(K)ein Milliardär zum Verlieben - Paris Sanders - E-Book

(K)ein Milliardär zum Verlieben E-Book

Paris Sanders

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Beschreibung

Ein Milliardär undercover ... Verflixt! Lara hat die Nase voll von ihrem langweiligen Single-Dasein. Ein magisches Liebesritual soll Abhilfe schaffen. Es funktioniert besser als erwartet, aber welcher der Traummänner, ist nun der Richtige? Doch plötzlich wird es nicht nur in Sachen Liebe turbulent. In dem Verlag, in dem Lara arbeitet, verkauft jemand geheime Informationen an die Konkurrenz. Sebastian, Sohn des reichen Verlagseigentümers, soll in einer geheimen Mission herausfinden, wer der Schuldige ist. Auf einmal steht Lara ganz oben auf Sebastians Liste der Hauptverdächtigen und ihr sonst so geordnetes Leben wird gewaltig durcheinander gewirbelt. "(K)ein Milliardär zum Verlieben" ist eine süße, locker leichte Sommerlektüre bei der man stets ein Taschentuch zur Hand haben sollte, um sich die Lachtränen abwischen zu können. Das Buch gehört zur "Milliardäre zum Verlieben" Reihe. Alle Bücher sind in sich abgeschlossen, ohne Cliffhanger und können in jeder beliebigen Reihenfolge gelesen werden!

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(K)ein Milliardär zum Verlieben

Paris Sanders

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

OBO e-Books

Kapitel 1

Die untergehende Sonne tauchte die Frankfurter Skyline in orangefarbenes, glühendes Licht. Für einen Moment lenkte die Lichtshow Sebastian von dem Vertrag ab, der vor ihm lag. Das Büro seines Vaters lag im obersten Stockwerk des Messeturms und erstreckte sich über die gesamte Etage. Die schalldichten Fenster schafften eine Illusion der Stille, aber Sebastian wusste, dass sich eine Blechlawine Richtung Messe schob. In der Festhalle fand irgendein Konzert statt, hier oben war davon nichts zu merken. Nur das leise Surren der Klimaanlage unterbrach die Stille. Sein Vater saß auf der anderen Seite des Mahagonischreibtisches. Er blätterte in einer Akte, in seiner Hand einen Füller, dessen Hülle und Feder aus 18 karätigem Gold waren.

Der bequeme Ledersessel, in dem Sebastian saß, knarrte leise, als er sich wieder über den Tisch beugte und zu der Seite blätterte, auf der sein Gehalt vermerkt war.

Mickrig. So viel gab er normalerweise ohne mit der Wimper zu zucken für eine Nacht im Club aus. Und damit sollte er in München leben? Trotzdem blätterte er weiter, zur letzten Seite und kritzelte seine Unterschrift hin.

"Hier." Er reichte das Dokument seinem Vater. "Schon lange nicht mehr für so wenig Geld gearbeitet", fügte er hinzu.

"Du bekommst ohnehin dein normales Gehalt weitergezahlt. Sieh es als Bonus an", sagte Matthias Thaler und legte den Vertrag in eine Unterschriftenmappe.

"Ja, schon. Aber wie überleben die anderen Angestellten mit den paar Euro in einer Großstadt?"

"Das geht schon. Man muss sich nur ein wenig einschränken. Würde dir auch nichts schaden."

"Danke für den Tipp." Sebastian lehnte sich in seinem Stuhl zurück, streckte die Beine von sich und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Sei nicht gleich eingeschnappt", sagte sein Vater, ohne von seinen Unterlagen aufzusehen. "Ich möchte ohnehin nicht, dass du lange in München bleibst. Je eher du herausfindest, wo das Problem liegt, desto besser."

"Das kann sehr schnell gehen, es kann aber auch Wochen dauern. Ich muss den gesamten Code durchgehen."

"Du machst das schon. Ich habe vollstes Vertrauen in dich." Sein Vater schaute auf. "Ich bin froh, dass ich meinen Sohn schicken kann. In dieser Sache würde ich mich ungerne auf einen Außenseiter verlassen. Der Versuchung, eine solche Informationen für viel Geld an die Presse zu verkaufen, können viele nicht widerstehen."

