Katar - Nicolas Fromm - E-Book

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Nicolas Fromm

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Beschreibung

Katar bietet der Welt eine glänzende Kulisse aus Hochhäusern, internationalen Unternehmensbeteiligungen, kulturellen Events und einer Fußball-WM. Dahinter verbergen sich Öl- und Gasexporte, die durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine noch stärker nachgefragt sind, aber auch die Ausbeutung von Arbeitsmigranten und innere Spannungen. Das kundige Porträt von Nicolas Fromm bietet ungewöhnliche Einblicke in das kleine Land, das ganz groß rauskommen will. Katar, die sandige Halbinsel im Persischen Golf, ist international so aktiv und einflussreich wie kaum ein anderer Kleinstaat. Das absolutistisch regierte Emirat wurde - auch dank der Arbeitskraft unzähliger Gastarbeiter aus aller Welt - zum wichtigen Öl- und Gasexporteur und zum reichsten Land der Welt, jedenfalls gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf derjenigen Einwohner, die katarische Staatsbürger sind. Das Land ist zudem die Heimat des Fernsehsenders Al-Jazeera, der trotz umstrittener Positionen weiterhin für informative Berichte aus der arabischen Welt bekannt ist. Auch der Sitz des Hauptquartiers der US-Truppen in der Region befindet sich auf der außergewöhnlich kleinen Halbinsel. Die Meinungen über Katar schwanken zwischen Staunen und Verurteilung. Der Mittelost-Experte Nicolas Fromm porträtiert unvoreingenommen, anschaulich und aktuell ein Land im Umbruch, das sich bisher erfolgreich allen Schubladen entzogen hat.

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Nicolas Fromm

KATAR

Sand, Geld und Spiele

Ein Porträt

C.H.Beck

Zum Buch

Katar bietet der Welt eine glänzende Kulisse aus Hochhäusern, internationalen Unternehmensbeteiligungen, kulturellen Events und einer Fußball-WM. Dahinter verbergen sich Öl- und Gasexporte, die durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine noch stärker nachgefragt sind, aber auch die Ausbeutung von Arbeitsmigranten und innere Spannungen. Das kundige Porträt von Nicolas Fromm bietet ungewöhnliche Einblicke in das kleine Land, das ganz groß rauskommen will.

Katar, die sandige Halbinsel im Persischen Golf, ist international so aktiv und einflussreich wie kaum ein anderer Kleinstaat. Das absolutistisch regierte Emirat wurde – auch dank der Arbeitskraft unzähliger Gastarbeiter aus aller Welt – zum wichtigen Öl- und Gasexporteur und zum reichsten Land der Welt, jedenfalls gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf derjenigen Einwohner, die katarische Staatsbürger sind. Das Land ist zudem die Heimat des Fernsehsenders al-Jazeera, der trotz umstrittener Positionen weiterhin für informative Berichte aus der arabischen Welt bekannt ist. Auch der Sitz des Hauptquartiers der US-Truppen in der Region befindet sich auf der außergewöhnlichen kleinen Halbinsel. Die Meinungen über Katar schwanken zwischen Staunen und Verurteilung. Der Mittelost-Experte Nicolas Fromm porträtiert unvoreingenommen, anschaulich und aktuell ein Land im Umbruch, das sich bisher erfolgreich allen Schubladen entzogen hat.

Über den Autor

Nicolas Fromm, Dr. rer.pol., ist Politikwissenschaftler an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt sind die arabischen Golfstaaten, insbesondere Katar.

Inhalt

Karte 1: Katar, Karte der CIA von 1995

Karte 2: Katar und Region

Einleitung: Sand, Geld und Spiele

1. Geographie und Umwelt

Ein Kleinststaat mit vielen Grenzen

Hitze und Smog

2. Beduinen und Strategen

Der Aufstieg der Al Thani

Ein neues Selbstbewusstsein: Emir Hamad

Wachsende Herausforderungen

3. Im Inneren des Emirats

Absolutismus im demokratischen Gewand

Staatsbürgerschaft und Bevölkerung

Freiheit mit Ausnahmen: Medien und Zensur

Das Ringen zwischen Liberalismus und Wahhabismus

Beduinische Traditionen

4. Rohstoffe und Reichtum

Öl und Gas, Fluch und Segen

Zentralisierung und Diversifizierung

5. Ausbeutung und Arbeitsmarkt

Das System der vielen Schubladen

Ausbeutung im Kafala-System

Wirkungslose Reformen?

