Koordinationstherapie - Ulla Häfelinger - E-Book

Koordinationstherapie E-Book

Ulla Häfelinger

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Beschreibung

In den letzten Jahren hat sich die Aufmerksamkeit in der Therapie und im sportlichen Bereich auf die Entwicklung der Propriozeption, einen Aspekt der Tiefensensibilität, gerichtet. Ziel und Zweck des propriozeptiven Trainings ist die Verbesserung der Koordination. Man kann die Koordination auch als einen zentralen Faktor der motorischen Leistungsfähigkeit betrachten. Erst ihre Wirkung macht alle anderen motorischen Grundeigenschaften wie Kraft oder Ausdauer nutzbar. Die Propriozeption dient also der Orientierung des Körpers im Raum durch Wahrnehmung über Stellung und Bewegung unserer Gelenke. Dieses Buch soll Trainern, Therapeuten und Übungsleitern helfen, den Körper als sensibles Empfindungsorgan kennen zu lernen und durch die Umsetzung des propriozeptiven Trainings im Unterricht diese Kenntnis zu unterstützen. In dieser Auflage ergänzt wurde die Posturale Propriozeptive Therapie nach Rasev, die eine breite Anwendung sowohl in der neuroorthopädischen Rehabilitation, in der Prävention als auch im Spitzensport findet.

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Seitenzahl: 149

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■ DIE AUTORINNEN

ULLA HÄFELINGER (links) ist Physiotherapeutin, Sport- und Gymnastiklehrerin und verfügt über langjährige Erfahrung in Rückenschul- und Wirbelsäulengymnastik. Sie hat u. a. Bücher zum Bereich „Beckenbodengymnastik“ veröffentlicht und ist langjährige Referentin und Ausbilderin beim DTB im Gesundheitssport.

VIOLETTA SCHUBA (rechts) ist diplomierte Sportwissenschaftlerin in den Bereichen Rehabilitation und Prävention. Als Sporttherapeutin ist sie im Bereich der Medizinischen Trainingstherapie tätig. Ihre Spezialgebiete sind Rückenschule, Osteoporose sowie Fitnesssport. Ihre Praxiserfahrung schöpft sie aus ihrer Arbeit als Referentin und Ausbilderin beim DTB und HTV.

Koordinationstherapie

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autorinnen noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

WO SPORT SPASS MACHT

Koordinationstherapie

Propriozeptives Training

Häfelinger | Schuba

Meyer & Meyer Verlag

Papier aus nachweislich umweltverträglicher Forstwirtschaft.Garantiert nicht aus abgeholzten Urwäldern!

KoordinationstherapiePropriozeptives Training

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2002 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen4. überarbeitete Auflage 20096. Auflage 2013Auckland, Beirut, Budapest, Cairo, Cape Town, Dubai, Hägendorf,Indianapolis, Maidenhead, Singapore, Sydney, Tehran, Wien Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

Druck und Bindung: B.O.S.S Druck und Medien GmbHISBN 9783898995719eISBN 9783840325120E-Mail: [email protected]

