Kamasutra im Management - Volker Zotz - E-Book

Kamasutra im Management E-Book

Volker Zotz

4,8

Beschreibung

Das Kamasutra – im Westen ausschließlich als reines Erotikwerk bekannt – zählt neben der Bhagavad Gita, den Veden und den Upanishaden zu den klassischen indischen Schriften zur Philosophie,Weisheit und Lebensführung. Gerade in unserer heutigen Geschäftswelt fehlt es oftmals an neuen Perspektiven und Visionen. In diesem Buch finden moderne Manager und Führungskräfte eine Fülle an Inspirationen für mehr Gelassenheit und Klarheit im Umgang mit den wesentlichen Herausforderungen ihres Alltags.

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Kamasutra im Management
Zotz, Volker
Campus Verlag
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
9783593404080
Copyright © 2008. Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Besuchen Sie uns im Internet: www.campus.de
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|9|Vorwort

»Wer Schranken denkend setzt,

die wirklich nicht vorhanden,

und dann hinweg sie denkt,

der hat die Welt verstanden.«

Die Weisheit des Brahmanen

Vor fast drei Jahrzehnten, im Sommer 1980, stand ich auf dem Flachdach des Green Hotel in Old Delhi. Die kleine, außen wie innen blaugrün und türkis gestrichene Herberge wurde von den Männern einer Hindu-Großfamilie geführt. Einem von ihnen leistete ich gerade Gesellschaft, während er einen Drachen steigen ließ.

Es war die Saison der Papierdrachen, die sich an langen Schnüren von vielen Dächern emporhoben, um unruhig im Wind zu flattern. Der Wettbewerb mit der Nachbarschaft war in vollem Gang: Welcher Drache erreicht die weiteste Entfernung und kann sich am längsten oben halten?

Zum vierten Mal wohnte ich für ein paar Wochen in diesem sonst nur von Einheimischen frequentierten Haus, als einziger Stammgast aus der Ferne mit etwas Familienanschluss. Immer wieder zog es mich auf das Dach. In heißen Nächten brachte man mein Bett aus der Kammer hier hoch, wo ich dann neben den Hoteliers mitten in der Stadt unter freiem Himmel schlief. Am Abend verbrachte ich gern einige Zeit da oben, um Notizen durchzusehen oder Briefe zu schreiben, während man von den Straßen die ferne Betriebsamkeit des nie ruhenden Verkehrs hörte.

An jenem Tag konnte ich den Blick kaum von unserem Drachen lassen, der ein paar Straßenzüge weiter über einem Haus zitterte. Es war, als fürchte er sich vor einem etwas kleineren Artgenossen, den der Nachbarn, bedrohlich näherkommen ließ. Dieser Mann, |10|so hatte man mir gesagt, tränkte seine Schnüre in Leim und ließ sie durch zu Pulver geriebenes Glas gleiten. Auf diese Weise werden sie zu scharfen Sägen, mit denen er die Schnüre der Konkurrenten durchtrennte. Schon mancher Drache meines Hoteliers trat darum eine Reise ohne Wiederkehr an.

Während dieser sich nun bemühte, den Angriffen des Nachbarn auszuweichen, erkundigte er sich nach meinem Tag. Gerade beschäftigte ich mich mit dem Denken der Jainas, einer wohl drei Jahrtausende alten Richtung indischer Philosophie. Darum hatte ich die vergangenen Stunden in der Bibliothek eines Tempels verbracht. Ich berichtete kurz, dass ich heute über die jainistischen Lehren vom Karma las: Ausnahmslos jede Tat, ob absichtlich oder unabsichtlich, wirkt sich – sogar wenn sie unbewusst bleibt – auf die Qualität des künftigen Lebens aus.

