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Er ist mächtig, charismatisch – und absolut unerreichbar. Alexander Kingsbury, CEO des milliardenschweren Familienunternehmens, hat alles: Reichtum, Erfolg und eine Aura, die Frauen schwach werden lässt. Doch an die wahre Liebe glaubt er nicht – bis sein Vater den Kingsbury-Brüdern eine klare Vorgabe macht: Sie sollen sich niederlassen und die richtige Frau finden. Für Alex beginnt eine Suche, die ihn bis nach Russland führt. Emma Hayes, Alex’ loyale Assistentin und beste Freundin, kennt jeden seiner Züge, jede seiner Launen – und liebt ihn heimlich seit Jahren. Als Alex zu einer vielversprechenden Begegnung nach Sankt Petersburg aufbricht, bleibt sie mit gebrochenem Herzen zurück. Doch eine unerwartete Wendung führt die beiden auf eine emotionale Reise, die ihre langjährige Freundschaft auf die Probe stellt. Während Alex erkennt, dass nicht jede Beziehung auf Hochglanz poliert sein muss, steht Emma vor der Entscheidung ihres Lebens: Soll sie für ihre Gefühle kämpfen – oder Alex endgültig loslassen? Eine Geschichte über Macht, Sehnsucht und die Frage, ob wahre Liebe alle Grenzen überwinden kann.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Impressum:
Copyright 2025 by Daniela Felbermayr
Text und Titel: Daniela Felbermayr
Kontakt: [email protected]
Prolog
Kingsbury Manor erhob sich wie ein königliches Juwel aus der sanften Hügellandschaft von Connecticut, umgeben von endlosen Wiesen, dichten Wäldern und einem plätschernden Bach, der sich glitzernd durch das Anwesen schlängelte. Das Herrenhaus aus honigfarbenem Sandstein, gekrönt von vier imposanten Türmen, strahlte eine zeitlose Eleganz aus, die sowohl Ehrfurcht als auch Neugier weckte. Vor dem kunstvoll verzierten Haupteingang sprudelte ein prachtvoller Springbrunnen, dessen Wasserspiel im Licht der Nachmittagssonne tanzte. Umgeben von einem weitläufigen Park mit einem duftenden Rosengarten, einem labyrinthartigen Heckenweg und einem spiegelglatten See, war Kingsbury Manor ein Ort von unvergleichlicher Schönheit – und ein Symbol für Macht, Tradition sowie die scheinbar makellose Fassade der Familie Kingsbury. Ein Ort, an dem Autorität und Eleganz aufeinandertreffen und der an diesem Tag lebendiger war als je zuvor.
Die Nachmittagssonne tauchte das weitläufige Anwesen in ein goldenes Licht. Perfekt gestutzte Hecken, von denen einige die Form majestätischer Löwen trugen, säumten die langen Kieswege. Der Duft von Lavendel , vermischt mit Rosen lag schwer in der Luft, während elegante Gäste mit Champagnerflöten in der Hand durch die Gärten spazierten, sich unterhielten und den Nachmittag mit ihresgleichen genossen. Ein Streichquartett spielte klassische Musik und zwischen den Gästen tummelten sich noble Kellner mit Tabletts. Sie alle waren, aus allen Ecken und Enden der Welt, gekommen, um einen ganz besonderen Mann hochleben zu lassen.
