Killer Stories - P. J. Mulder - E-Book

Killer Stories E-Book

P. J. Mulder

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Beschreibung

Killer Stories - Wolf Unger Short Thrills Sieben Short Thrills. Packende, sprachlich virtuose Schilderung von P.J. Mulders getriebenen Figuren. Hammerhart, lakonisch, schwarzhumorig, heftig. Mit Wolf Unger, cool und sexsüchtig. dem schwärzesten Ermittler des Thriller-Genres. Auf Mallorca wird eine Industrie-Spionin enttarnt. In New York schützt er eine Kollegin, die ins Visier eines Serienmörders geraten ist. Unger taucht in die Frank- furter Schickimicki-Club- und Drogenszene ein, um einen als Suizid kaschierten Mord aufzuklären. Auf Long Island ermittelt er gegen einen ranghohen Ex-Bullen, der seine reiche Ehefrau ermorden ließ. In einer Frankfurter Bar sucht sich ein Erpresser seine Opfer unter einsamen Singlefrauen. Unger setzt dem Treiben ein Ende. Im Hin- terland der Côte d'Azur treibt er für eine berühmte Jazzsängerin auf sehr eigene Art und Weise eine Millionengage ein. Im Frankfurter Westend lauert ein Sniper auf den finalen Schuss auf eine Zeugin. Unger ist schneller.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Für Susanne und Nina.

INHALT

Hannah

Augustmörder

Quitt

Korrupt

Frankfort Special

Helen

Sniper

HANNAH

1

„Schon mal bemerkt, dass man ab und zu vor jemandem steht, dem man besser nicht blöd kommt? So einer bin ich.“ Clint Eastwood als Walt Kowalski in „Gran Torino.“

MITTWOCH

Sieben Uhr dreißig. Sein stahlblauer Sharkskin-Koffer gehört zu den ersten Gepäckstücken, die aufs Band rollen. Unter gleichaussehenden, meist schwarzen, schäbigen und vollgepfropften Taschen und Koffer, sticht sein Reisegepäck hervor. Wie ein Top-Model, das sich auf den Catwalk einer dieser unsäglichen Castings-Shows, diesem Sumpf aus unterem Mittelmaß, Peinlichkeiten, Nichtigkeiten und Belanglosigkeiten verirrt hat. Nur ungern hatte er sich von seiner mit edler Patina überzogenen und handgefertigten Reisetasche aus Pferdeleder getrennt. Wolf Unger musste sich schließlich eingestehen, dass ein leichter Rollenkoffer praktischer zu packen und leichter zu transportieren ist.

Er rollt den Koffer durch die Ankunftshalle des Aeroport de Son Sant Joan, dem Flughafen von Palma de Mallorca, überquert den Vorplatz mit wartenden Bussen und Taxis und setzt sich vor das Parkhauscafé gegenüber. Um ihre Klimaanlagen auf Trab zu halten, brummen einige Busse im Leerlauf, Abgase verpesten die Luft. Noch ist es angenehm kühl. Keine Wolke am Himmel. Es verspricht ein heißer Septembertag zu werden.

Nach zwei Café Solo und einer köstlichen Ensaïmada de Mallorca fühlt er sich soweit gestärkt, sich in die Schlange der Wartenden vor dem Taxistand einzureihen. Kein Mietwagen und niemand, der ihn abholt. Er ist frei. Jedenfalls vorläufig. Noch kann er tun und lassen was er will. Irgendjemand weist ihm ein Taxi zu.

„Bon dia, Señor!“, begrüßt ihn der Fahrer und verstaut den Koffer.

„Hola! Ciudad Jardín, Carrer Illa de Malta número doce, por favor!“ Unger macht es sich auf dem Rücksitz bequem und streckt die Beine aus.

„Alles klar. Sind nur fünfzehn Minuten von hier“, entgegnet der Fahrer in fast perfektem Deutsch mit rheinischem Akzent.

Wie zum Geier hat der Typ erkannt, dass ich Deutscher bin? Das fragt sich Unger. Ihm wird endgültig klar, dass er auf der liebsten Ferieninsel der Deutschen angekommen ist. Wahrscheinlich, überlegt er, haben die Mallorquiner seit der Eroberung durch Jakob den Ersten, König von Aragón, über die Jahrhunderte einen sechsten Sinn entwickelt, der sie Invasoren wie Phönizier, Römer, Vandalen, Byzantiner, Wikinger sowie Mauren und Araber oder Deutsche und Engländern erkennen und voneinander unterscheiden lässt.

Das Taxi schlängelt sich auf die Autovia Autopista de Levante, um kurze Zeit später im Küstenvorort Ciudad Jardín vor dem prachtvollen Jugendstilbau zu stoppen, einem ehemaligen Spielkasino mit pink-weißer Fassade und einem mächtigen Kuppelturm mit Dachterrasse, nur durch eine schmale Fußgängerzone vom Strand getrennt.

Die Besitzerin des Sahneschnittchens, Carla Lucia de Velasco, genannt Carli, eine Architektin aus Barcelona, erbte das Anwesen von ihren Eltern, die vor dem Zweiten Weltkrieg mit Glücksspiel ein Vermögen angehäuft hatten. Etliche Investoren und Hotelkonzerne überboten sich, um das unter Denkmalschutz stehende Gebäude zu kaufen und – dem Trend folgend – in ein kleines, exklusives Luxusresort umzugestalten. Carli, die mit ihrem Architekturbüro Hotelprojekte unter anderem in Spanien, Florida, dem Sultanat Oman und auf den Malediven konzipiert, lehnte sämtliche Übernahmeangebote kategorisch ab. Von ihren erfahrenen Fachleuten und Handwerkern wurde das Gebäude von Grund auf sensibel und sorgfältig renoviert, restauriert und modernisiert. An die Turmkuppel auf der Dachterrasse ließ sie einen flachen Bungalow aus Stahl und Glas mit Rundumblick bauen. Auf der Südseite ist das Meer, auf der Westseite die Bucht von Palma mit der Kathedrale La Seu zu sehen, von den anderen Seiten fällt der Blick über die Dächer der Vorstadt.

Während Unger den Fahrer bezahlt, heißt ihn eine Frau willkommen, die aus dem imposanten Eisentor zwischen zwei Steinlöwen auf Pfosten auftaucht. Vor ihm steht Carla Lucia de Velasco. Sie strahlt diesen gewissen Coolness-Faktor einer schönen Frau aus, die weiß, was es heißt, eine Frau zu sein.

„Bienvenido a Mallorca, Señor Unger. Espero que hayas tenido un buen viaje”, sagt sie mit rauer und zugleich weicher Stimme und reicht ihm die Hand. Ihr melodisches, leicht heiser gesprochenes Spanisch mit sinnlichen Gutturalen und sanften Zischlauten jagt ihm einen Schauer über den Rücken. Auf Deutsch fährt sie fort. „Ich bin Carla. Bitte nennen Sie mich Carli.“

„Wolf“, sagt Unger und fügt ein paar höfliche Nettigkeiten an.

Sie führt ihn über eine Marmortreppe und durch eine Glasflügeltür in den Vorraum.

„Stellen Sie Ihren Koffer ab, ich führ Sie erst mal rum.“ Sie lächelt. „Danach gibt’s Frühstück auf der Terrasse.“

Drei Etagen. Das Erdgeschoss mit großer Terrasse, die Zimmer oben mit kleinen Balkons und das Penthouse mit Dachterrasse. Ein Extralift führt direkt in den Anbau auf dem Dach, eine über hundert Quadratmeter große Lounge. Das Interieur besteht aus einer gelungenen Mixtur aus modernen spanischen Design- und alten, gediegenen und wuchtigen Antikmöbeln. Eine kleine Pub-Bar im Originalzustand aus Messing und Mahagoni dient als Blickfang, vor dem Tresen vier Barhocker mit abgewetzten, schwarzbraunen Ledersitzen, dahinter Glasregale mit zig Flaschen und ein Monsterkühlschrank aus Edelstahl mit Eiswürfel- und Wasserspender. Ein fünfundachtzig Zoll Fernseher und das Sound-System von Bang und Olufsen lassen keine Audio- und Videowünsche offen. Ein Notausgang neben dem Lift führt zur Treppe.

Im zweigeschossigen Turm befindet sich unten das luxuriöse Badezimmer – größer als ein Einzimmerapartment – ein Traum aus Alicante-Marmor, Rundwanne mit Whirlpool-Düsen, separate Duschkabine, Raindance- und Handbrause. Oben das kreisrunde Schlafzimmer mit dreihundertsechzig Grad Verglasung, Rundbett, zwei verschiedene Ohrensessel sowie ein weiterer Fernseher auf einem antiken Sideboard mit geschnitzten Blumenornamenten. Daneben, mit Blick aufs Meer, der dazu passende Schreibtisch, davor der Aluminiumbürostuhl von Charles & Ray Eames. Die zentrale Klimaanlage sorgt für angenehme Kühle in allen Räumen. Unger, der sich für Architektur und Design interessiert, gefällt Carlis Stilmix.

Die Besitzerin bewohnt drei Etagen. Unger bekommt allerdings nur zwei zu sehen. Das Penthouse – Ungers Refugium für eine Woche Sonne, Strand und Meer – ist für Freunde und Gäste reserviert.