Dem Hotelier gefiel, dass ich mich mit den klassischen Texten der indischen Traditionen auseinandersetzte. Wie fast täglich, betonte er, wie wichtig diese Texte wären, um bald bei einem Thema zu sein, auf das er bei unseren Gesprächen immer wieder zurückkam: Die in Europa wie Amerika in den 70er und 80er Jahren populären indischen Gurus und ihre ausländischen Anhänger erregten seinen Unmut. Besonders der später als Osho bekannte Sri Rajneesh, zu dem Prominente aus aller Welt nach Puna pilgerten, ärgerte ihn.

Im Einklang mit einem großen Teil der indischen Medien machte er sich Luft über Rajneeshs Betonung der Sexualität als Mittel geistigen Fortschritts. »Wer nur das hört, wird glauben, das Wichtigste in Indien wäre das Kâmasûtra«, meinte der Hotelier. »So wird die Welt nie erfahren, was unsere Vergangenheit ihr wirklich zu bieten hat.«

Während dieses pathetisch vorgetragenen Satzes wich er mit seinem Drachen erfolgreich der Schnur des Nachbarn aus, die sich bedrohlich genähert hatte. Dann meinte er leise, als wollte er ein Geheimnis mit mir teilen: »Indien wird schon bald wieder so groß, wie es oft in der Geschichte war. Unsere heiligen Bücher |11|wie die Veden, die Upanişaden und die Bhagavadgîtâ machen das möglich. Mehr als diese Texte brauchen wir nicht, um eine führende Nation zu sein.«

»Dem würden die meisten europäischen Gelehrten widersprechen«, antwortete ich. »Zum Beispiel gilt ihnen die Lehre vom Karma als großes Hindernis des Fortschritts. Es macht passiv, sagen sie, wenn man sein gegenwärtiges Schicksal für vorbestimmt von den Taten früherer Leben hält.«

Der Hotelier lachte. »Leider haben sie nicht viel verstanden, die Gelehrten außerhalb Indiens. Weil alles zwei Seiten hat, stimmt auch das Gegenteil: Wer weiß, dass das Schicksal des kommenden Lebens die Frucht der Taten dieses Daseins ist, wird heute besonders aktiv sein. Denn er will ja morgen viel ernten. Die Lehre vom Karma ist der Schlüssel zum Fortschritt.«

Im diesem Augenblick griff der Nachbar erneut an. Die beiden Drachenschnüre kreuzten einander, um sich in den Wirbeln des Windes rasch zu verknoten. Nach wenigen Schrecksekunden, während beide Drachen gefangen und zum Absturz verdammt schienen, riss plötzlich die Schnur des Nachbarn und fiel schlaff nach unten. Offensichtlich hatte sich die mit Glasstaub bestrichene Schnur beim Kampf selbst angesägt.

Mein Hotelier wiegte leicht den Kopf, wie Inder es zur Bejahung tun: »Im ewigen Auf und Ab geschieht irgendwann sicher das Gegenteil vom Erwarteten. Man muss nur durchhalten.«

Der freigelassene Drache schoss ruckartig in den Himmel, sank dann in einer unregelmäßigen Spirale einige Meter abwärts und flog rasch davon, um irgendwo über den Häusern Delhis außer Sichtweite zu geraten.

Ich konnte in diesem Moment nicht anders, als den Worten vom Aufstieg Indiens zu glauben. Zwar gab es keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Entwicklung. Der seit der Unabhängigkeit 1947 versuchte »dritte Weg« zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft hatte den Subkontinent mit seiner unter staatlichem Protektionismus stagnierenden Ökonomie isoliert. Auch politisch |12|fehlte jedes Anzeichen, dass Indien eine führende Rolle in der Welt spielen sollte. Doch das Vertrauen dieses Mannes in die Potenziale der indischen Tradition hatte etwas Bestechendes.

Seine leise Prophezeiung war frei gewesen von jedem nationalistischen Stolz oder einer verbitterten Forderung, Indiens verkannte Weltgeltung müsste schnellstens allgemein akzeptiert werden. Dass es wieder anders käme, hatte er so selbstverständlich gesagt, als zitiere er ein Naturgesetz. Damit folgte er einem häufigen Motiv der indischen Tradition.

