Kartanin 5: Die Kralle von Ingastaar - Lucinda Flynn - E-Book

Kartanin 5: Die Kralle von Ingastaar E-Book

Lucinda Flynn

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Beschreibung

Auf der Erde und den anderen Planeten, die von Menschen bewohnt sind, schreibt man das Jahr 2144 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung – gut dreitausendachthundert Jahre in der Zukunft. Die Lage in der Milchstraße ist entspannt, es gibt keine größeren Konflikte. Die Menschen sowie die Bewohner der anderen Sternenreiche arbeiten gemeinsam an ihrer ­Zukunft. In dieser Zeit kommt unverhoffter Besuch zur Erde: Dao-Lin-H'ay, die einzige Kartanin, die relativ unsterblich ist, bittet Rhodan um Hilfe. Ihre Heimatgalaxis Ursa Minor wird von einer Invasion heimgesucht – die auch die Milchstraße bedroht. Geheimnisvolle Symbionten übernehmen ganze Völker. Perry Rhodan macht sich ohne Zögern auf den Weg. In Ursa Minor schließt sich die geheimnisvolle Stayn seinem kleinen Team an. Sein Weg führt ihn nach Ingastaar, der Zentralwelt der Kartanin in Ursa Minor – und in DIE KRALLE VON INGASTAAR …

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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nr. 5

Die Kralle von Ingastaar

Es ist die zentrale Welt eines Sternenreichs – ein vernichtender Schlag steht bevor

Lucinda Flynn

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1. Stayn

2. Dao-Lin-H'ay: Früher

3. Stayn

4. Dao-Lin-H'ay: Früher

5. Perry Rhodan

6. Dao-Lin-H'ay: Früher

7. Perry Rhodan

8. Dao-Lin-H'ay: Früher

9. Zwischenspiel 1

10. Stayn

11. Dao-Lin-H'ay: Früher

12. Zwischenspiel 2

13. Perry Rhodan

14. Dao-Lin-H'ay: Früher

15. Zwischenspiel 3

16. Stayn

17. Dao-Lin-H'ay: Früher

18. Perry Rhodan

19. Dao-Lin-H'ay

20. Perry Rhodan

21. Stayn

22. Dao-Lin-H'ay

23. Perry Rhodan

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Auf der Erde und den anderen Planeten, die von Menschen bewohnt sind, schreibt man das Jahr 2144 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung – gut dreitausendachthundert Jahre in der Zukunft. Die Lage in der Milchstraße ist entspannt, es gibt keine größeren Konflikte. Die Menschen sowie die Bewohner der anderen Sternenreiche arbeiten gemeinsam an ihrer Zukunft.

In dieser Zeit kommt unverhoffter Besuch zur Erde: Dao-Lin-H'ay, die einzige Kartanin, die relativ unsterblich ist, bittet Rhodan um Hilfe. Ihre Heimatgalaxis Ursa Minor wird von einer Invasion heimgesucht – die auch die Milchstraße bedroht. Geheimnisvolle Symbionten übernehmen ganze Völker.

Perry Rhodan macht sich ohne Zögern auf den Weg. In Ursa Minor schließt sich die geheimnisvolle Stayn seinem kleinen Team an.

Sein Weg führt ihn nach Ingastaar, der Zentralwelt der Kartanin in Ursa Minor – und in DIE KRALLE VON INGASTAAR ...

Die Hauptpersonen des Romans

Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin findet ihre beste Feindin.

Sumolan-Kar-T'ayn – Die Kartanin findet, 98 Prozent seien nicht genug.

Perry Rhodan – Der Terraner sucht seinen Sohn.

Kantiran

Prolog

Manchmal wurde der eigene Körper so kalt, dass er aufhörte zu zittern. Die Kälte kroch so tief in seinen Körper, dass er seine Zehen und Finger gar nicht mehr spürte. Sie war unter ihm, hart, kalt und unnachgiebig: der Behandlungstisch, der seine Haut schmerzhaft vereinnahmte.

Seine Zähne klapperten, er schob die Zunge dazwischen.

Er musste ruhig bleiben. Beide Lippen aufeinandergepresst, konzentrierte er sich auf das Einzige an seinem Körper, das nicht völlig von der Kälte eingenommen war: seine Brust. Darauf lastete ein leichter Druck, ausgehend von sechs zarten Beinchen, die seinem Körper klägliche Wärme spendeten. Doch so winzig und erbärmlich diese Empfindung auch war, er klammerte sich daran. An den winzigen Wärmeschimmer gegen die Kälte.

