Kompass der Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung - Norbert W. Schätzlein - E-Book

Kompass der Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung E-Book

Norbert W. Schätzlein

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Beschreibung

Das Buch beschreibt und erklärt die individuelle Reife und die Wertvorstellungen von Personen und Institutionen/Unternehmen nach dem Konzept von Clare W. Graves (1914-1986) und wendet sich an personalverantwortliche Entscheider in Institutionen und Unternehmen. Der Leser erhält für seine strategische Ausrichtung wichtige Informationen, die ihn in die Lage versetzen zu erkennen, wo er bzw. die Organisation steht und welche nächsten Weichen zu stellen sind.

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Kompass der Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung, Erfolg haben oder scheitern als Ergebnis persönlicher und organisatorischer Entwicklung und Weichenstellung

© by Norbert W. Schätzlein, 2021

Verlag & Druck tredition GmbH, Halenreie 40 – 44, 22359 Hamburg

Gestaltung & Satz 11010

ISBN

978-3-347-14560-3 (Paperback)

978-3-347-14561-0 (Hardcover)

978-3-347-14562-7 (E-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2021

Inhalt

Widmung und Dank

Zu Clare W. Graves als Spiritus Rector

Bedienungsanleitung zum Lesen dieses Buches

Zum Verständnis der Spiralen in diesem Buch

Die GRAVES-Level nach Farben und Wertesystem

Prolog

Vorwort

Zur Einstimmung

LEVEL 1 – Status Quo

von LEVEL 1 auf 2 – der Level- bzw. Evolutionssprung

LEVEL 2 – Status Quo

von LEVEL 2 auf 3 – der Levelsprung

LEVEL 3 – Status Quo

von LEVEL 3 auf 4 – der Levelsprung

LEVEL 4 – Status Quo

von LEVEL 4 auf 5 – der Levelsprung

LEVEL 5 – Status Quo

von LEVEL 5 auf 6 – der Levelsprung

LEVEL 6 – Status Quo

von LEVEL 6 auf 7 – der Levelsprung

LEVEL 7 – Status Quo

von LEVEL 7 auf 8 – der Levelsprung

LEVEL 8 – Status Quo

von LEVEL 8 auf 9 – der Bewusstseinssprung

LEVEL 9 – Was uns erwarten könnte

Als Addendum gedacht: der ehrbare Kaufmann – Innenansichten einer vom Aussterben bedrohten Spezies – ein fiktives Interview des Autors

Wo wir uns selbst sehen – unser Selbstbild auf der Bühne der Inszenierungen

Erläuterung und Glossar

Literatur- und Quellverzeichnis

Internet-Quellen

Widmung und Dank

Zielgruppe dieses Buches sind Entscheider auf allen Ebenen in Institutionen und Organisationen. Aber auch jungen Menschen im Alter meiner Tochter (geb. 1997) – Generation Z – widme ich meine Ausführungen in Vorbereitung auf künftige Führungspositionen und im Hinblick auf die eine oder andere Erkenntnis bei der Mediennutzung. Der Leitspruch der Aufklärung war mir stets Aufforderung und Orientierung in der Lebensführung und kann auch künftigen Generationen nützlich sein:

sapere aude

(„habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, oder, und verkürzt: denke eigenständig).

Dank gebührt meiner Ehefrau, Dr. Karin Schätzlein, die sich über Monate hinweg dem Entstehungsprozess meiner Gedanken zu diesem Buch ausgesetzt sah und die Konsistenz im Auge behielt. Großer Dank gebührt neben „11010“ für die Gestaltung, auch Anja Koeleman und ihrem Vater, die mir in der Phase der Überarbeitung unschätzbare Dienste geleistet haben.

Zu Clare W. Graves als Spiritus Rector

Zu einer Zeit, als Beschwerden noch etwas nützten, wurde – so will es die Legende – der Klempner der Familie GRAVES aktiv und schrieb einen Leserbrief an die Redaktion des Harvard Business Review, in dem er dafür warb, einem Genie wie GRAVES Beachtung zu schenken. In der Folge stieg 1966 durch Bestellungen von 15.000 Exemplaren von The Deterioration of Work Standards (Vol.44, No.5, S.117–126) sein Bekanntheitsgrad soweit an, dass auch verschiedenste Unternehmen auf ihn aufmerksam wurden.

