Key Ship - Jason M. Hough - E-Book

Key Ship E-Book

Jason M. Hough

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Beschreibung

Der Abschluss der mitreißenden Science-Fiction-Saga um geheimnisvolle Aliens und eine unheimliche Seuche von New-York-Times-Bestsellerautor Jason Hough Für die letzten Überlebenden der Menschheit hat ein Wettlauf gegen die Zeit begonnen: Skyler Luiken und sein Team suchen fieberhaft nach außerirdischen Artefakten, um die unheimliche Seuche zu bekämpfen, die die Welt beinahe entvölkert hat. In der afrikanischen Wüste werden sie schließlich fündig – stoßen aber auch auf den erbitterten Widerstand der Infizierten. Währenddessen steht die Rückkehr der geheimnisvollen Erbauer unmittelbar bevor, und für alle Beteiligten wird eine Frage immer drängender: Welche Pläne hat die hoch überlegene Alien-Rasse wirklich für die Erde und ihre Bewohner? Packende Mischung aus Science Fiction und Dystopie, für Fans von John Scalzi (»Krieg der Klone«) oder Richard Morgan (»Das Unsterblichkeitsprogramm«)

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Seitenzahl: 722

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Jason M. Hough

Key Ship

Die letzten der Erde

Aus dem Amerikanischen von Simone Heller

Knaur e-books

Über dieses Buch

Der Abschluss der mitreißenden Science-Fiction-Saga um geheimnisvolle Aliens und eine unheimliche Seuche von New-York-Times-Bestsellerautor Jason Hough

Für die letzten Überlebenden der Menschheit hat ein Wettlauf gegen die Zeit begonnen: Skyler Luiken und sein Team suchen fieberhaft nach außerirdischen Artefakten, um die unheimliche Seuche zu bekämpfen, die die Welt beinahe entvölkert hat. In der afrikanischen Wüste werden sie schließlich fündig – stoßen aber auch auf den erbitterten Widerstand der Infizierten. Währenddessen steht die Rückkehr der geheimnisvollen Erbauer unmittelbar bevor, und für alle Beteiligten wird eine Frage immer drängender: Welche Pläne hat die hoch überlegene Alien-Rasse wirklich für die Erde und ihre Bewohner?

Inhaltsübersicht

WidmungMottoKarte Darwin, Australien, ca. 2283Karte Belém, Brasilien, ca. 2283Kapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36EpilogDanksagung
[home]

Für meine Söhne Nathan und Ian.

Der Himmel ist nicht die Grenze.

[home]

Ich nahm die Menschenfluten in die Hand

Und schrieb in Sternen

Meinen Willen an den Himmel.

– Schwester Haley, ein Vers aus dem Testament der Leiter (zensiert – gilt als Plagiat aus dem Jahr 2292 von T. E. Lawrences Die Sieben Säulen der Weisheit, 1926)

 

 

Nach allem, was wir einander angetan haben, all den Kriegen und dem Scheiß, ist diese Aura vielleicht die Art der Erbauer, uns zu sagen, wir sollen uns mal alle zügig auf unser Zimmer schaffen.

Ohne Abendessen.

– Skadz, 2280

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Kapitel 1

Belém, Brasilien

20.3.2285

Sekundenbruchteile vor der Kollision brach das Fahrzeug aus.

Schlamm spritzte von den wuchtigen Reifen, als der massive Truck herumschleuderte und rückwärts in den Tunneleingang krachte. Erde und Steine klapperten draußen auf dem Dach. Das Jaulen, mit dem der Strom aus den Ultrakondis unter Skylers Füßen floss, brach jäh ab, und das Prasseln des schweren Regens auf den Panzerplatten der Karosserie füllte die beengte Kabine.

»Alles klar«, verkündete Pablo von seinem Ausguck im Geschützturm. »Ihr Einsatz, Señor.«

Skyler packte den langen Chromgriff der Hintertür mit beiden Händen. In seinem Ganzkörperpanzeranzug fühlte er sich, als hätte man ihn in Beton getaucht. In den dicken ballistischen Stoff waren Karbonfaserplatten eingenäht, sogar in die Handschuhe. Er warf einen Blick zurück zu Ana.

In Shorts und T-Shirt saß sie im Schneidersitz auf der Bank, die die Kabine säumte, eine improvisierte Sprengladung in der Hand. Der dünne Block aus umwickeltem Plastiksprengstoff hatte einen selbstgebauten Empfänger, der an eine Seite geklebt war. Er sah zu, wie sie das Bündel durch eine verdeckte Öffnung stopfte, dann knallte sie die Klappe mit einer Hand zu.

Der Fernzünder lag neben ihr auf der Bank, gesichert in der Aus-Position.

»Alles bereit«, sagte sie. Dann sah sie Skylers Nicken, beugte sich vor und küsste ihn fest auf die Lippen, anschließend klappte sie seine Schutzmaske nach unten. »Viel Glück.«

In den zurückliegenden Wochen war sie ans Bett gefesselt gewesen, nachdem sie sich in Irland eine Nierenprellung und innere Blutungen zugezogen hatte. Die Ärzte des Camps und Skyler hatten sich dagegen ausgesprochen, dass sie an diesem Einsatz teilnahm, aber die trotzige Entschlossenheit, die in ihren Augen aufgeblitzt war, hatte ihm klargemacht, dass es sinnlos war, darüber zu streiten. Immerhin hatte sie versprochen, im Fahrzeug zu bleiben.

Er grinste. »Dir auch.«

Ana erwiderte sein Grinsen mit einem schiefen Lächeln, dann strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. In diesem Moment sah sie hübscher aus denn je, und Skyler wandte den Blick ab. Er konnte nicht recht erklären, warum, und er wollte die Hoffnung nicht ganz aufgeben, dass Ana seine plötzliche Entfremdung nicht aufgefallen war. Eigentlich befand er sich, seit Tania ihm an Bord des Alien-Raumschiffs ihre Luft überlassen hatte, in einem merkwürdigen Zwischenzustand. Er wandte sich wieder der Aufgabe zu und konzentrierte sich. Mit beiden Händen riss er am Türgriff.

Als die Tür aufschwang, stand Skyler ein weiteres Mal vor dem Tunnel und starrte hinein. Ein stetiger Strom trüben Wassers floss in der Mitte des Bodens, hatte nach all der Zeit eine tiefe, unregelmäßige Furche gegraben. Zusätzliches Wasser tropfte und sickerte von der gewölbten Decke und den Wänden, sodass das Tunnelinnere wirkte, als wäre es vom selben Sturm erfasst, der auch draußen auf den Regenwald niederging.

So anmutig, wie es seine Kampfrüstung zuließ, sprang Skyler aus dem Schützenpanzerwagen und hob seine Waffe. Er arretierte die Lampe darauf und schaltete dann auch die ein, die auf seinem Helm angebracht war. Er bedauerte es bereits, den schweren Anzug zu tragen. Schweiß lief ihm über den Rücken, und seine Beine fühlten sich unter dem ganzen Zeug an wie Bleigewichte.

Die Waffe, die er sich ausgesucht hatte, machte alles noch schlimmer. Das schwere Sturmgewehr verschoss großkalibrige Munition, Standardkugeln aus dem einen Magazin, aus einem zweiten Explosivgeschosse. Mit einer kleinen Daumenbewegung konnte er zwischen den beiden wechseln. Am Lauf war auf halbem Weg eine leicht gekrümmte Stahlplatte angebracht, die ein paar Zentimeter über das Waffengehäuse reichte, bis auf eine kleine Aussparung, durch die er zielen konnte. Der größte Teil des Schildes befand sich unterhalb des Laufs, wo er eine zusätzliche Barriere für alles bildete, was es auf seine Brust abgesehen haben mochte. Dieser Schutz würde sich möglicherweise als nützlich erweisen, aber dadurch war die Waffe schlecht balanciert und schwer zu handhaben. Skyler hätte sie beinahe zugunsten einer kleineren zurückgelassen, als Ana angemerkt hatte, dass er sie nur benötigte, um bis zum Schalenschiff zu kommen. Sobald er das Relikt hatte, das darin lag, konnte er das unförmige Ding fallenlassen und rennen.

Er warf noch einen Blick zurück, einen flotten, zuversichtlichen Spruch auf den Lippen. Eine donnernde Eruption übertönte seine Worte. Man hörte keine einzelnen Schüsse, sondern nur ein stetiges Summen, während die Waffe Kugeln versprühte wie ein Feuerwehrschlauch Wasser. Es klang wie ein reiner Basston aus einer P. A. Durch die Vibration fielen Wassertropfen von dem kreisrunden Tunnel rund um Skyler, und die Platten seiner Panzerrüstung klapperten aneinander.

Das brutale Geräusch verstummte, wich dem Rasseln der Patronenhülsen, die an der Seite des Schützenpanzerwagens in den Schlamm rieselten. Pablo hatte die Waffe nur ein paar Sekunden lang abgefeuert. Was immer sein Ziel gewesen war, Skyler stellte sich vor, dass nur noch ein paar Fleischfetzen übrig waren. Er bekam davon jedoch nichts mit, denn Vanessa hatte das hintere Ende des Fahrzeugs meisterhaft auf den Tunneleingang gepfropft, um sicherzustellen, dass Skyler keinen Angriff von hinten fürchten musste.

»Los jetzt!«, brüllte Ana. Sie stand inzwischen geduckt mitten in der Kabine, Pistolen in beiden Händen, um die verdeckten Öffnungen an beiden Seiten des Fahrzeugs zu bemannen, sollte etwas an Pablos Gatling-Kanone vorbeikommen.

