Klaus - Uta Bahlo - E-Book

Klaus E-Book

Uta Bahlo

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Beschreibung

Als Kuckuckshund wächst Klaus in einer Pflegefamilie auf (bei einer Katze und einem Schäferhund). Er wird irgendwann adoptiert, kann dort aber nicht alleine zuhause bleiben, da er Schuhe und Sofakissen in deren Bestandteile zerlegt. Muss gezwungenermaßen täglich sein Herrchen Hauptkommissar Kai Brodersen ins Itzehoer Polizeipräsidium begleiten. Schnell ist er in polizeiliche Dinge involviert und hilft bei der einen und anderen Verbrechensaufklärung. Bei einem Casting für den Mops ›Frank‹ aus ›Men in Black‹, bleibt Klaus leider auf der Strecke. Ein weiterer Rückschlag: nach vergeigtem Wesenstest wird der Maulkorb zu seinem vorübergehenden Begleiter. Anstatt einer Ausbildung zum Trüffelhund wird Klaus Leichenspürhund – auch schön. Ein Anschlag auf sein Herrchen Kai wird zur Belastungsprobe. Die nachfolgende Jagd auf den Schützen beginnt. Gemeinsam mit seinen Freunden – den fünf Musketieren – wie sie sich nennen, fördern sie nicht nur die Täter zu Tage.

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Uta Bahlo

Klaus

ein Polizeihund packt aus

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Mitwirkende:

Vorstellungsrunde

Eine Tote und andere kaputte Sachen

Wesenstest

Einsatz

AC/DC mitten in der Nacht

Tod des Bürgermeisters

Hausdurchsuchung

Das große Fressen und Guerilla-Trupps

Die Zeit mit dem Trichter

Das Verhör 1.0

Utes Flucht

Verhör 2.0

Dicker Mops

Leben ohne Handicap

Der erste Kontakt

Erklärungsversuche

Alleingang

Vier Musketiere und eine Diva

Trüffelhund

Vermisst und zugenäht

Schüsse am helllichten Tag

Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst

Jagd nach dem Schützen

Auf Motivsuche

Zugriff

Ende gut – alles gut

Abspann

ENDE

Auf ein Wort …

Für´ s Protokoll

Impressum neobooks

Mitwirkende:

Mops Klaus: als Kuckuckshund wächst er in einer Pflegefamilie auf (bei einer Katze und einem Schäferhund). Nach der Adoption durch Hauptkommissar Kai Brodersen, kann und will Klaus nicht alleine zu Hause bleiben. Er zerlegt Schuhe und Sofakissen in deren einzelne Bestandteile. Muss nun gezwungenermaßen täglich sein Herrchen ins Itzehoer Polizeipräsidium begleiten. Schnell ist Klaus in polizeiliche Dinge involviert und hilft bei der einen und anderen Verbrechensaufklärung.

Beim einem Casting für den Mops ›Frank‹ aus ›Men in Black‹, bleibt Klaus leider auf der Strecke. Ein weiterer Rückschlag: nach vergeigtem Wesenstest wird der Maulkorb zu seinem vorübergehenden Begleiter. Anstatt einer Ausbildung zum Trüffelhund wird Klaus Leichenspürhund – auch schön. Ein Anschlag auf sein Herrchen Kai wird zur Belastungsprobe. Die nachfolgende Jagd auf den Schützen beginnt. Gemeinsam mit seinen Freunden – den ›fünf Musketieren‹ – wie sie sich nennen, fördern sie nicht nur die Täter zu Tage.

Kai Brodersen: Hauptkommissar und Herrchen von Klaus. Seine Haare haben ihn verlassen, genauso wie seine Ehefrau Heike. Lässt sich nach der Trennung körperlich gehen und ist eine Herausforderung für jeden Stylisten. Klaus ist das einzige, was ihm geblieben ist. Er nimmt ihn mit zu den täglichen Einsätzen. Der Mops wird zu seinem persönlichen, von den Kollegen geduldeten, Polizeihund – seinem Deputy.

