Julia Exklusiv Band 330 - Sarah Morgan - E-Book
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Sarah Morgan

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Beschreibung

ALS WÄRE ES UNSERE LETZTE NACHT von ANNE OLIVER

Spaß haben, alles vergessen: Olivia ist entschlossen, die Weihnachtsparty zu genießen. Dazu gehören: das rote Kleid, die heißen Küsse eines aufregenden Fremden und der Blick auf den festlich erleuchteten Hafen. Heute Nacht feiert Olivia ihr Leben - weil es tatsächlich bald zu Ende sein könnte …

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Anne Oliver, Sarah Morgan, Carol Marinelli

JULIA EXKLUSIV BAND 330

IMPRESSUM

JULIA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe JULIA EXKLUSIVBand 330 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2013 by Anne Oliver Originaltitel: „Mistletoe Not Required“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Monika Schott Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 252014

© 2011 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „St Piran’s: Prince on the Children’s Ward“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Michaela Rabe Deutsche Erstausgabe 2012 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA ARZT, Band 45

© 2008 by Carol Marinelli Originaltitel: „Hired: The Italian’s Convenient Mistress“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Christiane Hesse Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1949

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733715250

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Als wäre es unsere letzte Nacht

1. KAPITEL

Nachdem sie rotes Lipgloss aufgetragen hatte, betrachtete Olivia sich noch einmal prüfend im Spiegel. „Rote Lippen, rotes Kleid, rote Haare.“ Sie griff nach ihrem kleinen Schwarzen. „Auch wenn Heiligabend ist, das …“

„Ist auch schön, aber nicht für heute.“ Ihre beste Freundin Breanna Black nahm ihr das schlichte schwarze Kleid ab. „Das rote trägerlose Cocktailkleid sieht bombastisch an dir aus.“ Sie warf einen Blick auf Olivias Dekolleté. „Die Männer werden Augen machen!“

„Solange sie mir auch zuhören …“ Wenn es dazu gut war, die anderen Teilnehmer der diesjährigen Sydney-Hobart-Regatta dazu zu bewegen, Geld für die Pink-Snowflake-Stiftung zu spenden, konnte es nicht schaden, ein wenig Haut zu zeigen.

„Denk dran – es ist Weihnachten. Hier, die wird dich in Stimmung bringen.“ Brie warf Olivia eine weiße Federboa zu und schlüpfte in einen knappen brombeerfarbenen Einteiler mit Pelzbesatz. „Und du hast nichts dagegen, wenn Jett bei uns in der Hotelsuite wohnt?“, fragte sie zum hundertsten Mal.

„Dein geheimnisvoller Bruder, den du mir seit … ja, wie viel Jahren vorenthalten hast?“ Olivia schlüpfte in ihre roten Stilettos. „Ich habe doch schon gesagt, dass ich nichts dagegen habe. Im Gegenteil, ich bin schon gespannt auf ihn.“

„Halbbruder. Und es wird sicher nicht ganz leicht mit ihm. Ich bin nicht sicher, ob er mich überhaupt mag.“

„Wieso sollte er dich denn nicht mögen? Außerdem hat er deine Einladung angenommen.“

Seufzend warf Brie ihr dichtes schwarzes Haar zurück. „Ja, aber nur, weil seine eigentlichen Pläne ins Wasser gefallen sind.“

„Das weißt du doch gar nicht sicher“, erwiderte Olivia, obwohl sie davon ausging, dass Brie richtiglag. Typisch männliches, egozentrisches Benehmen. Ja, Olivia freute sich darauf, ihn kennenzulernen, und selbst wenn es nur dazu diente, ihm klarzumachen, wie viel er Brie bedeutete. Ihrer Freundin war das Treffen mit dem Bruder, von dem sie erst kurz vor dem Tod ihres Vaters erfahren hatte, offenbar wichtiger als diesem Jett. „Wann landet er denn?“

„Keine Ahnung. Wenn ich gehe, hinterlasse ich eine Nachricht am Empfang für ihn.“ Bries Handy klingelte und sie sah auf das Display. „Das ist er. Hallo, Jett.“

Als Olivia sah, wie das Lächeln aus dem Gesicht ihrer Freundin wich, überkam sie das Bedürfnis, ihr das Telefon wegzunehmen und diesem Bruder die Meinung zu geigen. Doch das ging sie ja nichts an.

„Hm. Hhm. Verstehe. Ja, dann treffen wir uns später auf der Party. Schreib mir eine SMS, wenn du da bist“, sagte Brie, bevor sie auflegte. „Sein Flug hat Verspätung – er ist noch in Melbourne.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „Also habe ich noch Zeit, mich mit dem aufregenden Kapitän der Horizon Three auf einen Drink an der Bar zu treffen.“

„Na dann viel Spaß.“ Olivia sparte sich fürs Erste die Kritik an Jett. Sie steckte einen Packen Visitenkarten in ihre Handtasche und reichte Brie eine davon. „Gib sie ihm und mach ein bisschen Werbung für unsere Sache.“

Mit dem Telefon am Ohr nickte Brie; sie wartete darauf, dass ihr aufregender Kapitän dranging. „Trink nicht so viel und lass die Finger von fremden Männern, bis ich da bin.“

Von wegen! Im Gegensatz zu Brie trank Olivia kaum und ließ sich auch nicht auf Männergeschichten ein. Doch trotz aller Unterschiede waren sie ein gutes Team, sie vertrauten einander und passten aufeinander auf. „Keine Sorge.“

„Okay … Pass auf dich auf. Hi, Liam …“ Bries Stimme hatte einen verführerischen Ton angenommen.

„Du auch“, murmelte Olivia, verließ die Suite und ging hinunter, um den Fahrer herbeizuwinken, den sie für den Abend gebucht hatten.

Als sie über die Brücke fuhren, achtete Olivia kaum auf den festlich beleuchteten Hafen. In Gedanken war sie bei dem Beratungsgespräch, das verbindliche Voraussetzung für die Durchführung des Gentests war, dem sie sich letzte Woche unterzogen hatte.

Man hatte ihr gesagt, dass es Wochen dauern konnte, bis das Ergebnis kam. Es durchlief Olivia eiskalt. Sie hätte den Test nicht gemacht, wenn sie ihrer Mutter nicht versprochen hätte, ihn vor ihrem 26. Geburtstag durchführen zu lassen – Olivias Großmutter mütterlicherseits war 26 Jahre alt gewesen, als man Brustkrebs bei ihr festgestellt hatte.

Also war Olivia zum Arzt gegangen. Zwei Monate später, aber sie war hingegangen. Um den Wunsch zu erfüllen, den ihre Mutter auf dem Sterbebett geäußert hatte. Olivia hatte so viel um die Ohren gehabt, dass es ihr leichtgefallen war, ihre Sorgen zu verdrängen, aber jetzt war die Angst, dass auch sie Trägerin des mutierten Gens war, erschreckend konkret geworden. Aber zumindest würde sie nicht weiter mit dieser Ungewissheit leben müssen, ganz egal, wie das Ergebnis ausfiel. Und sie würde schon damit umgehen können. Aber bis dahin wollte sie nicht daran denken. Es war Weihnachten, sie wollte bei einer Regatta mitsegeln und Spenden einwerben.

Und leben.

Jett Davies ging um den riesigen Weihnachtsbaum im Foyer und nahm dann die Treppe nach oben. Im zweiten Stock befand sich eine Dachterrasse; der Geruch von frisch gemähtem Rasen und Hafen stieg ihm in die Nase. Die Gesichter der erlesenen Gäste strahlten im Glanz der Festtagsbeleuchtung.

Neben allen, die im Segelsport Rang und Namen hatten, waren auch zahlreiche Angehörige der gehobenen Gesellschaft hier, um den Auftakt einer der wichtigsten und härtesten Hochseeregatten der Welt zu feiern.

Als Jett sich ein Bier von dem Tablett eines Kellners nahm, richteten sich einige neugierige Augenpaare auf ihn. Doch er ging schnurstracks auf eine alte Wendeltreppe zu, die er in einer Ecke entdeckt hatte. Er hoffte, dass sie steil genug war, um die stilettobewehrte Damenwelt davon abzuhalten, ihm hinaufzufolgen. Denn die einzige Frau, mit der er sprechen wollte, war seine Schwester. Die hatte ihm allerdings vor zehn Minuten per SMS mitgeteilt, dass sie aufgehalten worden wäre. Ihr Auto würde streiken und sie würde sich melden, wenn sie auf dem Weg sei.

Die Treppe führte auf eine kleine Aussichtsplattform; außer ihm war hier keine Menschenseele, worüber Jett sehr froh war. Er lehnte sich auf die Brüstung und sah auf den Hafen hinunter.

Das Auto streikt. Von wegen. Auch wenn er Breanna kaum kannte, wusste er, dass eher ein Mann dahintersteckte als ein Fahrzeug. Er stürzte sein Bier herunter. Vielleicht waren sie sich ähnlicher, als er glaubte.

