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Julia, Anfang 20, ist fremd in der Stadt. Als sie in die neue WG zieht, kennt sie niemanden, doch das ist für sie auch nicht wichtig. Julia ist hier, um zu vergessen. Der Frage, warum sie die Uni gewechselt hat, weicht sie geschickt aus. Julia gibt nicht viel über sich preis, versucht sich lediglich auf ihr Studium und das Geldverdienen zu konzentrieren und legt keinen Wert auf Freunde oder Partys. Allerdings dulden ihre Mitbewohner kein Mauerblümchen in ihrer Umgebung und schaffen es, Julia aus der Reserve zu locken, gemeinsam zu feiern, Spaß zu haben und sich gegenseitig Streiche zu spielen. Julia hat für jeden ein offenes Ohr und versucht zu helfen, wo sie kann, lediglich sich selbst läßt sie nicht helfen. Nur wenn Julia es schafft, ihr dunkles Geheimnis zu vergessen, kommt sie aus sich heraus und ist lebenslustig. Ansonsten hat sie sich selbst jegliche Form von Spaß oder auch die Liebe verboten, denn zu groß ist die Last, die auf ihren Schultern ruht. Doch ihr Herz spricht eine andere Sprache. Wird Julia es schaffen, ihr Schicksal zu verändern?
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Seitenzahl: 664
Veröffentlichungsjahr: 2012
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Julias Geheimnis
von
Jennifer Weise
Impressum
Julias Geheimnis
Jennifer Weise
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2012 Jennifer Weise
ISBN 978-3-8442-4204-1
„Warte, Julia! Ich helf’ dir!“
Ich drehte mich um und entdeckte hinter mir Frank, der zusammen mit einem jungen Mann auf mich zukam.
Ich stellte meinen großen Rucksack wieder ab und reichte Frank die Hand.
„Das ist übrigens Matthew, er hat das Zimmer neben dir!“
Also begrüßte ich auch ihn und ging dann hinter den beiden her ins Dachgeschoss.
„Hast du da Steine drin? Der wiegt bestimmt mehr als du!“ keuchte Frank im Treppenhaus.
„Nein, aber Bücher.“
„Glaubst du etwa, du kommst bei uns zum Lesen?“
Irritiert blieb ich auf der Treppe stehen. Wie hatte Matthew das jetzt gemeint?
„Hier ist Party angesagt!“ redete er weiter.
Ich beschloss auf seine lockere Art einzugehen.
„Ich hoffe mal, dazu ladet ihr ein paar nette Kommilitonen ein!“
Nun blieb Matthew stehen und sah mich an.
„Etwa solo?“
„Jetzt fang nicht gleich an zu flirten, Matthew! Hilf mir lieber mit Julias Tasche!“ mischte sich Frank ein.
Matthew lief die paar Stufen zu Frank und nahm ihm den Rucksack ab. Ich hatte den Verdacht, dass er mir imponieren wollte, allerdings bemerkte ich auch sofort seinen überraschten Gesichtsausdruck, als er meine Sachen anhob. Dennoch ließ er sich nichts anmerken und stellte die Tasche in mein Zimmer.
„Dafür gibst du nachher zum Einstand aber einen aus!“ forderte Matthew mich auf.
„Trinkt ihr Bier?“ fragte ich und holte aus meinem Rucksack einen Sechserpack.
„Du weißt, wie man sich einschmeichelt“, grinste Matthew und verschwand mit dem Bier in der Küche.
Ich setzte mich erst mal auf mein Bett und sah mich in meinem kleinen Zimmer um. Ich hatte lange suchen müssen, bis ich ein erschwingliches, möbliertes Zimmer gefunden hatte. Auch wenn der Raum winzig war, würde das für mich völlig reichen. Als ich mir den Raum zum ersten Mal angesehen hatte, lernte ich Frank, Simone und Giselle kennen. Sie waren mir alle sehr sympathisch. Nun saß ich in Giselles altem Zimmer. Ich fand es schon etwas schade, dass ich die anderen Mitbewohner vorher nicht kennen lernen konnte, allerdings hatte ich schon so lange nach einem Zimmer gesucht, dass ich einfach zugegriffen hatte. Zumindest waren Frank und Simone ganz nett.
Es klopfte an meine Tür.
„Ja?“
„Kommst du mit in die Küche?“ fragte Frank.
Also folgte ich ihm und ließ mir von Matthew ein Bier öffnen.
„Simone ist übrigens letzten Monat ausgezogen“, eröffnete mir Frank.
„Habt ihr schon jemand anderen?“
„Ja, zum Semesterbeginn kommt Antonia.“
„Und wie ist sie so?“
„Ich fand sie ganz nett. Sie ist Erstsemesterin, erst zwanzig und sie sieht dir sogar ähnlich!“
„Nur weil sie nach deiner Beschreibung auch blond, klein und schlank ist, sehen die beiden sich noch lange nicht ähnlich, Matthew!“
An mich gewandt meinte Frank:
„Aber für ihn sehen eh alle Frauen gleich aus!“
„Und wer wohnt noch hier?“
„Im Moment hast du Glück, du bist mit uns beiden alleine“, äußerte Matthew.
„Warum nennst du das Glück?“
„Andere Frauen wären glücklich mich für sich zu haben!“
Ah ja, so ein Typ war Matthew also. Ich wollte schon mit einem Spruch antworten, besann mich aber eines besseren. Ich musste es mir nicht schon am ersten Tag mit Matthew verderben.
„Und wann kommen die Anderen?“ ging ich also nicht auf ihn ein.
Frank grinste.
„David und Antonia kommen erst in vier Wochen, Robin wahrscheinlich in zehn Tagen.“
„Wahrscheinlich?“
„Sie nimmt es nicht so genau mit Zeitangaben“, erklärte Matthew.
„Dann sind wir hier drei Frauen und drei Männer?“
Nun sahen Frank und Mathew sich an. Grinsend bestätigten sie das schließlich.
„Und warum bist du schon einen Monat vor Semesterbeginn hier, Julia?“
„Warum nicht, Matthew? Sonst hätte ich ja deine nette Gesellschaft versäumt!“
„Endlich mal jemand, der mich zu schätzen weiß! Du gefällst mir, Mädel!“
„Was studiert ihr?“
„Lehramt“, war Franks kurze Antwort.
„Welche Fächer?“
„Mathe und Sport.“
„Wievieltes Semester?“
„Ich komm’ jetzt ins sechste.“
„Und wie alt bist du?“
„Vierundzwanzig. Fertig mit dem Verhör?“
Ich nahm einen Schluck von meinem Bier.
„Du könntest ja auch einfach von dir aus erzählen!“
„Du bist die Neue!“
„Und?“
„Dann fängst du auch an!“
Matthew bestätigte Franks Worte, also begann ich:
„Ich bin hier, um mein Hauptstudium zu machen.“
„Sollen wir dir jetzt auch jedes Wort aus der Nase ziehen?“ fragte Matthew vorwurfsvoll.
„Ich bin vierundzwanzig, will Diplom-Dolmetscherin für Englisch und Spanisch werden und hab’ mein Grundstudium an einer kleinen Uni im Norden gemacht. Für die letzten fünf Semester hab’ ich mich hier eingeschrieben.“
„Warum hast du die Uni gewechselt?“
„Weil meine Mitbewohner zu neugierig waren!“ gab ich zurück.
Frank lachte.
„Was wollt ihr sonst noch wissen?“
„Hast du einen Freund?“
„Ich habe viele Freunde, allerdings kenne ich in dieser Stadt außer euch noch niemanden.“
„Wenn du willst, zeig’ ich dir die Stadt“, bot Mathew gleich an.
„Darauf komm ich gern zurück! Was machst du eigentlich?“
„Ich studier auch auf Lehramt. Mein Hauptfach ist Deutsch, Nebenfach Sport. Bin im fünften Semester. Außerdem bin ich noch zu haben“, fügte er gleich hinzu.
„Wie alt bist du?“
„Dreiundzwanzig, ich steh’ also in der Blüte meines Lebens!“
„Redet der immer so oder nur wenn er was getrunken hat?“ wandte ich mich an Frank.
„Da wirst du dich dran gewöhnen müssen, Julia! Aber keine Sorge, er hat bloß ne große Klappe!“
„Hast du eigentlich nen Führerschein?“ fragte Frank zusammenhanglos.
„Ja.“
„Klasse!“ freuten sich die beiden.
„Allerdings keinen Wagen, den kann ich mir nicht leisten“, gab ich zu Bedenken.
„Macht nichts, Frank hat einen!“
„Jobbst du nebenbei, Frank?“
„Klar! Wir arbeiten beide in einem Fitness Studio“, verriet Matthew gleich.
„Arbeitest du da oder versuchst du Frauen aufzureißen?“
„Sie hat dich durchschaut, Matthew!“
„Wenn du gerne ins Fitness Studio gehst, kann ich da preislich was machen.“
„Nettes Angebot, Matthew, aber da halt ich mich lieber an Frank!“
„Es ist unglaublich, Frank! Du sagst kaum was und kriegst trotzdem immer die Frauen ab!“
„Vielleicht solltest du darüber mal nachdenken“, neckte ich Matthew.
Ich verbrachte einen netten Abend mit den beiden und fühlte mich gleich nicht mehr so allein. Auch wenn Matthews Art auf Dauer bestimmt nervig war, so gab es doch Schlimmeres. Ich würde mich schon an ihn gewöhnen. Eigentlich wunderte mich sein Gerede gar nicht, er war ein echter Sunnyboy, so wie er aussah, liefen ihm die Mädchen wahrscheinlich scharenweise hinterher. Genau wie Frank war er groß und durchtrainiert. Matthew war blond und blauäugig, Frank hingegen hatte schwarzes Haar und dunkelbraune, große Augen.
