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Leo Cars verdient seinen Lebensunterhalt als Auftragskiller, bis sein Boss ihn "entsorgen" will. Angelina Waiters kreuzt "zufällig" seinen Weg ... Die beiden haben dasselbe Ziel ...
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Seitenzahl: 252
Veröffentlichungsjahr: 2020
Sandra Wimmer wurde 1992 in Wien geboren, wo sie heute mit ihrem Bruder lebt. Nach der Matura war sie in verschiedenen Jobs tätig. Seit Frühjahr 2018 veröffentlicht sie Romane unterschiedlichen Genres.
Los Angeles – Jetztzeit.
Knapp vier Millionen Menschen leben in der größten Stadt Kaliforniens. L. A. liegt am Pazifischen Ozean und dem Los Angeles River. Von den 15 Bezirken war der elfte der Größte. Diese Stadt hat so viel zu bieten wie viele andere Großstädte auch: Museen, Theater, Sportveranstaltungen, Universitäten und Industrie. Die Millionenmetropole ist hauptsächlich wegen Hollywood bekannt. Jeder „gute“ Blockbuster kam aus der Glitzerstadt. Aber Hollywood hat viele Schattenseite. Genauso wie jede andere Großstadt der USA.
Mord, Drogenhandel, Prostitution … Und es gibt auch etliche Menschen, die auf Auftrag Morde begehen und dafür bezahlt werden … Auftragskiller …
Leo Cars war einer von ihnen. Einer von vielen Auftragskillern, die ihr Leben im Schatten führten. Aber das war ihm durchaus recht. Leo verabscheute den Kontakt zu vielen Menschen. Überhaupt, weil er beruflich Menschen tötete.
Er war etwa 1,75 Meter groß, schlank, durchtrainiert und hatte blonde Haare. Seine Wohnung war durchschnittlich groß und sein einziger Rückzugsort. Weder sein Auftraggeber noch dessen Gefolgsleute kannten die Adresse. Es war zu Leos Selbstschutz. Er hasste unangemeldete Besucher. Und in seinem Gewerbe konnte das lebensgefährlich sein. So kannte eben niemand seinen Aufenthaltsort. Seine Aufträge bekam Leo immer per SMS. Das war eine der einfachsten Methoden heutzutage. Außerdem musste er seinem Auftraggeber dann nicht direkt ins Gesicht sehen, wenn er die Meldung bekam, wen er jetzt umnieten sollte. Leo ging im wahrsten Sinne des Wortes einem blutigen Gewerbe nach. Allerdings feuerte er meistens bloß eine Patrone ab, je nach Anzahl der Zielobjekte.
Warum Leo Cars, der eigentlich ein friedliebender Mensch war, zum Auftragsmörder geworden war? Da gab es viele Aspekte in seiner Vergangenheit, die man dazu beleuchten musste. Leo tötete nicht einfach nur des Geldes wegen. Er tat es einfach, weil ihm das Leben nichts Besseres bot. Nicht mit dieser Vergangenheit …
Er selbst hatte sein Leben der Rache verschrieben, die er vielleicht nie stillen konnte. Auch Leo Cars hatte seine eigene Geschichte …
Er konnte nicht behaupten, er wäre in dieses Milieu unschuldigerweise hineingerutscht. Das alles hatte sich immerhin schrittweise angekündigt. Ein paar kleinkriminelle Aktionen – Diebstahl, Einbruch, Autodiebstahl … Und eines Tages war Leo eine Schusswaffe in die Hand gedrückt worden. So nach dem Motto: „Du weißt, was du damit zu tun hast.“
Daraufhin begann Leo Cars, seinen Lebensunterhalt als Auftragskiller zu verdienen. Kein schöner Job, aber immerhin hatte er einen Job. Mit seinem Vorstrafenregister wäre es unmöglich gewesen, einen halbwegs akzeptablen Posten zu bekommen. Die Gesellschaft gab dir oft keine zweite Chance.
Leos Wohnung im Erdgeschoß eines Neubaus war einfach eingerichtet. Eine alte, mit Stoff überzogene Couch, die ihm manchmal als Schlafplatz diente. Vor allem in Nächten, in denen ihm das Schlafen schwer fiel. Die Holzmöbel waren rustikal. So viel zum Leben brauchte Leo seiner Meinung nach nicht in seiner Wohnung.
Das Einzige, was wirklich modern war, waren seine verschiedenen Trainingsgeräte. Und natürlich seine Waffen. Seine Waffen kamen nicht zu kurz. Leo kümmerte sich sehr gut um die Instandhaltung. Immerhin brauchte er jede einzelne von ihnen für sein blutiges Handwerk.
Leo hielt sich körperlich eben auch sehr fit. Regelmäßiges Training stand auf dem Tagesprogramm. Überhaupt, weil er immer schnell vom „Tatort“ verschwinden musste. Und jetzt war es Zeit für sein tägliches Training.