Die Band unten schmetterte Weihnachtslieder, und sein Kopf begann zu schmerzen. Er konnte mit Weihnachten nichts anfangen – mit diesem ganzen Weihnachtsmannquatsch, dem Geschrei um Mistelzweige und all der Nostalgie.

Warum hatte er sich nur darauf eingelassen, Breanna hier zu treffen und nicht an der Hotelbar? Oder, besser gesagt, die beiden, denn Breanna wohnte mit einer Freundin in der Suite. Er hatte sich schon gefragt, wem die erdbeerroten Spitzenhöschen und der passende BH mit D-Körbchen, die im Badezimmer hingen, wohl gehören könnten …

Denk nicht einmal daran. Er sah auf die Uhr. In zehn Minuten bin ich weg, Breanna.

Die Gäste fingen an, sich auf den Heimweg zu machen. Endlich kam Olivia dazu, sich zu setzen und einen Moment lang alleine zu sein. Sie nippte an ihrem Christmas Jones – ihrem ersten alkoholischen Getränk heute Abend – und sah sich um.

Beeilung, Brie.

Den ganzen Abend lang hatte sie für ihre Stiftung geworben; sie hatte viel Beifall bekommen, und eine Menge Leute hatten versprochen, etwas zu spenden. Aber ihre Füße schmerzten und sie brauchte dringend eine Mütze Schlaf, schließlich hatte sie fünf Tage lang gemeinsam mit ihrer Crew hart trainiert. Und anstatt ans Telefon zu gehen, hatte ihr Brie nur einen augenzwinkernden Smiley gesimst.

Hatte sie vergessen, dass sie verabredet waren? Olivia erhob sich und überlegte, ob sie Brie schreiben sollte, dass sie ging, doch vor Jahren hatten sie sich versprochen, einander nie im Stich zu lassen.

Ihr Blick fiel auf die untere Hälfte eines Mannes, der eine Wendeltreppe, die sie jetzt erst bemerkt hatte, hinunterstieg. Wohlwollend betrachtete Olivia die langen, muskulösen Beine und den knackigen Po in den schwarzen Hosenbeinen. Auch wenn Männer nicht ganz oben auf ihrer Prioritätenliste standen, fand Olivia, dass man sich ab und an einen lustvollen Augenblick gönnen sollte. Und dieser Augenblick wurde immer länger.

Der Mann war auf der untersten Treppenstufe angekommen und sah atemberaubend aus. Olivia blinzelte. Vor ihr stand das Sinnbild der Männlichkeit.

Der fremde Mann, von dem fernzuhalten sie Brie nicht versprochen hatte.

Ein Fremder mit sonnengebräunter Haut, der ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Sicher wäre jede Frau versucht gewesen, über dieses Kinn mit dem Bartschatten zu streicheln und diesen perfekten Mund zu küssen.

Er blickte sie an, als habe sie ihn dazu gebracht, in ihre Richtung zu sehen. Und er sah aus, als gefiele ihm das nicht. Er kniff die Augen und die Lippen zusammen; seine Züge verhärteten sich. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, aber an einen Typen wie ihn würde sie sich erinnern.

Einen Moment lang hatte sie ihre weibliche Stärke gespürt, doch dieser Mann hatte den Spieß umgedreht. Olivias Beherrschung, die sie normalerweise nie im Stich ließ, schmolz dahin wie Eis auf einem Grill.

Der feste Blick dieser schwarzen Augen hatte die Macht, zu verführen. Zu überzeugen. Olivia lief ein Schauer den Rücken hinunter. Gleichzeitig wurde ihr so heiß, als würde sie im Hochsommer an Bord ihrer Jacht vor Barbados stehen.

Sie sah ihn immer noch an – genau wie er sie – und sie hätte schwören können, dass seine Lippen das Wort „Ärger“ formten.

Oh ja, allerdings. Richtig Ärger in blinkender Leuchtschrift. Nie zuvor hatte sie einen Mann getroffen, der es ihr so sehr angetan hatte wie dieser.

Ihr Puls beschleunigte sich. Ganz unmerklich hatte er sich zwischen sie und den einzigen Weg zur Treppe, die nach unten führte, gestellt. Ob das Absicht war, wusste sie nicht; jedenfalls summte ihr ganzer Körper vor Aufregung.

Kämpfen oder flüchten? Beim Segeln kam nur eines infrage. In unerwarteten und gefährlichen Situationen musste man die Ruhe bewahren. Und im Umgang mit Männern war es das Gleiche. Was auch passierte – sie würde nicht wegrennen.

Mit gleichgültiger Miene warf sie die inzwischen etwas zerrupfte Federboa über die Schulter, wobei eine Feder an ihrer Unterlippe hängen blieb, atmete tief ein und sagte: „Hallo.“

Als der Ärger in Form der allerschönsten Rothaarigen, die ihm je begegnet war, vor ihm stand, wusste Jett, dass es an der Zeit war, zu gehen. Doch er konnte seinen Blick nicht von ihren vollen Lippen losreißen, an denen eine Feder hängen geblieben war, die sie vergeblich wegzupusten versuchte. Er stellte sich vor, wie sie stattdessen an seinen Oberkörper pustete und mit den Fingerspitzen über seinen Bauch streichelte – und sich nach weiter unten vorarbeitete.

Sag einfach Hallo und verschwinde. Und zwar schnell. Doch seine Füße gehorchten jenem Teil von ihm, der gerade merklich härter wurde, und bevor er sich’s versah, hatte Jett einen Schritt auf sie zu gemacht, die Hand ausgestreckt und die Feder von ihrem hübschen Mund genommen. Bevor er seine Hand zurückzog, spürte er ein wohliges Kribbeln.

„Danke.“ Ihre Augen funkelten in der Farbe seiner berühmtesten Cocktailkreation – Blue Mint Lagoon.

Zum Kuckuck. Humor hatte sie auch noch. Hinter ihrer Belustigung zeigte sich noch etwas anderes, doch sie sah schnell beiseite, als wolle sie es verbergen. Sie richtete ihren Blick auf die Wendeltreppe. „Gibt es da oben irgendetwas Interessantes?“

Man könnte dort etwas Interessantes anstellen … „Nö.“

„Aber irgendetwas muss doch da sein, sonst gäbe es die Treppe nicht.“

Er zuckte mit den Schultern und schob die Hände in die Hosentaschen. „Nur ein paar Teleskope.“

„Echt? Ich liebe es, in die Sterne zu gucken.“

Trotz des gedämpften Lichts konnte er die Sommersprossen auf ihrer Nase und die hellen Linien in ihren Augenwinkeln erkennen. Offenbar hielt sie sich viel draußen auf, wozu er selbst kaum Zeit fand. Zweifelsohne eine von diesen Bessergestellten, die ihre Zeit mit Nichtstun verschwenden konnten. „In der Stadt gibt es zu viel Lichtverschmutzung“, gab er zu bedenken. „Ich glaube, sie sind eher dazu gedacht, den Hafen anzusehen.“

„Ah, stimmt.“

Sie ging zur Treppe und spähte hinauf. Die eine Hand legte sie auf das Geländer – ihre Fingernägel waren gepflegt, aber nicht lackiert. Und was für ein Dekolleté … Er musste aufhören, sie anzustarren wie ein vorpubertärer Teenie!

„Und, hast du was Schönes entdeckt?“

„Was?“ Rasch sah er beiseite, doch dann begriff er, dass sie von den Teleskopen sprach. „Äh, nein.“

Sie warf ihm einen Blick zu, den er nicht deuten konnte, und schickte sich an, hinaufzugehen. „Warum nicht?“

„Weil … hey, so solltest du nicht da hochgehen!“ Mit einem großen Schritt war er bei ihr und griff nach ihrer Hand – die Berührung schoss ihm heiß und prickelnd durch den Arm.

Offenbar hatte auch sie es gespürt, denn sie sah ihn mit großen Augen und offenem Mund an. „Wie…so?“

Er ließ ihre Hand los. „Mit diesen High Heels. Du wirst dir das Genick brechen.“

„Nur wenn ich …“ Kaum, dass sie es aussprechen wollte, verhakte sich einer ihrer Absätze in der Treppenstufe aus schmiedeeisernem Gitter. Sie zog ihn heraus. „Puh. Verstehe.“

Er schüttelte den Kopf. „Warum ziehst du …“

„Okay …“ Auf der dritten Stufe streifte sie ihre Schuhe ab und gab einen wohligen Seufzer von sich – ein Geräusch, das seine ohnehin schon sehr wache Libido weiter anstachelte. „Das tut gut! Warum bin ich nicht schon früher auf diese Idee gekommen?“ Sie reichte ihm die Schuhe. „Halt mal. Ich bin gleich wieder da.“

„Ich …“ Die knallroten Schuhe waren noch warm von ihren Füßen und rochen nach neuem Leder. Jett sah zu, wie sie die Treppe erklomm. Ihre Fußnägel waren im passenden Rotton lackiert, ihre Waden waren wohlgeformt und durchtrainiert. Glatte, sonnengebräunte Schenkel verschwanden unter dem Saum ihres kurzen Kleides. Schnell und leichtfüßig ging sie hinauf, was sehr sportlich wirkte. Ob sie die Frau eines Seglers war?

