Kaiser Konstantin - Ivan Ivanji - E-Book

Kaiser Konstantin E-Book

Ivan Ivanji

4,8

Beschreibung

Der historische Roman Konstantin von Ivan Ivanji belebt glaubwürdig und überzeugend die Zeit und die Umstände, unter denen sich im Römischen Reich die neue Religion der Anhänger Christi verbreitet und alle anderen in den Hintergrund gedrängt hat. Wer tatsächlich als Erster den christlichen Glauben anerkannt hat, in welchem Land das Christentum zum ersten Mal Staatsreligion wurde, wer und wann Konstantin getauft hat, wie sich die alten und die neuen Kulte und Sitten im Laufe der ersten Jahrhunderte des neuen Zeitalters miteinander verflochten haben, warum Konstantin der Große seine Frau Fausta und seinen erstgeborenen Sohn Priscus umbringen ließ, wie seine Mutter, die heilige Helene, ihre Pilgerfahrt in Galiläa absolvierte und glaubte, das Kreuz, auf dem der Erlöser starb, gefunden zu haben, wie Konstantinopel erbaut wurde und vieles mehr erfahren wir in diesem aufregenden Roman über einen der letzten großen römischen Kaiser. Die gekonnte Verwendung von Legenden, besonders hervorgehobenen und belegten historischen Tatsachen, sowie die Phantasie des Autors kennzeichnen den Stil Ivanjis in diesem Werk.

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IVANJI • KAISER KONSTANTIN. DER DREIZEHNTE APOSTEL

Die Herausgabe dieses Buches erfolgtemit freundlicher Unterstützung der Stadt Wien.

IVAN IVANJI,

geboren 1929 in Zrenjanin, in einer jüdischen Ärztefamilie.

Da hieß die Stadt Veliki Bečkerek, ab 1934 Petrovgrad, zur Zeit der deutschen Besatzung 1941 bis 1945 Großbetschkerek, nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Zrenjanin. Liegt im Banat.

Einst Österreich-Ungarn, dann Jugoslawien, heute Serbien.

Turbulenten Zeiten, in denen er lebte und lebt. Verhaftet in Novi Sad, von März 1944 bis April 1945 in den Konzentrationslagern Auschwitz, Buchenwald und Arbeitskommandos von Buchenwald. Journalist, Verlagslektor, Dramaturg und Direktor mehrerer Theater. Veröffentlicht seit 1951, zuerst auf Serbisch, danach auch auf Deutsch. Zwanzig Jahre lang war er auch der Dolmetscher Titos.

Auf Serbisch erschienen 16 Romane, 3 Sammelbände mit Erzählungen, Essaybände, Dramen, Lyrik, Sachbücher. Ivanji hat viele seiner Bücher auf Deutsch neu geschrieben, sie unterscheiden sich zum Teil vom serbischen Original, einige Titel erschienen zuerst in der deutschsprachigen Version, der Autor hat sie nachträglich in der serbischen Sprache verfasst.

Aus dem Deutschen ins Serbische übertrug Ivanji: Günter Grass, Heinrich Böll, Bertolt Brecht, Milo Dor; aus dem Serbischen ins Deutsche: Danilo Kiš, David Albahari u. a. Lebt in Wien und Beograd.

IVAN IVANJI

Kaiser Konstantin

Der dreizehnte Apostel

Historischer Roman

Deutschsprachige ErstveröffentlichungOriginalausgabe erschienen unter dem Titel: KonstantinIm Verlag: Narodna knjiga© Ivan Ivanji: Beograd, 1988

wtb 01

Cover unter Verwendung von»Chaosminiaturen« von Wolf Vanderlendt.

A-9020 Klagenfurt/Celovec, Ebentaler Straße 34bTel. + 43(0)463 370 36, Fax. + 43(0)463 376 [email protected]

Copyright © dieser Ausgabe 2014 bei Wieser Verlag GmbH,Klagenfurt/CelovecAlle Rechte vorbehaltenLektorat: Josef G. PichlerISBN 978-3-99047-001-5