Der Plan erforderte Geschwindigkeit, und Skyler hatte sich noch keinen Schritt bewegt. Er ging dichter an den Rand des gekrümmten Ganges, wo der Schlamm nicht so tief war, aber beim Gehen auf dem steileren Boden hatte er weniger Halt und musste sich mit der linken Hand abstützen. Das bedeutete, dass er das schwere Gewehr und seinen riesigen Schild mit der rechten Hand tragen musste. Bis das abgestürzte Raumschiff in Sicht kam, brannte sein Arm, und er konnte kaum mehr verhindern, dass die Spitze des Laufs im steigenden Wasser schleifte. Effektives Zielen war so mehr oder weniger unmöglich.

Pablos schwenkbare Kanone summte wieder, merkwürdig gedämpft hier am Ende des Tunnels, als poltere das Geräusch die lange Röhre herunter und versiege dann, wo sie plötzlich endete. Eine rasche Folge von klatschenden Geräuschen gesellte sich zu dem Summen – Anas Pistolen. Skyler zwang sich, es zu ignorieren. Sie hatten ihre Aufgabe, er hatte seine.

Wasser sammelte sich in der Höhle am Ende des Tunnels. Trotz der langen Zeit seit Skylers erstem Besuch war der Tümpel nicht tiefer geworden, sodass das zerkratzte Schiff hüfttief im Wasser lag. Die Sicht nahm ab, je näher er kam, und als seine Stiefel sich mit Wasser gefüllt hatten, war Skyler von feuchter Luft umgeben, die schwach nach Kupfer roch und schmeckte.

Vor ihm regte sich etwas.

Eine schwarze Gestalt glitt aus der Öffnung an der Seite des Schiffs ins Wasser, so geschmeidig, dass sie kein Platschen verursachte. Stattdessen breiteten sich leichte Wellen auf der Oberfläche aus.

Skyler stellte sich breitbeinig hin und hob die Waffe mit beiden Händen. Durch die Schutzmaske, den wirbelnden Dunst in der Luft und die Schildplatte am Lauf des Gewehrs konnte er fast nichts erkennen. Das Ding, das ins Wasser geglitten war, war mit der Dunkelheit verschmolzen, und die Lampe an der Waffe schaffte es nicht, etwas anderes als die feinen Wassertröpfchen in der Luft zu beleuchten.

Er hielt die Luft an und wartete, während er stumm zählte. Vier … fünf …

Etwas wogte im Wasser, und eine Bugwelle aus plötzlich aufspritzender dunkler Flüssigkeit gischtete, als Torso und Arme emporschnellten und das Wesen nach vorne hechtete.

Skyler zuckte instinktiv zurück und spürte, wie er unter dem Gewicht seiner Ausrüstung nach hinten kippte, als der Subhumane ganz aus dem Wasser kam, seine Augen Blitze aus rotem Laserlicht.

Eine winzige Nische in Skylers Verstand kam in dem Sekundenbruchteil zu sich, den die Kreatur brauchte, um die Distanz zu überwinden. Er betätigte mit dem Daumen die Magazinauswahl seiner Waffe, um die Explosivgeschosse zu verwenden, und schoss.

Die Kugel traf das Wesen im selben Augenblick mitten in die Brust, als seine gestreckten Fingerspitzen Skylers Schild streiften. Ohrenbetäubendes Krachen, ein blendendes Licht. Druck auf Skylers Brust, als die Explosion sie beide auseinanderschob. Er fiel rückwärts ins Wasser, war sich der Kälte, die durch seine Kampfrüstung und in seine Kleidung strömte, seltsam bewusst. Es pfiff in seinen Ohren, doch er hörte trotzdem, wie der Subhumane zurück in den See platschte und sich dort wand, im Wasser um sich schlug wie ein Alligator. Skyler setzte sich. Er hob das Gewehr aus dem Wasser und zielte auf das spritzende Chaos ein paar Meter entfernt.

Diesmal hielt er den Abzug gedrückt.

Eine schnelle Abfolge kleiner Explosionen erleuchtete die Höhle, als hätte jemand eine Schnur Feuerwerkskörper angezündet und in den Teich geworfen. Einige seiner Geschosse trafen die Rückwand, andere explodierten beim Aufprall auf das Wasser rund um die Kreatur, sodass wilder Sprühregen den Raum erfüllte. Weitere Geschosse fanden ihr Ziel, traktierten das aufgerüstete Wesen mit leuchtend weißen Blitzen, trieben es zurück.

Der Subhumane kam irgendwie wieder auf die Beine, versuchte erst, nach links auszuweichen, dann nach rechts. Skyler ließ nicht nach. Im Aufstehen schoss er weiter. Er schwenkte den Gewehrlauf synchron zu den Schritten des Wesens und spürte seine Verzweiflung. Es war schwer sicher zu sagen, aber Skyler glaubte, dass ein Arm der Kreatur gleich unterhalb des Ellbogens abgetrennt worden war.

Mit einem Klicken leerte sich das Magazin mit den Explosivgeschossen. Die Waffe schaltete automatisch auf Standardmunition zurück, und nur einen Sekundenbruchteil später erfüllte wieder das Donnern von Gewehrschüssen den Raum. Skyler hatte sich inzwischen aufgerichtet, und trotz des zusätzlichen Gewichts durch das Wasser, das seine Kleider durchtränkte, fühlte er sich durch den Anblick des abgetrennten Arms, der in der Nähe auf den Wellen schaukelte, mit frischer Energie versorgt. Man konnte der Kreatur Schaden zufügen.

Er konzentrierte seine panzerbrechenden Geschosse auf das rotglühende Gesicht des Subhumanen, dieses merkwürdige Strahlen von Laserlicht, das ungefähr anzeigte, wo seine Augen gewesen waren. Das Wesen war inzwischen bis ganz an die gegenüberliegende Wand zurückgewichen und konnte nirgends mehr hin. Seine Aggression schien zu schwinden, und Skyler bekam fast Mitleid, als das Wesen plötzlich erbärmlich an den Fels und in den Schlamm sackte und sein Schicksal akzeptierte.

Skyler schoss weiter, bis das Wesen zusammenklappte und an der Wand hinab ins Wasser glitt, um unter der Oberfläche zu verschwinden. Darauf schoss er ins Wasser, ein paar Kugeln noch, nur um sicherzugehen.

Dann: Stille.

Rauch stieg vom Lauf der Waffe auf. Das Wasser um ihn herum schwappte kurz an seinen Beinen hinauf, ehe es sich in unangemessener Gelassenheit beruhigte.

Skyler wartete, sog in gierigen Atemzügen die nach Schießpulver riechende Luft ein. Er konzentrierte sich auf den Ort, wo das Wesen gewesen war, und erkannte, dass über dem Wasser gerade noch sein Kopf zu sehen war. Die schwarze Rüstung war geborsten wie eine Eierschale, darunter kam strähniges, blutiges Haar zum Vorschein. Zerfetzte Stücke des exotischen Materials trieben in der Nähe. Der Anblick machte ihn so zuversichtlich, dass er das leere Magazin mit Explosivgeschossen aus der Waffe riss, es wegwarf und sein einziges Ersatzmagazin einlegte. Er schaltete wieder auf die stärkere Munition um und zwang sich zur Ruhe.

Zehn Sekunden vergingen. Zwanzig. Ein weiteres tiefes Summen von Pablos Gatling-Kanone rief ihm in Erinnerung, wie zeitkritisch ihr Plan war.

Ermutigt watete Skyler zum Schiff der Erbauer. Die Oberfläche des Rumpfs schien das Licht von seinem Helm und seiner Waffe aufzusaugen. Geometrisch angeordnete Rillen zogen sich durch das Spiel von Licht und Schatten kaum wahrnehmbar über die Fläche. Skyler trat vorsichtig vor, sah seine eigenen Füße auf dem klumpigen, malträtierten Höhlenboden unter Wasser nicht. Er ging zur Öffnung an der Seite des Schiffes, das Gewehr im Anschlag.

Im Inneren war nichts. Zumindest keine Subhumanen. Nur das Podest, das er schon einmal gesehen hatte, und darauf das Objekt.

Rund, mit einer einzelnen kleinen halbkreisförmigen Einbuchtung am Rand. Rotes Licht wogte über die winkligen Rillen auf seiner Oberfläche. Es schien heller zu leuchten, als er sich näherte.

Skyler schaute sich in der Höhle um, sah nichts, das sich bewegte, und stellte das Gewehr am Rand der Öffnung in dem abgestürzten Raumschiff ab. Er legte die Hände auf beide Seiten und hievte seinen vollgesogenen und gepanzerten Körper in den engen Raum, wobei er vor Anstrengung aufstöhnte. Erinnerungen an das, was in Irland geschehen war, kamen ihm in den Sinn, und er fragte sich zum hundertsten Mal, was passieren würde, wenn er diesen »Schlüssel« von seinem Ruheplatz nahm. Er hatte sich alle möglichen Szenarien ausgemalt, das schlimmste war ein simpler Höhleneinsturz. Lebendig begraben zu werden stand schon scheißweit unten auf der Liste seiner bevorzugten Todesarten. Dass er im Inneren des Raumschiffs stand, mochte ihn zwar ein wenig schützen, falls das Höhlendach einstürzte, und auf Anas Beharren hin hatte er seine ohnehin schon überladene Ausrüstung um Nahrung und Wasser für zwei Tage ergänzt. »Ich werde dich ausgraben, wenn ich muss, ganz egal, wie viele von diesen Dingern mich aufhalten wollen«, hatte sie gesagt.

Die Erinnerung an ihre Worte drängte ihn weiter. Skyler packte das Alien-Objekt mit beiden Händen, die Zähne zusammengebissen, während er sich vorstellte, wie ihn dasselbe schwarze Zeug überzog, mit dem das Objekt die Subhumanen bedeckte. Aber nichts geschah. Vielleicht waren es seine Handschuhe oder seine nicht vorhandene SUBS-Infektion. So oder so, das Objekt schien keinen Geschmack an ihm zu finden.