Als ich alleine in meinem Zimmer war, legte ich mich gleich ins Bett. Meine Sachen konnte ich auch noch morgen auspacken.
Als ich aufwachte, waren Frank und Matthew noch in ihren Zimmern. Also frühstückte ich allein, packte danach meine Sachen aus und räumte dann die Küche auf. Ich hatte nirgends einen Putzplan entdeckt und wollte nicht sofort negativ auffallen. Dass ich etwas schlampig war, würden meine Mitbewohner noch früh genug bemerken.
Danach nahm ich mir mein Fahrrad, das ich gestern vor der Tür abgeschlossen hatte und suchte einen Supermarkt. Ich war mir nicht sicher, wie die beiden darauf reagieren würden, dass ich mir das Frühstück bei ihnen geliehen hatte, also wollte ich alles schnell wieder ersetzen. Eigentlich hatte ich bereits gestern vorgehabt einzukaufen, aber ich musste auf dem Weg hierher dreimal umsteigen und hatte meinen Anschlusszug verpasst, weil der Erste Verspätung hatte. Leider hatte mir auf den Bahnsteigen niemand geholfen und so musste ich mich mit meinem Fahrrad und meinem Rucksack alleine rumquälen.
Als ich die Wohnungstür aufschloss, sah ich gleich Matthew. Er ging in seiner Unterhose in die Küche und fragte verschlafen:
„Hast du Brötchen mitgebracht?“
Kein schlechter Anblick! Matthew hatte einen durchtrainierten, muskulösen Körper. Als ich Matthew hinterher sah, fiel mir sofort sein knackiger Hintern auf. Nun kam Frank aus dem Bad, auch er trug nicht mehr als einen Slip und auch für ihn schien das völlig selbstverständlich zu sein.
„Morgen, Julia!“ grüßte er freundlich.
„Guten Morgen, Frank“, antwortete ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
An den Anblick der beiden könnte ich mich durchaus gewöhnen!
Ich ging hinter ihnen her in die Küche und legte Brötchen auf den Tisch.
Erstaunt sahen sie mich an.
„Gewöhnt euch nicht dran! Das mach’ ich nicht jeden Morgen!“
„Schade!“
Während ich meine Einkäufe auspackte, fragte ich:
„Gibt’s hier eigentlich nen Putzplan?“
„Du bist dran!“ bemerkten sie gleichzeitig.
„Das hier ist nicht meine erste WG!“
„War aber einen Versuch wert!“ rechtfertigte sich Matthew.
„Der Plan hängt hier“, verriet Frank und öffnete einen der Küchenhängeschränke.
„Und wie ist das mit dem Badezimmer?“
„Wenn du mit Putzen dran bist, musst du das natürlich mitmachen!“ entgegnete Matthew verständnislos.
„Ich meinte eher einen Zeitplan.“
„Kommst anscheinend aus ner großen WG“, folgerte Frank.
„Wir waren zu acht und hatten nur eine Toilette.“
„Wahrscheinlich auch noch alles Mädels?“ wollte Mathew wissen.
„Na, das hätte sicher ein totales Chaos gegeben!“
Bei dieser Vorstellung musste ich lachen.
„Bis jetzt hat das auch ohne Plan ganz gut geklappt, außerdem haben wir ja auch noch das kleine Gäste WC“, erklärte Frank.
„Weiß einer von euch wo ich das `blue elephant` finde?“ wechselte ich das Thema.
Die beiden hielten für einen Moment mit ihrem Frühstück inne und sahen mich an.
„Was willst du da denn?“
„Ich hab’ da heute Nachmittag ein Vorstellungsgespräch.“
„Als was?“ fragte mich Frank und beide beobachteten mich genau.
„Als Serviererin, wieso?“
„Warum gerade im `blue elephant`?“
„Weil die gut zahlen!“
„Ich hoffe, du weißt auch warum.“
„Klar, weil ich fließend spanisch spreche und die dort ne Menge Geschäftskunden haben.“
Jetzt lachten Frank und Matthew. Irritiert sah ich sie an. Als sie sich wieder beruhigt hatten, riet Frank mir:
„Nur ein kleiner Tipp, Julia, geh’ ins `blue elegant`!“
„Aber wenn du im `blue elephant` anfängst, werd’ ich da sofort Stammkunde!“ lachte Matthew.
Später fand ich raus, dass das ´blue elephant` eine oben ohne Bar war. Das wäre ja was geworden!
Noch am selben Tag fing ich mit meiner Arbeit in der Bar an. Anfangs nur zur Probe, aber der Chef war zufrieden mit mir und so hatte ich schnell einen Job gefunden. Während meines Grundstudiums hatte ich in einer Studentenkneipe gejobbt. Meine Hoffnung, in einer nobleren Bar von den Gästen besser behandelt zu werden, erfüllte sich leider nicht. Die betuchteren Gäste waren genauso anzüglich wie alle anderen, allerdings fiel das Trinkgeld hier höher aus.
Schnell hatte ich herausgefunden, warum Matthew und Frank so begeistert von meinem Führerschein waren: Sie gingen beide gerne auf Partys und tranken Alkohol, also brauchten sie einen Fahrer. Auf die Art lernte ich wenigstens einige Leute kennen. Außerdem waren die beiden im betrunkenen Zustand einfach nur süß! Es hagelte von ihnen Komplimente, sie waren absolute Gentlemen und ich genoss es tatsächlich, so von ihnen umgarnt zu werden. Allerdings verlor ich auch schnell wieder die Lust, mit ihnen auf diese Partys zu gehen, auf Dauer war es ziemlich nervig den Anderen beim Trinken zuzusehen.
Als ich an einem Abend von der Arbeit nach Hause kam, waren beide noch nicht da, sie hatten heute Spätschicht im Fitness Studio. Ich legte mich total geschafft auf die Couch und schaltete den Fernseher ein, denn ich hatte noch keine Lust ins Bett zu gehen. Ich sah einen spannenden Thriller und zog mir in einer Werbepause schnell mein Schlafzeug an und holte meine Bettdecke, dann machte ich es mir wieder bequem. Ich hatte kein Licht eingeschaltet, was den Film noch spannender machte. Eine Frau war alleine in ihrem Haus und hatte aus dem Erdgeschoss Geräusche gehört. Also ging sie nach unten, wo aller Wahrscheinlichkeit nach der Killer bereits auf sie wartete…
„Buuh!“
Ich schrie auf, als ich die Stimme hörte und eine Hand auf meiner Schulter spürte. Hinter mir stand plötzlich ein Mann und ich kullerte tatsächlich von der Couch. Dann ging das Licht an und Matthew und Frank konnten sich kaum halten vor Lachen.
„Du Blödmann!“ rief ich, schnappte mir ein Kissen und schlug damit auf Matthew, der mich so erschreckt hatte, ein. Er wollte wegrennen, aber ich ließ nicht locker und rannte hinterher.
Als wir lachend zurück ins Wohnzimmer kamen, lag nun Frank eingekuschelt in meine Decke auf der Couch.
„Na, das hast du dir wohl so gedacht!“
Kurzerhand packte ich ihn am Rücken und schubste ihn von dem Sofa, um mich dann schnell auf meinen Platz zu legen.
Matthew lachte und Frank schien irritiert zu sein, mit so einer Reaktion hatte er wohl nicht gerechnet.
„Das ist meine Couch!“ erklärte ich todernst.
Es war die einzige Couch, ansonsten gab es lediglich zwei Sessel.
„Wie kommst du auf die Idee?“
„In meiner alten WG war das Sofa auch der Weiblichkeit vorbehalten!“
„Und das sollen wir dir glauben?“
Ich nickte und versuchte dabei todernst zu gucken.
Frank und Matthew sahen sich an, dann schnappte Matthew sich meine Beine, Frank hob mich an meinen Schultern hoch und sie nahmen mich einfach von dem Sofa und setzten mich auf einen der Sessel.
„Hier läuft das anders!“ erklärten sie.
Wenn sie gedacht hatten, ich würde mir das gefallen lassen, dann hatten sie sich geirrt. Dieses Spiel hatte ich in meiner alten WG schon viel zu oft gespielt, als das sie mich hätten einschüchtern können.
Da sie nun beide auf dem Sofa saßen, in ihrer Mitte aber noch ausreichend Platz war, nahm ich mir meine Decke, setzte mich zwischen sie, um gleich darauf meine Füße auf Matthews Schoß zu legen. Mit dem Kopf legte ich mich auf Franks Beine.
„Ich lass mich doch nicht vertreiben!“ verkündete ich gespielt empört.
Es war ein Mittwoch, als ich durch das Läuten an der Tür wach wurde. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es erst halb sieben war. Ich drehte mich um und wollte weiter schlafen, aber das Klingeln verstummte nicht und die Männer schien es nicht zu stören. Schlaftrunken öffnete ich die Tür.
„Na endlich! Hast du ne Ahnung, wie lange ich hier schon steh’, Liebes?“
Ein junger Mann in einem merkwürdig schrillen Outfit betrat die Wohnung, schloss die Tür und küsste mich dann auf jede Wange.
„Bist du Antonia oder Julia?“
„Julia!“
„Willkommen, Liebes!“ schon schloss er mich in seine Arme.
„Und du bist?“
„Ach so, entschuldige, Liebes. Ich bin Robin.“
Robin? Hatten Matthew und Frank nicht gesagt, Robin wäre eine Frau?