"Das glaube ich." Sebastian stand auf. "Ich fahre dann mal los, sonst komme ich erst mitten in der Nacht in München an."

"Fahr vorsichtig." Sein Vater kam um seinen Schreibtisch herum und zog ihn in eine kurze Umarmung.

"Keine Sorge." Sebastian drehte sich um, verließ das Büro und strebte mit großen Schritten zum Aufzug, der ihn in die Tiefgarage bringen würde. Dorthin wo sein Lamborghini stand. Eine letzte Fahrt noch, in München stand sein Kleinwagen bereit. Er hatte schon jetzt schlechte Laune, wenn er daran dachte, was das bedeutete.

Seine Laune besserte sich nicht, als er, Stunden später, in München ankam und seine neue Wohnung betrat. Wobei Wohnung übertrieben war. Die drei Zimmer hätten auch in einem Schuhkarton Platz.

"Scheiße!" Sebastian drehte sich einmal um die eigene Achse. Das Wohnzimmer wurde dadurch auch nicht größer. Von dort waren es zwei Schritte in eine winzige Küche. Dann ein kurzer Gang, der ins Schlafzimmer führte, gegenüber davon das Arbeitszimmer und das Badezimmer. Jetzt verstand er, wo der Ausdruck "Nasszelle" herkam. Mehr als eine Zelle war es nicht. Die ganze Wohnung war nicht größer als das Ankleidezimmer seines Vaters.

"Super!" Sebastian ließ sich in den Sessel fallen, der im Wohnzimmer zusammen mit einer Couch so etwas wie eine Sitzgruppe bildete. Als sein Vater ihn bat, nach München zu gehen und herauszufinden, wie geheime Informationen an die Konkurrenz gelangen konnten, hatte er ihn gewarnt, dass er als einfacher Angestellter in dem kleinen Sachbuchverlag arbeiten würde, der zu ThalMat Media gehörte. Natürlich würde er hier nicht als Milliardärssohn auftreten. An die Konsequenzen aber hatte er nicht so recht gedacht. Ihm war es schon wie die Höchststrafe vorgekommen, seinen Lamborghini gegen einen Kleinwagen einzutauschen.

Er lehnte sich nach hinten, legte seine Beine auf dem Couchtisch ab und starrte aus dem Fenster der Balkontür. Der Balkon selbst war etwa so groß wie ein Badehandtuch.

Wenigstens lag die Wohnung, oder "das Verlies", wie er sie in Gedanken getauft hatte, nahe an der Isar. Dort konnte er joggen gehen, wenn er dazu kam. Jede Wette, ihm würden einige Nachtschichten bevorstehen. Immerhin musste er seine normale Arbeit in der IT-Abteilung des Sachbuchverlags erledigen. Daneben noch den Auftrag, der ihn eigentlich nach München brachte.

Sebastian zog sein Smartphone aus der Hosentasche und tippte darauf herum, bis er bei einem Lieferservice war. Dort suchte er eine Weile, dann entschied er sich für mexikanisch. Normalerweise hätte er bei Käfer oder einem anderen Gourmetservice bestellt, aber sein Dickkopf hielt ihn davon ab. Die Bemerkung seines Vaters, es könne ihm nichts schaden, sich auch einmal einzuschränken, hatte gesessen. Er würde seinem alten Herrn beweisen, dass er mit dem Münchner Gehalt über die Runden kam. Auch wenn das bedeutete, von jetzt an auf teuren Wein und Feinschmeckermenüs zu verzichten.

Während er auf sein Essen wartete, zappte er durch die Kanäle und blieb bei einem Sportkanal hängen. Die schnittigen Segelyachten, die am Louis Vuitton America’s Cup World Series teilnahmen, glitten vor der New Yorker Skyline durch das Wasser. Verdammt! Dort wäre er jetzt auch gerne.

Mehr als eine dreiviertel Stunde später klingelte der Lieferservice an der Tür. Sebastian nahm sein Essen und die Flasche Wein, die er bestellt hatte, entgegen und trug alles ins Wohnzimmer. Mit einem Auge zum Fernseher schielend befreite er seine Fajitas von der Aluminiumfolie, öffnete den Rotwein und schenkte sich ein. Dann nahm er einen Bissen. Die Fajitas waren total durchgeweicht und schmeckten nach Pappe, ohne Wein würde er die nicht runterbekommen. Sebastian nahm einen tiefen Schluck, nur um das Gesöff prompt auszuspucken.