6. Wirtschaftsbeziehungen und Investitionen

Handelsverbindungen in alle Welt

Das Emirat als Investor

7. Katar auf dem diplomatischen Parkett

Ganz bewusst zwischen den Stühlen

Die neue Rolle als Mediator

Umstrittene Partner

Der «Arabische Frühling» und Verbindungen zur Muslimbruderschaft

Qatar Charity und die Förderung muslimischer Vereine in Europa

8. Regionales Gerangel: Die Katar-Krise 2017–​2021

Chronologie der Krise

Internationale Reaktionen

9. Nation Branding und der lange Weg zur WM

Von Null auf Nationalstaat

Fans als Botschafter

WM 2022 in Katar: Ein Skandal?

Fußball und Politik: Stellvertreterkriege auf dem Spielfeld

Fazit

Dank

Zeittafel

Chronologie der Al Thani-Herrscher

Anmerkungen

Literaturhinweise

Grundlagen

Zur Vertiefung

Bildnachweis

Personenregister

Karte 1: Katar, Karte der CIA von 1995

Katar, Karte der CIA von 1995

Karte 2: Katar und Region

Katar und Region

Einleitung: Sand, Geld und Spiele

Eine Ödnis aus Sand und Staub, so präsentierte sich Katar bis ins frühe 21. Jahrhundert seinen unbeeindruckten Besuchern.[1] Eindruck hinterließen zumeist nur die vor dem Harrods oder der Spielbank Montecarlo abgestellten Supersportwagen mit katarischen Kennzeichen, die zumindest am Reichtum des kleinen Wüstenstaates keinen Zweifel aufkommen ließen. Das Klischee des schwerreichen Ölscheichs, der fernab der staubigen Heimat den Freuden eines ungebrochenen Kapitalismus nachgeht, prägt bis heute die Wahrnehmung Katars und seiner Nachbarländer in weiten Teilen der Welt und auch in Deutschland. Auch die Errichtung neuer Sehenswürdigkeiten – als bedeutende Beispiele seien hier das 2008 in Doha eröffnete Museum für Islamische Kunst des internationalen Stararchitekten I. M. Pei und das Arabische Museum für Moderne Kunst genannt – konnte an der bescheidenen Strahlkraft nicht viel ändern. Zudem erreichen uns aus Presseartikeln regelmäßig brisante Vorwürfe, die von der Unterstützung islamistischer Gruppen bis zur Ausbeutung von Arbeitsmigranten reichen. Entsprechend groß fiel die Überraschung und Entrüstung aus, als die Fußballweltmeisterschaft 2022 ausgerechnet nach Katar vergeben wurde. Ein Skandal?

Aus der intensiven und kritischen Beschäftigung der internationalen Medien mit Katar wird bereits deutlich, dass es sich um ein außergewöhnliches Gastgeberland handelt: Katar ist das erste Land der arabischen Welt, das sich erfolgreich um die Austragung einer Fußballweltmeisterschaft beworben hat. Katar ist kein Mitglied der Vereinigten Arabischen Emirate wie Abu Dhabi oder Dubai, sondern trotz seiner geringen Fläche und Bevölkerung ein eigenständiger Staat mit eigenem Sitz in den Vereinten Nationen, eigenen Botschaften und eigenen politischen und wirtschaftlichen Zielen und Positionen.

Katar liegt auf einer kleinen Landzunge im Arabischen beziehungsweise Persischen Golf und grenzt im Süden an die Regionalmacht Saudi-Arabien. Spätestens seit der Blockade 2017 durch Saudi-Arabien und andere arabische Staaten herrscht ein ausgesprochen angespanntes Verhältnis zwischen Katar und seinen Nachbarn. Gleichzeitig ist Katar der Sitz des Hauptquartiers der US-amerikanischen Truppen in der Region. Besonders während des Irak-Krieges im Jahr 2003 spielte das Emirat eine bedeutende militärstrategische Rolle als Kommandozentrale und Ausgangsbasis für US-Luftangriffe. Im Rahmen einer außergewöhnlich umtriebigen Außenpolitik unterhält das kleine Land zudem enge Kontakte zu sehr unterschiedlichen Gesprächspartnern: Neben den großen Industriestaaten gehören insbesondere Israel und Iran dazu sowie islamistische Organisationen und Gruppierungen wie die afghanischen Taliban, die ägyptische Muslimbruderschaft oder die palästinensische Hamas.