Wäre er, Jett, der Skipper, hätte er diese Frau unter Deck versteckt, um sie für sich allein zu haben.

Aber er war nicht auf der Suche nach einer Frau. Er wartete auf Breanna, seine Halbschwester, die gerade weiß Gott was mit weiß Gott wem trieb. Hier war sie jedenfalls nicht. Und er sollte sich auf den Weg ins Hotel machen und schlafen. Und diesem Ärger hier aus dem Weg gehen.

Doch er hatte ihre Schuhe. Und die konnte er wohl kaum einfach hier stehen lassen. Außerdem wollte er die Fremde doch gern noch einmal kurz ansehen. Was nicht ganz stimmte – wenn er ehrlich war, wollte er sie gern ein wenig länger ansehen. Viel länger.

Also fasste er einen Entschluss. Er würde auf Breanna pfeifen – sie war schließlich diejenige, die nicht ans Telefon ging. Nein, vielleicht stand für ihn noch ein bisschen Nähe und Zärtlichkeit auf der Speisekarte. Kein Ärger, sagte er sich; er musste ja nicht wissen, wer sie war. Die Vorfreude durchlief ihn heiß, und er beschleunigte seinen Schritt. Einmal von ihrem süßen Mund kosten. Das wäre der Abschluss für den Abend.

Olivia hoffte, dass man nicht hören konnte, wie heftig ihr Herz pochte. Als sie die Schritte des Mannes auf der Treppe hörte, wandte sie sich um. Und sein Anblick raubte ihr den Atem. Was ein wenig beunruhigend war, denn vor langer Zeit schon hatte sie Männer an das Ende ihrer Prioritätenliste gesetzt.

Entschlossen, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er es ihr angetan hatte, ging sie zu dem größeren Teleskop und richtete es auf den Circular Quay, um sich abzulenken und zu überlegen, was sie nun tun sollte.

Sie spürte seinen Blick; er jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken und die Schenkel. Sein maskuliner Duft wehte zu ihr herüber. Und natürlich lenkte der Ausblick sie nicht ab. Und was sie als Nächstes tun würde … das Einzige, woran sie denken konnte, war, wie seine Lippen wohl schmeckten.

„Atemberaubend.“

„Finde ich auch.“

Sie wandte sich zu ihm um, doch er sah nicht auf den Hafen hinaus, sondern betrachtete sie, was sie verwirrte. „Segelst du bei der Regatta mit?“, fragte sie.

„Nein.“

Er fragte nicht zurück, ob sie dabei war. Wahrscheinlich gab er sich nur mit zarten, empfindlichen Frauen ab, die Angst hatten, sich die Fingernägel abzubrechen. „Segeln ist nicht so dein Ding?“

Schulterzuckend schob er die Hände in die Hosentaschen. „Falls du dich fragst, was ich hier mache – ich bin wegen des Gratisessens hier.“

Sie lachte. „Ach du warst das, der die ganzen Garnelen weggegessen hat.“ Sie zeigte auf die letzten Gäste auf der Tanzfläche, die ihre Hüften zu „Jingle Bell Rock“ schwangen. „Und, hast du auch getanzt heute Abend?“

Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Nein, ich bin nicht der Garnelendieb, und da du mich nicht aufgefordert hast, habe ich auch nicht getanzt.“

In seinen Mundwinkeln erschienen schnuckelige Lausebengel-Grübchen, die irgendeinen komischen Mutterinstinkt in ihr wachriefen, anstatt sie zu warnen und Reißaus nehmen zu lassen.

Zwischendurch hatte sie immer wieder getanzt – und selbst dabei ihre Stiftung angepriesen. „Ich habe dich nicht gesehen …“ Sie war es nicht gewohnt, dass Männer mit ihr flirteten, aber dieser hier tat es, das nahm sie zumindest an. Verunsichert verstummte sie.

„Ich bin noch nicht so lange hier“, antwortete er. „Und Macarena tanzen kann ich nicht.“

„Nicht mal die Weihnachtsversion mit Glöckchen und Elchgeweih?“

„Mit Weihnachten habe ich nichts am Hut.“ Er ging zur Balustrade und sah über den Hafen hinweg.

„Nein? Heißt das, dass du bei dem ganzen Eierlikör-, Mistel- und Wichtelkram nicht mitmachst, oder hat das was mit deinem Glauben zu tun?“

„Es hat was mit dem Konsumterror zu tun.“

Das kaufte sie ihm nicht ab – ihm war irgendetwas zugestoßen, das nichts mit Konsumterror zu tun hatte. Das sah sie an seinem Blick, der sich auf einmal verdüstert hatte.

„Den braucht man ja nicht an sich heranzulassen.“

Er zuckte mit den Schultern. „Und wenn – wer braucht schon Mistelzweige? Wenn man jemanden küssen möchte, dann geht das auch ohne, findest du nicht?“

„Es kommt darauf an, ob die Person geküsst werden möchte.“ Olivia wünschte sich, dass sie nicht geküsst werden wollte, aber in Wirklichkeit wollte sie. Und wie. Jede Faser ihres Körpers sehnte sich danach, und ihre Lippen kribbelten bei dem Gedanken daran. „Aber so ein Schmatzer unter dem Mistelzweig ist doch immer lustig.“ Und harmloser als ein Kuss in irgendeiner dunklen Ecke.

„Immer?“ Auf einmal war er ganz nah bei ihr. Sie spürte die Wärme, die von ihm ausging. Er sah sie durchdringend an.

„Normalerweise“, korrigierte sie sich und lachte nervös. „Wenn man ein bisschen was getrunken hat und alle in Feierlaune sind, ist das doch harmlos.“ Ganz anders als das, was sich hier zwischen ihnen anzubahnen schien.

Hatte sie harmlos gesagt? Es stand ja so gut wie fest, dass dieser Fremde sie küssen und sie ihn gewähren lassen würde. Ihr ganzer Körper kribbelte vor Erregung.

„Dann versuch mal, mich zu überzeugen, dass Weihnachten all das Aufhebens wert ist“, murmelte er und angelte sich eine Strähne von ihrem Haar.

Olivia rang um ihre Fassung. „Womit soll ich denn anfangen?“

„Erklär mir das mit dem Wichteln noch mal. Ist das das Gleiche wie der Weihnachtsmann?“

„Nicht unbedingt“, antwortete sie und wagte sich in unbekannte Gewässer vor. „Erstens …“, sagte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang ihm die Federboa um den Hals, hielt die Enden fest und trat einen Schritt zurück, „… und das ist das Wesentliche …“, sie sah ihm fest in die Augen und die Knie wurden ihr weich, „… bleibt beim Wichteln geheim, wer ein Geschenk gemacht hat.“

„Du kannst mir vertrauen, ich sage niemandem ein Sterbenswörtchen.“ Seine Stimme war zu verführerisch – sie raubte Olivia das letzte bisschen Vernunft.

„Heißt das, mit mir würdest du wichteln?“

„Mit dir …“, er fuhr genüsslich mit der Fingerspitze über ihr Schlüsselbein, „… doch, vielleicht. Gibt es jemanden, mit dem du schläfst?“

Er fragte das, als wolle er wissen, ob sie ihren Kaffee mit Zucker trank. Sie verspürte ein angenehmes Ziehen in Unterleib und errötete tief. „Das geht dich nichts an.“ Sie wusste nicht, ob seine Arroganz sie ärgerte oder verwirrte.

„Doch, wenn ich dich so küsse, wie ich dich küssen möchte, geht es mich schon was an.“ Seine Fingerspitze wanderte zu ihrer Unterlippe empor.

Ihre Lippen glühten und das Ziehen in ihrem Unterleib wurde stärker. Und ihre übliche Abwehrhaltung hatte sich in Luft aufgelöst. Was hatte dieser Mann an sich, dass sie jegliche Vorsicht über Bord warf?

Offenbar war sie von irgendeinem Wahn befallen.

Im Laufe der Jahre hatte sie sich daran gewöhnt, von Männern vorgeworfen zu bekommen, dass sie einschüchternd und verschlossen sei. Die Stiftung und ihr Studium hatten sie voll in Anspruch genommen und sie hatte weder Zeit noch Energie für irgendetwas anderes gehabt – schon gar nicht für vorübergehende Affären. Sie hatte Wichtigeres zu tun – Leuten helfen, die unheilbar krank waren, zum Beispiel.

Aber es war Heiligabend – und gerade stand ganz oben auf ihrem Wunschzettel, von diesem Mann geküsst zu werden.

