Jonathan Oldstyle's Briefe - Washington Irving - E-Book

Jonathan Oldstyle's Briefe E-Book

Washington Irving

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Beschreibung

Dieses eBook wurde mit einem funktionalen Layout erstellt und sorgfältig formatiert. Die Ausgabe ist mit interaktiven Inhalt und Begleitinformationen versehen, einfach zu navigieren und gut gegliedert. Die Letters of Jonathan Oldstyle, Gent. sind das literarische Erstlingswerk des amerikanischen Schriftstellers Washington Irving (1783-1859). Die neun humoristischen Essays, vorgeblich Leserbriefe eines "Jonathan Oldstyle", erschienen zwischen dem 15. November 1802 und dem 23. April 1803 in der New Yorker Tageszeitung Morning Chronicle, die von Irvings Bruder Peter Irving herausgegeben wurde. Irving nahm darin die Moden seiner Zeit und insbesondere die New Yorker Theaterszene aufs Korn. "Jonathan Oldstyle" ist das erste von vielen Pseudonymen, unter denen Irving im Laufe seiner Karriere publizieren sollte, und verweist als sprechender Name auf den Typus, den seine charakterlich ausgestaltete Erzählerfigur verkörpert: ein alternder Hagestolz, der mit Verwunderung die neumodischen Anwandlungen der Jugend beobachtet. Die neun "Briefe" lassen sich thematisch in zwei Kategorien einordnen: die beiden ersten sowie der letzte behandeln allgemein Sitten und Moden der Zeit, die übrigen nehmen speziell den zeitgenössischen New Yorker Theaterbetrieb aufs Korn. Die anderen Briefe haben das Theater zum Gegenstand. So schildert Oldstyle den chaotischen Ablauf einer Darbietung von The Battle of Hexham, von der er kaum etwas versteht. Washington Irving (1783-1859) war ein amerikanischer Schriftsteller. Mit an englischen Stilvorbildern geschulten Satiren über die Gesellschaft und Geschichte der Stadt New York wurde er im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zunächst in seiner Heimat bekannt. Mit seinem "Skizzenbuch" (1819-20) wandte er sich zunehmend Einflüssen der europäischen Romantik zu und wurde so der erste amerikanische Schriftsteller, der auch in Europa Erfolge feiern konnte.

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Washington Irving

Jonathan Oldstyle's Briefe

Neun humoristische Essays über die Moden der Zeit und die New Yorker Theaterszene

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0036-8

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Uebersetzers
Erster Brief
Zweiter Brief
Dritter Brief
Vierter Brief
Fünfter Brief
Sechster Brief
Siebenter Brief
Achter Brief

Vorwort des Uebersetzers.

Inhaltsverzeichnis

Der Uebersetzer glaubt, bei dem deutschen Publikum keiner Rechtfertigung wegen seiner Uebertragung der Briefe Jonathan Oldstyle’s zu bedürfen. Von einem Manne, dessen Namen bei uns so vortheilhaft bekannt ist, wird man gern auch dasjenige lesen, worin sich die ersten Spuren des Talents verrathen, das in späteren Zeiten sich so reich entfaltet hat. Diese Blätter, im J. 1802 geschrieben, erschienen damals in dem New-Yorker Morning Chronicle, einer Zeitung, welche ihren Namen von dem des berühmten Londoner Oppositions-Blattes entlehnt hatte. Der Beifall, welchen Hrn. Irving’s spätere Schriften in seinem Vaterlande erhielten, veranlaßte wahrscheinlich den Wiederabdruck dieser Blätter in seiner Vaterstadt, so wie der Ruf, den Jener in England sich erworben hatte, ihre schleunige Bekanntmachung in England; und daß man sie dort mit dem Beifall aufgenommen, den der Name des Verfassers sich überall gesichert hat, beweist wol vor Allem der Umstand, daß sie in kurzer Zeit drei Auflagen erlebt haben.