Clare W. Graves (1914 – 1986) lebte bis dahin eher beschaulich und zurückgezogen als Psychologieprofessor am Union College in Schenectady, New York, wo er bis zu seiner Pension im Jahre 1978 forschte und lehrte. Sich selbst sah GRAVES um seine Subsistenz bemüht in seinem eigenen – ursprünglich siebenstufigen – Wertesystem auf den unteren drei Leveln, die er nur zu gerne nach oben in Richtung sechs und sieben überwunden hätte.

Zu wirklich internationaler Bekanntheit gelangte das Ideenkonzept von GRAVES erst 1996 unter seinen beiden Studenten Don Edward Beck und Christopher C. Cowan mit der Marke Spiral Dynamics.

Studenten standen auch am Anfang von GRAVES Forschungsarbeiten, als diese ihn einst fragten: Warum sind Menschen (so) unterschiedlich? Weshalb/warum ändern sich die einen, während andere dies nicht tun? Und GRAVES antwortete darauf mit dem überlieferten Zitat:

"Kurz zusammengefasst behaupte ich, dass die Psychologie reifer Menschen ein sich entfaltender, aus vorhergehenden Stadien hervorgehender, oszillierender, spiralförmiger Prozess ist, gekennzeichnet durch die Unterordnung älterer Verhaltenssysteme mit geringerem Rang, der zu neueren darüber liegenden höheren Systemen fortschreitet, wenn sich die existentiellen Probleme der Menschheit verändern."

Das Theoriengebäude von GRAVES basiert ursprünglich auf Beobachtungen, wonach der Mensch durch Anpassung auf seine Umwelt reagiert, oder diese zu überwinden versucht. Die menschliche Entwicklung von Erfahrungsstufe zu Erfahrungsstufe prägt die Kultur und die individuellen Interaktionen. Wir dürfen heute postulieren, dass unser bewusstes Sein Erfahrungen macht, die zu inneren Haltungen und Einstellungen reifen (verfestigte Gedächtnisspuren nach Manfred Spitzer) und so gewonnene Überzeugungen Gewohnheiten ausprägen, mit denen wir Interaktionen bewerten und bewältigen. Dies bestimmt in der Folge unser Handeln. Neue Erfahrungen, die – nach Gerald Hüther – unter die Haut gehen, haben ebenso wie Krisen das Potenzial, unsere Haltungen zu verändern und ein neues Reiz-Reaktionsmuster auszuformen. Mit anderen Worten, die passende Information bringt uns in Formation. Und neue Formationen könnten wir hier – synonym, also mit gleichem Stellenwert – als Level, Stufen, Niveau oder Ebene/Plateau bezeichnen. Um den Leser nicht zu verwirren, wird sich das Wording auf Level beschränken.

Bedienungsanleitung zum Lesen dieses Buches

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Jeder GRAVES-Level entspricht in diesem Buch einer Etage (siehe Abb.: 01). Hier richten wir uns für eine gewisse Zeit, oder auch längerfristig und sogar auf Dauer häuslich ein. Sind die Prägungen auf einer Etage nur groß genug, kann die Anziehungskraft – trotz intellektuell erreichter, höher Niveaus (darüberliegende Etagen) – dazu führen, dass spezifische Trigger animieren, in alte Muster zu verfallen, sprich, wieder in die alte Wohnung zurückzukehren. Gewisse Umgebungen erscheinen uns dann – bewusst oder unbewusst – so attraktiv, dass wir hier auch von einem Attraktor sprechen wollen, der mit magischer Anziehungskraft Gedanken einfängt und spezifisches Verhalten erzwingt. Die jeweilige Person ankert hier förmlich.

Etagen-Level als Metapher für den Stand der persönlichen Entwicklung          Abb.: 01

Auf dem Weg nach oben ist ein gewisser Aufwand zu betreiben. Wir verlassen unsere bekannte Umgebung und gehen stufenweise – um im Bild zu bleiben, übers Treppenhaus – allmählich nach oben zur nächsthöheren Etage.

Hier erwartet uns anfänglich ein unbekanntes Terrain. Mit Neugier, Erkenntnisgewinn und der inneren Disposition erfahren wir eine Bereicherung. Eher ängstliche, sicherheitsorientierte Menschen, werden sich ungern in Treppenhäusern „herumtreiben“.

Doppelgeschoss als Sinnbild für die Option der Entwicklung nach oben           Abb.: 02

Wagen Sie – so meine Empfehlung – den Erkenntnisgewinn und halten Sie es als Entscheider mit den Worten eines Bildungsreformers, nämlich Wilhelm von Humboldt (1767–1835): „Bilde dich selbst, und dann wirke auf andere durch das, was du bist.“

Nach oben dauert es meist länger als umgekehrt nach unten. Auf dem Weg nach oben ist es ein Aufstieg, nach unten verlieren wir in gewisser Weise den sprichwörtlichen Boden unter den Füßen.

