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Cleo ist eine schillernde Persönlichkeit. Geboren und aufgewachsen ist sie in dem kleinen Eiderstedter Ort Witzwort, doch niemand weiß, woher die Vorfahren ihrer Mutter stammen. Cleo hält sich für eine Nachfahrin der Pharaonen. Irgendwann überspannt sie den Bogen...
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Seitenzahl: 30
Veröffentlichungsjahr: 2016
Für meinen Vater, der die Landwirtschaft
liebte und lange bei der Witzworter Meierei
gearbeitet hat
Haut, weiß wie Schnee. Haare schwarz wie Ebenholz, Lippen rot wie Blut. Ein modernes Schneewittchen. Doch irgendetwas störte das friedliche Bild. Er schrie auf, als er es erkannte. Nicht nur ihre Lippen waren rot wie Blut. Sie schwamm in Blut – ihrem Blut.
***
In Milch und Honig baden – davon hatte sie immer gesprochen. Sie wollte ihren Körper verwöhnen, wie einst Kleopatra es tat. Sie fühlte sich als Königin, auch wenn sie 2000 Jahre später nur über ein ganz kleines Reich herrschte.
Carsten bereute die Hochzeit mit Cleo schon seit einiger Zeit.
Er war einmal sehr stolz darauf gewesen, dass es ihm gelungen war, diese Frau zu erobern und sie dann auch zu heiraten. Sogar seine Mutter war mit seiner Wahl zufrieden gewesen, obwohl ihre Schwiegertochter in Bezug auf Haushaltsführung eine totale Katastrophe war und sich darüber hinaus noch weigerte, Mitglied bei den Landfrauen zu werden, wie es sich für eine Bauersfrau eigentlich gehörte. Aber sie hatte reichlich Klei anne Hack, wie man hier zu sagen pflegte. Und das war für ihre Schwiegermutter viel mehr wert, als die Koch- und Backkünste der Schwiegertochter.
Cleo war das einzige Kind eines großen Bauern gewesen und hatte viel Land in die Ehe gebracht. Als ihr Vater starb, erbte sie auch den Rest des Hofes.
Viele Männer waren an ihr interessiert gewesen. Sie war bildschön und doch so anders als viele Frauen hier. Mittelgroß und gertenschlank war sie, hatte helle, fast durchscheinende Haut, strahlend blaue Augen und pechschwarzes Haar, wie ihre Mutter es schon gehabt hatte.
Wo Jens Larssen seine Frau gefunden hatte, wusste niemand.
Nach der Schneekatastrophe 1979 hatte er seinem Vater mitgeteilt, dass ihm das Wetter hier in der Gegend auf die Nerven ginge und er sich nach seiner abgeschlossenen landwirtschaftlichen Ausbildung erst einmal in der Welt umschauen wollte, wie man dort Landwirtschaft betrieb, bevor er den elterlichen Hof übernehmen wollte. Seine Eltern waren froh darüber, dass er den Hof überhaupt übernehmen würde und wünschten ihm eine gute Reise.
Jens hielt Wort: zwei Jahre später war er wieder in Witzwort, kam allerdings nicht allein. Er hatte eine wunderschöne Frau dabei, von der niemand wusste, wo er sie aufgegabelt hatte. Angeblich waren sie schon verheiratet. Mutter Larssen ging allerdings auf Nummer sicher: Sie stellte das junge Paar dem Pastor vor, der sie an einem schönen Samstag im Frühjahr traute, damit das junge Glück auch Gottes Segen hatte.
Die Braut kam zwar aus weiter Ferne, trotzdem brachte sie eine Mitgift mit, die so seltsam und gleichzeitig so schön war wie sie selbst: Drei Pferde – ein Berberhengst und zwei Stuten. In den ersten Jahren ärgerten Jens Eltern sich über die unnützen Fresser, die ihre Schwiegertochter mit in die Ehe gebracht hatte. Doch nachdem die ersten Fohlen geboren waren und ein junger Hengst verkauft war, entdeckten sie, welch ein Kapital diese Pferdezucht einbrachte.
Einige Jahre später wurde Cleo geboren und von der ganzen Familie wie eine kleine Prinzessin verwöhnt. Die Liebe zu den Pferden hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Dem Haushalt und den Rindern ihres Vaters konnte sie allerdings nichts abgewinnen. Die Familie fand es nicht weiter schlimm, denn den Hof sollte einmal der Sohn übernehmen, auf dessen Geburt man so sehnsüchtig wartete. Doch der ersehnte Stammhalter kam nicht.
Vierzehn Jahre nach Cleos Geburt war es dann endlich so weit: Die Familie war in heller Aufregung, denn Cleos Mutter war wieder schwanger, als keiner mehr darauf gehofft hatte. Die Ultraschall-Untersuchung zeigte, dass sie den langersehnten Stammhalter unter ihrem Herzen trug.