Brodersen fühlt sich schuldig an der sinnlosen Operation an seinem Hund Klaus.

Der hatte Beweismittel A und B gefressen und war eine Zeit lang an einen Plastikkragen gefesselt.

Gunnar Block: Polizeiobermeister und Kollege von Kai Brodersen. Jung, sportlich, ansehnlich. Ein Frauentyp, den auch Männer nicht von der Bettkante schubsen würden.

Wenn sein langes, lockiges Terrier-Fell feucht wird, sieht es aus wie ein aufgeplatztes Sofakissen. Er leidet an einer Fell-Phobie, die sich seit seiner Kindheit manifestiert hat.

Ausgelöst durch Meerschweinchen, die durch seine soziale Inkompetenz wegstarben!

Spikey: Spion unter den Katzen. Auch Hunde profitieren von seinen Erfahrungen. Er ist Meister der Tarnung und Informant von Klaus. Taucht immer wieder in absurden Verkleidungen auf und teilt seinem Kumpel bevorstehende Verbrechen mit. Bittet ihn um Hilfe bei der Aufklärung eines Falles. Ist für den Posten der ›First Cat‹ im Schloss Bellevue und den 00-Status für Geheimagenten vorgeschlagen.

Ist an der Aufklärung des Anschlages auf Kai Brodersen (Klaus´ Herrchen) beteiligt.

Longlash: schwarze Katze mit neo-spirituellen Fähigkeiten. Gehört der Gruppe der ›Black Cats‹ an. Hilft bei der Aufklärung eines Vergiftungsverbrechens und dem Anschlag auf Kai Brodersen. Zuerst noch ›Diva‹, später dann volles Mitglied der fünf Musketiere. Kann durch ihre mentalen Kräfte nicht nur Türen öffnen.

Knuth: ein Rhodesian Ridgeback. Nach einem Verkehrsunfall, bei dem Klaus verletzt wird, zieht er ihn von der Straße. Wird ein guter Freund und ist der Hund für´ s Grobe. Sein Herrchen spielt in der Itzehoer Basketball-Liga (Eagles) und ist dort der beste Werfer.

Auch Knuth gehört zu den Musketieren.

Bingo: der schwarze Deckrüde gehört zur Familie der Möpse. Trotz eigener Familie (Hündin und zwei Welpen) und der Gefahr getötet zu werden, hilft er den anderen Freunden bei der Verbrechensaufklärung.

Ein toller Typ. Kein Schnacker, sondern ein Macher. Auch er gehört zur Truppe der Musketiere.

Statistin: Ghostwriterin. Möchte unerwähnt bleiben und lieber in der Anonymität agieren. Sie kann als einzige schreiben. Ich halte sie für schlau.

Kennt ziemlich viele Fremdwörter. Leider, beziehungsweise Gott sei Dank, konnten hier nicht alle untergebracht werden.

Ist auch schon mit einer kleineren Buchauflage zufrieden.

Macht mehr, mal weniger schlaue Zwischenbemerkungen, greift somit ganz bewusst in das Manuskript ein und mischt die Geschichte ein wenig auf. Liegt dadurch häufig im Clinch mit Klaus. Möchte nicht Tippse genannt werden. Lässt sich nicht erpressen, schmeißt eher alles hin, sagt sie.

Vorstellungsrunde

Moinsen, mein Name ist Klaus. Diejenigen, die mich noch nicht kennen, ich bin ein Hund. Aber nicht irgendein Hund – womöglich noch eine Promenadenmischung – oh Gott nein, ich bin ein reinrassiger Mops. Allerdings liegt ein dunkler Schatten auf meinem Stammbaum. Ich bin nämlich ein Kuckuckshund. Meine alleinerziehende Mama lebte damals mit mir auf der Straße. Ihre Zukunft war alles andere als rosig und somit auch meine. Also überlegte sie sich: er ist klein, er ist süß, den kann ich jedem Rudel ins Gehege werfen. Was sie dann auch tat.