"Scheiße. Was ist das denn?" Er drehte die Flasche zu sich, bis er das Etikett sah. Irgendeine mexikanische Plörre, in der angeblich Shiraz-Trauben verarbeitet worden waren. Das Zeug war ungenießbar. Ebenso wie der Fraß, den er sich bestellt hatte. Für einen kurzen Augenblick überlegte er, alles in den Müll zu werfen und bei Käfer etwas zu bestellen, was man essen konnte.

Nein, er würde seinem Vater beweisen, dass er wie ein durchschnittlicher Angestellter leben konnte. Andere Menschen aßen so etwas auch. Zumindest ging er davon aus. Er war sich ziemlich sicher, dass ein ITler, der in einem Verlag arbeitete, nicht mal eben sechshundert Euro für einen anständigen Wein und ein Abendessen ausgab.

Kapitel 2

Er hätte diesen verdammten Wein nicht trinken sollen. Sebastian drehte sich auf die Seite, stöhnte und rieb sich mit einer Hand über die Augen. Autsch. Sein Kopf schmerzte wie die Hölle. Was für ein mieser Start für seinen ersten Tag im Verlag. Er setzte sich auf und sah auf seine Armbanduhr. Sich die Nacht um die Ohren zu schlagen, um die Regatta im Fernsehen anzusehen, war eine dämliche Idee gewesen. Noch blöder war, eine ganze Flasche billigen Shiraz zu leeren. Jetzt hatte er Kopfschmerzen und einen widerlichen Geschmack im Mund. Außerdem war es zehn Uhr. Um acht Uhr hätte er an seinem neuen Arbeitsplatz sein sollen.

"Dämliche Idee, an einem Freitag seinen ersten Arbeitstag zu haben", murrte er und rappelte sich auf. Dann schnappte er seine Jeans vom Boden und trottete die zwei Meter ins Badezimmer. Dort stellte er sich unter eine kalte Dusche, die seine Lebensgeister ein wenig weckte. Nicht viel, aber immerhin genug, um sich die Zähne zu putzen, anzuziehen und in die Tiefgarage zu gehen. Missmutig starrte er das Auto an. Wobei die Bezeichnung "Auto" seiner Meinung nach nicht gerechtfertigt war. Das Teil hatte nicht einmal hundert PS. Er öffnete die Fahrertür, setzte sich hinter das Steuer und fuhr den Sitz soweit zurück wie es ging. Dann betrachtete er das Armaturenbrett, suchte die Schalter für Licht, Scheibenwischer, Warnblinker. Lange dauerte es nicht, dann hatte er sich einen ersten Überblick verschafft und startete den Motor.

Statt des gewohnten Röhrens einer 800 PS Maschine erklang etwas, das sich wie ein Rasenmäher anhörte. Er tuckerte im ersten Gang die Rampe der Tiefgarage hoch und blieb stehen. Von rechts näherte sich ein Auto, aber es war noch weit genug weg, um schnell herauszufahren. Dachte er, denn der Seat reagierte bei Weitem nicht so wie sein Sportwagen. Mit lautem Hupen fuhr der andere knapp an ihm vorbei.

"Verdammte Mistkarre." Sebastian hieb mit der Faust auf das Lenkrad, aber das half auch nicht, um schneller von der Stelle zu kommen. Nach einer halben Stunde war klar, dass so etwas in München auch nicht nötig war. Der Verkehr quälte sich mit der Geschwindigkeit einer Schnecke durch die Stadt. Während in Frankfurt um diese Uhrzeit der schlimmste Berufsverkehr vorüber war, kam sich Sebastian hier vor, als würde er noch immer mitten drinstecken. Fingen die in Bayern alle so spät mit dem Arbeiten an?

Letztendlich brauchte er eine Stunde für nicht einmal zehn Kilometer. Als er beim Verlag ankam, war er schweißgebadet, denn natürlich musste in der billigen Schrottkiste als erstes die Klimaanlage ausfallen. Er stieg aus, knallte die Tür zu und schloss ab. In Gedanken betete er, jemand möge das Auto stehlen. Dann ging er zum Eingang, riss die Glastür auf und fuhr mit dem Aufzug in den zweiten Stock, zur Rezeption des Verlags.