Obwohl Unger weder das eine noch das andere ist, hat sie ihm die Gran Cúpula genannte Dachwohnung durch Vermittlung eines gemeinsamen Freundes überlassen – Klaus Schumann, Ex-Professor, Wissenschaftler und Inhaber eines Pharmaunternehmens im Frankfurter Stadtteil Rödelheim.

Seinetwegen ist er auf Mallorca.

Schumann feiert in zwei Tagen seinen fünfundsechzigsten Geburtstag. Er residiert in seinem Stadthaus in der historischen Altstadt von Palma. Nur eine Handvoll Freunde und Familienmitglieder seien eingeladen, hatte er versichert, alles interessante, nette und gebildete Menschen. Und da Unger irgendwie ja auch zur Familie gehören würde und außerdem ein guter Freund sei ...

Unger hatte seinen Sermon gestoppt, bevor es peinlich wurde. Er hatte sich gefragt, warum sich Schumann so vehement für seine Teilnahme an dieser verdammten Geburtstagsparty einsetzte. Er kennt weder Schumanns Familie noch seine Freunde. Da schien mehr dahinterzustecken, als Schumann zuzugeben bereit war. Ungers Interesse war geweckt. Er witterte ein Abenteuer, Nervenkitzel, Vergnügen, Spaß, Risiko, Action – alles, was seinem Leben wieder einen Kick verpassen würde.

Unter mehreren Bedingungen war er bereit gewesen, die Einladung anzunehmen: absolute Privatsphäre, Suite in einem Stadthotel, Selbstzahler, außer der offiziellen Feier keine Teilnahme an Aktivitäten wie Ausflüge, Bootsfahrten und sonstigem Schnickschnack. Schließlich hatte er nach einigem Hickhack gemeinsamen Restaurantbesuchen mit Schumann und seiner Mischpoke zugestimmt. Während er überlegt hatte, was sonst noch vorzubringen wäre und gerade tief Luft holte, wurde er von Schumann unterbrochen: „Halt die Klappe, Wolf. Du bist ein äußerst kompliziertes Sensibelchen und da ich dich verdammt gut kenne und mit deinen Einwänden gerechnet habe, ist bereits alles organisiert.“

Unger hatte verblüfft innegehalten und Schumann berichtete von Carlis Haus.

„Carli spricht perfekt Deutsch, hat in Salem ihr Abitur gemacht und in Frankfurt gemeinsam mit Lisa einige Semester Medizin studiert. Damals, als ich noch als aktiver Professor tätig war und bevor sie ihre Liebe zur Architektur entdeckte. So haben wir uns kennengelernt.“

„Interessant“, hatte Unger, dem das völlig egal war, höflich gemurmelt.

Aber Schumann war noch nicht fertig. „An der TU in Berlin, wo man Architektur als Kunst und nicht als Wissenschaft versteht, hat sie ihr Studium abgeschlossen und anschließend in Ingenieurwissenschaften promoviert.“ Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Carli und Lisa waren eng befreundet.“

Lisa.

Schumanns einzige Tochter. Ermordet in Los Robles. Eine öde Kleinstadt im südlichsten Zipfel von Texas an der Grenze zu Mexiko. Ungers erster Fall. Er hatte in ein Hornissennest gestochen. Fand sich in einem Sumpf von Gewalt, Korruption, Drogen, Prostitution und Geldwäsche. Er hatte Lisas Mörder gefunden: Richter, Polizeichef, Bankdirektor und Spielcasinobesitzer. Ein Syndikat, das die Stadt untereinander aufgeteilt hatte. Die Bande stand außerhalb des Gesetzes, unantastbar und von keiner Exekutive dieses Planeten zu belangen. Vier Verbrecher der übelsten Sorte führten die Stadt wie ein hochprofitables Unternehmen. Kriminelle dieses Kalibers sind ehrbare, geachtete Bürger. Sie trennen den Müll, mähen den Rasen und nachts lassen sie keine laute Musik laufen. Sie engagieren sich in wohltätigen Organisationen und ihre Frauen sitzen im Elternbeirat.

Unger hatte sie eliminiert.

Einen nach dem anderen.

Er hatte seinen Auftrag ausgeführt und Lisas Tod gerächt. Seit damals zählt Schumann zu Ungers Freunden, von denen er nicht allzu viele hat.

Carli führt ihn durch die Glasschiebetür auf die Dachterrasse, reckt den Arm hoch und zeigt auf die Sonne. „Hier oben können Sie mit der Sonne wandern. Aber egal wo sie gerade steht, zwei Seiten der Terrasse liegen immer im Schatten.“

Unger genießt den spektakulären Panoramablick und macht ihr Komplimente über den Raumkasten, dessen Glaswände einen fließenden Übergang zwischen Wohnraum und Dachterrasse schaffen. „Meine Idole als Architekten sind Richard Neutra und Albert Frey, in deren revolutionären Bauten sich Privatheit mit Offenheit und Großzügigkeit verbinden lassen – große Fenster und Glasschiebetüren, die das Wohnzimmer mit der Terrasse verschmelzen lassen.“ Sie weist auf Terrakottakübel in warmen, erdigen Farbtönen mit mediterranen Pflanzen. „Auch daraus ergibt sich ein ruhiger, großzügiger Gesamteindruck.“

Unger nickt.

Bisher hat er Carli, trotz ihrer Tätigkeit als Architektin, für eine dieser gebräunten, wohlstandsverwahrlosten Tussen gehalten, die vom ererbten Vermögen angenehm leben. Es ist ihr gelungen, ihn zu beeindrucken.

„Frühstück?“

Wieder nickt er.

„Ach ja“, sagt sie. „Auf eine Küche hier oben habe ich verzichtet. Meine Gäste können sich frei im Haus bewegen und alle Einrichtungen benutzen.“ Sie hält kurz inne. „Allerdings ist die dritte Etage tabu ...“

„Dort befinden sich Ihre Privatgemächer“, unterbricht Unger spöttisch.

Carli, gelassen: „Stimmt.“ Und: „Kleine Tapas-Bars und drei der besten Fischrestaurants der Insel befinden sich um die Ecke und unten am Strand. Außerdem sind Sie in fünfzehn, zwanzig Minuten in Palma. Wenn Sie wollen, können Sie meinen Mini benutzen.“

„Danke“, sagt Unger. „Ich komm drauf zurück.“

Unten führt von der Terrasse eine breite Steintreppe in einen kunstvoll verwilderten Garten mit exotischem Geranke, dreißig Meter hohen Palmen und einem ovalen Swimmingpool mit Liegen und Sonnenschirmen. Die über zwei Meter hohe, mit Bougainvilleen, Passionsblumen und Klettertrompeten überwucherte Steinmauer wird durch ein Eisentor unterbrochen, durch das man direkt auf die schmale Fußgängerzone gelangt, nur wenige Schritte vom Strand entfernt.

Auf der Terrasse ist ein kleines Frühstücksbuffet aufgebaut. Unger nimmt sich frisch gebackene knusprige Brötchen, aus Edelstahl-Warmhaltecontainern schaufelt er sich Rühreier, Bacon und gegrillte Würstchen auf den Teller. Alba, eine füllige Spanierin, die als Haushälterin vorgestellt wird, serviert frischen Café con Leche in großen Tassen. Carli tunkt ein Croissant in den Kaffee, beißt mit weißen, gleichmäßigen Zähnen kräftig zu und betupft Lippen und Kinn mit einer Serviette.

Kurze Zeit später.

„Aah“, stöhnt Unger und schiebt den leeren Teller zurück. Er hält ihr seine Zigarettenpackung hin. Sie nimmt die rote Wayfarer von der Nase und bedient sich. Unger lässt sein Zippo klacken. Eine Weile rauchen sie schweigend. Gelegenheit für Unger, sie unter seiner Sonnenbrille unauffällig zu checken. Sie hat etwas von der Erde und dem scharfen Sonnenlicht. Mitte oder Ende Dreißig, sportliche Figur, Schultern einer Schwimmerin, lange, muskulöse Beine. Khaki-Shorts, darüber ein bequem geschnittenes, pinkfarbenes Ralph Lauren-Männerhemd – darunter vermutet er feste Brüste – die Ärmel hochgerollt. An den Füßen elegant-schlichte Zehensandalen von Gucci. Kurzgeschnittene, schwarzbraune Locken und olivfarbene Haut. Dunkle Augen und dunkle Brauen, dazwischen eine senkrechte Falte. Ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen, edler Nase, breitem Mund und sinnlichen Lippen. Zähne wie Perlen aufgereiht, strahlendweiß.

Unter der coolen Maske vermutet Unger eine Frau mit dunklen Leidenschaften. Er nimmt seine Sonnenbrille ab, drückt die Zigarette aus und sucht ihren Blick. „Was verlangen Sie für diesen Luxus?“

„Nichts.“ Ihr Mund verzieht sich zu einem breiten Lächeln. Dann fügt sie die Floskel „mi casa es tu casa“ an. Sie hebt die Hand und stoppt Ungers Erwiderung, die ihm bereits auf der Zunge liegt. Dann, in ernsthaftem Tonfall: „Lisa war meine beste Freundin, meine Soulmate.“

Damit ist alles gesagt.

Unger hat keine Wahl.

Er stimmt zu.