Ich wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Mein Ziehvater war ein Schäferhund, meine Ziehmutter eine Katze. Die waren immer sehr lieb zu mir, trotzdem ich manchmal ein Hitzkopf war – immer mit der Schnauze durch die Wand. Ich glaube, ich bin so Pi mal Daumen vier Jahre alt, sehe aber älter aus. Bin auch schon reifer, als andere Hunde in meinem Alter. Ich komme aus einem kleinen Kaff in Schleswig-Holstein, dessen Namen ich leider vergessen habe. Meinen genauen Geburtstag kenne ich auch nicht. (Sie dürfen ruhig traurig sein, mich nimmt das auch immer wieder mit, wenn ich davon erzähle.)

Zu meiner Pflegefamilie gehörte auch eine Zeit lang der verhaltensauffällige Pit Bull ›Knife‹. Er war unser Sorgenkind und litt unter dem Tourette-Syndrom. Obwohl ich aus heutiger Sicht vermute, dass wir darunter litten, nicht er. Nirgendwo konnten wir mit ihm hingehen, da er alle Tiere und auch Menschen mit Schimpfwörtern quälte. Einfach so, aus dem Nichts heraus, führte er sich auf wie ein Wahnsinniger, rotierte mehrfach um seine eigene Achse und jagte seinen Schwanz. Dabei kläffte er herum. Literweise sammelte sich zähflüssiger Speichel in seinem Maul und quoll aus den Lefzen. Der hatte ordentlich einen an der Waffel.

Und warum musste es immer das Wort ›Kacken‹ sein? Wieso kannten Tourette-Hunde keine harmlosen Wörter wie zum Beispiel … Hologramm oder … Katzenwäsche!?

Manchmal dachte ich schon, dass die Tourette-Störung von ihm nur vorgeschoben wurde, um sich wichtig zu machen.

Irgendwann erhielten wir die Nachricht, dass ›Knife‹ überfahren wurde. Vielleicht war das besser so.

Ich bin ein Hund der Küste und der frischen Brise. Ich hab Rasse, ich hab Klasse und bin mit einer vorzüglich ausgebildeten Spürnase ausgestattet. Sie brauchen gar nicht lachen, meine Nase ist zwar flach, aber meine Flimmerhärchen sind permanent aktiv und fein-sensorisch. Mein Körperbau – athletisch. Meine Körperhaltung hat etwas Tänzerisches, fast Ballerinahaftes. Wenn ich noch länger über mich nachdenke, haben meine Bewegungen schon fast etwas Sinnliches. Prämierte Kopfform, süße Schlappohren und niedliches Ringelschwänzchen komplettieren mich. (Nun kriegen sie sich mal wieder ein!)

Sie fragen sich jetzt bestimmt, wie ich zum Schreiben gekommen bin? Gar nicht. Ich kann nämlich nicht schreiben. Ich muss es zugeben, meine Pfoten machen das nicht mit. Aber ein lieber Mensch (eine Frau!), die nur am Rande erwähnt werden möchte, kann schreiben und stand mir hilfreich zur Seite. Ich war ja zuerst skeptisch, ob es klappen würde, doch diese Person hatte gleich eine so emphatische Ausstrahlung, dass ich nach mehrfachem, gemeinsamem Brainstorming zuversichtlich war. Wollte schon mein Herrchen Kai und meine … ähm … Tippse verkuppeln, hat aber nicht geklappt. Sie sagte, er wäre nicht ihr Typ.

Ich erfahre gerade, dass man nicht Tippse sagt. Das Wort habe ich irgendwo mal aufgeschnappt und da es sich um meine Geschichte handelt, muss sie das Wort genauso stehen lassen. Ich habe ihr unmissverständlich klar gemacht, dass ich sonst auch alleine weiter schreiben könnte.

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Wir konnten uns einigen.