Sein Blick wanderte langsam über die kahle Decke, über rostige Rohre und blankes Metall. Dann traf sein Blick den des Wesens, das auf seiner Brust saß: zwei dunkle Facettenaugen, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, der filigrane Panzer aus braun schimmerndem Material, das wie Chitin aussah.

Er öffnete die Lippen, um tief Luft zu holen. Kniff die Augen zusammen. Wären seine Gelenke noch dazu in der Lage gewesen, hätte er die Hände zu Fäusten geballt. So stieß er nur langsam die Luft aus. Dann nickte er, als könne das kleine Wesen dieses allzu menschliche Zeichen irgendwie deuten.

Die dürren Beinchen glitten über seine Haut, hinterließen eine kribbelnde Spur. So fein sie waren, er spürte deutlich die spitzen Enden, die mit nur ein bisschen mehr Druck mühelos seine Haut würden durchdringen können.

Erst wanderte die Spur über seine Brust, fand sein Schlüsselbein, kratzte über die Fuge darüber. Er hielt die Augen geschlossen. Er wollte, er würde nicht hinsehen.

Als das spitze Beinchen an seinem Hals zur Ruhe kam, hielt er in gespannter Erwartung die Luft an.

Nur keine Angst.

Das war eine Chance. Vielleicht seine einzige.

1.

Stayn

Es bot sich ihr ein faszinierendes Bild. Jedes Mal, wenn sie sich einem ihr unbekannten Planeten näherte, war es die Neugier, die sie an die Holoschirme trieb. Sie wollte vor der Landung so viel wie möglich von dieser neuen Welt erfassen, die sie bald betreten würde.

Dieser Überblick würde ihr helfen, war sie erst einmal unten. Es war eine analytische und taktische Neugierde, die sie dazu bewog, ihren Blick über die Landschaften schweifen zu lassen. Über blühende Sträucher in der Ebene und über schroffe, hoch aufragende Berge, die von weißen und roten Tupfern der Vegetation getränkt waren.

Stayn empfand Irritation, überwand sie aber gleich wieder. Von der Station Ajin her war sie einen eingeschränkten Horizont gewöhnt. Die Blicke reichten selten weiter als einige Meter. Hier aber, auf Ingastaar, konnte man so unendlich weit in die Ferne blicken. Sie kannte Planeten von ihren Reisen durch die Galaxis. Aber das waren Ausnahmen gewesen. Ihre Welt, das war Ajin, ab dem Augenblick, als der Fremde sie durch die Schleuse hineingeschickt hatte in jene katastrophale Welt, in der sie eigentlich nicht hätte überleben sollen.

Wäre da nicht Ernv gewesen ... nicht dran denken!

Stayn kehrte in Gedanken in die Gegenwart zurück. Zu ihren Gefährten. Offensichtlich waren sie alle mit unterschiedlichsten Gefühlen konfrontiert. Sie sahen die Darstellungen von vier Kontinenten.

Miro Teik zeigte eine Unruhe, die Stayn nicht recht deuten konnte – freudige Erwartung oder Nervosität?

Dao-Lin-H'ay war leichter zu lesen, schließlich stand ihre Heimat auf dem Spiel, und sie gab sich nicht viel Mühe, ihre Anspannung zu verbergen. Immerhin hatte Dao viel Zeit damit verbracht, das Reich der Ruhe und deren wichtigste Welt Ingastaar zu ihrer ganz eigenen Utopie zu machen. Dass ihr der Traum von einem ruhigen und stabilen Reich, in dem jede Kartanin und jeder Kartane seinen Platz fand, nun aus den Fingern glitt, musste frustrierend und beängstigend zugleich sein.

Stayn konnte sich gut vorstellen, was in der Kartanin vorging. Sie würde wohl ähnlich fühlen, würden die Vantani versuchen, Ajin zu übernehmen.

In dieser Sache waren Stayn und Dao sich sehr ähnlich: Keine von beiden würde ihre Heimat kampflos aufgeben. Ganz gleich, wie hoch der Preis war oder wer ihn zahlen musste.

Stayn vertraute Dao nicht mehr als dem nächsten Wegelagerer in ihrer Station. Na ja, eigentlich traute sie niemandem so recht über den Weg. Aber die Kartanin hatte genau wie Perry Rhodan ein hochemotionales Interesse an dieser Mission.

Und das würde Stayn sich zunutze machen, wenn es notwendig werden würde.

»Du wirkst angespannt.« Sie stellte sich neben Perry Rhodan, der schon seit geraumer Zeit den Blick nicht von den Bildschirmen abwandte.