"Hallo, mein Name ist Sebastian. Gerd Schiemüller erwartet mich bereits", sagte er zu der Frau, die am Empfang saß. Da sich im Verlag alle duzten, verschwieg er seinen Nachnamen. Je weniger ins Bewusstsein seiner Kollegen drang, wie er hieß, desto besser. Sein Vater hatte sein Privatleben zwar immer aus der Presse herausgehalten, aber trotzdem konnte er nicht geheim halten, dass er einen Sohn aus erster Ehe hatte. Wenn jemand im Verlag darauf kam, wer der Neue in der IT-Abteilung war, konnte er seinen Auftrag vergessen.

Das Schild, das auf dem Tresen stand, wies die Empfangsdame als Ines Lohmaier aus. Ines musterte ihn und zog die Augenbrauen hoch. "Soweit ich weiß, solltest du um acht Uhr hier sein."

"Ich bin erst gestern Nacht nach München gekommen. Also, wo ist Gerd?"

"Sein Büro ist am Ende des Ganges." Ines wies in die Richtung, in der das Büro des Verlagsleiters lag.

"Danke. Könntest du mir ..." Sebastian brach seinen Satz ab, sagte noch einmal "Danke" und strebte mit langen Schritten den Gang entlang. Verdammt! Beinahe hätte er sie gebeten, ihm einen Kaffee zu bringen. Er war ein solcher Idiot. Er war es so gewöhnt, eine Sekretärin zu haben, dass er für einen Moment vergessen hatte, was für eine Rolle er hier spielte.

Sebastian klopfte und öffnete die Tür, nachdem Gerd "Herein" gesagt hatte.

"Tut mir leid, ich weiß, ich bin zu spät." Sebastian schüttelte Gerd die Hand und setzte sich, nachdem dieser mit einer Geste auf den Stuhl deutete, der für Besucher war.

"Das macht keinen guten Eindruck am ersten Tag", sagte Gerd mit einem tadelnden Tonfall in der Stimme.

"Sorry. Ich bin erst gestern Nacht angekommen, musste noch einiges auspacken und vergaß mir den Wecker zu stellen." Die Flasche Wein, die er in seinem Frust geleert hatte, behielt er besser für sich.

Kapitel 3

Geräuschlos spuckte der Drucker eine Seite aus. Dann noch eine. Geschafft. Lara schnappte sich die Schriftstücke.

"So spät noch im Büro? Sehr gut. Sehr gut. Ich sehe, du bist committed zu deinem Job."

Gerd! Laras Herz wummerte in der Brust, als sie herumwirbelte. Der hatte ihr gerade noch gefehlt.

"Ja, ich bin gerade fertig geworden. Bin schon weg!"

Anstatt ihr aus dem Weg zu gehen, streckte er seine Hand aus. "Ist das die Aufstellung für die nächste Aktualisierungslieferung?"

"Nein." Lara stopfte die Papiere in ihre Umhängetasche. "Nur die Aufstellung der Autoren. Habe ich dir alles gemailt." Am liebsten wäre sie sofort aus dem Büro gestürmt, aber Gerd rührte sich nicht von der Stelle.

"Wie sieht es mit Ideen für den nächsten Relaunch aus? Ich dachte an 'Green Logistics'." Seit Gerd ein Managementseminar in New York besucht hatte, warf er mit Anglizismen um sich.

"Warum nennen wir die Serie nicht 'Grüne Logistik’? Wir sind ein deutscher Sachbuchverlag. Kein amerikanischer."

"Lara." Gerd legte eine Pause ein. Er war ihr sympathischer gewesen, als sie noch Herr Schiemüller zu ihm sagen durfte. "Wir müssen mit der Zeit gehen. Ich stelle keine Diplom-Kaufleute mehr ein, sondern Bachelors. Wir können nicht auf alten, verstaubten Begriffen bestehen. Wir müssen uns dem internationalen Wettbewerb anpassen. Ich dachte, all das hätte ich in den letzten Wochen ausführlich erklärt. Wir wollen Menschen mit Visionen, die sich auch einmal trauen, 'out of the box' zu denken."