Sie roch bestimmt schon an der ganzen Kohle, die wir mit diesem Buch machen würden.

Tippse … Tippse … Tippse! Wauwauwau. Das macht vielleicht Spaß.

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Mit diesem Buch möchte ich aus meinem Leben als Polizeihund berichten, meiner späteren Zusatzausbildung zum Trüffelhund und einem missglückten Casting für die Rolle des Mops ›Frank‹, im Film ›Men in Black‹. Eigentlich ist die Sache mit dem Casting schnell erzählt – fünf Minuten lang habe ich gesungen und mir die Seele aus dem Leib getanzt … dann war ich raus. Und dass ich das blecherne Krächzen eines Fasanen imitieren konnte, interessierte auch niemanden. Dabei hätte ich so gerne – nur einmal in meinem Leben – einen schwarzen Anzug mit Fliege getragen. Irgendein Dilettant rühmt sich jetzt mit der Rolle.

Höchstwahrscheinlich der Typ mit der ›Inselbegabung‹, der aus dem Stand einen Flick-Flack fliegen konnte. Das war den Herren Produzenten wahrscheinlich wichtiger, als eine vernünftige Sprechrolle.

Was soll´s – shit happens.

Ich bin gleich mit zwei Fällen beauftragt, der Vergiftung zweier Menschen und an einer versuchten Tötung zum Nachteil von Kai, meines Herrchens. (Was ist denn, bitteschön, eine Tötung zum Nachteil einer Person? Was denn sonst!) Beim Fall des Tötungsversuches kommen wieder die italienischen Mazzarelli-Brüder ins Spiel. Sie waren Hauptpersonen in den Büchern Die Liga der außergewöhnlichen Idioten und Sodom und Camorra.

Ich berichte von organisierten Katzen- und Hundebanden und meinem Informanten, dem Kater Spikey. Ich lernte ihn in meiner Ghetto-Zeit kennen. Gleichzeitig möchte ich mit Vorurteilen aufräumen und schonungslos einiges über uns Möpse klarstellen. Ungeschminkt zeige ich mich Ihnen, wie ich wirklich bin …

Ein Macher, ein Frauenheld, ein Superhund.

So, Schluss mit dem Vorgeplänkel – jetzt geht´ s los mit dem 1. Fall.

Eine Tote und andere kaputte Sachen

Seit einigen Jahren schon lebte ich in einer Wohngemeinschaft mit meinem Herrchen Kai Brodersen. Der hatte einen wirklich aufregenden Job bei der Polizei. Manchmal musste er sogar nachts raus. Das war gar nicht schön, weil ich dann immer mit musste.

Wir wohnten ganz nett in einer kleinen Straße, gleich gegenüber vom Kommissariat, mitten in Itzehoe. 

Unsere Behausung mit einigen Bäumen in der Nähe und einem Supermarkt um die Ecke war nett. Ich brauchte gar nicht weit laufen, wenn ich mal pieseln musste. Für den ›kleinen Druck‹ zwischendurch gab es eine kleine Terrasse mit einer Buchsbaumhecke als Begrenzung zur Straße. Im Sommer war es in der Wohnung schön kühl – im Winter auch.

Manchmal musste ich mir über dem Toaster meine Pfoten wärmen.

Neben Herrchens Sofa schlief ich in einem süßen Weidekorb, der mit einer kuscheligen Decke ausgestattet war. Hier hatte sich Kai viel Mühe gegeben, um es mir so angenehm wie möglich zu machen. Wir hatten ja nur noch uns beide. Heike hatte, bis vor einigen Jahren, auch bei uns gewohnt. Sie und Kai waren verheiratet. Doch immer häufiger stritten die beiden. Und immer häufiger ging es um Kleinigkeiten. Er hätte zu wenig Zeit für sie, er ließ den Klodeckel oben, Zahnpasta-Flecken rund um das Becken, Buntwäsche in der Weißwäsche … also immer das gleiche.