Zentralen Mythen des Subkontinents zufolge befindet sich die Welt in einem unaufhörlichen Prozess des Auf- und Niedergangs. Durch positive Anstrengungen der Menschen entwickelt sich eine Zivilisation auf eine höhere Stufe. Am Gipfelpunkt werden die Menschen übermütig, leben nur mehr von den Früchten früherer Anstrengungen, ohne sich weiter zu bemühen, und allerlei Unsitten greifen um sich. In der Folge geht es abwärts bis zur Zerstörung der Gesellschaft. Entweder greifen Götter am Tiefpunkt ein, wie etwa das Viśnu-Purâna – eine Schrift aus dem 7. Jahrhundert – lehrt. Oder den Menschen gelingt selber die Umkehr. Nach dem Cakkavatisihanâdasutta, einem über zweitausend Jahre alten buddhistischen Text, entschließen sich die Überlebenden des Untergangs einer Zivilisation zur bewussten Anstrengung, womit sie eine erneute Höherentwicklung einleiten.

Gesetzmäßig geht es auf und ab und wieder auf, in einem Kreislauf, der kein Ende findet. »Man muss warten können«, hatte der Hotelier gesagt. Nichts bleibt auf Dauer, wie es ist.

Genau ein Jahrzehnt nach jenem Gespräch beim Drachensteigen gelangte Indien wirtschaftlich an einen Tiefpunkt. Die Devisenreserven waren 1990 derart geschrumpft, dass man gerade noch für zwei Wochen dringend notwendige Einfuhren hätte bezahlten können. Kurz vor dem Kollaps vollzog die indische Politik – mit oder ohne Eingreifen der Götter – unter der Federführung des Finanz- und späteren Premierministers Manmohan Singh eine vollkommene Kurskorrektur. Im Zusammenwirken aller gesellschaftlichen |13|Kräfte kehrte man sich vom vorherigen System der Protektion ab, liberalisierte die unternehmerischen Möglichkeiten und öffnete den abgeschlossenen Markt. Seither schreibt Indien in einer zuvor ungeahnten Aufwärtsbewegung von Jahr zu Jahr eindrucksvollere Wachstumsraten.

Der Hotelier lag also vor über einem Viertel Jahrhundert mit seiner damals objektiv unbegründeten Prognose durchaus richtig. Mittlerweile assoziiert man in Europa mit dem Subkontinent längst nicht mehr zuerst die Gurus mit ihrem Erleuchtungs- und Erlösungsangebot, sondern einen vielversprechenden Absatzmarkt und interessanten Standort zur Produktion und Investition.

Wie steht es aber mit der Idee, die klassischen Texte würden für den Aufschwung verantwortlich sein? Vordergründig war dieser sicher durch Sachzwänge und rein ökonomische Entscheidungen ausgelöst. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die führenden Politiker die Veden, Upanişaden, die Bhagavadgîtâ oder jainistische und buddhistische Werke nach Rezepten gegen die Wirtschaftskrise durchsuchten. Auch die Tatsache, dass viele maßgebende Persönlichkeiten des neuen Indien – so der bis 2007 amtierende Staatspräsident Abdul Kalam – tief mit der klassischen Tradition verbunden sind, erlaubt diesbezüglich keine Kurzschlüsse.

Doch wissen wir andererseits – spätestens seit Max Weber seine Untersuchungen zum »Wirtschaftsprotestantismus« und den Ökonomien Asiens vorlegte – um die bedeutenden Einflüsse, die Faktoren wie Weltanschauung, Religion und kulturelle Werte ausüben. Die hiervon geprägte Mentalität eines Volkes und seiner Entscheidungsträger beeinflusst, ob und auf welche Weise auf Sachzwänge reagiert wird. Was man bewusst oder unbewusst glaubt, weil es seit Generationen die emotionale und mentale Basis des Zusammenlebens wie Handelns bietet, wirkt sich vielfältig aus. Beispiele dafür sind die indische Karma-Lehre und der ursprünglich westliche Evolutionismus.