„Dein Schlafanzug ist ja allerliebst! So einen hätte ich auch gerne!“
Ich sah an mir herunter. Ich trug eine kurze Pyjamahose und ein Träger-Shirt mit Teddys drauf.
„Ich hab’ noch mehr davon, kannst gerne einen abhaben“, bot ich spontan an, denn Robins Art gefiel mir. Er kam so herzlich und ehrlich rüber, dass ich ihn gleich in mein Herz schloss.
„Gerne Liebes! Magst du uns einen Kaffee kochen, dann können wir gleich ein bisschen quatschen!“
Ich sah Robin hinterher, wie er mit dem Hintern wackelnd in sein Zimmer verschwand.
Also ging ich in die Küche, setzte Kaffee auf und lief dann zurück in mein Zimmer.
Kurz darauf klopfte es an meine Tür. Ohne auf eine Antwort zu warten, kam Robin rein.
„Du brauchst dich wegen mir nicht anziehen, Liebes!“
„Mach ich auch gar nicht, Robin. Ich hab’ dir zwei Schlafanzüge rausgesucht, wenn du magst kannst du dir einen aussuchen!“ bot ich an.
Robin nahm sich den mit den kleinen Kätzchen drauf und verschwand damit wieder in seinem Zimmer.
Kurz darauf kam er in meinem Schlafanzug zu mir in die Küche.
„Der ist ja so süß, Liebes! Meinst du, der ist mir zu eng?“
Der Schlafanzug spannte schon ganz schön, sah aber irgendwie auch witzig an Robin aus.
„Er passt zu dir!“
„Nun erzähl mal, Liebes! Was hat dich hierher verschlagen? Du siehst nicht wie ein Erstsemester aus!“
Also erzählte ich Robin von meinem Studium.
„Und du?“
„Ich will mein Diplom in Psychologie machen und bin im vorletzten Semester.“
„Wie alt bist du?“
„Schon sechsundzwanzig, aber verrat’s nicht weiter!“
In diesem Moment betrat Matthew wie immer leicht bekleidet die Küche. Wieder konnte ich nicht widerstehen und ließ meinen Blick über seinen Körper wandern.
„Hallo Süßer!“ begrüßte Robin Matthew.
„Hier wird einem schon am frühen Morgen was geboten“, schwatzte Robin zwinkernd. Mein Blick war ihm nicht entgangen.
„Robin, lass den Scheiß!“ warnte Matthew.
Endlich hatte ich einen Verbündeten gegen Matthew und Frank gefunden.
„Gibt’s diese nette Show tatsächlich jeden Morgen oder nur während der Ferien?“ erkundigte ich mich lächelnd.
„Jeden Morgen, Liebes!“
„Was hältst du davon, wenn wir das von nun an jeden Morgen gemeinsam genießen, Robin?“
„Was willst du genießen, Julia?“ fragte Frank, der nun auch in die Küche kam.
Robin kam mir zuvor:
„Zwei sexy Männerkörper!“
Frank sah mich an und ich ließ meinen Blick grinsend über seinen Körper gleiten. Es machte mir tatsächlich Spaß, mich so mit den Männern zu unterhalten. In meiner alten WG hatte ich mit anzüglichen Blicken und Sprüchen leben müssen. Ich hatte es nie als schlimm empfunden, aber manchmal war es schon nervig. Allerdings empfand ich es als spaßig, den Spieß einfach umzudrehen.
Matthew und Frank schien das nichts auszumachen, sie setzten sich zu uns an den Frühstückstisch.
„Hej, Robin! Nur gucken, nicht anfassen!“ stellte Frank gleich klar, als er sich zu ihm setzte.
Matthew setzte sich zu mir und erklärte:
„Das gilt übrigens nicht für dich, Julia!“
„Auf dich oder auf Frank bezogen?“ fragte ich frech.
Robin lachte.
Ich freundete mich schnell mit Robin an. Er gab mir viele Schminktipps, wir machten uns regelmäßig irgendwelche Gesichtsmasken und zogen Frank und Matthew auf. Genau wie ich alberte Robin gerne mit den beiden rum. Robin erschien mir immer fröhlich, er hatte grundsätzlich gute Laune. Doch manchmal, wenn ich ihn heimlich beobachtete, hatte ich das Gefühl, dass Robin in seinem tiefsten Inneren sehr unglücklich war.
Gerade betrat ich die Wohnung, da sah ich schon das junge Mädchen. Sie stand verschüchtert neben Matthew und sah ihn unsicher an. Ich ging zu den beiden.
„Hallo Julia, das ist Antonia“, stellte er sie mir vor.
„Hallo Antonia! Hoffentlich war Matthew nett zu dir!“
Schüchtern gab sie mir die Hand.
„Hat Matthew dir schon alles erklärt?“
„Ja, er meinte, ich hätte diese Woche gleich Putzdienst!“
„Sagt er das?“ fragte ich, während Matthew mich angrinste.
Dann schnappte ich mir ein Sofakissen und schlug damit einmal zu. Danach drückte ich es Antonia in die Hand.
„Hier! Damit darfst du Matthew verhauen, wenn er frech wird!“ erklärte ich ihr und zeigte ihr dann den Putzplan.
Als wir alleine waren, fragte sie mich:
„Ist er immer so?“
„Matthew? Ja, aber keine Sorge, das sind alles bloß Sprüche. Er ist sonst ein ganz netter Kerl.“
Antonia sah mich wenig überzeugt an.
„Kennst du die Anderen schon?“
Da sie den Kopf schüttelte, ging ich mit ihr zu Frank. Auf mein Klopfen öffnete er die Tür.
„Du musst Antonia sein“, begrüßte er sie gleich freundlich und fing ein Gespräch mit ihr an.
Antonia war etwa einen Kopf größer als ich, schlank und hatte lange blonde Haare, die sie offen trug. Ich band meine Haare meist zu einem Pferdeschwanz zusammen.
Dann ging ich mit Antonia zu Robin, die beiden verstanden sich auf Anhieb und Robin und ich beschlossen, Antonia unter unsere Fittiche zu nehmen.
Wir drei standen gerade in der Küche und waren gemeinsam am Kochen, als ein Mann die Küche betrat. Robin umarmte ihn gleich.
„Hallo David! Wie waren deine Ferien?“
Das war also David! Er war nicht so groß wie Frank und Matthew, sondern nur etwas größer als ich. David war mollig und hatte graue Schläfen. Ich fragte mich, wie alt er wohl sein mochte.
Robin stellte uns vor.
„Was macht ihr beiden so?“ fragte er uns gleich.
Zu meiner Verwunderung fing Antonia gleich an zu erzählen:
„Ich hab’ noch keine Ahnung, was ich machen will, deswegen hab’ ich mich erst mal für verschiedene Bereiche als Gasthörerin eingetragen.“
„Wie alt bist du, Antonia?“
„Zwanzig.“
„Dann schau dich mal in Ruhe um“, meinte er freundlich.
„Und wie alt bist du?“ fragte sie.
„Fast dreißig.“
„Bist du Langzeitstudent oder willst du Arzt oder so was werden?“
Ich war erstaunt, woher kam plötzlich diese Offenheit? Vor Matthew und Frank hatte sie kaum den Mund aufgekriegt und nun das!
„Nein, ich studiere Informatik. Vorher hab’ ich ne Ausbildung im Handwerk gemacht, dann das Abi nachgeholt und nun bin ich hier“, erklärte David.
„Und was ist mit dir?“ wandte David sich an mich.
„Sie wollte gleich an ihrem ersten Tag im `blue elephant` anfangen“, zog Matthew mich auf.
Erstaunt sahen Robin und David mich an.
Ich baute mich vor Matthew auf, stemmte die Hände in meine Hüften und musterte ihn mit funkelnden Augen.
Das schien Matthew überhaupt nicht zu beeindrucken. Er hob mich einfach hoch und stellte mich zur Seite. Dann begrüßte er David.
„Das lässt du dir doch wohl nicht gefallen?“ fragte Robin gleich.
Suchend sah ich mich in der Küche um. Robin reichte mir eins der Stuhlkissen.
„Nein, natürlich nicht!“
Schon schlug ich von hinten zu.
Unbeeindruckt drehte Matthew sich zu mir um.
„David, Julia ist übrigens ein kleiner Wildfang. Ich bin noch dabei, sie zu zähmen“, erklärte er ruhig und nahm mir dann das Kissen weg.
Also drehte ich mich um und rannte weg. Matthew kam hinterher, im Wohnzimmer hatte er mich eingeholt, hielt mich fest und begann damit mich zu kitzeln.
„Gnade!“ bat ich.
„Bist du auch brav?“
„Ganz brav, Matthew!“ versprach ich.
Antonia beobachte Matthew und Julia. Gerne wäre sie genauso unbefangen mit den Männern umgegangen, aber sie fühlte sich von Matthew und Frank eingeschüchtert. Sie sahen beide so perfekt aus, sie selbst fühlte sich dagegen unattraktiv. Auch sie beobachtete die beiden morgens beim Frühstück, allerdings nicht so offen wie Julia und Robin. Das hätte sie sich nie getraut. Allerdings frühstückte sie auch nicht wie Robin und Julia in ihrem Schlafzeug. David hingegen hatte ihr gleich Vertrauen eingeflößt. Er sah bei weitem nicht so perfekt aus, David war etwas kleiner als sie und man konnte ihn nicht unbedingt als schlank bezeichnen. Er hatte keine dummen Sprüche auf Lager gehabt und erschien ihr sympathisch. Genauso wie Robin, denn auch er war kein Schönling, sondern ein absoluter Exot.