Dazu wickelte Leo sich die Bandagen um seine Hände, Handgelenke und Fingerknöchel. Das tat er immer, bevor er mit dem Sandsack trainierte. Dann trat er auf den Sandsack zu und fing an, auf ihn einzuboxen. Vorerst waren es koordinierte, wirklich gezielte Schläge. Aber dann kam Leo jeder einzelne Fall in den Sinn. Jedes Opfer von grausamen Morden. Daraufhin prügelte Leo heftigst auf den Sandsack ein. Er ließ seine ganze aufgestaute Wut und Enttäuschung ab. Den ganzen Hass. Leo Cars war ein Mörder. Das wusste er selbst gut genug. Er wurde dafür bezahlt, um Leute umzubringen. Eine Last, die einem manchmal das Leben zur Hölle machte. Leo war nur froh darüber, dass er den Menschen, die er umbrachte, niemals in die Augen sehen musste, wenn es passierte.
Aber nichts änderte es an diesem Selbsthass. Seine ganze Aggression pumpte er in den Sandsack, bis sein Handy laut piepste. Im nächsten Moment beendete Leo sein Training und ging zum Hocker, wo das Mobiltelefon lag. Er griff danach und öffnete die Nachricht. Ein Ort, eine Uhrzeit und ein Name – mehr enthielt diese SMS nicht.
Leo steckte das Handy in seine Hosentasche und seufzte. Jetzt hatte er zu arbeiten. Rasch wickelte er die Bänder von seinen Händen und warf sie auf einen Hocker. Die Zeit drängte. Leo hatte nur eine Stunde Zeit, um zum verlangten Ort zu kommen. Er zog sich rasch um. Meistens, so wie diesmal, war es nur eine schwarze Hose und ein rotes Rudershirt.
Leo nahm seinen Koffer mit dem eingepackten Gewehr. Er wusste, welche Waffe er heute benötigte. Kurz darauf verließ er seine Wohnung, zog die Tür hinter sich zu und aktivierte die Alarmanlage. In seiner Abwesenheit sollte niemand unbemerkt an seine Wohnung herankommen. Sollte irgendjemand währenddessen in seine Wohnung einbrechen, würde der ausgelöste Alarm sofort auf sein Handy weitergeleitet werden. Und so schnell konnte dieser Einbrecher gar nicht schauen, schon würde er den Lauf von Leos 45er im Nacken spüren.
Aber jetzt machte sich Leo mit seinem harmlos aussehenden Waffenkoffer auf den Weg zum Zielort. Da er die Stadt beinahe bis ins kleinste Detail in seinem Gedächtnis gespeichert hatte, wusste er auch schon, von wo aus er auf sein Objekt schießen würde.
Das Gebäude gegenüber des Grand Prince Hotels stand seit Ewigkeiten leer und war eine baufällige Bruchbude. Dort würde Leo unbemerkt beim Seiteneingang hineinkommen und das richtige Stockwerk für seine Zwecke suchen. Es war der zweite Stock, den Leo brauchte. Von hier aus hatte er den besten Winkel für seinen Schuss.
Leo packte sorgsam sein Scharfschützengewehr aus und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Fünf Minuten vor Angriff, er lag also gut in der Zeit. Mit penibler Genauigkeit richtete Leo die Waffe auf den Eingang des Gebäudes, aus dem sein Zielobjekt in jedem Moment treten sollte. Leo hatte nicht viele Informationen bezüglich seines Zielobjekts. Aber er wusste, wie er aussah. Schließlich war es so weit. Ein groß gewachsener Mann in schwarzem Anzug und dunkelblauer Krawatte trat durch den Eingang nach draußen. Links und rechts seine Bodyguards, die ihm jetzt jedoch nichts nützen sollten. Der bärtige Mann blieb stehen und sah sich kurz suchend um. Sein Wagen samt Chauffeur war noch nicht vorgefahren. Leo richtete das Fadenkreuz ganz genau aus und drückte dann ab. Ein einziges Projektil durchbohrte die Brust seines Ziels. Der Mann ging sofort tot zu Boden und löste Schrecken unter den wenigen Passanten aus. Aber diese Menschen standen nicht auf Leos Liste. Ebenso wenig wie die beiden Bodyguards, die jetzt völlig durch den Wind waren und versuchten, den Schützen zu lokalisieren. Das gelang ihnen aber nicht.
Genauso unbemerkt, wie Leo immer auftauchte, so verschwand er auch wieder. Nie wusste jemand, wer diese tödliche Kugel abgefeuert hatte. Abgesehen davon hinterließ Leo nicht die geringsten Spuren. Rasch schoss er mit seinem Handy ein Foto von dem soeben Ermordeten. Der Beweis, den sein Auftraggeber nach jedem Mord haben wollte.
Danach schlüpfte Leo rasch in einen Kapuzensweater und zog die Lederjacke über. So ging er unerkannt das Treppenhaus hinunter, in die Seitengasse und stieg wieder auf seine Maschine. Niemand nahm Notiz von ihm. Niemand schenkte ihm auch nur die geringste Beachtung.
Leo fuhr, wie hunderttausende andere, die in Los Angeles lebten, einfach mit seinem Motorrad aus der Seitengasse und bog auf die Hauptstraße ein. Vor dem Hotel herrschte heller Aufruhr. Die Bodyguards des Typen waren hektisch, beinahe nervlich fertig. Unter ihrer Aufsicht wurde er getötet … Sie hatten versagt … Schaulustige drängten sich um den Tatort. Touristen knipsten Fotos von der Leiche. Einer der Bodyguards verständigte den Notruf. Aber das war überflüssig. Ihr Chef war tot.
