard zu verdanken. Trotzdem bemerke ich, wie Kadence irritiert eine Augenbraue anhebt, als sie mein Gepäckstück registriert. «Hast eine harte Zeit hinter dir, was?»

Im ersten Moment bin ich sprachlos. Aber eigentlich kann ich ihr diese Bemerkung nicht einmal verübeln, denn meine Tasche sieht wirklich alles andere als Blakely-like aus. Ich versuche, mir vorzustellen, wie ich damit in die Firmenzentrale in Manchester marschiere, und muss unwillkürlich grinsen. «Kann man so sagen.»

Als wir gemeinsam Richtung Ausgang gehen, entdecke ich einen dieser Werbestände von American Express, wo Mitarbeiter Neukunden anwerben, und erleichtert bleibe ich stehen. «Entschuldige, Kadence. Es hat mich wirklich gefreut, dich kennenzulernen, aber ich muss dringend nach … Hause.» Dieses Wort auszusprechen, sorgt dafür, dass ich danach erst einmal tief Luft holen muss. «Und ich muss hier noch schnell was erledigen. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder. Also wenn … ähm, du und Asher … Kennt ihr euch schon länger?»

Was ich eigentlich damit meine, ist länger als die halbe Stunde, bevor er mit ihr auf der Toilette verschwunden ist, aber das auszusprechen, kann ich gerade noch unterdrücken. Nur befürchte ich, dass Kadence mir meine Gedanken ohnehin vom Gesicht ablesen kann.

Sie bleibt stehen, wirkt aber völlig ungezwungen. «Ehrlich gesagt kenne ich Asher schon ziemlich lange. Auch wenn es dich vielleicht schockiert, aber ab und zu, wenn wir beide Lust dazu haben, treffen wir uns. Von dir hat er allerdings noch nie etwas erzählt.» Ihr Blick fällt nachdenklich von oben auf mich herab, als würde sie sich ernsthaft darüber wundern.

Mich wundert das allerdings überhaupt nicht. «Sorry, ich wollte nicht neugierig sein. Das alles geht mich wirklich gar nichts an. Aber wenn ich ehrlich bin», tief hole ich Luft, «ich würde an deiner Stelle wahrscheinlich seine Nummer blockieren.»

Kadence lacht auf. «Du hast recht», sagt sie. «Das geht dich wirklich gar nichts an.» Mit einer geübten Handbewegung streicht sie ihr langes Haar über ihre rechte Schulter. «Vielleicht sehen wir uns wirklich irgendwann noch mal, Ivy Blakely.» Sie winkt mir zum Abschied mit einer Hand zu.

«Ja, vielleicht», sage ich möglichst gelassen. Und im Stillen beschließe ich für mich, um sie und vor allem um Asher in den nächsten Tagen einen großen Bogen zu machen.

Ich stehe vor dem Flughafengebäude, wo mir die Sonne direkt ins Gesicht brennt, und kann nicht verhindern, dass mein Blick suchend über die Straße irrt. Auch wenn es unsinnig ist, erwarte ich doch einen Ford F an mir vorbeirauschen zu sehen oder einen anderen monstergroßen Angeber-Pick-up, der gut zu Asher passen würde. Doch natürlich ist mein Stiefbruder längst über alle Berge. Garantiert hat er mitbekommen, dass mir meine Kreditkarte gestohlen worden ist, und trotzdem hat er mich meinem Schicksal überlassen. Seine Frage, ob er mich mitnehmen solle, war also nur blödes Gerede. Natürlich will ich gar keine Hilfe von ihm, aber dass er sein Angebot eben gar nicht ernst gemeint hat, ist nur einer der Gründe, warum ich mich über ihn ärgere. Der zweite ist der Anblick seines Hinterns, der sich in meinem Kopf festgesetzt hat wie eine Zecke. Immer wieder sehe ich Asher vor mir und die Kontraktionen seiner Muskeln – das würde ich nun wirklich lieber vergessen.

Weil es so warm ist, ziehe ich meine Sweatshirtjacke aus und stopfe sie in die Sporttasche. Ich puste mir den Pony aus der Stirn, schütze mit der linken Hand mein Gesicht vor der Sonne und tippe mit der rechten auf mein Handy in der Hoffnung, dass Aubree nicht mehr in der Uni sitzt und abnimmt. Sie hat im Gegensatz zu mir noch zwei Prüfungen ihrer Finals vor sich und kann erst Ende der Woche nach Hause fahren. In den letzten Jahren habe ich sie immer begleitet, und ich will nachkommen, sobald ich diese Angelegenheit mit meinem Stiefvater erledigt habe, denn ich vermisse sie und ihre Mom und May jetzt schon schmerzlich.

Es klingelt viermal.

«Oh Gott, ist es so schlimm?», fragt sie, noch bevor ich mich geräuspert habe. «Ich habe frühestens heute Abend mit deinem Anruf gerechnet. Haben die Blakelys dich jetzt schon kleingekriegt?»