Sie blickt auf ihre Armbanduhr. „Ich muss nach Palma, einige Dinge erledigen. Gegen dreizehn Uhr treffen wir Klaus zum Tapas-Lunch in der Bar Bosch am Passeig del Born. Wenn Sie wollen, nehme ich Sie mit in die Stadt.“ Sie überlegt kurz. „Sie könnten einen Bummel machen und später ...“

Unger unterbricht. „Ich kenne mich in Palma etwas aus. Ich komm zurecht.“ Und: „Ich pack schnell meinen Koffer aus und zieh mich um.“

„Okay.“

Fünfzehn Minuten später tritt er aus dem Lift. Er trägt ein nachtblaues Polohemd über Khakishorts, die Füße stecken sockenlos in sandfarbenen Sattelschuhen aus Nubuk mit roten Gummisohlen. Als sie das Tor schließt, nennt sie ihm den Tür-Code, den sie mit flinken Fingern in die Schalttafel tippt. Dann tauschen sie noch die Handynummern aus.

2

Carli fährt einen Mini Cooper in Black Metallic. Ein Fahrzeug wie für sie geschaffen, das sie in einer Seitenstraße der Avinguda de Jaume 111 parkt. Eine Parkmöglichkeit, die nur Einheimischen bekannt ist. Sie verabschieden sich und Unger startet seinen Bummel.

Palma de Mallorca.

Pulsierende Metropole, schick, trendy, sexy, laut und voller Energie. Inzwischen ist es heiß geworden, die Sonne knallt vom wolkenlosen Himmel. Nach wenigen Minuten auf dem breiten Bürgersteig klebt sein Hemd am Rücken, seine Achseln sind nass, Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Er flüchtet sich in den gut gekühlten Konsumtempel El Corte Inglés und atmet auf. In der Herrenabteilung kauft er sich einen sportlichen Panama-Trilby aus Stroh mit einer kleinen Schnepfenfeder im breiten Khakiband. Er setzt den Hut auf, zwinkert der Verkäuferin zu, die einen leisen Pfiff ausstößt.

Unter schattenspendenden Sonnenschirmen auf der Bar Bosch-Terrasse setzt er sich an einen freien Tisch und bestellt Palo, den traditionellen Aperitif der Insel, eine Mischung aus Alkohol, süßem Karamell, Enzian und bitterer Chinarinde. Er lehnt sich zurück, fühlt sich wie vor der Breitleinwand im Kino und beobachtet die vorbeiflanierenden Menschenmassen.

Señoras und Señoritas mit Sonnenbrillen auf den Nasen stöckeln auf High Heels in schwingenden Sommerkleidern oder knallengen Jeans vorüber. Genießen es, beobachtet zu werden, wiegen die Hüften und recken stolz die Köpfe hoch. Männer in Business-Outfits mit Attaché-Koffern und schräge Typen in verwaschenen Jeans oder Shorts und T-Shirts. Schwule in enganliegenden Muscle-Shirts und gegelte Möchtegern-Aufreißer. Giggelnde, pickelgesichtige und tätowierte Teenager mit rot verbrannter Haut und Speckrollen um die Hüften, andere schlank und Bulimie geplagt. Bepackt mit Einkaufstüten der Billigläden und Ramschboutiquen mit pseudosexy Namen wie Girls Love, Style, Trendy oder Secret. Heerscharen von geschmacklos gestylten Touristen beiderlei Geschlechts, angelockt mit Billigflügen und Sensationsnachrichten über Freibier für Fellatio, tödliche Balkonstürze, Prostitution, Rauschgift und Alkoholexzesse. Lederhäutige, tiefgebräunte Residenten mit Hautkrebssorgen sowie klapprige Senioren, Penner und fliegende Straßenhändler aus Afrika, die mit ihren Waren – Sonnenbrillen, Hüte, glitzernde Ringe, gefakte Uhren und imitierte Handtaschen – gegen alle Markenrechte dieses Planeten verstoßen. Ein abgerissener Typ taucht auf und spielt auf einem Akkordeon russische Volksweisen. Entsetzlicher Soundmüll, der sich mit dem Klacken der Pferdehufe auf Asphalt, knatternden Mopeds und Motorengejaule der Busse zu einer Kakophonie des Grauens mischt.

Ein stetiger Strom von Passanten, eine Show, eine Inszenierung. Ein grellbuntes Potpourri aus Geschmacklosigkeiten, den neusten Trends in Sachen bescheuerter Mode, Schönheitschirurgie und falschen Titten. Am frühen Abend werden sich die Touristen in Bettenburgen zum Abendessen anstellen, während Mallorquiner erst dann zum Essen gehen, wenn Urlauber bereits voll breit durch Sexund Saufmeilen taumeln. Engländer in Magaluf, Deutsche in El Arenal.

Unger muss jetzt die freien Stühle an seinem Tisch gegen Einheimische und Touristen verteidigen und den engen Raum darunter gegen fette, nach Krümel pickende Tauben, die zwischen den Beinen umherhuschen und bei gewagten Lande- und Startmanövern mit ihren Flügeln fast seine Ohren streifen. Instinktive fasst er sich an den Nacken. Er fürchtet, dass ihm die Ratten der Lüfte ins Genick scheißen. Er schüttelt sich. Seine Stimmung beginnt sich zu verdüstern, als endlich Klaus Schumann auftaucht, ein eleganter Gentleman alter Schule und eine imposante Persönlichkeit. Etwas kleiner als Unger, mit gepflegtem, kurzgestutztem Graubart und Fastglatze, dem Kummer und Schmerz über den Krebstod seiner Frau und die Ermordung seiner Tochter tiefe Linien um Nasenflügel und Mundwinkel gekerbt haben. Begleitet von einer blonden Riesin, das dicke Blondhaar zu einem französischen Zopf geflochten, strahlende Blauaugen und tadellose Figur. Ein herb-attraktiver Typ Frau in einem blauverwaschenen T-Shirt mit tiefem V-Ausschnitt. Kein BH, ihre Brüste zeichnen sich rund und wohlgeformt durch den dünnen Baumwollstoff ab. Die langen Beine in hautengen weißen Jeans. Nasenrücken, der Bereich unter den Augen und über den Brüsten mit Sommersprossen gesprenkelt. Sie besitzt die Aura einer Frau die weiß wer sie ist und gewohnt ist zu bekommen was sie will.

Nach dem Begrüßungsritual mit Umarmungen und Rückenklopfen, sagt Schumann: „Wolf, sag hallo zu meiner Nichte.“

Während Unger der über eins achtzig großen Frau die Hand reicht, ergänzt Schumann seine Vorstellung: „Doktor Hannah Wisbar leitet in meiner Firma die medizinisch-wissenschaftliche Abteilung.“

„Hallo, Herr Unger“, sagt sie. „Endlich lern ich Sie mal kennen.“

„Sagen Sie Wolf zu mir.“

„Wolf“, sagt sie probeweise und setzt sich an den Tisch. „Ich bin Hannah.“

Schumann deutet auf Ungers Drink. „Palo?“

Unger nickt.

„Für mich auch“, sagt Hannah.

Schumann hebt die Hand, macht einen Kellner auf sich aufmerksam, deutet auf Ungers Glas und zeigt drei Finger.

Der Kellner nickt.

Nonverbale Kommunikation, funktioniert in jeder Sprache.

Die Drinks werden serviert.

Während Schumann die üblichen Fragen stellt – hattest du einen guten Flug, wie gefallen dir Gastgeberin und Domizil und so weiter - wird Unger von Hannah gecheckt. Ein gut aussehender, sportlich wirkender Typ, obwohl sie sich sicher ist, dass Unger nicht zu diesen Dauerperformern mit Zweitjob Fitnesswahn gehört, deren Motto quäl dich, du Sau lautet. Morgens fünfzehn Kilometer Fahrrad, danach achthundert Meter Schwimmen, gefolgt von Muskeltraining bis zum Herzinfarkt. Über ein Meter neunzig groß, athletische Figur, etwa fünfundneunzig Kilo schwer, volles, kurz geschnittenes Haar, die Schläfen ergraut, markante, maskuline Gesichtszüge, die Lachfältchen scheinen aus besseren Tagen zu stammen.

„Heute Abend habe ich einen Tisch in einem Fischrestaurant direkt am Meer reserviert, fünf Minuten von Carlis Haus entfernt.“ Schumann hebt die Hände und erstickt Ungers Erwiderung. „Ich weiß, ich weiß – du spielst den einsamen Wolf, der eine soziale Phobie vorschützt, um sich zu drücken ...“

Hannah unterbricht. Sie startet eine Charmeoffensive, legt Unger eine Hand auf den Arm, ihre intensivblauen Augen springen ihn an. Mit samtener Altstimme sagt sie: „Warum treffen wir uns nicht im Ca’n Jordi zum Aperitif?“ Schnell fügt sie hinzu: „Das ist die Bar links an der Ecke, ein paar Schritte von Ihrem – äh – deinem Domizil entfernt.“ Lächeln. „Ich lade dich zu einem oder zwei Drinks ein.“

Unger erliegt ihrem Charme. „Wann?“

„Sagen wir zwanzig Uhr?“

„Wir essen nicht vor zehn“, wirft Schumann ein. Er grinst. „Ihr habt zwei Stunden, um euch voll zu dröhnen.“

Unger zeigt ihm den Mittelfinger.

Hannah gluckst.

Carli taucht auf.

Nach dem Küsschen-Ritual fragt sie: „Appetit auf Tapas und Bier? Ich könnte eine gemischte Platte bestellen. Okay?“

Alle nicken.

Bis auf Unger.

In schnellem Katalanisch redet sie auf den Kellner ein.

Kurze Zeit später biegt sich der Tisch unter Tellerchen, Schälchen und Bier in gefrosteten Gläsern.