Irgendwann war sie dann plötzlich weg … wegen unüberbrückbarer Differenzen … und mit einem anderen Rüden (Kerl). Bevor sie verschwand, regelten sie noch meine Erziehungsberechtigung. Mich fragte natürlich keiner.

Wir sind immer noch nicht über die Trennung weg. Herrchen hatte danach eine schwierige Zeit. Er musste nicht nur sein Frauchen gehen lassen, sondern ließ sich auch körperlich gehen. Er duschte nicht mehr und müffelte manchmal wie ich, wenn mein Fell nass wurde. So manches Mal musste ich sogar schon das Zimmer verlassen, weil ich es nicht mehr ausgehalten hatte. Konnte mir ja schlecht mit der Pfote die Nase zuhalten.

Ich dachte immer, Menschen wären reinlich.

Kurze Zeit später verließ ihn dann auch noch sein letztes Fell auf dem Kopf.

Mein schönes, hellbraunes Fell ist Gott sei Dank pflegeleicht. Das macht mich unabhängig von den Menschen und deswegen auch ein wenig stolz. Wäre ich auf´ s tägliche Bürsten meines Herrchens angewiesen, sähe ich inzwischen aus wie ein Chow-Chow unter Strom.

Sorry, wollte niemanden meiner Artgenossen beleidigen.

Auch ich selbst litt unter der Trennung von Heike und tue es eigentlich immer noch.

Schließlich hatte Heike damals auch mich verlassen. Moment bitte … ich muss mal kurz … schnief, schnief.

Manchmal zuckten meine Pfoten im Schlaf, wenn ich träumte. Das hatte ich selbst nie bemerkt, aber Kai erzählte es einem Mann auf der Straße, der mit einem weißen Königspudel unterwegs war. Beide Männer (also Kai und der andere Mann) lächelten mich an. Der Pudel hingegen zeigte mir die kalte Schulter. Dieser Köter war total arrogant, würdigte mich keines Blickes. Er schnupperte noch nicht einmal an meinem Hinterteil. Das nahm ich als persönliche Beleidigung auf. Was glaubte er eigentlich, wer er war.

Dieser Dummbratze hätte ich gerne ein Graffiti in Pink verpasst.

Ein Schriftzug auf den Flanken wäre toll gewesen. Zum Beispiel: ›Werbeflächen zu vermieten‹ oder ›keine heiße Asche einwerfen‹ oder ›Hohlraumversiegelung‹.

Ich schnupperte ganz unverbindlich an einem Fahrrad und stieß dabei mit dem Kopf gegen die Pedale. Fahrräder sind tückisch. Wir Hunde geraten da schnell mal in die Speichen.

Kai plauderte weiter mit dem Herrchen von … jetzt kommt´ s … halten sie sich fest … Attila. Ich musste mich so zusammenreißen, dass ich nicht vor Lachen über meine Beine stolperte.

Kai petzte, ich würde im Traum vor etwas weglaufen. Da musste ich ihn leider korrigieren, ich lief nicht weg, sondern hinter jemandem her … und zwar hinter Heike.

Ich träumte viel von ihr – auch heute noch.

Der Pudel grinste nur doof über diese höchst private Insider-Information.

Irgendwann, mein Lieber, irgendwann … knirschte ich.

Die angeblich schlauen Menschen sagten, dass man sich am nächsten Morgen an die meisten Träume nicht erinnern kann. Was wussten die schon.

Ach, war das schön. Wir machten immer tolle Ausflüge. Sind stundenlang im Auto irgendwo hingefahren. Die A7 und die A23 waren ein Garant für Staus aus dem Nichts heraus. Ständig wurde dort irgendetwas gebaut oder repariert. Dann schoben sich lange Autoschlangen hintereinander her. Der Vorteil, nun hatte auch der Fahrer, meistens Kai, genügend Zeit an der Natur teilzuhaben. Ich stellte mich dann immer auf die Hinterpfoten und stützte mich am Seitenfenster ab. So konnte auch ich hinaussehen. Rechts und links Wiesen, Felder und diese riesigen Windkrafträder, die den Menschen für den elektrischen Strom dienlich waren. Diese Windkrafträder vermehrten sich in der letzten Zeit so unkontrolliert wie Kaninchen. Fast jeden Morgen waren scheinbar neue dazugekommen (Windräder).