Inhalt

Vorwort I & II

Einleitung

TEIL I – THEORIE

1   Koordination

1.1       Körperbild, Körperschema, Körperwahrnehmung

1.2       Was bedeutet Koordination?

1.3       Koordination und Aktivitäten des täglichen Lebens

1.4       Was bedeutet Propriozeption?

2   Propriozeption

2.1       Rezeptoren des menschlichen Körpers

2.2       Propriozeptoren – Vorkommen, Aufbau und Funktion

2.3       Gleichgewichtsfähigkeit und Propriozeption

2.4       Sinnesmodalitäten

2.4.1    Sinnqualitäten der Propriozeption und „Schulung“ der Sinne

3   Das Nervensystem – zwischen Körper & Gehirn

3.1       Funktionelle Systeme der Sensomotorik

4   Muskulatur

4.1       Segmentale und polysegmentale Muskulatur

4.1.1    Segmentale (auch intersegmentale) Muskulatur

4.1.2    Polysegmentale Muskulatur

4.2       Entstehung der postural bedingten Schmerzen

5   Sensomotorisches Training

5.1       Ziele des sensomotorischen Trainings

5.2       Methodischer Aufbau eines sensomotorischen Trainings

5.2.1    Progression des Trainingsaufbaus

5.2.2    Stufenmodell in der Praxis

6   Einsatzbereiche des propriozeptiven Trainings

6.1       Bei Osteoporose zur Sturzprophylaxe

6.2       In der Haltungs- und Rückenschule

6.3       Bei Gelenkerkrankungen

6.4       In der Koordinationsschulung bei Kindern und Jugendlichen

TEIL II – PRAXIS

7   Allgemeine praktische Umsetzung

7.1       Tipps und Hinweise für die praktische Umsetzung des sensomotorischen Trainings

7.2       Gezielter Einsatz von Korrekturen

8   Voraussetzungen für das propriozeptive Training

8.1       Unsere Füße

8.2       Fußgymnastik

9   Training auf stabiler Unterlage

10 Training auf instabiler Unterlage

10.1     Einsatz von Zusatzgeräten

10.2     Übungen auf instabiler Unterlage

11 Posturale propriozeptive Therapie (PPT) nach Rašev

11.1     Zwei Komponenten der PPT auf dem Posturomed®

11.1.1  Neue Übungstechnik nach Rašev arbeitet gezielt „feed forward“ aus!

11.1.2  Therapiefläche mit unterschiedlichen Instabilitätsstufen

11.2     Allgemeine Voraussetzungen für die PTT nach Rašev

11.3     Grundregeln der posturalen propriozeptiven Therapie

11.3.1  Grundstellung der Körperposition

11.3.2  Treten auf der Stelle

11.3.3  Einbeinstand

11.3.4  Werfen und Fangen

11.4     Die sieben Therapiestufen der posturalen propriozeptiven Therapie (PPT)

12 Spielformen

12.1     Allgemeines zu Spielen und Spielformen

12.2     Spiele zur Schulung der koordinativen Fähigkeiten

12.1.1  Spiele zu zweit und in Kleingruppen zur Förderung der Gleichgewichtsfähigkeit

12.2.2  Spiele mit geschlossenen Augen

12.2.3  Spiele mit Bällen

12.2.4  Ruhige Spiele

12.2.5  Bunter Spielemix

13 Sensomotorische Tests – funktionelle Testverfahren

14 Entspannung durch Körperwahrnehmung

Anhang

1 Literaturhinweise

2 Sachregister

3 Sachverzeichnis

Bildnachweis

VORWORT I & II

Gesundheit und Bewegung sind untrennbar miteinander verbunden, ebenso wie Körper, Geist und Seele eine untrennbare Einheit darstellen. Gesundheit ist jedoch leider keine stabile Angelegenheit, die – einmal erworben – auf gleichbleibend gutem Niveau erhalten werden kann. Täglich muss der Mensch Tausende von Krankheitserregern abwehren, sich in der Bewegung mit der jederzeit drohenden Schwerkraft auseinandersetzen und sich mit sozialen oder psychologischen Problemen beschäftigen. Die von allen gewünschte und berechenbare Stabilität in sämtlichen Lebensbereichen wird durch die allgegenwärtige Instabilität geprägt, die offensichtlich die einzige Konstante in unserem Leben ist.

Konsequenterweise stellt daher die Auseinandersetzung mit der Instabilität die größte Herausforderung dar, der man sich stellen muss, sowohl im direkten als auch im übertragenen Sinn. Im Sport bedeutet dies, dass Übungen auf instabilen Untergründen für eine deutliche Verbesserung der Bewegungssicherheit sorgen, denn wer sein Gleichgewicht auf wackelnden Untergründen halten kann, hat mit der Balance auf festem Boden sicher keine Probleme. Geistig-mental bedeutet die Auseinandersetzung mit Problemen und unvorhersehbaren Schwierigkeiten, dass man quasi prophylaktisch Lösungsstrategien entwickelt, die dann im Falle des Eintretens von Schwierigkeiten für eine schnellere Lösung der Probleme genutzt werden können.