Er trat einen Schritt zurück. »Ich wäre weniger angespannt, wenn Dao etwas offener bezüglich des Aufenthaltsorts meines Sohnes wäre.«

Die Kartanin gab ein Geräusch von sich, das halb Knurren, halb Fauchen war. »Du kannst mich fragen, so oft du willst, aber ich weiß es nicht. Noch nicht.«

Das muss sie gar nicht, dachte Stayn. Immerhin ist der Brocken an Information, den sie Rhodan hingeworfen hat, genug, um ihn bei der Stange zu halten. Wie klug von ihr. So konnte sie sicherstellen, dass Rhodan zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Mission hatte, für die sie ihn brauchte.

Daos Miene veränderte sich. Stayn interpretierte die leicht hochgezogenen Lefzen als eine Art Weichheit.

»Hör zu, Perry: Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Mir geht es nicht anders. Kantiran ist ein guter Freund.«

Vielleicht hatte Stayn mit ihrer Einschätzung doch nicht ganz richtig gelegen und Dao verfolgte überhaupt keine Strategie, mittels derer sie Rhodan nach ihrer Pfeife tanzen lassen konnte.

Rhodan richtete seinen einfachen Bordanzug mit wenigen Griffen, ehe er seufzte. »Nein, ich verstehe schon, Dao.«

»Vielleicht sollten wir Kontakt per Funk aufnehmen?«, mischte sich Miro Teik ein.

Er sprach langsam. Der Haluter war genau, wie Stayn sich einen alten Mann vorstellte: ruhig, besonnen, ein bisschen melancholisch. Nur war dieses ruhige, besonnene und ein bisschen melancholische Geschöpf 3,50 Meter groß, hatte ein Gebiss mit unendlich vielen Mahlzähnen, drei düsterrote Augen und vier Arme, die in beunruhigend langen Krallen endeten.

Sie kannte Haluter. Die Riesen waren vor vielen Jahren auf Ajin gewesen. Aber Stayn war ihnen damals nie nahegekommen.

Dao machte eine Geste der Ablehnung. »Wir wissen nicht, wie weit sich die Vantani inzwischen ausgebreitet haben. Ich riskiere nicht, dass unsere Feinde irgendwelche Informationen über uns erhalten. Wir behalten die Funksperre bei. Es ist so gut wie sicher, dass jemand mithört, der bereits von den Symbionten übernommen wurde. Niemand soll wissen, dass ich zurückgekehrt bin. Zumindest vorerst nicht.«

Sie fuhr sich mit den Händen über das Fell an ihrem Kopf, als wolle sie es richten oder säubern »Wir gehen runter«, sagte sie dann. »Besorgt Stayn einen Anzug, und dann sehen wir mal, was aus meiner Heimat geworden ist.«

*

Der Anzug saß nicht ganz perfekt, aber Stayn hatte gelernt, mit größeren Widrigkeiten umzugehen. Die Landung erfolgte sanft, und obwohl Stayn gern an Bord war, freute sie sich darauf, diesen neuen Planeten zu erkunden.

Die Freude verflog sofort, als sie mittels einer Antigravplattform von der JENNIFER THYRON zum Erdboden hinab verfrachtet wurde. Zum ersten Mal hatte sie den Geruch von Ingastaar in der Nase. Besser gesagt: den der Hauptstadt Tragustaan.

Sie waren einige Kilometer entfernt von der Stadt im Schutz der Deflektorschirme gelandet. Man würde ihre Anwesenheit nicht bemerken, wenn alles klappte.

Die JENNIFER THYRON war also mit gebührendem Abstand zur Stadt gelandet – dem Gestank der Siedlung fehlte diese Höflichkeit allerdings. Stayn besaß, wie alle Lemurer, einen überaus feinen Geruchssinn. Sie spitzte die Lippen, konnte aber ein Würgen nicht unterdrücken.

Wenn es draußen schon so furchtbar roch, gefiel ihr der Gedanke, in die Stadt hineinzugehen, noch viel weniger.

»Was ist das für ein Gestank?«, fragte sie unter möglichst flachen Atemzügen.

»Ich vermute, was du riechst, sind die Industrielabore.« Dao hob den Kopf, sog hörbar Luft durch die Nase. »Sie liegen im Westen Tragustaans. Der Wind trägt den Geruch hierher. Vermutlich werden sie nicht mehr gewartet oder überwacht. Was dafür spricht, dass die Vantani diese Anlagen übernommen haben und sich nicht weiter drum scheren.«

»Sind die Dämpfe giftig?«, fragte Stayn mit hochgezogenen Augenbrauen.

Dao überlegte einen Moment. »Hoffentlich nicht. Allerdings beweist es, dass unseren Feinden völlig einerlei ist, was mit ihren Wirten geschieht.«

Na, das kann ja heiter werden.