Leo sah die ganze Szenerie nur für einen Sekundenbruchteil, als er am Hotel vorbeifuhr. Kein Arzt hätte diesen Mann mehr zurück ins Leben holen können. Leos Schüsse waren immer absolut tödlich.
Leo interessierte der Trubel herzlich wenig. Es war nicht sein erster Auftragsmord. Es war immer das Gleiche. Irritierte, verstörte Menschen, nervige Touristen, die unbedingt ein Mordopfer fotografieren wollten, wenn sie schon in den USA waren.
Leo fuhr nach getaner Arbeit einfach nach Hause. Er hatte nicht vor, sein Leben lang so weiterzumachen wie jetzt. Irgendwann war er für diesen „Job“ zu alt. Oder er würde dieses Alter gar nicht erreichen. Leo war sogar davon überzeugt, nicht in Rente gehen zu müssen, da ihn irgendwann irgendjemand für viel Geld beseitigen würde, weil er eine unnötige Belastung geworden war.
Zu Hause angekommen, zog Leo die beiden Schichten wieder aus und warf sie einfach auf seine Couchlehne. Seinen Waffenkoffer verstaute er an seinem üblichen Platz. Dann setzte er sich für einen kurzen Moment.
Leo stand kurz darauf wieder von seiner Couch auf, ging schnurstracks in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Sehr viel hatte er nie zu Hause, nur das Allernötigste. Somit fiel Leos karge Auswahl auf ein Cabanossi. Auf das Brot verzichtete er mal wieder und biss einfach hinein. Kauend ging Leo zu seinem Schreibtisch und klappte den Laptop auf, den er alle heiligen Zeiten mal benutzte. Während der Laptop hochfuhr, zückte Leo sein Handy aus der Hosentasche und steckte die Kabeln an die Geräte. Innerhalb einer halben Minute war das Foto vom Tatort auf seinem Laptop und erschien groß auf dem Bildschirm. Wieder einer mehr auf Leos „Todesliste“.
Leo hatte irgendwann mal aufgehört, mitzuzählen, wie viele Menschen er gegen Geld schon ermordet hatte. Das, was er jetzt tat, war etliche Male schlimmer als das, was er in seiner Jugend getan hatte. So ein verdammter, unwichtiger Kleinkrimineller … Mit 17 war Leo im Gefängnis. Zwei Jahre für schweren Autodiebstahl. Bis heute verstand er nicht, was „schwerer Autodiebstahl“ überhaupt bedeutete … Er hatte damals niemanden verletzt oder umgebracht …
Heute war das anders. Leo wusste, wenn er heute für nur EINEN seiner Morde gefasst werden würde, und auch verurteilt, würde er mit Garantie die Todesstrafe kassieren. So, was er wusste, war der Aufenthalt in der Todeszelle ziemlich variabel. Manche Todesurteile wurden sofort vollstreckt, andere Mörder „warteten“ 20, 30 Jahre auf ihre Hinrichtung.
Leo wusste nur zu gut, dass er hingerichtet werden würde. Entweder Giftinjektion oder Gas … So war es derzeit in Kalifornien. Allerdings wurde seit 2006 keine Todesstrafe mehr vollstreckt. Das ließ Leo wieder zu der Überlegung kommen, dass er bei einer Verurteilung womöglich JAHRZEHNTE im Todestrakt verbrachte …
Die Todesstrafe war etwas, über das Leo hin und wieder nachdachte. Auf einer Seite fand er es menschlich verwerflich, einen zum Tode Verurteilten 30 Jahre lang in der Zelle schmoren zu lassen, ohne zu wissen, wann seine Hinrichtung letztendlich stattfinden würde. Auf der anderen Seite verstand Leo es durchaus, einen Straftäter zum Tod zu verurteilen. Und ihm war auch bewusst, dass er einer dieser Todestrakt-Kandidaten war … Er war einfach ein Mörder … Gegen Bezahlung, was manche Menschen als noch schlimmer erachteten.
Aufgrund der Tatsache, dass Leo Auftragskiller war, hatte er sich eine Zeit lang vor allem mit US-amerikanischen Serienmördern beschäftigt. Die Abartigsten davon gab es, seiner Meinung nach, einfach in den USA. Ed Gein, John Wayne Gacy, Ted Bundy, Jeffrey Dahmer … JEDE Wikipedia-Biografie hatte Leo in seinen vielen einsamen Nächten gelesen. Er hatte versucht, diese „Menschen“ zu analysieren. Viele der Serienmörder hatten schwere psychische Erkrankungen. Egal ob es von Geburt, durch die Umwelt, von Misshandlungen in der Kindheit waren … Die Meisten waren einfach psychisch krank.
Leos Meinung nach war eine psychische Erkrankung aber keine Rechtfertigung dafür, Frauen, Männer, Kinder zu foltern, zu misshandeln, sexuell zu missbrauchen … Und letztlich auch auf bestialische Art und Weise zu ermorden.
Im Gegensatz zu diesen „Menschen“ sah Leo sich noch als eine Art Heiliger. Er tötete zwar, aber er tötete mit einem Schuss. Diese Kugel war tödlich. Mehr nicht. Keine Abartigkeiten, keine Nekrophilie, keine sadistischen Neigungen … Leo tötete nur. Manchmal dachte er sich das Wort LEIDER.