Es gibt keine Garantie, dass einmal gewonnene Plateaus beibehalten werden. Meist sind es Krisen, die Liebgewonnenes infrage stellen und uns – zum Teil sehr kurzfristig – die Etage räumen lassen. Es beginnt dann eine Art Flucht nach unten übers Treppenhaus.

Auf dem Weg nach unten ist es ein bisschen wie beim Ende von Berufskarrieren: man trifft alte Bekannte. Wenn es stimmt – wie das Sprichwort sagt – dass man sich im Leben immer zweimal sieht, dann lohnt es sich, Berufskarrieren solide aufzubauen und nicht nach dem Motto zu handeln, in Anlehnung an einen Italowestern: „Leichen pflastern seinen Weg“.

Doppelgeschoss als Sinnbild für Entwicklung nach unten (von „unmittelbar vertrautem“ zu „bekanntem“ Terrain)               Abb.: 03

Graffiti im Treppenhaus in Anlehnung an: „Das kommt mir irgendwie bekannt vor!“; Schlussszene in Stoßtrupp Gold mit Clint Eastwood in der Titelrolle; „KELLY’S HEROES“, Metro-Goldwyn-Mayer, Turner Entertainment Co., AOL Time Warner Company, 1970

Nehmen wir uns noch unter allen Möglichkeiten des Abstiegs nach unten eines Sonderfalles an, der sich so selten nicht ereignet. Der harte Fall von Level VIER auf EINS – Was mag sich hier zugetragen haben? Die Situation hat hier ihren Ausgang in einem regelbasiert geführten Leben. Die Dinge laufen in gewisser Weise berechenbar, wenn wir auch in unserem Beispielfall nichtt wissen, auf welcher Höhe des Komforts. Wir dürfen aber annehmen, dass einer geregelten Arbeit nachgegangen wird, unabhängig, ob im Angestelltenverhältnis oder in der Selbstständigkeit. Es werden pünktlich Steuern gezahlt und wir vermuten weiter, dass die Teilnahme am Sozialleben gelingt – Dann ein Einschnitt, vielleicht ein Unfall ohne ausreichenden Versicherungsschutz, eine finanziell ungeregelte Trennung, oder doch ein Schicksalsschlag, der die betreffende Person aus ihrer gewohnten Fasson wirft. Die Balance geht verloren, die Dinge werden zunehmend unberechenbarer und wir können nur erahnen wie unserer Person schwindelt, angesichts des gefühlt freien Falls ins Ungewisse.

Bild im Treppenhaus: Ausschnitt aus Der Schrei von Edvard Munch, 1893 Norwegische Nationalgalerie Oslo           Abb.: 04

Es ist in diesem Szenario entscheidend wichtig, dass wir erkennen, dass der Fall aus einem regelbasierten Leben in die existenzielle Bedrohung zu gravierenden Änderungen der Spielregeln führt. Auf Level VIER orientiert sich der Mensch an den Spielregeln von Gesetz und Ordnung, weiß um die Paragraphen, die bisweilen auch einem Dschungel anmuten (in Form von BGB, HGB, StGB, usw.). Ganz anders auf Level EINS – Hier geht es ums nackte Überleben und archaische Strukturen drängen ins unmittelbare Tagesgeschehen. Ohne Netz und doppelten Boden, ohne Versorgungssicherheit, verlieren alle Verordnungen und Vorgaben ihr Tabu; es ist erlaubt, was machbar ist oder erscheint. Not macht auf dieser Ebene wendig. Eine Gesellschaft, die sich zur Solidarität bekennt, muss sich die Frage stellen, ob sie wirklich will, dass sich Menschen der Gefahr aussetzen, im Netz des Anarchischen zu verstricken. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde diese Situation verhindern. Dass wir es noch nicht haben, ist allein einem gesetzten Geldsystem geschuldet und ideologischer Widerstände, die allzu schnell absolutiert werden.

Von Menschenhand gesetzte Spielregeln sind nicht naturgesetzlich und in Stein gemeißelt; sie können jederzeit von Menschenhand auch wieder geändert werden, wenn sich unsere Erkenntnisse und unser Bewusstsein erweitert haben. Aussagen und Bekenntnisse wie „das geht doch nicht!“ oder „das ist alternativlos“ sind sichere Indizien einer mangelnden Phantasie und der Inflexibilität im Denken.