Es geht also darum, sowohl die körperlichen als auch die geistig-seelischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Leben besser zu bewältigen. Dies erreicht man dadurch, dass möglichst alle Sinne geschärft und geschult werden und dass es zunehmend besser gelingt, die Leistungen aller Sinnesorgane optimal zu koordinieren. Im Mittelpunkt dieses Buches stehen die Propriozeptoren, jene hoch spezialisierten Eigenwahrnehmungsorgane des Bewegungsapparats, die durch Training auf instabilen Untergründen zu deutlich verbesserten Koordinationsleistungen führen. Die so erreichbare körperliche Balance wird sich auch durch eine größere innere Ausgeglichenheit manifestieren, denn – wie bereits gesagt – Körper, Seele und Geist sind untrennbare Einheiten.

Ich wünsche allen Lesern viel Vergnügen bei der Lektüre dieses Buches und noch mehr Spaß und Erfolg bei der Durchführung der praktischen Übungen.

Otti KrempelDipl.-Sportwissenschaftlerin, Sporttherapeutin

Der Stellenwert von Bewegung und Sport ist unumstritten. Jedoch geht es neben dem Funfaktor immer mehr darum, effiziente Übungs- und Trainingsformen mit hohem gesundheitlichen Nutzen im ganzheitlichen Sinne in die Praxis einzubeziehen, d. h. sich der gleichwertigen Bedeutung der konditionellen und koordinativen Fähigkeiten bewusst zu sein. Das Thema Körperwahrnehmung und Koordination ist heute aktueller denn je, bestätigen doch zahlreiche Untersuchungen und Erfahrungen, dass gerade diese Fähigkeiten für langfristige Verhaltensänderungen eine grundlegende Bedeutung haben. Hintergrundwissen und Umsetzungsmöglichkeiten für die sportliche Praxis sind deshalb gefragt.

Das vorliegende Buch möchte Ratgeber für alle Interessierten sein und bietet dafür umfangreiche Hilfe. Ebenso bereichert es die bisher wenig vorhandene Fachliteratur. Die verständlich aufgearbeiteten Informationen vermitteln dem Leser einen guten Einblick in theoretische Aspekte. Die zahlreichen praktischen Anregungen motivieren zur Umsetzung und unterstreichen die Bedeutung des Themas Propriozeption für eine gesundheitsfördernde Perspektive des Trainings im Verein, in der Schule oder auch zu Hause.

Dr. Gudrun PaulProjektmitarbeiterin DTB

EINLEITUNG

Das Thema Koordination wurde im Bereich der Bewegungstherapie und des Sportunterrichts allgemein viele Jahre zwar mit einbezogen, doch sein Stellenwert war noch nicht so hoch angesiedelt. Die Hauptmerkmale des allgemeinen sowie des spezifischen Trainings lagen vor allem im Aufbau des muskulären Korsetts und des Beweglichkeits trainings. Natürlich ist ein gut gekräftigtes Muskelsystem und eine gut ausgeprägte Beweglichkeit auch weiterhin unerlässlich. Doch in den letzten Jahren hat man erkannt, dass im Erleben einer Bewegung und in der daraus resultierenden Körperwahrnehmung die Chancen einer längerfristigen Verhaltensänderung liegen. In der Therapie, im Training sowie im Alltag führen wir in unbewusster Weise oft Bewegungen aus, die automatisch über Rezeptoren die Koordination in unserem Organismus trainieren. Koordinative Fähigkeiten bilden die Grundlage jeder menschlichen Bewegung und haben, daraus resultierend, eine wichtige Bedeutung für die Ökonomie der alltäglichen Bewegungen. Man kann die Koordination auch als einen zentralen Faktor der motorischen Leistungsfähigkeit sehen und erst ihre Wirkung macht alle anderen motorischen Grundeigenschaften nutzbar.

Je besser ein Bewegungsablauf koordinativ gesteuert werden kann, desto weniger Kraftaufwand ist zum Erreichen eines Bewegungsziels notwendig. Koordination umfasst daher alle Komponenten der Bewegungskontrolle, wodurch sich unter anderem Ermüdung und Verletzungsgefahr verringern. Die eigene Körperwahrnehmung steht immer in Verbindung mit bereits bestehenden Wahrnehmungsmustern und basiert auf sensomotorischen Vorgängen. Auf äußere und innere Stimulation reagiert der Körper mit Haltung oder Bewegung.