Er hob es auf und bereitete sich auf das Schlimmste vor. Ein Erdbeben, Steinschlag … alles. Wieder geschah nichts.

Das Alien-Objekt wog zum Glück weniger als das, das er aus Irland mitgebracht hatte. Er stellte fest, dass er es mit einem Arm halten konnte, als habe er sich ein schlafendes Kind auf die Hüfte gesetzt. Skyler ließ die Waffe, wo er sie fallengelassen hatte, und sprang aus dem Raumschiff.

Er war auf halbem Weg durch den Tunnel und grinste wider besseres Wissen, als der Lärm begann.

* * *

Erd- und Steinklumpen prasselten auf seine Schultern, als der Tunnel bebend zerbröckelte. Skyler empfand plötzlich eine tiefe Zuneigung zu seinem Helm und der Schutzmaske, die er angelegt hatte. Nicht so sehr zur Masse seines Körperpanzers und der Stiefel mit Stahlkappen, die bei jedem schweren Schritt platschende Geräusche im Wasser erzeugten.

Viele Jahre zuvor, als SUBS schließlich in Amsterdam angekommen war, hatte Skyler eine ältere Frau über regennasses Kopfsteinpflaster rennen sehen. Sie hatte hochhackige Schuhe getragen, ihr langes Kleid war ihr um die Beine geflattert, bei jedem ungeschickten Schritt waren ihre aufgeschlagenen Knie aufgeblitzt. Ein Bündel Kleider unter einem Arm, ein heulendes Kind unter dem anderen. Während die Höhle bebte und bröckelte, dachte Skyler, die alte Frau hätte ihn in diesem Augenblick vermutlich in einem Wettlauf geschlagen.

Ein menschengroßer Klumpen Erde fiel vor ihm herab, zwang ihn zum Ausweichen auf die andere Seite des gewölbten Tunnelbodens. Irgendwo draußen hörte er trotz des Lärms erneut Pablos Kanone. Diesmal summte sie und blieb dabei, ein Geräusch, so tief und stetig, dass es etwas in Skylers Eingeweiden zu erschüttern schien. Er packte das Alien-Artefakt unter seinem Arm fester und zwang seine Beine, sich schneller zu bewegen.

Ein paar Schritte weiter kam die Rückseite des Schützenpanzerwagens in Sicht, und Ana stand im Eingang, trieb ihn mit wilden Gesten an.

»Mach Platz!«, rief ihr Skyler zu.

Sie drückte sich an die Seitenwand.

Er sprang, als er die Rückseite des Truppentransporters erreichte, drehte sich im Sprung und rollte sich ab. Dabei überschlug er sich, Schlamm spritzte von seinen Stiefeln.

Ana, die keine Rüstung behinderte, sprang über ihn hinweg und nahm den Türgriff.

Ein Umriss, ein Wesen, löste sich aus dem Dunkel des Tunnels.

»Vorsicht!«, brüllte Skyler und griff hektisch nach seiner Pistole.

Ana zögerte nicht, packte den Türgriff einfach und riss so wild dran, dass nicht einmal sie darauf vorbereitet war, wie schnell die Tür zuschwang. Sie stolperte über Skylers Beine.

Der gepanzerte Subhumane im Tunnel sprang, die in glühend rotem Licht flackernden Hände ausgestreckt. Er prallte gegen die Tür, und sein Gewicht und Schwung verstärkten Anas Zugkraft. Mit einem donnernden Dröhnen krachte die schwere Tür zu. Ana stürzte über Skyler und kam schwer auf dem Boden der Kabine auf.

Eine Sekunde verging in völliger Lautlosigkeit. Dann hämmerte etwas an die Tür, hart genug, um das Fahrzeug zum Schaukeln zu bringen.

»Los«, sagte Skyler. »Los!«

Er hörte das Jaulen, als Strom in die vier Motoren des Vehikels floss. Das nächste Geräusch machte ihm Angst: Räder, die im Schlamm durchdrehten.

»Langsam, Vanessa«, knurrte er nach vorne, wo die Frau über das Steuer gebeugt saß. »Lass ihn erst mal Bodenhaftung kriegen.«

Vanessa versuchte es erneut, diesmal gab sie vorsichtiger Gas. Anfangs passierte nichts, dann drehten die Räder wieder im Schlamm unter ihnen durch, ohne Halt zu finden.

»Es geht nicht!«, rief Vanessa zurück.

»Scheiße, scheiße«, murmelte Skyler.

Pablos Gatling-Kanone erwachte summend wieder zum Leben. Skyler hörte Schmerzensschreie von irgendwo draußen und wünschte, er hätte ein Fenster.

Vanessa drückte wohl aus Frust das Gaspedal voll durch. Dadurch gruben sie sich nur tiefer ein, wie Skyler wusste. Er musste sie im Fahrersitz ablösen und stand schon auf, als der gepanzerte Subhumane aus dem Tunnel erneut das Fahrzeug rammte. Selbst bei geschlossener Heckklappe sah Skyler das Blitzen des roten Lichts durch den winzigen Spalt an den Rändern hereindringen. Was auch für eine Waffe in die Hände des Subhumanen eingebaut war, sie ließ den kompletten Panzertruck einen Ruck nach vorne machen. Ein ausreichender Ruck, um den Reifen ein wenig Halt zu geben. Vanessa hatte den Fuß immer noch fest auf dem Gaspedal, und wie ein eingesperrtes Tier, das sich plötzlich befreien konnte, preschte das Vehikel vorwärts.

Skyler sah, wie Pablo sich drehte, und hörte die Gatling wieder ihre tiefe Melodie anstimmen.

»Der Zünder«, sagte er zu Ana.

Sie nickte, ging zur Seitenbank und nahm den kleinen Sender. Es war ein einfaches Metallkästchen mit einer Plastikausbuchtung vorne, die einen kleinen Schalter abdeckte. Ana klappte die Abdeckung hoch und betätigte mit dem Daumen den Schalter.

Auf der Fahrt in den Kreis aus roten Auratürmen hatte Ana etwa alle zehn Meter einen Sprengsatz aus dem Fahrzeug geschoben. Jeder war mit einem selbstgebauten Fernzünder ausgestattet, den ein paar Techniker im Camp ausgetüftelt hatten. Die Bomben würden sich scharf stellen, wenn sie in die Nähe des Auslösers kamen, den Ana nun in der Hand hielt. Dann würden sie detonieren, sobald der Auslöser ihre Reichweite verließ.

Ana grinste spitzbübisch, als die erste Explosion erklang, ein Grinsen, das sich bei der zweiten und dritten in ein breites Lächeln verwandelte.

Auch Skyler ertappte sich beim Lächeln, bis der Schützenpanzerwagen auf eine Bodenwelle traf, die ihn nach oben schießen ließ. Skyler knallte mit dem Kopf gegen die Decke, nicht fest, aber fest genug, um ihn an die Gefahr zu erinnern, in der sie sich nach wie vor befanden.

»Lass es mal langsam angehen da oben!«, rief er nach vorne zu Vanessa.

»Leck mich«, gab sie zurück.

Sie wurden weiter durchgerüttelt, als der Schützenpanzerwagen über umgefallene Bäume und vom Regen ausgewaschene Furchen raste.

Im Rhythmus ihrer Vorbeifahrt folgten weitere Explosionen. Skyler hatte keine Ahnung, ob die Bomben auch nur einen einzigen Subhumanen töten oder auch nur verletzen würden, aber er hoffte, sie würden verhindern, dass die Subs ihnen folgten. Zumindest bis der Panzertruck die Straße erreichte.

»Munition wird knapp!«, rief Pablo vom Geschützturm herab.

»Spar sie dir auf, bis wir wieder auf dem Weg sind«, sagte Skyler.

»Sind beinahe da«, rief Vanessa über die Schulter. Dann: »Die Türme bewegen sich.«

»Genau, wie wir gehofft hatten«, sagte Skyler. »Bleib vor ihnen, wenn du kannst, und sag Karl, er soll sich bereit halten.« Auf dem Boden der Kabine erhob er sich auf die Knie und musterte das Objekt, das er aus der Höhle mitgenommen hatte. Die Form erinnerte ihn an einen riesigen Käselaib, dick und rund. An einer Stelle am Rand war ein kleiner Halbkreis ausgespart. Skyler fragte sich nach dem Grund dafür, aber da er wusste, dass das Objekt an einen festgelegten Ort im Raumschiff der Erbauer passen musste, schien sich eine Antwort aufzudrängen: Es würde nur an genau dieser Position passen. Wie ein Puzzleteil oder ein Schlüssel.

Skyler legte es in einen Hartschalenkoffer, den er zuklappte und dessen Verschlüsse er einrasten ließ.

Alle zwei Sekunden erfolgten hinter ihnen Explosionen.

»Der Gepanzerte folgt uns«, sagte Pablo. »Die übrigen sind im Nebel geblieben.«

Skyler sah Ana an. »Wie groß ist der Abstand?«

»Zehn Meter«, sagte Pablo. »Ich kann nicht gut zielen.«

Ana las in Skylers Plan in seinem Gesicht, beinahe bevor er ihn selbst kannte. Sie ging nach hinten und packte den Türgriff.

Skyler hob die Sitzfläche einer Bank an, sodass ein Fach zum Vorschein kam. Er entnahm ihm ein weiteres Sturmgewehr und stellte es auf Explosivgeschosse um.

»Mach auf«, sagte er zu Ana.

Sie riss am Griff und schob die Tür auf.