Die Tendenz dieser Blätter ist, wie man bald ersehen wird, durchaus satirisch. Was der Verfasser von dem New-Yorker Theater sagt, möchte vielleicht, wenn auch nicht hinsichtlich der Darstellung, doch in Bezug auf das Publikum und das Benehmen desselben in den Amerikanischen-Schauspielerhäusern, überhaupt itzt noch, seine Anwendung finden, wenn man anders sich auf das Urtheil von Palmer, Fearon, Warden und andern Reisenden verlassen kann. – Das Ueberhandnehmen der Duelle in den Vereinigten Staaten, und die Erbitterung, mit welcher man dabei zu Werke geht, ist schon von vielen unparteiischen Beobachtern gerügt worden und die Waffe der Satire vielleicht die einzige, womit diesem Uebel wirksam begegnet werden dürfte. Bis itzt scheint jedoch das, was der Verfasser gegen diese grausame Sitte gesagt hat, von seinen Landsleuten wenig beherzigt worden zu seyn.

Der Vorbericht des Amerikanischen Herausgebers dieser Blätter enthält einige biographische Nachrichten über den berühmten Verfasser, welche zur Ergänzung der früher von mir, in meiner Vorrede zu Bracebridge-Hall, mitgetheilten dienen mögen, und die, wie ich hoffen darf, den Deutschen Lesern nicht unangenehm seyn werden.

Hr. Washington Irving ist in New-York geboren, und studirte im J. 1800 im Columbia College. Der wankende Zustand seiner Gesundheit nöthigte ihn indessen, die ernsthafteren Studien aufzugeben, nach dem Rathe seiner Freunde sich mit dem Zeichnen zu beschäftigen und deswegen eine Zeichnen-Akademie in New-York zu besuchen, welche noch itzt in bedeutendem Rufe steht. Diese Beschäftigung scheint ihn indessen nicht angesprochen zu haben: sein Arzt rieth ihm daher, eine Reise zu machen. Ehe dieß geschah, erschienen die hier mitgetheilten Blätter in der Zeitung, welche Hrn. Irving’s älterer, itzt in England lebender Bruder herausgab, und erregten schon damals bei den Freunden ächten nationalen Witzes große Erwartungen von dem Verfasser. Hr. Irving schiffte sich hierauf nach Frankreich ein, von wo er nach Italien ging und Rom und Neapel besuchte.

Im J. 1805 oder 1806 kehrte unser Verfasser nach Amerika zurück; seine Gesundheit war fester geworden, und er begann itzt, unter einem ausgezeichneten Advokaten, in New-York das Studium des Rechts. Im J. 1807 erschien sein Salmagundi, das in einzelnen Nummern herauskam und vom Januar des erwähnten Jahres bis zum Anfange des nächsten dauerte. Mehrere Nummern davon werden einem Schriftsteller beigelegt, der sich seit der Zeit durch mehrere prosaische und poetische Werke ausgezeichnet hat (Cooper);[1] die poetischen Stücke, mit denen Salmagundi ausgestattet ist, kamen aus der Feder des ältesten Bruders unsers Verfassers, welcher seitdem gestorben ist.

Im J. 1810 faßte man in Philadelphia den Gedanken, eine Ausgabe von Campbell’s Gedichten zu veranstalten, und Hr. Irving ward aufgefodert, ein Leben des Dichters dazu zu schreiben. Er entledigte sich dieses Auftrages auf eine meisterhafte Art, und so, daß man diese Arbeit für seine gelungenste und überhaupt für das Vorzüglichste halten will, was vielleicht je in englischer Prosa geschrieben worden ist. – Das nächste Erzeugniß seiner Feder war Dietrich Knickerbocker’s Geschichte von New-York, ein Werk voller Witz und Laune, zu dem er sich durch ein sehr fleißiges Studium der Alterthümer von Neu-Amsterdam (wie die Stadt genannt wurde, auf deren Stelle das heutige New-York steht) vorbereitete und alle Bibliotheken von New-York und Philadelphia durchsuchte, um Materialien dazu einzusammeln.

Im J. 1812 begab sich Hr. Irving nach England, und trat in eine Handlung, woran bereits zwei seiner Brüder Antheil hatten, während ein dritter in Amerika zurückgeblieben war. Der ausgedehnte Briefwechsel des Hauses wurde den Händen unseres Verfassers überlassen, und die Geschäfte der Handlung fielen so vortheilhaft aus, daß die Unternehmer nach dem J. 1815 die Aussicht hatten, ihren Fleiß durch einen ansehnlichen Gewinn belohnt zu sehen. Das Mißglücken einer Handelsspekulation vereitelte indessen diese Hoffnungen, und mit ihnen auch die unseres Verfassers, eine sorgenfreie Unabhängigkeit zu erlangen. Wahrscheinlich wird indeß das Publikum bei diesem Mißgeschicke der gewinnende Theil seyn, denn wir werden vielleicht hoffen dürfen, dem Wiedereintritt des Verfassers in die schriftstellerische Laufbahn noch manches geniale Erzeugniß seiner Feder zu danken zu haben.