Eine Zeit lang hatten Leo diese ganze nächtliche, einsame Recherche und Analyse der Gedanken eines perversen Serienmörders fast verrückt gemacht. Mittlerweile hatte er ein Ventil, für ihn eine Art Notfallplan, wenn er wieder anfing, darüber nachzudenken. Sport. Sport, Sport, Sport. Wenn Leo so richtig ausgepowert war, dachte er einfach nicht mehr über solche Dinge nach. Und eigentlich wollte er über so etwas gar nicht mehr nachdenken.
Heute war Leo 33 Jahre alt. 33 Jahre … Eine Kindheit, die ihn irgendwann einfach nur in die Scheiße reiten hatte müssen, eine Jugend, in der er auf die Schule geschissen und stattdessen Tankstellen und kleine Lebensmittelläden überfallen hatte … Es gab selten Phasen, in denen Leo einfach nur auf seiner Couch lag, an die Zimmerdecke starrte und über sein Leben nachdachte. Wenn er alles seit seiner Geburt zusammenreihte, wunderte es ihn gar nicht, warum er heute Auftragsmörder war …
Heute, wo Leo eben 33 Jahre alt war … 33 Jahre … Die meisten Männer in seinem Alter waren in der Blüte ihres Lebens. Verheiratet, mit ein oder zwei kleinen Kindern, mit einem Job, der halbwegs angesehen war, vielleicht auch mit einem eigenen Haus mit Garten, in dem die Kinder herumtoben können …
Leo hatte das Gefühl, sein Leben überhaupt nicht im Griff zu haben. Was machte er eigentlich mit seinem Leben? Töten. Ja, das tat er. Und Pläne schmieden, wenn er irgendwann, wenn er wirklich genug Geld verdient hatte, die USA zu verlassen. Mexiko, Peru, Kanada … Das alles hatte Leo schon in Erwägung gezogen. Andererseits dachte er sich dann immer, dass er inzwischen seit 13 Jahren gegen Geld Menschen tötete, die jemandem im Weg waren …
Bei solchen Überlegungen dachte Leo auch darüber nach, wie es wäre, seine alten Schulkameraden wiederzusehen. Heute. Heute, wo er seinen Lebensunterhalt mit Morden verdiente. All die Jungs, die heute eben Männer waren, die ihn immer drangsaliert hatten. Die ihn im Endeffekt auch zu dem gemacht hatten, was er heute war. Sie hatten ihren Beitrag geleistet.
Leos Schulzeit war die Hölle gewesen. Ein Internat, weil seine Mutter ihn nicht mehr zu Hause behalten konnte. Sie war damals ihrem ständig besoffenen Freund hörig, der ihren Sohn nicht dahaben wollte. Vielleicht war das Internat dann doch besser. Von diesem Scheißkerl in der mütterlichen Wohnung hatte er sowieso nur Schläge und Tritte kassiert.
Damals war Leo erst sieben Jahre alt gewesen. Ein sehr kleiner, dünner, schmächtiger Junge. Ein Junge, der nicht viel sprach, der sehr verschlossen war. Und Leo war mit seinen sieben Jahren ein verdammt leichtes Ziel für sämtliche Schikanen seiner Mitschüler gewesen. Nicht nur einmal steckte Leo mit dem Kopf in einer Kloschüssel … Aber er hatte sich verändert. Heute würde er diesen ganzen Wanzen wahrscheinlich eine Kugel in den Sack blasen, damit sie endlich mal kapierten, was LEIDEN bedeutete.
An diesem Tag, nach dem Mord vor dem Hotel, war Leo wieder in seine Gedankenwelt abgedriftet. In seine Kindheit, in seine Jugend, an seinen ersten Job als Auftragskiller …
„Scheiße!“, sagte Leo plötzlich zu sich selbst.
Er wollte es einfach nicht. Er wollte nicht über all diese vergangenen Ereignisse und Erlebnisse nachdenken. Damals hatten sie Leo viel zu viel Kraft gekostet. Heute war er ein gestandener Mann … Und ein Mörder …
Leo hatte sich dabei ertappt, dass er minutenlang auf den Bildschirm starrte und nachdachte. Das war das Letzte, was er nach einem erfolgreichen Auftrag tun wollte. Schnell fing Leo sich wieder und druckte das Beweisfoto aus. Seiner Meinung nach war er viel zu lange in Gedanken gewesen. Das tut dir nicht gut, sagte Leo sich in Gedanken. So gut kannte er sich schließlich schon.
Um sich gut abzulenken, packte Leo das ausgedruckte Foto sofort in die geheime Tasche am Rücken seiner Motorradjacke und schaltete danach rasch den Laptop aus. Das Foto des Ermordeten löschte er im nächsten Moment von seinem Handy.
Leo arbeitete so, dass er keine Spuren hinterließ. Bis jetzt hatte es jedenfalls funktioniert.
Danach startete Leo eine weitere Trainingseinheit. Genau SO konnte er sich immer am besten ablenken. Vor allem von dem, womit er sein Geld verdiente. Somit malträtierte Leo seinen Körper für die nächsten zwei Stunden auf dem Laufband. Er hatte ein gleichmäßiges Tempo. Schmerzen in den Beinen kannte er gar nicht mehr. Aber auf dem Laufband konnte Leo sein Gehirn praktisch abschalten. Er lief einfach nur.