"Ich verstehe. 'Green Logistics'. Kein Problem. Am besten vertiefen wir das am Montag im Redaktions-Meeting. Jetzt muss ich gehen."

Bevor Gerd sie mit weiteren 'Visionen' quälen konnte, drängte sie sich an ihm vorbei. Sie wollte nach Hause. Es war acht Uhr an einem Freitagabend. "Ein schönes Weekend noch", warf sie über ihre Schulter und stöckelte in den Flur hinaus.

Dann war sie endlich draußen in Sicherheit und rannte durch den strömenden Regen zu ihrem Auto.

Sie schloss ihren Wagen auf und ließ sich auf den Sitz fallen. "Das war knapp." Lara strich sich mit der Hand die nassen Haare aus dem Gesicht. Obwohl sie ihr Auto nur wenige Meter vom Verlagsgebäude entfernt geparkt hatte, war sie klatschnass. Wenn Gerd gesehen hätte, was sie da ausdruckte, hätte sie ihren Job an den Nagel hängen können.

Kapitel 4

Ein paar Stunden später klingelte Lara, beladen mit einer Flasche Rotwein und zwei Pizzakartons, an der Tür ihrer besten Freundin. Daniela öffnete, ein orangefarbener Blitz schoss hinter ihr hervor, durch Laras Beine hindurch und verschwand die Treppe hinunter.

"Jojo! Komm zurück!" Ohne Lara zu grüßen, sprintete Daniela die Treppen hinab. Mit offenem Mund starrte Lara ihr hinterher. War das eine Katze gewesen?

"Miez, Miez", schallte es zu ihr herauf.

Eine weitere Fellkugel flitzte an ihr vorbei.

Wenn Laras Hände nicht voll gewesen wären, hätte sie sich die Augen gerieben. Eine zweite Katze? Sie betrat Danielas Wohnung, deponierte das Essen auf dem Küchentisch und ging in den Hausflur zurück, um ihrer Freundin zu helfen.

"Du böses, böses Baby", gurrte Daniela, als sie Lara mit einer Katze auf dem Arm entgegenkam. Babysprache? Hörte sie da richtig? Das weiß-schwarz-orange gemusterte Kätzchen in Danielas Arm schnurrte.

"Lebst du einen unterdrückten Kinderwunsch aus?"

"Red nicht so einen Unsinn. Hier." Daniela legte Lara das weiche Fellbündel in die Arme. "Zwei Minuten und ich garantiere dir, du willst sie nicht mehr hergeben."

"Da ist noch eine schwarze Katze rausgerannt", sagte Lara. Vorsichtig streichelte sie das Tier. Als Kind hatte sie nie Haustiere gehabt. Ihr Vater war Arzt und strikt gegen alles, was "unhygienisch" sein könnte, und ihre Mutter wollte nicht gegen Katzenhaare ankämpfen. Irgendwann hatte Lara ihren Wunsch nach einem Haustier aufgegeben.

"Verflixt. Katrina ist auch abgehauen?" Daniela verschwand erneut im Treppenhaus. "Katrina? Wo bist du?", hallte zu Lara hinauf. Sie schüttelte den Kopf. Dachte Daniela ernsthaft, das Tier würde antworten?

Mit Jojo im Arm drehte sie sich um und ging in Danielas Wohnung voraus.

"Oh, mein Gott." Lara blieb stehen. Das Wohnzimmer, das normalerweise aufgeräumt und sauber war, sah aus, als wäre ein Hurrikan durchgefegt. Die Vorhänge hingen nicht nur schief herunter, sondern wiesen Risse auf. Ganz so, als hätte ein klauenbewehrtes Wesen versucht, daran hochzuklettern. Bücher lagen neben den Regalen auf dem Boden. Die Couchgarnitur war zerkratzt.

"Du warst das bestimmt nicht, Jojo. Du bist ein braves Kätzchen, nicht wahr? Das muss die böse Katrina gewesen sein. Du bist so eine Süüüüüße." Verflixt. Daniela hatte recht, sie sprach schon genau wie ihre Freundin.

"Hier ist die kleine Übeltäterin!" Daniela zeigte ihr das schwarze Fellknäuel, das Lara aus grünen Augen anstarrte. Anders als Jojo schnurrte Katrina nicht. Wahrscheinlich plante sie die nächste Vernichtungstour.