Erster Brief.

Inhaltsverzeichnis

Nichts ist für einen alten Mann unerträglicher, als alte Sitten ändern zu müssen. Die Gewohnheiten unserer Jugend werden uns, je mehr wir an Jahren vorrücken, desto theurer, und es ist uns eben so unangenehm, wenn wir sie aufgeben sollen, als wenn wir die Bäume fällen sehen müßten, unter denen wir in den glücklichen Tagen unserer Kindheit gespielt haben.

Ich selbst, der ich den Strom des Lebens mit der Fluth hinabgeschwommen bin, mich nach allen seinen Wendungen gerichtet, großentheils alle seine Eigenthümlichkeiten angenommen habe, kann mich dieses Vorurtheils nicht entschlagen. Ich seufze sehr oft, wenn ich einen Vergleich zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit anstelle, und obgleich ich wol einsehe, daß, im Ganzen, die Zeiten besser geworden sind, so liegt doch selbst in den Mängeln der Sitten und Gewohnheiten, welche in meinen jungen Tagen herrschten, etwas, das sie mir unaussprechlich theuer macht.

Nichts kommt mir sonderbarer und verkehrter vor, als die Art, wie bei den Heirathen in neuerer Zeit zu Werke gegangen wird. Beide Theile halten die Sache so geheim, als ob etwas Schimpfliches in dem Verhältniß läge. Die Dame läugnet es ganz entschieden ab, daß irgend etwas der Art im Werke sey, lacht, wenn man Den oder Jenen als ihren künftigen Gatten nennt, und wettet sogar den Tag vorher, ehe die Hochzeit ist, daß davon nicht die Rede sey. Beide Theile schleichen sich so still als möglich in das eheliche Leben hinein, und scheinen ordentlich stolz auf die listige und gewandte Art zu seyn, womit sie dieß bewerkstelligt haben.

Wie verschieden waren dagegen die Sitten der früheren Zeit! Ich erinnere mich noch, wie Squire Stylish meiner Base Barbara den Hof machte. Während dieser ganzen Zeit hörte man nichts, als von Berathungen und Unterhandlungen unter ihren Freunden und Verwandten; man überlegte die Sache hin und her, und beraumte endlich eine Zeit an, wo das Jawort gegeben werden sollte. Ich werde nie die erhabene Feierlichkeit dieses Augenblicks vergessen. Die ganze Familie der Oldstyles war versammelt: meine Base Barbara, so schön herausgeputzt, als es Menschenhänden nur möglich war – mit hohem Kissen, einer ungeheuren Haube, langen Taille, gewaltigem Reifrock, Manschetten, die ihr bis auf die Fingerspitzen reichten, und einem Kleide von feuerfarbnem Brokat, mit Mohnblumen, Rosen und Sonnenblumen darein gewirkt.

Nie habe ich sie so majestätisch schön gesehen. Der Squire trat mit einer zu der Feierlichkeit des Augenblicks passenden Miene herein. Er war in scharlachrothen Sammet gekleidet, sein Rock mit einer Menge von seidenen Knöpfen versehen, und die Aufschläge mit einer oder zwei Ellen Steifleinen aufgesteift: eine wohlgepuderte Perucke mit langem Zopf schmückte sein Haupt, er trug Strümpfe von dunkelblauer Seide, über die Kniee aufgewickelt, die Schöße seiner Weste reichten bis auf seine Gürtelschnallen, und die Enden seiner mit der größten Zierlichkeit geknüpften Halskrause waren durch alle Knopflöcher gezogen. So angethan, schritt er gemessen in das Zimmer, seinen ebenholzenen, mit einem elfenbeinenen Knopfe versehenen Stock in der einen Hand, und mit der andern seinen dreieckigen Castorhut sanft bewegend. Das stattliche, modische Aeußere des Squire, die Annehmlichkeit und Würde seines Betragens, erzeugten ein Lächeln des Beifalls auf allen Gesichtern; meine Base Barbara verbarg ihr Antlitz hinter ihren Fächer, aber ich sah, wie sie ihren Bewunderer mit großem Vergnügen zwischen den Stäben hindurch beobachtete.