Unsere gesamten Bewegungen bestehen aus einem Wechselspiel zwischen sensorischen Reizen und motorischer Umsetzung. Ziel der Koordinationsschulung ist und bleibt die Reduzierung des Energieaufwands bei gleichbleibender oder höherer Leistungsfähigkeit während muskulärer Aktionen.

Die Propriozeption als Schulung der Tiefensensibilität in ihrem ganzen Spektrum dient der Hilfestellung zur optimalen und ökonomischen Bewegungsausführung. Sie wirkt haltungsaufbauend und muskelkräftigend und stellt bei spezifischen Krankheitsbildern die Grundlage, um körperliche Unstimmigkeiten günstig zu beeinflussen. Gut ausgeprägte koordinative Fähigkeiten bewirken durch das Erleben bei vielseitigem, variationsreichem und kreativem Üben gute Körpergefühle, Freude und neue Bewegungsqualitäten. Vor allem im Gesundheitsbereich sowie bei Kindern und Jugendlichen sollte im Verein die Koordination allgemein und die Propriozeption im Besonderen an Stellenwert gewinnen.

Dieses Buch soll Trainern, Übungsleitern und allen am Thema Interessierten helfen, den Körper als sensibles Empfindungsorgan kennenzulernen und durch die Umsetzung des propriozeptiven Trainings im Unterricht diese Kenntnisse zu unterstützen.

Besonderen Dank richten wir an die Firmen TOGU, Haider und Schmidt sports für ihre finanzielle Unterstützung.

Herzlich danken möchten wir Otti Krempel und Dr. Gudrun Paul für die fachgerechten Vorworte und unserem Fotografen, Wolfgang Hartmann, für die ausgezeichneten Fotos und seine nette Betreuung.

Schließlich gilt unser größter Dank unseren Familien für ihre Hilfe und Unterstützung.

Pfinztal und Gelnhausen, im September 2006Ulla Häfelinger und Violetta Schuba

Noch zwei Anmerkungen zum Sprachgebrauch:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird durchgängig die männliche Anredeform benutzt, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.

TEIL I: THEORIE

KAPITEL 1

Vorwort I & II

 

Einleitung

 

TEIL I – THEORIE

 

1   Koordination

 

2   Propriozeption

 

3   Das Nervensystem – zwischen Körper & Gehirn

 

4   Muskulatur

 

5   Sensomotorisches Training

 

6   Einsatzbereiche des propriozeptiven Trainings

 

Kapitel 1

KOORDINATION

1.1 Körperbild, Körperschema, Körperwahrnehmung

Die Beziehung jedes Einzelnen zu seinem Erscheinungsbild unterteilt man in die Begriffe Körperbild und Körperschema. Die Akzeptanz und der positive Umgang mit seinem eigenen Körper tragen zum körperlichen Wohlbefinden und zu einem guten Selbstgefühl bei.

Der Begriff Körperbild resultiert aus der sehenden, gefühlsmäßigen und gedanklichen Vorstellung des Körpers. Das Bewusstsein der eigenen Körperlichkeit umfasst alle körperbezogenen Empfindungen und beschreibt den Erlebenszustand. Ob man seinen Körper als positiv, attraktiv, sportlich usw. oder als negativ, schwach, belastend empfindet, ist verbunden mit Konsequenzen der eigenen Akzeptanz und mit dem daraus resultierenden Verhalten.

Dagegen beinhaltet der Begriff Körperschema die Vorstellung der Lage des Körpers und der Körperteile zueinander. Diese Vorstellung kommt zustande über die Rückmeldung von äußeren und inneren Wahrnehmungsreizen, der sogenannten Extero- und Interozeptoren. Auf diesen Reizen basiert die Wahrnehmung der gerade aktuellen Haltung und Bewegung des Körpers. Sie werden auch als Oberflächensensibilität und Tiefensensibilität bezeichnet. Jede Wahrnehmung ist außerdem an Gefühle und Empfindungen wie Freude, Ärger, Zustimmung, Ablehnung usw. gekoppelt. Das Körperbewusstsein, das durch das Zusammenspiel der aufgeführten Reize entsteht, ist für die Durchführung von koordinierten Bewegungsmustern von entscheidender Bedeutung.