"Haben die Katzen das angerichtet?" Lara zeigte auf die Verwüstung.

"Nur diese hier. Was glaubst du, warum sie Katrina heißt?" Daniela hob das Kätzchen in die Höhe. "Du bist eine gaaaanz Böse."

"Daniela, du sprichst mit einem Tier. In Babysprache."

"Tu ich nicht!"

"Doch, tust du. Du bist eine gaaaanz Böse", äffte sie Daniela nach.

"Vielleicht ein bisschen. Aber sie sind so süß."

Die beiden Freundinnen setzten sich auf die Couch. Während sich Jojo an Lara kuschelte und schnurrte, sprang Katrina von Danielas Arm und stakste aus dem Zimmer.

"Wie kommst du zu den beiden?"

"Es ist nur vorübergehend. Meine Arbeitskollegin hat ein Heim für herrenlose Katzen. Die beiden wurden bei ihr abgegeben. Da sie keinen Platz mehr hat, bat sie mich darum, Jojo und Katrina so lange aufzunehmen, bis sie Besitzer für sie gefunden hat."

"Glaubst du wirklich, du bringst es übers Herz, dich von den beiden zu trennen?"

"Was? Natürlich. Martina hat versprochen, dass es nur für ein, zwei Wochen ist. Ich hoffe, sie irrt sich nicht."

"Ein, zwei Wochen. So, so."

"Ja. Ich ...", weiter kam Daniela nicht. Ein lautes Krachen ertönte aus der Küche. Kurz darauf galoppierte Katrina mit steil aufgerichtetem Schwanz an ihnen vorbei und verschwand im Schlafzimmer.

"Ich habe die Pizza vergessen!"

In der Küche herrschte Chaos. Die Pizzakartons lagen auf dem Fußboden, ebenso die Flasche Rotwein, deren Scherben auf der ebenfalls unten liegenden Tischdecke verstreut waren. Ein See aus Wein hatte sich unter dem Tisch gebildet. Von dort führte eine Spur roter Katzenpfoten in den Flur. Erst jetzt sah Lara, dass sie sich auf dem weißen Teppich fortsetzten.

"Wer auch immer Katrina getauft hat, wusste, warum er diesen Namen wählte."

"Dieses kleine Biest." Daniela hob vorsichtig die Glasscherben auf. "Sie hat garantiert versucht, an der Tischdecke hochzuklettern. So hoch hätte sie nicht springen können."

"Kluge Katze."

"Wenn sie so weitermacht, gebe ich sie Martina zurück."

"Es war nicht Katrinas Schuld. Wir hätten die Pizzen nicht hier stehen lassen dürfen. Sie hat das Essen gerochen."

"Du hast recht." Daniela seufzte und fegte die letzten Glasscherben zusammen. Dann holte sie einen Putzlumpen hervor. Es dauerte eine Weile, bis sie gemeinsam die Küche gereinigt hatten.

"Wie willst du die Weinflecken aus dem Teppich bekommen?"

"Keine Ahnung. Ich hoffe, es gibt eine chemische Keule, die damit fertig wird." Daniela starrte mit gerunzelter Stirn auf die rote Spur, die sich durch den Flur wand, um dann ins Wohnzimmer zu verschwinden. "Sieht aus, als müsste ich uns etwas zu essen und eine weitere Flasche Wein bestellen", sagte sie und kramte in einer Küchenschublade. "Immer noch italienisch, oder möchtest du lieber indisch, chinesisch oder thailändisch?"

"Italienisch. Ich habe mich schon so auf die Pizza gefreut."

"Ich auch." Daniela tippte die Telefonnummer in das Handset.

Zum Glück dauerte es nicht allzu lange, bis ihr Essen ankam. Die beiden Freundinnen teilten die Pizzen auf und setzten sich an den Tisch.

"Was hast du mit deiner Frisur angestellt?", fragte Daniela, nachdem sie das erste Stück verspeist hatte.

"Nichts. Warum?"

"Du hast Locken!" Daniela deutete auf Laras Kopf, als müsse sie ihr zeigen, worüber sie sprachen. Normalerweise trug Lara ihre blonden Haare in einem messerscharf geschnittenen Bob. Heute aber umschmeichelten sie in sanften Locken ihr Gesicht.

