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Nachdem sie sich von ihrer exorbitant erfolgreichen, politischen Karriere verabschiedet hat, sucht die 70-jährige Angela Lanzkel einen Ort, an dem sie zur Ruhe kommen kann. Im lettischen Sabiedrība, etwa eine Autostunde von Dünaberg (Daugavpils) entfernt, werden sie und ihr Gatte fündig, denn die 50-jährige Anna vermietet ein gemütliches Holzhäuschen für Leute, die Internet und ständiger Erreichbarkeit entfliehen wollen. Angela genießt die Tage; liest, schläft und liebt. Doch auf einem ihrer Spaziergänge durch die dichten Laubwälder der Gemeinde entdeckt sie das Skelett des seit zehn Jahren verschwundenen Igors, Annas Vater. Die Reaktionen aller Frauen des Ortes könnten unterschiedlicher nicht sein und lassen Angela bezweifeln, dass sein Tod ein Unfall gewesen war. Sie sucht das Gespräch und findet bald eine heiße Spur. Doch wie weit kann sie sich herauswagen, ohne dass ihre Identität enttarnt wird? Es handelt sich hierbei um einen fiktiven Roman, die Handlung basiert auf erfundenen Ereignissen, Orten und Figuren.
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Seitenzahl: 95
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Claudi Feldhaus
Knochen: Angela Lanzkels 1. Fall
©2021 Claudi Felhaus
kakaobuttermandel.de, [email protected]
c/o Claudi Feldhaus
Der Kleinste Buchladen
Reinsberger Dorf
Am Weinberg 1
99938 Plaue
2. Auflage 2021
Buchsatz: Claudi Feldhaus
Coverfoto: pixabay
Coverdesign: Claudi Feldhaus mit Canva.com
ISBN: 9783753138800
Nachdem sie sich von ihrer exorbitant erfolgreichen, politischen Karriere verabschiedet hat, sucht die 70-jährige Angela Lanzkel einen Ort, an dem sie zur Ruhe kommen kann. Im lettischen Sabiedrība, etwa eine Autostunde von Dünaberg (Daugavpils) entfernt, werden sie und ihr Gatte fündig, denn die 50-jährige Anna vermietet ein gemütliches Holzhäuschen für Leute, die Internet und ständiger Erreichbarkeit entfliehen wollen.
Angela genießt die Tage; liest, schläft und liebt. Doch auf einem ihrer Spaziergänge durch die dichten Laubwälder der Gemeinde entdeckt sie das Skelett des seit zehn Jahren verschwundenen Igors, Annas Vater. Die Reaktionen aller Frauen des Ortes könnten unterschiedlicher nicht sein und lassen Angela bezweifeln, dass sein Tod ein Unfall gewesen war. Sie sucht das Gespräch und findet bald eine heiße Spur. Doch wie weit kann sie sich herauswagen, ohne dass ihre Identität enttarnt wird?
Es handelt sich hierbei um einen fiktiven Roman, die Handlung basiert auf erfundenen Ereignissen, Orten und Figuren.
Claudi Feldhaus probiert sich in diesem Buch mal an einem Krimi. Das Projekt ist genauso verrückt und experimentell gemeint, wie Sie in der Beschreibung vermuten. Mit dem Handlungsort war sie ebenso probierfreudig, aber wer von Ihnen den Google-Übersetzer bemüht, wird feststellen, dass sie dabei recht einfallslos geblieben ist. Mutmaßlich wird es einen zweiten Band geben, das Cover ist nämlich schon fertig ...
Claudi Feldhaus, anno 1987, lebt, liebt und trinkt Kaffee in Berlin.
Für A. M.
Labdien - Guten Tag
Paldies - danke
Visu Labu! - Auf Wiedersehen!