Er sah sie an, als könne er ihre Gedanken lesen. Doch dann sagte er: „Wenn eine Frau sagt, dass es mich nichts angeht, dann heißt das normalerweise, dass sie mich küssen will – trotz des Mannes, mit dem sie schläft.“

Seine Arroganz verschlug ihr den Atem. „Natürlich gibt es niemanden, sonst würde ich nicht mit dir hier draußen stehen.“ Sie straffte sich. „Und wenn du mich für so eine hältst, hast du einen sehr schlechten Geschmack – und nichts mit mir gemein.“

„Ganz im Gegenteil, was Frauen betrifft, habe ich einen sehr erlesenen Geschmack. Wenn ich der Annahme wäre, dass du lügst, wäre ich nicht mehr hier.“

Das beruhigte sie ein wenig. Sie atmete tief durch. „Gut. Denn ich möchte, dass du mich … so küsst.“

Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als er wieder eine ihrer Haarsträhnen angelte, während die Band unten „All I Want for Christmas“ spielte. „Ich bin froh, dass das soweit geklärt ist.“

„Ich auch.“

„Wo waren wir stehengeblieben?“

Sie befeuchtete ihre Lippen. „Beim Geheimnis.“

„Stimmt.“ Verwegen lächelnd streichelte er ihre bloßen Arme.

Als sie ihm in die Augen sah, lief ihr ein Schauer über den Rücken. „Auch wenn es mir so scheint, als sprächen wir von einem sündigen Geheimnis.“

Er zog sie ganz nah an sich, bis ihre Lippen sich fast berührten. „Und, möchtest du ein sündiges Geheimnis haben?“

2. KAPITEL

Natürlich konnte der Typ obendrein Gedanken lesen – er wusste, dass sie Ja sagen würde. Er umfasste ihre Arme fester und drängte sich ihr entgegen.

Und sündig und verwegen war genau das, was sie heute brauchte. Sie wollte sich im Sinnesrausch verlieren. Sich kopfüber in die dunklen Tiefen seiner Augen stürzen und sich der Lust hingeben, die darin so verheißungsvoll glänzte.

Nur … dies alles kam ihr vor wie in ihren kühnsten Träumen, aber es war echt und passierte so schnell, dass sie gar nicht mehr mitkam.

„Warte.“ Sie erhob eine Hand und drückte ihm gegen den Brustkorb – er war hart wie Beton. Aber warm und wohlgeformt, und gegen Olivias Willen schmiegten sich ihre Finger wohlig dagegen. „Warte kurz.“

„Alles okay? Denn falls du nicht s…“

„Alles okay.“ Sie atmete tief durch. „Alles super.“ Das wäre es zumindest, wenn es ihr gelingen würde, mit diesem göttlichen, teuflisch verführerischen Wesen vor ihr auf Augenhöhe zu gelangen. Sie durfte ihm nicht erliegen. Musste ihm ebenbürtig sein.

„Worauf warten wir dann?“, fragte er.

„Ja, worauf warten wir?“ Bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte, zog sie an den Enden ihrer Federboa. Das hier war eine seltene Gelegenheit, sich noch einmal richtig ins Leben zu stürzen. Er sah sie ein wenig überrascht an, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, ihn an sich zog und küsste.

In dem Moment, als ihre Lippen sich berührten, summte und kribbelte es. Das Knistern, was vom ersten Moment an zwischen ihnen geherrscht hatte, wurde zu einem wahren Feuerwerk, dessen Funken bis in die letzten Winkel ihres Körpers flogen.

Er zog sich ein Stück zurück. „Hast du gern das Sagen, Süße?“, fragte er mit einem belustigten und gleichzeitig verwegenen Lächeln.

Normalerweise hätte es sie geärgert, Süße genannt zu werden, aber dazu kam sie gar nicht erst, denn er küsste sie wieder, und diesmal war er derjenige, der den Ton angab. Er brachte sie völlig durcheinander, so magisch und unwiderstehlich war er.

Voller Inbrunst erwiderte sie seinen Kuss.

Sie schmeckte Reichtum, Macht und Überzeugungskraft. Spürte einen gefährlich starken Willen, der ihrem ebenbürtig war. Zum ersten Mal im Leben fragte sie sich, ob ein Mann – ob dieser Mann – zu viel für sie sein könnte.

Aber das hier war ja nur ein harmloser Flirt auf einem Balkon. Und es war Weihnachten – da durfte man mal was Verrücktes tun.

Mit beiden Händen machte sie sich über seinen muskulösen Oberkörper her, über die kleine Kuhle unter seinem Adamsapfel, die Härchen, die sich im Ausschnitt seines Hemdes kräuselten, dessen oberster Knopf offen war.

Auch seine Hände waren fleißig; sie fühlten sich warm und fest an auf ihren Schultern, in ihrem Haar und an ihrem Rücken, wo sie sich an ihrem Reißverschluss zu schaffen machten. Unwillkürlich erschauerte sie – würde er den Reisverschluss öffnen, stünde sie bis auf ein rotes Spitzenhöschen nackt da.

Auf einem Balkon, nur ein paar Meter von Hunderten von anderen Gästen entfernt.

Mit einem Mann, den sie nicht kannte.

Sicher hatte ihr irgendjemand etwas ins Getränk getan.

Oder es wurde Zeit, dass sie einmal unbekümmert tat, worauf sie gerade Lust hatte.

Jett löste seine Lippen von ihren und sah sie an. „Und, hat das jetzt Spaß gemacht oder ist es nötig, dass ein Zweig über unseren Köpfen baumelt?“

„Es hat Spaß gemacht. Es geht definitiv auch ohne Mistelzweig.“

„Da bin ich aber froh. Ich wüsste nämlich nicht, wo ich einen herbekommen könnte.“ Er ließ seine Hände auf ihre Hüften hinuntergleiten.

Sie bedeckte seine Hände mit ihren, verschränkte ihre Finger mit seinen und streifte seinen Mund mit den Lippen. „Heißt das, es hat dir auch Spaß gemacht?“

„Mmm …“ Sie schmeckte nach Erdbeeren und Ananas mit einem Hauch von Wodka. „Ja“, murmelte er und beugte sich vor, um sie noch einmal zu küssen.

Und wieder hatte er das Gefühl, die Kontrolle über sich zu verlieren, wie es seit seiner Teenagerzeit nicht vorgekommen war. Er war so aufgeregt, als wäre es sein erstes Mal. Ihm war schwindelig von ihrem Duft, von ihrem Haar und davon, wie sie sich ihm entgegendrängte, sich ihre Brüste, ihr Bauch und ihre Schenkel an ihn schmiegten, als wäre sie für ihn gemacht.

Ihre Lippen fühlten sich so warm und weich und gut an. In den vergangenen Monaten hatte er gearbeitet wie ein Bekloppter; es wurde Zeit, dass er eine langsamere Gangart einlegte. Und musste man nicht ab und zu etwas Verrücktes tun? Wie sie gesagt hatte – es war Heiligabend. „Vielleicht hattest du mit diesem Weihnachtszeug recht“, flüsterte er ihr ins Ohr.

„Aber sicher“, antwortete sie lächelnd und schlang ihre nach Aprikosen und Gurke duftenden Arme um seinen Hals.

Stöhnend drängte er sie nach hinten, bis sie gegen die Wand stieß. Er hätte einen Moment innehalten können, um diese rothaarige Schönheit zu betrachten, aber Geduld hatte noch nie zu seinen Stärken gezählt, wenn es um hübsche, willige Frauen ging. Er drängte seine Hüfte an sie, vorauf sie einen sehnsüchtigen Seufzer von sich gab und sich ihm entgegenbog. Stöhnend krallte sie sich an seinen Schultern fest.

„Ja, Süße, ich habe, was du willst.“ Während er sie weiter küsste und mit der einen Hand ihren Hinterkopf umfasste, wanderte seine andere Hand zu ihrer Brust und streichelte über die Knospe, die sich unter seiner Berührung unwillkürlich aufrichtete. Durch den Stoff hindurch drückte er sie zwischen den Fingern, und wieder stöhnte die schöne Fremde auf, was den Wunsch in ihm auslöste, ihre Brustwarze mit den Lippen, mit den Zähnen zu liebkosen, daran zu saugen. Ihre Sehnsucht zu lindern, während er sich nach etwas verzehrte, was sie nicht tun konnten. Zumindest nicht hier.

Doch die erstickten Partygeräusche, die zu ihnen hinaufdrangen, schienen so weit weg zu sein. Er sah ihr in die Augen und schob mit den flachen Händen ihr Kleid hoch – bis über die Hüften. „Es gefällt dir, was ich mit dir mache.“

Anstatt etwas zu sagen, seufzte sie nur.

„Du kannst mehr haben“, versprach er und erkundete die Innenseiten ihrer Oberschenkel mit den Fingern. Sie lehnte den Kopf an die Wand und sah zur Treppe. „Niemand kommt hier hoch“, versicherte er. „Glaub mir.“

Sie sah ihn mit großen Augen an und ließ die Hände von seinen Schultern gleiten.

Zufriedenheit durchflutete ihn. Sie gehörte ihm.

„Hey“, flüsterte er, ließ seine Hand weiter nach oben wandern und spürte, wie ihre Beine zu zittern anfingen. „Du wolltest doch ein sündiges Geheimnis …“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich …“

„Eine gute Idee.“ Seine Finger berührten Spitze und Satin. Feuchten Satin. Er wusste, dass er sie fast dort hatte, wo sie beide hinwollten.

Doch sie verspannte sich und biss sich auf die Unterlippe.