Ich schiele zu einem älteren Mann mit Turban, der mit mehreren Plastiktüten beladen auf ein freies Taxi wartet, und drehe mich zur Seite, als könnte ich damit verhindern, dass er unserem Gespräch lauscht. «Ich bin noch nicht mal angekommen», gestehe ich ihr. «Aber im Flieger habe ich Asher getroffen, und er …» Ich halte inne, weil ich Aubree nicht volljammern möchte. Sie hat sich von mir schon so viel über das Asher-Thema anhören müssen, dass es für die nächsten zweihundert Jahre reicht. «… und mir wurde mein Portemonnaie geklaut.»

«Oh, verdammt.»

«Ist nicht so dramatisch», sage ich schnell. «Ich konnte meine Kreditkarte noch am Flughafen sperren lassen. Aber diese blöde Lauferei, um einen neuen Führerschein und so zu bekommen, da könnte ich echt drauf verzichten.»

«Hattest du viel Bargeld dabei?»

Ich schnaube. «Hatte ich jemals viel Bargeld?»

«Also nicht. Wenigstens etwas.»

«Eigentlich will ich gar nicht darüber reden, aber ich habe das Gefühl, mir platzen gleich sämtliche Adern. Kannst du mich bitte irgendwie ablenken? Wie war denn dein Tag so?»

Aubree holt tief Luft, aber sie fragt nicht nach. Sie weiß genau, was in mir vorgeht, schließlich haben wir uns schon im Internat jahrelang ein Zimmer geteilt und wohnen nun gemeinsam im Wohnheim auf dem Campus. Dass ich nicht von Asher reden will, sagt ihr bestimmt mehr, als mir lieb ist. Ich lausche auf ihren ruhigen Atem, der so tief klingt, als könne man darin eintauchen, und dann fängt sie an zu erzählen. Von Taylor, der ihr heute in der Mensa einen Oreo-Keks über die Makkaroni gebröselt hat. Von ihrem vergeigten Vortrag im Poetry Workshop und schließlich von Dekan Strout, der sie dabei erwischt hat, wie sie sich auf ihren Nebenjob als Synchronsprecherin vorbereitet hat, und dabei klettert ihre Stimme nervös in die Höhe.

«Wieder für eine Telenovela?», frage ich. Aubree hat fast ein Jahr lang einer jungen Señorita aus einer mexikanische Seifenoper ihre Stimme geliehen. Bis zu deren Serientod.

«Schön wär’s.» Aubree stöhnt auf. «Für einen von diesen japanischen Anime-Pornos. Ich weiß nicht, warum sie mir diese Rolle überhaupt angeboten haben. Warum muss so etwas überhaupt synchronisiert werden? Ist ja nicht so, als ob es da tiefgründige Dialoge gäbe. Ganz abgesehen davon, dass dieses Frauenbild widerlich ist, du kannst dir nicht vorstellen, wie schrecklich dieses Rumgestöhne ist!»

Oh doch, das kann ich. Ich denke an Asher, Kadence und die Bordtoilette. «Na ja, wenigstens musst du dir dafür nicht so viel Text einprägen.»

«Haha. Nicht witzig. Normalerweise bekommen wir doch niemals vorher das Dialogbuch zu sehen, die Texte werden erst kurz vor der Aufnahme bereitgestellt. Aber ich habe mir einfach ein altes Dialogbuch geben lassen, um das mal zu üben. Ich war hinter der Sporthalle, und es war kein Mensch zu sehen, nicht mal einer von den Football-Pennern. Und gerade als ich das erste Stöhnen und einen zugegebenermaßen ziemlich vulgären Satz von mir gegeben habe, steht plötzlich Dekan Strout hinter mir.»

Ich muss mir in die Hand beißen, um nicht laut loszuprusten. «Oh Gott. Bestimmt hat er gedacht, dass du Hilfe brauchst.»

«Ivy, ich bin fast gestorben. Ich habe ihm das Script gegeben und erklärt, dass ich nebenbei synchronspreche, um mir etwas dazuzuverdienen. Aber garantiert hat er mir kein Wort geglaubt. Wahrscheinlich meint er nun, dass ich diese bescheuerten Texte selber schreibe und unter Pseudonym auf irgendwelchen Plattformen hochlade.»

«Oder noch schlimmer, er denkt, dass du wie deine Mom schauspielern willst.»

Aubrees Mom ist ziemlich erfolgreich, seit sie als Ermittlerin in einer Netflix-Serie zu sehen ist. Aber sie ist der Meinung, dass ihre Töchter trotzdem nichts geschenkt bekommen sollen. Deshalb bezahlt sie zwar alles, was die Uni betrifft, aber jeden kleinen Luxus muss Aubree sich selbst erarbeiten, und seien es auch nur ein paar neue Klamotten.