Skyler starrte die »Straße« aus umgestürzten Bäumen und plattgewalztem Unterholz entlang. Links und rechts von ihm pflügten riesige Auratürme in die gleiche Richtung voran, in die der Schützenpanzerwagen unterwegs war, und plätteten alles in ihrem Weg, während sie zurück zum Weltraumlift zogen.

Nicht ganz in der Mitte, aber auf diesem Pfad, sprintete ein schwarz überzogener Subhumaner auf ihn zu. Die Kreatur bewegte sich mit übermenschlicher Geschwindigkeit, zweifellos verstärkt von dem merkwürdigen Material, das ihren ganzen Körper einschloss.

Eine von Anas Bomben explodierte ein paar Meter links von ihm, und die Kreatur stolperte, kam aber kaum ins Wanken.

Skyler zielte, was in dem schaukelnden, rüttelnden Fahrzeug völlig sinnlos war. Er feuerte trotzdem und hielt den Abzug gedrückt. Das Gewehr knatterte, einen Sekundenbruchteil später gefolgt von einer Unzahl kleiner Blitze rund um die Füße der Kreatur. Einige der Schüsse waren zu hoch und explodierten in den Bäumen neben der plattgewalzten Straße. Holzsplitter füllten die Luft hinter dem Subhumanen wie Konfetti.

Schließlich bekam Skyler die Waffe unter Kontrolle und schwenkte sie wieder in Richtung seines Ziels. Eine Kugel jagte einen Erdklumpen gleich neben der Kreatur in die Luft, und sie wich nach links aus.

Ein tödlicher Fehler.

Genau, als sie dorthin sprang, ging direkt unter dem Wesen eine von Anas Bomben hoch. Der Subhumane flog sich überschlagend durch die Luft, seine Glieder schlackerten widerlich leblos. Er landete in aufspritzendem Schlamm und blieb reglos liegen.

Ana heulte siegreich und stieß eine Reihe spanischer Wörter aus, die keiner Übersetzung bedurften.

Skyler hielt das Gewehr auf den Körper gerichtet, bis er außer Sicht war. Zwei weitere von Anas Bomben gingen hoch, und dann passierten sie die Stelle, an der sie begonnen hatten, sie auf dem Hinweg zu verteilen.

Vanessa umkurvte ein paar weitere Auratürme, ließ sie hinter sich. Auf ihrer langsamen Reise zurück zum Camp waren nun alle Türme hinter ihnen. Skyler schätzte, dass sie eine halbe Stunde brauchen würden, um die Liftbasis von Belém zu erreichen. Die Türme, die losgezogen waren, als er das Objekt in Irland an sich genommen hatte, waren immer noch Wochen entfernt.

Er ließ die Hintertür offen und legte die Waffe auf der Seitenbank ab. »Vanessa, gib Karl durch, dass wir unterwegs sind und er auf den Barrikaden alle bereithalten soll.«

»Schon erledigt«, antwortete sie. »Er sagte, vor ein paar Minuten hätte das Kabel vibriert, so wie damals.«

Das zweite Objekt, das wir eingesammelt haben, aber das dritte Mal, dass das passiert ist. Ihm gefiel nicht, was sich daraus ableiten ließ.

Das Camp hatte in den letzten beiden Tagen viermal eine mögliche Rückkehr der Auratürme geprobt. Sie hatten Abschnitte der Barrikade rund um das Lager auf Paletten mit Rädern gestellt, und auf dem erwarteten Weg der Türme in die Mitte des Lagers hatte man alle Gebäude, Zelte und Fahrzeuge entfernt. Niemand wollte eine Wiederholung des Desasters, zu dem es bei ihrem Aufbruch gekommen war.

Skyler beugte sich unter den Geschützturm auf dem Dach und kniff die Augen zusammen, als er nach oben schaute. »Pablo, ist alles klar da oben bei dir?«

»Mhm.«

»Du kannst runterkommen, wenn du willst.«

»Ich bleibe hier. Nur für den Fall.«

»Wie du magst.«

Einen Augenblick später bog Vanessa scharf nach links ab und ließ die Motoren aufheulen. Aus ruckligem Holpern wurde ein sanftes Wogen, als das Fahrzeug auf die von Schlaglöchern durchsetzte Straße abbog.

»Hilf mir mal hiermit«, sagte Skyler zu Ana. Er zerrte an der schweren Rüstung auf seiner Brust, und Ana kam durch die Kabine, um ihm zu helfen. Zusammen hoben sie das massive, gepanzerte Gewicht über seinen Kopf und ließen es mit einem tiefen, dumpfen Geräusch auf den Boden fallen.

»Schon besser«, sagte er und lehnte den Kopf zurück an die Wand. Nun, da der Stress und das Chaos des Kampfes hinter ihnen lagen, wanderten Skylers Gedanken beinahe augenblicklich zurück zu Tania. Zu dem Opfer, das sie gebracht hatte, damit ihm genug Luft zum Überleben blieb. Dem Anblick, als sie zum letzten Mal sachte Luft geholt hatte, bevor ihr der Sauerstoff ausgegangen war.

Er spürte das Brennen von Tränen und verkniff sie sich. Eine vertraute Leere glitt in seine Eingeweide, von der er törichterweise gehofft hatte, sie würde mit der Ablenkung durch diesen Einsatz nachlassen.

Ana, die ein unheimliches Talent besaß, seine wechselnden Stimmungen zu lesen, setzte sich neben ihn auf die Bank, die Beine unter sich gezogen, und legte den Kopf an seine Schulter.

Er nahm ihre Hand, und zusammen sahen sie zu, wie der scheinbar unendliche Wald an ihnen vorüberrauschte.

* * *

In Camp Exodus winkte Karl sie ein. Er stand in der Mitte einer breiter werdenden Lücke in der Palisade der Kolonie, in einer Hand eine Flüstertüte und in der anderen ein Funkgerät. Kolonisten wuselten um ihn herum, schoben Wandabschnitte zur Seite. Weiter im Inneren des Camps waren andere Leute damit beschäftigt, die improvisierten Gebäude umzustellen, die rund um die Basis des Weltraumlifts standen. Ein paar Gabelstapler halfen ihnen dabei, ihre Ketten von braunem Schlamm überzogen.

Regen prasselte auf die gesamte Anlage herab. In der zurückliegenden Woche hatte es unablässig geregnet, sodass sich die ungepflasterten Abschnitte des Lagers in schlammige Tümpel verwandelt hatten und der Rest in Stellen, auf denen man leicht ausrutschen konnte, wenn man nicht aufpasste.

Vanessa hielt neben Karl an, und sie unterhielten sich kurz. Sie ließ das Fahrzeug langsam nach vorne rollen und bog scharf links ab, sodass sie zum Fluss fuhren, eindeutig aus dem Weg der ankommenden Auratürme.

Skyler sah bis auf eine vom Regen gepeitschte Windschutzscheibe kaum etwas. Doch er kannte den Grundriss des Lagers wie seine Westentasche und konnte abschätzen, wie weit sie gefahren waren. »Das reicht. Park hier. Wir helfen bei den Vorbereitungen.«

Sie tat, wie ihr geheißen, ließ den Wagen ausrollen und schaltete die Stromversorgung der Motoren ab.

»Dieser Scheißregen«, sagte Skyler, sobald er einen Fuß nach draußen gesetzt hatte. Die dicken Wassertropfen fielen in fast künstlich wirkendem, gleichmäßigem Tempo. Er ließ seine Panzerrüstung im hinteren Teil des Schützenpanzerwagens zurück und bot Ana eine Hand zum Aussteigen an. Sie sprang stattdessen, zuckte bei der Landung leicht zusammen und hoffte vermutlich, Skyler hätte es nicht bemerkt. Er tat auch so und zog den Outback-Hut aus der Hosentasche. Der Regenguss durchtränkte das behandelte Leder, noch ehe er ihn aufsetzen konnte. »Das ist erbärmlich.«

Auch Ana setzte ihre eigene Kopfbedeckung auf, eine schwarze Baseball-Kappe ohne Logo. Sie trug immer noch Shorts und T-Shirt, aber zumindest hatte sie eine Kampfweste über das dünne Top gezogen. Nun hob sie zustimmend den Daumen.

»Pablo, Vanessa, bewacht das … Ding«, rief er, und sie brachen auf.

Sie trafen Karl am Rande des Camps. Er stand auf einem Gerüst, das dort als eine Art Ausguck an der Palisade befestigt war. Eine Metallleiter führte hinauf, und Skyler stieg nach oben. Ana blieb, wie ihm auffiel, zurück. Ihr noch bestehender Rückenschmerz war wohl wieder aufgeflammt, aber er hütete sich, ihr vorzuschlagen, sich hinzulegen.

Karl hielt sich ein Fernglas vor die Augen. Er senkte es, um Skyler Platz zu machen. »Ich sehe in dem Scheißregen gar nichts. Kommt die Hälfte?«

»Genau wie in Irland.«

»Gut.« Er drehte sich um und hob seine Flüstertüte. »Kontrollteam, Positionen einnehmen!«

Sie hatten ausgehend von der Liftbasis in Richtung des abgestürzten Schiffs draußen im Regenwald einen keilförmigen Teil des Camps freigeräumt, dazu einen ordentlichen Pufferbereich rund um die ganze Scheibe, die die eigentliche Verbindungsstelle des Kabels darstellte.

»Glaubst du, das reicht?«, fragte Skyler.

»Das lässt sich nur auf eine Art herausfinden.« Karl winkte, als eine Gruppe Kolonisten aus dem Schutz eines Wohnmobils ein Stück entfernt kam. Sie schwärmten in dem freigeräumten Bereich aus.

Skyler fiel auf, dass sich die übrigen Kolonisten bei Karls Befehl auf die gegenüberliegende Seite des Camps in der Nähe des Universitätsgeländes zurückgezogen hatten.