Inhalt

I

Die armenische Legende

Gregor in der Grube

Die Vereinbarung zwischen König und Priester

II

Die Verkündung des Goldenen Zeitalters

Die Vermählung mit dem kleinen Mädchen

Die Schlacht an der Milvischen Brücke

III

Der Beste auf der Welt

Es gibt Wunder

Die schöne Constantia

IV

Ein Kaiser kann nicht glücklich sein

Vater und Sohn

V

Alles, was entsteht, ist vergänglich

Armenisch-persische Verhandlungen

VI

Der unsichtbare Gott offenbart sich

Der Krieg gegen Licinus

VII

Das erste ökumenische Konzil

Der Bischof aller Menschen außerhalb der Kirche

VIII

Fausta und Crispus

Der Purpurschal

Die Freveltat

IX

Helena in Galiläa

Pilgerfahrt und politische Ziele

X

Der kalte Herbst

Fisch und Adler

Das kleine Land zwischen zwei Weltreichen

XI

Die neue Hauptstadt

Das vollkommene Urprinzip

Die vier Krieger aus Porphyr

Die Kornschiffe verspäten sich

XII

Die Aufteilung des Reichs

Ein Tag der überraschenden Wendungen

Für alles bezahlen

Mobed, der persische Magier

Krankheit und Tod

XIII

Beisetzung und Epilog

Als Kind verstand ich das Wort Geschichte so, als bedeute es einfach Erzählung. Oder Märchen. »Papa, erzähl mir doch noch schnell vor dem Einschlafen eine Geschichte!« Dass die Geschichtswissenschaft angeblich dokumentarisch belegte Geschichten über die Vergangenheit erzählt, sollte ich erst viel später erfahren. Gustav Schwabs »Sagen des klassischen Altertums« habe ich früh gelesen und natürlich noch nicht gewusst, wie beschönigt, wie entmannt sie waren. Der Historiker beruft sich auf Quellen. Die können falsch oder widersprüchlich sein. Was der Held der Geschichte dachte und fühlte, weiß der gelehrte Professor für Geschichte erst recht nicht, selbst wenn autobiografische Schriften vorliegen, denn die hat ihr Autor bestimmt rechtzeitig zu eigenen Gunsten gefälscht. Wenn man Geschichtenerzähler und nicht Geschichtswissenschaftler ist, darf man sich jedoch herauspicken, was einem schmeckt. Dann nennt man das, was man zusammengebracht hat, einen historischer Roman.

Ende der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts bat mich der serbisch-deutsche Schriftsteller Oto Bihalji-Merin als Herausgeber einer großen illustrierten Zeitschrift, dreißig Seiten über den Diokletianpalast in Split zu schreiben. Er wollte ein Fotobuch herausgeben, mein Text sollte eine kleine Einleitung sein. Mit auf den Weg gab er mir die Anekdote, das Schloss Diokletians in Nikomedia, das in Flammen aufgegangen war, sei angezündet worden, um die Schuld den Christen in die Schuhe zu schieben und einen Grund zu haben, sie zu verfolgen. Das erinnere ihn an den Reichstagsbrand und das solle ich bitte miteinbeziehen.

Ich war jung, fing an zu forschen und kam zu dem Schluss, so einfach konnte das nicht gewesen sein. Zwar stellten die Christen damals einen politischen Faktor dar, Diokletians Frau Prisca und Tochter Valeria waren Christinnen, und einige Jahrzehnte nach dem Brand übernahmen die Christen das Reich dank Konstantin, der als »der Große« in die Geschichtsbücher eingehen würde. Konstantin war als Offizier in Nikomedia stationiert und erzählte später seinem Biografen Eusebius, es habe damals ein Blitz eingeschlagen, was aber nicht unbedingt wahr sein muss. Er hatte in der Nacht des Brandes dienstfrei, war nicht selbst im Palast, sondern … Die Geschichtswissenschaft weiß nicht, wo er in dieser entscheidenden Nacht wirklich war.

Mich reizte diese Geschichte. Ich gab den Auftrag, einen Einleitungstext zu schreiben, dankend zurück und begann etwas anderes. Einen Roman? Es sollten drei Romane werden und die Arbeit an ihnen zog sich über mehr als vierzig Jahre hin.

Konstantin war der außereheliche Sohn von Constantius Chlorus, einem Freund, Mitstreiter und später Mitkaiser Diokletians. Sollte ich erfinden, er sei eigentlich Diokletians Sohn gewesen? Das wäre übertrieben. Aber Diokletian, der nur eine Tochter hatte, zu unterstellen, er habe gedacht, der begabte junge Mann hätte sein Sohn sein können, das war erlaubt. Oder nicht? Als ich mit dem Buch über Diokletian 1973 fertig war, wusste ich, dass der Roman über Konstantin folgen würde und dass es am Ende eine Trilogie sein müsste, aber noch nicht, wie es weitergehen sollte.

Da wurde ich von den Schriftstellern Armeniens eingeladen, ihr Land zu besuchen. Fein. Am zweiten Tag sollten wir Sehenswürdigkeiten besuchen. Langweilig, aber man musste es höflicherweise über sich ergehen lassen. Ein kleiner Tempel. Römische Architektur. Gleich daneben eine beeindruckende Schlucht. Unsere Reiseführerin, eine freundliche armenische Dichterin, spulte ihre Kenntnisse herunter, ich hörte nicht besonders aufmerksam zu, aber da fiel mehrmals ein Name, der seltsam klang: etwa wie Trrr-Dat … Trrr-Dat.

»Meinen Sie Tiridates?«, fragte ich.

»Natürlich!«, freute sich unsere Begleiterin, dass ich Bescheid wusste.

»Über den habe ich in meinem Roman über Kaiser Diokletian geschrieben, Ihr Tiridates war ein Freund Konstantins des Großen, nicht wahr?«

Frau Dichterin nickte.

So kommt man zu Ideen. So fand ich den Zugang zu meinem Roman über Konstantin den Großen.