«Oh Gott, daran habe ich gar nicht gedacht! Dann wird der alte Sack heute Nacht bestimmt auf irgendwelchen Pornoseiten nach meinem Namen suchen.»

Ich gebe einen undefinierbaren Laut von mir. «Du hast gewonnen. Dein Tag ist definitiv entsetzlicher als meiner. Keine Begegnung mit Asher kann so schlimm sein wie die Vorstellung von Strout, der mit heruntergelassener Hose vor seinem Rechner sitzt, während er sich durch Fotos auf deiner Facebookseite klickt.» Ich blicke hoch und direkt in die Augen des Turban-Mannes, der die Brauen zusammengezogen hat und wütend auf etwas herumkaut, das aussieht wie eine Miswak-Wurzel. Entschuldigend hebe ich die Schultern und ziehe eine Grimasse.

«Oh Gott, pflanz mir keine Bilder in den Kopf. Keine Bilder, lalalalala.» Aubree trällert los, dann fragt sie fast ängstlich: «Denkst du wirklich, er geht auf meine Facebookseite?»

Ich nicke, was Aubree natürlich nicht sehen kann. «Und auf dein Instagram-Profil.»

«Ich stelle die sofort auf privat», droht sie. Dann fängt sie unvermittelt an zu lachen. «Hat es dich denn abgelenkt? Wenn ja, dann hat sich der ganze Ärger wenigstens für etwas gelohnt.»

«Danke. Ich fühle mich gleich viel besser, jetzt, wo ich weiß, dass dein Leben noch schlimmer ist als meins. Du bist eine wahre Freundin.»

«Gern geschehen.»

«Wirst du diese Aufnahmen denn jetzt machen? Das Anime, meine ich.»

«Auf keinen Fall, das kann ich meiner Mom nicht antun. Nicht mal unter Pseudonym. Ich hab dem Studio gerade eine Mail mit der Absage geschickt. Eigentlich dachte ich, das wäre leicht verdientes Geld, aber das bringe ich nicht über mich. Ab jetzt nur noch Telenovelas für mich. Oder ich spreche wieder kleine Jungs in Zeichentrickserien.» Ich höre sie seufzen und dann, wie sie eine Schranktür zuwirft. «Ich muss Schluss machen. Meine Mom lädt mich heute zum Essen ein, und ich will mich noch stylen, obwohl ich echt keine Lust habe, den Abend mit ihrem neuen Typen zu verbringen.»

«Ich dachte, er wäre beim letzten Mal so nett gewesen?»

«Ja, schon, aber inzwischen bin ich misstrauisch geworden. Der ist so freundlich, als würden sie schon den nächsten Schritt planen, dabei kennen sie sich gerade mal einen Monat. Bestimmt ist er nur hinter ihr her, weil sie ein Promi ist. Du kannst froh sein, dass dein Stiefvater dich nicht ständig mit potenziellen neuen Müttern konfrontiert.»

Ich weiß, dass sie das nicht ernst meint, trotzdem versetzt mir dieser Satz einen Stich. Ich würde jeden Ärger in Kauf nehmen, um wenigstens noch einen Elternteil zu haben. Ich meine einen richtigen, der sich für mich interessiert, und nicht bloß einen Stiefvater, der mich nicht um sich haben will.

«Na ja», sage ich. «Wer weiß, was er jetzt von mir will. Aber es ist mir im Grunde eh egal.» Wenn ich mir das oft genug sage, glaube ich womöglich selbst daran. «Vermutlich will Richard nur mit mir reden, weil er gemerkt hat, dass ich mit neunzehn auf eigenen Beinen stehen sollte und er nun alte Verpflichtungen loswerden kann.» Dafür habe ich fast schon Verständnis, denn ich würde auch gerne ein paar alte Erinnerungen loswerden.

«Das glaube ich nicht. Es sei denn, seine Firma ist pleite, und er kann dein Studium nicht länger finanzieren.»

«Kann ich mir nicht vorstellen.» Aubrees Vermutung tue ich gleich mit einem Kopfschütteln ab. Richards Urgroßvater William Blakely hat die Blakely Corporation vor mehr als neunzig Jahren gegründet, sein Vater Anthony hat sie weitergeführt, aber erst Richard hat die Firma zu einem großen Konzern ausgebaut. Dass er finanzielle Probleme haben könnte, liegt jenseits meiner Vorstellungskraft. Richard Blakely ohne sein Unternehmen ist undenkbar, und außerdem sieht man das Logo wirklich überall. Sie beliefern sogar das Weiße Haus.

«Hast du nicht mal erzählt, er wäre ziemlich religiös? Vielleicht ist er inzwischen irgendeiner Sekte beigetreten und will dich nun in die Gemeinschaft einführen.»

«Du spinnst. Er ist bloß katholisch und kein Sektenanhänger. Aber danke, deine Spekulationen helfen wirklich sehr, mich zu beruhigen.»