Die Körperwahrnehmung basiert in starkem Maße auf einer Mischung aus Bewegungserfahrungen und Kenntnissen über den eigenen Körper. Aufgrund der Vermittlung der Sinnesorgane erhält unser Bewusstsein Informationen bezüglich der Umwelt und von den Vorgängen in unserem Körper. Die eigene Körperwahrnehmung steht immer im Zusammenhang mit bereits bestehenden Wahrnehmungsmustern, der persönlichen Entwicklungsgeschichte und der gefühlsmäßigen Wahrnehmung. Die meisten Bewegungen erfolgen automatisiert und trotzdem liegt im Erleben einer Bewegung und der daraus resultierenden Körperwahrnehmung die Chance einer Verhaltensänderung. Durch unbekannte, von der Gewohnheit abweichende Wahrnehmungen wird die Aufmerksamkeit auf den Körper gelenkt und somit die Bewegungs- und Handlungsfähigkeit positiv erweitert.

Im Vordergrund steht, den Körper als ein sensibles Empfindungsorgan kennenzulernen, seine Belastungsgrenzen wahrzunehmen, um den gewohnten Umgang mit seinem Körper zu durchbrechen, damit neue Bewegungsdimensionen geschaffen werden können. Die Körperwahrnehmung bildet somit das Fundament für ein sinnvoll aufgebautes Training.

Abb. 1: Der Bewegungskreislauf im Zusammenspiel mit der Umwelt

1.2 Was bedeutet Koordination?

„Wir lernen durch Tun und tun nur, was wir gelernt haben.“

Koordinative Fähigkeiten bilden die Grundlage jeder menschlichen Bewegung und sind somit für das Erlernen, Steuern und Anpassen von Bewegungen verantwortlich. Koordination ist auch als zentraler Faktor der motorischen Leistungsfähigkeit zu sehen, denn erst ihre Wirkung führt zum Nutzen aller anderen konditionellen motorischen Grundeigenschaften, wie Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Im Erreichen einer gewollten Bewegung durch eine ökonomische Bewegungsqualität liegt das Ziel. Je höher die koordinativen Fähigkeiten sind, umso ökonomischer und präziser erfolgt der Bewegungsablauf.

Das bedeutet:

■ einen verminderten Energieaufwand,

■ einen verminderten Krafteinsatz,

■ und eine geringere Ermüdbarkeit.

Koordination ist also das Zusammenwirken von Zentralnervensystem als Steuerungsorgan und der Skelettmuskulatur als Ausführungsorgan innerhalb eines gezielten Bewegungsablaufs. Sie beinhaltet damit alle Prozesse der Bewegungskontrolle.

Abb. 2: Koordination

Allgemein betrachtet, unterscheidet man zwischen der intramuskulären und der intermuskulären Koordination.

Intramuskuläre Koordination

Von intramuskulärer Koordination spricht man, wenn es sich um die Kraftentfaltung innerhalb eines Muskels handelt. Diese Kraftentfaltung wird gesteuert über die die Muskelfaser aktivierenden Nervenimpulse, – Frequenzierung – und gleichzeitig über die Anzahl der aktivierten motorischen Einheiten eines Muskels – Rekrutierung. Je mehr motorische Einheiten eines Muskels aktiviert werden, desto größer ist die Abstufung der Kontraktion. Das bedeutet, je besser die intramuskuläre Koordinationsfähigkeit ausgeprägt ist, umso mehr Kraft wird innerhalb eines Muskels entwickelt.

Intermuskuläre Koordination

Von intermuskulärer Koordination spricht man, wenn es sich um die Abstimmung der Aktivität zwischen Agonisten und Antagonisten innerhalb eines Bewegungsablaufs handelt. Dabei geht es einerseits um die Abstimmung Agonist-Antagonist und andererseits um die dosierte Aktivität mehrerer, synergistisch arbeitender Muskeln. Eine gut ausgeprägte intermuskuläre Koordination verbraucht weniger Energie und vergrößert die Leistungsfähigkeit. Die Bewegungsausführung wird präziser, flüssiger und harmonischer.