Das »Kontrollteam« verteilte sich gleichmäßig in einer Reihe auf halbem Weg zwischen der Auragrenze und der Liftbasis.

Karl wirbelte herum und musterte wieder den Wald. Der Weg, den die Türme bei ihrem Abzug geplättet hatten, war noch sichtbar, wenn man wusste, wo man hinschauen musste, aber entlang der Route war bereits eine erstaunliche Menge Grünzeug nachgewachsen.

Skyler hörte die Türme, ehe Karl sie sah. Das Knacken junger Bäume, die umknickten, das Mahlen von Steinen, die zur Seite geschoben wurden. Gedämpft vom heftigen Regen, aber unverkennbar, und es wurde lauter.

»Ich sehe sie«, sagte Karl.

Die Sichtweite im Regen betrug im besten Fall zweihundert Meter, im schlechtesten hundert. Skyler erwartete, hohe schwarze Türme zu sehen, die sich durch den Saum des Regenwalds schoben, der bis ganz an den Rand der Elendsviertel von Belém reichte. Stattdessen sah er, wie das Unterholz wankte und sich bog, als wäre plötzlich starker Wind aufgekommen.

Dann kamen die Türme.

Wie eine vorrückende Armee mit mittelalterlichen Belagerungsgeräten pflügten die dunklen Obelisken durch den Waldsaum. Skyler blieb beinahe das Herz stehen, als die vordersten plötzlich umfielen, als wären sie in eine Grube gestürzt, bis ihm klar wurde, dass sie nur den Kanal mit dem steil abfallenden Ufer überquerten, wo Stadt und Regenwald aufeinandertrafen. Die Türme tauchten eine halbe Sekunde später wieder auf, als sie die andere Seite erreichten, und ein feiner Wasserdunst stieg dort auf, wo ihre Unterseiten den angeschwollenen Wasserlauf berührt hatten.

Immer noch kamen welche nach, weiter verteilt, als Skyler geschätzt hätte. Einer, ein kleinerer, dessen Spitze ein gutes Stück unter den Baumwipfeln lag, brach dicht an der Stelle durch, an der sie sich befanden, außerhalb des entfernten Palisadenabschnitts. Karl merkte es im selben Augenblick wie Skyler.

»Teufel noch mal«, sagte er, »zu nahe.«

»Zur Leiter mit dir!«, brüllte Skyler. Er war am dichtesten dran und ging als Erster, nahm zwei Sprossen auf einmal und sprang die letzten drei hinab. Seine Stiefel landeten mit einem Platschen im Schlamm, und er stolperte, als er versuchte, Karl Platz zu machen. Er fing sich mit einer Hand ab und wirbelte rechtzeitig herum, um zu sehen, wie sein Freund oben auf dem Gerüst zwei Schritte von der Leiter entfernt ausrutschte. Der Mann landete hart auf den Holzbrettern, ein Arm misslich unter dem Oberkörper angewinkelt. Sein Fernglas fiel über den Rand und in den Schlamm darunter. Gekrümmt vor Schmerz wollte Karl aufstehen und sich zur Leiter bewegen.

Dann ging ein Riss durch die Wand, und sie zerbarst.

Das Gerüst hob sich in die Luft und neigte sich. Skyler sah Karl gerade noch abstürzen und in den Schlamm fallen, bevor er sich bewegen musste, um nicht selbst zermalmt zu werden.

Verkleidungsbleche aus Alu und Maschendrahtzaun zerbarsten, als der Turm sich durchschob. Der Gerüstgang kippte schließlich und fiel, knallte mit einem gewaltigen Laut in den Matsch darunter und ließ einen Schwall aus trübbraunem Wasser aufsteigen. Irgendwo unter den zerstörten Überresten der Palisade und dem knöcheltiefen Schlamm war Karl.

Sobald der Turm vorüber war, sprang Skyler vor. Er hob einen Zaunabschnitt hoch und warf ihn zur Seite. Neben ihm tauchte jemand auf und half. Dann noch zwei Leute, die Karls Namen riefen und Schuttteile zur Seite wuchteten.

Karls Hand packte die Skylers, und er zog ohne Zögern daran. »Hilfe«, knurrte er. Die anderen um ihn herum kamen zusammen, und dann wurde Karl aus dem Schlamm befreit. Er war von oben bis unten besudelt, schrie und hustete vor Qual, als sein Bein und sein Fuß unter einem Abschnitt des zusammengebrochenen Laufgangs hervorkamen. Der Fuß stand in einem unnatürlichen Winkel ab. »Vorsicht mit dem Bein«, sagte Skyler zu den drei Helfern.

Sie schafften den Verletzten ein paar Meter zur Seite und legten ihn auf ein Stück gepflasterten Bodens. Karl winselte, als sie ihn ablegten, dann spuckte er aus und stöhnte. Er wischte sich Schlamm aus dem Gesicht, und Skyler sah den heftigen Schmerz in seinen Zügen.

»Ich kümmere mich um ihn«, sagte ein Mann in der Nähe. »Ich bin Sanitäter. Helft den anderen.«

In dem Chaos hatte Skyler die restlichen Türme ganz vergessen. Er warf einen Blick zur Mitte des Camps und sah, wie der erste die Reihe der Kolonisten erreichte, die sich freiwillig gemeldet hatten, um zu versuchen, sie aufzuhalten – ein Akt uneigennützigen Mutes, den Skyler enorm bewunderte. Die Männer und Frauen blieben unerschütterlich stehen, obwohl sie gerade Karls Sturz erlebt hatten. Die Erste, eine stämmige Frau mit kurzen Locken, streckte die Hände einem näherkommenden Turm entgegen, stemmte die Füße in den Boden und schob.

Der Turm wurde langsamer, dann hielt er an.

Skyler seufzte erleichtert auf und drehte sich um, um seinem gefallenen Freund zu helfen.

* * *

»Der Arm ist gebrochen«, sagte Karl, die Stimme undeutlich von den Medikamenten. »Das Bein auch.«

»Ja«, antwortete Skyler, der im Lazarettzelt neben der Liege kniete. »Ich habe gesehen, wie abgeknickt es war. Nicht hübsch. Geht’s dir gut?«

»Bin völlig zugedröhnt.«

Skyler lächelte. »Ich dachte schon, wir hätten dich verloren, als du unter den Schlamm geraten bist.«

»Wie ich so geistesgegenwärtig sein konnte, die Luft anzuhalten, ganz zu schweigen davon, nicht auszuatmen, weiß ich wirklich nicht.« Ein paar Sekunden lang wurde sein Blick unscharf, dann schien er zurückzukehren und Skyler wieder wahrzunehmen. »Ich erinnere mich an das Knacken in meinem Bein, und dann, dann bin ich hier aufgewacht.«

Die verletzten Gliedmaßen waren von dicken Sprüh-Schienen umgeben, beide hochgelagert, um die Schwellung zu minimieren.

»Wie sieht’s da draußen aus?«, fragte Karl.

»Du bist der einzige Verletzte, du ungeschickter Drecksack.«

Karls Gelächter ging in ein gequältes Brummen über.

»Tut mir leid«, fuhr Skyler fort. »Zweiundzwanzig Türme sind zurück, alle sicher im Hof, und ein Alien-Schlüssel oder -Puzzleteil oder was auch immer ist bereit für die Fahrt nach oben.«

»Wer bringt es rauf?«

»Ich.«

»Gut.«

Skyler schaute wieder auf das Bein des Mannes, erinnerte sich an die Art und Weise, wie der Fuß in die falsche Richtung gezeigt hatte. Er erschauerte trotz des schwülen Nachmittags. Als wäre die leichte SUBS-Infektion nicht schon genug für Karl gewesen …

Das Hämmern des Regens auf dem Zelt ließ plötzlich nach, dann verstummte es ganz.

»Du hättest das Summen auf dem Kabel hören sollen, als ihr das Ding genommen habt«, sagte Karl. »Irres Geräusch.«

»Tim kommt runter. Um zu helfen, hier unten alles zu regeln, bis du wieder auf den Beinen bist.«

»Ich werde mich nicht beschweren – Teufel aber auch! Au!«

Sein Bein war von dem stützenden Bücherstapel gerutscht und mit einem dumpfen Geräusch auf der dicken Liege aus Segeltuch gelandet. Skyler zuckte zusammen, unterdrückte recht erfolglos ein Lachen und half ihm, sich wieder richtig hinzulegen.

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Kapitel 2

Platz-Station

22.3.2285

Wie fühlst du dich?«

»Zum … Kotzen.«

Es war die reine Wahrheit.

 

Skyler hatte sich eine Reihe von Reaktionen ausgemalt, die Ana bei ihrem ersten Besuch im Weltraum zeigen könnte, ihrem ersten Mal in Schwerelosigkeit. Das war nicht seine bevorzugte Version gewesen. Trotzdem hatte er sich vorbereitet, hielt eine Plastiktüte für sie bereit, die sie nutzen konnte. Er hatte sogar ein Taschentuch da, und bis sie die Gondelstation der Platz-Station erreichten, hatte Ana breit gegrinst, und in ihren Augen hatte eine beinahe jugendliche Freude geleuchtet.

Sie war mit großer Begeisterung durch die Luftschleuse gehüpft und durch den weiten Raum dahinter geschwebt, bis sie schließlich auf halber Höhe an der gegenüberliegenden Wand landete. Er hatte sie in der Mikroschwerkraft treiben sehen und mit ihr gelacht.

Ana hatte sich beim zweiten Mal gezielter abgestoßen, und er hatte sie eingefangen, mit einer Hand ihren Unterarm umfasst, während sie es bei ihm genauso machte. Sie war gelandet und hatte den anderen Arm um ihn gelegt.

»Das ist besser als Schwimmen«, hatte sie gesagt.