»Ich rieche nichts«, kommentierte Miro.

»Ein guter Geruchssinn ist nicht immer ein Segen«, konterte Rhodan

Stayn schnitt eine Grimasse. »In zweitausend Jahren habe ich ihn sicher öfter verflucht als gelobt.«

»Du wirst dich an den Geruch gewöhnen«, sagte Dao und klopfte ihr fest auf die Schulter. Sie legte Leichtigkeit in ihre Stimme, obwohl ihr sicherlich nicht danach war. »Tragustaan ist kein so freundlicher Ort, wie er einst war. Die Vantani könnten überall lauern.«

Stayn spielte an den Einstellungen ihrer Antiflex-Brille herum, bis sie ihre Gefährten klar vor sich sehen konnte. Die Anzüge aus der Milchstraße verfügten über weitaus mehr Möglichkeiten als alles, das sie auf Ajin kennengelernt hatte. Vielleicht konnte sie eines oder mehrere Exemplare nach der Beendigung dieser Mission behalten.

Oder vielleicht stehlen?

Dieser SERUN würde sich in vielen anderen Situationen als hilfreich erweisen. Rhodan und Dao hatten bestimmt nichts dagegen, wenn sie ihn sich längerfristig auslieh.

Zu viert näherten sie sich der Stadt, die bereits aus der Entfernung mit ihren Lichtern warb. Allerdings wirkten die etlichen Beleuchtungskörper alles andere als einladend: Sie flackerten, waren an einigen Stellen sogar gänzlich ausgefallen.

Dao-Lin-H'ay führte sie an. Ihre geschmeidigen Bewegungen zeigten klar, dass sie zu Hause war. Ihre Füße fanden den Weg über den regenbenetzten Asphalt, wo sich Wasser an vielen Stellen mit anderen Flüssigkeiten mengte. Stayn meinte, Industrieöl zu riechen. Chemische Verbindungen, die in Rettungsschaum gebunden waren. Kühlflüssigkeiten und Schmiermittel, deren Geruch auch auf Ajin überall zu riechen war.

Straßenlichter hingen wie blinde Augen über ihren Köpfen. Gebäude ragten hoch an beiden Seiten der Straße auf, die Wände brüchig und voller Kratzspuren, als hätte es Kämpfe gegeben. Stayn hoffte, die Krallen, die Furchen in Beton hinterlassen konnten, nie auf der eigenen Haut spüren zu müssen.

*

Sie blickte hoch in den Himmel, doch ein schwarzes Netz aus verhedderten und teils zerschnittenen Kabeln versperrte ihr größtenteils die Sicht. Dazwischen hing eingeklemmt eine Beobachtersonde, die hin und wieder leuchtete, als ob sie versuchte, den Betrieb wieder aufzunehmen. Sie hing fest wie im Netz einer Spinne, die ihre Heimat vergessen hatte.

Dao streifte die brüchigen Wände, fuhr die Kratzspuren darin nach und seufzte bei jeder Stelle ein bisschen mehr.

»Es ist ungewöhnlich leer hier«, bemerkte Perry Rhodan.

Er hatte recht. Bei der Größe der Stadt war Stayn darauf vorbereitet gewesen, in ihrer Unsichtbarkeit auf der Hut sein zu müssen, um mit niemandem zusammenzustoßen. Doch es waren derart wenige Kartanin auf den Straßen unterwegs, dass sie sich fragte, ob die Feliden sich vielleicht hinter verschlossenen Fensterläden versteckten.

Fensterläden ... Wieder so eine Sache, die sie von Ajin her nicht kannte und denen sie erstmals wissentlich auf ihren früheren Reisen zu fremden Welten begegnet war.

Diejenigen Kartanin, die sich auf die Straße wagten, taten dies in meist einfachen Schutzanzügen, die das farbenfrohe Fell verbargen. Sie trugen Gurte, an denen die verschiedensten Waffen hingen, von modernen Energiestrahlern bis hin zu primitiven Vibromessern.

Obwohl die Kartanin beim Gehen allesamt den Kopf gesenkt hielten, fiel Stayn auf, wie nervös die Pupillen der Bewohner nach links und rechts zuckten. Als versuchten sie, alles und jeden im Blick zu behalten und dabei selbst niemandem aufzufallen.

