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Schaut man Tag für Tag Nachrichten oder liest die Zeitung, so könnte man meinen, die Welt gerät aus den Fugen. Hierzu ein kleines, nicht allzu ernst gemeintes Gedankenspiel, woran es vielleicht liegen könnte, dass sich Geschichte ständig zu wiederholen scheint. Oder werden dieselben Despoten nur ständig wiedergeboren?
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Seitenzahl: 64
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Nach einem langen, relativ erfolglosen Arbeitsleben und daraus resultierenden Rückenschmerzen und kaputten Knien, beschloss ich im reiferen Lebensalter, mir durch das Schreiben von Büchern einen kleinen Zugewinn zu verschaffen, was aber bis jetzt keineswegs von Erfolg gekrönt war.
Aus Frust trank ich eines Abends zwei naturtrübe Bier, welche, wie ich finde, meinen Naturell sehr entsprechen, und hatte, aus einem inneren, unkontrollierbaren Antrieb heraus, die geniale Idee für mein neues Buch, den kommenden Bestseller „Karma Heil“.
Seid bitte so nett und kauft den Quatsch, damit mein Lebenstraum endlich in Erfüllung geht. Helfen bei der Lektüre könnte durchaus der Genuss von legalen bewusstseinserweiternden Getränken etc.
Viel Spaß beim Lesen, ich habe fertig.
Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
Kapitel VII
Kapitel VIII
Kapitel IX
Kapitel X
Kapitel XI
Kapitel XII
Kapitel XIII
Kapitel XIV
„Wir müssen besser aufpassen!“
Sarah schaute Josef streng an.
„Dein Großvater war heute Nacht schon wieder unterwegs!“ „Ach ja“, Josef war genervt, „jedes Mal, wenn Aaron unterwegs war, dann ist es mein Großvater, aber als wir überlegt haben, ihn aufzunehmen, da war es unser Großvater.“
Josef stoppte plötzlich seine Vorhaltung und betrachtete Sarah besorgt, bevor er auf sie zuging und sie in den Arm nahm.
„Du sollst dich doch nicht aufregen, hat der Arzt gesagt.“ Er versuchte, Sarah etwas näher an sich heranzuziehen als er merkte, dass sie tief Luft holte, aber ihr Bauch machte das unmöglich. Sie war im neunten Monat schwanger, genauer noch, kurz vor der Niederkunft, aber sie wollte unbedingt schon im neuen Haus wohnen, bevor Ariel zur Welt kam.
Josef wollte nicht schon wieder anfangen zu diskutieren. Er war eigentlich dafür, dass Ariel in Jerusalem geboren werden sollte, ihrer Stadt, wo sie seit ihrer eigenen Kindheit gelebt hatten und wo es immer schwerer wurde, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Ursprünglich sollten auch ihre Eltern noch pro Forma umziehen in die neue Siedlung am Rand der Negevwüste, wo nichts war, nichts wuchs außer diesen alten Olivenbäumen auf dem Hügel oberhalb ihres Hauses, der an seinem Gipfel zwei natürliche Felstürme aufwies, die entfernt an eine Moschee erinnerten.
„Die sprenge ich irgendwann mal in die Luft!“, hatte Aaron bei der Grundsteinlegung gesagt. Gleich nach der Zeremonie war Aaron dann losmarschiert, mit der Axt unter dem Arm, die er unbemerkt im Kofferraum des Wagens versteckt hatte, und wollte die Bäume fällen.
„Wenn die scheiß Bäume weg sind, dann haben die Palästinenser auch keinen Grund mehr, hierher zu kommen, und schon sind wir einen Schritt weiter auf dem Weg zum israelischen Großreich!“
Josef hatte nur einen Augenblick nicht auf Aaron aufgepasst, der sich schon an dem ersten der über tausend Jahre alten Bäume zu schaffen machte, der mit seinem steinharten, weitgefächerten und schon mehrfach vom Blitz getroffenen Stamm ein erhebliches Hindernis für die stumpfe Axt darstellte. Doch Aaron hatte sich so sehr in sein Vorhaben hineingesteigert, dass er Josef erst sehr spät bemerkte und noch mehr schimpfte, als ihn dieser an seiner Aktion hinderte.
„Wir wollen hier in Frieden leben, Großvater!“, sagte Josef bestimmt, als er Aaron die Axt wegnahm.
„Mit denen kann man nicht in Frieden leben, Junge, das geht nicht!“
Sarahs Eltern sahen das völlig anders.
„Das gehört sich nicht!“, hatten sie nur gesagt, als sie gefragt wurden, ob sie mit in das neue Haus einziehen wollten, „mit diesen Siedlungen bekommen wir niemals Frieden, und ihr macht das ja auch nur wegen des Geldes.“
„Ich würde mich schämen, den Palästinensern das Land wegzunehmen“, hatte Sarahs Vater noch hinterhergeschoben.