William Kingsbury III, der Patriarch der Kingsbury-Familie, die bis weit über die Landesgrenzen als einflussreich, mächtig und steinreich bekannt war, stand mit geradem Rücken auf der geschwungenen Marmortreppe auf der Terrasse und musterte die Menge wohlwollend. Er hatte derartige Feierlichkeiten – erst recht zu seinen eigenen Ehren – immer gern gemocht. William Kingsbury war trotz des Reichtums, mit dem er aufgewachsen war und den er im Laufe der Jahre vervielfacht hatte, immer ein greifbarer, für seine Verhältnisse sicherlich bodenständiger Mann geblieben, der alte Werte schätzte, gute Gesellschaft und tief verwurzelte Traditionen hochhielt, während er dennoch mit kluger Weitsicht die Zukunft plante. Sein Blick glitt über die Menge, in der er seine Söhne ausmachen konnte. Seine Frau Geraldine hatte ihm im Laufe der Jahre sechs Jungen geschenkt und sie alle waren zu einflussreichen, mächtigen Männern herangewachsen. Da war Alex, sein CEO. Sebastian, ein einflussreicher Anwalt, der auf dem besten Weg war, Gouverneur von New York zu werden. Derek, der die künstlerische Ader seiner Mutter geerbt hatte und nicht nur die gefragteste Galerie New Yorks besaß, sondern mit seinen eigenen Kunstwerken ein Vermögen gemacht hatte. Michael, der als Rennfahrer und Extremsportler Benzin im Blut hatte, Julian, der als gefeierter Architekt maßgeblich zu zahlreichen Skylines der Welt beigetragen hatte und Gabriel, der als Rear Admiral bei den Navy Seals seinem Land diente. Ja, William Kingsbury hatte großartige Söhne, die allesamt großartiges leisteten. Sie alle waren unterschiedlicher, wie sie nicht hätten sein können. Bis auf einen Punkt, in dem sie sich alle ähnlich waren. Keiner seiner Söhne hatte es bislang geschafft, eine langfristige Beziehung zu führen. Sesshaft zu werden. Und Familie war für William Kingsbury III das wichtigste auf der Welt. Nicht Geld, nicht Macht, nicht Einfluss und nicht Ansehen. Familie. Er musste sich keine Sorgen darum machen, Kingsbury International in ihre Hände zu legen, denn sie alle waren dazu in der Lage, das Unternehmen nach bestem Wissen und Gewissen zu führen. Dennoch gab es einen Punkt, der ihm dann und wann Kopfzerbrechen bereitete. Die Kingsbury Brüder waren allesamt alleinstehend. Obwohl sie alle in ihren Dreißigern und Vierzigern waren, hatte keiner seiner Söhne es geschafft, eine Frau zu heiraten und eine Familie zu gründen. Heutzutage ist das ein bisschen anders, relativierte Geraldine bisweilen, wenn William das leidige Thema aufs Tapet brachte, doch diese Ausrede wollte er nicht länger gelten lassen. Er wollte sich in absehbarer Zeit zur Ruhe setzen. Dass seine Jungs die Firma in seinem Sinne weiterführen konnten, war ihm bewusst. Sie hatten von klein auf gelernt, was es hieß, ein Unternehmen wie Kingsbury International zu leiten und sie alle hatten das nötige Handwerkszeug mitbekommen. Es ging ihm aber um mehr. Er wollte, dass eine Söhne dieses grenzenlose Glück, das er aus der Verbindung mit Geraldine schöpfte, ebenfalls kennenlernten. Den sicheren Hafen, den seine Frau ihm nach jedem anstrengenden Tag im Büro ihm bot. Das Gespräch hatte er oft schon in diese Richtung gelenkt. Heute … hatte er sich etwas Besonderes überlegt.
Trotz seiner 75 Jahre war William eine beeindruckende Erscheinung. Sein silbernes Haar glänzte im Licht, und seine tiefe Stimme ließ die Gespräche sämtlicher Gäste abrupt verstummen, als er das Glas erhob.
„Meine Freunde, meine Familie, meine Verbündeten,“ begann er mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, das die Falten um seine Augen betonte. „Ich freue mich sehr, dass ihr alle meiner Einladung gefolgt seid und meinen Ehrentag mit mir begeht. Heute feiern wir nicht nur ein weiteres Jahr in meinem Leben, sondern auch das, was wirklich zählt – Familie. Und wenn ich hier so durch die Reihen von Geschäftspartnern, Freunden und Wegbegleitern blicke, dann wird mir bewusst: ihr alle seid meine Familie. Wenn ich die Jahre so Revue passieren lasse, dann ist da Vieles, was mir in den Sinn kommt. Schöne Erinnerungen gleichsam wie weniger schöne. Wunderbare, gute Zeiten, aber auch herausfordernde. Und eines ist mir klar: All diese Erinnerungen, dieses Elixier des Lebens, wie ich es nenne, wäre nicht möglich gewesen, ohne den wichtigsten Menschen in meinem Leben.“ Er wandte sich seiner Frau zu, die in einem smaragdgrünen Kleid erstrahlte, ihm liebevoll zulächelte und das Glas hob. „...ohne meine wunderbare Frau Geraldine. Meine „Partnerin in Crime“, wie man heute so schön sagt. Geraldine kennt all meine Geheimnisse und ich ihre. Wir haben uns so angenommen, wie wir sind und ich bin dankbar dafür, diese wunderbare Frau an meiner Seite zu haben. Ohne sie … wäre ich nicht der Mann, der ich heute bin.“
Ein Murmeln ging durch die Menge, während Geraldine hinauf zu ihrem Mann ging und zärtlich Williams Arm berührte. Dann erschallte Applaus. „Meine geliebte Frau hat all die Jahre mit mir sämtliche Höhen und Tiefen durchgestanden. Ihr Lachen, ihre Stärke und ihre Liebe haben mein Zuhause zu mehr als nur einem Haus gemacht. Sie hat es zu einem Ort der Liebe und der Wärme gemacht.“ William ließ eine Pause, während seine Stimme ernster wurde. „Ich wünsche meinen Söhnen, dass sie eines Tages dieselbe Liebe finden, die ich in Geraldine gefunden habe. Denn wahre Macht – die wahre Erfüllung – liegt nicht in Geld oder Erfolg, sondern in der Liebe.“
Die Menge applaudierte wieder, doch unter den Gästen herrschte ein leises Raunen. Die Kingsbury-Brüder waren bekannt für ihre Karrieren und ihren Charme, aber keine Frau hatte es je geschafft, einen von ihnen zu binden.