»Ich bevorzuge Wasser.«

Sie hatte ihn spielerisch in die Schulter geknufft. Nur die Tatsache, dass ihr anderer Arm noch um seine Taille lag, hatte verhindert, dass sie dadurch von ihm forttrieb. Skyler hatte einmal an ihr gezupft und sie wieder zum Boden zurückgezogen. Sie hatte ihm in die Augen geschaut, ein stummer Dank. Dann hatte er auf den Hartschalenkoffer hinabgesehen, den sie heraufgebracht hatten.

»Ich sollte …«

Ana hatte ihm das Wort abgeschnitten und ihn damit vor linkischen Sätzen gerettet. »Ich glaube, ich bleibe ein Weilchen hier, wenn sie mich lassen. Lerne, äh, Schwimmen. Hol mich doch ab, wenn du fertig bist.«

Wenn ich fertig bin. Genau. Er wusste nicht, ob dieser Tag jemals kommen würde, aber eines wusste er bestimmt: dass sie sich über die komplizierteren Aspekte ihrer Beziehung irgendwann vorher unterhalten mussten. Skyler hatte geseufzt und sie auf die Stirn geküsst. Dann hatte sie sich wieder abgestoßen und war zur Decke geschwebt.

Er hatte ihr ein paar Sekunden nachgeschaut, getrödelt, ihre schlanke Gestalt und die Art, wie ihr Haar wirkte, wenn es zu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden war, bewundert. Schließlich hatte er den Hartplastikkoffer mit einem Finger vom Boden aufgehoben und ihn vor sich her zum Ausgang des Frachthangars geschoben, einem Alkoven in der Wand mit einem Aufzug, der nach »unten« ging, zum äußeren Teil des Mittelrings der Station. Er hatte die Kiste unter einem elastischen blauen Netz an der Rückseite des Aufzugs verstaut, um die Hände frei zu haben, und dann den Fuß unter eine Metallklammer auf dem Boden in der Nähe des Aktivierungsknopfes geklemmt. Er hatte darauf gedrückt und Ana zugewinkt, während der Frachtaufzug langsam nach außen schwebte, hatte zugesehen, wie sie in Spiralen durch den Raum tauchte und vor sich hin lachte. Im Herzen war sie eine Tänzerin, nicht anders als beim ersten Mal, als er sie gesehen hatte.

* * *

»Hervorragende Arbeit, Skyler«, hatte Tim gesagt, als Skyler zur Krankenstation kam. Er hatte wohl von der Ankunft der Gondel gehört, denn er schien ihn zu erwarten.

»Danke«, hatte Skyler zurückgegeben. »Solltest du nicht auf dem Weg nach unten sein, um für Karl einzuspringen?«

»Ich komme in deiner Gondel mit nach unten.« Tim hatte zu der Kiste hin genickt. »Ist es das, was ich denke?«

»Kann ich los, zum Besuch?«

Tims Blick war einen Augenblick lang auf den schwarzen Behälter gerichtet geblieben, dann hob er sich zu Skyler. Sie hatten einander ein paar Sekunden angestarrt, ehe Tim nickte und beiseitetrat.

Skyler konnte nicht genau sagen, warum er den jüngeren Mann mit so schroffer Förmlichkeit behandelte, mit solcher Distanz. Vielleicht lag es einfach daran, dass Tim hier oben ein leichtes Leben hatte, und wenn Skyler sich nicht täuschte, hatte er sich bisher noch nie für eine Tätigkeit gemeldet, die ihn in Gefahr bringen könnte. Ein Schreibtischhengst durch und durch.

Geht mich doch nichts an, hatte Skyler gedacht, als er sich an dem schlaksigen Mann vorbei in den medizinischen Bereich drängte. Er hatte sich gezwungen, an Ana zu denken, wie sie zwischen den Wänden des Frachthangars Saltos schlug. Er hatte sich entschieden, und was auch immer daraus werden würde, Tanias Heldentaten, so irre und eindrucksvoll sie auch waren, würden daran nichts ändern.

Dr. Brooks hatte einen Blick auf Skyler geworfen und auf einen durch einen Vorhang abgetrennten Bereich auf der anderen Seite des Raums gedeutet. »Maximal fünfzehn Minuten«, hatte sie ihn ermahnt, als er an ihr vorbeigegangen war.

»Gut.«

Am Vorhang hatte er sich geräuspert. Er hatte gerade rufen wollen, als Tania den Stoff zur Seite zog.

Sie wirkte unfassbar müde, ihr Gesicht schmaler, als er es in Erinnerung hatte. War es nur eine Woche her? Zehn Tage? Ihr schwarzes Haar fiel offen und zerzaust auf ihre Schultern, wie er es bei ihr kaum je gesehen hatte, und schien ihr Gesicht in Schatten zu rahmen, die ihr müdes Erscheinungsbild noch verstärkten. Von den Schultern bis zu den Knien war sie in einen blassblauen Krankenhauskittel gehüllt. Sie war barfuß.

»Sehe ich so schlimm aus?«, fragte sie.

Skyler räusperte sich, rieb sich den Nacken. »Nein, nein. Ich war nur … ich bin froh, dass du wach bist.«

»Ich sehe also so schlimm aus.«

»Furchtbar«, sagte er. »Schrecklich … und irgendwie auch besser denn je.«

Da leuchteten ihre Augen auf, der Hauch eines Lächelns umspielte ihre Mundwinkel. Skyler umarmte sie sanft, ehe sie noch irgendeine Emotion auf Abwegen in seinem Blick erkannte, dann ließ er sie los, als er den Geruch ihrer Haare aufschnappte. Eine leichte Spur Vanille und Zimt, die ihn an ihr erstes Treffen erinnerte. Sie war damals als Wartungsarbeiterin verkleidet gewesen, erfüllt von jener Art Selbstvertrauen, die man nur haben konnte, wenn man so gut wie gar nicht wusste, was vor einem lag.

Sie hielt ihn an den Armen, musterte sein Gesicht. Eine seltsame, unbehagliche Sekunde lang dachte er, sie erwarte vielleicht, dass er sich vorbeugte und sie küsste. Stattdessen legte sie den Kopf schief, eine Braue etwas hochgezogen. »Sag was. Es wird komisch.«

»Äh.«

»›Danke, dass du mir das Leben gerettet hast?‹ – ›Danke für die Luft?‹« Als er weiter schwieg, kniff sie leicht die Augen zusammen. »›Freut mich, dass du nicht tot bist, Tania?‹ – ›Wie schmeckt hier das Essen so?‹«

Skyler schüttelte den Kopf. »Ich hätte dir meine Luft gegeben, wenn ich gewusst hätte, wie man das macht. Netter Trick übrigens.«

»Na, dieses eine Mal hatte ich eben ein Überlebenstechnik-Ass im Ärmel.«

»Ich …« Er hielt inne, versuchte unklugerweise, die perfekte Antwort zu finden. »Das hättest du nicht tun sollen, Tania. Ich bin niemand. Es war viel wichtiger, dass du es zurück schaffst.«

»Stopp«, sagte sie mit einem perfekten Mix aus Charakterstärke und Endgültigkeit. »Erstens ist das Schwachsinn. Zweitens würde ich das, was ich getan habe, ohne zu zögern wieder machen. Du würdest es auch tun, wenn du wüsstest, wie. Falls du also böse bist, weil ich eher auf die Idee kam …«

»Ich habe nur …« Er kaute auf seiner Lippe. »Wenn du gestorben wärst …«

»Bin ich aber nicht. Na schön, das stimmt nicht ganz.«

»Siehst du?«

»Das Thema ist gegessen. Sie haben uns rechtzeitig gefunden.«

»Ganz knapp.«

»Trotzdem. Dr. Brooks sagt, ich müsse es langsam angehen lassen, und damit meint sie vermutlich, keine derartigen Unterhaltungen zu führen. Also vertagen wir es, in Ordnung?«

»In Ordnung «, sagte Skyler. Er rieb sich gedankenverloren über die Schulter. Alte Verletzung, alte Angewohnheit. »Na ja, ähm. Ich bin froh, dass du nicht tot bist. Wie schmeckt das Essen hier so?«

Sie lachte, und etwas von dem Enthusiasmus, den er schon so oft beobachtet hatte, kehrte in ihre Wangen und Augen zurück.

Ein paar Sekunden vergingen schweigend. Tania saß da, musterte ihre Hände. Dann schloss sie die Augen, die Finger ineinander verschränkt. »Ich muss dir etwas sagen, und es gibt dafür keine einfache Möglichkeit.«

»Bei so was kommen doch immer spaßige Unterhaltungen heraus.«

»Hör … einfach zu und versuch, kein Urteil zu fällen.« Sie holte Luft, stieß sie aus und sah ihn mit vollkommener Aufrichtigkeit an. »Es gibt nur noch ein weiteres Ereignis der Erbauer.«

Er hatte alles erwartet, nur nicht das. »Bitte?«

»Nach der Ankunft des Raumschiffs ist nur noch ein Ereignis in dieser … Sequenz übrig.«

»Wie kannst du das wissen?«

»Weil …«, sagte sie und verstummte. Holte noch einmal tief Luft.

Skyler spürte seine Kopfhaut prickeln, und der Schauer lief weiter bis zur Mitte seines Rückens. Im Raum schien es vollkommen still geworden zu sein.