Dao seufzte. »Das war nicht immer so«, sagte sie über Funk. »Früher, da ... ihr könnt euch kaum vorstellen, wie anders es war. So voll Leben! Ist es wirklich erst ein paar Tage her, dass ich Ingastaar verlassen habe?«

Teik legte ihr von hoch oben eine Hand auf die Schulter. Falsch: Er legte ihr zwei Finger auf die Schulter, denn die restliche Hand des riesenhaften Haluters fand auf dem kräftigen, aber dennoch geschmeidigen Schultergürtel der Kartanin keinen Platz.

»Wir müssen es uns nicht vorstellen, wenn es wieder so wird wie früher«, sagte er mit einem grauenerregenden Lächeln.

»Es ist noch nicht zu spät für das Reich der Ruhe«, bekräftigte Rhodan.

Stayn enthielt sich eines Kommentars. Wenn man sie gefragt hätte, sprachen die heruntergekommenen, zerstörten, beschädigten Gebäude eine andere Sprache. Zum Glück fragte sie niemand.

Perry Rhodan redete sich die Situation schön. Gewiss hoffte er, dass es seinem Sohn besser ergangen war als Tragustaan.

»He, du!«, ertönte es weiter vorne auf der Straße in einer ungewohnten Sprache.

Eine Kartanin hatte einen männlichen Feliden gepackt und gegen die Tür eines verlassenen Restaurants mit kaum erkennbaren Schriftmalereien geschmettert. Die krallenbesetzten Hände der Kartanin waren von Handschuhen verstärkt, an deren Fingerkuppen allerlei Lichter flackerten.

Stayn vermutete dahinter verschiedene Waffenmodi. War dies eine eigenständige Entwicklung der Kartanin? Funktionierten die Waffensysteme der Feliden anders als die der Terraner oder in der Station Ajin?

Die herrisch auftretende Kartanin hatte Vibromesser und Strahler an ihrem Gürtel hängen, aber sie schien sich nicht die Mühe machen zu wollen, eine der Waffen zu ziehen.

Ihr Opfer stand zitternd da, die Restauranttür im Rücken.

»Ich wollte nur ... meine Schwester ist von einem dieser Wesen befallen, und ...«

Stayn konnte verstehen, was gesagt wurde, musste sich aber umgewöhnen. Erneut. An Bord von Ajin war ein sich stetig ändernder Sprachmischmasch aller vertretenen Völker gesprochen worden. An Bord der JENNIFER THYRON war Interkosmo die Hauptsprache. Die Kartanin sprachen Kartanisch, das Stayn durch Hypnoschulung inzwischen vertraut war. Weil die Kartanin erst seit vergleichsweise jüngerer Zeit in Ursa Minor siedelten, war ihr Kartanisch noch kaum vom Minorischen beeinflusst, der Hauptverkehrssprache der Galaxis.

Die Kartanin schlug zu und verfehlte den Kopf des Mannes nur um Zentimeter. »Und woher weiß ich, dass du es nicht bist?«

Der Kartane zitterte, bedeckte seinen Kopf mit den Händen. Er schien etwas zu seiner Verteidigung sagen zu wollen, aber er schnappte derart panisch nach Luft, dass er kein Wort herausbrachte. Erst dann ließ die Kartanin von ihm ab.

»Ich sehe dich besser nicht noch einmal in meiner Straße.«

Dao betrachtete mit einem tiefen Schmerz in der Miene, wie der Kartane hastig sein Messer aufhob und in einer der stinkenden Gassen verschwand.

Aus dem Restaurant drang der Geruch von verrottendem Essen zu Stayn herüber. Essen, das schon so lange dalag, das nicht einmal sie selbst in ihrer tiefsten Vergangenheit an Bord von Ajin daran gerührt hätte.

Stayn bemühte sich, die Übelkeit hinunterzuschlucken. Die kindlich wirkende Leuchttafel, auf der in großen Lettern Traditionelle Monchai-Küche! stand, half ihr ein wenig dabei.

»Sie haben solche Angst, dass jeder andere befallen sein könnte. Und dennoch üben sie das Recht des Stärkeren aus. Womit sie den Vantani noch mehr Gelegenheit geben, sich in den noch nicht befallene Kartanin auszubreiten.« Rhodan warf einen Blick in das verlassene Restaurant. »Jeder und jede Kartanin da draußen könnte eine Befallene sein. Wem traust du noch? Wem vertraust du noch?«

»Chaos bedeutet Effizienz«, bemerkte Stayn trocken.

»Für dich vielleicht«, zischte Dao. »Für diejenigen, die leben, bedeutet es Misstrauen und Angst.«

»Oh, fahr die Krallen ein.« Stayn hob die Hände, als wolle sie sich entschuldigen – was sie selbstverständlich nicht vorhatte. »Wir kümmern uns ja schon um dein kleines Städtchen.«