(Content Notes)
Beschrieben/thematisiert:
Leichenfund (Skelett)
Mord
häusliche Gewalt
Trunkenheit, Alkoholismus
Filmriss
Sexismus
Scheidung
Nacktheit
Küssen
Ehebruch
Slutshaming
Angedeutet:
Sex
Tollwut
Transfeindlichkeit
Die ständig aktualisierte Form dieser CNs finden Sie unter https://www.kakaobuttermandel.de/.
Der Schuss fiel und verwehte in der Kühle der Nacht. Im nächsten Moment sackte der Körper in das hohe Gras. Sommer und Hitze hatten es verdorrt, der Waldboden war hart und trocken. Der Fall des Mannes war hörbar, 120 Kilo Kampfgewicht. Dann war alles still. Endlose Minuten gab der nächtliche Wald kein Geräusch von sich, die Tiere schwiegen nach dem Schuss. Schließlich aber Schritte, schwer in den groben Wanderschuhen.
Als die ersten Nachtvögel wieder Laute von sich gaben, entwich der durchlöcherten Lunge der letzte Atemzug. Er war ganz sicher tot.
So viel war klar: Es war vorbei.
Angela setzte sich den Rucksack auf. Sie wusste nicht mehr, wann sie das zuletzt selbst gemacht hatte. Wann hatte sie zuletzt etwas Schweres heben müssen? Sich darum Gedanken machen, wie und wann sie zu Mittag aß? Und wer dafür bezahlte?
Sicher, in den Jahren hatte sie auch hin und wieder Urlaub gemacht und da durchaus ihr Butterbrot allein geschmiert oder eine Kugel Eis mit Geld bezahlt, das sie aus ihrer Hosentasche gefischt hatte. Aber diese Momente waren Aufnahmen, kurz und verwaschen von den all den anderen, in denen sie klar und deutlich gewesen war ... sein musste. Denn es stand so viele Stunden des Tages, ihrer Woche, ihres Lebens, so viel mehr auf dem Spiel, als dass ihr Magen knurrte oder die Unterhose zwackte. Nun hatte sie endlich Ruhe! Sie war so viele Male gefragt worden, was sie denn für ihren Ruhestand plante. Da hatte sie die üblichen Verdächtigen genannt: »Zeit mit der Familie, wandern gehen, vielleicht ein Buch schreiben.« Nein, keines über ihr Leben, aber sie stellte sich den Schaffensprozess interessant vor. Fast zwei Jahrzehnte lang waren Reden für sie geschrieben worden, ihrem Satzbau, ihren Lieblingswörtern angepasst. Nun wollte sie eigene Worte finden!
Sie zog sich die Mütze tief in die Stirn und lächelte ihren Gatten an, der ihr die Tür aufhielt. Das tat er gerne. Manchmal hatte er gescherzt, dass ihr alle mächtigen Männer dieser Welt die Türe aufgehalten hatten, aber er der Einzige war, der es ohne Hintergedanken tat. War das überhaupt noch en vogue, sich als Frau die Türe aufhalten zu lassen? Andere einflussreiche Frauen hatten ihr erklärt, dass sie lieber selbst die Tür öffneten, wenn sie dafür das gleiche Geld verdienten. Da war etwas dran! Oh, aber darüber wollte sie nicht heute nachdenken.
Ihre Nordic Walking Stöcke lehnten griffbereit neben der Tür, Angela zog die Schlaufen über die Handgelenke und walkte los. Als sie am Heim ihrer Vermieterin Anna vorbeigingen, bellte der Haus- und Hofhund Strahlemann, ein brauner hübscher Labrador ihnen hinterher, doch davon ließen sie sich nicht stören. Angelas Mutter hatte ihr diese Nordic Walking-Stöcke vor einigen Jahren geschenkt, aber es war nicht auszudenken gewesen, dass Angela sie im Urlaub mal benutzte und Paparazzi sie damit ablichteten. Deswegen waren sie eingestaubt und fast vergessen worden, wenn ihre Mutter sie jetzt damit sehen könnte!