Julia hingegen beneidete sie um ihre lockere Art, sie kam bisher mit jeden hier klar, ließ sich nichts gefallen und man sah ihr an, dass sie Spaß hatte.
Unglaublich, dass sie bereits an dem Tag nach ihrer Ankunft einen Job hatte. Auch Antonia suchte nach Arbeit, aber bisher hatte sie nichts gefunden. Vielleicht sollte sie einfach Julia um Hilfe bitten? Allerdings war Julia selten allein und Antonia wollte sie nicht vor den Anderen fragen.
Später am Abend hatte Antonia Glück, denn Julia saß allein im Wohnzimmer.
„Julia, kann ich dich mal was fragen?“
„Ja, klar! Was gibt’s denn?“ In dem Moment kamen Matthew und Frank in die Stube. Mir fiel Antonias Blick auf, dass sie den beiden gegenüber unsicher war, konnte sie vor mir nicht verbergen.
„Gehen wir in mein Zimmer?“ bot ich ihr an.
Erleichtert nickte Antonia.
Als wir auf meinem Bett saßen, begann Antonia mir von ihrem Problem zu erzählen.
„Was für Arbeit suchst du denn?“
„Das ist mir ziemlich egal!“
„Hast du schon mal gejobbt?“
„Ja, in den Sommerferien.“
„Als was?“
„Verrätst du`s den Anderen?“ fragte sie mich unsicher.
„Warum sollte ich?“
„Ich hab’ geputzt“, verriet sie leise und sah mich dabei nicht an.
„Was ist daran so schlimm?“
Als Antonia nicht antwortete, redete ich weiter:
„Ich hab’ während meiner ersten beiden Semester auch geputzt.“
Erstaunt sah sie mich an.
„Danach hab’ ich dann in ner Kneipe angefangen, weil das besser bezahlt wurde, aber der erste Job war besser!“
„Wieso?“
„Wenn die Betrunkenen einen ewig anmachen kann das schon ganz schön nerven!“
„Dich stört das?“
„Ja, und ob! Wenn ich das Geld nicht bräuchte, würde ich meinen Job im `blue elegant` sofort hinschmeißen!“
„Wie kommst du dann mit Matthew und Frank klar?“
„Erfahrung.“
„Wie meinst du das?“
„Ich hab’ vorher in einer WG mit sieben Männern gelebt.“
„Und du warst die einzige Frau?“
„Ja, das war nicht immer leicht, aber ich hab’ gelernt, damit umzugehen.“
„Und warum hast du mitten im Studium die Uni gewechselt?“
Ihr konnte ich schlecht dieselbe Antwort geben wie Matthew.
„Hier hab´ ich mehr Möglichkeiten“, erwiderte ich also ausweichend.
„Antonia, wegen einem Job könntest du hier anrufen. Das ist eine Vermittlungsagentur für Studenten, die haben mir auch weiter geholfen.“
Sie sah sich die Nummer an.
„Da hab’ ich’s schon versucht, die nehmen wirklich nur Studenten.“
Ich überlegte kurz.
„Am Stadtrand gibt es eine Villa, dort wurde letzten Monat noch eine Hilfe gesucht. Vielleicht haben die noch niemanden.“
„Was für eine Hilfe?“
„Keine Ahnung, zu dem Vorstellungsgespräch war ich nicht mehr, weil ich ja schon was hatte.“
Ich schrieb Antonia die Nummer auf, dann gingen wir zurück ins Wohnzimmer.
David saß auf einem der Sessel. Matthew, Frank und Robin lümmelten auf der Couch. Es wunderte mich nicht, dass Antonia sich schnell den freien Sessel nahm. Entschuldigend sah sie mich an. Ich lächelte verständnisvoll, so hatte ich in meiner ersten WG auch angefangen.
„Komm her, Liebes!“ forderte Robin mich auf.
Er saß zwischen Frank und Matthew, rutschte nun dicht an Frank und klopfte auf das kleine Stückchen Platz zwischen ihm und Matthew.
Frank rutschte auch zur Seite, aber Matthew machte mir natürlich keinen Platz…
Es gab Tage, da bereute ich meinen Wechsel an diese Uni. Stoffmäßig hatte ich viel aufzuholen, dabei hatte man mir vorher versichert, dass diese Uni an derselben Stelle mit dem Hauptstudium anfangen würde wie meine Alte. Dennoch versuchte ich mich durchzukämpfen. Allerdings brauchte ich für heute eine Pause, irgendwie ging gar nichts mehr. Ich war müde, denn gestern hatte ich länger arbeiten müssen und danach hatte ich noch gelernt. Also ließ ich die letzte Vorlesung für heute sausen und ging nach Hause.
Ich hatte es mir gerade in meinem Bett gemütlich gemacht, da hörte ich, wie die Wohnungstür zuknallte, danach eine Zimmertür und dann hörte ich auch das leise Schluchzen. Also stand ich auf und klopfte an Antonias Zimmertür.
„Was ist denn los?“
Nun schüttete sie mir ihr Herz aus. Sie war einsam und schaffte es als Gasthörerin einfach nicht Kontakte zu knüpfen, außerdem wurde sie nie zu einer der Studentenpartys eingeladen.
„Haben Matthew und Frank dir nicht angeboten, dich mitzunehmen?“
„Doch, schon…“
Ich verstand.
„Was hältst du davon, wenn wir beide uns dieses Wochenende den Jungs anschließen?“
„Du würdest mit mir auf eine Party gehen?“
„Ja, klar! Warum auch nicht!“
„Du gehst doch sonst auf keine Partys“, überlegte sie laut.
„Glaubst du, ich hab’ Lust mit den beiden alleine zu gehen?“
Nun lächelte Antonia mich an.
„Aber du musst sie fragen!“ forderte sie.
Ich hörte wie Matthew und Frank kamen, wie immer waren sie nicht gerade leise.
Also ging ich gleich auf den Flur.
„Ist am Wochenende wieder eine Party?“ fragte ich ohne Begrüßung.
„Klar, morgen schon!“
„Nehmt ihr uns mit?“
Antonia stand mittlerweile hinter mir.
„Sicher, aber du fährst!“
Damit hatte ich gerechnet, also durfte ich wieder nichts trinken.
Nachdem das nun geklärt war, konnte ich mich endlich in mein Bett legen.
Am nächsten Morgen war ich etwas früher als gewöhnlich in der Uni, dort hängte ich einen Zettel an das schwarze Brett, denn ich suchte dringend Nachhilfe, mir war klar, dass ich sonst niemals den Anschluss finden würde.
Bereits am Mittag klingelte mein Handy.
„Hallo?“
„Hallo! Bist du diejenige, die Nachhilfe in Englisch braucht?“
„Ja, genau. Und du glaubst, du kannst mir helfen?“
„Ich bin im vorletzten Semester zum Dolmetscher. Und du?“
„Ich hab’ grad erst mit meinem Hauptstudium angefangen. Wie viel nimmst du?“ fragte ich gleich.
Ich hörte ein sympathisches Lachen.
„Wollen wir uns darüber persönlich unterhalten?“
„Wie wär’s um vier vor Sprachlabor zwei?“ schlug ich vor.
„Okay, bis nachher!“
Schon hatte er aufgelegt.
Da ich noch mit meinem Professor redete, kam ich mit etwas Verspätung aus dem Sprachlabor. Davor stand bereits ein junger Mann. Er hatte dunkelblondes Haar und war mehr als einen Kopf größer als ich.
Ich ging davon aus, dass er auf mich wartete, da sonst niemand hier war.
„Du hast mich heute Mittag angerufen?“ fragte ich.
„Hallo! Ich bin Kai!“
„Hallo Kai!“
„Und wie heißt du?“
„Julia.“
„Und du brauchst Hilfe in Englisch?“
Ich erklärte ihm mein Problem.
„Wer wechselt auch mitten im Studium die Uni?“
„Glaubst du, du kannst mir helfen?“
„Bei mir gibt’s grundsätzlich eine kostenlose Probestunde, dann werden wir schon sehen, ob wir miteinander auskommen.“
„Gibt’s hier irgendwo einen Raum, indem wir in Ruhe lernen können?“
„Das wird nicht so gerne gesehen. Entweder ich komm’ zu dir oder du zu mir.“
Ich dachte an mein kleines WG-Zimmer. Das wäre wohl keine gute Idee.
Also gab Kai mir seine Adresse und wir verabredeten uns für den kommenden Nachmittag.
Kaum hatte ich die WG betreten, schon kam Antonia auf mich zu gerannt. Sie zog mich mit sich in ihr Zimmer und ich entdeckte sofort das Chaos von Klamotten auf ihrem Bett.
„Kann es sein, dass du nicht weißt, was du heute Abend anziehen sollst, Toni?“ fragte ich lächelnd.
Ich sah mir ihre Sachen an und entschied mich dann für einen kurzen Rock und ein einfaches T-Shirt. Unsicher stand Toni damit vor dem Spiegel.
„Meinst du wirklich?“
„Lass uns einfach ne zweite Meinung holen“, schlug ich vor und wir klopften bei Robin. Leider war er nicht da.
Allerdings kam David gerade aus dem Bad. Toni lief gleich zu ihm.
„Meinst du, ich kann das anziehen?“
Verwundert sah er sie an.
„Wo willst du denn hin?“
„Auf eine Studentenparty“, erwiderte sie nicht ohne Stolz.
„Gehst du mit?“ wandte er sich gleich an mich.
Ich nickte nur.
„Du siehst klasse aus, Antonia!“
Strahlend ging sie zurück in ihr Zimmer.
„Pass auf sie auf!“ flüsterte David mir zu und verschwand.