Zum Verständnis der Spiralen in diesem Buch

Das Autorenduett Beck und Cowan bedient sich in der bildhaften Umsetzung ihres Markenthemas Spiral Dynamics einer sich nach oben hin weitenden und offenen Spirale. Dabei ist jedem Level eine spezifische Farbe zugeordnet. Der Gedanke, dass sich die Mehrheit der Menschheit immer mehr zu höheren Leveln hin entwickelt, ist eine löbliche, schöne Vorstellung, entspricht aber nicht den Erfahrungen des Autors; ganz im Gegenteil. Im vorliegenden Buch wird daher die Spirale auf den Kopf gestellt (Abb.: 05 links) und bringt damit zum Ausdruck, dass sich die Mehrzahl der Menschen auf den unteren Leveln (EINS bis VIER) bewegt. Nur einer Minderheit ist es (nach Herkunft und finanziellen Ressourcen, geistigem Potenzial und/oder Gestaltungwillen) vorbehalten, sich darüber hinaus zu entwickeln. In gewisser Weise wird nach oben die Luft dünn. Eine nach oben hin breiter werdende und offene Spirale (Abb.: 05 rechts) kann uns gleichwohl als Symbol für eine (noch) Utopie dienen und greift dabei das Potenzial auf, das wir der Menschheit zugestehen sollten.

Abb.: 05

nach oben hin verjüngende Spirale als Metapher für die Realität; Ideenkonzept des Autors (Farbcode in Anlehnung an Beck/Cowan)

sich nach oben weitende Spirale als Metapher für das menschliche Potenzial (Utopie) in Anlehnung an Beck/Cowan)

Der Farbcode orientiert sich am Autorentriumvirat Beck, Don Edward; Cowan, Christopher C. in Spiral Dynamics, 2014 und dazu korrespondierend die Beschreibung der Umsetzung im multiperspektivischen AURIS®- Persönlichkeitsprofil der SIRIS® Systeme.    Abb.: 06

Prolog

Im Verständnis der GRAVES-Levels in diesem Buch sind die nachfolgenden Prämissen zu beachten.

1. Die GRAVES-Level beschreiben ein menschliches Wertesystem im Wandel. Ob es zu diesen Entwicklungsschritten kommt, hängt von einer Vielzahl an psychosozialen*) Faktoren ab. Die Einflüsse sind zum Teil erfahrungs- und erkenntnis- oder umfeldbedingt.

2. Die Level müssen auf dem Weg nach oben, einer nach dem anderen, durchlaufen werden. Einzelne Level können damit nicht übersprungen werden. Anders beim Abstieg. Krisen können dazu führen, dass ein Mensch aus höheren Leveln direkt auf die Basis eines existenziellen Bezugsrahmens zurückfällt.

3. Clare W. Graves (1914–1986) und Abraham H. Maslow (1908–1970) waren beide US-amerikanische Psychologieprofessoren, die sich auch persönlich kannten. Maslow publizierte selbst, während Graves erst über seine Studenten, Don Beck

und Chris Cowan, bekannt wurde. Während Maslows Modell uns in einer pyramidal-abgeschlossenen Form präsentiert wird, haben Beck und Cowan auf den Grundlagen der Theorien Graves mit Spiral Dynamics ein nach oben offenes System kreiert. Die Legende will es, dass Maslow seinem Kollegen Graves nach acht Jahren des Dialogs das weiter entwickeltere System zugestanden hat.

„Der Mensch beurteilt die Dinge lange nicht so sehr nach dem, was sie wirklich sind, als nach der Art, wie er sie sich denkt und sie in seinen Ideengang einpasst."

Alexander von Humboldt (1769–1859), Naturforscher und Weltbürger

4. Unterschiedliche Autoren, die sich mit den GRAVES-Leveln beschäftigen, setzen unterschiedliche Akzente (mehr oder minder theorielastig) und interpretieren auch das System verschieden, ganz nach ihrem Bezugssystem und Erfahrungsmustern. Das mag verwundern, liegt aber auch in der Natur der Sache: wir sprechen über Erfahrungswissen und über keine exakte Wissenschaft mit drei Stellen nach dem Komma. Wahrheit ist immer dadurch gekennzeichnet, dass sie aktiv, selektiv und subjektiv ist und bisweilen sich besser über den Plural definiert.