Zwei Stunden auf dem Laufband waren aber genug, also schaltete er das Gerät ab und stieg runter. Danach kam der zweite Teil dran. Natürlich war es wieder der Sandsack. Leo wickelte sich, wie am Morgen, die Bandagen um die Hände und Handgelenke und drosch wie verrückt auf den Sandsack ein. Dabei schwitzte er wie ein Schwein.
Kurz vor 20 Uhr beendete Leo seine zweite tägliche Trainingseinheit am Sandsack, ging rasch kalt duschen und zog sich was Frisches an. Jetzt musste er sich auf den Weg machen. Sein Auftraggeber wollte ihn heute sehen, weil ein Mord ausgeführt worden war.
Nach dem raschen Umziehen machte sich Leo also auf seinem Motorrad auf den Weg. Er wusste, wo er heute hinmusste. Auch der Treffpunkt war immer derselbe. Es war das Bordell Flying Bird im zehnten Bezirk. Leo hielt teilweise nicht viel von Bordellen. Er kam mit der Tatsache nicht klar, dass Frauen ihren Körper verkauften. Immer wieder, wenn er ins Flying Bird musste, dachte er daran, dass jeder dieser Typen, die mit einer Nutte vögeln wollten, eine Mutter hatte, vielleicht eine Schwester, vielleicht Töchter … Andererseits: Leo kannte sein Leben gut genug. In dem Leben, das er führte, war kein Platz für eine anständige Frau. Ab und zu, aber NUR ab und zu, wenn die Lust zu deutlich durchkam und er jeden Tag masturbierte, wusste er, dass er auch SO eine Frau brauchte. Aber Leo war nicht der Typ Mann, der einfach zu einer Prostituierten in einem Bordell ging und fragte: „Ficken?“
Leo unterhielt sich manchmal stundenlang mit diesen Frauen. Erfuhr über ihre Kindheit, woher sie eigentlich stammten, warum sie jetzt DAS taten … Jede Frau, die er bisher in einem Bordell flachgelegt hatte, hatte er auf eine gewisse Art und Weise auch gemocht. Er genoss die Gespräche mit diesen Frauen. Denn Leo Cars hatte keine Freunde.
So genoss er die zwei oder drei Stunden dauernden Gespräche mit Prostituierten, die seiner Meinung nach freundlichere und liebenswertere Menschen waren als das nette Rentnerpaar von nebenan. Leo hatte eine gute Menschenkenntnis. Und die brach jedes Mal sehr deutlich hervor, wenn er sich mit Damen aus diesem Gewerbe unterhielt. Allerdings musste Leo AUCH diesen Frauen etwas vorlügen. Die Frage: „Was machst du beruflich?“ war in seinen Erlebnissen fast so häufig wie die Frage: „Mit oder ohne Kondom?“
Leo belog diese Frauen. Immer. Wem konnte man schon anvertrauen, dass man Auftragskiller war? Würde er EIN MAL zu einer dieser Ladies sagen: „Du, ich verdiene mein Geld damit, dass ich auf Auftrag Menschen ermorde“, wäre er noch in der selben Nacht festgenommen oder in die Psychiatrie eingewiesen.
Also log er. Leo hatte insgeheim das bedrückende Gefühl, dass er schon den Großteil seines Lebens alle Leute belog. Niemand fragte, wie er sein Geld verdiente. Freunde? Hatte er nicht. Familie? Gab es keine.
Auch, wenn Leo Auftragsmörder war, war er doch auch ein Mensch. Ein sehr einfühlsamer Mensch, wenn man ihn gut kannte. Aber auf der anderen Seite – war er ein kaltblütiger Mörder.
Diese ganzen Dinge gingen Leo durch den Kopf, als er auf seinem Motorrad saß und die Straßen entlangbrauste. Das Ziel war eben das Flying Bird. Dieses Bordell ging ziemlich gut. Alec Dear hatte es geschafft, wirklich erstklassige Frauen in diesem „Betrieb“ unterzubringen. Keine heruntergekommen Süchtler. Diese Frauen hatten einfach Stil. Für ihre Verhältnisse.
Auch mit vielen im Flying Bird hatte sich Leo schon stundenlang unterhalten. Was er leider feststellen musste: Etwa 60 Prozent der Damen waren wirklich gebildet. Highschool-Abschluss mit beeindruckenden Noten, karitatives Engagement, angefangen zu studieren …
Ein Erlebnis im Flying Bird, vor drei Jahren, da hatte Leo gerade einen Typen von der Wall Street abgeknallt und das Beweisfoto gebracht, blieb er danach noch im Bordell. Er setzte sich damals einfach an die Bar und bestellte sich ein Bier. Eine verdammt scharfe Rothaarige gesellte sich zu ihm und fing ein Gespräch an. DIESE Frau hatte einen College-Abschluss in Mathematik! Und genau DIESE Frau wurde Prostituierte! Leo fragte sich in dem Augenblick damals, was in der Welt schief lief. Mit dieser Dame hatte er gut vier Stunden NUR geredet. Aber zu späteren Stunde und nach ein paar vielen alkoholischen Getränken hatte Leo sich doch noch mit ihr in einem Zimmer vergnügt.