"Na und? Nachdem ich heute klitschnass aus dem Büro kam, hatte ich keine Lust mich mit dem Glätteisen abzumühen. Das dauert ewig. Am Montag werden sie wieder sein wie sonst."

"Ich habe nie verstanden, warum du deine Locken glättest. Ich wäre froh, wenn ich deine Haare hätte", Daniela fuhr sich mit beiden Händen durch ihre kurzen, schwarzen Haare. "Mehr als einen Kurzhaarschnitt kann ich nicht tragen. Das Zeug hier", sie hielt eine Strähne zur Demonstration nach oben, "ist zu dünn."

"Ich finde, du siehst toll aus. Ich würde mit deiner Frisur wie ein Mädchen aussehen, das auf Junge macht."

"Kann sein. Aber ich habe dich noch nie mit Haaren gesehen, die nicht geglättet sind."

"Wenn ich Locken habe, sehe ich aus, als wäre ich zwölf. Niemand würde mich ernst nehmen."

"Unsinn."

Statt einer Antwort zog Lara eine Augenbraue hoch und sah Daniela an.

"Nein, ich finde, du siehst dann mindestens wie fünfzehn aus", sagte ihre Freundin.

"Sehr witzig. Mit meinen knappen einssechzig ist es schon schwer genug. Besonders die männlichen Autoren denken, sie können mir auf der Nase herumtanzen. Ohne den strengen Haarschnitt, Kostüm und hohe Absätze sehe ich unprofessionell aus."

"Das glaubst du", sagte Daniela, hob dann aber abwehrend die Hände, als sie Laras wütenden Blick sah. "Hier, nimm noch einen Schluck Wein." Daniela hob die Flasche hoch und schenkte Lara nach. "Was gibt es Neues an der Männerfront?"

Lara starrte in ihr Glas, als läge dort die Antwort. "Ich habe die Anleitung", sagte sie endlich.

"Oh, nein! Du weißt doch, dass deine esoterischen Versuche immer schiefgehen."

"Das tun sie nicht", verteidigte sich Lara. "Außerdem kann es nicht schlimmer werden, als es schon ist. Entweder lerne ich überhaupt keine Männer kennen, oder es sind Idioten. Schlimmstenfalls ändert sich daran nichts."

"Aber ein Liebesritual? Bist du dir da ganz sicher? Was, wenn du aus Versehen nicht deinen Traummann, sondern deinen Alptraummann bekommst?"

"Das Risiko gehe ich ein."

Kapitel 5

Dunkelheit hatte sich wie eine schwarze, samtige Decke über München gelegt, als Lara am Samstagabend endlich mit Aufräumen und Putzen fertig war. Ihre Altbauwohnung roch nach Reinigungsmitteln. Zum ersten Mal seit langer Zeit. Seit ihre Putzfrau – der einzige Luxus, den sie sich gönnte – krank war, hatte es nicht mehr so sauber ausgesehen. Erschöpft verstaute Lara die Utensilien. Domenica, die Perle, die sonst dafür sorgte, dass alles glänzte, war jeden Cent wert, den Lara ihr zahlte.

Sie sah an sich hinab. Ihr Jogginganzug sah aus, als hätte sie damit den Fußboden gewischt. Staubfäden hingen vom Oberteil herab. Ein schwarzer Streifen verlief diagonal über das Sweatshirt. Lara schüttelte den Kopf. Gut, dass sie mit dem Duschen noch gewartet hatte. Sie schwitzte. Es war nicht nur sehr warm, sondern, wie so oft in den letzten Tagen, extrem schwül. Sie sehnte sich nach einem Gewitter, das die Luft reinigen würde.

Wenigstens war ihre Wohnung jetzt sauber. Der Parkettboden schimmerte in einem satten Braun. Die bunten Ikea-Regale waren endlich vom Staub befreit. Was jetzt noch blieb, war, die Räume mit Salbei auszuräuchern, um sicherzugehen, dass sich die negativen Energien, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten, auflösten. Lara nahm das Kräuterbüschel, das sie vor ihrer Putzaktion bereitgelegt hatte, und entzündete es mit einem Streichholz. Weißer Rauch stieg davon empor und verbreitete einen angenehmen, frischen Duft.