Sie seufzt. «Sorry, war keine Absicht. Ich bin vielleicht auch ein klitzekleines bisschen nervös. Wenn du mich heute Abend brauchst, ruf einfach an, ja? Das heißt, nein, schick mir eine Nachricht, dann schleiche ich mich im Restaurant auf die Toilette. Bestimmt schleppt Mom mich wieder in einen von diesen Luxustempeln, wo man sein Handy nicht benutzen darf.»

«Mach ich. Und sei nicht so hart zum neuen Freund deiner Mom. Wahrscheinlich hat er nur Angst vor deiner Reaktion, wenn sie dir beichten, dass sie heiraten wollen.» Ich strecke Aubree die Zunge raus, auch wenn sie es nicht sehen kann.

«Hast du mir jetzt gerade die Zunge rausgestreckt?»

Ich lache. Sie kennt mich einfach zu gut.

«Heiraten, tse! Wir reden später. Und lass dich nicht unterkriegen!» Dann legt sie auf.

Immer noch grinsend, schiebe ich das Handy zurück in das Außenfach meines Rucksacks. Ich mache einen Schritt nach vorn, weil der Turban-Mann gerade seine Plastiktüten im Kofferraum eines Taxis verstaut und ich als Nächste an der Reihe bin. Da lässt mich ein plötzlich heranrauschendes Auto erschrocken zurückspringen. Ich habe nicht einmal ein Motorengeräusch gehört, und einen Fluch unterdrückend, werfe ich dem dunkel getönten Seitenfenster, das direkt vor mir auftaucht, einen bösen Blick zu. Die Scheibe surrt herab.

«Steig ein», ruft mir eine Stimme zu. Ich kneife die Augen zusammen, um im Inneren etwas zu erkennen, aber die Gänsehaut, die mich beim Timbre dieser Stimme überläuft, macht das eigentlich unnötig.

Asher.

Aber Asher und ein Elektroauto? Das sind zwei Dinge, die ich nicht zusammenbringe. Ganz automatisch geht mein Blick zum Kofferraum, wo ich durch die Scheibe ein riesiges Gitter erkennen kann.

«Der Kofferraum ist besetzt. Wirf die Tasche einfach auf den Rücksitz.»

Im nächsten Moment bewegen sich die hinteren Seitentüren elektrisch nach oben und lassen das Auto aussehen wie ein Insekt mit abgespreizten Flügeln, das gleich abheben will. Jetzt erkenne ich auch, wofür das seltsame Gittergestell im Kofferraum gedacht ist – es ist eine Transportbox für Hunde.

«Ich dachte, du wärst schon weg», sage ich etwas hilflos, weil ich mich nicht entschließen kann, ob ich erleichtert sein soll, dass Asher doch auf mich gewartet hat, oder ob ich nicht lieber weiterhin meine Wut auf ihn pflegen will.

«Der Parkplatz ist ganz am Ende des Flughafengeländes, ich musste erst mit dem Shuttle hinfahren. Also, was ist nun?» Er spricht nach vorne zur Windschutzscheibe und sieht kein einziges Mal zu mir, was in meinem Bauch ein Brodeln erzeugt. Denkt er, ich würde sofort freudig in sein Auto springen, nur weil er mir das sagt? Ohne mich auch nur anzusehen?

«Tja, nett von dir, aber du musst dich nicht mit meiner Gesellschaft belasten, da vorne kommt schon mein Taxi. Bis später!» Ich gehe einfach los und lasse ihn stehen. Ich weiß, dass es irrational ist, weil ich kein Geld habe, aber ich kann einfach nicht anders. Das Einzige, was ich bereue, ist, dass ich gerade sein dämliches Gesicht nicht sehen kann, denn ich wette, damit hat er nicht gerechnet. Innerlich gebe ich mir ein High five, während ich meine Tasche auf die Schulter hochwuchte. Ich schaffe das! Ich werde die Zeit hier überstehen, und vielleicht macht es mir sogar Spaß, wenn ich Asher weiter so abblitzen lassen kann. Schließlich bin ich keine fünfzehn mehr.

Das Taxi kommt heran und bremst in der Haltebucht. Ich winke dem Fahrer und lege einen Zahn zu, aber noch bevor ich auch nur in der Nähe des Türgriffs bin, stürmt ein älteres Ehepaar an mir vorbei. Die Frau schubst mich mit ihrer Handtasche regelrecht beiseite, und ihr Mann reißt die Tür auf. Sekunden später sehe ich nur noch die Rücklichter aufleuchten.

Völlig entgeistert starre ich dem Taxi hinterher und atme tief ein und aus. Das ist jetzt gerade nicht wirklich passiert, oder? Während ich immer noch in die Richtung schaue, in die das Taxi verschwunden ist, höre ich nur am Knirschen der Reifen, dass Ashers Wagen wieder angefahren ist und zu mir aufschließt, denn der Motor ist absolut geräuschlos. Aus dem Inneren des Wagens ertönt Love Is Madness von Thirty Seconds To Mars, und ich presse kurz die Lippen zusammen, bevor ich mich Ashers Auto zuwende. «Okay, du hast gewonnen. Aber kannst du wenigstens einen anderen Song spielen?»