„Ich habe mir daher Gedanken darüber gemacht, wie es meinen Jungs gelingen kann, die Richtige für sich zu finden. Und ich denke, ich muss ihnen einen kleinen Anreiz geben.“ Das Murmeln in der Menge verstummte augenblicklich wieder und die Menschen starrten William gebannt an. „Ich gebe meinen Söhnen ein Jahr Zeit. Ein Jahr, sich von ihrem ungezwungenen Leben zu verabschieden und Frauen zu finden, die es ernst meinen. Frauen, die rechtschaffen sind, die meine Jungs auch dann lieben würden, wenn sie nicht das Glück hätten, im Umfeld der Kingsburys leben zu können. Meine Söhne sind allesamt gute Männer und ich weiß, dass es viele junge Damen gibt, die an ihnen interessiert sind. Ich fordere sie nun dazu auf, erwachsen zu werden. Dieses „Lotterleben“ aufzugeben, sesshaft zu werden. So, wie es sich für einen echten Kingsbury gehört. Und um dem ganzen etwas Würze zu verleihen: derjenige, der heute in einem Jahr immer noch keine ehrliche, gute Frau an seiner Seite hat, wird seinen Anteil am Erbe des Kingsbury-Vermögens verlieren.“
Wieder ging ein ungläubiges Raunen und Murmeln durch die Menge, während William verschmitzt grinste. „Und nun, meine Freunde, lasst uns weiterfeiern und diesen herrlichen Tag zusammen genießen.“
***
Alexander – Alex - Kingsbury stand mit dieser lässigen Eleganz, die scheinbar in jeder einzelnen Pore seines Körpers wohnte, abseits der Menge. Sein maßgeschneiderter, dunkelblauer Anzug saß perfekt, seine scharf geschnittenen Gesichtszüge ließen ihn makellos und unnahbar, aber gleichzeitig extrem anziehend wirken und sein Glas Champagner war halb leer. Den Rest kippte er jetzt hinunter, nachdem sein Vater diese völlig absurde Ansage gemacht hatte. Was war dem alten Mann da nur wieder eingefallen? Alex war der Inbegriff eines mächtigen Mannes – erfolgreich, attraktiv und von einer unerschütterlichen Selbstsicherheit umgeben, die ihn im Job zu einem absoluten Hardliner machte. Alex verströmte eine Art Dominanz, unter der jeder einknickte. Er war eiskalt und steinhart, wenn er es darauf anlegte. Auch während die Worte seines Vaters über Liebe durch den Garten hallten, verzog Alex keine Miene. Liebe war etwas, das ihn nicht berührte. Ihn noch nie berührt hatte. Er war ein Lebemann, jemand, der es vorzog, sein Leben in vollen Zügen zu genießen, ohne sich an jemanden zu binden. Da draußen gab es so viele wunderbare Frauen, eine schöner und jünger als die andere. Und sie alle lagen ihm zu Füßen. Wozu sollte er sich da auf eine einzige konzentrieren?