Lara ging in alle vier Ecken der Küche und verteilte so den Rauch. Das Gleiche tat sie in den restlichen Zimmern, so lange, bis alle Räume gereinigt waren. Als sie fertig war, legte sie das Büschel auf einen Teller und ließ es ausglühen. Es galt nur noch eines zu tun, dann konnte sie duschen.

Sie ging in den kleinen Hausflur, der von der Eingangstür rechts ins Wohnzimmer und links in ihr Schlafzimmer führte. Neben ihrer Haustür stand ein kleines Telefontischchen, darunter befand sich der Anschluss. Sie zog das Kabel. Jetzt konnte sie ihr Ritual in Ruhe durchführen, ohne Unterbrechungen befürchten zu müssen.

Kurz darauf stand sie unter der Dusche und ließ das lauwarme Wasser auf sich herabprasseln. Im Geiste ging sie die Eigenschaften durch, die ihr Traummann haben sollte, denn diese würde sie aufschreiben, um ihn "herbeizurufen".

Frisch geduscht und fest entschlossen, ihr Leben zu ändern, setzte sie sich auf die Couch, mit einem Stift und einem Block bewaffnet.

Es dauerte nicht lange, und sie kaute auf dem Stift herum, tief in Gedanken versunken. Die Eigenschaften zu formulieren, die ihr Zukünftiger haben sollte, war schwerer als gedacht.

Gutaussehend

Humorvoll

Liebevoll

Gut im Bett

"Hmmm." Lara studierte die Liste, die vor ihr lag. Obwohl sie im Geiste eine sehr genaue Vorstellung von diesem Menschen hatte, fiel es ihr schwer, weitere Eigenschaften zu formulieren. Vor ihrem inneren Auge sah sie ein Bild. Ein blonder, hochgewachsener Mann mit einem durchtrainierten Körper, blauen Augen und einem Lächeln auf den Lippen.

"Sportlich", fügte sie ihrer Aufzählung hinzu. Sollte sie sein Aussehen ausführlicher beschreiben? Ihr Stift schwebte über dem Papier. Die Vorstellung des blonden Adonis wurde von einem dunkelhaarigen Mann verdrängt. Der Körperbau war in etwa gleich, aber die Haarfarbe eine andere. Zusammen mit seinen blauen Augen ergab sich ein interessanter Kontrast. Statt der Haar- oder Augenfarbe schrieb sie "mindestens einen Meter neunzig groß" auf. Dann lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück.

War sie oberflächlich, weil sie so viele Eigenschaften, die sich auf das Aussehen bezogen, aufschrieb?

Vielleicht.

Aber sie wollte ihren Traummann herbeirufen. Und der sah nun einmal gut aus, hatte Manieren, war humorvoll, liebevoll und ... Okay, er hatte einen festen Job und ein gutes Einkommen. Auch wenn sie das noch oberflächlicher erscheinen ließ. Schnell schrieb sie die Attribute auf, um sie nicht zu vergessen.

Lara pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Zum Glück war sie allein. Es war niemand da, der ihre Aufstellung kritisieren konnte.

"Weltoffen", fügte sie hinzu, kurz darauf folgte "an einer langfristigen Bindung interessiert". Fast hätte sie diese letzte Bedingung vergessen. Wieder las sie durch, was sie geschrieben hatte. Dann gönnte sie sich ein paar Minuten Pause, um nachzudenken. Sie durfte nichts vergessen, denn dieses Mal musste es klappen. Sie war es leid, allein zu sein.

"Spirituell! Er muss offen für das Unerklärliche sein. Ich möchte keinen Mann, der das alles für eine Spinnerei hält." Sie wollte gerade das Wort aufschreiben, als das Telefon klingelte.

Das Telefon?

"Verflixt. Ich habe es doch abgestellt." Lara stand auf und ging in den Flur hinüber, nur um sicherzugehen, dass es tatsächlich ihr Apparat war, der diese Töne von sich gab.

Kein Zweifel. Der Hörer, der in der Ladestation steckte, blinkte nicht nur, sondern es klingelte schon wieder. Laras Blick wanderte zu der Steckdose, dorthin, wo sie vor wenigen Minuten den Telefonstecker gezogen hatte. Anders als gedacht, steckte er noch immer in der Buchse. Das Stromkabel daneben aber lag auf dem Boden.