I

Die armenische Legende

»Wer hat eigentlich heute Morgen Dienst, Nuschriwana?« Tiridates, König von Armenien, stand im halbrunden Vestibül des nach römischem Vorbild errichteten Bades auf seinem Sommersitz Garni nahe der Hauptstadt Etschmiadsin.

»Da du nichts zu befehlen geruhtest, habe ich auf dich gewartet.«

Der König warf den Mantel ab, unter dem er nackt war, und betrat den Raum mit dem Bassin. Ein unterirdisches Rohrsystem, durch das Dampf geleitet wurde, erwärmte das Wasser, die ganze Anlage wurde von außen geheizt. Die Baumeister hatte Tiridates von Diokletians Hof geholt. Er setzte sich auf einen dreibeinigen Ebenholzschemel und überließ sich der alten Frau.

Sie begann mit Wassergüssen aus einer großen hölzernen Schöpfkelle.

»Du brauchst nur ein Wort zu sagen, und ich lasse sofort ein hübsches junges Mädchen holen.« Da der König weiter schwieg, fuhr sie vertraulicher fort: »Es tut mir leid, dass du schlechter Stimmung bist, mein König.«

Er winkte ab.

»Es ist mir einerlei. Alles ist mir einerlei. Ich nehme schnell ein Bad, auf Mädchen habe ich keine Lust. Du wirst mich ölen und massieren wie einst, nicht wahr? Du kannst es am besten.«

Der König, der meist entspannt mit seiner einstigen Amme plauderte, war an diesem Morgen überhaupt nicht gesprächig. Und sie wusste genau, was sie sich erlauben durfte. Sie betrachtete ihn mit unverhohlenem Stolz.

Tiridates war hochgewachsen, und obwohl er im fünften Lebensjahrzehnt stand, wirkte er wie ein Jüngling. Als junger Exulant war er seinerzeit sogar Sieger bei den Olympischen Spielen gewesen, und er hatte das tägliche Training auch als römischer General und nach dem erneuten Antritt der Herrschaft in seinem Vaterland beibehalten. Diesmal blieb er lange in dem warmen, von den aromatischen Salzen grünlichen und duftenden Wasser sitzen. Er kniff sich zerstreut in den Bauch: Die Fettschicht war zwei Finger dick. Einst waren seine Muskeln hart und glatt wie Marmor gewesen. Auf einer Pritsche aus Rohrgeflecht ausgestreckt überließ er sich der alten Frau, deren magere Hände ihn abwechselnd sanft und kraftvoll massierten. Plötzlich stand er auf, warf den Mantel um seine Schultern.

»Komm mit!«

Nuschriwana folgte ihm erstaunt.

»Dieses Mosaik magst du nicht besonders?«

Der König wies auf den Fußboden aus geschliffenen Steinen in fünfzehn Farben. Er zeigte Liebeszenen zwischen Göttern und Nymphen, Kentauren und Mädchen, aber auch zwischen Greisen und Jünglingen.

»Kommt es darauf an, was mir gefällt?«

»Die größten römischen Meister haben es für mich geschaffen!« Da sie schwieg, fuhr er finster fort: »Ein bisschen Luxus darf ich mir wohl leisten, wenn man mich schon in diese Einöde verbannt hat.«

»Gestattest du, dass ich etwas sage, mein König?«

»Wenn ich mich mit dir unterhalte, gestatte ich es nicht nur, sondern ich fordere es!«

»In Rom warst du in der Verbannung. Jetzt bist du in deinem Vaterland. Und wenn es wirklich eine Einöde ist, dann ist es an dir, einen Garten aus ihr zu machen.«

»Wenn es der Wunsch der Götter ist …« Die Alte schwieg. »Na gut. Meinetwegen deines Gottes. Ich weiß, dass du Christin bist. Du brauchst keine Angst zu haben, es gibt sie auch am Hof unseres Kaisers Diokletian.«

So schnell, dass sie ihm kaum folgen konnte, überquerte er das dreieckige Plateau. Zuerst dachte sie, er wolle die breiten Stufen zum Tempel des Sonnengottes Mithras hinaufsteigen, den sein Großvater von griechischen Baumeistern hatte errichten lassen. Der König aber ging weiter bis zum Rand des Abgrunds. Die Hochebene endete plötzlich, und dreihundert Meter unter ihnen toste der reißende Gebirgsfluss Aras.

Der Komplex aus Palästen, Tempeln und Unterkünften für Soldaten und Bedienstete war auf ziemlich engem Raum zusammengedrängt. Kaum hatte sich Platz für das römische Bad gefunden, ohne das Tiridates nicht leben wollte. Eingedenk seiner eigenen Kämpfe mit den Persern, aber auch ihrer Überfälle während vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte, hatte er den ganzen Komplex mit einem starken Wall aus gewaltigen Basaltquadern umgeben lassen, doch hier über dem steilen Abgrund war keine Einfriedung nötig. Diese Wände vermochte niemand zu erklimmen. Todesstrafen waren am einfachsten zu vollstrecken, indem man die Verurteilten hinunterstürzte. Blieb einer zufällig am Leben, konnte es nur der Wille der Götter gewesen sein.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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