Neben ihm stand Emma Hayes, seine langjährige Assistentin, die bereits für William gearbeitet hatte, ehe der seine Aufgaben an seinen ältesten Sohn übertragen hatte – und die einzige Konstante in Alex bisweilen sehr turbulentem Leben. Ihre Augen waren auf William gerichtet, doch in ihrem Inneren tobte ein Sturm. Sie bewunderte den Patriarchen und die Worte, die er für seine Frau fand – aber noch mehr sehnte sie sich danach, dass Alex eines Tages mit ähnlichen Worten über sie sprach. Sie wusste, dass das albern war. Alex Kingsbury war ihre ganze Welt, aber für ihn war sie nur die beste Freundin-Schrägstrich-Assistentin. Die Frau, die seine Termine organisierte, seine Telefongespräche annahm, seine Launen ertrug und dafür sorgte, dass sein Leben beruflich wie auch privat reibungslos verlief. Und mit der er sich so manchen Samstagabend auf der Couch vertrieb, vor einem Footballspiel und mit einer fettigen Pizza, direkt aus dem Karton.
Emma versuchte, ihre Gedanken in den Griff zu bekommen, während Alex sich leicht zu ihr beugte. „Wirklich inspirierend, nicht wahr?“ Seine Stimme hatte diesen spöttischen Unterton, der sie einerseits amüsierte und andererseits verletzte. Sie wusste nicht, warum Alex so hart geworden war. Sie kannte ihn jetzt sechs Jahre und in dieser Zeit waren die Beiden wirklich eng miteinander geworden. Warum Alex aber mit Liebe so gar nichts anfangen konnte, wusste sie nicht. Andererseits hatte sie auch keine Vorstellung davon, wie sie wohl reagiert hätte, wäre Alex mit einer der zahllosen Frauen, die er datete, tatsächlich eine ernsthafte Beziehung eingegangen. Für Emma war es schwer, mit anzusehen, wie Alex sich durch die Society datete und jede Woche eine andere Frau traf. Sie hatte sich ab der ersten Sekunde, als sie ihn gesehen hatte, in ihn verliebt. Und es seither dummerweise nicht mehr geschafft, von ihm loszukommen. Für Alex war sie seit jeher die beste Freundin, die man überhaupt haben konnte. Sie wusste alles von ihm, die beiden hatten keine Geheimnisse voreinander, was vermutlich auch der Schlüssel zu ihrer Zusammenarbeit war. Sie vertrauten einander auf ganzer Linie.
„Es war wunderschön“, erwiderte sie mit einem kleinen Lächeln, das ihre inneren Gefühle verbarg. „Dein Vater weiß, was eine Frau hören muss. Die Liebeserklärung an deine Mutter … war der Wahnsinn.“
„Oh, er weiß aber auch, wie man Druck macht“, fügte Alex hinzu und schüttelte den Kopf. „Diese ganze Sache mit der Liebe. Der spinnt doch. Ich hoffe, dieses „Ultimatum“ ist nur das Ergebnis des Scotch, den er heute schon getrunken hat. Die wahre Liebe zu finden. Was für ein Blödsinn. Glaubst du wirklich, das ist so einfach?“
Emma lachte leise, auch wenn ihr Herz dabei schwer wurde. „Vielleicht ist es einfacher, als du denkst.“
Alex grinste sie an, und für einen Moment glaubte Emma, etwas in seinen Augen zu sehen – etwas Tieferes, Bedeutenderes. Doch bevor sie sich darauf einen Reim darauf machen konnte, wandte er sich wieder dem Geschehen zu – genauer gesagt dem Kellner, der mit einem Tablett voller mit Dom Perignon gefüllter Gläser seine Runden drehte. Konnte es denn wirklich sein, dass nur sie diese tiefe, innere Bindung spürte, die zwischen ihnen beiden existierte? Dass sie für Alex schlicht und einfach seine Assistentin war, die im Laufe der Jahre seine Verbündete, seine beste Freundin geworden war?
Für ihn bin ich nur Emma, dachte sie und senkte den Blick. Die gute alte Emma, die seine Termine managed, seine Dates organisiert und die immer ein kühles Sixpack im Kühlschrank hat, wenn die NFL-Playoffs laufen. Und das werde ich auf ewig bleiben. Doch tief in ihrem Herzen wünschte sie, dass Alex eines Tages erkennen würde, dass sie mehr sein könnte – mehr sein wollte. Sie beide waren sich so ähnlich. Sie hatten denselben Geschmack, was Filme, Musik und Bücher betraf, beendeten die Sätze des anderen gegenseitig. Bevorzugten es beide, einen gemütlichen Abend zu Hause zu veranstalten, als um die Häuser zu ziehen. Sie waren beide tierlieb, hatten diesen leicht dreckigen, schwarzen Humor und … waren einfach füreinander geschaffen. Alex musste nur noch realisieren, dass SIE die Richtige für ihn war, und nicht all die Starlets, die um ihn herumscharwenzelten. Dieses Konzept „Boss verliebt sich in seine Assistentin“ hatte doch schon in Millionen von Liebesromanen funktioniert, weshalb also funktionierte es dann nicht bei ihr und Alex in der Realität? Vielleicht war dies ihre Chance. Vielleicht war dieser Tag heut der Anstoß dafür, für ihre Gefühle und die Liebe zu kämpfen. Vielleicht war es jetzt endlich Zeit, über ihren Schatten zu springen und dafür zu sorgen, dass sie glücklich wurde.