Asher guckt zwar immer noch nach vorn, doch sein rechter Mundwinkel bewegt sich amüsiert nach oben. «Mein Auto, meine Musik.»

So viel zu seinem Entgegenkommen. Und so viel zu meinem Plan, ihn einfach abblitzen zu lassen.

Mit einem unterdrückten Stöhnen werfe ich meine Sporttasche hinten rein und sehe zu, wie sich die Flügel des Autos wieder schließen. Dann versuche ich, die Beifahrertür zu öffnen, aber der Griff ist bündig in der Tür versenkt und lässt sich nicht greifen. «Muss man bei deinem Auto irgendeinen Zauberspruch aufsagen, um es aufzubekommen?»

«Jep.»

«Sesam, öffne dich?»

Auch ohne die andere Seite seines Gesichts sehen zu können, weiß ich, dass sich jetzt diese kleine Kerbe in seinen Mundwinkel gräbt. «Versuch’s mal mit: Bitte, o großartiger Asher, könntest du mir die Tür aufmachen? Ich würde alles tun, um in deinem Wagen mitzufahren.»

«Ich weiß nicht», erwidere ich trocken. «Kann ich stattdessen nicht einfach meine Seele verkaufen?»

Asher lacht. «Deinen Körper vielleicht, aber wer will schon deine Seele?»

So ein Blödmann! Ich überlege, ihm meinen Rucksack an den Kopf zu pfeffern, lasse es aber, weil mir mein Bullet Journal und die Zeichenstifte zu kostbar sind.

Asher beugt sich grinsend über den Beifahrersitz und blinzelt zu mir hoch. Für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, jemand hätte ein Licht in seinen Augen angeknipst, denn die bernsteinfarbenen Flecken darin blitzen in der Sonne auf wie Gold. «Eigentlich reicht es, wenn du außen gegen den Griff drückst, dann springt die Tür von allein auf. Aber nett, wie ich bin …» Er richtet sich wieder auf und tippt auf ein riesiges Tablet in der Mitte des Armaturenbretts, und die Beifahrertür springt automatisch auf.

Ich lasse mich auf den Sitz gleiten und werde sofort von seinem Geruch umfangen. Er riecht immer noch nach Blakely-Seife, aber auch ein klein wenig verschwitzt, was ich überraschenderweise kein bisschen unangenehm finde. Im Gegenteil. Trotzdem hätte ich gerne mehr Raum zwischen uns als nur eine Mittelkonsole. Ein Ozean wäre optimal.

Mit einem Klicken lasse ich den Gurt einrasten und starre auf das Tablet, das die 3D-Version einer Landkarte zeigt.

«Irgendwie kommt mir das komisch vor», sage ich, während ich den Rucksack auf meinem Schoß zurechtrücke. «Elektroauto fahren und dann Kurzstrecken mit dem Flugzeug fliegen und jede Menge CO2 in die Atmosphäre blasen? Ist das nicht ziemlich unlogisch?»

Asher zuckt mit den Schultern. «Dad hat das Ticket gebucht und meinen Wagen herbringen lassen, ich wollte eigentlich noch ein paar Tage für Meetings in New York bleiben und dann mit dem Zug zurückfahren. Und außerdem …» Er zieht sein Handy aus der Mittelkonsole und öffnet eine App, in die er schnell etwas eingibt. «… habe ich für den Flug …» Tipp, tipp. «… gerade hundert Dollar an myclimate gespendet.»

«Wow», sage ich. «Das ist echt großzügig von dir. Muss toll sein, wenn man alles mit Geld regeln kann.» Ich kann mich einfach nicht zurückhalten und ärgere mich über mich selbst, weil ich weiß, dass ich ihn nicht provozieren sollte. Und weil das gerade schon irgendwie anständig war.

«Sprichst du aus eigener Erfahrung?» Er wirft mir einen Blick mit gehobenen Augenbrauen zu. «Ach nein, du verdienst ja gar kein eigenes Geld, sorry. Wie fühlt es sich denn an, das Geld meines Dads auszugeben? Gewöhnt man sich an das schlechte Gewissen, oder macht es mehr Spaß, wenn man es gleich ganz ignoriert?»

Ich wusste, ich würde es bereuen. Eine Minute mit Asher, und ich will ihm am liebsten ins Gesicht schlagen. Mit einem Backstein. Den Gurt meines Rucksacks schlinge ich so fest um meine Hand, dass sich das Blut darin staut, aber das verschafft mir nur wenig Befriedigung.