Strahlemanns Bellen war noch immer zu hören, auch wenn das Haus schon lange außer Sichtweite war. Ihr Gatte bemerkte ihre nervösen Zuckungen, mit denen sie immer mal über ihre Schulter sah, ihr Blick, der die Umgebung abtastete. Als sie den Weg in den Wald nahmen, wurde sie etwas ruhiger. Dann ein Knacksen im Gebüsch zu seiner Rechten, schon erstarrte sie und nahm Haltung an.
»Liebes ...«, sagte er, »wir sind eine Stunde von Dünaberg entfernt. Hier ist niemand außer uns.«
Angela seufzte. »Ja ... hier kennt mich niemand.«
»Das wolltest du doch.«
»Daran muss ich mich erst wieder gewöhnen.« Sie schmunzelte und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
Er wollte ihr sagen, dass sie den Rest ihres Lebens Zeit hatte, sich an das Gewöhnen zu gewöhnen, aber er spürte, dass sie schon ruhiger war, also schwieg er. Sie, ruhig, fast entspannt, das war selten genug. So setzten sie ihren Weg fort. Gemächlich und festen Schrittes erkundeten sie das riesige Landschaftsschutzgebiet. Nach einer Stunde schon traten sie den Rückweg an, immerhin mussten sie sich in ihrem Alter die Kräfte einteilen. Das Gespräch plätscherte dahin, drehte sich um den Roman, den er gerade las, Artikel in der biologischen Fachzeitschrift, die sie mitgebracht hatte oder um Inessa und Anna, die sie während ihres Aufenthaltes betreuten.
Endlich kam ihr Haus in Sicht. Ein schmuckes Holzhaus, das einst eine kleine Scheune gewesen war, mit einem überwucherten Garten, den sie während ihrer Anwesenheit nach Belieben nutzen dürften, solange sie hier zur Miete lebten. Angela hatte wenig Interesse an Unkraut zupfen oder Rasen schneiden, aber ihr Gatte hatte schon Pläne. »Jeden Tag ein bisschen!«, hatte er erklärt und Wildblumensamen und einige Kräutertöpfe eingepackt, die er in die Beete vor dem Küchenfenster setzen wollte, sobald er der Überwucherung Herr geworden war. Das Haus selbst war auch renoviert und hatte sogar zwei Solarpaneelen auf dem Dach.
Angela schloss die Tür auf, trat die schweren Schuhe noch einmal ab und ging hinein. Dort ließ sie sich auf der Bank in dem kleinen Raum zwischen Flur und Eingang nieder und öffnete die Schnürsenkel. Mit Mühe befreite sie sich von den Schuhen, schlüpfte in ihre Schlappen und schlappte in die Küche. Sie wusste von ihrer Vermieterin Anna Lācis, dass eine Küche mit Strom, fließend warmem Wasser und einem Herd mit Kochplatten für die meisten Bewohner*innen der Gemeinde Sabiedrība modernem Schnickschnack gleichkam. Bis vor wenigen Jahren hatte selbst Anna, deren Vater einiges auf der hohen Kante gehabt hatte, Wasser vom Brunnen auf dem Hof geschöpft, Strom gab es hier draußen erst seit etwa 30 Jahren. Viele Häuser dieser Gegend wurden noch mit Öfen geheizt. Als Anna die Scheune, die ihr Vater zwar schon gedämmt hatte, vor ein paar Jahren komplett modernisiert und eine eigene Sauna hatte einbauen lassen, mussten viele ihrer Bekannten die Nase gerümpft haben. Aber offenbar war ihr kleines Gäst*inhaus bei Besuchenden aus den reicheren EU-Ländern beliebt, Angela und ihr Gatte hatten auf diesen freien Slot jetzt im März warten müssen. Sie hatten das Häuschen tatsächlich einen vollen Monat gebucht, in der Hoffnung genug Zeit zu haben, um runterzukommen.