Das Zentralnervensystem benötigt zum Erreichen von koordinativen Bewegungsabläufen Informationen aus dem Bewegungsapparat. Diese Informationen ermöglicht ein sogenanntes Fühler- oder Rezeptorensystem, das über den ganzen Körper verteilt ist.

Die wichtigsten Fühlersysteme:

■ Optisches System – Stellung des Kopfs im Raum.

■ Vestibularapparat – Gleichgewichtsorgan im Innenohr – Kopfdrehbewegungen.

■ Gehör – akustische Zuordnung.

■ Muskelspindeln – registrieren die Muskellänge.

■ Sehnenorgane – registrieren die Spannung der Sehnen.

■ Gelenkrezeptoren – registrieren die Stellung der Gelenke.

■ Hautrezeptoren – registrieren Berührung und Druck.

Diese Informationen werden im Zentralnervensystem unterschiedlich bearbeitet. Auf Rückenmarksebene werden die Meldungen aus der Peripherie meist über vorgegebene Reflexmuster beantwortet.

Im Gehirn werden erlernte und gespeicherte Bewegungsabläufe abgerufen. Vor allem versetzen die Muskelspindeln den Körper in die Lage, über Reflexbögen schnell auf äußere Bewegungsreize zu reagieren, ist bei plötzlichem Richtungswechsel, bei Unebenheiten innerhalb eines Bewegungsablaufs, eine schnelle Reaktion doch unerlässlich.

Das Training und die Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten besitzt einen hohen Stellenwert, da sie auf alle Bereiche der Motorik einwirken und die Wahrnehmung, die Entscheidung und die Ausführung mit einbeziehen.

Das Fundament der koordinativen Fähigkeiten beruht auf folgenden Komponenten:

■ Orientierungsfähigkeit

■ Reaktionsfähigkeit

■ Differenzierungsfähigkeit

■ Kopplungsfähigkeit

■ Rhythmisierungsfähigkeit

■ Gleichgewichtsfähigkeit

■ Antizipationsfähigkeit

■ Umstellungsfähigkeit

Orientierungsfähigkeit

Sie beinhaltet die Fähigkeit, sich im freien Raum zielorientiert zu bewegen und bei willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen die Orientierung zu behalten, bezogen auf Raum und Zeit.

In gewohnter und fremder Umgebung, besonders bei Dunkelheit, sowie bei vielen Spiel- und Sportarten mit ständigem Positionswechsel ist ein räumliches und zeitliches Zurechtfinden an eine gute Orientierungsfähigkeit gekoppelt.

Die Mechanismen, die zur Qualitätssicherung der Orientierung benötigt werden, sind vor allem die Leistungen des optischen, akustischen und kinästhetischen Sinns.

Reaktionsfähigkeit

Sie umfasst schnelles, zweckgerichtetes Handeln auf Reize oder ständig wechselnde Anforderungen.

Zu einer schnellen, der Situation angepassten Reaktionsfähigkeit kann es nur dann kommen, wenn zwischen Reizaufnahme, Reizverarbeitung und Tonusänderung der Muskulatur die Geschwindigkeiten sehr gering sind. Dabei spielen die Analysatoren Auge, Ohr, Haut eine wichtige Rolle und die daraus resultierende, schnelle motorische Umsetzung.

Ob es sich um das schnelle Auffangen eines herunterfallenden Gegenstands handelt oder um das flinke Reagieren im Straßenverkehr, es geht immer um die rasche Auswertung eines einströmenden Reizes.

Differenzierungsfähigkeit

Mit ihr ist die Fähigkeit gemeint, einen Bewegungsablauf sicher, genau und ökonomisch durchzuführen, in Bezug auf die Lage und Bewegungsrichtung der Körperteile zueinander und zu ihrer Umwelt. Dabei spielt die Dosierung des Krafteinsatzes eine wesentliche Rolle.