„Hier, eiskalt, wie du ihn magst.“ Alex reichte ihr ein Glas Champagner, stieß mit ihr an und sah in ihre Augen. Jedes Mal, wenn er das Tat, fühlte sie einen kleinen, elektrischen Schlag. „Und weißt du was – da vorne habe ich diese Lachscanapees gesehen, die du so liebst. Was hältst du davon, wenn wir uns mit einer Flasche Champagner und einem Tablett Lachsbrötchen runter an den Steg am See verziehen. Ich habe genug von den Feierlichkeiten hier.“ Alex nahm Emma an der Hand und zog sie in Richtung der Kellnerin mit den Brötchen.
Während die Party in vollem Gange war und die ersten Töne eines Orchesters durch die Luft schwebten, wusste Emma eines sicher: Heute war vielleicht der Geburtstag von William Kingsbury, aber in ihrem Inneren begann ein neues Kapitel. Eines, das sie entweder auf Wolke sieben bringen oder ihr Herz endgültig brechen würde.
EINS
Das opulente Esszimmer von Kingsbury Manor strahlte in warmem Licht, das von den unzähligen Kerzen und dem riesigen Kronleuchter über dem Tisch reflektiert wurde. Der lange, aus dunklem Mahagoni geschnitzte Tisch war gedeckt mit funkelndem Kristall, poliertem Silberbesteck und Porzellan, das mit dem goldenen Monogramm der Kingsburys verziert war. Der Raum duftete nach Kräutern, gebratenem Fleisch und frisch gebackenem Brot – eine Einladung an jeden, der die Schwelle betrat. Seit Williams Ankündigung an seine Söhne waren drei Wochen vergangen und die Brüder waren zum ersten Mal wieder alle an einem Tisch versammelt. Natürlich war die „Aufgabe“ an die Kingsbury-Söhne DAS Thema der Stunde.
„Es ist also soweit,“ begann Sebastian, der zweitälteste Bruder, mit einem sarkastischen Unterton, während er sich in seinen Stuhl sinken ließ und ein Glas Rotwein anhob. „Der alte Herr hat entschieden, dass wir alle Heiratsmaterial werden müssen. Ich hätte nicht gedacht, dass er jemals so sentimental wird.“
Alexander, am Kopfende des Tisches sitzend, grinste schief und schüttelte den Kopf. „Komm schon, Seb. Es geht nicht darum, sentimental zu werden. Es geht darum, sicherzustellen, dass das Familienerbe in ... wie hat er es genannt? Soliden Händen bleibt.“ Sein Tonfall war ebenso spöttisch, doch in seinen Augen blitzte Belustigung auf.