Die Karma-Lehre wurde von europäischen Beobachtern nicht ganz zu Unrecht als Hemmnis für den Fortschritt gewertet. Wer |14|sein Schicksal vom Handeln früherer Leben für vorbestimmt hält, neigt eher zum Bejahen einer misslichen Lage als zum Kampf dagegen. So nahm eine Mehrheit in Indien die Kolonisierung durch Großbritannien sehr lange hin.

Doch lässt es sich nicht einfach als Fatalismus bezeichnen, wenn man durch die Prägung des zyklischen Weltbildes den eigenen Tiefpunkt akzeptiert. Man lernte seine Lektionen von den neuen Herren und wartete. Der günstige Zeitpunkt zur Änderung würde kommen: »Man muss warten können.«

Dieses Denken in Kreisläufen legt also ganz andere Reaktionen nahe als der in Europa dominierende Evolutionismus. Wer mit Letzterem davon ausgeht, dass es mit dem Wachstum, Fortschritt und Zugewinn in einer möglichst geraden Linie immer vorangehen muss, wird die Stagnation oder gar den Rückschlag in der Regel weniger gelassen sehen. Er wird nicht warten wollen, sondern versuchen, das Steuer ohne jede Verzögerung in die andere Richtung zu drehen.

Es lässt sich nicht sagen, dass das indische Modell dem europäischen überlegen ist oder umgekehrt. Jedes besitzt seine Vor- wie Nachteile und mag in der einen Situation besser zum Tragen kommen als in der anderen. Beide bergen gleichfalls Gefahren, wenn sie immer und unreflektiert zum Einsatz kommen. Die europäische Strategie mag dazu führen, dass man dort lamentiert und sich auflehnt, wo Worte und Aktionen nichts bewirken. Man versäumt dann, sich zurückzulehnen, dem eigenen Anteil am missliebigen Zustand nachzuforschen und die Chance des subjektiv wie objektiv günstigen Moments für eine grundlegende Verbesserung zu verpassen. Mit der indischen Strategie hingegen harrt man vielleicht länger in einer schwierigen Situation aus, als es notwendig und angebracht wäre.

Die Beispiele Karma und Evolutionismus zeigen, wie es hier nicht darum gehen kann, Indisches prinzipiell als besser zu propagieren, und einen grundsätzlichen Wechsel der Strategie vorzuschlagen. Dies wäre allein deshalb wenig zielführend, weil hinter |15|einzelnen Vorgangsweisen die in den jeweiligen Kulturen selbstverständlichen Weltbilder stehen. Ein an der Idee der Evolution orientierter Europäer müsste über den Schatten seiner Erziehung und Sozialisation springen, wollte er spontan so handeln, wie es dem Hintergrund eines zyklischen Verständnisses entspricht. Heraus käme bei derartigen Versuchen nur unfruchtbares Stückwerk.

Um Imitation geht es also nicht, sondern um eine notwendige Bewusstseinserweiterung. In Zeiten der Globalisierung ist es besonders für Führungskräfte ein Gebot der Stunde, sich mit den grundlegenden Haltungen zu befassen, die in anderen Kulturkreisen herrschen.

Wer mit Partnern aus Asien zu tun hat und etwas von den Hintergründen ihres Denkstils weiß, zieht ganz unmittelbaren Nutzen aus dieser Erweiterung des Horizonts. Doch auch jeder, der sich nicht direkt mit Menschen und Gegebenheiten außerhalb Europas beschäftigt, profitiert erheblich, lässt er sich innerlich auf interkulturelle Begegnungen ein. Wer weiß, aus welcher Perspektive in Indien oder China empfunden, gedacht und agiert wird, wird automatisch flexibler. Er kann vertraute Sichtweisen durch andere ergänzen, womit er sich selbst und seine Aufgaben in neuem Licht erkennt.