Schäfchenwolken tanzten am blauen Himmel. Alles sah so friedlich aus.

Menschen glaubten es zwar nicht, aber Schafe sind gut organisiert.

Kühe übrigens auch. Die lungern nicht nur so rum und fressen den ganzen Tag die Wiese leer, nein, die sind sehr konzentriert und nehmen mental viel mehr auf als man denkt – bevor sie auch viel mehr Methan abgeben, als gedacht.

Manchmal fuhren wir auch an die Nordsee. Im Gegensatz zu mir war mein Kai eine Wasserratte. Allerdings erinnerte mich sein Geplantsche manchmal eher an einen gestrandeten Wal.

Das Klima an der Nordsee soll gesund sein, sagten die Menschen. In der Luft soll Jod vorkommen. Hier am Meer wurde das wohl in die Luft gesprüht und vom Wind automatisch verteilt.

Die Luft war so sauber, wegen Jod wahrscheinlich, dass ich zuerst gar nichts gerochen hatte, null, nada, niente.

Ich vermutete schon, ich wäre geruchsblind. Für einen Hund das Schlimmste, was man sich vorstellen konnte. Doch als eine West-Highland-Terrier-Dame an mir vorbeiging, roch es verführerisch. Da war ich so froh. Ich dachte sogar kurz mal an Sex. Dieses kleine Luder war aber auch schnuckelig.

Herrchen verhielt sich nach der Trennung sehr auffällig.

Er fraß mir manchmal mein Dosenfutter unter der Schnauze weg. Ich vermutete allerdings, dass es weniger mit Heike zu tun hatte, als viel mehr mit dem Besuch bei seinem Arzt vor einigen Tagen. Seitdem kauften wir weniger Fleisch und mehr Gemüse. Holla, das wär ja nichts für mich. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste nur noch vegetarisch fressen, könnte ich gleich ganz das Fressen einstellen.

Kai erzählte den Menschen auf der Straße, ich wäre auffällig geworden. Na, das sagte der Richtige, dachte ich. Nur weil ich manchmal zu Hause großes Interesse an Sofakissen und Schuhen hatte? Dogshit! Alles was geschah, war aus Langeweile geschehen. Ich hasste es, den ganzen Tag alleine zu sein. Das machte mich traurig. Ich bin eben ein Rudeltier.

Doch ich hatte Glück, bevor ich unsere Wohnung komplett zerlegen konnte, nahm mich Kai irgendwann mit in sein Büro. Dort durfte ich unter seinem Schreibtisch vor mich hinkauern und manchmal streichelte er mir den Kopf. Er hätte mich ja auch in eine Hundepension abschieben können. Dorthin, wo man als Hund bis zum Tod dahinvegetierte oder irgendwann eingeschläfert wurde, wenn man nicht mehr vermittelbar war. Für Menschen gab es das auch. Da hieß es Pflegeheim.

Dort blieben die Menschen, bis man sie zu Tode gepflegt hatte.

Aber ich will nicht klagen, ich hatte es gut bei meinem Herrchen.

Juhu, Kai und sein Kollege Gunnar nahmen mich mit zu einem Ausflug. Auf dem Weg zum Auto tänzelte ich vor den beiden her. Wie sich herausstellte, fuhren wir auf´ s Land. Leider konnte ich vom Auto aus nicht so viel erkennen, ich war zu klein, um aus den Fenstern schauen zu können, aber den langsam aufgehenden Sternenhimmel konnte ich durch das Glasdach erkennen. In nahezu Lichtgeschwindigkeit raste Kai mit uns über die Landstraße durch die Dunkelheit. Die Baumkronen rechts und links der Straße fegten nur so an uns vorbei. Fast hätten wir die Sternschnuppe eingeholt, die sich aus dem Dunkel der Nacht der Erde näherte.