„Ach, natürlich,“ mischte sich Derek ein, der drittälteste Bruder, ein Mann mit einem Hauch von künstlerischer Exzentrik. Er warf eine Brotkrume in die Luft und fing sie mit dem Mund wieder auf. „Weil der Erfolg der Firma ja davon abhängt, ob wir verheiratet sind oder nicht. Ich wusste gar nicht, dass der Beziehungsstatus der Geschäftsführung mit dem Erfolg des Unternehmen korreliert. Wenn dem so ist, sind wir ohnehin dem Untergang geweiht, wenn man sich mal ansieht, wie solide Alex‘ Beziehungen bisher waren – und er ist der CEO.“
Gelächter ging um den Tisch, und Alex, der gewohnt war, Zielscheibe solcher Scherze zu sein, zuckte nur mit den Schultern. „Zumindest bin ich ehrlich mit meinen Absichten,“ erwiderte er trocken. „Ich habe niemals einer Frau falsche Hoffnungen gemacht, um bei ihr zu landen. Bei mir wissen sie ab der ersten Sekunde, woran sie sind. Damit bin ich nie falsch gelegen. Ich mache mir keine Sorgen, aus Dads Testament zu fliegen. Wenn er meint, dass wir alle sesshaft werden müssen, dann … suche ich eben eine Gespielin für die nächsten ein, zwei Jahre. Nichts leichter als das. Und außerdem – Emma ist da, um mich in solchen Dingen zu beraten. Sie ist meine strategische Geheimwaffe und wird die perfekte zukünftige Mrs. Kingsbury für mich finden.“
Emma, die etwas abseits von Alex saß, fühlte, wie sich alle Blicke auf sie richteten. Sie errötete leicht, versuchte aber, selbstbewusst zu lächeln. Sie war es gewöhnt, im Kreise der Kingsburys aufgenommen zu sein und fühlte sich niemals außen vor. Meist fühlte es sich an, als wäre sie längst ein Teil der Familie. Und als solchen konnte sie sich insgeheim ohnehin schon bezeichnen. Sie kannte zahlreiche Geheimnisse der Kingsburys – persönliche, wie auch berufliche. Etwas, was ihr Job als Assistentin des CEOs unweigerlich mit sich brachte. Wenn man als Assistentin nicht auch auf menschlicher Ebene mit seinem Boss auf einer Wellenlänge war, dann nutzte die beste Ausbildung nichts. „Oh Alex, ich weiß nicht, ob ich dafür qualifiziert bin,“ sagte sie und hob entschuldigend die Hände. „Ich meine, ich bin nur die Assistentin. In Liebesdingen holst du dir besser anderswo Rat.“
„Nur die Assistentin?“ wiederholte Michael, der vierte Bruder und Rennfahrer der Familie, mit einem schelmischen Grinsen. Er war der Geschwindigkeitsjunkie und war schon mehr als nur einmal ganz knapp mit dem Leben davongekommen. Michael liebte die Geschwindigkeit und das Risiko. Nur, sich auf die Liebe einzulassen, war selbst ihm zu gefährlich. „Emma, Alex wäre ohne dich doch völlig verloren.“
„Absolut,“ fügte Julian hinzu, der kontrollierte und analytische Architekt. „Ich meine, wer würde sonst seine Krawatten für ihn binden? Und ihm zeigen, wie die Welt funktioniert.“
Emma lachte, obwohl der Kommentar sie ein wenig stach. Sie war mehr als eine Assistentin, das wusste sie. Sie war Alex’ rechte Hand, seine Vertraute – und, zumindest aus ihrer Sicht, die Frau, die ihn wie kein anderer verstand. Aber für die anderen Kingsburys war sie offensichtlich nur ein weiteres Puzzleteil in Alex’ perfektem Leben, auch, wenn sie sie sehr zu schätzen wussten.
„Es ist wirklich schön, wieder einmal alle meine Söhne an einem Tisch zu haben,“ begann William mit einer Stimme, die fest und zugleich wohlwollend klang, nachdem er und Geraldine das Esszimmer betreten hatten. „Das erinnert mich daran, warum ich, und meine Vorfahren vor mir, das alles aufgebaut habe – nicht für uns allein, sondern für euch. Und für die Generationen, die nach euch kommen werden.“
Alex, am anderen Ende des Tisches sitzend, stellte sein Glas Wein ab und sah seinen Vater herausfordernd an. „Ich nehme an, das ist die Überleitung zu deinem neuen Lieblingsthema, oder?“
Ein leichtes Lächeln umspielte Williams Lippen. „Und ich nehme an, du spielst auf meine Aufforderung an, dass ihr euch endlich niederlassen sollt. Und ja, ich meine das ernst.“
Die Brüder tauschten Blicke. Sebastian zog eine Augenbraue hoch, Derek lehnte sich demonstrativ in seinem Stuhl zurück, und Michael schüttelte unmerklich den Kopf. Gabriel, der jüngste der Brüder, sah seinen Vater hingegen nachdenklich an.