„Hey, es ist Weihnachten“, neckte er sie.

„Aber …“

Er brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen und spürte, wie sie sich wieder entspannte. „Komm schon … ich mache ja nichts, was du nicht willst. Du sagst, wo es lang geht.“

Sie? Von wegen. Fast hätte sie gelacht, aber sie war viel zu durcheinander. Sie war ganz verrückt vor Verlangen – eine solche Sehnsucht hatte sie noch nie empfunden.

Der Cocktail war ein Fehler gewesen, denn normalerweise hätte sie in der Lage sein müssen, Nein zu sagen. Normalerweise konnte sie Männern widerstehen. Allerdings war dieser Mann nicht irgendein Mann. Er war verwegen und clever, und er hatte seine Hand in ihrem Höschen und erregte sie, indem er ihre empfindlichste Stelle mit dem Finger berührte.

„Komm“, lockte er sie in unbekanntes Terrain und reizte sie, bis sie fast den Höhepunkt erreichte.

Eine Melodie von Coldplay holte sie in die Realität zurück. Mit zitternden Fingern zog sie ihr Handy aus der strassbesetzten Handtasche, die an ihrer Schulter baumelte. Ein Foto von Brie lächelte ihr vom Display entgegen. „Jetzt rufst du an.“

Er hielt in seiner Berührung inne, doch er ließ seine Finger, wo sie waren, warm und erregend. „Ist das ein Notfall?“

„Ich glaube nicht, aber …“

„Dann geh nicht dran.“

Sein Befehlston irritierte sie. „Doch.“ Egal, wie verlockend es war – sie durfte den Anruf ihrer Freundin nicht ignorieren, solange sie nicht wusste, wie es ihr ging. „Ich muss rangehen.“

Widerwillig versuchte sie, seine Hand wegzuschieben, doch diese rührte sich keinen Millimeter. Also blieb ihr nichts anders übrig, als das Gespräch ein wenig atemlos anzunehmen. „Hallo …“ Sie schloss die Augen, als würde er verschwinden, wenn sie ihn nicht sähe. Widerstand der Versuchung, sich seinen Fingern entgegenzudrängen … etwa drei Sekunden lang. „Alles in Ordnung mit dir?“

„Ja, mir geht es bestens. Warum hast du so lange gebraucht, dranzugehen?“

Brie war nicht die Einzige, der es bestens ging. „Ich bin …“ Sie konnte es Brie ebenso gut sagen. „Ich werde von einem Mann verführt. Er ist mein sündiges Geheimnis.“

„Das kannst du aber glauben“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Als sie sein stoppeliges Kinn am Hals spürte, unterdrückte sie ein Stöhnen.

Nach kurzem Schweigen sagte Brie: „Oh. Aha. Tut mir leid, dass es so spät geworden ist, aber ich bin jetzt hier. Bist du noch da? Ich habe überall nach dir gesucht.“

Nicht überall. „Ja …“ Was machte er denn nun Wunderbares mit seinem Daumen? Wie sollte sie eine halbwegs vernünftige Unterhaltung führen, während er sie mit seinen geschickten Händen in den Wahnsinn trieb? Ihr ganzer Körper glühte vor Lust. „Ich bin noch … hier. Ich habe dir ja schon gesagt …“

„Wo?“, fragte Brie ungeduldig. „Bleib, wo du bist, ich hol dich.“

„Nein! Ich komme …“

Und das tat sie. In diesem Moment, an diesem Ort. Als die Welle sie packte und mit sich riss, ließ sie die Hand mit dem Telefon sinken.

Als sie den Gipfel der Lust erreichte, unterdrückte sie ein Stöhnen, doch ein leiser Seufzer entrang sich ihr. Sie empfand nichts als süße Wonne, sank gegen seinen Waschbrettbauch, spürte, wie beeindruckend groß er war, und ließ sich treiben – sie war noch immer nicht ganz wieder auf den Boden zurückgekehrt. Zwar war sie keine Jungfrau mehr, aber so wie er hatte sie noch nie jemand zum Höhepunkt gebracht. Jetzt wusste sie, wie überwältigend die Berührung des richtigen Mannes sein konnte. Allerdings konnte eben jene Berührung, wie sie es eben am eigenen Leib erfahren hatte, eine vernunftbegabte, disziplinierte Person, die durchaus in der Lage war, Nein zu sagen, in ein willenloses Geschöpf verwandeln.

Aus der Nähe ihres Ellenbogens hörte sie Bries Stimme. „Olivia, bist du betrunken?“

„Nein.“ Nur nicht ganz sie selbst. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, hob sie ihr Telefon ans Ohr. „Wir treffen uns in der Auffahrt. Ich bin in zwei Minuten da.“

Sie beendete das Gespräch und drückte sich an der Wand entlang an dem Fremden vorbei. Jetzt, wo sie wieder bei Sinnen war, wollte sie nur noch allein sein und über das nachdenken, was sie getan hatte. Was er getan hatte. Bei dem Gedanken daran zog es sich in ihr wieder wohlig zusammen. Unverbindlicher Sex auf einem Balkon – das war so gar nicht sie. Da sie nicht wusste, was sie sagen sollte, entschied sie sich für: „Danke.“

Er hielt sie am Arm fest und sah sie spöttisch an. „Das ist alles? Danke?“

„Ja. Was willst du denn sonst noch hören?“

Seine Nüstern blähten sich und seine Kaumuskeln zuckten. „Wir sind noch nicht fertig.“

Oh … Sie sah an ihm hinunter, und beim Anblick des Prachtstücks, das sich da unter dem schwarzen Stoff seiner Anzughose abzeichnete, wurde ihr ganz schwummerig. Nur schade, dass sie sich das nicht genauer ansehen konnte. „Es tut mir wirklich leid. Aber meine Freundin wartet.“

Beunruhigend teilnahmslos sah er sie an. „Na, dann beeil dich mal. Und pass auf, wo du hintrittst.“

Ihr lief ein Schauer über den Rücken, doch ihr war klar, dass er ihr nicht drohte, sondern sie nur ermahnen wollte, vorsichtig die Treppe hinunterzugehen. Und seinen Ärger darüber verbarg, dass sie sich aus dem Staub machte, ohne ihm auch nur ihren Namen zu sagen. Oder war er genauso erleichtert wie sie, dass das nur eine kleine harmlose Eskapade an Heiligabend war? Nein, erleichtert war er sicher nicht.

Wieder ertönte der Coldplay-Song. „Ich bin in dreißig Sekunden bei dir, Brie“, sagte sie ins Telefon. „Hast du Jett schon getroffen?“ Sie war stolz, dass es ihr gelang, harmlos klingende Fragen zu stellen, während sie über ihre eigenen Füße stolperte und fast die Treppe hinunterfiel, weil sie den Blick des schönen Fremden deutlich im Rücken spürte.

„Vergiss Jett“, erwiderte Brie. „Er hat mich jedenfalls definitiv vergessen. Er findet schon allein ins Hotel zurück.“

Olivia verlangsamte ihren Schritt, als sie Brie sah, die neben dem Wagen auf und ab ging. Doch Brie hatte sie schon entdeckt und betrachtete Olivia schmunzelnd. Offenbar sah sie sehr zerzaust und sündhaft aus.

„Lass uns losfahren“, sagte Olivia.

Brie rührte sich nicht. „Das war also kein Witz mit dem sündigen Geheimnis.“

„Es ist Heiligabend.“ Der Fahrer hatte den Motor bereits angelassen und die Tür geöffnet. Olivia ging rasch auf den Wagen zu „Worauf warten wir noch?“

„Du hast es ja sehr eilig.“ Brie stellte sich ihr in den Weg. „Cinderella hat ihre Schuhe verloren …“

Oh nein. „Egal.“ Sie drückte sich an Brie vorbei, grüßte den Fahrer und stieg ein. „Es sind ja nur Schuhe.“

Ihre überaufmerksame Freundin setzte sich zu ihr auf den Rücksitz und drückte auf einen Knopf, um die Trennwand hochzufahren. Als der Wagen sanft anfuhr, zupfte sie eine Feder von Olivias Schulter und hielt sie hoch. „Und wo ist der Rest von meiner Boa?“

Olivia lehnte sich in ihrem Sitz zurück und schloss die Augen, wodurch sie das Chaos, das in ihr tobte, nur stärker wahrnahm. „Ich habe Andeutungen gemacht, Brie. Aber mehr kriegst du nicht aus mir heraus.“

Sie spürte, wie Brie näher an sie heranrückte. „Beste Freundinnen erzählen sich alles.“

„Es gibt nichts zu erzählen“, antwortete Olivia errötend. „Gar nichts.“

„So so, gar nichts also.“

Olivia seufzte. „Nichts Wildes jedenfalls.“

„Sicher nicht?“

„Nein. Ja. Egal.“

„Wie heißt er, und siehst du ihn wieder?“

„Keine Ahnung, und: Nein.“

„Hm.“ Brie klang enttäuscht. Olivia war so durcheinander, dass sie nicht wusste, was sie empfand. „Und wenn ich seinen Namen wüsste, würde ich ihn dir nicht sagen. Und da du mir auch nichts von Jett erzählt hast, sind wir quitt.“