Sarahs Vater arbeitete für die israelische Beobachtungsstelle „Peace Now“, die festgestellt hatte, dass nur circa ein Drittel der Siedler aus ideologischer Motivation ins Westjordanland zogen. Die Mehrheit kam, um in den Genuss staatlicher Subventionsprogramme zu gelangen.
Auch die Argumentation, dass für das meiste Land gar keine Besitzurkunden bei den Palästinensern existierten, ließ er nicht gelten.
„Für mich sind die Grenzen nach der Waffenstillstandslinie, auch ‚Grüne Linie‘ genannt, von 1949 gültig.“
Da ließ er auch nicht mit sich reden. Und mit dem verrückten Aaron würde er sowieso niemals zusammenziehen.
Aaron, Josefs Großvater, war, wenn es überhaupt Hardliner gab, der Prototyp dafür. Er war einer der ersten Siedler in Sa Nur in der Westbank gewesen, bis die Siedlung im Jahr 2005 unter gewalttätigen Auseinandersetzungen von der israelischen Armee geräumt wurde. Und wer war damals der Rädelsführer der Gewalttätigen ‒ natürlich Aaron.
Josef grübelte vor sich hin. Sarah hatte sich wieder beruhigt und strich sich über den Bauch.
„Ich setze mich raus auf die Terrasse, Josef, ich muss mich ein wenig ausruhen. Aber wir müssen etwas unternehmen“, sagte sie dann nochmals ernst zu Josef.
„Den fünften Tag, den wir hier wohnen, und Aaron war jede Nacht unterwegs. Wenn die Palästinenser das nächste Mal nach ihrer Plantage sehen, dann gibt es Ärger. Schau mal, da.“
Sarah hielt eine Hand über die Augen und mit der anderen deutete sie in Richtung der Felsspitzen.
„Wenn ich das richtig sehe, sind dort schon fünf Bäume gefällt. Das lassen sie sich nicht gefallen.“
„Ich rede mit denen“, antwortete Josef, „entweder pflanze ich neue oder wir bezahlen den Schaden.“
„Hoffentlich ist das so einfach“, seufzte Sarah besorgt und blickte zum Himmel.
„Wenn wir Glück haben, regnet es heute noch.“
„Endlich, wäre ja mal an der Zeit“, erwiderte Josef.
Doch das, was sich da zusammenbraute, sah nicht nach normalem Regen aus. Der Himmel verfinsterte sich zusehends und das erste Donnergrollen war zu hören, als der Wagen des palästinensischen Plantagenbesitzers den Weg hoch zu den zwei Felsspitzen fuhr und eine große Staubwolke hinter sich herzog.
Josef überlegte, ob er mit dem Fahrrad dem Wagen hinterherfahren sollte, um die Angelegenheit zu klären, als dieser anhielt und drei Männer ausstiegen, die wild gestikulierend und unter Ausstoß von derben Flüchen in ihre Richtung zeigten.
Josef erschrak sich, als ein Donner bedrohlich nah zu hören war und kurz darauf der erste Blitz, noch in einiger Entfernung, einschlug. Plötzlich bemerkte er, dass Aaron hinter ihm stand. Er war durch das herannahende Gewitter munter geworden. Etwas verschlafen schaute er in die Richtung seines nächtlichen Werkes, wobei ihm ein Lächeln übers Gesicht huschte, welches sich Sekundenbruchteile später ins genaue Gegenteil verwandelte.
„Siehst du, Josef, mit denen kann man nicht in Frieden leben“, sagte Aaron in einem Tonfall, der Josef Glauben machen sollte, er hätte rein gar nichts mit der Situation zu tun. Josef sah besorgt, dass die Palästinenser immer näherkamen, wobei sie die unglaubliche Fähigkeit besaßen, so zumindest seine persönliche Einschätzung, dass, je schneller sie liefen, umso lauter schimpfen konnten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Josef, dass Aaron zurück ins Haus ging. Er überlegte kurz, ihm zu folgen, doch dann erschien es ihm wichtiger, die empörten Palästinenser zu empfangen, um Schlimmeres zu verhindern.
„Geh bitte ins Haus“, sagte er zu Sarah, die immer noch dasaß, als wäre nichts geschehen.
Sie sah unglaublich schön aus, wie sie sich den Bauch hielt und in die Ferne blickte. Er wiederholte seine Aufforderung nochmals, daraufhin stützte sie sich mit beiden Händen auf den Armlehnen ab, um sich aus dem alten Korbsessel zu erheben, und folgte Aaron ins Haus.
„Wo ist der alte Idiot?“
Der älteste der drei Palästinenser verlieh seiner Frage Nachdruck, indem er seine Stirn in tiefe Falten legte und die Augenbrauen hochzog.
„Wir wissen, dass der das war“, sagte der Zweitälteste, „wir haben nämlich eine Kamera installiert.“
Das wiederum gefiel dem Ältesten der drei nun gar nicht, der eigentlich den Plan gehabt hatte, den Alten zur Rede zu stellen, um dessen Reaktion abzuwarten. Josef versuchte alles, um die Situation nicht eskalieren zu lassen.