Im Hinblick darauf stellt vorliegendes Buch wichtige Motive der philosophischen und spirituellen Literatur Indiens vor. Es geht um deren Anwendbarkeit im persönlichen und geschäftlichen Alltag im heutigen Europa. Aus den klassischen Texten werden zeitlose Prinzipien abgeleitet, die sich Führungskräften – und solchen, die es werden wollen – für den Umgang mit sich selbst, mit anderen und in Belangen eines privaten wie beruflichen Managements als Inspiration anbieten.

Dabei handelt es sich um kein Rezeptbuch mit vorgefertigten Lösungen für Probleme verschiedener Art. Mehr als auf detaillierte Ratschläge für jede Situation zielt die Weisheit Indiens auf persönliche Selbsterkenntnis. Sie will Menschen aus den dumpfen |16|Träumen wecken, in die sie sich eingesponnen haben und zur Einsicht führen, wer sie wirklich sind. Denn aus der authentischen Erfahrung seiner selbst kann man spontan das Angemessene tun. Dieses Buch enthält darum weniger die Aufforderung, konkrete Dinge anders als bisher zu machen, als vielmehr jene, sich selbst anders – nämlich in weiterer Perspektive – zu erfahren.

Der Leser wird dazu neben Anregungen, sich auf neue Weise wahrzunehmen, mit einigen philosophischen Gedanken konfrontiert. Was ab und zu etwas theoretisch klingen mag, liefert wichtige Hintergründe, die es erlauben, Inspirationen, aus indischer Weisheit auch vom Denken her, zu begreifen. Was erlebt und gedanklich eingeordnet wurde, hat tiefere Konsequenzen als bloße Anleitungen zum Handeln.

Prinzipien und Strategien aus klassischen indischen Texten bewährten sich unter unterschiedlichsten Bedingungen, was ihr seit dem Altertum großer Einfluss in Asien beweist. Mit der Ausbreitung des Buddhismus kamen sie nach China und Japan, Vietnam, Laos, Kambodscha, Birma und Thailand, wo sie erheblich an der Entfaltung der Kulturen beteiligt waren. Auch das heutige Indonesien prägen wesentlich Werte aus Indien. In besonderer Weise verdankt die tibetische Kultur ihr Entstehen der alten Literatur des Subkontinents. Tibets Schrift wurde eigens für deren Übersetzung geschaffen, und mancher in Indien verlorene Text blieb auf dem Dach der Welt erhalten.

In all diesen Ländern ermöglichten indische Ideen auf Basis einheimischer Gegebenheiten originelle Entwicklungen. Sie wirkten als Impulse, die bereicherten, ohne zu vereinheitlichen. Was im Osten ganze Kulturen befruchtete und ihnen die Richtung wies, verhilft auch Weiterblickenden in Europa und Amerika zu einem vertieften Verständnis der eigenen Persönlichkeit und ihrer Aufgaben.

Jedoch erschließen sich klassische indische Texte dem westlichen Interessenten oft schwer. Häufig verbirgt sich ihr springender Punkt als Essenz eines langen Dialoges, der nicht als griffige Definition |17|ausgesprochen wird. Manche Literaturgattungen – etwa die buddhistischen Sûtras – sind durch ausladende Wiederholungen und Aufzählungen für viele europäische Leser keine einfache Kost.

Dieses Buch macht wichtige Aussagen der Texte zugänglich, indem es die Essenz aus ihrer von europäischen Lesern oft empfundenen Weitschweifigkeit filtert. Es geht darum, genau jene springenden Punkte in den alten Schriften aufzuzeigen, die hier und heute von größtem Nutzen sind. Wer darüber hinaus indische Klassiker im Zusammenhang lesen möchte, sei auf die Literaturliste im Anhang verwiesen. Sie enthält ausgewählte deutsche Fassungen der alten Texte und Hinweise für jene, die sich tiefer über philosophische Hintergründe des hier Gesagten informieren möchten.