*) Psychosozial bedeutet „die Psyche und das Sozialverhalten (die soziale Interaktion) betreffend“. Quelle: https://flexikon.doccheck.com/de/Psychosozial Zugriff: 14.09.2019

Ein flächendeckender Konsens bleibt damit Utopie. Der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer hat es so schön und treffend beschrieben, dass wir hier die Sentenz aus seinem Buch Die andere Bildung ergänzend nennen möchten:

„Wahrnehmung nimmt niemals nur einen Teil, sondern stets ein Ganzes in den Blick. […] Kennerschaft bringt eine innere Bereitschaft zur Wahrnehmung mit sich, die im Dialog gefördert und gesteigert werden kann. Natürlich wechselt man im Gespräch Worte, die durch die Wahrnehmung ermöglicht wurden. Die Worte entspringen der Reflexion der Wahrnehmung. Die Worte sind nötig, denn sie öffnen dem Anderen den Blick für mein Verstehen. Mit ihnen errichten wir ein Fenster für die anderen, die wir und die uns wahrnehmen.“

Wahrnehmen heißt, etwas durch die Sinne wissen.“

[…] „Erst mit der Wahrnehmung – dem griechischen ‚aisthesis’ – wird das möglich, was wir brauchen, nämlich das schauende Erkennen des Schönen und das reflektierende Denken des Machbaren, das auch den Weg zum Richtigen weist.“

Jeder Autor und auch jeder Leser erschließt sich das GRAVES-System auf seine Weise.

Vorwort

Alles, was wir nicht verstehen, beherrscht uns. Wir begegnen dem Unverstandenen mit Abneigung, Zurückweisung. Im Idealfall werden wir neugierig und nehmen uns des Themas und der damit verbundenen Herausforderung an. Analysen, Recherchen, Gespräche und Experimente können dann unseren Horizont erweitern, bis ein gereifter Kenntnisstand eine eigene Meinung mit Standpunkt erlaubt. Frei werden wir nur durch Erkenntnis und Wahrheit. Als Spätgeborener (1963) der Generation BabyBoomer beschlich mich seit frühester Jugend das diffuse Gefühl, überall zu spät zu kommen. Dieser Eindruck glich dem Phänomen des vergeblichen Bemühens einer rechtzeitigen Präsenz, ganz so, wie in dem Märchen der Gebrüder Grimm vom Hasen und dem Igel*). Wie schnell man auch laufen mag, immer hört man einen anderen sagen: "Ich bin schon hier!" Teil der Moral von der Geschichte bei Grimm ist die gekonnte Täuschung. Fair Play schaut anders aus.

Wenn es an In-Formation – die deutsche Sprache ist so angenehm sinnfällig – fehlt, hilft meist fragen. In einer Anekdote über einen japanischen Zen-Meister las ich beizeiten, dass der Schüler dreimal bitten bzw. anklopfen müsse, bevor er Gehör fand. Das nahm ich mir zu Herzen und fragte einige meiner Lehrer in meiner langen Ausbildung, was wohl der Schlüssel zu künftigem Erfolg sei? Interessanterweise, aber wenig hilfreich, erhielt ich stets dieselbe Antwort: „Herr Schätzlein, Sie müssen einfach nur fleißig sein.“ Erst viele Jahre später musste ich erkennen, dass dies die falsche Antwort war. Vielleicht lag es ja einfach nur daran, dass meine Bezugspersonen keine Zen-Meister waren. Doch ganz im Ernst, die richtige Antwort hätte gelautet, dass wichtiger als gute Noten, Beziehungen sind. Nennen Sie es, wie Sie es wollen, Vitamin B, Kenn-Faktor oder – etwas moderner – Networking, am Ende müssen Sie sich auf der Bühne ihrer Erwerbsbiografie in Szene setzen. Fleiß genügt nicht und ist bisweilen sogar hinderlich, wenn er einem als übertriebener Ehrgeiz ausgelegt wird, den es aus Sicht manches Kollegen oder Vorgesetzten zu stoppen gilt.

Es ist also entscheidend, an die wertvollen, richtigen Erkenntnisse zu gelangen. Und von einer Erkenntnis, wenngleich auch einer ganz anderen, nämlich einem psychosozialen Entwicklungsmodell, sei hier die Rede.

Wenn Sie dieses Buch – das ist gewiss eine steile Ansage, aber auch Leistungsversprechen – rechtzeitig in die Hand bekommen, vermag es Ihr Leben positiv zu verändern. Und ich bin froh und glücklich, wenn es konstruktiv aufgenommen und verstanden wird und es Menschen ein wenig dabei hilft, ihren Erfolgsweg zu gehen.