„Dad,“ begann Alex schließlich, „wir haben über diese Sache doch schon mehrfach gesprochen. Wir führen unsere Unternehmen, die allesamt mit Kingsbury International verbunden sind, ohne Beanstandung. Kingsbury International selbst ist eines der erfolgreichsten Unternehmen in den USA, sogar weltweit. Wir tragen die Verantwortung für deinen Namen und dein Erbe und das machen wir sehr gut – ist das nicht genug? Was ändert eine Beziehung? Oder gar eine Ehe? Noch dazu eine, die unter Druck entsteht?“
William schüttelte den Kopf, während Geraldine ihm eine sanfte Hand auf den Arm legte. „Es geht nicht nur darum, Alex, dass sich etwas ändert. Es geht darum, etwas aufzubauen, das bleibt, wenn du einmal nicht mehr bist. Einen Teil von euch weiterzugeben. Glaubt ihr wirklich, dass ich ewig hier sitzen werde, um euch an diese Dinge zu erinnern? Einer von euch wird einmal in meine Fußstapfen treten müssen. Die Familie Kingsbury wird weiterbestehen müssen. Oder was denkt ihr, passiert, wenn ihr alle Junggesellen bleibt, die nur auf Spaß aus sind. Ihr seid alle in einem Alter, in dem man langsam darüber nachdenken muss, sesshaft zu werden. Ich weiß, dass die Zeiten sich geändert haben und dass vieles nicht mehr so ist wie früher. Aber die Kingsburys sind eine Institution in den vereinigten Staaten und wir haben die Verpflichtung, unsere Familie fortbestehen zu lassen.“
Die Worte ließen den Raum für einen Moment verstummen. Geraldine, die in solchen Situationen oft die Vermittlerin spielte, wandte sich mit einem freundlichen Lächeln an Emma, die still zwischen Alex und Gabriel saß. „Und was ist mit Ihnen, Emma? Sie kennen meine Söhne wohl besser als jeder andere. Glauben Sie, sie hören auf ihren Vater?“
Emma errötete leicht, überrascht von der direkten Frage. „Nun, Mrs. Kingsbury,“ begann sie höflich, „ich denke, Ihre Söhne haben ihren eigenen Kopf. Allesamt. Aber ich weiß, dass sie die Werte ihrer Familie sehr schätzen. Und … man weiß ja nie. Vielleicht ergibt sich die eine oder andere Bekanntschaft, mit der keiner von ihnen jetzt rechnet. Das Leben geht manchmal ganz eigenartige Wege.“
William lachte leise, ein tiefer, wohltuender Klang. „Eine diplomatische Antwort, wie es sich für eine gute Assistentin gehört. Aber ich frage mich, Emma – arbeiten Sie nicht schon zu lange für Alex, um nicht zu wissen, dass er am besten durch klare Worte überzeugt wird?“
Emma lächelte verlegen und warf Alex einen kurzen Blick zu, der unbeteiligt schien, aber aufmerksam mit den Fingern am Rand seines Glases spielte. Klare Worte … wie „Alex, ich bin seit Jahren in dich verliebt und denke, dass ich die Richtige für dich bin. Lass es uns miteinander versuchen“. Sie schmunzelte in sich hinein. Am Ende hatte William gar nicht so unrecht. Dennoch würde Emma es niemals über sich bringen, Alex in die Richtung zu dirigieren, die ihr vorschwebte – schon gar nicht so direkt. „Ich versuche mein Bestes, Mr. Kingsbury. Aber ich glaube, manche Dinge müssen Ihre Söhne selbst herausfinden.“
Geraldine nickte zustimmend. „Sie haben recht, Emma. Aber vergessen Sie nicht, dass manchmal die Menschen, die einem am nächsten stehen, die größten Einflüsse haben. Vielleicht sollten Sie wirklich eine Frau für unseren Alex auswählen. Ich glaube, Sie wissen besser, was gut für ihn ist als er selbst.“ Sie schmunzelte.
