Katzengold - Ruth Kornberger - E-Book
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Katzengold E-Book

Ruth Kornberger

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Beschreibung

Vier Kurzgeschichten: Inga trifft eine alte Schulfreundin und zweifelt an ihrer Erinnerung. Samira soll ein Haus für eine Immobilienbörse fotografieren und stolpert über einen Glücksdrachen. Sarah wehrt sich gegen einen tyrannischen Chef. Ein Antiquitätenhändler versucht, einer deprimierten Ballerina zu helfen.

Auszüge:

Katzengold
Seit Inga wieder in der Heimat wohnt, trifft sie oft alte Bekannte. Aber Valerie? Die sollte nicht mehr da sein. Oder höchstens auf Besuch. Aber Valerie wirkt nicht, als sei sie für den Sommer hergejettet. Dann würde sie doch am See liegen oder etwas Aufregendes in der Stadt machen. Stattdessen trägt sie einen Rucksack mit dem Logo der Volkshochschule.


Le Chef
Wenn Samira beruflich ein Haus betrat, nahm sie normalerweise keine Details wahr. Stattdessen scannte sie die Räume mit den Augen und quantifizierte die Einrichtung nach Kubikmetern, um gleich weitergeben zu können, wie viele Sperrmüllmulden benötigt würden. Aber heute fühlte sie sich wacklig. Ihr Laserblick schwächelte und blieb an einer Vase hängen. Sie wurde geziert von einem grünen Drachenmotiv, war etwa so lang wie Samiras Unterarm und stand zwischen Sofa und Couchtisch. Dort wirkte sie wie eine leere Bierflasche, die eine einsame Person nach einem Abend vor dem Fernseher vergessen hatte. In der Aktentasche feuerte das Handy eine Salve Benachrichtigungen ab und trieb Samiras Puls in die Höhe. Atmen, sagte sie sich, ausatmen, du hast alles im Griff.


Vereinzelung
Vorn muss das Türglöckchen gebimmelt haben, doch in meiner Erinnerung höre ich Streicher und rieche Chanel Mademoiselle. Es war wie im Theater, letzte Vorstellung, ausverkauftes Haus, bewunderndes Raunen bei ihrem ersten Auftritt. Die Petranova durchmaß die Schneise zwischen den Kommoden und Computerschreibtischen. Ihre Füße zeigten nach außen, die Sohlen berührten den Boden kaum. Unter dem Kronleuchter blieb sie stehen, machte einen Port de Bras und endete mit einem Fingerzeig nach oben: »Ist das der aus dem Nussknacker?«

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Inhaltsverzeichnis

Katzengold

Kleiner grüner Drachen

Le Chef

Vereinzelung

Impressum

Katzengold

 

Als die Ferienkinder um neun Uhr kommen, hat Inga schon einen Sack mit Brennesseln gefüllt, zwei Dutzend Nacktschnecken in den Bach geworfen, das Internet nach der Krankheit des Nussbaums durchsucht und ist erschöpft wie nach einem ganzen Bürotag. Dabei sollte das Gärtnern doch Entspannung bringen. Und Geld. Immerhin gibt es wegen der Kinder diesen Monat etwas von der Stadt. 

»Sagt Guten Morgen«, ruft die Betreuerin. »Heute wollen wir leckere Erdbeeren pflanzen.«

Sie schiebt eine Horde von Achtjährigen durch das Tor der Gärtnerei und reicht Inga über die Köpfe hinweg die Hand.

»Hallo, ich bin Valerie.«

Inga hätte sie auch so erkannt. Wie lange ist es her, dass sie zusammen geturnt haben? Zwanzig Jahre mindestens. Falls Valerie sich erinnert, zeigt sie es nicht. Seit Inga wieder in der Heimat wohnt, trifft sie oft alte Bekannte. Aber Valerie? Die sollte nicht mehr da sein. Oder höchstens auf Besuch. Aber Valerie wirkt nicht, als sei sie für den Sommer hergejettet. Dann würde sie doch am See liegen oder etwas Aufregendes in der Stadt machen. Stattdessen trägt sie einen Rucksack mit dem Logo der Volkshochschule.

Ein Kind kämpft mit seinen Schnürsenkeln und Valerie beugt sich herunter. Dabei knickt sie die Knie ein. Früher konnte sie bei gestreckten Beinen die Hände auf den Boden legen.

»So«, sagt Inga. »Hier drüben stehen die Setzlinge und für die graben wir jetzt schöne Löcher.«

Ein paar Kinder machen mit, aber die meisten ignorieren sie. Manche packen Essen oder Handys aus und der Rest stromert zum Bach hinunter. Das Wasser ist knöcheltief und die Kinder können nur schmutzig werden. Was sie auch sollen, siehe Ingas Broschüre, Stichwort Naturerlebnis.

»Ich hab Gold gefunden«, schreit ein Kind.

Über die Brocken am Ufer hat Inga sich zuerst auch gefreut. Aber ihre App meint:

Pyrit, im Volksmund Katzengold genannt, ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral.

Inzwischen nimmt Valerie eine der Schaufeln. Ihr Haar bindet sie im Nacken zusammen. Es ist braun und schulterlang. Früher war es hellblond, reichte bis zum Po und glänzte wie eine Feenmähne ohne das winzigste bisschen Spliss, versiegelte Extensions, 100 Euro die Strähne. Den Preis hat Valerie mal Tina verraten, vermutlich damit die es allen erzählt.

»Guck!« Ein Kind steht vor Inga und präsentiert einen Stein, der hochstaplerisch funkelt. »Was ist der wert? Ich will mir die neue Play Station kaufen.«

Inga denkt daran, was noch in der App steht: Pyrit wurde bereits in der Steinzeit genutzt, um Feuer zu machen.

Mehr als eine Handvoll Feuersteine braucht niemand und darum ist noch viel davon da. Seit hunderttausenden Jahren liegt das Katzengold gut sichtbar im Kiesbett. Die Vorfahren müssen nur müde gegrunzt haben, wenn der Nachwuchs damit nach Hause kam.

»Sehr schön«, sagt Inga. »Möchtest du jetzt etwas pflanzen?«

»Ich hole noch mehr!«

Schon ist das Kind wieder weg.

Valerie blickt sich um.

»Wo sollen die Erdbeeren denn hin?«

Alle Beete sind entweder mit Unkraut überwuchert oder leer. Inga deutet zu der sonnigen Fläche, auf der die Frühkartoffeln verkümmert sind. Ihr Großvater hätte gewusst, woran es lag, aber der kann nicht mehr helfen.

Valerie kniet sich hin, greift in die Erde und zerreibt Brocken zwischen ihren Fingern wie eine Bäuerin, die den Boden prüft. Früher hätte sie so etwas nie gemacht.

---ENDE DER LESEPROBE---