Carli zeigt auf die verschiedenen Gerichte und zählt auf: „Grüne und schwarze Oliven, frittierte Babytintenfische, Fleischklößchen, Kabeljaubällchen mit Knoblauch und Petersilie, Garnelen gebraten in Olivenöl mit Chili und viel Knoblauch, Venusmuscheln in pikanter Sauce, Ensaladilla rusa – Kartoffelsalat mit Karotten, Erbsen, Thunfisch und Spargel sowie Nierchenscheiben mit Weißweinsauce und Knoblauch,“ Sie blickt in die Runde und packt ihr Glas. „Salut!“

So kurz nach dem opulenten Frühstück fühlt sich Unger immer noch pappsatt. Er wundert sich über Carlis Appetit, die ordentlich zulangt und sich mit einem Löffelchen verschiedene Köstlichkeiten auf den kleinen Teller häuft.

Zusehen macht Appetit.

Unger beginnt mit den scharfen Garnelen.

Während sich Carli und Hannah beim Essen über irgendeine Ausstellung in einem Museum in Barcelona unterhalten, beugt sich Schumann zu Unger.

„Hannah ist eine interessante Frau, findest du nicht?“

Unger zuckt mit den Schultern. „Ich finde beide interessant.“ Dann stutzt er. Er mustert seinen Freund scharf. „Worauf zielt deine Frage ab?“

„Später.“

Schumann hat ein Problem. Da ist sich Unger sicher. Sein Instinkt hat ihn nicht getrogen.

Nach dem Essen wird Café Solo serviert und Carli zahlt die Rechnung. Zwischen zwei Schlückchen sagt sie: „Hannah möchte Schuhe kaufen. Ihr könnt uns gerne begleiten ...“

Schumann hebt abwehrend beide Hände. „Wolf und ich machen einen Verdauungsspaziergang runter ans Meer. Wir könnten uns“ – er wirft einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk – „in etwa zwei Stunden wieder hier treffen.“

„Zwei Stunden?“ Carli runzelt die Stirn. „Warum treffen wir uns nicht einfach heute Abend zum Essen und jeder macht inzwischen was er will?“

„Gute Idee“, sagt Unger schnell, erhebt sich und zieht Schumann auf die Füße. „Los, nichts wie weg“, raunt er ihm zu.

„Das hab ich gehört“, ruft Carli hinterher.

Auf dem heißstickigen, von Abgasen geschwängerten Passeig del Born, sagt Unger: „Rede!“

„Gleich“, sagt Schumann, blickt sich suchend um und weist auf die Mittelpromenade, wo sich im Schatten hoher Platanen Steinbänke befinden und Cafés und Bars Tische und Stühle im Freien platziert haben. Gaukler und Akrobaten, Straßenmusiker und lebende Statuen, die sich erst beim zweiten oder dritten Blick als Menschen entpuppen, Teenager, die auf Skatern durch das Touristengewusel flitzen und Großeltern bei einem Cortado, die ihre spielenden Enkel im Blick haben, bevölkern die Flaniermeile. Kein Platz frei auf den Bänken, Gäste mit halbleeren oder leeren Gläsern und Tassen auf den Tischen werden von Wartenden regelrecht belagert.

„Zwecklos“, brummt Schumann.

Zehn Minuten später überqueren sie die breite Avinguda Gabriel Roca und finden eine freie Bank mit Blick aufs glitzernde Wasser, strecken die Beine aus, halten die Gesichter in die Sonne und genießen die frische Brise, die vom Mittelmeer herüberweht.

„Ich habe einen Spion in der Firma“, beginnt Schumann.

Aha, wusste ich’s doch, denkt Unger. „Hannah?“

Schumann seufzt und tupft sich mit einem Taschentuch Schweiß von der Stirn. „Vielleicht.“

„Wer ist Hannah und was ist ihre Aufgabe?“ Unger hält ihm seine Zigarettenpackung hin, Schumann bedient sich und bekommt Feuer gereicht.

„Hannah ist das einzige Kind meiner jüngeren Schwester Petra, die mit ihrem Mann Johann, einem Polier, der es zum Bauleiter gebracht hat, seit Ende des Vietnamkrieges“ – er rechnet im Kopf – „seit über vierzig Jahren in Florida lebt.“ Er schirmt die Augen mit der Hand und weist auf eine weiße Motoryacht, die gerade das Blickfeld kreuzt. „Bugari Yacht“, bemerkt er, „kostet ein paar Milliönchen.“ Er räuspert sich. „Nach dem Tod meiner Eltern habe ich die damalige Pharmaklitsche übernommen und mich total verschuldet, um Petras Anteil auszahlen zu können.“

„Mit der Kohle ist sie mit Mann und Tochter nach Florida?“

„Ja. Sie und ihr Mann – inzwischen nennt er sich John – haben sich im Immobilienbusiness eine goldene Nase verdient. Sie sind schon längst Bürger der USA und verbringen ihre Tage auf dem Golfplatz und in diversen Country Clubs. Wir haben nur noch sporadisch Kontakt.“ Dann fügt er hinzu: „Vor einigen Wochen waren sie zu Besuch in Frankfurt. Ich habe sie kaum wiedererkannt.“

„Und Hannah?“

„Hat ein High School Diploma und entsprechende Advanced Placement-Prüfungen für ein Pharmaziestudium in Deutschland und Spanien erworben. Sie studierte in Heidelberg, verbrachte ein Auslandssemester in Madrid – ein gutes Training für ihre Sprachkenntnisse, immerhin spricht die überwiegende Mehrheit der Einwohner Miamis Spanisch – und hat in meiner Firma sämtliche Pratika absolviert, ihren Doktor der Naturwissenschaften gemacht und ist schließlich als Stellvertreterin des Leiters meiner medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung eingestiegen. Etwa vor einem Jahr, nachdem ihr Vorgänger das Rentenalter erreicht hatte, hab ich sie befördert.“ Er blickt sich nach einer Möglichkeit um, seine Kippe zu entsorgen. Schließlich zerbröselt er sie mit der Schuhsohle. „In meinem eher mittelständischen Betrieb ist das eine Kombination von klinischer Forschung, medizinisch-wissenschaftlicher Abteilung und Zulassungsdepartment. Hannah ist unter anderem in die Ideenfindung miteingebunden, in die Entwicklung neuer Produkte involviert und für die spätere medizinisch-wissenschaftliche Vermarktung zuständig.“

„Affären? Sexuelle Orientierung?“

„Lesbisch? Bi? Hetero? Irgendwas dazwischen? Keine Ahnung. Eine Zeit lang glaubte ich, Hannah sei lesbisch. Vielleicht ist sie’s auch. Zwischen Lisa und Carli auf der einen sowie Hannah auf der anderen Seite, herrschte eine unausgesprochene Rivalität. Deshalb studierten meine Tochter und Carli – bevor sie nach Berlin wechselte – in Frankfurt, Hannah in Heidelberg, wo sie durch die großzügige Unterstützung ihrer Eltern recht angenehm leben konnte.“ Er hält kurz inne. „Lisa sollte meine Firma übernehmen. Für beide war kein Platz in meinem Laden. Das wusste Hannah. Ich hab mit ihr gesprochen. Sie schien kein Problem damit zu haben. Ich dachte immer, sie würde zurück in die Staaten gehen.“ Und: „Außer dem obligatorischen jährlichen Thanksgiving-Besuch hat sie kaum noch Kontakt zu ihren Eltern.“

Gellende Möwenschreie lassen ihn unterbrechen. Ein Pulk Vögel streitet an der Kaimauer um etwas Fressbares, vielleicht ein toter Fisch.

Unger schiebt seinen Hut in den Nacken und blickt nach oben. Die Sonne steht fast noch im Zenit. Keine Wolken, azurblauer Himmel. „Ich möchte aus der Sonne.“ Er zeigt auf ein etwa hundert Meter entferntes Gebäude direkt am Meer, davor Tische und Stühle unter Sonnenschirmen. „Ein eiskaltes Wasser wäre auch nicht zu verachten.“

Schumann nickt.

Beide setzen sich in Bewegung.

„Nach Lisas Tod hast du deine Meinung geändert?“

„Sie ist kein Ersatz für Lisa“, sagt Schumann bestimmt. „Aber sie ist meine Nichte.“

„Okay. Wessen wird sie verdächtigt?“

Schumann verharrt im Schritt. „Wir haben ein völlig neues und innovatives Herzmedikament entwickelt, Phase drei erfolgreich beendet und befinden uns im Stadium der Einreichung des Zulassungsantrags. Das heißt, ein umfassendes Zulassungsdossier wird vorbereitet, alle Daten zur pharmazeutischen Qualität und präklinischen Prüfung ...“

„Bitte keine wissenschaftliche Vorlesung“, unterbricht Unger. „Mach’s simpel.“

„Äh, ja.“ Schumann konzentriert sich. „Eine Pharmafirma in Miami, Mia Lab Drug Development and Synthesis, hat Details unserer Forschung aus Phase eins im britischen Fachmagazin The Lancet veröffentlicht. So, als wollte man darauf hinweisen, dass man an einer ganz großen Sache dran ist, glaubwürdig untermauert durch das eine oder andere Detail, aus dem Fachleute schließen können, dass an der Veröffentlichung was dran ist.“ Er holt Luft. „Und nein, es handelt sich nicht um die Duplizität der Ereignisse. Die publizierten Ergebnisse stammen definitiv von meiner Firma.“ Weiter: „Nach einer aktuellen Studie, stehen Chemie-, Pharma- und Biotechnologie-Firmen an zweiter Stelle der am häufigsten ausspionierten Unternehmen. Pro Jahr entsteht ein Schaden in Höhe von unglaublichen zwölf Milliarden Euro.“ Zornig: „In fünfzig Prozent, jedem zweiten Fall von Know-How-Diebstahl, sitzt der Spion im eigenen Haus. In weiteren fünfundzwanzig Prozent der Fälle werden Mitarbeiter professionell ausgehorcht oder auf feuchten Laken in heißen Nächten zum Plaudern gebracht.“

„Mmh. Ein Unternehmen in Florida. Als wollte man dich mit der Nase auf Hannah stoßen.“

Schumann zuckt frustriert mit den Schultern. „Ja, verdammt! Was glaubst du, was wir an Forschungsaufwendungen stemmen? Arzneimittelentwicklung und Zulassung sind ein langwieriger, mehrjähriger Prozess. Das geht in die zig Millionen. Aber nur wer in Forschung investiert, kann Zukunft gestalten und Patienten neue Hoffnung geben.“

Unger packt Schumanns Arm und zieht ihn mit sich. „Was verdient Hannah?