»Es scheint«, sagte Tania, »als hätte Neil Platz sehr viel mehr gewusst, als er herausgerückt hat.«

Bevor er die nächste Frage stellen konnte, hob sie eine Hand und fuhr fort: »Er hat eine Nachricht an Zane geschickt, kurz bevor er starb. Buchstäblich, denn Warthens Leute stürmten die Platz-Station. Wir stießen erst kürzlich drauf. Laut dieser Nachricht wusste es Neil die ganze Zeit. Neil und mein Vater.«

»Er – Augenblick, dein Vater?«

Sie schloss wieder die Augen und nickte ernst. »Hör mir einen Moment zu. Ich bin müde.«

»Gut.«

»Alles, was in der Nachricht stand, alles, was ich weiß, ist, dass sie es wussten. Irgendwie wussten sie es, weil vor der Ankunft des Darwin-Weltraumlifts etwas passiert war. Ein vorausgehendes Ereignis, das zumindest bis zu einem gewissen Grad erklärte, was sich abspielen würde.«

Skyler spürte, wie eine Flut von Deduktionen aus jeder Richtung auf seinen Verstand einströmte, als wären alle Ereignisse seit dem Augenblick, in dem er Amsterdam verlassen hatte, unverbundene Teile desselben Puzzles gewesen und Tania hätte ihm gerade einen Blick auf das Bild gewährt, das die Teile irgendwann zusammen ergeben sollten. »Er hat es verdammt noch mal gewusst?«

»Urteile nicht …«

»Urteile nicht? Er wusste vom Lift und baute ein Imperium darum herum auf? Nightcliff und die Wasseranlangen und das alles – und diese Raumfahrtfirmen, die er kaufte. Herrgott noch mal, er wusste verdammt noch mal über SUBS Bescheid und hat niemanden gewarnt?«

»Halt.«

Ihre Stimme traf ihn wie ein Peitschenhieb, sodass sein Mund zuklappte.

»Du sprichst nicht nur von Neil, du sprichst auch von meinem Vater, und wir wissen nicht, was genau sie wussten, bis auf die Anzahl. Fünf Ereignisse, Skyler, und wir haben gerade das vierte erlebt.«

Er hatte noch mehr zu sagen. Sehr viel mehr. Aber der Ausdruck in ihren Augen und die Erinnerung, wie nahe sie dem Tod gewesen war, holten ihn von diesem Abgrund zurück. Er starrte in jene Augen, das tiefe Braun mit den goldenen Sprenkeln, und spürte, wie eine letzte Erkenntnis, ein weiteres Puzzleteil, klickend einrastete. Diese ganze Sache mit Japan und Hawaii war Schwachsinn gewesen. Neil hatte bereits gewusst, was sie finden würden. Er hatte diese Tatsache nur nicht preisgeben wollen. Keine andere Erklärung ergab einen Sinn. Was bedeutete, dass er Tania in tödliche Gefahr geschickt hatte, und Jake in seinen Tod, um sein Geheimnis zu wahren. Er hatte es gewusst. Es war ziemlich sicher das dreisteste Beispiel eines Insidergeschäfts aller Zeiten, und wie so viele Banker und Politiker vor ihm hatte Neil sich enorm ins Zeug gelegt, um es unter Verschluss zu halten. Erst als ihm der sichere Tod oder die Gefangennahme drohten, hatte er sich die Mühe gemacht, es jemandem zu verraten. Trotz der Bitte in Tanias Augen konnte sich Skyler nicht überwinden, nicht zu urteilen. Er hütete sich aber, das ihr gegenüber zuzugeben.

»Danke«, sagte er, »dass du es mir erzählst. Das macht alles leichter.«

»Wie das?«

»Ein Licht am Ende des Tunnels.« Tania wirkte nicht überzeugt, also wählte er einen anderen Ansatz. »Kannst du dir vorstellen, Neil hätte gesagt: ›Es gibt siebenundachtzig Ereignisse, nur noch dreiundachtzig liegen vor uns!‹ Nichts für ungut, aber ich hätte vermutlich die Hände in die Luft geworfen und wäre gegangen.«

Sie nickte. »Ich hätte dir daraus keinen Vorwurf gemacht, Skyler. Du hast recht. Dieses Wissen lässt das Blut, den Schweiß und die Tränen irgendwie lohnend erscheinen, die unsere Aufgabe, wie ich fürchte, mit sich bringen wird. Es ist wie …«

»Wie der Energieschub, der kommt, wenn man weiß, dass das Rennen hinter der nächsten Anhöhe vorbei ist.«

Tania lächelte über den Vergleich. »Ich bin nie ein Rennen gelaufen«, sagte sie.

Er lachte.

»Ich würde sagen, es ist, als würde man ein Puzzle zusammensetzen, und irgendwann wirkt der Haufen der übrigen Teile plötzlich, als könne man … ihn bewältigen. Die Möglichkeiten nehmen ab.«

»Dein Vergleich ist besser«, sagte er. Sie lächelte nicht nur über dieses Kompliment. Es drückte auch ihren Dank aus, dass er seine Meinung über Neil für sich behalten hatte. Skyler beschloss, auch seine Erkenntnisse für sich zu behalten. Es wäre niemandem geholfen, wenn er vor Tania ausbreitete, was er nun begriffen hatte. Sie wusste es vermutlich auch und hatte ohnehin schon genug um die Ohren. Neil war tot. Was getan war, war getan.

»Ich habe dir etwas mitgebracht«, sagte Skyler.

»Schokolade?«

»Äh …«

»War ein Scherz. So halb. Was denn?«

Skyler trat zur Seite und beobachtete ihre Reaktion, als sie den schwarzen Koffer hinter ihm bemerkte.

Einen Sekundenbruchteil stand ihr Verwirrung ins Gesicht geschrieben, dann huschte ihr Blick zurück zu Skyler. »Ist es … welches?«

»Das rote. Belém. Der Kreis.«

Sie verschränkte die Arme über der Brust. »Ach, und du hältst mir Vorträge über unbesonnenes Verhalten?«

»Daran war nichts unbesonnen.«

Tania verdrehte die Augen. »Wie habt ihr es angepackt?«

»Wir sind reingegangen und haben darum gebeten. Nett.«

»Aha.«

»Es war vielleicht auch etwas Sprengstoff beteiligt. Viel Sprengstoff sogar.«

»Vielleicht kannst du mir die Einzelheiten ein andermal erzählen.« Sie klopfte auf die Decke neben sich.

Skyler setzte sich, und sie starrten die Kiste lange schweigend an.

»Ich habe mir das Hirn zermartert«, sagte sie schließlich, »bei dem Versuch, mir vorzustellen, was für ein Motiv hinter alldem stehen mag. Was die Erbauer vorhaben, ich meine, was sie wirklich vorhaben.«

»Ich glaube, ich habe es herausgefunden«, sagte Skyler. »Sie sind eine so fortschrittliche Rasse, dass die einzige Unterhaltung, die ihnen noch bleibt, sehr ausgefeilte Streiche sind, die sie ihren Nachbarn spielen.«

Sie stieß ihn mit dem Ellbogen an. Dann stand sie auf und ging zu der Kiste. Sie ließ einen Finger über die Oberfläche gleiten, als versuche sie, einer Energie aus dem Ding darin nachzuspüren. »Ich schätze, viel drängender stellt sich die Frage«, sagte sie, den Rücken ihm zugewandt, »was machen wir jetzt?«

»Tania«, sagte Skyler, während ihm Hitze am Hals emporkroch.

»Ist es klug, diese Dinger in dem Augenblick im Schiff anzubringen, in dem wir sie finden?«

»Tania.«

»Oder sollten wir sie behalten, bis wir mehr über ihren Zweck wissen?«

»Äh, Tania …«

Sie schaute über die Schulter zu ihm zurück. »Was denn?«

»Dein Kittel ist hinten offen.«

Ein hohes Quietschen gellte durch den Raum. Tania wirbelte blitzschnell herum, raffte das Kleidungsstück fest um ihr Rückgrat zusammen und kehrte auf ihren Platz zurück.

Skyler starrte lange den Vorhang neben dem Bett an. Er musterte die Decke, schätzte den Durchmesser der verschiedenen Rohre ab, die sich dort entlangschlängelten.

»Würdest du mir einen Augenblick geben?«, fragte sie schließlich.

Er stand auf und verließ sie, hörte, wie sie hinter ihm den Vorhang zuzog. Skyler verzog das Gesicht, unterdrückte ein Schmunzeln und ging durch das Lazarett zu Dr. Brooks, die an einem Tisch lehnte und auf ein Slate schaute. Skyler stellte sich offiziell vor und schüttelte der Frau die Hand.

»Wie geht es ihr wirklich?«, fragte er.

»Tania? Gut, aber das dürfen Sie ihr nicht sagen. Ich habe sie nur hierbehalten, damit sie sich etwas ausruhen kann.«

»Also ist sie in Ordnung?«

Dr. Brooks nickte. »Bei Sauerstoffmangel sind wir immer besorgt wegen potenzieller Hirnschäden, und sie war rein zeitlich gesehen definitiv in der Gefahrenzone. Aber die Tests sind alle negativ. Mit etwas mehr Ruhe und ordentlichen Mahlzeiten wird es ihr bald wieder gut gehen.«

»Wann kann sie raus?«

Die Ärztin zuckte die Achseln, dann nickte sie an Skyler vorbei. »Jetzt, wie es aussieht.«

Er drehte sich um und sah Tania, die in einem ihrer Overalls aus dem abgetrennten Bereich kam, einem weißen mit blauen Streifen, die vom Kragen die Arme hinabliefen. Sie band sich das Haar zu einem lockeren Knoten zusammen und bedeutete Skyler, sich ihr wieder anzuschließen.

»Danke, Doktor«, sagte er und ging zu ihr zurück.

Ehe er auch nur ein Wort herausbekam, hob Tania eine Hand. »Wir werden nicht darüber sprechen.«

»Ist nie passiert«, stimmte er zu.