„Jett ist mein Bruder, nicht mein Liebhaber, das ist etwas ganz anderes. Und wenn du es unbedingt wissen willst: Ich habe nichts von ihm erzählt, weil er mich darum gebeten hat.“

„Warum? Er hat doch nicht etwa irgendetwas Schlimmes getan, oder?“ Sie erinnerte sich daran, dass Brie erzählt hatte, dass er sehr verschlossen sei, und fügte im Flüsterton hinzu: „Ist er kriminell oder so?“

„Nein.“ Brie lachte. „Nichts in der Art. Aber man kennt ihn aus den Medien …“

„Ach, er ist berühmt?“ Olivia nickte. „Aber dann würde ich ihn kennen.“

„Livvie, du warst in den letzten Jahren so sehr mit deinem Studium, deiner Arbeit und der Stiftung beschäftigt, dass ich bezweifele, dass du ihn kennst. Und du weißt wirklich, wie man das Thema von sich selbst ablenkt.“

„Ich habe es dir gesagt. Na gut, nicht so ganz.“ Olivia öffnete das Fenster einen Spaltbreit, um sich den kühlen Fahrtwind ins Gesicht wehen zu lassen. „Wir haben nicht … Aber er … Ich …“ Sie lächelte. „Es war ein orgastisches Erlebnis.“

„Wow.“

„Allerdings.“ Doch Olivias Beschwingtheit schwand, als sie an etwas weniger Erfreuliches dachte. „Aber das war meine kleine Weihnachtssünde.“ Sie sah auf die Uhr. „Und Heiligabend ist vorbei.“

Der erste Weihnachtsfeiertag war angebrochen. Sie würden mit Bries geheimnisvollem Bruder zu Mittag essen – falls er überhaupt auftauchte. Und am zweiten Feiertag würden sie an Bord gehen, was bedeutete, dass Brie vier Tage nicht für ihren Bruder zu sprechen wäre. „Hast du nichts von Jett gehört?“

Brie zuckte mit den Schultern. „Er hat mir gesimst, dass er auf dem Weg zu der Party ist. Seitdem habe ich nichts von ihm gehört.“

„Er wird schon noch auftauchen. Ich kann es kaum abwarten, ihn kennenzulernen.“

Erleichtert darüber, dass er nicht weiter gegangen war, sah Jett ihr hinterher. Natürlich hätte es noch heißer werden können zwischen ihnen – wenn er nicht herausgefunden hätte, wer sie war.

Ärger in einem erdbeerfarbenen D-Cup-BH. Aus Fleisch und Blut.

Warm und weich und wundervoll. Er nahm die Federboa ab, die sie ihm um den Hals gelegt hatte, und stopfte sie so gut es ging in seine Hosentasche. Noch immer roch er ihre Haut – Aprikosen und Gurke.

Eigentlich hätte er ihr folgen können, zumindest, um ihr die Schuhe zurückzugeben, und sie dann überreden können, noch eine Weile mit ihm zusammenzubleiben. Doch dann hatte er sie seinen Namen sagen gehört.

Er hatte mit Breannas Freundin herumgemacht.

Unglaublich! Er lachte laut auf, ging zur Brüstung und sah zur Auffahrt hinunter. Dort sah er Breanna im Scheinwerferlicht eines Wagens. Und er musste nicht lange warten, bis eine rothaarige Gestalt an ihr vorbeisauste und im Wagen verschwand.

Nachdem sie angefahren waren, wandte er sich ab und sah auf den Hafen hinaus. Er brauchte ein wenig Abkühlung. Musste ein paar Minuten allein sein. Es war wirklich zum Heulen. Denn sie hatte keine Ahnung gehabt, wer er war, und er hätte einen Abend – und noch einiges mehr – mit einer Frau genießen können, die nicht hinter seinem Namen und seinem Ruhm her war.

Mit Breannas Freundin.

Die so sexy war.

Und zu haben.

Keine gute Idee.

Er dachte daran, wie er sie zum Höhepunkt gebracht hatte. Der Duft ihrer Erregung hing noch in der Luft.

Verdammt. Er würde heute Nacht sicher kein Auge schließen.

Vom ersten Augenblick an hatte er gewusst, dass sie Ärger bedeutete.

Aber nie zuvor war ihm Ärger in einer so verlockenden Form begegnet.

3. KAPITEL

„So lässt sich’s leben.“

Olivia genoss das traditionelle Weihnachtsfrühstück mit Champagner, Erdbeeren und Kopenhagener Gebäck auf dem riesigen Balkon. Leise Weihnachtsmusik drang aus dem Wohnzimmer der Suite. Sie war die Untätigkeit nicht gewohnt, aber nach dem Schuften auf der Jacht brauchte sie die Pause dringend, um neue Kraft für die Regatta zu schöpfen, die vor ihr lag.

Brie, die ebenso k. o. aussah, wie Olivia sich fühlte, betrachtete ihre tannengrün lackierten Fußnägel und wackelte mit den Zehen. „Aber nicht lange. Du würdest dich nach ein paar Tagen zu Tode langweilen.“

„Stimmt. Vielleicht sollte ich nachher mal in den Pool springen und zwanzig Bahnen schwimmen.“

Brie starrte sie an. „Nach diesem Frühstück? Wohl eher nicht. Du bist einfach nur zappelig nach deinem Abenteuer mit deinem Herrn Geheimnisvoll gestern Abend.“

Bei der Erinnerung daran lief Olivia ein wohliger Schauer über den Rücken, der sich zwischen ihren Beinen ausbreitete. „Gut möglich. Ich hatte ja keine Ahnung, dass sündigen so gut sein kann.“

„Jetzt weißt du es.“

Olivia war vor längerer Zeit mit einem Typen zusammen gewesen, an den sie ihre Unschuld verloren hatte, aber mit Jason war es nicht besonders toll gewesen, für sie zumindest nicht. Und seitdem sie und Brie sich in dem Hospiz kennengelernt hatten, in dem ihre Mutter und Bries Vater gestorben waren, hatte sie all ihre Kapazitäten in die Stiftung gesteckt und keine Zeit für Typen, Beziehungen und Sex mehr gehabt.

Aber gestern Abend … Olivia lächelte. Er hatte ihr den Mund wässrig gemacht. Es kam ihr vor, als habe er einen Teil von ihr, der im Dornröschenschlaf gelegen hatte, wachgeküsst. Und dieser Teil hatte nun einen Riesenappetit.

„Es war also gut?“

Sie seufzte. „Er hatte wundervolle Hände. Und er wusste, wie man sie benutzt.“ Lächelnd verlor sie sich einen Moment lang in der Erinnerung. „Außerdem war er gebaut wie ein junger Gott … und seine Augen …“ Sie zwang sich, nicht daran zu denken. Es war vorbei.

Besser sie wechselte das Thema. „Jett hat es also schließlich doch noch hierher geschafft.“ Sie hatte ihn hereinkommen hören, nachdem sie Brie Gute Nacht gesagt hatte. Eigentlich hatte sie vorgehabt, noch ein Glas Wasser aus der Kochnische zu holen, nur um ihn kurz zu sehen, es sich dann aber anders überlegt, da sie die beiden nicht hatte stören wollen. „Hatte er sich verirrt?“

„Ich glaube nicht.“ Brie rührte in ihrem Kaffee. „Was ich nicht ganz kapiere – er hat gesagt, dass er erst spät auf der Party angekommen sei und sich schon alles aufklären würde.“

„Sehr kryptisch.“

„Guten Morgen.“

Als sie die tiefe Männerstimme hörte, drehte Olivia sich zur Tür. „Hallo …“ Noch während sie es sagte, wich das Lächeln aus ihrem Gesicht – und alle Kraft aus ihrem Körper.

Woher wusste er, wo er sie finden würde? Was machst du hier, wollte sie fragen, doch sie tat es nicht, da sie die Antwort kannte.

Jett.

Ihr sündiges Geheimnis, das nun keines mehr war.

Der Mann von gestern Abend lehnte im Türrahmen. Und lauschte. Machte sich über sie lustig. Wie arrogant er aussah! Olivia strich mit ihren plötzlich feuchten Händen über ihre zitternden Schenkel und ihr weißes, smaragdgrün abgesetztes Sommerkleid.

Er trug khakifarbene Shorts, ein weißes Poloshirt und braune Sandalen. Jetzt erst bemerkte Olivia die roten Stilettos, die neben ihm auf dem Boden standen.

Brie bemerkte die verräterischen Schuhe offenbar nicht und erhob sich. „Jett, hast du gut geschlafen?“

„Nicht schlecht.“ Er sah Olivia an. „In Anbetracht der Umstände.“

Die Augen. Er hatte die gleichen Augen wie Brie. Wie hatte sie das nur übersehen können? Beide hatten diesen dunklen Teint und diese schwarzen Augen.