Jedem Hauptteil dieses Buchs steht ein Zitat aus Die Weisheit des Brahmanen von Friedrich Rückert voran, das verdichtet einen Aspekt des Inhalts anklingen lässt. Der Dichter, Übersetzer und Sprachwissenschaftler Rückert (1788–1866) legte als einer der ersten Europäer Übersetzungen aus alten indischen Werken vor, darunter aus vedischen Texten und dem Mahâbârata. Seine sechsbändige Sammlung Die Weisheit des Brahmanen (1836–1839) enthält neben indischen Anregungen zur Lebensweisheit solche aus anderen Kulturen.

Mir bleibt noch der Dank an jene, die zum Entstehen des Buchs beitrugen. Meine Gesprächspartner in Indien nur annähernd vollständig aufzuzählen, fehlt leider der Raum. Seit 1979 halfen mir dort akademische Kollegen wie gelehrte Swamis und Yogis beim Vertiefen meines Verständnisses der alten Literatur.

Namentlich erwähnt sei lediglich ein ungewöhnlicher Inder, der ursprünglich Deutsche Ernst Lothar Hoffmann (1898–1985), der unter dem Namen Anagarika Govinda indischer Staatsbürger wurde und den großen Teil seines Lebens schreibend im Himalaja-Raum verbrachte. Durch seine Bücher trug er viel dazu bei, in Europa das Interesse an der Geisteswelt Asiens zu fördern. Die |18|intensive persönliche Begegnung und langjährige Auseinandersetzung mit ihm beeinflusste meine Weise des Lesens der klassischen Literatur Indiens stark, wenn es um die Suche nach praktisch wirksamen essenziellen Aussagen ging.

Jenseits der Ashrams und Universitäten durfte ich manches von den mit ihrer schriftlichen Tradition verbundenen Jainas und Hindus erfahren, etwa dem oben zitierten Hotelier. Er mag verzeihen, dass nun ausgerechnet das Kâmasûtra den inhaltlichen Ausgangspunkt dieses Buches bilden wird, das sich seinen geliebten heiligen Texten widmet.

Mein Dank gilt Olaf Meier vom Campus Verlag, der mich dazu anregte, gerade jetzt ein Buch über die heutige Relevanz der alten indischen Literatur zu schreiben, und Andrea Kohlgraf für die verlegerische Betreuung des Projekts.

Birgit Hutter begleitete das Entstehen des Textes von Anfang bis zum Abschluss durch vielerlei hilfreiche Unterstützung. Manches auf den folgenden Seiten Gesagte geht auf unsere Diskussionen und ihre kreative Teilnahme an meiner Arbeit zurück.

Ich schreibe dieses Buch in der tibetischen Hauptstadt, also an einem stark von der klassischen indischen Kultur geprägten Ort. Dieser Genius loci, die tiefe Verwurzelung der Menschen Tibets in den alten Traditionen und ihre einzigartige Liebenswürdigkeit schenkten meiner Arbeit einen Rahmen, für den ich zutiefst dankbar bin.

Lhasa, im Oktober 2007

Anmerkung zur Aussprache indischer Worte: Dieses Buch verzichtet zur leichteren Lesbarkeit auf die wissenschaftliche Transkription indischer Alphabete. Es bedient sich auch keiner rein phonetischen Wiedergabe, damit die Namen und Begriffe in ihrer in der Literatur üblichen Form erkennbar bleiben. Dabei sind â, î und û lange Vokale, ś und ş können als sch gesprochen werden, ñ wie nj in Benjamin.

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|19|Einleitung

»Mit Speisen wirst du nur den Magen überladen,

doch fremdes Denken kann dem eignen Denken schaden.

Drum wie du issest nur soviel du kannst verdauen,

so lies auch mehr nicht, als du braucht dich zu erbauen.«

Die Weisheit des Brahmanen

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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