„Die Pharmaindustrie zählt zu den Topbranchen beim Verdienst. Hannah erhält per anno zehntausend Euro mehr als in vergleichbaren Unternehmen.

„Sag schon! Wie viel?“

Schumann nennt die Summe und fügt hinzu: „Zusätzlich erhält sie erfolgs- und leistungsorientierte Prämien. Bei entsprechenden Erfolgen, zum Beispiel einer erfolgreichen Markteinführung oder guter Konjunkturlage, lässt sich das Gehalt durch solche variablen Zahlungen noch einmal deutlich steigern.

Unger pfeift leise durch die Zähne. „Nicht schlecht.“

„Hannah ist clever. Was glaubst du, warum sie sich heute Abend auf einen Drink mit dir treffen will?“

„Um mir ihre Sicht der Dinge zu schildern.“ Unger grinst. „Um mich auszuforschen und zu beeinflussen.“ Kurze Pause. „Ist sie über mich informiert?“

„Nun, sie weiß, dass du Lisas Ermordung aufgeklärt hast. Sie weiß auch, dass du für diese Agency in New York ein paar knifflige Fälle – äh – gelöst hast.“ Er starrt Unger in die Augen. „Sie hält dich für einen Auftragskiller.“ Er zuckt verlegen mit den Achseln. „Das sind ihre Worte.“

„Du redest zu viel“, knurrt Unger. Am Restaurant angekommen, winkt er einen Kellner zu sich und zeigt auf einen Tisch direkt am Meer. „Mineralwasser und einen Krug Eiswürfel, bitte“

„Essen?“, fragt der Kellner hoffnungsvoll.

Unger schnüffelt. Geruch nach altem Frittierfett wabert aus der offenen Küche herüber. Er schüttelt den Kopf.

Sie werden zum Tisch geleitet, der Kellner wedelt mit einem Tuch über die fleckige Tischdecke und eilt davon.

„Touristenfalle“, knurrt Schumann verächtlich.

Unger grinst. „Ich bin Tourist.“

Schumann winkt ab.

„Fassen wir zusammen“, sagt Unger. „Du investierst viel Gehirn, Zeit und Geld in ein neues Medikament ...“

Schumann unterbricht: „In eine völlig neue Art von Präparat – nennen wir’s zum besseren Verständnis Betablocker – ohne die bekannten und teils üblen Nebenwirkungen.“

„Ein Milliardenmarkt, nehme ich an. Ergebnisse deiner Forschung, die so geheim sind, dass noch nicht mal die NASA davon Kenntnis hat, werden plötzlich von einem Konkurrenten, einem Pharmaunternehmen in Florida, in einem renommierten Fachblatt veröffentlicht. Das kann nur bedeuten, dass sich ein zweiter Wettbewerber ins Rennen gemogelt hat, der ohne Forschung und ohne deine immensen Summen investiert zu haben in den Startlöchern steht, dir den internationalen Markt streitig machen und auf deine Kosten absahnen will.“

Schumann nickt, füllt Eiswürfel in Gläser und gießt Mineralwasser drüber, was die Würfel knacken lässt.

Unger trinkt durstig und fährt fort: „Anders gesagt: Du hast eine verdammte Zecke im Nacken, die sich mit deinem Blut vollsaugt.“ Er schiebt die Sonnenbrille ein Stückchen runter und blickt über die Gläser. „Natürlich sind deine sensiblen Daten topgesichert, von außen kommt niemand dran, Hackerangriffe werden abgewehrt. Du fragst dich also, wer zum Geier dich fickt und kommst zum logischen Schluss, dass es ein Insider sein muss.“

„So isses.“

„Da niemand deine Passwörter und sonstigen Sicherheitsmaßnahmen kennt oder knacken kann, muss es jemand sein, der dein absolutes Vertrauen besitzt und über deine Schlüssel verfügt …“

„Hannah!“

„Das ist mir zu offensichtlich. Hast du sie zur Rede gestellt?“

„Ja. Sie schien ehrlich geschockt. Sie kann’s nicht erklären.

„Du glaubst ihr?“

„Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.“

„Steckt sie in Schwierigkeiten? Finanzielle Probleme? Aufwendiger Lebensstil? Ist sie erpressbar? Irgendein Hinweis oder eine Ahnung?“

„Glaub mir, ich hab mir den Kopf zerbrochen. Zero, null, nichts!“

Unger nickt. „Sollte dir etwas zustoßen – wer erbt deine Firma?“

Schumann stutzt.

Pause.

„Hannah“, sagt er.

Mit dieser Antwort hat Unger gerechnet.

Mittagszeit.

Inzwischen hat sich das Restaurant mit grausig gekleideten Touristen bevölkert. Männer in wadenlangen Hosen – für Unger ein absolutes No-Go – in viel zu engen, mit dämlichen Sprüchen bedruckten T-Shirts fallen ein. Kellner schlängeln sich um Stühle und Tische, balancieren Tabletts mit Bierflaschen und Gläsern, Sangriaund Weinkrügen sowie Teller mit Fischgerichten und Meeresfrüchten. Der Fisch- und Frittierfettgeruch ist intensiver geworden und verpestet die Luft. Eine Gruppe saufender Männer, Unger tippt auf Kegelklub, ordert lautstark Getränkenachschub und kippt das Bier gleich aus Flaschen.

Resigniert zuckt Unger die Schultern. „Lass uns von hier verschwinden.“

Schumann nickt. Er blickt sich nach dem Kellner um, hebt die Hand und macht auf sich aufmerksam. Dann sagt er: „Ich vermute, dass Phase eins an Florida übermittelt wurde, die veröffentlichten Informationen lassen darauf schließen. Bei der ungeheuren Datenflut braucht die Konkurrenz für die Auswertung allerdings einige Wochen. Ich habe einen zeitlichen Vorsprung ...“

„Der Datenfluss muss gestoppt und der Spion geschnappt werden.“

„Unbedingt. Aber wie?“

Unger beugt sich vor, Ellbogen auf dem Tisch. „Mein Bauch sagt mir, die Braut soll für eine Vermählung schön geschminkt werden. Das heißt, Mia Lab könnte versuchen, mit deiner Forschung den Laden attraktiv für einen Verkauf oder eine Fusion zu machen.“

Schumann kapiert. „Sie wollen den Preis pushen?“

„Wie gesagt, könnte sein. Nutz deine Beziehungen und Verbindungen. Finde raus, welches Unternehmen hinter einem solchen Deal stecken könnte.“ Und: „Der verdammte Spion muss enttarnt werden.“

„Darum bitte ich dich.“ Schnell fügt er hinzu: „Das ist der Grund für meine Einladung.“ Er legt eine Hand auf Ungers Arm. „Ich wollte mit dir in relaxter Atmosphäre über mein Problem reden.“

Unger versteht das.

„Ich habe natürlich vorsichtig meine Verbindungen spielen lassen, mit Kollegen in den Chefetagen anderer Pharmaunternehmen gesprochen, im Internet recherchiert und Informationen von einer renommierten Frankfurter Wirtschaftsdetektei eingeholt.“ Er schüttelt den Kopf und seufzt. „Rausgekommen ist nichts.“ Er sucht nach Worten. „Du bist ein angenehmer Mensch, Wolf. Ich werde nie vergessen, was du für mich getan hast und es freut mich sehr, dass ich dich hierher – äh – locken konnte.“ Er reicht ihm einen Umschlag. „Hier drin findest du alles Wichtige über meine Gäste, die du heute Abend kennenlernen wirst.“

„Gracias!“, sagt Unger spöttisch. „Du hast dich gut vorbereitet.“

Pause.

Beide schweigen.

Dann sagt Unger: „Carte Blanche. Unbeschränkte Vollmacht und Handlungsfreiheit.“

Schumann stimmt sofort zu.

Der verschwitzte Kellner taucht endlich auf und kassiert die Rechnung.

„Nenn mir eine Summe ...“, setzt Schumann an.