Brie küsste ihn auf die Wange. „Frohe Weihnachten!“ Sie drehte sich zu Olivia um. „Jett, ich möchte dir meine beste Freundin Olivia Wishart vorstellen. Liv, das ist Jett Davies. Mein Bruder.“

Schmunzelnd nickte er Olivia zu. „Wir hatten bereits das Vergnügen.“

Als er das Wort Vergnügen aussprach, überlief es Olivia heiß – vor Erregung und Scham gleichzeitig. Wie unverschämt von ihm, solche Andeutungen zu machen! Sie erhob sich, um einigermaßen mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Aber auch nur einigermaßen – er war immer noch gute 15 Zentimeter größer als sie. „Es ist ja sehr schön, wenn man den Namen zu einem Gesicht erfährt.“

„Ihr kennt euch?“ Brie sah die beiden verwirrt an.

„Gestern Abend“, sagte Jett und bückte sich nach den Schuhen. „Die hier hast du vergessen, Cinderella.“

Olivia sah ihn entsetzt an. Als sie einen Schritt auf ihn zu machte, um ihm die Schuhe abzunehmen, stellte er sie grinsend in den Türrahmen zurück, musterte Olivia eingehend und fragte sie schließlich, den Blick auf ihre nackten Füße gerichtet: „Oh, das tut mir leid, waren das deine einzigen Schuhe?“

„Nein.“ Sie atmete tief durch. Sie schämte sich unendlich und ärgerte sich über seine Überheblichkeit. Wäre Brie nicht dabei gewesen, hätte ihm Olivia deutlich gesagt, wo er sich die Schuhe hinstecken konnte. „Natürlich nicht. Ich bin gern barfuß. Da vergisst man leicht mal seine Schuhe.“

„Das werd ich mir merken“, sagte er grinsend.

„Wozu das?“ Sie faltete ihre Hände hinter dem Rücken, damit er nicht sah, wie sie zitterten. Diese Lausebengel-Grübchen – er machte sich über sie lustig. Nein, dieser Mann war wahrscheinlich nie unschuldig gewesen. „Was grinst du so?“

Er hob beschwichtigend die Hände. „Warum bist du so verkrampft?“

„Olivia?“, mischte Brie sich nun ein. „Würdest du mir mal bitte kurz in der Küche helfen?“

„Wir haben hier keine Küche“, erwiderte Olivia, ohne den Blick von Jett zu wenden. Sie griff nach dem Magazin, das sie gerade hatte lesen wollen. „Warum redet ihr nicht ein wenig? Ich gehe erst mal schwimmen und mache mich dann fertig für unser Weihnachtsessen. Jett – ich nehme doch mal an, dass du dich genauso sehr auf das gemeinsame Essen mit Brie freust wie sie.“

Ihr wütender Blick und ihre nicht gerade subtile Andeutung erstaunten Jett. „Darauf kannst du Gift nehmen.“ Immer noch grinsend sah er zu, wie sie sich nach den Schuhen bückte, und genoss den Blick auf ihren Po und ihre Schenkel, der sich ihm dabei bot. Sie ging ins Wohnzimmer, warf das Magazin auf einen Couchtisch neben die Federboa, die er dorthin gelegt hatte, und verschwand.

Wow, war sie heiß! „Sie scheint wütend auf mich zu sein. Muss an Weihnachten liegen.“

„An Weihnachten? Meinst du das Heiligabend-Geheimnis? Ja, sie hat so was erzählt.“ Brie folgte seinem Blick. „Und ihr habt euch nicht miteinander bekannt gemacht?“

„Warum sollten wir? Sie war nur …“ Er hielt inne. Das sollte er wahrscheinlich nicht ausgerechnet ihrer besten Freundin erzählen. „Sollte ich versuchen …?“

„Nein. Ich wäre jetzt wahrscheinlich erst mal gern allein, wenn ich sie wäre. Wie lange standest du da schon?“

„Lange genug.“

„Okay, Jett. Hör mir mal gut zu“, sagte sie sehr ernst.

Es brachte ihn stets aus der Ruhe, wenn Breanna ihn mit diesen Augen ansah, die aussahen wie seine, und jetzt war ihr Blick ganz offen und kühl.

„Olivia ist meine beste Freundin. Sie ist die großzügigste und liebevollste Person, die ich kenne. Seit Jahren hat sie vor lauter Studium und Arbeit für die Stiftung und was weiß ich nicht noch alles kaum noch ein Privatleben. Ich kann mich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal …“

„Was zwischen uns gelaufen ist, geht nur mich und Olivia etwas an.“

„Was ja auch in Ordnung ist. Du bist mein Bruder, Jett, und du bedeutest mir viel, ob du mir das glaubst oder nicht. Aber Livvie bedeutet mir mindestens genauso viel. Sie ist wie eine Schwester für mich. Also sei vorsichtig, verstanden?“

Er wusste nie, wie er damit umgehen sollte, wenn jemand so rührselige Dinge zu ihm sagte, also zuckte er mit den Schultern. „Schon gut. Du hättest mir jetzt nicht sagen müssen, dass du mich lieb hast, aber trotzdem danke.“

Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig; nun sah sie ihn an wie einen herrenlosen Welpen. „Ich werde Dad nie verzeihen, was er getan hat.“

Oh nein. Auf keinen Fall würde er sich auf tiefgründige Gespräche über ihren gemeinsamen Erzeuger einlassen. „Vergiss es“, brummte er und griff nach dem Krug kalten Wassers, der unter einem Sonnenschirm auf dem Tisch stand.

„Ich verfolge schon, was über dich geschrieben wird“, fuhr Breanna fort, während er zwei Gläser eingoss. „Ich weiß von deinen Affären mit all den Frauen von Welt, die genau wissen, worauf sie sich einlassen.“

Er reichte Breanna eines der Gläser und stürzte den Inhalt des anderen in einem Zug hinunter. Sie verfolgte also, was er so trieb? „Und?“

„Olivia ist anders.“

„Willst du mir damit sagen, dass sie gestern Abend nicht sie selbst war?“

Breanna machte eine vage Handbewegung. „Ich weiß es nicht, ich war nicht dabei. Ich sage dir nur, wie sie sonst ist.“

„Momentan will sie ja nicht einmal mit mir reden. Keine Sorge, ich rühre sie nicht an.“

Außer, sie bittet mich darum. Bei dem bloßen Gedanken an gestern Abend wurde er hart. Er setzte sich auf einen der Sessel, um die verräterische Wölbung in seinen Shorts zu verbergen. Ja, beim kleinsten Zeichen des Einverständnisses sähen die Dinge wieder ganz anders aus.

Breanna setzte sich ebenfalls. „Ich will euch ja nicht den Spaß verderben. Sie hat ein wenig Spaß verdient. Sie hat ihn sogar dringend nötig. Aber …“ Sie schien zu überlegen. „Egal. Ihr seid beide erwachsen. Es ist deine Sache. Und ihre.“

„Mach dir keine Sorgen. Du gehst morgen an Bord – ich nehme an, sie kommt mit?“

„Sie ist der Grund dafür, dass ich überhaupt teilnehme. Wir waren schon oft zusammen auf dem Wasser.“ Sie lächelte. „Ich kann es kaum erwarten. Ein tolles Weihnachten.“

„Ja.“ Er sah auf den Hafen hinaus und verschwieg seiner Schwester, dass er um diese Jahreszeit nie etwas tat, was auch nur im Entferntesten an Weihnachten erinnerte.

Als seine Reise nach Thailand mit ein paar Kumpels in letzter Minute abgesagt worden war, hatte er spontan entschlossen, die Einladung seiner Schwester anzunehmen und sie in Sydney zu treffen. Dabei war ihm nicht klar gewesen, dass er sich damit auf das volle Weihnachtsprogramm einließ. Weihnachten schien ihr furchtbar wichtig zu sein, daher sagte er nichts zu dem Thema.

Und da sie ihn nun offenbar in ein Gespräch unter Geschwistern verwickeln wollte, erklärte er: „Ich mach mal ein paar Minuten die Augen zu. Heute Nacht habe ich kaum geschlafen.“

Breanna räusperte sich. „Verstehe. Ich gehe duschen.“

„Mach nur.“ Die Luft war lau und feucht, und Jett war binnen Sekunden eingeschlummert.

Beeil dich, Mummy. Sie holte ihn immer zu spät von der Schule ab. Heute Morgen war Jett allein hingegangen, weil es ihm nicht gelungen war, sie aufzuwecken – mal wieder. Er war so hungrig, dass er seine Lehrerin bat, ihm ein Sandwich in der Kantine zu kaufen. Das machte sie manchmal, wenn seine Mutter ihm nichts zu essen gegeben hatte, weil ihr das Geld ausgegangen war.

Doch dann kam eine Fremde und brachte ihn in ein anderes Haus, sie sagte ihm, dass seine Mutter entschlafen sei. Er wusste nicht, was das bedeutete, aber er wusste, dass er sie nicht wiedersehen würde, und er heulte Rotz und Wasser. Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn lieb hatte, und versprochen, dass sie eines Tages mit seinem Vater in einem großen Haus leben würden, in dem es alles gab, was er sich wünschte.