„So kommst du aber nicht mit!“
Erstaunt sah ich Matthew und Frank an.
„Was?“
Beide sahen an mir herunter.
„Hast du nichts noch weiteres?“ fragte Matthew.
„Das ist nicht euer Ernst?“ fragte ich verblüfft.
„Du willst doch wohl nicht so weggehen, Liebes?“
Robin kam zu uns.
Seit wann waren die Drei denn einer Meinung? Toni zuliebe ging ich mich umziehen. Ich hatte mich in meiner alten, weiten Jeans und dem Schlabberpulli sehr wohl gefühlt. Warum sollte ich mich großartig zurecht machen? Ich hatte nicht vor, jemanden kennen zu lernen. Genau genommen ging ich nur Toni zuliebe mit auf diese Party. Im Moment hatte ich genug anderes zu tun und eigentlich keine Zeit für so was.
Ich zog mir schnell eine enge Jeans an und den viel zu großen Pulli aus. Da drunter trug ich einen roten Body, das musste reichen. So ging ich zurück in die Stube.
„Was für ein Unterschied!“ meinte Frank.
„Besser?“
Matthew kam zu mir und zog mir mein Zopfband aus den Haaren.
„Jetzt schon!“
Gemeinsam gingen wir los. Während der Hinfahrt fuhr Frank seinen kleinen, zweitürigen Ford Fiesta. Toni und ich setzten uns nach hinten.
An unserem Ziel angekommen, drückte Frank mir gleich seinen Autoschlüssel in die Hand, dann ging er mit Matthew vor. Antonia wich nicht von meiner Seite, begeistert sah sie sich alles an, traute sich aber nicht sich zu einer der Gruppen zu gesellen oder jemanden anzusprechen.
„Toni, langsam!“ mahnte ich sie, als sie ein Glas Sekt in einem Zug runterstürzte.
„Ich will mir bloß Mut antrinken!“
Das hatte ich befürchtet. Stellte sich nur die Frage, wie viele Gläser sie dafür brauchen würde.
„Hallo Julia!“
Ich drehte mich um, hinter mir war Desiree aufgetaucht. Sie war im selben Semester wie ich und hatte dieselben Fächer belegt.
„Hallo Desiree! Bist du öfter auf diesen Partys?“
„Nein, eigentlich nicht. Bist du allein hier?“
Ich wollte ihr gerade Toni vorstellen, da musste ich feststellen, dass sie verschwunden war.
Ich erzählte ihr von meiner Mitbewohnerin.
„Wenn du willst, helf’ ich dir suchen“, bot sie gleich an.
Während wir durch die Zimmer gingen, erfuhr ich, dass sie zwar in Gesellschaft hergekommen war, er sich aber mittlerweile mehr für seine Kumpels interessierte.
In einem der hinteren Räume entdeckte ich Antonia, sie tanzte ausgelassen und ich beschloss sie im Auge zu behalten, ohne dass sie mich sah. Ich wollte nicht, dass sie sich bemuttert fühlte, konnte mich aber noch sehr gut an meine eigene erste Studentenparty erinnern. Damals hatte ich auch hemmungslos getrunken…
So unterhielt ich mich angeregt mit Desiree.
„Trinkst du gar nichts?“ fragte sie mich.
„Ich darf mal wieder fahren! Wie kommst du nach Hause?“
„Keine Ahnung, wahrscheinlich hat Karl mich schon vergessen…“
„Ich könnte Frank fragen, ob wir dich mitnehmen“, bot ich gleich an.
„Das wär’ klasse!“ freute sie sich.
Ich sah Matthew und Frank an uns vorbei gehen.
„Behältst du Antonia kurz im Auge? Ich bin gleich wieder da!“
Schnell rannte ich den beiden hinterher.
„Frank!“
Sie blieben stehen.
„Was gibt’s denn?“
„Können wir nachher eine Kommilitonin von mir mitnehmen?“
„Ist sie hübsch?“ wollte Matthew sofort wissen.
Ich überlegte kurz.
„Um mit Matthews Worten zu sprechen: sie sieht mir sogar ähnlich!“
Also stimmte er dem sofort zu. Ich sah noch immer fragend Frank an.
„So viel hab’ ich noch nicht getrunken, Julia! Ebenso gut hättest du auch sagen können, dass sie eine Frau ist.“
„Bitte!“
Grinsend betrachtete er mich von oben bis unten.
„Was krieg’ ich dafür?“
„Was willst du denn haben?“
„Da wird mir schon noch was einfallen!“
„Nehmen wir sie dann mit?“
Frank nickte und ich suchte Desiree. Sie stand noch immer in Tonis Nähe und war froh, eine Mitfahrgelegenheit zu haben.
Es machte mir Spaß mit Desiree zu quatschen, wir zogen schonungslos über unsere Professoren her und lästerten über einige Studenten, die wir hier entdeckten.
Plötzlich fing Desiree an zu lachen. Ich folgte ihrem Blick und erkannte, wie Toni dabei war auf einen Tisch zu klettern und dort weiter tanzte, allerdings konnte man bei den torkelnden Bewegungen kaum noch von Tanzen reden. Um den Tisch herum versammelten sich einige junge Männer. Wahrscheinlich genossen sie die Aussicht unter ihren Rock. Jetzt war wohl der richtige Zeitpunkt, Toni nach Hause zu bringen. Also ging ich zu dem Tisch, kämpfte mich zwischen den Männern durch und fasste Toni dann ans Bein, um sie auf mich aufmerksam zu machen. Allerdings hatte sie überhaupt kein Interesse an mir. Ich stieg auf den Tisch und packte Toni bei den Schultern. Dann wies ich sie auf ihren Minirock hin und endlich war sie bereit mit mir zu gehen. Nur gut, dass Desiree ihr auch half, alleine wäre sie sicherlich vom Tisch gefallen.
Dann machten wir uns zu dritt auf den Weg zum Wagen, dabei ging Toni in unserer Mitte und ließ sich von uns stützen. Kurz vor dem Wagen wurde ihr schlecht und in dem Moment, als sie sich übergab, drehte sie sich zu mir. Erschrocken sah Desiree mich an. Toni hatte perfekt getroffen, mein Body sah schlimm aus und es roch unangenehm. Während Desiree Toni hielt, wischte ich mir mit einigen Taschentüchern das Erbrochene von meinem Body, danach schloss ich den Wagen auf und half den beiden sich nach hinten zu setzen.
„Ich geh’ die Jungs holen!“
Vorher verschwand ich noch kurz im Bad, um mir Hände und Gesicht zu waschen. Dabei fiel mir auf, dass sich noch einige Rückstände in meinen Haaren befanden. Ziemlich angewidert versuchte ich auch das zu entfernen, danach machte ich mich auf die Suche.
„Du stinkst!“ begrüßte Matthew mich.
„Ist dir nicht gut?“ erkundigte sich Frank.
„Ich muss Toni nach Hause bringen. Kommt ihr mit oder soll ich euch später abholen?“
Zu meiner Verwunderung kamen sie mit.
„Was ist mit Antonia? Hat sie keine Lust mehr?“ wollte Frank wissen.
„Wahrscheinlich fühlt sie sich ohne uns einsam“, flachste Matthew.
„Ehrlich? Und ich dachte, die beiden wollten hier Männer aufreißen!“
Ich blieb stehen, drehte mich um und sah Frank an.
„Was wollten wir?“
Frank hatte bereits zu viel getrunken, um schnell genug zu reagieren, also rannte er mich um.
Von der Wucht des Aufpralls und seines Körpergewichts fiel ich um. Als ich auf meinem Hintern saß, lachten Frank und Matthew. Sie fanden das auch noch witzig. Anscheinend hatten es heute alle auf mich abgesehen. Erst Toni, dann Frank… Was sollte als nächstes kommen? Trotzdem war das Lachen der beiden ansteckend.
Als wir am Wagen ankamen, entdeckten sie Toni und Desiree.
„Ich sitz’ vorne!“ verkündete Matthew sofort.
„Vergiss es, Alter!“
Ich stellte den Fahrersitz weiter nach vorne und ließ dann Matthew einsteigen. Er quetschte sich in die kleine Lücke, die noch frei war. In der Mitte saß nun Toni und hinter Frank war Desiree. Sie hatten nicht viel Platz, aber es war auch keine lange Fahrt.
Bereits zehn Minuten später stieg Frank aus, um Desiree rauszulassen. Als sie den Rücksitz verließ, kippte Toni zur Seite.
Ich drehte mich zu ihr um.
„Alles klar, Toni?“
Als ich keine Antwort bekam, schüttelte ich sie am Oberschenkel. Murrend sah sie mich an.
„Lass mich schlafen!“ forderte sie kaum verständlich.
In dem Moment klappte Frank den Beifahrersitz zurück und knallte ihn mir damit voll ins Gesicht.
Matthew konnte sich nicht mehr Halten vor Lachen. Toni sah irritiert auf.
„Du stinkst!“ angewidert rümpfte sie ihre Nase.
Auffordernd sah ich Frank an, jetzt fehlte nur noch von ihm ein netter Kommentar.
„Zur verkehrten Zeit am falschen Ort…“, begann er tatsächlich.
Ich startete den Wagen und ignorierte ihr Lachen. Zur verkehrten Zeit am falschen Ort, das war ich schon einmal und so etwas durfte sich auf keinen Fall wiederholen!
Nachdem ich den Wagen geparkt hatte, gingen Matthew und Frank gleich in Richtung Haus.
„Hej! Vielleicht könnt ihr mir mal helfen?“ rief ich ihnen hinterher, während ich versuchte, Toni aus dem Wagen zu bekommen.