Bei diesen Gedanken auf der Fahrt fragte er sich, ob DIESE Rothaarige noch immer im Flying Bird arbeitete.
Gegenüber von diesem Bordell war eine Seitengasse, in die Leo fuhr und seine Maschine abstellte. Seinen Helm nahm er nach dem Absteigen gleich ab und atmete erst mal tief durch. Dann klemmte er sich den Motorradhelm unter den Arm und überquerte die Straße. Das grelle Neonschild über dem Eingang des Flying Bird blendete ihn jedes Mal.
Unmittelbar neben dem Eingang des Bordells saß immer derselbe Obdachlose. Leo kannte den alten Mann sogar schon per Namen. Seit er auf der Straße war, wurde dieser einfach nur Buddy genannt. Nach jedem erfüllten Auftrag steckte Leo ihm 20 Dollar zu, so auch heute.
„Hi, Leo-Boy“, sagte Buddy, der auf seiner zerfransten Stoffdecke saß.
„Hey, Buddy“, erwiderte Leo und gab ihm sogleich die 20-Dollar-Note in die Hand.
„Danke dir!“, kam begeistert von Buddy und er zog dabei sogar seinen Hut.
„Immer wieder gern“, bekam er zu hören.
Im nächsten Atemzug stieg Leo bereits die zwei Stufen zum Eingang des Bordells hinauf. Die Tür öffnete er ohne Probleme, denn im Flying Bird wurde erst IM Betrieb kontrolliert.
So stand Leo, wie schon unzählige Male zuvor, vor den beiden Kanten von Türstehern. Allerdings musste er sich nicht die übliche Ausweiskontrolle antun. Die beiden kannten ihn schon.
„Ah, hi, Leo“, sagte einer von ihnen.
Der Zweite fügte nur hinzu: „Geh ruhig rein. Deinen Ausweis brauchen wir nicht.“
„Danke“, sagte Leo und ging durch die zweite Tür.
Nach der zweiten Tür war man so RICHTIG im Bordell.
Leo kannte nur einen der Leute, für die er mordete, namentlich. Und das war Alec Dear. Ein eher schmieriger Zeitgenosse, der in seinen frühen 20ern als Callboy gearbeitet hatte. Leo wusste, dass seine Kunden weiblich als auch männlich gewesen waren. Aber das interessierte ihn eigentlich herzlich wenig. Dear zahlte viel Geld für erledigte Aufträge. Eigentlich war Alec Dear ein unguter Kerl. Leo mochte ihn nicht besonders, aber er bezahlte. Jeden seiner Aufträge bekam Leo von Alec Dear.
Und da jetzt ein Auftrag erledigt war, musste er zu ihm. Viel reden brauchte Leo dabei nicht. Es genügte, wenn er ihm das Foto gab. Alec wollte nämlich immer genau wissen, ob das Zielobjekt WIRKLICH tot war. Leos Vorgänger hatte seinen Boss wohl öfter gelinkt. Die Person nicht kalt gestellt, aber trotzdem den Batzen Kohle kassiert.
Kaum hatte Leo fünf Schritte in den Raum gemacht, kam schon eine junge, verdammt scharfe Frau zu ihm. Ihr glattes, rotes Haar hing ihr beinahe wie eine Perücke auf die Schultern. Sie berührte Leo an Rücken und Oberarm. Er ließ sich das einfach gefallen, weil er ohnehin kaum Zärtlichkeit bekam.
„Na, du starker Mann“, begann sie mit ihrer sanften, verführerischen Stimme. „Wollen wir uns in ein Separee setzen?“
„Ich bin geschäftlich hier“, antwortete Leo kühl. „Aber wenn das erledigt ist, können wir uns gern auf ein Getränk zusammensetzen.“
„Bist du etwa schwul?“, fragte die Fremde ganz direkt.
Leo konnte den Lachanfall kaum unterdrücken. Er lächelte heftig und antwortete: „Nein. Ich bin nicht schwul … Aber eine Dame wie dich kann man doch zuerst auf ein Gläschen Champagner einladen, bevor es ordinär wird.“
Die junge Prostituierte lächelte begeistert. Sie schien richtig bei seinen Worten dahinzuschmelzen. Solche Männer wie Leo Cars gab es in diesem Betrieb relativ selten.
„In Ordnung, Schnuckel“, sagte sie in freudiger Erwartung. „Wenn du mich nicht findest, frag einfach nach Eve.“
„Werde ich machen“, versprach Leo und ging quer durch das Untergeschoß.
Er wusste sogar im Schlaf, wo Alec Dears Büro in diesem Schuppen war. Leo klopfte an die Tür, auf der fett PRIVAT stand, und öffnete, nachdem das „Herein“ aus Dears Mund kam.
Leo trat rasch ein und schloss die Tür hinter sich fast geräuschlos.
„Hast du es getan?“, fragte Alec nur, der hinter seinem Schreibtisch saß.
„Job erledigt“, teilte Leo ihm mit und warf ihm das ausgedruckte Beweisfoto auf den Tisch.
„Hervorragend“, antwortete Alec. „Gute Arbeit.“
„Meine Bezahlung?“, fragte er.
„In dem Koffer“, sagte er und zeigte dabei darauf.