Wildwechsel war schon eine ganze Weile angezeigt. Selbst ich hatte das Schild gesehen.

Sein Kollege Gunnar warnte ihn mehrfach, aber Kai wollte einfach nicht hören. Immer hatte er seinen eigenen Kopf. Pfeilschnell schossen wir durch die Nacht. Sein Fuß klebte auf dem Gaspedal. Ganz plötzlich und wie aus heiterem Himmel knallte es heftig. Ein ohrenbetäubender Lärm verstopfte meine Gehörgänge. Nach Vollbremsung, mehrfachem hin und her schlingern und mit quietschenden Reifen stoppten wir abrupt. Meine Schnauze bremste meinen Salto unsanft an Gunnars Rückenlehne ab. Ich sah schon mein kurzes Hundeleben vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen: Susi, der Labrador aus der Nachbarschaft, ein Schäferhund und eine Katze winkten mir in meinen scheinbar letzten Gedanken zu – dann wurde es kurz dunkel um mich herum.

Ein dumpfes Krachen holte mich in die Gegenwart zurück.

Etwas Großes, Dunkles rutschte von vorne, mit den Beinen zuerst über die Kühlerhaube, weiter auf´ s Dach und blieb darauf liegen. Während Kai und Gunnar in ihre großen Kissen schrien, die sie scheinbar vorsorglich mitgenommen hatten, bellte ich … und bellte … und bellte. Meine kurzen Nackenhaare stellten sich auf. Meine Krallen schossen blitzschnell aus den Ballen und tackerten sich im Sitz fest.

Dann wurde es still um mich herum. Ich hatte Angst, ich winselte, schaute die beiden panisch an und verkroch mich, leicht taumelnd, bei Gunnar im Fußraum. Kai, dieser Idiot, hatte uns mit seiner riskanten Fahrweise in Gefahr gebracht. Unverantwortlich! Ich glaube, er sagte noch so etwas wie: Heidewitzka, gut dass wir nicht offen gefahren sind. Meiner Meinung nach war das Humor an der ganz falschen Stelle.

Auf dem Panoramadach des Wagens lag ein Hirsch. Und das war keinesfalls zu unterschätzen. Die weit aufgerissenen Augen des toten Tieres schauten mich durch das Dach direkt an. Mich schauderte. Ich versuchte seinem starren Blick auszuweichen. Von der Kühlerhaube bis über das Dach konnte ich seine Blutspur erkennen. Sein großes Geweih hinterließ auf dem Weg dorthin dementsprechend große Krater.

Warum wir nach diesem Schock tatenlos herumsaßen, war mir schleierhaft.

Hatten die beiden denn nicht bemerkt, dass ein riesiger Hirsch auf dem Dach lag? Gerade, als ich die Initiative ergreifen wollte, erschien ein Mann mit einem Geländewagen und in Tarnkleidung. Sein Beruf: Förster. Er managte den laufenden Betrieb im Wald. Nun reduzierte sich leider die Betriebsamkeit um einen seiner Waldbewohner. Der Förster trug ein Gewehr über der Schulter. Ich begriff schnell, dass das Gewehr für das Tier bestimmt war, nicht für uns. Denn wenn noch irgendwo lebendige Synapsen gezuckt hätten, wäre das Tier mit einem Schuss von seinem Leiden erlöst worden. Allerdings vermutete ich, dass der Hirsch bei der großen, klaffenden Wunde, die einen flüchtigen Blick in sein Inneres zuließ, sofort tot gewesen sein musste. Gemeinsam zogen die Männer das arme Tier vom Dach. Ich hätte auch helfen können. Wahrscheinlich traute man mir das nur nicht zu. Aber ich konnte das. Ich zog mal ganz alleine ein totes Kaninchen von der Straße.