«Man gewöhnt sich dran, und es macht Spaß», presse ich durch zusammengebissene Zähne und höre Asher daraufhin schnauben. Ich löse den Gurt erst, als meine Hand taub wird. Das Prickeln, das danach durch meine Finger pulsiert, sorgt dafür, dass ich mich ganz auf den Schmerz konzentrieren kann und es tatsächlich schaffe, nichts weiter zu erwidern.

Asher fährt los, und obwohl er nicht einmal richtig Gas gibt, beginnt es in meinem Magen vor Sorge zu ziehen. Unwillkürlich suche ich an der Tür nach einer Möglichkeit zum Festhalten, weil ich Angst habe, dass er mir etwas beweisen will. Ich kann mich noch daran erinnern, wie er früher mit seinem Motorrad durch die Gegend gerast ist, und bin nicht scharf darauf, das hautnah zu erleben, selbst wenn beruhigend viel Blech um mich herumgebaut ist. Aber Asher fädelt sich nur gemächlich in den fließenden Verkehr ein, und das Ziehen in meinem Magen lässt nach. Erleichtert atme ich aus, weil Ashers Fahrweise nicht mal ansatzweise so ist, wie ich es eigentlich von ihm erwartet habe. Er fährt sogar eher vorsichtig, hält mehr als genug Abstand zu seinem Vordermann und bremst mehrmals ab, um Fußgänger über die Straße zu lassen. Das Navi hat er nicht eingestellt, aber ich schätze, dass wir mindestens eine Stunde bis zur Insel unterwegs sein werden.

Eine Stunde mit Asher – schaffe ich.

Doch als Asher kurz am Straßenrand anhält, um sein Jeanshemd auszuziehen, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Das Shirt darunter ist so eng, dass ich das Muskelspiel seiner Oberarme sehen kann, und als er wieder losfährt und die rechte Hand locker auf sein Knie legt, fange ich vor Nervosität an, die Fransen zu zählen, die an der abgewetzten Stelle seiner Jeans gleich daneben abstehen. Asher hat leider unverschämt schöne Hände. Sie sind kräftig und gebräunt, die Fingernägel kurz und gepflegt, und er hat an seiner rechten Hand ein kleines Muttermal genau an der Bucht zwischen Daumen und Zeigefinger. Wenn er eine Faust ballt, so wie jetzt gerade, treten einzelne Adern auf seinem Handrücken hervor.

«Du starrst mich an.»

Ich zucke zusammen. Woher will er das wissen, wenn er nicht einmal zu mir rüberschaut? «Tue ich nicht.»

«Dann muss es wohl doch die Sonne sein, die mir ein Loch in die Beine brennt. Dabei hätte ich schwören können, dass du meine Jeans inspizierst.»

Ich will nicht rot werden, befürchte aber, dass sich das meiner Kontrolle entzieht. «Ich habe mich nur gerade gefragt, ob du regelmäßig zur Maniküre gehst. Ist das Standard, so als Blakely-Mann? Kommt einmal die Woche eine Kosmetikerin in die Firma und macht bei den Managern reihum die Hände schön?» Die Vorstellung ist irgendwie witzig.

Das denkt wohl auch Asher, denn er fängt spontan an zu lachen, und diesmal ist es nicht spöttisch, sondern fast … nett. Es verändert sein Gesicht vollkommen, seine Haltung, einfach die ganze Atmosphäre im Auto. Ich spüre ein Kribbeln in meinem Magen aufsteigen, aber es ist diesmal kein Ärger, sondern ein angenehmes Prickeln, warm und irgendwie freudig. Es passt gar nicht zu meiner Vorstellung von einer Autofahrt mit meinem Stiefbruder.

«Normalerweise nicht», gibt er zu. «Aber vor ein paar Tagen hatten wir einen Pressetermin, und sie wollten unbedingt Fotos von meinen Händen mit unserer Seife.»

«Und dafür hast du eine Maniküre bekommen?»

«Die erste und letzte in meinem Leben», erklärt er. «Aber der Marketingabteilung hat es gefallen, und sie planen, die Fotos auch noch für eine Plakatserie zu nutzen. Du kannst meine Hände also demnächst landesweit in King-Kong-Größe bewundern.»

«Toll.» Das fehlt mir gerade noch. Das heißt also, dass ich selbst in New York nicht davor sicher sein werde, an Ashers Hände zu denken – und an das, was er eben noch auf der Bordtoilette damit angestellt hat. Anstatt seiner Hände sehe ich nun sofort wieder einen anderen Körperteil vor mir und muss schlucken. «Kennst du Kadence eigentlich schon lange?» Keine Ahnung, warum ich ihn das überhaupt frage, denn sie hat mir die Antwort auf diese Frage ja schon gegeben. Wahrscheinlich kann ich einfach nur keine Stille zwischen uns ertragen. Oder ich will mir in Erinnerung rufen, was für ein Arsch er ist, jetzt wo dieses Gespräch fast freundschaftlich verläuft.

«Wen?» Er hebt eine Augenbraue an.

«Das ist so armselig», erwidere ich, und er grinst. Er weiß genau, von wem ich rede, und will mich nur zappeln lassen. Trotzdem spiele ich das Spiel mit. «Kadence, die Frau aus dem Flugzeug. Du erinnerst dich vielleicht? Sie hat blondes Haar, kilometerlange Beine und ein hübsches Gesicht mit ersten Fältchen um die Augen. Sie ist bestimmt fünfzehn Jahr älter als du.»

«Ach die Kadence.» Das Grinsen verschwindet langsam. «Sie ist eine Freundin von meinem Kumpel Liam, du kennst ihn nicht, wir waren zusammen in Dartmouth. Wir sind vorletztes Jahr in New York gemeinsam auf dem Governors Ball Festival gewesen sind. Habt ihr euch unterhalten?»

Ich beantworte seine Frage nicht, stattdessen starre ich ihn entgeistert an. «Du warst auf dem Governors Ball Music Festival? Du hast Shawn Mendes auf Randalls Island gesehen? Live?»

Er wirft mir einen finsteren Blick zu. «Hätte ich gewusst, dass dich das so begeistert, hätte ich es für mich behalten», antwortet er schroff. «Und bevor du fragst, nein, mein Player kann Shawn Mendes nicht abspielen. Mein Wagen muss sich sonst übergeben.» Asher berührte mit dem Zeigefinger das Tablet, und die Musik, die bis eben leise im Hintergrund dahingeplätschert ist, verstummt.

«Das arme Auto.» Unwillkürlich muss ich lächeln. Aber dann denke ich daran, dass ich früher in meinem Zimmer auf der Insel ein Poster von Shawn Mendes an der Wand hängen hatte. Asher hätte sich daran erinnern können. Aber natürlich nur, wenn er in den vergangenen vier Jahren auch nur einmal an mich gedacht hätte.

«Was wolltest du von Kadence?», fragt er.

«Ich … gar nichts. Sie hat mich angesprochen, als wir auf unser Gepäck gewartet haben. Ich glaube, sie wollte nur wissen, ob wir beide – also du und ich – uns gut kennen. Also auf andere Art.» Ich spare mir die Geste dazu, er wird wohl auch so wissen, was ich meine. «Sie war ziemlich überrascht zu erfahren, dass du mein … Bruder bist.» Ich stocke kurz bei diesem Wort und bin erstaunt, Asher dabei regelrecht zusammenzucken zu sehen.

«Dein Bruder.» Er beißt die Zähne zusammen, was ich daran erkenne, wie sich seine Wangenmuskeln verhärten. Aber nicht bloß sein Gesicht ist angespannt, auch seine Hände umklammern das Lenkrad mit einem Mal so fest, dass die Knöchel weiß hervortreten. «Das war ich nie, Ivy», sagt er.

Es ist wie ein Schlag in den Magen. Der Schmerz kommt unerwartet, ich kann mich nicht davor wappnen. Ich weiß ja, dass er mich hasst, habe es all die Jahre geahnt, trotzdem tut es unendlich weh, es nun direkt aus seinem Mund zu hören.

Das war ich nie, Ivy.

Ich halte den Atem an, weil ich Angst habe, sonst ein Geräusch von mir zu geben, das meine Gefühle verraten würde, und drehe mein Gesicht schnell zum Fenster. Warum habe ich das nur gesagt? Wenn ich geahnt hätte, dass er so barsch reagiert, ich hätte dieses Wort nie ausgesprochen. Blinzelnd starre ich nach draußen. Die Bäume ziehen an mir vorüber wie in einem Kaleidoskop, ein Chaos aus Licht und Farben. Ich lege meine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und schlucke den Schmerz herunter.

«Wie lange wirst du hierbleiben?», hakt er nach, und die Frage klingt nach viel mehr.

Wie lange muss ich dich ertragen? Wie lange willst du meinem Vater noch auf der Tasche liegen? Wann bist du endlich verschwunden?

Ich habe keine Ahnung, was sein Vater von mir will oder wie lange es dauern wird, aber ich muss mich mit der Antwort selbst beruhigen. «Spätestens am Samstag will ich wieder weg sein.»

Er atmet erleichtert aus, und das finde ich sogar noch schlimmer, als wenn er mir ein «Verschwinde aus meinem Leben!» entgegenschleudern würde.

Wir fahren an einem Golfplatz vorbei und kriechen hinter einem Bus her, der eine ganze Weile vor uns bleibt. Es dauert mehrere Minuten, bis ich meiner Stimme genug traue, um wieder zu sprechen. «Dein Vater hat mich herbestellt, aber er hat mir nicht gesagt, worum es geht.» Ich betone es nicht absichtlich, trotzdem hoffe ich, dass Asher es als Friedensangebot ansieht, weil ich nur von seinem Vater spreche. «Weißt du vielleicht, warum?»

«Keine Ahnung. Er hat mir auch nur das Flugticket geschickt. Ich habe ihn seit zwei Wochen nicht gesehen und in der Zeit auch nur einmal mit ihm telefoniert. Dabei hatten wir natürlich andere Themen als dich.»

Natürlich.

Seine Stimme klingt gleichgültig. Da er nichts weiter mehr sagt und nur stur vor sich auf die Fahrbahn schaut, finde ich mich damit ab und starre ebenso störrisch nach draußen. Nach einiger Zeit öffne ich seufzend meinen Rucksack und ziehe Hedwig heraus. Den Namen hat mein Bullet Journal von Harry Potters Eule geerbt. Es hat einen schneeweißen Einband und darauf einen schlichten schwarzen Schriftzug. Und so wie Harrys Posteule Briefe bringt, so sammle ich in meiner Hedwig kleine Nachrichten an mich selbst. Aubree hat ein ähnliches Buch und es Errol genannt, nach dem Riesenkauz der Familie Weasley.

Meine Finger streichen über den Einband. Bisher hat mir das Malen immer geholfen, meine Gedanken zu sortieren, und ließ mich sofort runterkommen, und ich hoffe, das tut es auch jetzt. Hedwig ist wie ein Tagebuch für mich, obwohl ich niemals meine persönlichen Gedanken darin notieren würde, sondern immer nur einzelne Sätze und Sprüche. Denn mit Tagebüchern, die offen herumliegen, habe ich schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Schlechte Erfahrungen, bei denen mein Stiefbruder eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Aber auch ohne Einträge weiß ich bei jedem Handlettering sofort, was an diesem Tag passiert ist.

Nach einem Seitenblick zu Asher klappe ich den Deckel auf. Zwar könnte er aus meinen Letterings nichts Privates ableiten, aber ich will vermeiden, dass er sich mal wieder über mich lustig macht. Ganz vorne auf den gepunkteten Linien der ersten Seite steht der Spruch, den ich vor einem Jahr gelettert habe, kurz nachdem Aubree und ich gemeinsam beschlossen haben, auf dieselbe Uni zu gehen: Nil sine magno labore.

Es ist das Motto des Brooklyn Colleges, bei dessen Anblick ich immer sofort eine Gänsehaut bekomme. Es hilft mir, mich wieder ausschließlich auf meine Ziele zu fokussieren und alles andere auszublenden. Nil sine magno labore. Nichts ohne großen Einsatz. Bei diesem Satz weiß ich wieder, wofür ich das alles tue. Warum ich die letzten Jahre auf dem Internat ertragen habe, warum ich heute wieder zurückkomme und mich Richard und seinen Söhnen stelle. Warum ich nicht heule, wenn ich an vergangenes Thanksgiving, Weihnachten oder den vierten Juli denke. Mehrzahl. An die letzten vier Jahre und ihre Thanksgivings, Weihnachtsfeiertage und vierten Julis.

Ich will dieses Studium beenden, um endlich vollkommen unabhängig zu sein. Sobald ich meinen Abschluss in der Tasche habe und einen Job in Aussicht, kann ich mich von Richards Familie vollständig abnabeln. Und ich kann alles vergessen, was mit Asher zu tun hat. Vielleicht kann ich dann auch irgendwann die Blakely-Seife riechen, ohne dass sich mein Herz verkrampft. Vielleicht wird es mir dann nicht einmal etwas ausmachen, Ashers Hände auf einer Großleinwand zu sehen.

Okay, das wird nicht passieren.

Mit einem Seufzen überblättere ich etliche Seiten, bis ich zur ersten freien Seite komme, dann fange ich ohne großes Überlegen an, eine geschwungene Linie über das glatte Papier zu ziehen, die in einen Buchstaben übergeht. Normalerweise spüre ich sofort, wie die Konzentration aufs Lettern meine rasenden Gedanken zur Ruhe kommen lässt, aber diesmal habe ich nur bedingt Erfolg damit, vor allem weil der Wagen ruckelt und ich schon im ersten Buchstaben eine Delle produziere. Wenn ich gleich mit Asher über die Brücke zur Insel fahre, wird es sein, als würde ich eine unsichtbare Linie übertreten. Eine Grenze, die ich im Alltag nicht einmal gedanklich überschreite.

Ich verlasse die Komfortzone und begebe mich nun über die Schmerzgrenze.

Asher scheint sich glücklicherweise kein bisschen dafür zu interessieren, was ich hier mache. Er wirft nur ab und zu einen Blick in den Rückspiegel.

Ich schreibe den Spruch zu Ende und verstärke die Abwärtsstriche zu breiten Balken, dann verziere ich das Ganze mit Hilfe eines weißen Markers mit ein paar Lichtreflexen. Als ich zufrieden bin, klappe ich den Deckel wieder zu. Ich verstaue Hedwig im Rucksack und hole stattdessen ein uraltes Lehrbuch heraus.