Leo ging unter den wachsamen Augen von Dears Mitarbeitern zu dem Tisch rüber, womit er ihm den Rücken zugewandt hatte. Er legte den besagten Koffer hin und öffnete ihn. Sicherheitshalber zählte Leo nach.
„Traust du mir etwa nicht?“, fragte Alec mit gespieltem Entsetzen.
„Ist eine alte Gewohnheit“, antwortete er, ohne sich aus der Konzentration bringen zu lassen. Die Geldsumme in diesem Koffer stimmte mit ihrem Deal überein. Leo war mehr oder weniger zufrieden. Mit der Bezahlung schon, mit seinem Job nicht.
Leo schloss den Koffer wieder und ging damit zu Mr. Dear zurück. Er blieb ganz knapp vor dessen Schreibtisch stehen und sah zu ihm hinunter.
„Sonst noch was?“
„Ja. Morgen Nachmittag will dich mein Boss sprechen“, sagte Dear. „Also sei gefälligst pünktlich!“
„Bin ich immer“, erwiderte Leo kühl.
„Wäre auch besser für dich“, fügte er noch hinzu. „Ort und Zeit erfährst du noch.“
„Ist gut.“
Leo hatte sich jedoch schon umgewandt und verließ das Büro. Das Treffen mit dem Big Boss lag ihm bereits jetzt im Magen. Er brauchte dringend irgendeine Ablenkung. Gleich wieder nach Hause zu fahren und bis zur Erschöpfung weiter zu trainieren, stand nicht zur Auswahl. Er musste etwas anderes tun.
Leo wollte sich nicht die Mühe machen und nach der jungen Dame suchen, die ihn beim Eintreten angesprochen hatte. Also stellte er sich einfach an die Bar und sagte: „Ein Bier, bitte.“
Die mütterlich wirkende Bardame Rachel sagte nur: „Ah, Leo. Wieder mal hier? Aber gern kriegst du ein Bier.“
„Danke.“
Leo stellte den Koffer zwischen seinen Beinen ab, setzte sich auf einen freien Barhocker und holte seine Zigarettenpackung hervor. Nach einem erledigten Auftrag brauchte er IMMER eine Zigarette. Ein kühles Bier und eine Zigarette – das war für Leo die Entspannung pur, nachdem er am selben Tag einen völlig fremden Menschen ermordet hatte.
So rauchte er sich seine Zigarette eben an. Schon beim ersten Zug stellte Rachel ihm das Bier auf die Theke.
„Danke“, sagte Leo zwischen dem Rauchausblasen.
„Nicht der Rede wert, Schätzchen“, erwiderte Rachel.
„5,20, oder?“, fragte er und holte schon seine Brieftasche hervor.
Rachel lächelte aber und sagte: „Geht aufs Haus.“
„Was?“, fragte er perplex.
„Ja“, antwortete Rachel mit einem NOCH mütterlicheren Strahlen. „Du wurdest eingeladen.“
Leo brauchte nicht zu überlegen, um zu wissen, WER ihn eingeladen hatte. Es war sicher diese mysteriöse Eve.
„Rachel“, sagte er und beugte sich ein wenig weiter über die Theke, weil die Musik so laut war. „Wo ist Eve?“
Wissend, worum es ging, lächelte Rachel noch mehr.
„Eve hat gerade einen Kunden“, erläuterte sie. „Aber wenn sie fertig ist, holt sie sich bei mir einen Schnaps.“
„Wieso?“
„Dieser Typ ist einfach ein verdammter Wichser“, sagte Rachel ganz unverblümt. „Ziemlich grob.“
Rachel Hastings … Leo kannte diese Frau schon seit seiner Kindheit … Früher, als er noch sehr klein war, hatte immer Rachels Tochter Stella auf ihn aufgepasst, wenn seine Mutter arbeiten musste …
Leo wusste daher, dass es noch dauern würde, bis Eve ihren Kunden „abgefertigt“ hatte. Das Gewerbe der bezahlten Liebe war ihm nicht fremd. Auf eine gewisse Art und Weise war es Leo LEIDER überhaupt nicht fremd. Den Großteil seiner frühesten Kindheit hatte er in solchen Etablissements verbracht …
Leo war in Gedanken, als er sein Bier trank. Er dachte über sein Leben nach. Darüber, welchen Sinn es hatte … Und was er tat … Daraufhin verfiel Leo in eine depressive Stimmung und trank sein Bier innerhalb von zehn Minuten leer.
Er stellte es auf die Theke und brauchte nur kurz aufzuzeigen. Rachel nickte und zapfte ihm ein weiteres Bier. Dieses bezahlte er aber und nahm gleich einen ordentlichen Schluck. Leo wusste, dass er nicht nachdenken sollte. Es bereitete ihm nur Unbehagen. Und dann würde wieder sein Selbsthass aufkommen …
Als Leo bei der Hälfte seines zweiten Bieres war, kam Eve schnurstracks auf die Bar zu. Sie hatte ihn schon von der Treppe aus gesehen. Und nach ihrem ersten Gespräch war es so was von klar, dass Eve sofort auf ihn zusteuern würde. Sie kam an die Bar und sagte sanft: „Hi.“
„Hi“, erwiderte Leo und nahm einen Schluck von seinem Krügel. „Arbeit erledigt?“
„Fürs Erste ja“, bestätigte Eve und setzte sich neben ihn auf den freien Barhocker.