William richtete sich in seinem Stuhl auf und sah mit scharfem Blick in die Runde. „Ich will, dass ihr alle versteht, dass das hier kein Scherz ist. Ich habe euch Werte beigebracht, und einer davon ist, Verantwortung zu übernehmen. Es ist Zeit, dass ihr das auch in eurem Privatleben tut. Ihr seid Kingsburys – das bedeutet, dass ihr nicht nur für euch selbst lebt.“
„Und was ist, wenn wir nicht die richtige Frau finden?“ warf Sebastian ein, seine Stimme voller Ironie. „Sollen wir uns jemanden backen? Oder mit irgendeiner Dame aufkreuzen, nur um dir eine Freundin zu präsentieren?“
William runzelte die Stirn. „Ihr habt die Welt zu euren Füßen. Ihr reist um die halbe Welt, trefft die klügsten und schönsten Frauen. Wenn ihr da niemanden findet, dann liegt das nicht an den Anderen, sondern an euch. Ist das denn so schwer zu verstehen?“
Alex lachte leise. „Keine Sorge, Dad. Wir hören dich laut und deutlich. Aber ich denke, es wird schwer sein, deinen Erwartungen gerecht zu werden. Heutzutage „die Richtige“ zu finden, ist nicht mehr so, wie damals, in den Sechzigern. Warum denkst du, gibt es heute mehr Singles auf der Welt als irgendwann zuvor?“
Emma, die das Gespräch schweigend verfolgt hatte, fühlte ein seltsames Ziehen in ihrer Brust. Die Vorstellung, dass Alex tatsächlich eine Frau finden könnte, die ihn erfüllte, die „die Richtige“ für ihn war, war ein bittersüßer Gedanke, der ein mulmiges Gefühl in ihr auslöste. Doch gleichzeitig spürte sie, dass Williams Worte etwas in Alex bewegten, auch wenn er es nicht zugab. Alex hatte sich niemals Gedanken darüber gemacht, eine Frau „ernsthaft“ zu daten. Er hatte hier und dort Spaß mit vielen Frauen, legte sich aber niemals fest. Und vermutlich war es gerade das, weshalb Emma mit ihrer Schwäche für Alex so gut umgehen konnte. Im Grunde war sie die einzige Konstante in seinem Leben. Die Frau an seiner Seite. Wenn er jetzt aber zwangsläufig nach einer suchen musste, die ihr diese Rolle streitig machte … sie würde nicht drum herumkommen, ihre Chance wahrzunehmen. Ihm zu sagen, was sie für ihn empfand. Vielleicht nicht so plump, wie ihr das jetzt durch den Kopf ging, aber … sie würde sich herantasten müssen. Jetzt oder nie.
Während das Gespräch sich wieder entspannte und die Brüder begannen, über weniger ernste Themen zu sprechen, lehnte sich Geraldine leicht zu Emma hinüber. „Emma,“ sagte sie leise, „ich hoffe, dass Sie wissen, wie wichtig Sie für Alex sind. Er spricht oft von Ihnen. Und ihm ist sehr bewusst, was er an Ihnen hat.“
Emma errötete erneut und zwang sich zu einem Lächeln. „Das ist sehr nett von Ihnen, Mrs. Kingsbury. Ich versuche einfach, meine Arbeit gut zu machen.“
„Das tun Sie,“ antwortete Geraldine mit einem wissenden Blick. „Vielleicht sogar mehr, als er verdient.“ Sie zwinkerte Emma zu und berührte ihren Arm.
Das Abendessen zog sich in einer Mischung aus Scherzen und Diskussionen dahin, und nachdem es vorüber war, lockerte sich die Gesellschaft ein bisschen auf. Gabriel, der jüngste der Brüder, meinte: „Vielleicht sollten wir uns die Worte von Dad zu Herzen nehmen. Ich meine, er hat schließlich recht. Wir repräsentieren die Firma nach außen Und … dass Skandale einer Institution wie Kingsbury International eher schaden, als nutzen, wissen wir alle.“
„Ach, Gabe,“ sagte Sebastian und klopfte ihm auf die Schulter. „Du wirst noch früh genug merken, dass die Erwartungen unserer Familie nicht unbedingt immer mit unserer Definition von Glück übereinstimmen. Und keiner von uns hatte jemals einen handfesten Skandal.“
„Du weißt, was ich meine“, sagte Gabe, der wohl darauf anspielte, dass gerade Alex bereits des Öfteren in Klatschspalten aufgetaucht war.
***
Nachdem das Dessert serviert und der Wein ausgiebig genossen worden war, löste sich die Runde langsam auf. Einige der Brüder zogen sich in die Bibliothek zurück, andere in ihre Zimmer. Alex und Emma blieben auf der Terrasse, wo die kühle Nachtluft eine willkommene Erfrischung nach der Hitze des Esszimmers bot.
„Das war doch gar nicht so schlimm, oder?“ fragte Alex und lehnte sich lässig an die Brüstung, während er ein Glas Whiskey in der Hand hielt. Sein Hemd war am Kragen aufgeknöpft, und er wirkte entspannt, fast charmant in seiner Nonchalance. Er war … so unsagbar wunderschön, stellte Emma einmal mehr fest.
„Nein, gar nicht,“ antwortete sie und schlang die Arme um sich, um die nächtliche Kühle abzuwehren.