*) eigentlich niederdeutsch: Swinegel für Schweinigel bezeichnet als Schimpfwort einen unreinlichen oder unmoralischen Menschen.

Dieses Buch entstand aus der Einsicht heraus, dass das GRAVES-Modell wertvoll für die berufliche Praxis ist und in seiner Rahmensetzung die psychosozialen Interaktionen in Unternehmen sehr effektiv beschreibt.

Die verfügbare Literatur zu diesem Thema erschien mir, als Autor dieses Buches, zu theorielastig und zu wenig pragmatisch und praxistauglich. Der Wert des GRAVES-Modells hängt entscheidend davon ab, ob der Leser Bezüge zu sich selbst als Person und/oder im Verhältnis zu seiner Organisation herstellen kann. Dies gilt in gleicher Weise für den Autor. Der Proof of Concept musste es hier sein – so der Anspruch – sowohl die eigenen durchlaufenen psychosozialeln Entwicklungsstufen zu erklären, als auch zu der Vielzahl an beruflichen Erfahrungen in Projekten der Unternehmensentwicklung den passenden Rahmen zu setzen.

Im Ergebnis bedurfte es einer synkretistischen Leistung, die theoretischen Vorgaben der Studenten von Clare W. Graves, Beck und Cowan, auf die Praxis zu adaptieren. Um hier in einem Bild zu sprechen, kam dies einer chiropraktischen Einrenkung von diversen Wirbeln entlang einer an sich funktionsfähigen Wirbelsäule gleich.

Der gewogene Leser findet in diesem Buch nun beides: eine Geschichte, wie sich die Levels für die einzelne Person und im Unternehmen bemerkbar machen und einen Leitfaden durch die Levels, die er auf seine eigene Organisation und Unternehmenskultur anwenden kann. Ersteres kann dem Leser als Schablone dienen, seine eigene Entwicklung zu reflektieren. Zweiteres hilft, Organisationen mit einer Art Röntgenblick transparent zu machen und an den richtigen Stellschrauben für künftige Entwicklungsziele zu drehen.

Dabei kann der Erkenntnisprozess zu sich selbst oder zu anderen, mit dem vom Autor und seinen Kollegen bei SIRIS®-Systeme entwickelten, ersten multiperspektivischen Persönlichkeitsprofil (AURIS®) vertieft werden. Die Relevanz ist tagesaktuell bei der eigenen Persönlichkeitsbildung, sowie bei der Personalbeschaffung und -Entwicklung. Aber auch Organisationen können mit dem entsprechenden Werkzeug (AURIS®4company) zum gleichen Transparenzerlebnis gelangen und erhalten in der Ableitung wertvolle und zielführende Hinweis zu den unmittelbar nächsten to do’s in der Unternehmensentwicklung. Die Entwicklung von Unternehmensleitbildern und Führungsgrundsätzen, sowie Workshops im Umfeld von Strategieentwicklungsprozessen sollten dieses Werkzeug zu ihrem Vorteil nutzen. Der Nebel lichtet sich über dereinst diffuse Vorstellungen und setzt einen Bezugsrahmen – insbesondere in kontroversen Diskussionen und Strategiefindungsprozessen – von unvergleichlicher Transparenz.

Es ist immer die Aufgabe des Top-Managements, beziehungsweise des Unternehmers, der Organisation Form und Gestalt zu verleihen. Doch müssen hier die Gedanken konfus bleiben, wenn der strukturbildende Rahmen fehlt. Dieses Buch hat sich zur Aufgabe gemacht, Managern und Unternehmern – um mit einem Bild zu sprechen – ein Regal zu bauen, indem sie ihre Gedanken und Prinzipien gegliedert und inhaltlich schlüssig verorten können. Daraus – und soweit der Leser interne Kulturleistungen erbringen will – wird diese Arbeit und noch mehr ihr Ergebnis zur In-Formation.

Die deutsche Sprache ist hinreichend sinnfällig: die kommunizierbare Information bedingt die Formation. Die Überzeugung beim eigenen formgebenden

Tun wächst in dem Maße, wie es gelingt, sich die Bezüge/Relationen bewusst zu machen und nach richtungsgebenden Markern instrumentengestützt zu navigieren.

„Wir brauchen dringend jede Erkenntnis über erfolgreiche Unternehmensführung, die uns überhaupt zugänglich ist.“

Peter F. Drucker (1909–2005) Managementvordenker

Viel Erfolg auf Ihrem Weg.

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