Mittlerweile war sie wieder wach und wollte selbst aussteigen, dabei stützte sie sich auf mich, blieb dann aber mit einem Fuß im Wagen hängen. Nun hatte ich ihr ganzes Gewicht auf mir und kippte nach hinten weg. Als ich auf dem Bordstein saß und Toni in einer ziemlich merkwürdigen Haltung aus dem Auto hing, fing sie an zu lachen. Die Jungs stimmten mit ein, halfen ihr aber hoch. Sie nahmen Antonia in ihre Mitte und gingen gemeinsam nach oben.
Mühevoll rappelte ich mich wieder auf und folgte ihnen, schloss die Wohnungstür auf und ging mit ihnen in Tonis Zimmer. Nachdem die Jungs sie in ihr Bett gebracht hatten, verschwanden sie wieder und ich zog Antonia ihr Schlafzeug an.
Danach holte ich mir einen Slip und ein Nachthemd aus meinem Zimmer und wollte duschen gehen. Es interessierte mich nicht, wie spät es war, denn der Geruch, der an mir haftete, war mehr als ekelhaft.
Als ich wieder aus der Dusche kam, saßen Matthew und Frank in der Stube.
„Setz’ dich zu uns!“ forderte Matthew mich auf.
„Bierchen?“ fragte Frank und hielt mir eine Flasche entgegen.
Also setzte ich mich auf einen der Sessel.
„Bist du jetzt sauer?“
„Nein, wieso?“
„Sonst setzt du dich doch auch immer zu uns!“ stellte Matthew fest.
„Sonst haut Frank mich ja auch nicht dauernd um!“
Wieder lachten beide.
„Ich hab’ übrigens noch was gut bei dir!“ eröffnete Frank schließlich.
„Du hast mich einmal umgerannt und mir dann den Sitz ins Gesicht geknallt! Meinst du, das reicht nicht?“
„Julia, du hast dich mir in den Weg gestellt, also bist du auch schuld an dem Zusammenprall!“ meinte er todernst, natürlich stimmte Matthew ihm auch noch zu.
„Wahrscheinlich wollte sie unbedingt Körperkontakt“, zog Matthew mich auf.
Da Robin in diesem Moment die Stube betrat, ging ich auf Matthews Kommentar ein.
„Unbedingt! Aber du hast ja gesehen, wie Frank dazu steht!“
Matthew lachte.
„Hast du dich mittlerweile für einen der Süßen entschieden, Liebes?“ fragte Robin mich und setzte sich zu den beiden auf die Couch.
„Muss ich mich etwa entscheiden?“ fragte ich gespielt entsetzt.
Wir alberten eine ganze Weile miteinander rum. Irgendwann fragte Robin mich:
„Hast du Lust morgen Abend mit mir wegzugehen?“
„Ich muss bis acht arbeiten, aber danach gerne!“ freute ich mich.
„Kommst du nicht wieder mit uns mit?“ fragte Frank enttäuscht.
„Ihr braucht ja bloß nen Fahrer!“ gab ich zurück.
„Ich reagier’ dann auch netter auf deine Annäherungsversuche“, versuchte Frank mich umzustimmen.
„Warum gehen wir nicht alle zusammen weg?“ fragte ich in die Runde.
Die Reaktion der Drei reichte mir, sie wollten anscheinend nichts zusammen unternehmen.
„Aber wenn du unbedingt was trinken willst, kann ich euch vielleicht hinfahren und wieder abholen“, bot ich an.
Erstaunt sahen Matthew und Frank mich an.
„Wenn du willst, kannst du morgen den Wagen haben, Julia. Wir rufen dich dann an, wenn wir soweit sind.“
Klar wäre es für mich angenehmer gewesen, wenn ich auch hätte trinken können, aber wahrscheinlich war es so besser.
Am frühen Nachmittag machte ich mich mit meinem Fahrrad auf den Weg zu Kai. Er hatte mir den Weg gut erklärt und so brauchte ich nicht lange suchen. Nachdem ich mein Fahrrad angekettet hatte, klingelte ich an der Haustür.
„Hallo Julia! Komm’ rein!“ forderte Kai mich sofort auf.
„Hallo Kai!“
Ich folgte ihm in die Küche.
„Ich sitz’ hier am liebsten“, erklärte er.
„Stört das deine Mitbewohner nicht?“
„Im Moment wohn’ ich hier alleine. Simon ist für zwölf Monate bei einem Auslandspraktikum und wir haben noch keinen Zwischenmieter gefunden.“
Wir setzten uns und ich zeigte ihm meine Studienunterlagen.
Schon nach kurzer Zeit unterhielten wir uns ausschließlich auf Englisch. Kai konnte sehr gut erklären und war sehr geduldig. Am Ende der Stunde vermutete er:
„Kann es sein, dass du ein oder zwei Semester ausgesetzt hast?“
„Wieso?“
„Eigentlich kannst du das alles doch. Ich schätze, du kommst bei dem Unterrichtstempo bloß nicht mit und das ist oft der Fall, wenn man zu lange mit der Sprache nichts mehr zu tun hatte…“
„In Englisch geht es mir viel zu schnell, aber Spanisch ist kein Problem.“
„Du hast als Zweitfach Spanisch?“
„Ja, und du?“
„Französisch, als drittes Fach erst Spanisch.“
„Du lernst drei Sprachen?“ fragte ich ungläubig.
„Ich versuch’s zumindest. Und, willst du mit mir lernen?“
„Wenn ich mir deine Nachhilfe leisten kann, gern.“
Kai lächelte mich an.
„Normalerweise nehme ich fünfzehn Euro die Stunde.“
Wahrscheinlich bemerkte Kai sofort, dass mir der Preis viel zu hoch war.
„Aber je mehr Stunden du nimmst, desto günstiger wird es. Und wenn du mal knapp bei Kasse bist, kannst du auch später zahlen“, bot er an.
Ich rechnete kurz im Kopf nach. Wenn ich ein paar Stunden mehr kellnerte, müsste ich das irgendwie hinkriegen. Mir war klar, dass ich ohne Kai dieses Semester auf jeden Fall wiederholen müsste.
„Passt es dir samstags am frühen Nachmittag für zwei Stunden?“
Kai nickte.
„Und wann hast du in der Woche Zeit?“
„Dienstags.“
„Da muss ich arbeiten.“
„Was machst du?“
„Ich kellnere im `blue elegant`.“
„Wann hast du frei?“
„Mittwochs arbeite ich nie, ansonsten rotiert das.“
„Also gut, dann mittwochs, aber da kann ich nicht vor neunzehn Uhr.“
Ein Glück! Nun hatte ich wirklich eine Chance, dem Unterricht bald wieder folgen zu können.
„Bei drei bis vier Stunden wöchentlich wäre ich mit zehn Euro pro Stunde auch einverstanden.“
„Danke, Kai! Du bist echt klasse!“
Nach der Arbeit beeilte ich mich schnell nach Hause zu kommen. Ich wollte mich noch frisch machen und umziehen, denn wenn ich schon zum ersten Mal mit Robin ausging, wollte ich mich auch schick machen.
Robin erwartete mich bereits.
„Hilfst du mir?“ fragte ich ihn gleich.
„Natürlich, Liebes! Ich will ja nicht, dass es so wie gestern in deinen Wohlfühlklamotten endet!“
Etwas übertrieben fand ich mein Outfit letztendlich schon, aber wer weiß, wo Robin mit mir hinwollte, also ließ ich mich darauf ein.
Ich trug eine kurze, schwarze Hose, dazu einen breiten, blauen Gürtel und ein schwarzes, enges Top. Außerdem hatte ich eine knallblaue Strumpfhose mit auffälligem Muster an, dessen Farbe perfekt zum Gürtel passte. Die Strumpfhose war etwas lang, ich hatte sie mir von Robin ausgeliehen. Deswegen zog ich mir ein paar Socken an und stopfte das überschüssige Ende der Strumpfhose in die Strümpfe. Dann drückte Robin mir meine schwarzen Stiefel in die Hand. Die hatte ich bisher noch nie hier getragen. Sie hatten ziemlich hohe Absätze…
„Wow!“ riefen Matthew und Frank gleichzeitig.
„Dann geht’s wohl heute auf Männerfang!“ mutmaßten sie.
Noch bevor ich antworten konnte, verkündete Robin:
„Und wenn’s nicht klappt, kommen wir auf euch zurück!“
„Was ist mit Antonia?“ fragte Frank.
„Ich hab’ sie heute noch gar nicht gesehen“, äußerte Matthew.
„Sie will ihre Ruhe haben“, erklärte Robin.
„Hört sich nach nem handfesten Kater an“, grinsten die Jungs.
Frank fuhr zu seiner Party, dort setzten Robin und ich uns dann nach vorne und ich zog meine Stiefel aus. Mit denen hätte ich auf keinen Fall fahren können, deswegen hatte ich extra ein paar Slipper mitgenommen.
„Wo geht’s jetzt hin?“ fragte ich Robin.
Er erklärte mir den Weg und schließlich betrat ich zum ersten Mal in meinem Leben eine mir völlig unbekannte Szene. Wir gingen in einen Club. Hier liefen alle in schrillen Outfits rum und jeder begrüßte mich spontan mit Küssen auf meine Wangen. Etwas merkwürdig fühlte ich mich anfangs schon, denn genau genommen waren hier nur Männer. Ich hatte den Verdacht, dass es sich um einen Schwulenclub handelte, aber ich war mir nicht sicher. Es gab sogar eine Bühne und dort traten nacheinander mehrere drag queens auf. Ich wurde von Robins Freunden so herzlich aufgenommen, dass es mir tatsächlich Spaß machte. Auch ohne Alkohol amüsierte ich mich köstlich.