Das Hantieren mit kleinen, großen, leichten, schweren Gegenständen sowie der adäquate Krafteinsatz ist genauso gemeint wie die richtige Einschätzung von Höhen, Tiefen, Entfernungen und Geschwindigkeiten. Vor allem die Propriozeptoren an Muskeln, Gelenken, Sehnen und Bändern geben die Stellungsänderungen des Körpers an das Zentralnervensystem weiter, um nach der Reizverarbeitung eine präzisierte Bewegung mit angemessenem Krafteinsatz zu ermöglichen. Durch die Vermeidung eines zu hohen oder zu niedrigen Krafteinsatzes erreicht man die Ökonomisierung von Kraftleistungen.

Kopplungsfähigkeit

Sie beinhaltet die Fähigkeit der Koordination von Einzelbewegungen oder Teilkörperbewegungen zur Gesamtbewegung in Bezugnahme auf ein bestimmtes Handlungsziel. Die Kopplung von Bewegungen wird immer schwieriger, je mehr Teilkörperbewegungen zu einer Gesamtbewegung aufeinander abgestimmt werden sollen. Je flüssiger, harmonischer und rhythmischer eine Bewegungsfolge ausgeprägt ist – z. B. die Anforderungen bei Gymnastik, Aerobic, Tanz usw. und der damit verbundene ökonomische Krafteinsatz –, umso mehr zeichnet sie sich durch eine gute Kopplungsfähigkeit aus. Das Mehrfachhandeln in Alltagssituationen, z. B. das Anziehen von Handschuhen während des Gehens, basiert auf Kopplungen von Bewegungen, die im Alter sichtbar nachlassen und immer wieder geübt werden müssen.

Rhythmisierungsfähigkeit

Sie schließt die Fähigkeiten, einen Bewegungsablauf in einem entsprechenden Rhythmus durchzuführen, ein. Das bedeutet, einen Bewegungsablauf zeitlich-rhythmisch zu gliedern. Im Alltag und im Sport ist eine gute Rhythmisierung von Bewegungen sowie die Abstimmung von Bewegungs- und Atemrhythmus die Voraussetzung, um eine fortlaufende Anspannung und Entspannung der Muskulatur zu erreichen, um damit die Ermüdungsgrenze hinauszuschieben. Vergleicht man eine Wanderung mit gleichmäßigem Bewegungsrhythmus mit einem Stadtbummel, ermüdet der Stadtbummel, bedingt durch die arhythmische Bewegung, schneller.

Gleichgewichtsfähigkeit

Sie umfasst die Fähigkeit, den Körper im Gleichgewicht zu halten oder das Gleichgewicht wiederherzustellen, als Leistung auf Störungen der Schwerkraftlinie mehr oder weniger schnell adäquat zu reagieren. Eine gute Gleichgewichtsfähigkeit erleichtert die Bewegungskontrolle und vermindert das Sturzrisiko. Das dynamische Gleichgewicht ist vor allem vom Vestibularorgan im Innenohr abhängig, da es die Bewegungen des Kopfs registriert.

Antizipationsfähigkeit

Antizipationsfähigkeit ist das Vermögen, künftige Situationen zu erahnen, sich im Voraus darauf einzustellen und dadurch veränderte Bewegungsabläufe geistig vorwegzunehmen. Das bedeutet die rechtzeitige Analysierung einer Situationsveränderung, um darauf mit einem entsprechenden Bewegungs- und Handlungsmuster zu reagieren.

Umstellungsfähigkeit

Damit ist die Fähigkeit gemeint, sich auf Situationsveränderungen durch Handlungen sicher und schnell anzupassen oder die Handlungen dementsprechend zu verändern.

Alle Situationen, die uns aus gewohnten Handlungsweisen zu Veränderungen zwingen, fordern die Fähigkeit zur Umstellung, z. B. der tägliche Weg zur Arbeit wird verändert durch eine Baustelle, oder der Umzug in eine andere Stadt erfordert eine Umstellung auf neue Gegebenheiten und Umgebungen. Bei Sportspielen kann es z. B. durch den Spielverlauf zur plötzlichen Umstellung der Spielpositionen kommen. Eine gute Umstellungsfähigkeit ist dann vorhanden, wenn man sich schnell, sicher und gut auf veränderte, wechselnde oder auch neuartige Situationen einstellen kann.

Eine optimale Koordinationsentwicklung hängt ab vom: