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Nachdem wir 2021 bzw. 2022 zwei Pilgerprojekte zu Hause in Sasel, einem nördlichen Stadtteil Hamburgs, begannen, geht es mir diesmal darum, zum Auftakt des Pilgerjahres 2025 einmal von der Ostsee nach Hause und weiter zur Elbe zu pilgern. Mit von der Partie ist natürlich wie immer Kito. Kito ist Pinscher-Mix, knapp sechs Jahre jung und Pilger durch und durch. Nach vier Tagen kommen wir Zuhause an. Nach dem fünften erreichen wir die Elbe. Unterwegs erleben wir nicht nur herzliche Gastfreundschaft, sondern sehen auch viele eigentlich vertraute Dinge und Orte aus einer ganz anderen, ungewohnten Perspektive.
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Seitenzahl: 86
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Vorwort
Vorbereitung & Planung
7. März 2025: Anreise & Tag 1 von Travemünde nach Lübeck (auf dem Hanseatenweg)
Via Baltica von Lübeck nach Hamburg, früher & heute
8. März 2025: Tag 2 von Lübeck nach Bad Oldesloe
9. März 2025: Tag 3 von Bad Oldesloe nach Nahe
10. März 2025: Tag 4 von Nahe nach Hause (Hamburg-Sasel)
11. März 2025: Tag 5 von Zuhause zur Elbe
Rückblick
Anhang: Historische Routen der Via Baltica von Lübeck nach Hamburg
Unterkünfte
Literatur (Pilgerführer)
Über den Autor
Weitere Erlebnisberichte
Pilgerstempel auf diesem Weg
katholischer Dom St. Marien in Hamburg-St. Georg
2018 pilgerten wir – meine Partnerin Christine und ich – zum ersten Mal. Gemeinsam gingen wir den 119 Kilometer langen Camino Inglés von Ferrol an der spanischen Nordküste nach Santiago de Compostela. Es war eine Art „Schnupper-Pilgern“ für uns: Wir wollten sehen und fühlen, wie Pilgern ist und vor allem, ob es etwas für uns ist. Nach 3 ½ Tagen kamen wir an der Kathedrale in Santiago de Compostela an – glücklich, begeistert, geflasht...
Seitdem entdecken wir – gerade in der Phase rund um unseren Eintritt in den Ruhestand – das Pilgern immer mehr als neuen Lebensinhalt und neuen Lifestyle für uns.
Und seit Juli 2021 ist bei allen unseren Wegen stets auch Kito dabei. Unser inzwischen fast sechsjähriger kleiner Pinscher-Mix, der Anfang Mai 2021 zu uns kam, ist seither ein wichtiges Familienmitglied und ein treuer, liebevoller und aufmerksamer Begleiter. Und Kito ist Pilger aus Leidenschaft.
Zweimal begannen wir unsere Pilgerreisen von Zuhause:
Im Oktober 2021 starteten wir zu dritt, also Christine, Kito und ich, von Zuhause in Richtung Santiago de Compostela. Da wir damals beide noch im Berufsleben standen, mussten wir diesen mehr als 3.300 Kilometer langen Pilgerweg fraktionieren und gingen auf der Via Baltica bis Wildeshausen (9 Tage / 230 km). Im Frühjahr 2022 folgten weitere zehn Tage bzw. 290 km auf der Via Baltica bis Osnabrück, von dort auf dem Osnabrücker bzw. Westfälischen Jakobsweg bis Herdecke/Ruhr. Im Herbst 2022 waren wir 18 Tage / 432 km unterwegs, wobei wir dem Westfälischen Jakobsweg bis Beyenburg, dann dem Bergischen Jakobsweg bis Köln und schließlich der Via Coloniensis (dem Kölner Jakobsweg) bis Trier folgten. Hierbei pilgerten wir auch ein Stück durch Luxemburg. Im Herbst 2023 gingen wir in 26 Tagen 555 km durch den Saargau, Lothringen und die Champagne bis ins Burgund nach Vézelay und von dort im September 2024 dann weitere 22 Tage / 505 km auf der Via Lemovicensis, einem der vier ältesten, bereits im 12. Jahrhundert dokumentierten Pilgerwege, bis Limoges. 2025 wollen wir dieses Pilgerprojekt in Santiago de Compostela abschließen.
Und im Juni 2022 starteten Kito und ich zu zweit von Zuhause und gingen den kompletten Jacobusweg Lüneburger Heide. Der beginnt an der Hauptkirche St. Jacobi in Hamburg und endet nach rund 200 Kilometern in Kloster Marienstatt.
Diesmal aber wollen wir nicht von Zuhause aus pilgern. Vielmehr wollen wir von der Ostsee nach Zuhause pilgern. Die Nordkirche bzw. das Pilgerzentrum in der Hauptkirche Sankt Jacobi in Hamburg bietet für diese Strecke ein vom Hamburger Pilgerpastor Bernd Lohse entwickeltes, passgenaues Kartenset mit Streckenbeschreibung von Travemünde nach Hamburg an.
Da Christine sich für März 2025 mit einer Studienfreundin zum Pilgern in Hessen verabredet hat, wollen „wir Jungs“ (Kito und ich) diese Zeit nutzen und diese Pilgeridee umsetzen. Dafür veranschlage ich vier Tage. Mit einem weiteren Tag können wir unseren Weg dann bis zur Elbe fortsetzen.
Da ich das vom Pilgerzentrum St. Jacobi in Hamburg herausgegebene Kartenset bereits seit 2022 sowohl als pdf-Datei als auch als gedrucktes Exemplar besitze (im Herbst 2022 waren wir schon einmal zu dritt von Travemünde bis Bad Oldesloe gegangen), hält sich mein Planungsaufwand in Grenzen.
Eigentlich beschränkt er sich auf die Anreise nach Travemünde und die Quartiere für Kito und mich, wobei wir seit rund zwei Jahren bevorzugt in Gemeindehäusern übernachten. Das hatte sich im März 2023 in Ostwestfalen einmal mangels Alternativen so ergeben und seither auf vielen, vor allem den norddeutschen Pilgerwegen sehr bewährt.
Also frage ich am 11. Januar 2025 per Mail bei den Kirchengemeinden St. Jakobi Lübeck, St. Peter & Paul in Bad Oldesloe sowie Auferstehungskirche in Nahe an. Meinen Mails füge ich drei Pilgerfotos meines kleinen Begleiters bei, liste einige seiner bisherigen Pilgererfahrungen und frage, ob der kleine 4-Pfoten-Pilger und ich dort willkommen sind.
Von St. Jakobi Lübeck erhalte ich nach drei Tagen per Mail und aus Bad Oldesloe weitere zwei Tage später telefonisch nette Zusagen. Pastorin Hahn (Nahe) hatte mir bereits am 13. Januar mitgeteilt, dass sie meine Anfrage an ihr Pilgerteam weitergeleitet hat, das sich bei mir melden wird. Diese positive Rückmeldung erreicht mich am 29. Januar. Und am 1. März bekomme ich zusätzlich von Gertrud Pfadler aus dem Pilgerteam einen sehr netten Rückruf. Ich freue mich sehr.
Mein Kartenset zur Pilgerstrecke, das mir zwischenzeitlich partiell verlorengegangen war, ist auch wieder komplett. Ich habe einige zwischenzeitlich verlegte Kartenblätter rechtzeitig auf meinem Praxis-Schreibtisch wiedergefunden.
Unsere Bahntickets für die Anreise nach Travemünde, die ich am Vortag unserer Pilgerreise online buche, muss ich ein wenig splitten, da Kito bis Reinfeld im Streckennetz des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) ja gratis mitfährt und ich daher nur für das Reststück Reinfeld – Travemünde ein Kinderticket für ihn benötige. So kostet mein Bahn-Ticket ab Hamburg-Poppenbüttel 22,30 € und Kitos Ticket ab Reinfeld 6,50 €.
Am Vortag unserer Tour reist Christine, meine Partnerin und Kitos Frauchen, frühmorgens zu ihrer Studienfreundin Thea nach Frankfurt. So haben Kito und ich einen Tag vorweg, an dem ich in Ruhe meine Sachen packen und letzte Verpflegung bunkern kann. Außerdem habe ich erstmals Christines Pilgerwagen (BENPACKER, Modell Trek-PACKER German Expedition / TP GEX rot) zur Verfügung. Den hatte sie sich im Herbst 2024 statt des von uns bis dahin benutzten Fahrradbuggys zugelegt, um Rucksack, Zelt, Isomatte und Schlafsack leichter zu transportieren und dabei ihren Rücken zu schonen.
Da ich gerade erst vor zwei Wochen einen schweren Infekt durchlitten habe und noch nicht wieder auf der Höhe meiner normalen Leistung bin, kommt mir die Option mit dem Pilgerwagen sehr gelegen, auch wenn ich für diese 4-5 Tage nicht so viel Gepäck brauche.
Unser Start und unsere Anreise sind – wie so oft – etwas holprig: Ich bin zwar kurz nach sieben Uhr auf den Beinen und habe meine Ausrüstung komplett, aber ich bin mir noch nicht so recht im Klaren, ob ich nur meinen 45-Liter-Rucksack mitnehmen will oder Christines zum Pilgerwagen passende deutlich größere (und wasserdichte) Packtasche. Ich entscheide mich für letztere, was bedeutet, dass mein halbleerer Rucksack in die Packtasche kommt, dazu mein Schlafsack, eine dünne und eine dicke Fleecejacke und unsere feste wie flüssige Verpflegung. Diese Entscheidung ist eindeutig richtig und bewährt sich so.
Wir nehmen die S 1 am Bahnhof Poppenbüttel um 9:28 Uhr. Das Umsteigen in den RE 8 von Hamburg Hbf nach Lübeck-Travemünde Strand klappt – trotz leichter Verspätung der S 1 – gut. Allerdings sitzen wir zunächst in der hinteren Zughälfte, die nur bis Lübeck Hbf fährt, und müssen somit dort in den vorderen Zugteil wechseln. Aber auch dies ist kein Problem. Um 11:26 Uhr sind wir in Travemünde Strand. Der Zug hält hier an seiner Endstation.
Das Bahnhofsgebäude Strand ist schon seit vielen Jahren nicht mehr im Besitz der Deutschen Bahn. Mehrere private Besitzer bzw. Investoren haben bereits erfolglos versucht, eine sinnvolle und wirtschaftliche Nachnutzung zu realisieren.
Direkt gegenüber entdecke ich eine Bäckerei, in der ich für uns drei Schrippen und ein Rosinenbrötchen kaufe. Kito liegt derweilen auf dem Pilgerwagen und bewacht ihn.
Bahnhof Travemünde Strand
Ostsee & Strand in Travemünde
Travemünde, Vorderreihe
Von hier bis zur Strandpromenade und zur Ostsee sind es nur rund 250 Meter. An der Promenade lasse ich Kito frei herumlaufen. Das mag und genießt er. An der Touristinformation bekommen wir unsere ersten Pilgerstempel dieser Reise. Wir folgen der Straße Vorderreihe entlang der Wasserlinie bis zur Priwallfähre und erreichen wenig später die St. Lorenz Kirche. Sie wurde 1235 erstmals erwähnt. Nachdem sie 1522 beim Stadtbrand zerstört worden war, wurde sie 1537/38 als langgestreckte Backstein-Saalkirche wiederaufgebaut.
2022 hatten wir leider Pech gehabt. Damals war sie verschlossen gewesen. Heute jedoch ist sie geöffnet, so dass Kito und ich sie besichtigen können. Die erste Kirche auf einer Pilgerreise ist für mich immer wieder etwas Besonderes. Schön sind hier auch die erst 1990 wieder freigelegten alten (ursprünglichen) Malereien der Holzdecke, die lange Zeit hinter einer Zwischendecke verborgen waren.
St. Lorenz Kirche Travemünde, alte Deckenmalereien
St. Lorenz Kirche Travemünde von der Torstraße aus gesehen
Da die St. Lorenz Kirche keinen Pilgerstempel ausliegen, lasse ich unsere Pilgerpässe nebenan beim Verein für Heimatgeschichte der Hansestadt Lübeck Ortsteil Travemünde, kurz: Heimatverein Travemünde e.V., der in der Torstraße 1 das Seebadmuseum Travemünde betreibt, stempeln.
Der Hanseatenweg, dem wir heute folgen, ist kein historischer Pilgerweg, sondern ein Wanderweg und Radweg, der die Hansestädte Osnabrück, Bremen, Hamburg und Stettin verbindet. Er wurde ab 2006 durch den Regionalverband Nord der Naturfreunde Deutschlands realisiert und soll an die Bedeutung der Hanse im Mittelalter und der frühen Neuzeit erinnern. Während sein niedersächsischer Wegabschnitt seit langem nicht mehr betreut wird und die Wegzeichen verfallen, ist der östliche Abschnitt ab Hamburg gut gepflegt und mit Karten dokumentiert. Er führt von Hamburg über Lübeck, die mecklenburgischen Hansestädte Wismar und Rostock, die vorpommerschen Hansestädte Stralsund und Greifswald bis zur hinterpommerschen Hansestadt Stettin. Östlich von Greifswald führt ein Abzweiger über die Hansestadt Wolgast und die Insel Usedom nach Swinemünde.
Markierungszeichen des Hanseatenwegs an Bäumen und auf Hinweistafeln ist eine weiße stilisierte Hansekogge.
Es ist inzwischen 12:15 Uhr, als wir weitergehen. Der Hanseatenweg folgt eigentlich dem Ufer der Trave, aber der schönen alten Häuser wegen gehen wir von der St. Lorenz Kirche aus die Torstraße, die nach gut 200 Metern dann Travemünder Landstraße heißt. Weitere 120 Meter später biegen wir halbrechts in den Teutendorfer Weg ab, überqueren auf ihm die Bahnschienen und wechseln danach sofort nach links in die Ivendorfer Landstraße, die rechts von einem Geh-/Radweg begleitet wird.
Wir orientieren uns nicht nur am von Pastor Bernd Lohse erstellten Kartenset, sondern zugleich auch an Detlef Gehrings Wegbeschreibung von 2019 (im Anhang seines Buchs „Via Baltica, Band 2, Von Lübeck nach Wedel)