„Darf ich dich auf ein Getränk einladen?“, fragte er.
„Gern“, antwortete sie lächelnd.
In der Zwischenzeit servierte Rachel das Gläschen Schnaps, das Eve sofort trank.
Die junge Frau hatte leider MEHR Erfahrungen mit unguten Typen als mit so einem wie Leo Cars. Meistens wurde sie nur auf ein Getränk eingeladen, wenn sie danach mit dem Mann ins Bett ging. Und diese waren meist grob und wollten wegen der vorhergegangenen Einladung auf einen Drink nicht den üblichen Preis bezahlen. Eve hasste ihren „Job“ manchmal sehr. Überhaupt dann, wenn es sich um ekelhafte Kunden handelte. Und überhaupt dann, wenn sie von diesen Männern geschlagen wurde. Oder auch beim Sex gewürgt wurde …
Leo war da anders. Er war einfach ein angenehmer Zeitgenosse, obwohl Eve ihn heute erst zum ersten Mal sah. Aber sie hatte sofort bemerkt, dass er anders war. Sympathie auf beiden Seiten.
Leo riss sie mit seiner Frage aus ihren Gedanken: „Was möchtest du trinken?“
„Einen Caipirinhia, wenn das okay ist“, antwortete Eve.
Natürlich wusste sie, dass hier die Cocktails um einiges teurer waren als alle anderen Getränke.
„Kein Problem“, erwiderte Leo und deutete Rachel.
Diese kam sofort zu ihnen und fragte: „Bitte?“
„Einen Caipirinhia für Eve auf meine Rechnung“, bestellte Leo.
„Gern“, erwiderte Rachel und bereitete den Cocktail zu.
Eine ganze Weile saßen Leo und Eve bei ihren Getränken beisammen und unterhielten sich blendend. Er musste feststellen, dass Eve eine intelligente junge Frau war, die sich ganz bestimmt in der Welt behaupten konnte und nicht ihr Leben lang als Nutte ihr Geld verdienen musste. Leo mochte kluge Frauen sehr.
„Eve, warum tust du das?“, fragte er ganz direkt.
„Was?“, fragte sie wie ein Unschuldslamm. Oder sie stellte sich dumm.
„Warum verkaufst du dich?“
Darauf wusste sie nicht so richtig eine Antwort. Deswegen druckste sie herum. So lange, bis Leo sagte: „Egal. Ist deine Sache.“
Da konnte Eve auch nichts sagen. Außer …
„Wollen wir in ein Zimmer gehen?“
Leos Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, die er meistens, außer JETZT, mit sich trug: „Gern.“
„Sehr schön“, sagte Eve strahlend und umfasste sanft seinen Oberarm.
Rachel warf noch einen wachsamen Blick auf Leo und Eve. Sie wusste, dass die Kleine ihn mochte. Und sie wusste, dass Leo sie auch gern hatte. Ganz gleich, womit Eve ihr Geld verdiente.
Also ging Leo mit Eve ins Obergeschoß, wo die „Schlafzimmer“ waren. Eve war noch immer bei ihm untergehakt, in der anderen Hand trug Leo den Koffer. Als sie die letzte Stufe passierten, beugte Eve sich zu seinem Ohr und sagte mit gesenkter Stimme: „Ich mach’s dir auch billiger.“
Leo antwortete darauf nicht, sondern ließ sich einfach von Eve in ein freies „Gästezimmer“ führen. Dort angekommen, schloss sie die Tür ab und Leo stellte den Koffer unter die Kommode an der Wand.
„Setz dich“, sagte Eve sanft.
Leo gehorchte und setzte sich auf das Bett. Er schlüpfte aus seinen Schuhen und legte sich nun richtig in die Mitte des Bettes. Das war um einiges bequemer. Eve zog ihr knappes Kleid sofort aus und ließ es auf den nächstbesten Stuhl gleiten. Somit stand sie nur noch in ihren äußerst aufreizenden schwarzen Dessous vor ihm.
„Gefällt dir, was du siehst?“, fragte Eve schmunzelnd und präsentierte dabei in neckischer Pose ihren Körper.
„Wem nicht?“, erwiderte Leo.
„Willst du dir das Shirt selbst ausziehen oder soll ich das für dich übernehmen?“
„Wie du willst.“
Also setzte Eve sich zu ihm aufs Bett und zog ihm rasch das Oberteil aus. Einen Moment lang blieb ihr Blick auf seinem durchtrainierten Oberkörper hängen. Eve gefiel sehr, wie dieser Mann gebaut war.
„Du trainierst viel, hab ich recht?“, fragte sie schmeichelnd.
„Ja“, bestätigte Leo.
„JETZT darfst du dich aber entspannen“, fand sie und schob ihn weiter in die Kissen.
Leo lag nun flach auf dem Rücken und ließ die junge Frau einfach machen. Mit geübten Fingern öffnete Eve ihm Gürtel, Knopf und Reißverschluss. Keine Minute später hatte sie ihm die Hose weit genug runtergezogen, um ein bisschen mehr Spielraum zu haben. Eve streichelte seine Männlichkeit über der Unterhose und spürte, wie sich diese allmählich verhärtete. Es war angenehm, aber ohne wirkliche Gefühle.