Die Frau sagte ihm, dass er mit anderen Kindern zusammenwohnen würde und sich sicher mit ihnen anfreunden würde. Das versuchte er, aber die anderen waren gemein zu ihm, weil er der Kleinste war. Also wehrte er sich. Und dann sagte man ihm, dass er nur Ärger machte, und brachte ihn ein anderes Heim. Und wieder in ein anderes. Und er wartete darauf, dass sein Vater ihn abholte. Dann würde alles gut werden.

Und während er darauf wartete, träumte er davon, wie es sein würde. Sein Vater würde ihn lachend in die Arme schließen und ihm sagen, wie sehr er sich darauf gefreut hätte, ihn kennenzulernen.

Eines Tages sagten sie ihm, dass sein Vater wollte, dass er an Weihnachten zu ihm käme. Er war außer sich vor Freude – das würde sein erstes richtiges Weihnachten mit Truthahn und Tannenbaum und Geschenken und allem Drum und Dran werden.

Vielleicht würde sein Vater ihm ein Fahrrad schenken und ihm beibringen, wie man darauf fuhr. Er würde ihm sagen, wie sehr er ihn liebte und dass er für immer bei ihm bleiben und ein eigenes Zimmer haben würde, mit Piratenbett und Piratenlampe, weil er Piraten so toll fand.

Doch als er dort ankam, sah ihn sein Vater traurig an, anstatt zu strahlen, wie Jett es sich vorgestellt hatte. Außerdem war eine Dame da, die ihn nicht ansehen mochte und weinend das Zimmer verließ. Sein Vater zeigte ihm ein kleines Baby mit dunklen Haaren, dessen Augen genauso aussahen wie seine eigenen, und sagte, dass die kleine Breanna hieße und seine kleine Schwester sei. Nun lachte sein Vater und erlaubte Jett, Breanna zu berühren. Ihre Haut fühlte sich ganz weich an, und Jett dachte, dass es der beste Tag in seinem Leben war.

Doch dann kam die Dame herein und ging mit Breanna hinaus, und sein Vater erklärte Jett, dass er nicht zur Familie gehörte und nie dazugehören würde.

Jett streckte sich und fuhr sich mit der Hand übers Kinn, öffnete die Augen jedoch nicht. Dieses Weihnachten und die ganze düstere Vergangenheit verfolgten ihn noch immer.

Doch seine Schwester – das Baby, das ihm seinen Platz streitig gemacht hatte – war ganz anders, als er erwartet hatte. Noch immer erstaunte es ihn, dass sie sich auf die Suche nach ihm gemacht hatte, nachdem sie nach dem Tod ihres Vaters von seiner Existenz erfahren hatte.

„Du“, hörte er eine weibliche Stimme sagen – gerade laut genug, dass er sie hören musste.

Er lächelte, behielt die Augen jedoch geschlossen. „Hallo, Ärger. Ich ruhe mich ein bisschen aus. Letzte Nacht habe ich kaum geschlafen.“

„Dein Schlaf interessiert mich nicht.“

Als ihm ihr frischer Duft von Aprikosen und Gurken in die Nase wehte, öffnete er ein Auge. Ihr wundervolles Haar hing ihr noch feucht über die nackten Schultern, und ein kurzes schwarz-weiß gemustertes Kleid betonte ihre Figur, die er gestern noch eingehend erkundet hatte. Und die er vielleicht noch genauer inspiziert hätte, wenn seine Schwester Olivia nicht angerufen hätte.

Er sah, wie Olivia ihn verstohlen von der Seite anblickte; als sie bemerkte, wie er sie musterte, errötete sie und sah weg.

„Sicher nicht?“, fragte er und stellte zufrieden fest, dass sie sich verspannte. „Meine Schlafgewohnheiten wären doch ein ausgezeichnetes Gesprächsthema. Setz dich, dann können wir darüber reden.“

Jett nahm an, dass sie dankend ablehnen würde, doch sie setzte sich. „Ich muss mit dir reden. Gestern Abend …“

„Gestern Abend …“, wiederholte er vielsagend, und die verruchten Bilder hingen in der Luft. Er kam fast um vor Erregung und konnte nichts dagegen tun – er würde es ihr nicht leicht machen.

Sie räusperte sich. „Dir ist gar nicht erst in den Sinn gekommen, dass Brie sich vielleicht Sorgen um dich macht, oder? Du hast nicht einmal versucht, sie anzurufen und ihr zu sagen, wo du bist.“

„Genau das ist der Grund dafür, dass ich es nicht lange mit Frauen aushalte“, erwiderte er, musste sich aber eingestehen, dass sie recht hatte.

„Brie ist nicht irgendeine Frau, sie ist deine Schwester. Es ist mir egal, wie du mit deinen Groupies umgehst, aber nachdem du Breanna gesimst hast, dass du auf dem Weg bist, hast du dich nicht mehr bei ihr gemeldet. Sie hat sich Sorgen um dich gemacht, während du mit irgendeiner Frau rumgemacht hast.“

„Diese Frau warst du.“

„Na und? Sie hat sich darauf gefreut, den Abend mit dir zu verbringen, und du hast sie hängen gelassen. Nur weil du ein berühmter Koch und Autor und Gastrokritiker bist, wie sie mir gerade gesagt hat, und nein, ich habe dich nicht erkannt, was deinem aufgeblasenen Ego sicher einen schweren Schlag versetzt, kannst du so nicht mit Leuten umgehen, denen du etwas bedeutest. Das Wörtchen Verantwortung scheint dir völlig fremd zu sein und …“

Holla, wütend war sie besonders sexy. Feurig und energisch. Es passte zu ihrem Haar. Zu gern hätte er sie geküsst. „Verstehe. Es nervt dich, dass wir viel Spaß miteinander hatten und es nun vorbei ist, weil du zu dem Schluss gekommen bist, dass es nicht in Ordnung ist, mit dem Bruder deiner besten Freundin herumzumachen.“

Olivia errötete. Er hatte ja so recht. Und ihre Zunge war mit ihr durchgegangen. „Dazu sage ich nichts.“

„Ach, auf einmal fällt dir nichts mehr ein?“

„Es gäbe einiges zu sagen, aber ich halte mich zurück.“

„So wie gestern Abend?“ Er verzog schmerzvoll das Gesicht. „Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühle?“

Sie vermied es, seine Shorts anzusehen. „Ich habe doch gesagt, dass es mir leidtut.“

Jett sah auf den Hafen hinaus. „Ich werde mich bei Breanna entschuldigen.“

„Gut.“ Sie ging auf die Glastür des Balkons zu. „Ich glaube, wir können gleich essen. Ich gehe mal nachsehen.“ Bloß weg hier.

„Moment“, sagte er und hielt sie am Ellenbogen fest. „Wir gehen zusammen nachsehen.“

Sie wollte zurückweichen, doch er ließ sie nicht los. Als er sich erhob, streifte sein Oberkörper ihre Brüste, und ihre Knospen richteten sich auf. Es fühlte sich an, als würde er sie wie gestern mit den Fingern berühren. Olivia unterdrückte ein Stöhnen.

Das hier lief so gar nicht, wie sie es wollte. Beherrsch dich, Olivia. Doch sein verführerischer, vielsagender Blick hatte ihren Willen schon in die Knie gezwungen.

Ihr Herz raste, in ihren Lippen pulsierte es. Die Erregung strömte in den letzten Winkel ihres Körpers. Olivia sah zu ihm auf. Nur ein Kuss, sagte sie sich. Einen Kuss könnte sie ihm noch gewähren. Immerhin war Weihnachten.

„Ärger“, murmelte er, seine Lippen so nah an ihren, dass sie ihn fast schmeckte. Aber nur fast. Und dann lächelte er sein verwegenes Lächeln und ging hinein.

Nein! Zu gerne hätte sie ihm dieses Wort hinterhergerufen – und noch einige andere, weniger harmlose Vokabeln. Aber sie durfte das seltene Familienessen nicht kaputt machen. Was bildete er sich ein, sie als Ärger zu bezeichnen? Und dann auch noch in diesem lasziven Tonfall, der Erinnerungen an gestern Abend heraufbeschwor. Aber sie würde nett sein – Brie zuliebe. Morgen wären sie seemeilenweit weg.

4. KAPITEL

„Und, was sagt der Profi zu diesem Roastbeef und dem Yorkshire Pudding?“, fragte Brie, als sie sich durch das Vier-Gänge-Menü arbeiteten, das ihnen in ihrer Suite mit Hafenblick serviert wurde.

Die vom Wasser reflektierten Lichter tanzten an der Decke und auf den Gläsern. Die Luft war lau und roch nach Meer.

Jett entkorkte den Champagner. „Ich habe Urlaub. Das Roastbeef ist zart, der Pudding luftig und kross – das reicht mir.“

„Aber deine Profigeschmacksknospen nehmen doch sicher nie frei“, vermutete Olivia.

„Nein, aber manchmal esse ich gern, ohne mir allzu große Gedanken darüber zu machen – heute zum Beispiel.“

„Verständlich.“ Olivia nickte. „Manchmal will man sich einfach verwöhnen lassen und genießen.“