„Das ist Fabienne!“ zeigte Robin auf eine der queens.
„Und er gefällt dir?“
Robins Blick wurde sehnsüchtig.
„Kennst du Fabienne näher?“
„Nein, nur von der Bühne. Ist er nicht traumhaft?“
„Er hat einen Prachtkörper!“ musste ich zugeben. „Kommt schon nah an Frank und Matthew ran!“
Robin lachte.
„Die beiden sind ja auch einmalig! Ich würde keinen der beiden von der Bettkante stoßen!“
„Ich dachte, du stehst auf Fabienne?“
Wieder guckte Robin sehnsüchtig auf die Bühne.
„Und was ist mit dir, Julia?“
„Was soll mit mir sein?“
„Bei Matthew und Frank hast du echte Chancen!“
„Quatsch!“
„Ich kenn’ die beiden schon länger!“
„Und?“
„Die mögen dich alle beide!“
„Sicher!“
Ich glaubte Robin kein Wort.
„Hast du kein Interesse?“
Es war etwa halb drei, als wir wieder aufbrachen.
„Wollen wir noch auf die Party der Jungs?“ schlug ich vor.
„Das ist keine gute Idee!“
„Wieso nicht?“
„Ich lebe in einer anderen Welt!“
„Die hat mir gefallen!“
Robin freute sich.
„Robin, wieso gehst du mit den Jungs eigentlich nicht aus?“
Als er nichts sagte, fragte ich weiter:
„Wollen die beiden dich nicht dabei haben?“
„Ich glaub’ nicht…“
„Aber wieso denn das nicht?“
Robin sagte wieder nichts, aber ich ließ nicht locker.
„Julia, ich mach dir einen Vorschlag: Wir gehen da kurz rein und dann wirst du selbst sehen, was ich meine!“
Schon im Eingang fiel es mir auf. Robin zog die Blicke auf sich, aber die sahen nicht unbedingt freundlich aus und Robin schien sich dabei auch nicht wirklich wohl zu fühlen. Spontan nahm ich ihn in meine Arme und plötzlich veränderte sich das Szenario.
„Ist das deine Kleine?“ fragte einer der Partygäste Robin.
Verwirrt sah er ihn an.
„Seine ganz allein!“ antwortete ich und drückte mich noch enger an Robin.
„Witziges Outfit!“ rief ein anderer.
„Hej Kumpel!“
Eine Gruppe junger Männer stand nun vor uns.
„Eins musst du mir unbedingt verraten! Wie hast du es geschafft, so ne scharfe Schnecke abzuschleppen?“
Im ersten Moment hatte Robin unsicher meine Hand gedrückt, nun gewann er langsam sein Selbstvertrauen zurück.
„Sie steht auf schrille Outfits!“
„Das muss ich mir merken!“
Gemeinsam gingen Robin und ich durch die Räume. Auch wenn mit uns kaum einer redete, so schien Robin sich in seiner auffälligen Rolle doch wohl zu fühlen.
„Hier sind aber auch einige Sahneschnitten!“ flüsterte Robin mir zu.
„Lässt du mich mit deiner Kleinen mal tanzen?“
Vor uns stand ein breiter Kerl und sah mich an. An Robins Blick bemerkte ich sofort, dass ihm der Typ gefiel. Noch bevor Robin etwas sagen konnte, erwiderte ich:
„Ich tanze nur mit meinem Schatz!“
„Das will ich gerne sein!“ offenbarte er zu meiner Überraschung und griff nach meinem Arm.
Ich versuchte ihn abzuschütteln und Robin stellte sich zwischen uns.
„Sie hat `nein` gesagt!“ meinte er.
Daraufhin ließ der Typ mich los und legte seine Hände auf Robins Schultern. Erschrocken sah ich hin. Was ging denn hier ab?
„Bleib ruhig, Lars!“ forderte Matthew, der plötzlich neben Robin stand.
Er und Frank gingen mit Robin nach draußen. Ich versuchte schnellstens hinterher zu kommen, denn ich hatte kein Bedürfnis mit dem Kerl alleine zu bleiben.
Draußen fragte Frank:
„Was sollte das, Robin? Ich hab’ keine Lust, mich deinetwegen noch mal zu prügeln!“
„Ich…“, begann ich.
„Was?“
„Ich hab’ Robin dazu überredet, er wollte gar nicht mitkommen“, erklärte ich schließlich.
Im Innersten war ich erleichtert und froh, dass ich nicht alleine reingegangen war. Der Typ hatte schließlich nicht Robin angemacht. So was war mir vorher noch nie passiert und hatte mich verunsichert.
„Danke, Robin!“ brachte ich schließlich hervor.
„Nein, Liebes! Ich hab’ dir zu danken! Es war ein außergewöhnliches Gefühl, so bewundert zu werden!“
„Bewundert?“ fragte Matthew.
Er und Frank verstanden kein Wort und ich war froh, dass Robin nichts weiter erzählte.
Als ich am Sonntag von der Arbeit kam, hatte ich eigentlich vorgehabt, mich sofort ins Bett zu legen. Aber kaum lag ich, schon klopfte es an meine Tür. Zu meiner Überraschung war es David.
„Oh, entschuldige! Ich wollte dich nicht wecken.“
„Hast du nicht, David. Was gibt’s?“
„Eigentlich wollte ich dich fragen, ob... Aber wenn du müde bist...“
Ich stand auf und ging zu David.
„Was ist denn los?“
„Ich hab’ ein Problem mit meinen Hausaufgaben.“
„Und da fragst du mich? Ich hab’ von Computern absolut keine Ahnung!“
„Es geht um eine Gebrauchsanweisung, die ist auf Englisch.“
„Zeig mal her!“ forderte ich ihn auf.
„Sie ist auf meinem Rechner. Magst du mitkommen?“
Gemeinsam gingen wir in Davids Zimmer. Es war nicht viel größer als meins und zu meiner Verwunderung noch unordentlicher.
David zeigte auf den Bildschirm seines PCs. Die Gebrauchsanweisung ging über fünf Seiten, war aber relativ einfach zu verstehen.
„Soll ich sie dir übersetzen?“ bot ich David an.
„Das wäre echt super! Schaffst du das heute noch? Ich muss das bis morgen fertig haben.“
David war spät dran, sicher hatte er diese Hausaufgabe schon viel früher bekommen. Ich ersparte mir einen Kommentar und bat David um einen Zettel und einen Stift. Bis ich das Ganze getippt hätte, würde es Ewigkeiten dauern. Also machte ich die Übersetzung schnell mit der Hand.
„Ich hoffe, du kannst meine Schrift entziffern!“ äußerte ich meine Befürchtung, als ich fertig war und einen Blick auf mein Geschreibsel warf.
„Klar! Kein Problem! Danke, Julia!“
David setzte sich an seinen Platz und ich verließ sein Zimmer wieder.
„Hast du dich jetzt doch entschieden, Liebes?“ fragte mich Robin gleich, der mit den Anderen im Wohnzimmer saß.
„Wozu entschieden?“
„Gehst du uns fremd?“ erkundigte sich Matthew.
Matthew, Frank und Robin schienen sich zu amüsieren, lediglich Antonia sah mich eigenartig an.
„Gute Nacht!“ sagte ich nur und war froh, endlich ins Bett zu kommen.
Weder am Montag noch am Dienstag bekam ich einen meiner Mitbewohner zu Gesicht, denn gleich nach der Uni ging ich zur Arbeit und kam nicht vor Mitternacht nach Hause. Als ich am Mittwoch die gemeinsame Wohnung betrat, wollte ich schnell unter die Dusche, etwas lernen und dann zu Kai fahren, aber Toni hielt mich auf.
„Gehst du mir aus dem Weg, Julia?“
Erstaunt sah ich sie an.
„Nein, wieso sollte ich?“
„Na, weil ich dich letzten Freitag...“
„Vergiss es, Toni!“
„Es tut mir aber leid!“
„Ist schon vergessen!“
„Heißt das, du gehst wieder mit mir aus?“
„Sicher!“
„Dieses Wochenende?“ fragte sie mich gleich hoffnungsvoll.
„Toni, ich kann nicht jedes Wochenende ausgehen...“
Sie unterbrach mich einfach:
„Ich lad’ dich auch ein!“
An das Finanzielle hatte ich gar nicht gedacht.
„Hast du mittlerweile einen Job?“
„Ja, in der Villa, von der du mir erzählt hattest.“
„Und was machst du da?“
„Putzen und Babysitten. Ist echt klasse da und die Bezahlung ist auch in Ordnung!“
„Schön, Toni! Das freut mich für dich!“
Ich wollte in meinem Zimmer verschwinden.
„Gehen wir nun am Wochenende auf eine Party?“ fragte sie wieder.
„Ich weiß noch nicht, ob ich arbeiten muss.“
Genau genommen wusste ich sehr genau, wann ich Dienst hatte, aber ich hatte den Chef gebeten, mich sofort anzurufen, wenn viel zu tun war, damit ich meine Nachhilfe bezahlen konnte. Außerdem war ich nach der Sache mit Robin und diesem aufdringlichen Typen etwas unsicher, was Partys anging.
Ich sah Antonia ihre Enttäuschung an.
„Sonst frag’ doch Robin, ob er mit dir ausgeht“, schlug ich vor.
Sie sah nicht sonderlich begeistert von meiner Idee aus, also beschloss ich noch mal darüber nachzudenken.
Kurz vor sieben klingelte ich an Kais Tür. Zu meiner Verwunderung öffnete niemand, also setzte ich mich auf die Stufen vor der und Tür wartete.