Neben diesen diplomatischen Balance-Akten fällt vor allem der scheinbar unermessliche Wohlstand des Staates und seiner Staatsbürger auf. Nach Daten aus dem Jahr 2017 ist Katar mit einem kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt von über 120.000 US-Dollar pro Kopf das reichste Land der Welt. Dank massiver Einnahmen aus der Förderung und dem Export von Erdöl und vor allem Erdgas genießen Katarer zahlreiche Privilegien wie kostenlosen Strom oder gut bezahlte Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Russlands Krieg gegen die Ukraine und die nicht nur in Deutschland daraus folgenden Bemühungen, Russland schnellstmöglich als Gaslieferanten zu ersetzen, machen Flüssiggas aus Katar interessanter denn je und lassen Doha auch zukünftig gute Einnahmen erwarten. Katar investiert seine Überschüsse regelmäßig in internationale Unternehmen, um von der weltwirtschaftlichen Entwicklung zu profitieren und Ausfallrisiken zu diversifizieren. So sind auch einige Unternehmen mit Sitz in Deutschland anteilig in katarischem Besitz, die bekanntesten Beispiele sind Volkswagen und die Deutsche Bank. Aufgrund des atemberaubenden Wirtschaftswachstums wurden seit den 1980er-Jahren immer mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland rekrutiert, um die ambitionierten Bau- und Entwicklungsprojekte umzusetzen. Heute sind daher nur rund 10 Prozent der lokalen Bevölkerung katarische Staatsbürger, 90 Prozent besitzen weder einen katarischen Pass noch eine langfristige Bleibeperspektive und zählen somit zu den Gastarbeitern.

Dieses extreme gesellschaftliche Ungleichgewicht sorgt für große Kontraste. So wuchsen in den vergangenen Jahren soziale, wirtschaftliche und politische Spannungen zwischen traditionell islamisch geprägten und progressiven, dem Westen gegenüber aufgeschlossenen Bevölkerungsgruppen. Als Ergebnis dieser Spannungen hat sich in Katar eine islamische Moderne herausgebildet, die zwischen Religion und Geschäft, Konservatismus und Weltoffenheit zu vermitteln sucht. Wie schwierig sich diese Gratwanderung gestalten kann, wird am Umgang mit der religiösen Pluralität des Landes deutlich. Aufgrund der zahlreichen Gastarbeiter unterschiedlicher Herkunft und Religion bemüht sich der Staat, durch Offenheit für nichtmuslimische Fachkräfte aus den Industriestaaten attraktiv zu bleiben und gleichzeitig die arabisch-islamische Identität des noch jungen Staates zu wahren. Dieser Weg ist umso schwieriger, als die Katarer in ihrem Land nur ein Zehntel der Bevölkerung stellen und der öffentliche Raum stark von den Gastarbeitern geprägt wird. Während in Europa schon sehr geringe Einwandererzahlen für Aufregung und Ablehnung sorgen, versucht der Kleinststaat Katar, seine fragile nationale Identität unter massivem internationalem und internem Druck zu finden und zu manifestieren. Daraus ergeben sich schwierige Entscheidungen für die Führung des Landes und insbesondere den Emir, der trotz der absoluten Monarchie stets um seine Legitimität als Herrscher kämpfen muss. Es ist somit offen, ob und wie Katar das ehrgeizige Ziel erreichen wird, weltweit bekannt und bedeutend zu werden und dies auch zu bleiben. Erweisen sich die weit verzweigten und teilweise konfliktträchtigen diplomatischen Kanäle und wirtschaftlichen Verbindungen als stabiles Netzwerk oder als übermütige Strategie eines isolierten Mikro-Staates?