Unger unterbricht: „Halt! Stopp! Ich betrachte die Angelegenheit als Pro-bono-Mandat.“ Bevor Schumann sagen kann, was ihm auf der Zunge liegt, fügt Unger hinzu: „Basta!“

3

Tiefrot und konturlos im gelblichen Dunst sinkt die Abendsonne am Horizont langsam dem Meer entgegen. Rechts fällt der Blick auf die Bucht von Palma, über die in magisches Licht getauchte Kathedrale bis zum Puerto de Palma mit Yachthafen und Fährterminal für Linienschiffe, die zum spanischen Festland und zu den Nachbarinseln verkehren sowie die Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe, wo ein weißer Riesenpott in Zeitlupe einläuft.

Unger hat sich umgezogen. Er trägt einen edel zerknitterten, olivfarbenen Leinenanzug, ein weiches, cremefarbenes Button-Down-Hemd von Mercer & Sons, die Füße stecken sockenlos in glänzenden Tassel-Schuhen aus braunem Pferdeleder. In seiner extra tief gearbeiteten Sakkoinnentasche verbirgt sich – für alle Fälle – sein Teleskopschlagstock. Fünfundfünfzig Zentimeter Edelstahl. Drei Segmente mit Friktionsarretierung in einer formbeständigen, gehärteten Ausführung mit speziellem, ergonomischem Gummigriffstück als Aufnahme für die Innensegmente und einer kleinen Stahlkugel am Ende der Rute. Eingefahren nicht länger als zwanzig Zentimeter. Eine tödliche Waffe für den, der damit umzugehen versteht. Und Unger beherrscht die Handhabung perfekt. Prüfend dreht er den Hut in seinen Händen und entscheidet sich dagegen. Er ist kein Hut-Typ. Definitiv nicht.

An hohen und überwucherten Mauern entlang, dahinter verbergen sich Villen und Bungalows, eingebettet in blühende Gärten mit Swimmingpools, bummelt er Richtung Treffpunkt. Die Luft schmeckt salzig. Orangen, Zitronen und mediterrane Pflanzen verbreiten ihren Duft. Insekten schwirren. Dort wo die Mauer endet, befinden sich Bar und Restaurant Ca’n Jordi.

Unter einer schützenden Markise auf dem Vorplatz sitzen Einheimische beim Aperitif. Aus dem zum Meer hin offenen Restaurant brandet Lärm der Gäste. Ein Fernseher plärrt. Gerüche von heißem Olivenöl, Knoblauch und gebratenem Fisch – im Gegensatz zur Touristenfalle am Mittag angenehm und appetitanregend – dringen nach draußen. Alle Tische belegt, kein freier Stuhl. Kellner platzieren Barhocker ähnliche Stühle mit Paellapfannen aus gestanztem Stahlblech an den Tischen und schaufeln safrangelbem Reis, Fisch und Meeresfrüchte auf die Teller. Unger überquert die schmale Straße und setzt sich auf die niedrige Mauer, die den Strand begrenzt. Mit Luchsaugen lauert er auf die Gelegenheit, sich sofort auf einen frei werdenden Tisch zu stürzen.

Dann stöckelt Hannah in High Heels um die Ecke.

Unübersehbar, elegant und smart. In einem klassisch-schlichten, kurzen Etuikleid aus taubenblauem Leinen. Halsnaher Ausschnitt, feminin auf Figur geschnitten, die schmale Taille betonend. Ein Gehschlitz im Saum sorgt trotz des engen Schnittes für genügend Bewegungsfreiheit und zeigt die ellenlangen Beine. Ein moderner, cooler Look. Sie trägt ihre Sexualität offen zur Schau. Über der Schulter hängt die klassisch-schlichte Speedy Bandoulière von Louis Vuitton. Bis auf einen Herren-Chronometer mit braunem Krokoband am Handgelenk trägt sie keinen Schmuck. Die Gäste verstummen. Sie wird angestarrt. Sie genießt ihren Auftritt. Ein Kellner eilt auf sie zu. Kurz danach werden ein zusätzlicher Tisch und zwei Stühle unter der Markise platziert. Hannah blickt zu Unger und winkt. Sie muss ihn längst entdeckt haben. Er setzt sich in Bewegung.

„Gut gemacht“, murmelt er.

Um sie zu verwirren, beugt er sich vor und haucht ihr einen Kuss auf den Hals. Er atmet ihren Duft ein: Sandel- und Zedernholz, Patchouli und Vetiver.

Irritiert über die intime Geste, nimmt sie Platz und schlägt die langen Beine übereinander. Mit zwei Fingern berührt sie die Stelle an ihrem Hals. Sie versucht, die Situation zu überspielen. „Du bist nicht ein – äh – Vampir?“ Und: „Du hast mich die ganze Zeit beobachtet?“

Er lächelt. „Ich hab’s genossen“, sagt er und lässt offen, ob er den Kuss oder ihren Auftritt meint. Dann: „Was möchtest du trinken?“

Sie versucht, ihre Befangenheit abzuschütteln. „Einen großen Brandy und Mineralwasser.“

Unger winkt den Kellner zu sich und bestellt Suau, den außergewöhnlich milden mallorquinischen Brandy, dazu Binifaldó-Mineralwasser und Eiswürfel.

Der Brandy wird am Tisch direkt aus der Flasche sehr großzügig in enorme Schwenker gegossen. Unger hängt seine Nase über den Glasrand. Mit geschlossenen Augen atmet er Duft von Rosinen und feinen Vanillenoten ein. Sie prosten sich zu und trinken. Dann steckt Unger zwei Zigaretten an und reicht ihr eine.

„Schon wieder so eine Geste“, sagt sie. „Du willst mich überrumpeln und aus der Fassung bringen.“

„Ich möchte Druck rausnehmen und das Eis brechen.“

„Mmh.“ Sie lächelt unsicher.

„Du hast mich eingeladen, weil du mir etwas zu sagen hast und weil du wusstest, dass Schumann mit mir über sein Problem reden würde.“ Er lächelt sie aufmunternd an. „Du kannst es nicht länger hinauszögern.“

„Ich weiß“, seufzt sie.

„Rede.“

Sie nickt, sammelt sich und sagt in sachlichem Tonfall: „Ich habe keine Firmengeheimnisse verraten. Das würde ich Klaus nie antun. Und nein, ich werde nicht erpresst, stecke in keinen finanziellen Schwierigkeiten und bin kein geldgeiles Luder.“ Sie verstummt und sucht seinen Blick.

„Du hast dein weitreichendes Herrschaftswissen auch keinem Lover in heißen Nächten weitergegeben?“

Sie schüttelt den Kopf.

Bis jetzt scheint sie bei der Wahrheit zu bleiben, denkt Unger. Das kann man nicht spielen, auch eine professionelle Theaterschauspielerin und Mitglied der Royal Shakespeare Company kann nicht so heucheln. Allerdings, muss er sich eingestehen, gibt es Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, die jeden vertretbaren, tolerierbaren oder verstehbaren Rahmen sprengen.

Ein forensischer Psychologe aus Kanada hat es einmal so ausgedrückt: „Psychopathen sind soziale Raubtiere, die sich mit Charme und Manipulation skrupellos ihren Weg durchs Leben pflügen und eine breite Schneise gebrochener Herzen, enttäuschter Erwartungen und geplünderter Brieftaschen hinter sich lassen. Gewissen und Mitgefühl für andere Menschen fehlt ihnen völlig, und so nehmen sie sich selbstsüchtig, was sie begehren und machen was sie wollen. Dabei missachten sie gesellschaftliche Normen und Erwartungen ohne jegliches Schuldbewusstsein oder Reuegefühl.“

Vielleicht ist Hannah eine persönlichkeitsgestörte Frau. Er kann es nicht abschätzen. Er weiß es nicht.

„Hast du im Moment eine Affäre?“ Er horcht sie aus, ohne die Miene zu verziehen.

„Ab und zu One-Night-Stands. Nichts, wofür es sich lohnen würde, seine Zukunft zu verspielen.“

„Während du schliefst, kann sich jemand an deinem Computer zu schaffen gemacht haben ...“

„Nein!“, faucht sie. Sie schaut ihn scharf an. Dann gibt sie sich einen Ruck. „Ich lasse niemand bei mir übernachten!“

„Und deine Eltern?“

Sie denkt darüber nach und sagt: „Oh, oh.“ Und dann: „In meinem Gästezimmer. Aber glaub mir, meine Eltern haben von meinem Job soviel Ahnung wie ein Fisch vom Fahrradfahren.“ Sie setzt die Sonnenbrille auf, verbirgt ihre Augen. „Warum hast du mich auf den Hals geküsst? Und komm mir nicht mit dieser Überrumpelungs-Psychokacke.“

Er schenkt ihr einen aufrichtigen Blick. „Ich wollte das Parfum an deinem Hals riechen, dein Schlüsselbein küssen und in dein Kleid greifen, um deine Brustwarzen zwischen meinen Fingern zu rollen.“ Ihm ist klar, dass sich das seltsam anhört.

Sie aber bleibt auf der Hut. „Tatsächlich?“

Dann kommt’s: „Du hast Schumann gelinkt! Du erzählst mir Bullshit!“

Sie sagt: „Bist du eigentlich gern ein Arschloch?“

Mal sehn, ob ihn das aus der Reserve lockt.

Er atmet aus.

Hannah grinst.

Unger nicht.

Er sagt: „Oh, Scheiße.“

Vorsichtig legt sie ihre Hand auf seine. Jetzt schaut sie ihn an, und ihr Blick ist neugierig. „Du glaubst doch nicht wirklich, was du da von dir gibst, oder?“ Sie ringt nach Worten. „Ich schwöre, meinem Onkel nicht geschadet zu haben.“

Pause.