In der Filterkaffeemaschine wartete auf Angela etwas lauwarme Autorintinte, wie es eine ihrer Lieblingsschriftstellerinnen nannte. Sie füllte sich eine Tasse und trat an das Fenster, wo sie ihren Gatten beobachtete. Er kniete seelenruhig in der kühlen Erde, die er gestern vom Unkraut befreit hatte, und wühlte vor sich hin. Unweit von ihm standen die Töpfe mit Petersilie, Zitronenminze und Thymian. Wer wusste, ob so was hier trieb ... sie könnte Anna danach fragen. Doch gerade, als sie den Gedanken vollendete, sah sie Inessa, Annas Mutter, auf das Haus zukommen.
Inessa mochte nur etwas jünger sein als Angela, aber mit dem krummen Rücken und dem vorne verschnürten Kopftuch, sah sie ganz wie ein russisches Mütterchen aus. Die Gemeinde Sabiedrība, immerhin flächenmäßig zweimal so groß wie Berlin, war überwiegend von der russischen Minderheit Lettlands bewohnt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem hiesigen Dialekt durchstieg Angela Inessas Russisch gut und konnte sich dank ihrer Sprachbegabung wunderbar verständigen. Anna, Inessas Tochter, sprach sogar ein gebrochenes Deutsch, aber Angela wusste nicht, warum sie das konnte, denn bisher hatte sie mit den beiden nur das nötigste geredet. Ihr Gatte nickte knapp, als Inessa das Gartentor öffnete und Inessa grüßte höflich, nahm sichtlich so viel Abstand zwischen sich und ihn wie möglich. Anna hatte ihnen gesagt, dass Inessa Angst vor Männern hatte. Angela seufzte und ging an die Tür, noch ehe Inessa geklopft hatte. Sie grüßte auch sie auf Russisch, Angela, antwortete und fragte sie, wie es ihr heute ging.
»Gut soweit, der Rücken, Sie kennen das vielleicht, Ach, Sie kennen das nicht. Halten sich wie eine fitte Fünfzigjährige!« Inessa und Angela schmunzelten sich daraufhin an, ehe Inessa ihr erklärte, was sie heute zum Abendbrot kochen wollte, und fragte, ob sie und ihr Gatte selbst etwas zubereiten oder mitessen mochten. Angelas Magen knurrte, sie hatten die geschmierten Brote auf dem Weg nicht gegessen, weil sie zu beschäftigt mit sich und der waldigen Umgebung gewesen waren. Sie rechnete sich aus, ob sie, wenn sie jetzt ein Brot aß, wieder Hunger hätte, bis Inessa ihnen das Abendbrot brachte und beschloss kurzerhand: Ja!
Das russische Mütterchen nickte erneut und verschwand, vor sich hinmurmelnd. Angela wusste, dass Inessa sich ausrechnete, wie viele Zutaten sie mehr bräuchte, wenn sie für vier statt zwei Leute kochte. Dabei, das hatte Angela schon an ihrem ersten Abend hier bemerkt, kochte Inessa immer zu viel.
Anna machte sich eine Notiz.
Waren bis 14:00 Uhr wandern, Mutter traute sich heute ohne mich zu ihnen. Kocht für alle vier.
Dann schrieb sie die Kosten für das Essen und etwas für den zusätzlichen Arbeitsaufwand dazu und schlug das Buch zu. Sie atmete durch, als sie sich ihre Schläfen massierte. Eine blöde Angewohnheit! Immerhin half das nicht gegen ihre ständigen Kopfschmerzen. Sie hatte zum Mittag ihre zweite Aspirin genommen, mehr erlaubte sie sich am Tag nicht. Ein weiterer Spaziergang mit Strahlemann, das würde ihr helfen! Aber bevor sie das Haus verlassen konnte, musste noch einiges im Haushalt organisiert werden. Sie erhob sich, räumte den Wassereimer weg und schnappte sich die Zinnkanne, um die Blumen zu gießen.
»Mamutschka«, rief sie nach Inessa, als sie an der Küche vorbeikam, »ich werde doch erst übermorgen in die Stadt fahren, dann kann ich bei Maris vorbeischauen. Willst du sicher nicht mit?«