Ihr Blick wanderte wieder zu dem Behälter. »Ich schätze, wir entscheiden lieber, was wir damit anstellen.«

* * *

Eine Stunde später lag das Alien-Objekt auf dem Tisch der Cafeteria, darum herum eine Menschenschar. Jemand hatte sogar ein Spezialmikroskop dabei, dessen Bilder auf ein paar herumgehenden Slates vergrößert dargestellt wurden und denjenigen, die sie musterten, aufgebrachte Kommentare abrangen.

Skyler blieb am Rande der Gruppe. Meist hielt er den Mund, bis auf die paar Mal, wenn sie ihm Fragen stellen. Offenbar war Tania dafür gerügt worden, dass sie beim ersten Objekt, das sie heraufgebracht hatten, keine solche Gelegenheit zur Verfügung gestellt hatte. Durchaus heuchlerisch hatte man sie auch dafür kritisiert, diese Alien-Objekte ohne sorgfältige Dekontaminierungsmaßnahmen an Bord zu lassen. Tania verteidigte sich und Skyler, indem sie erklärte, dass sie es in der Aufregung darüber, das Raumschiff der Erbauer zu erkunden, einfach vergessen hatte.

Es hatte eine Zeit gegeben, in der eine solche Sorglosigkeit nicht so einfach wegerklärt oder überspielt worden wäre. Aber hier, jetzt, da alles auf dem Spiel stand, brachte ihr die Entschuldigung verstreutes Gegrummel und mehr als ein paar mitfühlende Blicke ein.

Etwas zu essen wurde aufgetragen – eine Mischung aus frischem Obst und aufgeschnittenem Gemüse, etwas Hummus und Energieriegel, die vermutlich vom wachsenden Berg mit geborgenen Vorräten in Camp Exodus stammten. Jemand zauberte sogar eine Flasche Cider hervor, die die Stimmung im Raum etwas aufhellte.

Irgendwann kam Ana dazu, auf ihrer Haut glänzte Schweiß. Sie aß etwas, sagte ein paar höfliche Hallos und entschuldigte sich dann von der Forscherversammlung, um einen Ort zu suchen, an dem sie nach ihren Mikrogravitationssperenzchen duschen konnte. Sie war nicht gern unter den Kolonisten, besonders nicht Wissenschaftlern. »Sie behandeln mich wie ein Kuriosum«, hatte sie ihm einmal erklärt. Er konnte es ihr nicht übelnehmen.

Als sie weg war, wandte sich Skyler wieder der Gruppe zu und erwischte Tania dabei, wie sie ihn ansah. Sie schaute zur Seite, als sich ihre Blicke begegneten.

Am späten Abend war die Schar im Raum auf diejenigen geschrumpft, von denen Skyler annahm, dass es die dienstältesten Wissenschaftler der Station waren. Zane Platz kam vorbei, und auch Tim war da und umschwebte Tania wie ein Butler. Seine Zuneigung zu ihr war so offensichtlich. Skyler fand es erheiternd, wenn auch etwas jungenhaft. Irgendwann drückte sie sogar Tims Arm, was Skyler einen unerwarteten eifersüchtigen Stich versetzte.

Eine Pause in der Unterhaltung verschaffte ihm die Gelegenheit, die Frage zu stellen. »Was tun wir damit?«

Genau das hatten sie den ganzen Abend besprochen, aber nie ernst genug, um ihre Schlüsse als Entscheidung zu bezeichnen. Dass Skyler die Frage stellte, diente dazu, die Entscheidung klarzukriegen, und zu seiner Überraschung wandten sie sich alle an Tania.

»Ich denke, wir sollten es rüberbringen und einbauen«, sagte sie.

Ein paar der Anwesenden schüttelten den Kopf. »Augenblick mal«, wandte eine Frau ein. »Dieses Ding hat die Fähigkeit, Subhumane mit einer Art waffenfähiger Rüstung zu überziehen. Ich weiß nicht, wie es euch so geht, aber ich würde gern verstehen, wie das funktioniert.«

Andere brachten ähnliche Meinungen, Einwände, Sorgen zur Sprache. Skyler für seinen Teil hielt Tanias Blick fest. Er erkannte die Entschuldigung darin, und ihr Blick huschte zur Tür und dann wieder zu ihm zurück. »Draußen«, sagte sie tonlos.

Er traf sie in dem gekrümmten Gang, die Geräusche der erregten Menge blieben zurück, als die Tür sich klickend hinter ihnen schloss. Sie standen eine Armlänge voneinander entfernt, zu ihren Füßen dicker roter Teppich. Ein paar neugierige Zuschauer liefen noch umher, die vermutlich hofften, einen Blick auf das Objekt zu erhaschen. Als sie sie bemerkte, ging Tania ein paar Schritte zur Seite.

Skyler folgte ihr. Er musterte die Zuschauer und empfand plötzlich ein überraschendes Prickeln im Nacken.

»Was ist?«, fragte Tania, die seine plötzliche Sorge spürte.

»Nichts. Na ja, nur ein … nach dem, was diese Jenny angestellt hat, finde ich, wir sollten hier und überall, wo Leute Zugang zu einem Vehikel bekommen können, das bis hinaus zum Schlüsselschiff gelangen kann, Wachen aufstellen.«

»Wachen?«

»Ja«, bestätigte er mit gesenkter Stimme. »Auf der anderen Seite dieser Tür liegt ein Brocken Alien-Technologie. Jenny ist vielleicht nicht die einzige verdeckte Jakobiterin hier, die der Verlockung, es sich zu schnappen oder es zu zerstören, nicht widerstehen kann.«

»Ich glaube nicht …«

Er zog sie weiter von den Leuten weg, die im Gang herumschwirrten. »Nehmen wir mal einen Augenblick an, wir sind dazu angehalten, diese fünf Objekte zu finden und einzusetzen, ok?«

»Sieht nach einer realistischen Annahme aus.«

»Gut. Kannst du dir vorstellen, dass wir bei vier aufhören müssen, weil jemand mit dem fünften verschwunden ist und es irgendwo versteckt hat? Oder dass wir es verloren haben? Vielleicht ist es bei einem Experiment kaputtgegangen und auseinandergefallen?«

Mit sichtlichem Argwohn im Gesicht warf Tania einen Blick auf die Leute im Gang. Dann richtete sie den Blick auf den Eingang.

»Ich will dich bestimmt nicht vor jedem Schatten zurückzucken lassen«, sagte Skyler. »Paranoia wird uns jetzt auch nicht helfen. Ich sage nur, ich finde, wir sollten es nicht darauf ankommen lassen. Wenn wir darin übereinstimmen, dass die Aufgabe, die vor uns liegt, das Finden und Einfügen dieser … Schlüssel, oder was auch immer … ist, dann sollten wir das tun und nichts weiter.«

Sie dachte still nach, dann holte sie tief Luft. »Du hast natürlich recht. Gut, ich werden ihnen bis morgen geben, um das Objekt zu studieren, aber ihre Bemühungen auf lediglich passive Methoden beschränken, und ich werde ein paar Wachen suchen.«

»Zwei draußen, zwei drinnen.«

Bei den Implikationen zuckte sie zusammen und nickte.

»Was ist mit dem Schiff?«, frage Skyler. »Wir können keine unautorisierten Besuche in diesem Raum zulassen.«

»Äh, darum müssen wir uns keine Sorgen machen.«

»Nicht?«

»Das Außentor hat sich geschlossen, als Tim uns abholte. Ein paar Wissenschaftler haben versucht, wieder hineinzugelangen und den Ort zu dokumentieren, aber offenbar öffnet es sich nicht, wenn kein ›Schlüssel‹ da ist. Na ja, ein Schlüssel oder ein Immuner, wir sind nicht ganz sicher, was. Vielleicht beides.«

»Interessant.«

»Wir werden früh genug herausfinden, welche Anforderungen bestehen. Ich werde es von einem Team aus Leuten, denen ich vertraue, in« – sie sah auf die Uhr – »zwölf Stunden rüberbringen lassen. Du kannst vom Betriebsraum aus zusehen, wenn du willst.«

Skyler schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich versuche, etwas zu schlafen, und mache mich dann auf, zurück nach Belém. Es gibt viel zu tun.«

Tania nickte. »Na ja, wenn das Tor sich nicht öffnet, brauchen wir dich oder einen deiner Kameraden.«

Er rieb sich über die Stoppel an seinem Kinn. »Einen der anderen vielleicht. Es wäre gut, wenn ich nicht als Einziger diese Erfahrung mache. Vanessa sollte es hinkriegen. Ich kann mich für sie verbürgen, auch wenn du sie mit der Schwerelosigkeit vertraut machen müsstest.«

Falls sein Vorschlag sie enttäuschte, verbarg sie es gut. »Ich bin sicher, sie wird sich großartig machen. Ich treffe die Vorkehrungen.« Sie hielt inne, musterte ihn. »Danke, dass du das gefunden und hergebracht hast.«

»Danke mir, wenn wir alle fünf haben.« Er wandte sich ab. Ein paar Schritte weiter blieb er stehen und drehte sich zu ihr um. »Apropos …«

»Ja?«

»Es gab eine Vibration, die über das Kabel lief, als wir das Ding genommen haben.«

»Wir haben es gespürt«, sagte Tania. »Hat die Station durchgerüttelt. Sie ging sogar bis rauf zu den Farmen. Dasselbe ist passiert, als ihr das Objekt in Irland aufgenommen habt.«

»Es ist auch schon vorher passiert«, sagte er und wartete.

Die Erkenntnis dämmerte ein paar Sekunden später auf ihren Zügen. »Das hatte ich vergessen. Natürlich. Aber das heißt …«

Tanias Blick senkte sich, als sie die möglichen Schlüsse erkannte. Sie öffnete den Mund, dann schloss sie ihn.

»Ruh dich etwas aus«, sagte Skyler. »Wir unterhalten uns morgen wieder.«

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Kapitel 3

Darwin, Australien

23.3.2285

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