Beide schweigen.

Dann bestellt Unger zwei weitere Brandys, die diesmal noch großzügiger ausfallen. Sie schlürft genießerisch, leckt sich mit blassrosa Zunge, glatt und leuchtend feucht, über die Oberlippe.

„Du willst mich abfüllen“, stellt sie träge fest.

Unger grinst. „Alkohol lockert die Zunge.“ Dann, ernsthaft: „Hast du eine Ahnung, ein Bauchgefühl oder einen vagen Verdacht, wer in der Firma spionieren könnte?“

„Glaub mir, in schlaflosen Nächten habe ich gedanklich alle Personen gecheckt, die von ihrer Stellung innerhalb der Firma und ihres Fachwissens dazu in der Lage wären. Ergebnis: Null.“ Sie legt einen Finger an die Nase und schließt kurz die Augen.

Unger achtet auf ihre Körpersprache. Augen und Gesten sind die auffälligsten Indizien beim Lügen. Häufiges Blinzeln, Wegschauen oder der Drang sich selbst zu berühren, das Zusammenziehen der Haut zwischen den Augenbrauen, in die Lippe beißen, verzögerte Antworten, das Beben der Nasenwände oder Kippbewegungen des Kopfes entstehen aus extremer Nervosität und Anspannung. Er hält Hannah für keine professionelle Pokerspielerin, die gelernt hat, ihr Augenspiel zu beherrschen und solche Gesten zu unterdrücken. Auch beginnt sie nicht zu schwitzen, tiefer zu atmen oder blass zu werden. Die Herzschlagfrequenz scheint sich nicht zu erhöhen. Andererseits hat er schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen.

„Was weißt du von meinen Eltern?“, fragt sie schließlich.

„Eigentlich nichts. Du bist das einzige Kind von Klaus’ jüngerer Schwester Petra. Deine Eltern sind Ende der Siebziger – wie alt warst du damals, zwei, drei Jahre? – in die USA ausgewandert, haben während des Immobilienbooms in Florida ein Vermögen angehäuft und leben jetzt ohne finanzielle Sorgen im Sonnenschein-Staat.“

Sie nickt. Dann: „John ist nicht mein leiblicher Vater.“

Interessant, denkt Unger, der Alkohol tut seinen Job. „Ich brauch jetzt etwas Frisches“, sagt er. „Einen Gin Tonic.“

„Ich auch“, sagt Hannah.

Als die Drinks in Longdrink-Gläsern serviert werden, zwei Drittel Gin ein Tropfen Tonic, sagt sie: „Meine Mutter hat sich von einem GI schwängern lassen, einem Militärarzt im Landstuhl Regional Medical Center, der – obwohl er von der Schwangerschaft wusste – seinen Abschied einreichte und auf Nimmerwiedersehen in den Weiten der USA verschwand.“ Sie seufzt. „Niemand weiß das, außer ihr und mir. Auch John nicht. Er glaubt, ich sei seine Tochter.“ Sie hält ihr Gesicht in die Abendsonne. „Ich sehe meiner Mutter sehr ähnlich. John hat nie Verdacht geschöpft. Sie hat ihn geheiratet, kurz nachdem sie wusste, dass sie mich im Bauch hatte.“ Sie hält kurz inne und sucht seinen Blick. „Sie wollte einen Vater für mich.“ Und: „Im Frankfurter Westend besitzen sie einige Wohnungen. Darunter ein Penthouse, in dem ich mietfrei wohne.“

Unger blickt auf die Uhr an seinem Handgelenk. Er beschließt, es vorerst dabei zu belassen. Er glaubt ihr. Na ja, vorerst.

„Wo ist das Restaurant?“

„Da vorne. Das Haus mit der überdachten Terrasse.“

Kurze Zeit später an Schumanns Tisch.

Hannah und Unger werden laut begrüßt. Die versammelte Meute hat schon einige Aperitifs intus, die Stimmung ist prima. Händedrücken, Schulterklopfen, Küsschen-Ritual. Alle scheinen über Ungers Rolle im Fall Lisa informiert zu sein. Er wird sofort als Schumanns Freund akzeptiert. Unger hat seinen Platz rechts, Hannah und Carli links neben Schumann. Auf dem Tisch Weincooler, Tischdecke und Servietten aus Leinen, silbernes Besteck, silberne Halter, weiße Kerzen mit Wachsnasen, Kristallgläser mit funkelndem Rot- und Weißwein, in geflochtenen Körbchen frischgebackenes, duftendes Olivenbrot und Pa pais – mallorquinisches Bauernbrot – Schälchen mit Oliven und klassischer Aioli, die einen intensiven Knoblauchduft verbreitet.

Unger entledigt sich seines Sakkos, hängt es über die Stuhllehne und konzentriert sich auf die Gäste. Trotz Begrüßungs-Tohuwabohu hat er sich die Namen zu den Personen eingeprägt. Schumanns Schwägerin, Christina Dittler, genannt Tina, die Schwester seiner verstorbenen Frau mit ihrem Mann Karl. Rolf Treves, Börsenspezialist, der Schumann berät und mit Analysen und Berichten zu Märkten, Branchen und Unternehmen versorgt, mit seiner Lebensabschnittsgefährtin Ute, von der Unger nur den Vornamen kennt. Und schließlich Syndikus Alex Hädrich, Rechtsanwalt.

Vier Frauen, fünf Männer.

Der Spion sitzt mit am Tisch.

Da ist sich Unger sicher.

Mit einer dieser Personen, Mann oder Frau, scheint Hannah eine Affäre zu haben. Diese Person muss sich Zugriff zu ihrem Computer verschafft haben. Für Unger ist die Zeit zum Handeln gekommen. Während der Wirt die Speisenfolge runterbetet, Kellner die Gläser füllen und alle abgelenkt sind, steht er vom Tisch auf und verschwindet Richtung Toiletten. Am Ende eines kurzen Gangs befinden sich zwei Türen. Links Señoras, rechts Caballeros.

Unger fingert sein Smartphone aus der Tasche und wählt Lelands Nummer. Zweiundzwanzig Uhr dreißig auf Mallorca, sechzehn Uhr dreißig in New York. Joe Leland, Inhaber der Global Investigations Agency und Ex-Deputy Chief des NYPD, den Unger in seiner Anwaltszeit als Ermittler bei einigen Fällen in den USA und Kanada eingesetzt hatte, bot ihm damals, als er seine Anwaltszulassung verloren und ihn seine Ex-Frau, eine Französin aus Biarritz, ausgeplündert und sich mit der Beute in die Heimat abgesetzt hatte, eine zweite Chance.

Unger griff zu.

Er hörte mit dem exzessiven Trinken auf, absolvierte eine Ausbildung in operativer Technik, Beweisführung und Observation und erwarb medizinische Kenntnisse über Erstversorgung von Wunden. Lernte mit Waffen umzugehen, Pistole, Revolver, Kalaschnikow und M40 Sniper Rifle des United States Marine Corps – damit kannst du auf hundert Meter jemanden den Schniedel wegschießen, ohne seine Eier zu streicheln, hatte Leland gesagt – im Nahkampf trainierte er mit dem Messer umzugehen und seine Hände und Füße zum Töten einzusetzen. Außerdem hatte er sich Handhabung und Gebrauch des Teleskopschlagstockes angeeignet, seiner bevorzugten Verteidigungsund manchmal auch Angriffswaffe.

Vor einiger Zeit hatte Leland das Familienimperium aufgeteilt. Seinem Sohn Peter, Ex-Special Agent des FBI, hatte er die Leitung der Los Angeles-Filiale übertragen, die New Yorker Agency wird von seiner Tochter Natalie geleitet. Leland Senior zieht aber immer noch als so genannter Berater im Hintergrund die Fäden. Damit hätte er die mafiösen Strukturen seines Unternehmens entlarvt, hatte Unger damals ironisch gesagt. Als Consigliere würde er als Stabsstelle des Oberhauptes der Familie fungieren, auch wenn er in der Regel keine direkte Kommandogewalt mehr ausüben würde.

Fick dich, war Lelands Antwort.

Obwohl Leland seine Kundenliste wie ein Staatsgeheimnis hütet, hat Unger Kenntnis davon, dass die Global Investigations Agency in Los Angeles ihre Aufträge hauptsächlich von der Film- und Musikindustrie bekommt. Überwachungs- und Sicherheitssektor, Personenschutz, Aufklärung sexueller Erpressung und Nötigung der Filmund Rockstars sowie Raub- und Produktpiraterie gehören zu ihren Spezialgebieten.

Zu den New Yorker Kunden zählen Kreditkartenunternehmen, das Finanzministerium der Vereinigten Staaten, diplomatische Vertretungen, das NYPD und Dienste, die so geheim sind, dass nur der Sicherheitsausschuss des US-Senats Kenntnis von ihrer Existenz hat.

Leland beschäftigt erstklassige Ermittler. Viele davon Ex-Kollegen oder Ex-Militärs. Profis für Computersicherheit, Computer-Forensiker und Hacker, Überwachungs- und Waffenspezialisten sowie eine Armee von freien Bodyguards. Außerdem hat seine Firma Zugriff auf alle möglichen offiziellen und inoffiziellen Datenbanken. Legal und illegal.