Etwa fünf Minuten später ging die Tür auf. Kai stand mit nassen Haaren vor mir.
„Tut mir leid, dass du warten musstest. Ich hab’ noch schnell geduscht.“
„Ich bin froh, dass du überhaupt Zeit für mich hast!“ gab ich ehrlich zurück.
Wieder setzten wir uns in die Küche und Kai schaffte es schnell, mir alles zu erklären. Danach redeten wir noch so miteinander. Ich erfuhr, dass Kai bereits einunddreißig war und vor dem Studium eine Ausbildung in einer Bank gemacht hatte.
„Und warum hast du die Uni gewechselt?“ fragte er mich schließlich.
Ich warf einen Blick auf meine Uhr, es war bereits nach zehn.
„Tut mir leid, Kai, ich muss jetzt los, sonst komm ich morgen gar nicht mehr hoch...“
„Soll ich dich bringen?“ bot er mir an.
„Nein, danke! Ich bin mit dem Fahrrad hier.“
Kai brachte mich noch bis zu meinem Fahrrad, dann radelte ich so schnell wie möglich nach Hause.
Am Freitag sprach Toni mich wieder an, sie wollte unbedingt auf eine Party mit mir gehen.
„Warum gehst du nicht mit Matthew und Frank alleine?“ fragte ich sie.
„Du bist also doch sauer auf mich!“ stellte sie fest.
„Nein, Toni, bin ich nicht.“
„Warum kommst du dann nicht mit?“
„Weil ich diese Woche viel gearbeitet hab’ und unheimlich müde bin“, versuchte ich ihr ehrlich zu erklären.
„Dann leg dich doch jetzt noch ein bisschen hin, dann bist du bis heute Abend wieder fit!“ schlug sie vor.
„Ich muss putzen!“
„Das übernehm’ ich für dich!“ rief sie und machte sich sofort an die Arbeit.
Wie konnte ich da noch nein sagen?
Gegen acht klopfte es an meine Zimmertür.
„Ja?“ fragte ich verschlafen.
Frank kam rein.
„Du willst also heute wieder mitkommen!“ stellte er fest.
Ich sah auf meine Uhr, es wurde langsam Zeit, dass ich mich fertig machte.
„Wann fahrt ihr los, Frank?“
„In einer Stunde. Ich hab’ übrigens noch was gut bei dir, Julia“, erinnerte er mich.
„Und?“
Ich rechnete damit, dass er wieder wollte, dass ich fahre.
„Ich darf heute aussuchen, was du anziehst!“ erwiderte er grinsend.
Na klasse! Ich hatte keine Lust auf eine Diskussion, aber ich konnte wegen Toni auch nicht sagen, dass ich nicht mitkomme.
„Bitte!“ brummelte ich also und zeigte auf meinen Kleiderschrank.
Frank öffnete ihn und legte dann einen schwarzen Minirock und eine rote, figurbetonte Bluse auf mein Bett.
„Das ist nicht dein Ernst!“
„Doch sicher! Und dazu trägst du die!“
Frank reichte mir meine hochhackigen Stiefel.
„Wo hast du die gefunden?“ fragte ich ihn, denn ich hatte meine Stiefel schon die ganze Woche gesucht.
„Die lagen in meinem Wagen“, erklärte er und wollte gehen.
„Frank, das kostet dich aber was!“
Fragend sah er mich an.
„Heute fährst du!“ bestimmte ich einfach.
Zu meiner Verwunderung stimmte Frank dem tatsächlich zu. Vielleicht würde das doch noch ein netter Abend werden!
Also zog ich mich schnell um, verschwand kurz im Bad und ging dann ins Wohnzimmer.
„Zufrieden?“ fragte ich Frank.
Matthew und Frank grinsten sich mal wieder an, dann stand Frank auf und kam zu mir.
„Fast“, meinte er und nahm dann genau wie Matthew letzte Woche das Zopfband aus meinen Haaren.
„Ich bin soweit!“ rief Toni und kam aus ihrem Zimmer.
Gemeinsam gingen wir los. Mir fiel auf, dass Toni diesmal eine enge Hose und ein Glitzertop trug. Beides stand ihr sehr gut. Ich wünschte, ich hätte auch eine Hose an, ich trug nicht mehr gerne Röcke. Ein Wunder, dass ich diesen überhaupt noch hatte. Ich beschloss, ihn nach diesem Abend zu entsorgen. Noch mal würde ich es Frank nicht so einfach machen!
Wieder dauerte es nicht lange und Frank und Matthew ließen uns alleine. Warum sollte ich mich erst so anziehen, wenn sie dann doch nicht bei uns waren? Das ergab für mich absolut keinen Sinn.
„Warum hauen die beiden immer gleich ab?“ sprach ich meine Gedanken laut aus.
„Weil ich ihnen gesagt hab’, dass wir neue Leute kennen lernen wollen!“
„Wann?“
„Vorhin, als wir aus dem Wagen ausgestiegen sind, hab’ ich das Frank verraten“, erwiderte sie voller Übereifer.
„Bitte trink diesmal nicht soviel!“ bat ich sie gleich, denn anscheinend durfte ich wieder auf sie aufpassen.
„Keine Sorge, Julia!“
Kurz darauf wurde sie schon zum Tanzen aufgefordert. Ich beobachtete sie eine Weile und erkannte schnell, dass sie sich heute an Cola hielt. Erleichtert ging ich zu Matthew und Frank.
„Wo hast du Toni gelassen?“
„Sie hat bereits Anschluss gefunden!“
„Und du nicht?“
„Deswegen bin ich nicht hier“, erklärte ich und nahm Matthew sein Bier aus der Hand, um es zu trinken.
„Du musst noch fahren!“ ermahnte Matthew mich.
Ich lächelte ihn an und nahm noch einen Schluck.
„Heute nicht!“
„Wie hast du Frank dazu gekriegt?“
„Mir hast du diesen Anblick zu verdanken!“ verriet Frank großspurig.
Beide sahen mich von oben bis unten an. Das hatte ich wohl verdient, nachdem wie ich sie morgens immer musterte...
Irgendwann kam Toni zu uns.
„Ich hab’ dich schon gesucht, Julia! Kommst du mit tanzen?“
Also zog ich mit ihr ab. Ich hatte das Gefühl, ihr das schuldig zu sein, nachdem sie schon meinen Putzdienst übernommen hatte. Obwohl ich gerne noch bei Matthew und Frank geblieben wäre. Es war angenehm, mit ihnen rumzualbern, insbesondere wenn ich selbst trinken konnte!
Schnell war Toni wieder von mehreren Männern umgeben, also ließ ich sie alleine weiter tanzen und stellte mich an den Rand.
„Wir kennen uns doch!“
Ich sah zur Seite und erkannte den Typen, der mir in der Situation mit Robin bereits negativ aufgefallen war.
„Heute ganz allein?“ fragte er grinsend.
Ich wollte einfach gehen, doch er hielt mich wieder am Arm fest und zog mich dann auf die Tanzfläche.
Ich versuchte mich dagegen zu wehren, doch mit meinen Stiefeln fand ich keinen Halt und so zog er mich einfach weiter. Plötzlich gesellte Toni sich zu uns.
„Alles klar?“ fragte sie mich.
„Sie schuldet mir einen Tanz!“ entgegnete der Typ ihr.
„Julia?“
Als ich nichts sagte, sah sie ihn an und forderte mit fester Stimme:
„Lass sie los!“
„Was willst du sonst tun?“ höhnte er.
Toni packte ihn am Handgelenk, drückte zu und drehte es so, dass er mich tatsächlich losließ. Erstaunt sah er Toni an und wollte sie nun packen.
Da tauchten Matthew und Frank auf.
„Such’ dir ne eigene Schnecke, Lars!“ forderte Frank von dem Typen und zog Toni an sich.
„Warum hast du uns nicht geholt?“ fragte Matthew mich vorwurfsvoll.
Toni löste sich aus Franks Arm, kam zu mir und nahm mich in ihre Arme. Dann flüsterte sie mir ins Ohr:
„Alles okay, Julia?“
„Ja, danke! Können wir jetzt gehen?“
Arm in Arm gingen Antonia und ich nach draußen. Erleichtert sah ich, dass Frank und Matthew uns gefolgt waren.
„Und wo geht’s jetzt hin?“ fragte Toni zu meiner Überraschung.
Am liebsten wäre ich sofort nach Hause gefahren, aber die Jungs wollten auch noch weiter ziehen, also sagte ich nichts.
„Damit eins klar ist, Mädels: das nächste Mal, wenn es Probleme gibt, holt ihr uns sofort!“ forderte Frank bestimmt bevor er losfuhr.
„Für so was brauchen wir euch nicht!“ entgegnete Toni zu meiner Überraschung.
Das sah ich allerdings völlig anders!
„Wie viel hast du schon getrunken?“ fragte Matthew und drehte sich zu uns nach hinten um.
„Gar nichts! Aber ich kann Judo!“ erklärte sie stolz.
Als Frank an einer Ampel bremste, hörte ich wie hinter uns Flaschen durch den Kofferraum kullerten. Ich drehte mich um und nahm mir eine.
„Klasse! Kriegst du die auf?“ fragte ich Toni.
„Ich nehm auch eine!“ sagten Matthew und Toni gleichzeitig. Also angelte ich noch zwei Flaschen Bier aus dem Kofferraum und reichte sie Matthew, denn er hatte einen Flaschenöffner an seinem Taschenmesser.
„Armer Frank!“ das konnte ich mir einfach nicht verkneifen, bevor ich die Flasche ansetzte und trank.