Doch während dieser Bergungsaktion blieb ich dann doch lieber im Wagen. Nie im Leben wäre ich ausgestiegen. Puh, hatte ich einen Schiss. Hatte das auch gleich mitgeteilt, indem ich einen Pups machte, genau in dem Moment, als Kai und Gunnar wieder einstiegen. Für mich nicht weiter schlimm, aber ich glaube, Gunnar und Kai fanden das nicht so prickelnd. Die schimpften mit mir, obwohl ich nichts dafür konnte. Menschen stellten sich aber auch immer an.

Der Gunnar war eigentlich ein ganz netter. Er war größer als Kai und hatte auch viel mehr Fell – krauses Fell wie ein Terrier. Er hatte nur nicht so viel zu sagen wie mein Herrchen. Ich glaube, Kai war der Chef vom Ganzen. Ich war stolz auf ihn.

Überraschenderweise blieben die Windschutzscheibe und das Glasdach unversehrt und zum Glück war das Auto noch fahrbereit. Langsam, aber mit schleifenden und quietschenden Geräuschen setzten wir die Fahrt fort. Ich versuchte zu entspannen. Auch mein Schließmuskel entspannte sich. Meine Güte, da gab es wieder ein Theater. Kai schrie irgendetwas von Erstickungstod. Der Fahrtwind danach war für mich gar nicht gesund. Auf der Rückbank zog es heftig. Ich musste mehrfach hintereinander niesen. Wenn ich jetzt krank werden würde und nicht zur Arbeit könnte – na, dann Prost Mahlzeit!

Endlich blieben wir vor einem großen Haus stehen. Es sah aus wie ein Bauernhof – und genauso roch es hier auch. Beißender Gestank stieg in meine empfindliche Nase und zog meine Gesichtszüge zusammen. Ich wusste nicht, wo genau wir waren, was auch nicht weiter schlimm war, Hauptsache die beiden wussten es. Dort war alles mit Scheinwerfern hell erleuchtet und ich war so aufgeregt, dass mein Schwanz wie eine Wünschelrute heftig ausschlug. Trotz des Gestankes konnte ich es kaum erwarten, bis sich die Tür öffnete und Kai mich befreite. Hier standen wir auch sogleich im Modder und Kai fluchte: »Was für ne Scheiß Gegend.«

Gummistiefel wären jetzt natürlich praktisch gewesen. Während er weiterhin meckerte, begann ich sofort mit dem Schnuppern. Von weitem sah ich einige Menschen, die sich wie ein Rudel Hyänen um einen Trecker drängten. Zwei von ihnen machten Fotos mit dem Handy und wurden von dem Dorfpolizisten zusammen geschissen. (Bevor Sie sich Ihre Gedanken machen: der Begriff Handy und die Dinge, die Menschen damit machen konnten, wurden mir von meiner Ghostwriterin vorab erklärt.)

Als ich näher kam, konnte ich die Füße einer Frau erkennen, die unter riesigen Traktor-Reifen im Matsch lagen. Der Rest von ihr war auch Matsch. Grässlich. Neben ihr lag ein Fahrrad – auch Matsch. Ich wusste nicht, dass Fahrradfahren auch für Menschen so gefährlich sein konnte.

Kuhfladen lagen wie Tretminen herum. Bunt-schillernde Fliegen tummelten sich darauf, um die letzten verwertbaren Spurenelemente aufzusaugen. Ein einziger Kuhfladen ist für Fliegen … wie soll ich sagen … wie ein ›Tischlein deck dich‹ … die haben ja tagelang was davon.

Ich schnupperte weiter und beobachtete, wie der Verursacher dieser abscheulichen Tat verarztet und in einem Krankenwagen abtransportiert wurde. War das ein Unfall? Zufall? Sekundenschlaf? Oder vielleicht doch überhöhte Geschwindigkeit?

Ich weiß nicht genau, aber wieviel macht so ein Trecker? Dreißig Km/H?