Unger kehrte nach Frankfurt zurück, meldete ein Gewerbe an und nannte sich Private Investigator. Ein abgefuckter Privatdetektiv ohne Fortune. Eine perfekte Tarnung. Klaus Schumann war sein erster Kunde. Danach hatte er seine endgültige Bestimmung gefunden: Rache für erlittenes Unrecht.

Leland meldet sich nach dem ersten Klingelton. „He, Wolf. Steckst du in der Scheiße?“ Es klingt wie eine Frage, ist aber als Feststellung gemeint.

Unger stößt ein Schnauben aus. „Folgendes: lass Petra und Johann Wisbar“ – er buchstabiert den Namen – „überprüfen. Deutsche Einwanderer aus Frankfurt am Main. Heute Ex-Immobilien-Tycoons in Miami, Florida.“

„Was willst du wissen?“

„Alles.“

„Aha. Noch etwas?“

„Mia Lab Drug Development and Synthesis in Miami. Wem gehört der Laden? Steht eine Fusion bevor? Wenn ja, mit wem?“

„Wird erledigt.“ Zwei Sekunden Pause. Dann: „Sonst alles okay?“

„Mir geht’s gut. Und dir?“

„Mir auch. Danke der Nachfrage. War’s das?“

„Ja.“

„Du hörst von mir.“

Klick. Gespräch beendet.

Unger steckt sein Handy ein und kehrt zum Tisch zurück.

Inzwischen wurden Vorspeisen serviert. Arroz Negro, schwarzer Reis mit Sepia-Tinte und klein gewürfelten Tintenfischstückchen, Pimientos de Padrón, grüne Paprikaschoten aus der Umgebung der galicischen Gemeinde Padrón, in Olivenöl gebraten und mit grobem Meersalz bestreut, Platten mit Jamón Ibérico, dem luftgetrockneten, mild-aromatischen Schinken von schwarzen iberischen Schweinen sowie Trampó, mallorquinischer Salat aus Zwiebeln, Tomaten und Paprika.

Unger wendet sich an Schumann. „Was gibt’s als Hauptgericht?“

„Paella Mallorquin mit Miesmuscheln, Garnelen, Tintenfischringen, Hähnchenteilen und weiß der Henker was noch.“

„Kaninchenfilets“, wirft Carli ein.

Unger muss schlucken. „Köstlich“, murmelt er und leert sein Glas.

Carli zieht die Flasche aus dem Cooler, umwickelt den Boden mit einer Serviette und füllt sein Glas.

„Ànima Negra“, sagt sie. „Teuflisch guter Roter von der Insel.“

Unger stößt mit ihr an.

An den Tischgesprächen beteiligt er sich nicht. Er konzentriert sich auf das exzellente Essen. Eine Stunde später zieht er sein Zigarrenetui aus der Hosentasche, bietet Schumann eine Corona von Santa Damiana an und murmelt: „Lass uns für eine Zigarrenlänge runter ans Meer verpissen.“

Schumann nickt.

Das Zeremoniell beginnt. Schnuppern, überprüfen des Deckblatts, anschneiden mit einem Doppelklingencutter, mit schwefelfreien Streichhölzern erst toasten bis die gesamte Fläche des Zigarrenfußes glüht, der genussvolle erste Zug und das Ausstoßen des bläulichen Rauchs.

Carlis und Hannahs Blicke kreuzen sich. Beide rollen die Augen nach oben. Hannah hält die Hand vor den Mund, beugt sich zu Carli und flüstert: „Machoscheiße.“

Unger bleckt grinsend die Zähne, steht vom Tisch auf und bewegt sich zum Ausgang. Schumann folgt. Sie überqueren die schmale Straße und setzen sich auf die Steinmauer am Meer. Straßenlaternen werden von Motten und nachtaktiven Insekten umschwärmt, Fledermäuse schießen pfeilschnell durch die Luft und schnappen sich Leckerbissen. Unger klemmt die Zigarre zwischen die Finger, streckt die Arme hoch, dehnt und reckt sich, saugt die salzig-frische Nachtbrise in seine Lungen. Er stöhnt vor Behagen.

Nautische Lichter, weiß, grün und rot, bewegen sich parallel zum Horizont. Rechts leuchten Kathedrale und die Bucht von Palma. Endlose Lichtpunkte huschen über den Paseo Marítimo. Der gewaltige Kreuzfahrt-Pott schimmert und glitzert in Festbeleuchtung.

Die Nacht am nahen Strand gehört spanischen Familien. Campingtische- und Stühle sind aufgebaut, aus Kühltaschen werden Köstlichkeiten serviert, Fleisch und Fisch auf Camp Stoves gebruzzelt, Musikfetzen und Düfte wehen herüber, Kinder toben trotz Dunkelheit kreischend im flachen Wasser.

Unger fingert die Liste mit Schumanns Angaben über seine Gäste aus der Hosentasche und hält sie ins Licht. „Hör zu, Alter. Vielleicht vögelt Hannah mit einer der Personen, die mit uns am Tisch sitzen. Fangen wir mit Tina und Karl Dittler an. Gemeinsam mit zwei Partnern ist Dittler persönlich haftender Gesellschafter“ – er liest vom Blatt ab – „des Bankhauses Berenson, von Aschenbach und Niehaus. Seine Frau betreibt eine kleine Galerie in Kronberg, wo die beiden auch eine Villa besitzen. Keine Kinder, keine finanziellen Probleme, keine Affären. Seriös, stockkonservativ, strunzlangweilig. Er vermehrt sein eigenes und hoffentlich auch das Geld seiner Kunden, sie versorgt die eitle Taunus-High-Snobiety und neureiche Promi-Szene mit drittklassiger Kunst.“ Er zieht an der Zigarre und bläst den Rauch in die Luft. „Mehrmals im Jahr unternehmen sie Kurztrips nach Florida, um mit deiner Schwester und ihrem Mann zu golfen.“

„Sie besitzen ein Apartment in Miami Beach, im Art Déco-Viertel von South Beach.“

Unger klopft die Asche von der Zigarre und stöhnt: „Florida! Immer wieder Florida! Carli hat dort irgendwelche Luxusbungalows gebaut ...“

„In Bal Harbour“, wirft Schumann ein.

„... und Hannahs Eltern leben dort.“ Er hält kurz inne. „Wusstest du, dass Johann Wisbar nicht der Vater von Hannah ist?“

Schumann nickt. „Ja. Aber sie weiß nicht, dass ich es weiß.“

„Würde mich nicht wundern, wenn Treves und Hädrich ebenfalls Häuser oder Apartments in Florida besitzen.“

Schumann, trocken: „Tun sie.“

„Oh, Scheiße!“ Unger grinst. „Treves arbeitet auch mit Dittler zusammen, nehme ich an.“

Schumann nickt.

„Und da du dein Geld in seiner Bank geparkt hast, steckt natürlich auch Hädrich mit drin.“

Wieder nickt Schumann. Er blickt unglücklich drein.

„Das jeder-kennt-jeden-Prinzip. Alle sind miteinander verbandelt. Jeder deiner Gäste – wer ist eigentlich diese Ute und warum ist Hädrich solo? – könnte der Spion sein.“

„Oder die Spionin.“

„Lass den verdammten Genderscheiß!“

Schumann hebt die Hände. „Schon gut.“ Und: „Ute Hold ist eine Kollegin von Rolf ...“

Unger unterbricht. „Angeblich lernt sich jedes dritte Paar am Arbeitsplatz kennen und ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung hatte schon einmal eine Affäre im Job. Dein Broker und seine Tusse bestätigen die Statistik.“

„Was hat das mit meinem Fall zu tun?“

„Nichts. Ich wollte nur mit meinem Allgemeinwissen protzen.“

Schumann sagt: „Alex lebt getrennt von seiner Frau, die am Tegernsee mit einem neuen Partner fröhlich ihre Tage verbringt. Seine zwölf- und vierzehnjährigen Töchter besuchen ein bayerisches Elite-Internat.“ Dann verwundert, als sei ihm gerade ein Licht aufgegangen: „Und alle, bis auf Hädrichs Ex, sind befreundet, treffen sich zum Golfen in Florida, sind vermutlich Mitglieder im selben Country Club und kennen meine Schwester und ihren Mann.“

„Die Florida-Connection. Fragt sich nur, wer von deiner Mischpoke Kontakt mit jemand von Mia Lab Drug hat, deren CEO – oder wer auch immer – Mitglied im gleichen Golf- oder Country Club ist.“ Unger haut sich auf die Schenkel und keucht: „Die ganze inzüchtige Bande kocht dich ab.“ Und laut: „Die ficken dich! Die wollen auf deine Kosten ihren aufwändigen Lebensstil finanzieren!“

„Du bist paranoid und ...“

Unger schneidet ihm das Wort ab. „Klar bin ich das. Meine Paranoia ist überlebenswichtig.“ Dann, ruhiger: „Ich wollte dir nur vor Augen führen, wie vertrackt die ganze Situation ist und dass Hannah nicht die einzige Verdächtige in diesem Spiel ist.“ Er nimmt einen tiefen Zug und zerbröselt danach den Zigarrenstummel an der Mauer. Er checkt sein Smartphone und googelt Airlines und Flüge. „Du wirst deinen Geburtstag ohne mich feiern. Ich fliege morgen über Frankfurt oder Madrid nach Miami.“ Er hält kurz inne und blickt auf. „Du übernimmst Reisekosten und sämtliche Auslagen.“

„Einverstanden.“ Und: „Mein Reisebüro wird morgen alles arrangieren.“



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